IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln

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IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
IMPULSE
                           Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln

                                                                                   Sport
                                                                                   WISSENSCHAFT
                                                                                   Handstandvermittlung: Effekte der Wrist
                                                                                   Strategy | Duale Karriere: Evaluation der NRW-
                                                                                   Sportschulen | Multiple Sklerose: Immunbiolo-
                                                                                   gischer Einfluss von Sport | Mobilität: Einfluss-
                                                                                   faktoren im realen Leben älterer gebrechlicher
| 02 | 2019 | NOVEMBER |

                                                                                   Menschen | Icaros: Fliegendes Trainingsgerät
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VORWORT

                                                     Liebe Leserin, lieber Leser,
                                                     durch die Zunahme von ungefilterten digitalen „Informationsfluten“ kommt der Verbreitung von

BILDU
                                                     Erkenntnissen auf der Basis fundierter wissenschaftlicher Arbeit eine besondere Bedeutung zu. Ich danke
                                                     daher den Autorinnen und Autoren, dass sie in unserem Wissenschaftsmagazin IMPULSE Einblicke in
                                                     ihre Forschungsergebnisse geben.

                                                     In dem ersten Beitrag geht es um die Handstandvermittlung im Turnen. Das Aufschwingen in den
                                                     Handstand am Boden gilt als Basisfertigkeit und als grundlegende Voraussetzung für weiterführende
                                                     turnerische Elemente. Die Autoren vom Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten (IVKS)
                                                     erläutern die praktischen Effekte eines besonderen Coachingansatzes.

                                                     In dem zweiten Beitrag werden die Ergebnisse der Evaluation der NRW-Sportschulen vorgestellt.
                                                     Ziel der NRW-Sportschulen ist die Förderung der dualen Karriere von Nachwuchsleistungssportler*innen.
                                                     Die Mitarbeiter des Instituts für Pädagogik und Philosophie sowie des IVKS haben die Implementation
                                                     und Wirksamkeit des Modells analysiert.

                                                     Positive Effekte von körperlicher Aktivität bei neurologischen Erkrankungen sind schon längere Zeit
                                                     bekannt. Daher sind Sportprogramme auch für Patient*innen, die an Multipler Sklerose leiden, bereits
                                                     fest etabliert. Im Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin erforschen Wissenschaftler*innen
                                                     den Einfluss, den Sport und Bewegung auf diese chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems
Damit Bildung niemals aufhört.                       ausüben. Die Ergebnisse lesen Sie im dritten Beitrag.

Wir setzen uns dafür ein, dass junge Menschen ihre   Möglichst bis ins hohe Alter mobil zu sein, ist ein wichtiges Ziel unserer Gesellschaft. Dabei spielen
Talente entfalten können, und fördern bessere,       viele verschiedene Einflussfaktoren eine große Rolle. Inwieweit Zugangsmöglichkeiten, physische und
chancengerechte Bildung. Mehr über den               kognitive Kompetenzen sowie deren Anwendung die Mobilität beeinflussen, erfahren Sie im vierten
Stifterverband, sein Engagement für Bildung,         Beitrag vom Institut für Bewegungs- und Sportgerontologie.
Wissenschaft und Innovation sowie Möglichkeiten
zum Mitwirken erfahren Sie online.                   Um die Möglichkeit des Einsatzes von virtuellen Realitäten zu Trainings- und Therapiezwecken geht
                                                     es im letzten Beitrag aus dem Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und
www.stifterverband.org                               Rehabilitation. Zum Einsatz kam das Fitnessgerät und Flugsimulator Icaros, mit dessen Hilfe die klassische
                                                     Übung des Unterarmstützes dynamischer gestaltet werden kann.

                                                     Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre und alles Gute für das Jahr 2020!

                                                     Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder
                                                     Rektor der Deutschen Sporthochschule Köln
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
INHALT
                                                                                                   20
                                                                                                   Multiple Sklerose
                                                                                                   Immunbiologischer Einfluss                                       News.................................................................44
                                                                                                   von Sport bei Multipler Sklerose                                 +++ Vorhersagemodelle im Sport – Institut

                                                                                  06
                                                                                                                                                                    für Trainingswissenschaft und Sportinfor-
                                                                                                                                                                    matik erhält neue DFG-Förderung +++ Über-
                                                                                                                                                                    lebensfähigkeit bei Prostatakrebs: eine der
                                             Handstandvermittlung im Turnen                                                                                         weltweit größten internationalen Studien
                                                           Praktische Effekte eines expliziten                                                                      +++ Gründung der Abteilung „Trainingspäd-
                                                                                                                                                                    agogik und Martial Research“ +++
                                                      Coachings zur Wrist Strategy auf die
                                                   sportmotorischen Handstandleistungen

                                                                                                                                                                    Impressum

                                                                                                                                                                    IMPULSE
                                                                                                                                                                    Das Wissenschaftsmagazin der
                                                                                                                                                                    Deutschen Sporthochschule Köln
                                                                                                                                                                    2/2019, 24. Jahrgang

    34
                                                                                                                                                                    Herausgeber
                                                                                                                                                                    Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder
                                                                                                                                                                    Rektor der Deutschen Sporthochschule Köln

    Icaros: Fliegendes Trainingsgerät                                                                                                                               Redaktion
                                                                                                                                                                    Deutsche Sporthochschule Köln,
    Auswirkungen von Ganzkörper-Exergaming in der virtuellen
                                                                                                                                                                    Stabsstelle Akademische Planung und Steuerung,
    Realität auf kardiovaskuläre und muskuläre Parameter                                                                                                            Abt. Presse und Kommunikation
                                                                                                                                                                    Am Sportpark Müngersdorf 6, 50933 Köln

                                                                                                                                                                    Telefon: 0221 4982-3440
                                                                                                                                                                    Fax:     0221 4982-8400
                                                                                                                                                                    E-Mail: presse@dshs-koeln.de

                                                                                                                                                                    Redaktionsleitung: Sabine Maas
                                                                                                                                                                    Redaktion und CvD: Lena Overbeck
                                                                                                                                                                    Layout: Sandra Bräutigam

                                                                14                                                 26
                                                                                                                                                                    Druckerei
                                                                                                                                                                    DFS Druck Brecher GmbH, www.dfs-pro.de

                                                     Duale Karriere                                                                                                 ISSN-Nr.
                                                                                                                   Motilität und Mobilität                          2192-3531
                                                            Fortsetzung der
                                                                                                                   Zusammenhang von Motilität und Mobilität
                                                             Evaluation der                                        im realen Leben älterer gebrechlicher Menschen   Cover:
                                                                                                                                                                    Shutterstock
                                                      NRW-Sportschulen
                                                                                                                                                                    Eine PDF- und Online-Version finden Sie unter:
                                                                                                                                                                    www.dshs-koeln.de/impulse

                                                                                                                                                                    In dieser Publikation wird aus Gründen einer bes-
                                                                                                                                                                    seren Lesbarkeit teilweise nur die männliche Form/
                                                                                                                                                                    Ansprache verwendet. Dies soll ausdrücklich nicht
                                                                                                                                                                    als Diskriminierung von Frauen verstanden werden.

4                                                                                                IMPULSE | 02 | 2019                                                                                                                          5
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
(z. B. Schul- oder Leistungssport) durch ein Wesensmerkmal charakterisiert, das
Handstandvermittlung

                          Bewegungsvermittlung im Turnen ist unabhängig vom jeweiligen Setting
     im Turnen

                          die Initiierung motorischer Lernprozesse erschwert: Zeitdruck.
                                                                                                            Text Jonas Rohleder & Tobias Vogt

                                                                                                            E
                                                                                                                  ng geschnürte Wettkampfkalender stehen dem Leistungstur-
                                                                                                                  ner heutzutage bei der Implementierung neuer turnerischer
                                                                                                                  Elemente in die Wettkampfübung entgegen. Doch auch Studie-
                                                                                                            rende der Deutschen Sporthochschule Köln erfahren bereits im Turn-
                                                                                                            praxiskurs des Basisstudiums die Schwierigkeit, innerhalb nur weniger
                                                                                                            verfügbarer Semesterwochen grundlegende turnerische Fertigkeiten bis
                                                                                                            zur praktischen Prüfung zu erlernen und bestenfalls zu automatisie-
                                                                                                            ren. Diese wenigen Beispiele verdeutlichen bereits die Notwendigkeit
                                                                                                            einer Erforschung zielführender Vermittlungskonzepte für erfolgrei-
                                                                                                            ches Bewegungslernen im Turntraining und -unterricht auch innerhalb
                                                                                                            kurzer Zeiträume. Es liegt nahe, dass sich derartige Vermittlungsfor-
                                                                                                            schung äußerst anwendungs- und zielgruppenorientiert sowie insbe-
                                                                                                            sondere interdisziplinär gestalten muss, zumal durch Lehrkräfte und
                                                                                                            Trainer*innen sowohl das Know-How (Methodik, zielführendes Feed-
                                                                                                            back und Instruktion) als auch das Know-That (Lehrgegenstand und
                                                                                                            -inhalt, Bewegungscharakteristik) der Zielbewegung berücksichtigt
                                                                                                            werden muss (vgl. Sands, 2018). Die wissenschaftliche Fundierung
                                                                                                            effektiver Bewegungsvermittlung bedient sich somit der generierten
                                                                                                            Wissensbestände sportwissenschaftlicher Disziplinen (z. B. Biomecha-
                                                                                                            nik, Bewegungswissenschaft, Sportpsychologie), um auf dieser Basis
                                                                                                            praktizierte Trainingslehre auf den Prüfstand zu stellen und moderni-
                                                                                                            sierte Handlungsstrategien zu eruieren. Die im Folgenden ausschnitt-
                                                                                                            weise vorgestellte Studie verfolgt genau diese Zielstellung für das
                                                                                                            Basiselement Handstand.
                       IMPULSE 02 | 2019                                                                                                                                            7
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
Abb. 3 Das Aufschwingen
                                                                                                                                       zum Handstand
                                                                                                                                       Das Aufschwingen zum Handstand
                                                                                                                                       auf dem Boden gilt unabhängig vom
                                                                                                                                       turnerischen Leistungsniveau als
                                                                                                                                       Basisfertigkeit des Gerätturnens und
                                                                                                                                       beschreibt die Testaufgabe der vor-
                                                                                                                                       liegenden Studie. Als grundlegende
                                                                                                                                       Voraussetzung für weiterführende
                                                                                                                                       turnerische Elemente ist diese Bewe-
                                                                                                                                       gung u.a. Bestandteil der Sporteig-
                                                                                                                                       nungsfeststellung im Bodenturnen an
                                                                                                                                       der Deutschen Sporthochschule Köln.

                                                           Unabhängig vom Leistungsniveau ist der Handstand auf dem Boden              sop et al., 2017; Gautier et al., 2009). Es gilt als belegt, dass die Auf-   Die vorliegende Studie widmete sich daher der Frage nach praktischen
    Abb. 1 Handstand als invertiertes Pendel
    Der Handstand modeliert als invertiertes Pendel, das
                                                           DAS Basiselement des Turnens (Bessi, 2009). Bereits bei grundlegen-         rechterhaltung der Balancekontrolle bei sportmotorisch hochwertigen          Effekten eines expliziten Coachings zur wrist strategy auf die sport-
    aus einem Segment bestehend um die Handgelenke         den turnerischen Bewegungen (z. B. Rad) wird der Handstand dyna-            Handstandleistungen primäre Aufgabe der handgelenkumspannenden               motorischen Handstandleistungen (Qualität der Handstandposition,
    als inferior gelegene Rotationsachse rotiert (vgl.     misch durchlaufen und verkörpert im Leistungssport gerätübergreifend        Muskulatur ist (Blenkinsop et al., 2017). Die Literatur spricht hier von     Aufrechterhaltung der Balancekontrolle) bei Turnnovizen unterschied-
    Blenkinsop et al., 2017).                              die Ausgangs- und Endposition dynamischer Bewegungen (Hedbávný              der wrist strategy (Yeadon & Trewartha, 2003). Erst im Fall größerer         lichen Ausgangsniveaus. Basierend auf dem Literaturstand wurden fol-
                                                           et al., 2013). Ein guter Handstand definiert sich aus sportmotorischer      Balancestörungen, für deren Ausgleich die im Handgelenk erzeugten            gende Hypothesen formuliert:
    Abb. 2 Training der Handgelenkflexoren
    Aufwickeln eines moderaten Gewichts, welches mit
                                                           Perspektive primär durch zwei Charakteristika, A: Die Qualität der li-      Drehmomente nicht ausreichend sind, werden höher gelegene Gelenke
    einem Seil verbunden an einem Gymnastikstab befes-     nearen Körperposition; B: Die Aufrechterhaltung der Balancekontrolle        für Ausgleichskorrekturen hinzugezogen. Die shoulder strategy bzw.           (I) Weniger qualifizierte Novizen zeigen im Vergleich zu qualifizierteren
    tigt ist. Das Seil hängt auf der der/m Trainierenden   (Uzunov, 2008). Die gegenwärtige Literatur zur methodischen Heran-          hip strategy kennzeichnen somit Handstände von Turnern niedrige-             Novizen eine verlängerte Verweildauer (Balancezeit) im Handstand.
    zugewandten Seite des Gymnastikstabs, der Gymnas-      führung an den Handstand liefert einerseits ein breites Repertoire an       ren Niveaus. Mit Blick auf das Know-That, also dem Lehrinhalt der
    tikstab wird dabei vom Körper weg rotiert.             Trainingsübungen (Bessi, 2009; Uzunov, 2008). Die dort geschilderte         Handstandvermittlung, ist somit aus biomechanischer Sicht Folgendes          (II) Weniger qualifizierte Novizen zeigen im Vergleich zu qualifizierteren
                                                           Trainingslehre deutet dennoch darauf hin, dass der Ausprägung der           festzuhalten: Anzustreben ist der Balancemechanismus der wrist stra-         Novizen eine verbesserte Qualität der linearen Handstandposition.
                                                           linear stabilisierten Körperposition im Handstand oberste Priorität ein-    tegy, bei dem der Körper als ein Segment stabilisiert um diejenige
                                                           zuräumen ist. Ein durch Aufrichtung des Beckens stabilisierter Bein-        Gelenkpartie als invertiertes Pendel rotiert, die der Unterstützungsflä-
                                                           Rumpf-Winkel sowie ein geöffneter Arm-Rumpf-Winkel stehen im Fokus.         che inferior am nächsten gelegen ist (Abb. 1). Der Körperschwerpunkt         Methodik
                                                           Dieser Ansatz wird in der Trainingspraxis üblicherweise durch Feedback      (KSP) wird über den Händen als Unterstützungsfläche lokalisiert (vgl.        Stichprobe
                                                           (verbal und/oder taktil) und explizite Instruktionen (z. B.: „Schieb dich   Blenkinsop et al., 2017; Yeadon & Trewartha, 2003). Es ist offen-            N = 32 Sportstudierende der DSHS (17 weiblich, 15 männlich; Alter;
                                                           raus aus der Schulter“) untermauert. Mit Blick auf das Know-How der         sichtlich, dass der Unterarmmuskulatur, mit Blick auf den natürlichen        21.34 ± 1.49 Jahre; Körperhöhe: 175.14 ± 10.26 cm; Körpermasse:
                                                           Bewegungsvermittlung sind die Vorzüge expliziten Lernens hinsicht-          Handaufsatz im Handstand auf dem Boden insbesondere den Flexoren,            68.23 ± 11.67 kg) ohne besondere Vorerfahrungen im Turnsport wurden
                                                           lich der Verbalisierung entscheidender Bewegungsmerkmale unbestrit-         eine große Bedeutung zukommt.                                                rekrutiert. Die erfolgreiche Teilnahme an der Sporteignungsfeststellung
                                                           ten (Sun et al., 2001), womit entscheidende Facetten einer mentalen                                                                                      im Vorfeld des Studiums garantierte dennoch eine grundlegende Vor-
                                                           Bewegungsrepräsentation angelegt werden können (Wiemeyer, 1994).            Um auf dieser Basis der Frage nach dem Stellenwert der Handgelenks-          erfahrung mit dem Aufschwingen zum Handstand auf dem Boden. Die
                                                           Dennoch weisen Studien darauf hin, dass explizite Hinweise bereits          flexion im Handstandtraining zu begegnen, ist festzuhalten, dass so-         Studie wurde durch die Ethikkommission der DSHS genehmigt.
                                                           automatisierte motorische Abläufe Fortgeschrittener beeinträchtigen         wohl Übungsgut als auch Feedback und Instruktion zu diesem Aspekt
                                                           können (s. g. Reinvestment-Theorie, Masters & Maxwell, 2008).               nur eine untergeordnete Rolle spielen (Bessi, 2009; Uzunov, 2008).           Testaufgabe
                                                                                                                                       Vereinzelte Übungen befassen sich zwar mit Ansteuerung und Kräf-             Alle Proband*innen absolvierten zwei Testsessions (Prä- und Posttest)
                                                           In Anbetracht dieser Ausgangslage darf hinterfragt werden, ob diese         tigung entsprechender Muskulatur (Abb. 2), ein expliziter Bezug zur          mit jeweils drei Versuchen des Aufschwingens zum Handstand auf dem
                                                           Methodik zur Verbesserung einer ganzheitlichen Handstandleistung            Bedeutsamkeit dessen für die sportmotorische Handstandleistung er-           Boden (Abb. 3). Das kommunizierte Ziel lag in einer möglichst langen
                                                           innerhalb kurzer Zeit ausreicht? Und welche Rolle spielt das Training       scheint aber in Relation zur offensichtlichen biomechanischen Rele-          Verweildauer im Handstand, Hinweise zur Körperstabilisierung wurden
                                                           der Handgelenkmuskulatur, zumal auch die Aufrechterhaltung der Ba-          vanz unterrepräsentiert. Unbestritten sind auch die Vorzüge impliziten       nicht gegeben. Auf die individuelle Vorbereitung (Handstände waren
                                                           lancekontrolle charakteristisches Merkmal guter Handstände ist und          Lernens hinsichtlich einer verbesserten Nachhaltigkeit und Variabilität      verboten) folgte ein einzelner Probeversuch zur Gewöhnung. Das Ver-
                                                           die Hände als Schnittstelle zwischen Körper und Boden fungieren? Stu-       (Reber, 2013). Da die biomechanische Charakteristik des Handstandes          lassen des Handstandes war durch Abrollen oder das Seit-/Rücksprei-
                                                           dien, die die Handstandcharakteristik von Turnnovizen thematisieren,        aber mit fortgeschrittenen Turnern heterogenen Leistungsniveaus wis-         zen zur Ausgangsposition beliebig zu gestalten. Griffkorrekturen im
                                                           sind rar und beziehen sich lediglich auf die Eruierung der Wirksam-         senschaftlich eruiert, jedoch in Vermittlungskonzepten zum Erlernen          Handstand führten zum Versuchsabbruch. Die Durchführung auf einer
                                                           keit verschiedener Feedbackstrategien (Maleki et al., 2010; Rohleder        des Handstandes für Novizen heterogenen Niveaus offenbar nur unzu-           Turnmatte in Halle 21 der DSHS gewährleistete sportartspezifische Be-
                                                           & Vogt, 2018). Verschiedene Studien mit fortgeschrittenen Turnern           reichend verankert ist, stellt sich die Frage nach eventuellen Alterna-      dingungen und ein anwendungsorientiertes Umfeld. Die Hände wurden
                                                           untersuchten jedoch die biomechanischen Merkmale zur Aufrechterhal-         tiven in der Handstandvermittlung, möglicherweise durch die Umkehr           standardisiert innerhalb eines rechteckigen Korridors (Breite: 80 cm;
                                                           tung der posturalen Kontrolle im Handstand auf dem Boden (Blenkin-          impliziter und expliziter Lehrinhalte.                                       Tiefe: 30 cm) platziert.
8                                                                                                                                      IMPULSE 02 | 2019                                                                                                                                     9
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
Woche 1                vor Woche 2                  Woche 2                 Woche 3                 Woche 4                  Woche 5

        Pretest               Video tutorial                                 5 Trainingseinsheiten                                  Posttest
        10 min                  2:30 min                                          each 15 min                                       10 min

       individuelle            Introducing                               Für jede Trainingseinheit gilt:                           individuelle
      Vorbereitung           the participants                               Individuelle Vorbereitung                             Vorbereitung
     1 Probeversuch               to the                                  6 Trainingsübungen x 2 Sätze                           1 Probeversuch
        3 Versuche            wrist strategy                                                                                        3 Versuche
     Datenerhebung                                                                                                               Datenerhebung

                                                                                                                                                                                                                                    Der Handstand ist das Basiselement im Turnen und eine Grundposition in verschiedenen Sportarten.
                                                                                                                                                        Abb. 5 Datenerhebung im anwednungsorientierten Setting.

                  Tab. 1 Experimentelles Design                             Untersuchungsdesign                                                         In Anlehnung an geltendes internationales Regelwerk hinsichtlich er-
                  Die experimentelle Struktur der Studie ist charakte-      Alle Proband*innen durchliefen den Prätest innerhalb einer Woche            laubter Winkelabweichungen von der Handstandposition wurde die Ver-
                  risiert durch das Prä-Post-Design. Zwischen Prä- und      (Abb. 4). Es folgte ein Video-Tutorial mit prägnantem deklarativem          weildauer im Handstand innerhalb eines Korridors von 15° vor und hinter
                  Post-Test ist ein dreiwöchiger Interventionszeitraum      Wissen zum Prinzip der wrist strategy zur Aufrechterhaltung der Hand-       der Vertikalen oberhalb der Handgelenke gemessen (FIG, 2017; Rohleder
                  verankert, der eingeleitet durch ein Video-Tutorial       standbalance. Im Fokus stand die Aufmerksamkeitslenkung auf die             & Vogt, 2018a). Die Messung begann, sobald sich beide Beine nach
                  insbesondere durch physische Trainingsübungen zur         Platzierung des KSP über der Unterstützungsfläche sowie auf die er-         dem Aufschwingen zum Handstand vollständig innerhalb des Korridors
                  Implementierung der wrist strategy geprägt ist.           forderliche Handgelenksflexion zur Vermeidung des ventralen Überfal-        befanden. Unter folgenden Bedingungen wurde die Zeitmessung abge-
                                                                            lens aus dem Handstand. Daraufhin absolvierten alle Proband*innen           brochen; 1: Verlassen des Korridors durch die Sprung- oder Fußgelenke,
                  Abb. 4                                                    innerhalb der anschließenden drei Wochen in Folge des Prätests fünf         2: Einleitung der Abrollbewegung durch initiales Beugen der Ellbogen
                  Ü1: Aufwickeln einer mit einem Seil verbundenen           praktische Trainingseinheiten, bestehend aus zwei Sätzen mit jeweils        oder Einrollen des Kopfes, 3: Einleitung des Seit- oder Rückspreizens der
                  Gewichtscheibe (1.25 kg) auf einen Stab.                  sechs verschiedenen Trainingsübungen. Basierend auf den im Tutorial         Füße (initiale Öffnung der maximal verringerten Lücke zwischen beiden
                  Ü2: Schrägstand mit parallelen Armen in Hochhalte         vermittelten Inhalten adressierten die entsprechenden Übungen aus-          Füßen).
                  und wiederholter Hand- und Fingerdruck gegen die          schließlich das fertigkeitsspezifische Training der Handgelenksflexoren
                  Wand, so dass die Wand allein durch die Fingerspitze      für den Handstand auf dem Boden. Angelehnt an Uzunov (2008) wur-            In Abstimmung mit geltenden Bewertungskriterien (FIG, 2017) wur-
                  kontaktiert wird.                                         den folgende Übungen (Ü1 - Ü6) konzipiert (Abb. 4).                         de die Qualität der Handstandposition von vier unabhängigen Turn-
                  Ü3: Kniestand und wiederholte Palmarflexion des                                                                                       Expert*innen (jeweils zwei Trainer*innen und Kampfrichter*innen mit
                  Handgelenks mit einer Gewichtscheibe (1.25 kg) in         Gemäß empfohlener Trainingsumfänge und -intensitäten (Uzunov,               nationaler Lizenz) durch Punktevergabe auf einer Skala von 0.0-10.0 be-
                  jeder Hand.                                               2008) wurde jede Trainingsübung für 30 s durchgeführt, gefolgt von          wertet. Die Expert*innen wurden instruiert, die Verweildauer im Hand-
                  Ü4: Freies Üben des Aufschwingens zum Handstand           einer selbstbestimmten Erholungspause (≤ 30 s). Anpassungen der Kör-        stand bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen. Stattdessen wurden
                  mit dem Ziel, den KSP vertikal über der Unterstüt-        perposition im Handstand (Ü4 und Ü6) erfolgten lediglich implizit und       Sie angehalten, Unsicherheiten und Winkelabweichungen von der per-
                  zungsfläche zu platzieren; Zusätzlich: Selbstbe-          ohne jegliche externe Instruktion. Im Nachgang der dritten Trainings-       fekten Körperlinie in den großen Körpergelenken zu bewerten. Alle Test-
                  stimmtes Video-Feedback (Zeitverzögerung: 12 s)           woche erfolgte der Posttest gemäß Prätest-Bestimmungen (Tab. 1).            versuche wurden den Expert*innen in randomisierter Form präsentiert.
                  mittels Tablet-PC.
                  Ü5: Schlusstand mit parallelen Armen in Hochhalte         Datenerhebung und -verarbeitung                                             Statistische Datenanalyse
                  und wiederholte Palmarflexion im Handgelenk mit ei-       Die Nutzung eines let-PCs (Frequenz: 60 Hz; Auflösung: 1080 p) er-          In Anbetracht kollidierender Termine und physischer Probleme be-
                  ner Gewichtscheibe (1.25 kg) in jeder Hand.               möglichte standardisierte und anwendungsorientierte Videoaufzeich-          dingt durch das Sportstudium mussten sechs Proband*innen die Studie
                  Ü6: Aufschwingen zum Handstand mit Kontakt der            nungen aus der Sagittalebene (Abb. 5). Tape-Marker wurden an den            abbrechen und wurden von der weiteren statistischen Datenanalyse
                  Oberschenkel gegen einen Barrenholm (Handstütz            folgenden anatomischen Orientierungspunkten angebracht; 1: Handge-          ausgeschlossen. Ein Proband wurde mittels 2σ-Methode als Ausreißer
                  ca. 10 cm entfernt von der Vertikalen des Holmes)         lenk (processus styloideus ulnae), 2: Schulter (deltoideus posterior), 3:   identifiziert und ausgeschlossen. In Anlehnung an Vogt et al. (2017)
                  und Lösen des Kontaktes vom Holm durch Palmarfle-         Hüfte (trochantor major femoris), 4: Knie (epicondylus lateralis femo-      wurden die übrigen Proband*innen (n = 25) einer von zwei Gruppen zu-
                  xion im Handgelenk; Kein bewusstes Abdrücken mit          ris), 5: Sprunggelenk (malleolus lateralis). Weitere kinematische Video-    geordnet. Dazu wurde die nach Mittelwerten der Prätest-Balancezeiten
                  den Beinen vom Holm erlaubt.                              auswertungen wurden mit der Software Kinovea 0.8.15 durchgeführt.           sortierte Rangliste der Proband*innen in zwei Hälften geteilt (lange
10                                                                                                                                                      IMPULSE 02 | 2019                                                                                                                                                              11
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
Balancezeit                                                                                Handstandqualität                                                                                                weniger qualifizierten (Z = -2.67, p < .05, d = .79), jedoch nicht für die
                                                                                                                                                                                                                                                                      qualifizierteren Novizen (Z = -1.71, p > .05, d = .47). Weiterhin zeigte
                           1.80                                                                                                         8.00
                                                                                                                                                                                                                                                                      der Mann-Whitney-U-test signifikante Gruppenunterschiede im Prätest,
                           1.60                                                                                                                                                                                                                                       U = 22.50, p < .01, allerdings nicht im Posttest, U = 77.50, p > .05
                                                                                                                                        7.00                                                                                                                          (Abb. 7, Tab. 2).
                           1.40
mittlere Balancezeit [s]

                                                                                                                                                                                                                                                                      Der Aha-Effekt

                                                                                                              Expertenurteil [Punkte]
                           1.20                                                                                                         6.00
                                                                                                                                                                                                                                                                      Die vorliegende Studie untersuchte praktische Effekte eines explizi-
                           1.00
                                                                                                                                        5.00                                                                                                                          ten Coachings zur wrist strategy (Yeadon & Trewartha, 2003) auf die
                           0.80                                                                                                                                                                                                                                       sportmotorischen Handstandleistungen bei Turnnovizen unterschiedli-

                           0.60                                                                                                         4.00                              *                                                                                           chen Ausgangsniveaus.

                           0.40                                         *                                                               3.00
                                                                                                                                                                                                                                                                      Gemäß unserer Hypothese (I) zeigten weniger qualifizierte Novizen im
                                                                                                                                                                                                                                                                      Nachgang der Intervention verbesserte Balancezeiten im Handstand.
                           0.20
                                                                                                                                                                                                                                                                      Dieser Effekt blieb bei qualifizierteren Novizen aus. Durch Bewusstma-
                           0.00                                                                                                         2.00                                                                                                                          chung der wrist strategy wird bei gänzlich Unerfahrenen offenbar ein
                                                 Pre                            Post
                                                                                                                                                                                                                                                                      Aha-Effekt hinsichtlich eines Verständnisses für die Handstandbalance
                                                                                                                                                 Pre                          Post
                                                 weniger qualifiziert           qualifiziertere                                                  weniger qualifiziert         qualifiziertere                                                                         erzielt, was auf positive Wirkweisen expliziten Lernens zu schließen
                                                                                                                                                                                                                                                                      ist (Sun et al., 2001). Handstände fortgeschrittener Anfänger könn-
                                                                                                                                                                                                                                                                      ten hingegen durch Reinvestment (Masters & Maxwell, 2008) negativ
                                                                                Weniger qualifizierte Nozen                                                  qualifizierte Nozen                                                                                      beeinflusst worden sein, wobei die Balancezeiten in dieser Gruppe le-
                                      Variable                                                                                                                                                                                                                        diglich stagnierten, sich jedoch nicht reduzierten.
                                                                             Prätest                 Posttest                                   Prätest                            Posttest
                                                                                                                                                                                                                                                                      Gemäß unserer Hypothese (II) zeigten weniger qualifizierte Novizen im
                                  Balance - Zeit [s]                        0.44 ± 0.19             0.90 ± 0.47                                1.30 ± 0.65                     1.21 ± 1.05                                                                            Nachgang der Intervention verbesserte Qualitäten der Handstandposi-
                                                                                                                                                                                                                                                                      tion. Dieser Effekt blieb bei qualifizierteren Novizen aus. Es liegt nahe,
                            Handstandqualität [Punkte]                      4.07 ± 1.20             5.22 ± 1.37                                6.00 ± 1.01                     5.25 ± 1.16                                                                            dass die Bewusstmachung der wrist strategy bei gänzlich Unerfahrenen
                                                                                                                                                                                                                                                                      implizit bewirkt haben könnte, dass Schulter- und Hüftgelenk weniger
                                                                                                                                                                                                                                                                      für Ausgleichskorrekturen hinzugezogen werden müssen, was sich po-
                                                                                                                                                                                                                                                                      sitiv auf das Erscheinungsbild der Handstandposition im Expertenauge
                                                                                                                                                                                                                                                                      ausgewirkt haben könnte. Zudem vermag das vermutete Reinvestment
                                                                                                                                                                                                                                                                      (Masters & Maxwell, 2008) bei Turnern mit impliziter Erfahrung im
                                          Abb. 6 & 7                                                      Balancezeit, 1.30 ± 0.65 s; kurze Balancezeit, 0.44 ± 0.19 s). Gemäß                                                                                        Handstand auch eine Verbesserung der Handstandvirtuosität beein-
                                          Graphische Darstellung zur Veränderung der                      dieser Gliederung wurden die Proband*innen in den weiteren Analysen                                                                                         trächtigt haben.
                                          Handstand-Balancezeiten und Handstandqualität im                als qualifiziertere (n = 13) und weniger qualifizierte Novizen (n = 12)
                                          Prä-Post-Vergleich.                                             klassifiziert [t(23) = 5.40, p < .01].                                                                                                                      Ungeklärt bleibt die Frage, ob die erzielten Effekte primär durch das im
                                                                                                                                                                                                                                                                      Tutorial vermittelte deklarative Wissen zur wrist strategy bedingt sind,
                                          Tab. 2                                                          Für die intervallskalierte Variable Balancezeit wurde eine Varianzana-                                                                                      oder ob tatsächlich die dreiwöchige Trainingsintervention ausschlag-
                                          Tabellarische Darstellung (M±SD) zur Veränderung                lyse mit Messwiederholung (ANOVA) durchgeführt, zumal paarweise                                                                                             gebend war. Hierzu sind weiterführende Studien erforderlich.
                                          der Handstand-Balancezeiten und Handstandquali-                 Vergleiche (t-Test für abhängige und unabhängige Stichproben) post
                                          tät im Prä-Post-Vergleich.                                      hoc gerechnet wurden. Zur Bestimmung von Mittelwertunterschieden                                                                                            Zusammenfassend rechtfertigen die vorliegenden Ergebnisse die Erfor-
                                                                                                          für die ordinalskalierte Variable Handstandqualität wurden Wilcoxon-                                                                                        schung praxisnaher Auswirkungen eines expliziten Coachings zur wrist

                                                                                                                                                                                                Fotos: LSB NRW / Andrea Bowinkelmann; Deutsche Sporthochschule Köln
                                                                                                          Test sowie der Mann-Whitney-U-Test angewendet. Um der Alphafehler-                                                                                          strategy auf die Handstandleistungen bei Novizen unterschiedlichen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Dr. Jonas Rohleder, geboren 1989 in Siegen,
                                                                                                          Kumulierung entgegenzuwirken wurde das α-Niveau mittels Bonferro-                                                                                           Leistungsniveaus. Die gewonnenen Erkenntnisse suggerieren, gänzlich          studierte an der Deutschen Hochschule für Gesund-
                                                                                                          ni-Holm-Korrektur angepasst. Zur Einordnung der Interraterreliabilität                                                                                      Unerfahrene explizit auf die Funktionsweise der Handgelenke im Hand-         heit und Sport in Berlin. Seit 2015 ist er Lehrkaft
                                                                                                          wurde für die Handstandqualität zudem Kendall’s Konkordanzkoeffizi-                                                                                         stand aufmerksam zu machen, um innerhalb kurzer Zeiträume ganzheit-          für besondere Aufgaben im Lehr- und Forschungs-
                                                                                                          ent (W) berechnet [W(149) = .787, p < .01]. Für die statistische Da-                                                                                        lich verbesserte Handstandleistungen zu bewirken.                            gebiet Turnen am Institut für Vermittlungskom-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   petenz in den Sportarten (IVKS) der Deutschen
                                                                                                          tenanalyse wurde die Software SPSS 25.0 verwendet. Das Signifikanz-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Sporthochschule Köln. Rohleder war professioneller
                                                                                                          niveau wurde auf p  .05, d = .27]. Haupteffekte
                                                                                                          hinsichtlich der Faktoren Messzeitpunkt und Gruppe blieben aus, F(1,
                                                                                                          23) = 1.88, p > .05, η2p = .08 (Abb. 6, Tab. 2).

                                                                                                          Handstandqualität
                                                                                                          Der Wilcoxon-Test zeigte signifikant gesteigerte Punktzahlen für die
12                                                                                                                                                                                                                                                                    IMPULSE 02 | 2019                                                                                                                  13
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
Duale Karriere
Fortsetzung der
Evaluation der
NRW-Sportschulen
Text Benjamin Bonn, Tino Symanzik, Swen Körner,
Johannes Karsch & Christopher Nöcker

D
        ie gemeinsame Story von Akteuren in Ver-     Sportschule der Abteilung Pädagogik der Deutschen
        bünden von Schule und Leistungssport ist     Sporthochschule befasst sich seit dem Jahr 2013
        die zeitgleiche Förderung schulischen und    mit der Untersuchung der jeweiligen Standorte und
sportlichen Erfolgs. Schulpflichtige Nachwuch­  s-   erforscht die Implementation und Wirksamkeit des
leistungssportler*innen     sollen   bestmögliche    Modells. Aus der systematischen, wissenschaftli-
schu­lische Abschlüsse mit leistungssportlichem      chen Analyse resultiert eine Basis zur Bewertung
Engagement und Erfolg vereinen können. In            und Weiterentwicklung dieser Förderstruktur. Nach
Nordrhein-Westfalen (NRW) stehen für die Unter-      dem Ausgangsprojekt und der Untersuchung von
stützung einer solchen dualen Karriere seit dem      acht Standorten mit neun Schulen (2013-2015)
Jahr 2006 NRW-Sportschulen zur Verfügung, in         widmete sich das Folgeprojekt den zehn weiteren,
denen neben dem überbergreifendem Schulprofil        noch nicht evaluierten Standorten mit 23 Schulen
und ggf. verschiedenen Schwerpunkten Leistungs-      (2016-2018). Die Ergebnisse dieser Evaluation sind
sport in besonderer Weise gefördert werden soll.     Gegenstand des vorliegenden Beitrags. In fünf Ab-
Eine strukturgebende Bedeutung weisen dabei die      schnitten werden überblicksartig Forschungsdesign
Rahmenvorgaben (RV) des Landes NRW (MFKJKS,          und zentrale Ergebnisse entlang der Evaluationsdi-
2011) auf, in denen Grundzüge und einzelne Maß-      mensionen geschildert. Eine Abschlussbetrachtung
nahmen des Modells programmatisch festgelegt         mit ausgewählten Handlungsempfehlungen und ei-
sind. Das Forschungsprojekt Evaluation der NRW-      ner Gesamteinschätzung schließt die Ausführungen.

IMPULSE 02 | 2019                                                                                         15
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
b) der Ermächtigung zur selbstbestimmten Steuerung      In den Abweichungen von der Programmvorgabe             im Verbund ist und somit als gemeinsame Story des
                                                                                       der individuellen Entwicklung.                          liegen allerdings wiederum Gemeinsamkeiten der          Netzwerks identifiziert werden kann. Die Berücksich-
                                                                                                                                               Schulen; z. B. dadurch, dass Schwierigkeiten bei        tigung schulischer und sportlicher Leistungen und
                                                                                       Innerhalb dieses Verständnisses findet die Analyse      Aufnahmeverfahren bestehen, die Sportstättensitu-       Anforderungen in diversen Kontexten sowie Maßnah-
                                                                                       und Bewertung des Modells statt. In der Umsetzung       ation Bedarfe aufweist oder bei Kooperationen mit       men zur Förderung der sozialen oder persönlichen
                                                                                       liegt der Schwerpunkt auf der Implementation des        Grundschulen Probleme und Limitationen beste-           Entwicklung drücken das beispielhaft aus. Damit ver-
                                                                                       Programms und der programmatischen Berücksich-          hen. Auf programmatischer Ebene fehlt es zudem          weist die Untersuchung dieser Sozialbeziehungen auf
                                                                                       tigung von Voraussetzungen pädagogischer Qua-           zum Teil an aktuellen Schulprogrammen, expliziten       pä-dagogische Qualität im Netzwerk der jeweiligen
                                                                                       lität. Akzeptanz steht dabei im direkten Bezug zu       sportlichen Leitbildern und dokumentierten Talent-      NRW-Sportschule. Als Enhancement kommt dies ge-
                                                                                       Qualität als Zweckmäßigkeit und manifestiert sich       verständnissen. Vor diesem Hintergrund lassen sich      mäß der Zielsetzung insbesondere in der Förderung
                                                                                       in Anlehnung an Quiring (2006) durch eine aktive        neben schulspezifischen Handlungsempfehlungen           schulischer und sportlicher Entwicklung zum Aus-
                                                                                       Partizipation oder ein zustimmendes Werturteil. Die     übergreifende Potenziale ausmachen und an das           druck. Beide Bereiche treten im Verständnis gelun-
                                                                                       Operationalisierung in Zufriedenheit soll etwaige       Programm der NRW-Sportschule richten.                   gener dualer Karriere seitens der Schulleitungen auf
                                                                                       Verständnisprobleme bspw. bei Schülern vermeiden                                                                und werden in den Maßnahmen der Schulen (Sport-
                                                                                       (Cachay & Thiel, 2008; Kleinert & Brand, 2011).         Ein weiterer Faktor, der Abweichungen von der Norm      förderung, Unterstützungsmaßnahmen etc.) manifest.
                                                                                       Mit Blick auf die Wirksamkeit wird sportliches Talent   begründet, liegt in der unterschiedlichen Anzahl be-    Anlässe für ein Empowerment der Schüler als Transfor-
                                                                                       mehrdimensional begriffen und an Faktoren, wie          teiligter Schulen an den jeweiligen Standorten, die     mationsleistung zur Ermächtigung selbstbestimmten
                                                                                       Motorik, Outcome, Rahmenbedingungen (Hohmann,           von Einzelschulen bis zu einem Verbund von vier         Handelns sind ebenfalls teilweise strukturell integriert         23 Schulen an zehn
                                                                                       2009; Seidel, 2011; Güllich, 2013) festgemacht          Schulen, bspw. in Bochum und Köln variiert. Daraus      durch das Anstreben von Reflexionsprozessen, theore-         Standorten wurden evalu-
                                                                                       sowie über die Dimensionen Transformation und           ergeben sich sozialstrukturell andere Ausprägungen      tischen Thematisierungen des Sports oder des eigenen         iert. In einer ersten Phase
                                 Forschungsdesign                                      Zweckmäßigkeit analysiert.                              des jeweiligen standortspezifischen Netzwerks NRW-      Trainings oder beispielhaft Aktionstagen zum Thema              (2013-2015) wurden
                                 Als Evaluation ist das Forschungsprojekt auf die                                                              Sportschule. NRW-Sportschulen bilden Netzwerke aus      Doping. Beratungsangebote stehen an allen Schulen             bereits neun Schulen an
                                 empirisch fundierte und methodisch kontrollierte      Die Evaluation greift dabei auf einen Mix aus quan-     Schule(n), organisiertem Sport in Form von Vereinen,    zur Verfügung und können bspw. bei Druck (in Schule          acht Standorten evaluiert.
                                 Bewertung des Programms NRW-Sportschule in-           titativen und qualitativen Zugängen zurück. Die Um-     Verbänden, Stützpunkten etc., städtischen Partnern,     und/oder Sport) zum Einsatz kommen. Darüber hinaus                 Nachzulesen in:
                                 klusive seiner Ziele und Maßnahmen ausgerichtet.      setzungsdimension umfasst Ergebnisse einer Analyse      politischen Instanzen und weiteren Akteuren. Die        umfasst die sportliche Förderung abseits des Wegs als              IMPULSE 2|2017
                                 Damit werden die Schwerpunkte auf die Kontrolle       von Schulmaterialien und leitfadengestützten Inter-     beteiligten Akteure variieren ebenso wie ihre Zentra-   Leistungssportler*in weitere Einbindungsmöglichkei-              www.dshs-koeln.de/
                                 und Effekte der bestehenden Implementation sowie      views mit Schulleitungen (n = 23). Eine zusätzliche     lität im Netzwerk, wobei sich innerhalb eines Stand-    ten u. a. durch breitensportlich ausgerichtete Maß-                    impulse
                                 die rekursive Programmgestaltung gelegt (Kromrey,     Interviewbefragung dient der Nacherhebung offen         orts Partner mit unterschiedlichen Voraussetzungen      nahmen oder in Form von Ausbildungsangeboten für
                                 2005). Struktur geben die Evaluationsdimensionen      gebliebener und der Vertiefung einzelner Aspekte        finden, bspw. durch die Beteiligung von Bundesli-       Sporthelfer*innen, Übungsleiter*innen etc.
                                 (1) Umsetzung der ministeriellen RV, (2) Akzeptanz    (n = 23). Die Auswertung der Interviews verlief mit-    gavereinen oder hauptsächlich auf ehrenamtlicher
                                 des Modells und der Umsetzung und (3) Wirksamkeit     tels strukturierender Inhaltsanalyse (Mayring, 2015;    Tätigkeit basierenden Vereinen. Die Intensität der      Akzeptanz
                                 in der Talententwicklung. Folgende Leitfragen ste-    Schreier, 2014) und gemäß der Erwartungscluster. In     Zusammenarbeit weist ebenfalls Unterschiede durch       Die Umsetzung und Ausrichtung des Programms trifft
                                 hen im Fokus: Wurden die in den RV formulierten       den Dimensionen Akzeptanz (21 Schulen) und Talen-       engere und lockere Kooperationen auf. Am Standort       bei den befragten Akteuren weitestgehend auf Ak-
                                 Anforderungen, Zielsetzungen und Rahmenbedin-         tentwicklung (12 Schulen) dienten standardisierte       Bochum nimmt beispielhaft der dortige Olympia-          zeptanz. Mehrheitlich negative Bewertungen von
                                 gungen für NRW-Sportschulen hinreichend erfüllt?      Fragebögen digital und analog mit offenen und ge-       stützpunkt eine zentrale Rolle ein, der neben sei-      Maßnahmen sind auf der sachstrukturellen Ebene die
                                 Inwieweit finden die Schulen aus Sicht der betei-     schlossenen Fragen zur Datenerfassung.                  ner Einbindung in Maßnahmen und Absprachen als
                                 ligten Akteure intern wie außerschulisch Akzeptanz?                                                           Mittler eine Verknüpfung zu weiteren Organisationen
                                 Wie entwickeln sich Schülerinnen und Schüler in den                                                           herstellt, wie Abbildung 1 darstellt.
                                 NRW-Sportschulen als sportliche Talente?              Ergebnisse & Diskussion
                                                                                       Umsetzung                                               Bei aller Unterschiedlichkeit finden sich schulüber-          Verbundschulen                        Schule                            Schüler
                                 Die Dimensionen sind über das zugrundeliegende        Die Umsetzung von Maßnahmen und deren Ausrich-          greifend ähnliche Strukturen u. a. bei der Gestaltung
                                 theoretische Modell gekoppelt. Den Ausgangs-          tung orientiert sich bei den Schulen zumeist an den     von Kommunikationswegen und Funktionen einzelner
                                 punkt bildet die sozialwissenschaftliche Netz-        Vorgaben der NRW-Sportschulen. Das betrifft insbe-      Akteure. Während Schulleitungen als Machtpromoto-
                                 werkforschung mit der Perspektive, Netzwerke aus      sondere Strukturen, wie den Einsatz des Motorischen     ren agieren und damit von zentraler Bedeutung bei                        Abstimmungsge-            zentraler            Beratung
                                                                                                                                                                                                                            spräche                Partner         (z.B. Laufbahn)
         NRW-Sportschulen        Sozialbeziehungen zwischen Akteuren als eine          Tests 1 für NRW, das Angebot von Schulsportge-          Entscheidungsprozessen (z. B. Kooperation, Freistel-
     Ziel der NRW-Sportschulen   Grundstruktur des Sozialen zu verstehen (Fuhse,       meinschaften und die Integration von Sportmodulen       lungen) und der Durchsetzung des Programms sind,
        ist die Förderung der    2009). Als prinzipiell offene Gebilde überspannen     in den Schulalltag (Sportfeste, Pausensport etc.),      findet sich an allen Schulen die Position der Sport-
        Nachwuchsleistungs­      sie unterscheidbare Netzwerkkontexte und lassen       spezielle Angebote für Sportler*innen in Form (in-      koordination, die in der Zusammenarbeit diverser                 Vereine
                                                                                                                                                                                                                                                     OSP
        sportler*innen in der    sich auf ihre Ausprägungen, wie z. B. Zentralität,    dividualisierter) Betreuungs- und Unterstützungs-       Organisationen als Beziehungspromotor wirken und                Verbände
      Vereinbarkeit von schu-    Nähe und Distanz hin analysieren. Das idealtypi-      maßnahmen oder Freistellungen. Zugleich bricht          schulintern als Prozesspromotor Abläufe zwischen
      lischen und sportlichen    sche, in den RV beschriebene Netzwerk dient dabei     sich die Programmnorm an den jeweiligen regiona-        einzelnen Akteuren verknüpfen. Als Ansprechpartner
           Anforderungen.        als Messlatte. Das Forschungsprojekt verknüpft die    len und schulspezifischen Bedingungen, bei denen        für verschiedene Akteure nehmen sie im Verbund von                                                Verknüpfung
                                 netzwerktheoretische Perspektive mit den Dimen-       Unterschiede vor allem in Art und Anzahl der Pro-       Schule und Leistungssport eine zentrale Position ein.
                                 sionen pädagogischer Qualität. Diese liegt nach       filsportarten, der Schulform und -größe, dem Ein-       Andere Sozialfiguren, wie Schulkoordinatoren des
                                 Harvey und Green (2000) in der Zweckmäßigkeit         stiegszeitpunkt ins Programm und leistungssport-        DFB, Lerncoaches usw. finden sich an wenigen oder
                                 als Zufriedenheit mit dem Grad der Zielerreichung     lichen Strukturen vor Ort etc. liegen. Die Schulen      einzelnen Standorten.                                              Voll-/Teilinternat            Grundschulen              Berufskolleg
                                 sowie der dazu in Anschlag gebrachten Mittel und      weisen bei der Umsetzung eine Eigenlogik auf, die
                                 in Transformationsprozessen als a) persönlichen       neben übergreifenden Gemeinsamkeiten der Schulen        An allen Standorten wird deutlich, dass die duale
                                 Leistungs- oder Bildungswertezuwächsen und/oder       insbesondere individuelle Ausprägungen anzeigt.         Karriere ein übergeordneter Bezugspunkt der Arbeit      Abb. 1. Beispielstruktur zur Bedeutung des Olympiastützpunkts (OSP) am Standort Bochum.

16                                                                                                                                             IMPULSE 02 | 2019                                                                                                                                  17
IMPULSE - Deutsche Sporthochschule Köln
Tab. 1 Zufriedenheit mit dem Miteinander von Sportschüler*innen und Nicht-Sportschüler*innen*.                                                                                                                           Tab. 2 Wettkampfplatzierungen der befragten NRW-Sportschüler*innen.

Akteure                      n                                               Prozent                                              MW            SD
                                                                                                                                                                                                                                                                                    1-3        4-8                 9 oder höher
                                                  z                 eher z             eher unz               unz
                                                                                                                                                                                                                                                 Bezirksweit                        26         16
Sportschüle r            433 (36E)              48,96               36,95               10,16                3,93                 1,69          0,81
Nicht-                                                                                                                                                                                                                                           Landesweit                         17          6                         5
                        1445 (141E)             49,90               30,87               11,97                7,27                 1,77          0,92
Sportschüler                                                                                                                                                                                                                       2014          Bundesweit                          3          0                         0
Lehrer                  743 (224E)              35,53               44,41               16,42                3,63                 1,88          0,81                                                                                             Europaweit                          0          2                         1

* Die Antwortkategorien sind zufrieden (1), eher zufrieden (2), eher unzufrieden (3), unzufrieden (4). MW steht für Mittelwert,                                                                                                                  Weltweit                            1          0                         0
SD für Standardabweichung und E für Enthaltungen.                                                                                                                                                                                                Bezirksweit                        34         15                         3
                                                                                                                                                                                                                                                 Landesweit                         16          7                         2
                                                                                                                                                                                                                                   2015          Bundesweit                          5          3                         0
                                                                                                                                                                                                                                                 Europaweit                          0          2                         2
                                         Ausnahme (z. B. Sportgruppenangebot, Sportstätten)             ihrer sportlichen und schulischen Entwicklung ist
                                         und betreffen oftmals einzelne Akteursgruppen. Die             ebenfalls heterogen und weist einerseits auf ein                                                                                         Weltweit                            0          1                         1
                                         Negativurteile liegen teilweise in schulspezifischen           duales Enhancement und andererseits auf negativ                                                                                          Bezirksweit                        26         13                         5
                                         Gegebenheiten begründet und sind vor deren Hinter-             bewertete Entwicklungen in einem oder beiden Be-                                                                                         Landesweit                         10          6                         0
                                         grund differenziert zu betrachten. Gleiches gilt für           reichen seit Aufnahme an die Schule hin.
                                                                                                                                                                                                                                   2016          Bundesweit                          7          5                         4
                                         die Sozialbeziehungen der Akteure untereinander, die
                                                                                                                                                                                                                                                 Europaweit                          3          3                         2
                                         überwiegend ein zweckmäßiges Miteinander umfas-                Abschlussbetrachtung
                                         sen, was sich bspw. bei Unterstützungsleistungen der           Mit ihrem programmgestaltenden Anspruch kommt                                                                                            Weltweit                            1          1                         3
                                         Schüler*innen oder der Zusammenarbeit schulischer              die Evaluation zu Handlungsempfehlungen auf                                                                                              Bezirksweit                        33         16                         4
                                         und sportlicher Akteure zeigt. Beispielhaft zeigt              Basis der erhobenen Ergebnisse, die sich an den                                                                                          Landesweit                         15         11                         0
                                         Tabelle 1 die Zufriedenheit des Miteinanders von               Programmgeber und/oder Einzelschulen richten.
                                                                                                                                                                                                                                   2017          Bundesweit                          6         11                        10
                                         Sportschüler*innen und Nicht-Sportschüler*innen an             Anlässe betreffen unterschiedliche Ebenen: In pro-
                                         den untersuchten NRW-Sportschulen.                             grammatischer Hinsicht liegen Bedarfe an einer                                                                                           Europaweit                          2          4                         2
                                                                                                        Aktualisierung und schriftlichen Dokumentation                                                                                           Weltweit                            4          2                         2
                                         Verbesserungspotenziale liegen vor und betref-                 von Schulprogrammen und Leitbildern, der Abstim-                                                                                         Bezirksweit                        30         18                         7
                                         fen bspw. die schulinterne Kommunikation sowie                 mung unterschiedlicher Förderlinien (Eliteschule
                                                                                                                                                                                                                                                 Landesweit                         16         11                         3
                                         die Einbindung der Akteure in Entscheidungen. Als              des Sports, NRW-Sportschule etc.), der Diskussi-
                                         Netzwerk von Akteursgruppen bzw. Personen mit                  on einer expliziter Förderung des paralympischen                                                                           2018          Bundesweit                          8         15                         4
                                         unterschiedlicher organisationaler Anbindung ist               Sports und einer dokumentierten Bestimmung des                                                                                           Europaweit                          3          3                         1
                                         das Ergebnis in der Mehrzahl positiv zu werten. Glei-          Talentbegriffs vor. Die Dokumentation expliziter                                                                                         Weltweit                            2          2                         1
                                         ches gilt für die Ebene der Programmatik, auf der              Leitbilder oder Talentbegriffe bietet handelnden
                                         überwiegend positive Werturteile für die Förderung             Akteuren Orientierung und fördert womöglich eine
                                         der dualen Karrieren und des Leistungssports sowie             gemeinsame Ausrichtung von Maßnahmen, was ge-                                                                    zweckmäßig. Die Überführung der Zuständigkeit für
                                         zustimmende Urteile zu positiven Zuschreibungen                rade bei nicht zum institutionell-organisatorischen                                                              diese Aufgabe in eine bestehende oder die Einrich-                    Benjamin Bonn, geboren 1990, studierte von 2010 bis 2016 Sport und Spanisch im
                                         zum Sport (bspw. Persönlichkeitsentwicklung) das               Nahbereich der Schulen gehörenden Akteuren von                                                                   tung einer neuen (ggf. schulübergreifenden) Stelle                    Lehramt Staatsexamen für Gymnasium und Gesamtschule an der Deutschen Sporthoch-
                                         Meinungsbild prägen.                                           Bedeutung ist. Ein mehrperspektivischer Begriff                                                                  kann in Abstimmung des Programmgebers mit den                         schule und der Universität Köln. Seit 2013 arbeitete er im Institut für Pädagogik
                                                                                                        sportlichen Talents kann möglicherweise Akzeptanz                                                                jeweiligen NRW-Sportschulen sinnvoll sein.                            und Philosophie erst als studentische Hilfskraft und ab 2016 als wissenschaftlicher
                                                                                                                                                                                                                                                                                               Mitarbeiter. 2016 begann er zudem mit seiner Promotion mit der Untersuchung von
                                         Talententwicklung                                              für die gemeinsame Arbeit von Schule und Sport
                                                                                                                                                                                                                                                                                               pädagogischen Formen beim Selftracking. Mitte 2019 wechselte er in die Abteilung
                                         Die Entwicklung der Talente weist dagegen ein he-              begründen, die Identifikation mit dem Programm                                                                   Davon abgesehen kommt die Evaluation in An-                           Trainingspädagogik und Martial Research. Thematische Schwerpunkte seiner Arbeit
                                         terogeneres Ergebnis auf. Steigerungen des Trai-               fördern (Heinrich & Kussau, 2016) und an ein-                                                                    betracht ihrer theoretischen und methodischen                         als wissenschaftlicher Mitarbeiter liegen derzeit in Selftracking, E-Sport, Netzwerk-
                                         ningspensums, der Wettkampfteilnahmen und der                  zelne Förder- und Diagnoseverfahren angekoppelt                                                                  Möglichkeiten zu dem Fazit, dass die Umsetzung                        forschung und Verbünden von Schule und Leistungssport. » b.bonn@dshs-koeln.de
                                         -platzierungen zeigen positive Entwicklungen und               werden. Sachstrukturelle Vorschläge beziehen sich                                                                des Programms insgesamt hinreichend und zweck-
                                         pädagogische Qualität als Enhancement auf. Tabelle             u. a. auf einzelne Maßnahmen, Bedingungen bei                                                                    mäßig stattfindet und positive Talententwicklung                      Dr. Tino Symanzik, geboren 1980, studierte von 2001 bis 2006 Sport- und Poli-
                                         2 zeigt beispielhaft die Wettkampfplatzierungen der            Aufnahmeverfahren, Asymmetrien bei Sportarten                                                                    ermöglicht, Abweichungen von Programmnorm so-
                                                                                                                                                              Fotos: Sandra Bräutigam; DSHS; nc-seebotfr@netcologne.de
                                                                                                                                                                                                                                                                                               tikwissenschaft an der Universität Rostock. Seine Dissertation schrieb er von 2006
                                         befragten NRW-Sportschüler*innen im Zeitverlauf.               (Schülerzahlen, Bedingungen), Datenerhebungen                                                                    wie eigenlogischer Umsetzung seitens der Schulen                      bis 2009 zum Thema „Netzwerk Fußball: Eine machtpsychologische Betrachtung der
                                                                                                        und Sportstätten. Ein Fehlen geeigneter Sport-                                                                   erwartbar sind und Anlass für wechselseitige An-                      Bundesliga im Einflussfeld der Massenmedien“. Bevor er an die Sporthochschule
                                                                                                                                                                                                                                                                                               wechselte, arbeite er crossmedial als freier Journalist und als wiss. Mitarbeiter im
                                         Schwerpunkte abseits der Profilsportarten und eine             stätten ist auch dadurch von Brisanz, da diese                                                                   passungen zwischen Schulen und Programm sein
                                                                                                                                                                                                                                                                                               BISp. Seit 2013 ist er in der Abteilung Pädagogik als wiss. Mitarbeiter beschäftigt
                                         Dropoutquote von ca. zwei Dritteln zum Übergang                von einigen Schulen als Bedingung zur Teilnahme                                                                  können. Flexibilität auf Seiten der Schulen ist da-                   und koordiniert Forschungsprojekte in den Themenfeldern Dopingprävention und
                                         in die leistungssportliche Förderung stehen dem                am NRW-Sportschulprogramm galt. Der Bedarf ist                                                                   mit ebenso gefordert wie eine Gestaltung flexibler                    dem Verbund Schule-Leistungssport. Als freiberuflicher Dozent ist er zudem für die
                                         gegenüber, wobei Ursachen bei Schüler*innen                    dabei im Netzwerk beteiligter Partner zu decken                                                                  Vorgaben, die Orientierung geben und für schulspe-                    Trainerakademie des DOSB und Sportverbände tätig. » t.symanzik@dshs-koeln.de
                                         (fehlendes Interesse) und Bedingungen (fehlende                und an die Anforderungen jeweiliger Maßnahmen                                                                    zifische Bedingungen übersetzt werden können.
                                         Unterstützung, unzureichende Vereinbarkeit) lie-               (Sportunterricht, Leistungstraining etc.) anzupas-                                                                                                                                     Univ.-Prof. Dr. Swen Körner, geboren 1975, hat u.a. Sportwissenschaft an der
                                         gen. Darüber hinaus deuten Angaben der befragten               sen. Auf sozialstruktureller Ebene geht es um Par-                                                               Ausführlichere Darstellungen und Ergebnisse sind nach-                Deutschen Sporthochschule studiert und ist Preisträger des Deutschen Studi-
                                         Schüler*innen auf Einschränkungen in der Zweck-                tizipationsmöglichkeiten für Schüler*innen, Eltern                                                               zulesen in: Körner, S., Bonn, B, Karsch, J., Nöcker, C.,              enpreises der Körber-Stiftung 2001. 2008 promovierte er zum Dr. phil. an der
                                         mäßigkeit der Bedingungen für eine leistungs-                  und Vertreter*innen des Sports, Probleme bei der                                                                 Scharf, M. & Symanzik T. (2019). Netzwerk NRW-Sport-                  Technischen Universität Darmstadt (summa cum laude). Seit 2009 ist er Professor
                                                                                                                                                                                                                                                                                               für Sportwissenschaft. Aktuell leitet er die Abteilung für Trainingspädagogik und
                                         sportliche Förderung (an der Schule allgemein, bei             Personalrekrutierung und Ausbaupotenziale bei der                                                                schule: Umsetzung, Akzeptanz und Talententwicklung an
                                                                                                                                                                                                                                                                                               Martial Research an der Deutschen Sporthochschule Köln. Seine derzeitigen For-
                                         Sportstätten, Zusammenarbeit mit Verein) hin. Die              Zusammenarbeit mit Grundschulen. So erscheint                                                                    zehn Standorten des Verbundmodells. Meyer & Meyer: Aa-                schungsschwerpunkte liegen im Bereich der Professionalisierung des Polizeilichen
                                         Unterstützung einzelner Akteursgruppen auf per-                eine zielgerichtete Ausrichtung der Kooperation für                                                              chen (in Vorbereitung).                                               Einsatztrainings, der Gewaltdynamiken im Einsatz von Rettungskräften und der
                                         soneller Ebene ist dagegen zufriedenstellend. Die              beidseitige Erwartungssicherheit und eine Koordi-                                                                                                                                      Martial Arts Studies. » koerner@dshs-koeln.de
                                         Selbsteinschätzung der befragten Schüler*innen zu              nierung von Kapazitäten und erwarteten Erträgen                                                                  Literatur bei den Autoren
18                                                                                                                                                                                                                       IMPULSE 02 | 2019                                                                                                                                         19
Schon längere Zeit weiß man in der Medizin, dass Sport positive Effekte für das Gehirn hat.

                                                                                                    Immunbiologischer Einfluss
Daher sind Sportprogramme auch für Patient*innen, die an Multipler Sklerose (MS) leiden,
bereits fest etabliert. Im Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin, Abteilung molekulare
und zelluläre Sportmedizin, erforschen Wissenschaftler*innen den Einfluss, den Sport und Bewegung
auf diese chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems ausüben.
                                                                                                    von Sport bei Multipler Sklerose
Text Sebastian Proschinger, Annette Radmacher, Niklas Joisten, Marit Lea Schlagheck,                Die Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich autoreaktive Immunzellen
David Walzick, Wilhelm Bloch, Philipp Zimmer                                                        gegen die fetthaltige Ummantelung der Nervenzellen im Zentralen Nervensystem (ZNS) richten.
                                                                                                    Die entstehenden Schädigungen der Nervenzellen beeinträchtigen maßgeblich psychomotorische
                                                                                                    Funktionen sowie die kognitive Leistungsfähigkeit, was sich negativ auf die Lebensqualität und
                                                                                                    Alltagsbewältigung der Betroffenen auswirkt.

20                                                                                                  IMPULSE 02 | 2019                                                                                21
Abb.1 Sporttherapeut und
                                                                                                                                                                                                                                                 Studienleiter Dr. Jens Bansi
                                                                                                                                                                                                                                                 motiviert in den Kliniken
                                                                                                                                                                                                                                                 Valens Patient*innen und
                                                                                                                                                                                                                                                 Studienteilnehmer*innen bei
                                                                                                                                                                                                                                                 den regelmäßig durchge-
                                                                                                                                                                                                                                                 führten Trainingseinheiten
                                                                                                                                                                                                                                                 auf dem Fahrradergometer.

D
        er zuletzt 2014 veröffentlichte „Atlas of Multiple Sclerosis“ of-   zu sein. Immer mehr Studien zeigen, dass es eine gewisse Dosis-Wir-      existieren zu diesem Forschungsthema jedoch wenig randomisierte-         und die damit einhergehende Ausschüttung von IL-6 hemmend auf
        fenbarte, dass die geschätzte Zahl der Personen mit MS zwischen     kungs-Beziehung zu geben scheint: Je stärker der akute Belastungsreiz    kontrollierte Studien mit ausreichender methodischer Qualität, um        die Freisetzung des häufig an Entzündungsprozessen beteiligten Tu-
        2008 bis 2013 weltweit von 2.1 auf 2.3 Mio. anstieg (Browne,        ein System aus dem Gleichgewicht bringt, desto größer sind die lang-     eindeutige Aussagen über die Effekte körperlicher Aktivität auf die      mor-Nekrose-Faktors-alpha (TNF-alpha) (Starkie, 2003). Drittens ist
2014). Eine Auswertung von Abrechnungsdaten der deutschen Ver-              fristigen positiven Anpassungen. Tatsächlich scheinen auch Personen      kognitive Leistungsfähigkeit bei Personen mit MS zu treffen (Sandroff,   eine erhöhte kardiorespiratorische Fitness mit einer erhöhten Kon-
tragsärzte ergab, dass in einem ähnlichen Zeitfenster (2009-2015) die       mit MS besonders von intensiven Trainingsformen zu profitieren (Hub-     2016). In einer bereits abgeschlossenen Studie konnte unsere Arbeits-    zentration anti-inflammatorischer Tregs assoziiert (Weinhold, 2016).
Gesamtzahl an ambulant versorgten und gesetzlich versicherten Pati-         bard, 2019; Zimmer, 2017).                                               gruppe den positiven Einfluss eines hochintensiven Intervalltrainings,   Besonderes Letzteres stellt vor dem Hintergrund des vermuteten pa-
enten mit MS von 172 Tsd. auf mehr als 223 Tsd. gestiegen ist.              Daher untersucht die Arbeitsgruppe der klinischen Sport-(Neuro-)Im-      verglichen zu einem moderaten kontinuierlichen Training, auf das ver-    thologischen Mechanismus von MS (siehe Abschnitt „Immunologische
Etwa 85 % der Personen, die an MS leiden, haben einen schubförmig           munologie unter der Leitung von Dr. Dr. Philipp Zimmer den Einfluss      bale Gedächtnis bei Personen mit schubförmiger und sekundär progre-      Dysbalance bei Multipler Sklerose“) eine wichtige Rolle dar. Bezüglich
remittierenden Krankheitsverlauf. Anders als die primär progrediente        von rehabilitativen und alltagsnahen Trainingsinterventionen auf den     dienter MS zeigen (Zimmer, 2018). Darauf basierend untersuchen wir       der Belastungsintensität wurde im Rahmen eines Mausmodells mit ex-
Form der MS, welche sich durch einen stetigen Krankheitsfortschritt         MS-spezifischen Symptomkomplex und immunologische Biomarker, um          aktuell in zwei randomisiert-kontrollierten Studien den Einfluss hoch-   perimenteller MS gezeigt, dass ein hochintensives Ausdauertraining
charakterisiert und die schwerwiegendste Form darstellt, zeichnet sich      Bewegungsempfehlungen zu optimieren und zugrundeliegende mole-           intensiver Belastungen auf unter anderem die Verarbeitungsgeschwin-      stärkere anti-inflammatorische Effekte verglichen zu einem moderaten
die schubförmige Verlaufsform durch einen Wechsel von symptomati-           kulare Mechanismen zu identifizieren.                                    digkeit, das verbale und räumlich-visuelle Gedächtnis, um langfristig    Ausdauertraining erzeugt hat (Xie, 2019). In einer Übersichtsarbeit
schen und symptomfreien Phasen aus. Mit der Zeit geht diese Form                                                                                     nicht-medikamentöse Therapieempfehlungen aussprechen zu können           von Barry et al. (2016) werden die anti-inflammatorischen Effekte kör-
in die sekundär progrediente Verlaufsform mit einer kontinuierlichen        Kognition                                                                (Joisten, 2019; Proschinger, 2019 eingereicht).                          perlicher Aktivität bei Personen mit MS dargestellt und das Potential
Verschlechterung der Symptomatik über. Medikamentöse Therapien              Kognitive Einschränkungen werden von 43-70 % der Erkrankten be-                                                                                   körperlicher Aktivität in Bezug auf die Modulation entzündlicher Pro-
wirken hier auf unterschiedliche Weise regulierend auf die chronisch        richtet. Verminderte Gedächtnisleistungen, Defizite in der Verarbei-     Inflammation                                                             zesse hervorgehoben. Die Inhalte der einzelnen Trainingsinterventio-
schwelenden entzündlichen Herde in der Peripherie und ZNS ein. Al-          tungsgeschwindigkeit sowie den exekutiven Funktionen führen zu           Neben neuroprotektiven Eigenschaften weist körperliche Aktivität auch    nen der Untersuchungen variieren jedoch bezüglich -art, -dauer und
lerdings ist bei der Einnahme von Medikamenten das Auftreten von            Einschränkungen im Alltag und der beruflichen Tätigkeit vieler Be-       eine anti-inflammatorische Wirkung auf. Es wird dabei zwischen indi-     -intensität, was erneut den Forschungsbedarf in diesem Themenfeld
unerwünschten Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen.                          troffenen und resultieren in einer reduzierten gesundheitsbezogenen      rekten und direkten Effekten unterschieden, welche vor dem Hinter-       verdeutlicht, um künftig spezifische Trainingsempfehlungen formulie-
Eine nicht nur nebenwirkungsarme, sondern auf systemischer Ebene            Lebensqualität (Langdon, 2012). Körperliche Aktivität stellt einen       grund des allgemein wandelnden Lebensstils zunehmend an Bedeutung        ren zu können.
förderliche Therapiemaßnahme ist die Bewegung. Mittlerweile gibt es         potentiellen nicht-medikamentösen Therapieansatz dar, welcher zu-        gewinnen. Bei dem indirekten Effekt unterstützt regelmäßige körper-
ausreichend wissenschaftliche Evidenz, welche die anti-inflammatori-        nehmend an Bedeutung gewinnt. Bewiesen ist der positive Zusammen-        liche Aktivität die Reduktion von viszeralem Fettgewebe, welches mit     Immunsystem
schen und immunregulatorischen Eigenschaften regelmäßiger Bewe-             hang von körperlichen Belastungen und einer erhöhten Konzentration       einer erhöhten Konzentration von inflammatorischen Immunzellen und       Je nach Aufgabe und Rekrutierungsdauer lässt sich die Gesamtheit der
gung und eines aktiven Lebensstils belegen (Pedersen, 2015; Walsh,          der Wachstumsfaktoren BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) und       einer verminderten Konzentration von anti-inflammatorischen regu-        Immunzellen entweder der angeborenen (u. a. Makrophagen) oder der
2011). Das ist wohl auf eine Wiederherstellung des Gleichgewichts           VEGF (vascular-endothelial growth factor), welche eine starke neuro-     latorischen T-Zellen (Tregs) assoziiert wird. Durch diese immunologi-    erworbenen Immunabwehr (B-Zellen, T-Zellen) zuordnen. Bei der MS
zwischen (anti-)inflammatorischen Immunzellen und ihrer Produktion          protektive Wirkung aufweisen und unter anderem für die Stimulation       sche Dysbalance ist das Risiko eines chronischen inflammatorischen       weiß man um ein Ungleichgewicht im Arm des erworbenen Immunsys-
von Botenstoffen zurückzuführen. Durch die Kooperation des Instituts        von Neuro-, Synapto- und Angiogenese verantwortlich sind (Zimmer,        Zustands im Körper deutlich erhöht (Gleeson 2011).                       tems zugunsten der T-Zellen mit proinflammatorischen Eigenschaften
für Kreislaufforschung und Sportmedizin (Abt. molekulare und zelluläre      2019 akzeptiert). Zusätzlich konnten Anpassungen durch körperliche       Dem direkten Effekt werden verschiedene Mechanismen zu Grunde ge-        (Jones, 2016). Insbesondere spricht man hier von den sogenannten
Sportmedizin) mit den Kliniken Valens (Rehabilitationsklinik, Schweiz)      Belastungen auf struktureller Ebene im Gehirn bei Personen mit MS        legt: Erstens besteht ein Zusammenhang zwischen der akuten Aus-          T-Helferzellen vom Typ 1 (TH1) und 17 (TH17), welche bei einer chro-
konnten bisher eindrucksvolle Ergebnisse eines regelmäßigen Trainings       festgestellt werden (Kjølhede, 2018). Vor dem Hintergrund der neuro-     schüttung von Interleukin- (IL) 6 durch Muskelkontraktionen während      nisch erhöhten Aktivität durch die Produktion von inflammatorischen
auf den Symptomkomplex sowie mögliche zugrundeliegende moleku-              degenerativen Eigenschaften von MS und der beschriebenen Wirkung         körperlicher Aktivität und einer anschließend erhöhten Konzentrati-      Botenstoffen nicht nur auf peripherer Ebene negative Effekte zeigen,
lare Mechanismen festgestellt und publiziert werden (Zimmer, 2017).         von körperlicher Aktivität weisen sporttherapeutische Bewegungsin-       on anti-inflammatorischer Zytokine wie IL-10 und IL-1 Rezeptor An-       sondern auch im ZNS ein inflammatorisches und damit zelltoxisches
Dabei scheint die Art und Weise, wie trainiert wird, nicht unerheblich      terventionen ein hohes Potential zur supportiven Therapie auf. Bislang   tagonisten (Steensberg, 2003). Zweitens wirkt körperliche Aktivität      Milieu fördern (Lovett-Racke, 2011).
22                                                                                                                                                   IMPULSE 02 | 2019                                                                                                                            23
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