Pulsatilla Zeitschrift für Botanik und Naturschutz - Heft 7/2004 Tagungsband "Einsatz neuer Medien im ehrenamtlichen Naturschutz" - Nabu
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Pulsatilla Zeitschrift für Botanik und Naturschutz Heft 7/2004 Tagungsband „Einsatz neuer Medien im ehrenamtlichen Naturschutz“
Impressum © 2005 NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. Herausgeber: NABU-Bundesfachausschuss Botanik Schriftleiter: Dr. CHRISTIAN BERG Thomas-Mann-Straße 6a D-18055 Rostock E-Mail: cberg@t-online.de Redaktion: Dr. ANDREAS BETTINGER, Saarbrücken Prof. Dr. HANS-ROLF HÖSTER, Bremen Dr. THOMAS HÖVELMANN, Münster Dr. SUSANNA KOSMALE, Zwickau Dr. UWE WEGENER, Wernigerode Dr. WERNER WESTHUS, Jena Verlag: NABU Postanschrift: NABU, 53223 Bonn Telefon: 0228.40 36-0 Telefax: 0228.40 36-200 E-Mail: NABU@NABU.de Internet: www.NABU.de Informationen zu früheren Heften unter: www.NABU.de/botanik Gesamtherstellung: Satz- und Druckprojekte TEXTART Verlag, ERIK PIECK, Postfach 180113, 42626 Solingen Wolfsfeld 12, 42659 Solingen, Telefon: 0212.43343 E-Mail: Erik.Pieck@t-online.de Pulsatilla erscheint in etwa jährlichen Abständen Bitte unterstützen Sie unser Engagement für Mensch und Natur. Spendenkonto 100 100, Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00). ISSN 1431-9535
Pulsatilla, Heft 7, 2004 Inhalt Vorwort zum Tagungsband „Einsatz neuer Medien im ehrenamtlichen Naturschutz“ . . . . . . . .5 Grußwort des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, JÜRGEN TRITTIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7 FRANK GRIESEL Wie kann man den ehrenamtlichen Naturschutz mit Hilfe des Mediums Internet unterstützen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9 THOMAS HÖVELMANN Das Internet als Möglichkeit zur zeitnahen Präsentation von Rasterkartierungen – am Beispiel der Flora von Münster . . . . . . . .11 HORST FREIBERG Naturdetektive http://www.Naturdetektive.de – ein Multimediaprojekt des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) .19 DIRK ALBACH, ELMAR SCHMIDT, MARTINA UNGERS und GIS-unterstützte Datenbank als Hilfe bei Schutz und GERNOT GÖBERT Pflege von Kopfweiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23 JÖRG V. PRONDZINSKI, HANS-HELMUT POPPENDIECK, INGO BRANDT und MARIA CRISTINA FERNANDES-FRANCISCO Was leistet das Hamburger Pflanzenartenkataster? . . . . . . . . . . . . .31 CHRISTOPH RÜCKRIEM Eine unscheinbare Kostbarkeit – der Efeublättrige Hahnenfuß (Ranunculus hederaceus L. ) . . . . . . .39 Buchbesprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38 Auslieferung: Juni 2005
Redaktionelle Hinweise Manuskripte für Tagungsberichte, wissenschaftliche Beiträge, Tätigkeitsberichte, Kurzmeldungen usw. sind bitte an die Redaktion zu richten. Für die Abgabe der Manuskripte gelten folgende Hinweise: Zeilenabstand 1 1/2-zeilig, Rand von mindestens 3 cm, Nummerierung der Seiten, Art und Gattungsnamen in kursiv, Autorennamen in KAPITÄLCHEN, Her- vorzuhebenes kann fett gedruckt werden. Beispiele für die Abfassung der Literaturzitate sind dem vorliegenden Heft zu ent- nehmen. Der Beitrag sollte sowohl als Papierausdruck, als auch als Textdatei (neue Rechtschreibung, Fließtext, ohne Silbentrennung, keine Formatierungen, ausgenommen fett, kursiv und KAPITÄLCHEN) auf Computerdiskette abgegeben werden. Abbildun- gen wie Strichzeichnungen, Karten etc. sind auf reinweißem Karton oder auf Transparentpapier auf gesondertem Bogen beizufügen und eindeutig zu beschriften. Die Autoren verantworten den Inhalt ihrer Beiträge selbst. Honorare werden nicht gezahlt. Von jeder Arbeit werden den Autoren 30 Seperatdrucke kostenlos zugestellt. Darüber hinausgehende Heftbestellungen sind gebührenpflichtig. Ein Nachdruck – auch auszugsweise – bedarf der Zustimmung des Herausgebers. Titelbild Cymbalaria muralis. Foto: Vivien Funke
Pulsatilla, Heft 7, 2004, Seite 5 Vorwort zum Tagungsband „Einsatz neuer Medien im ehrenamtlichen Naturschutz“ Ehrenamtlicher Naturschutz im NABU – da keit, breite Teile der Bevölkerung einzubezie- denkt man zuerst an Krötenzäune, Kopfbäume hen. schneiden und Nistkästen bauen. Das sind si- Dass moderne Technologien auch sehr hilf- cher wesentliche Standbeine unserer Arbeit– reich bei klassischen Naturschutzaufgaben wie aber längst nicht alle... Kopfweidenpflege und Artkartierung sein kön- Der Einsatz moderner Technologien spielt nen, zeigen zwei weitere Beiträge zu Datenban- beim ehrenamtlichen Einsatz für den Arten- ken und GPS. und Biotopschutz längst eine große Rolle. In Die Beiträge zeigen, welche Möglichkeiten zahlreichen Naturschutzprojekten werden heu- in den neuen Technologien stecken – auch für te neue Medien eingesetzt – von der Verwen- den ehrenamtlichen Naturschutz. Wir stehen dung von Datenbanken bis zur Nutzung des sicher erst am Anfang einer neuen Entwicklung, Internets und GPS. die aber nicht aufzuhalten sein wird. Denn auch Einige Beispiele – mit Schwerpunkt auf bo- ehrenamtliche Naturschützer sind moderne, tanischen Projekten – wurden im Rahmen der aufgeschlossene Menschen, die mit der Zeit ge- Fachtagung „Einsatz neuer Medien im ehren- hen. Dies wird auch aus dem Grußwort deut- amtlichen Naturschutz“ am 22.11.2003 in lich, dass JÜRGEN TRITTIN freundlicherweise zur Münster vorgestellt. Damit sollten die Leis- Tagung geschickt hat. tungsfähigkeit des ehrenamtlichen Naturschut- Komplettiert wird das vorliegende Heft zes präsentiert und Anregungen für eigene Pro- durch einen Beitrag aus der Reihe „Floristische jekte gegeben werden. Kostbarkeiten in Deutschland“. Diesmal wird Im Rahmen der Veranstaltung wurden mit dem Efeu-Hahnenfuß ein seltener und ge- mehrere interessante Internetprojekte des be- fährdeter Vertreter des atlantischen Florenele- hördlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes mentes vorgestellt. vorgestellt. Gerade das Internet eignet sich sehr gut für die schnelle und interaktive Zusammen- THOMAS HÖVELMANN, arbeit im Naturschutz und bietet die Möglich- NABU-Bundesfachausschuss Botanik
Pulsatilla, Heft 7, 2004, Seite 7 JÜRGEN TRITTIN, Berlin Grußwort des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Der NABU Bundesfachausschuss Botanik Impulse zur Förderung des ehrenamtlichen greift mit seiner Tagung „Einsatz neuer Medien Engagements liefern sollen. Entsprechende im ehrenamtlichen Naturschutz“ ein sehr ak- Strategien und Konzepte müssen auf die Ge- tuelles und wichtiges Thema auf. Aktuell, weil winnung neuer ehrenamtlicher Mitglieder, erfolgreiches und effizientes Arbeiten in der aber auch auf die Motivierung und Bindung heutigen Zeit nicht ohne die Nutzung der neu- der bisher Aktiven ausgerichtet sein. Der Ent- en Medien möglich ist. Wichtig, weil der ehren- wicklung von Qualifizierungsangeboten wird amtliche Naturschutz einen entscheidenden hierfür von den durchgeführten Untersuchun- Beitrag für die Erhaltung der biologischen Viel- gen eine Schlüsselrolle beigemessen. Damit falt in Deutschland leistet und dabei auf umfas- wird auch die Empfehlung der Enquete-Kom- sende und detaillierte Informationen angewie- mission „Zukunft des bürgerschaftlichen Enga- sen ist, die er sehr schnell und kosteneffizient gements“ bestätigt, welche die Weiterentwick- weiterverbreiten muss. lung und den Ausbau von Qualifizierungsan- Die Naturschutzverbände leisten in geboten als zentralen Baustein einer Anerken- Deutschland Enormes. Ohne den Sachverstand nungskultur des Ehrenamtes ansieht, die es zu und den unermüdlichen Einsatz ehrenamt- entwickeln gilt. Die Aus- und Weiterbildung licher Naturschützerinnen und Naturschützer der ehrenamtlich Tätigen für den Einsatz neuer wären viele Aufgaben vor Ort gar nicht zu leis- Medien halte ich daher für ein wichtiges The- ten. Die Naturschutzverbände fungieren als ma Ihrer Tagung. wichtiges Bindeglied zwischen Politik, Verwal- Ich wünsche Ihrer Veranstaltung einen er- tung und Öffentlichkeit und tragen damit we- folgreichen Verlauf und freue mich darauf, sentlich zum Erfolg des Naturschutzes auf loka- mehr über die Ergebnisse zu erfahren. ler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene bei. Die Leistungsfähigkeit der Verbände korre- liert eng mit der Zahl und dem Engagement ih- rer ehrenamtlichen Mitglieder. Das Bundesmi- nisterium für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit hat verschiedene Forschungsvor- haben gefördert, welche den Verbänden neue
8 Pulsatilla, Heft 7, 2004
Pulsatilla, Heft 7, 2004, Seite 9-10 FRANK GRIESEL, Bonn Wie kann man den ehrenamtlichen Naturschutz mit Hilfe des Mediums Internet unterstützen? Wie kann diese Unterstützung geschehen? Das Internet hat in den letzten Jahren sehr Aktion Krötenwanderung 2002 dienen. Der schnell an Bedeutung gewonnen, vor allem des- NABU-Bundesverband rief im Winter / Früh- halb, weil das Internet sowohl als Medium als jahr 2002 Gruppen erstmalig auf, ihre Aktivitä- auch als technisches Werkzeug ein effizientes ten zur Krötenwanderung zu melden. Es sollten Mittel ist, um vielerlei Informationen bereit zu folgende Informationen gemeldet werden: stellen wie zum Beispiel: x Angaben zum Ort (Gemeinde, Kreis und x Logistische Unterstützung (Vorlagen für Bundesland, Benennung der Straße) sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Marke- Naturraum; ting, Seminare, Tipps, Tricks, etc.); x Angaben zur Art der Schutzmaßnahme x Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowohl für (Zaun, Durchlass oder Sperrung); möglichst den Verband als für einzelne Projekte; auch Details über Art des Zauns (dauerhaft x Kommunikationsplattform (Verbands- oder zeitlich begrenzt, Länge, Material) oder netz); des Durchlasses bzw. zum Zeitraum der x Direkte Projektunterstützung bzw. beglei- Sperrung; tende Kampagnenunterstützung für den eh- x Angaben zum Träger der Schutzmaßnahme renamtlichen Naturschutz. und eventuell beteiligten Gruppen, Verei- nen oder Behörden; Um alle diese Möglichkeiten gebührend zu x Angaben über das Ausmaß der Laichwande- erläutern, bedürfte es den Platz sämtlicher Pul- rungen in früheren Jahren und die dabei fest satilla-Ausgaben. Deshalb will der vorliegende gestellten Arten; außerdem Informationen Beitrag den Focus auf den letzten Aufzählungs- zu begleitenden Schutzmaßnahmen wie der punkt legen: wie also kann das Internet NABU- Anlage von Laichgewässern oder Ähnli- Gruppen direkt bei der ehrenamtlichen Natur- chem; schutzarbeit unterstützen? x Kontaktadresse mit Vor- und Nachname, Telefonnummer und, soweit vorhanden, Die Vergangenheit auch Mail- sowie Internetadresse. Ebenso sollte angegeben werden, ob Medienkontak- Als Beispiel, wie die Gruppen in der Vergan- te (Zeitung, Radio, Fernsehen) erwünscht genheit unterstützt wurden, sollen die Aktivitä- sind; ten der NABU-Online Redaktion zur NABU- x Angaben, ob Mithilfe beim Errichten des
10 Pulsatilla, Heft 7, 2004 Zauns oder beim Einsammeln der Tiere be- phibien feststellen; jedoch ist eine Ursa- nötigt wird; wenn es hierfür bereits fest ste- chenforschung schwierig; hende Termine gibt, sollten auch diese ge- x durch die Bündelung der verschiedenen Ak- nannt werden. tionen wurden Medien zum einen auf das Thema, zum anderen auf die jeweilige NA- Während der Laichwanderungen sollten die BU-Gruppe vor Ort aufmerksam; die Grup- Gruppen ebenfalls Informationen liefern: pen konnten so eine bessere Presse- und Öf- x Meldung, wenn die ersten wandernden Tie- fentlichkeitsarbeit leisten. re gesichtet werden - mit Angabe zu Ort, Art x insgesamt kann diese Form der Unterstüt- und ungefährer Anzahl; zung als Erfolg angesehen werden, so dass x Extrameldung bei besonderen Vorkomm- sich die NABU Online-Redaktion ent- nissen, zum Beispiel, wenn ein großer schlossen hat, diese Form der Kampagnen- Schub von Tieren oder seltene Arten festge- unterstützung weiter auszubauen. stellt wurde; x Abschlussmeldung, wenn der Zaun abge- Die Gegenwart baut oder wenn die Straße wieder geöffnet wird - möglichst zusammen mit einer vor- Im Sommer 2002 startete der NABU- läufigen Gesamtangabe über Zahl und Art Bundesverband mit einem neuen Internet-Auf- der erfassten Amphibien. tritt. Einer der wesentlichen Neuerungen war der Einsatz eines georeferenzierten Karten- Ergebnisse Tools, um Aktivitäten der NABU-Gruppen schneller und dynamischer erfassbar zu ma- x Von den 1.500 Gruppen des NABU haben chen. Die Gruppen können ihre Daten dabei sich 75 Gruppen aktiv beteiligt (5 %) und selbst in eine Datenbank eintragen. Die NABU ihre Aktivitäten zur Krötenwanderung Online-Redaktion konnte mit Hilfe dieser konnte im WWW dargestellt werden; interaktiven Karte schneller und flexibler die x es wurden viele Daten gesammelt, die aber Arbeit der Gruppen vor Ort unterstützen. Im nicht (wissenschaftlich) ausgewertet werden Jahr 2003 wurde deshalb neben den bundeswei- konnten, da die Daten nicht systematisch ten Aktionen zur Amphibienwanderung im genug aufbereitet waren; ähnlichen Umfang auch Aktionen zum Vogel x punktuell konnte man Entwicklungsten- des Jahres 2003 (Mauersegler), zur Batnight denzen über Zu- oder Abnahme der Am- und zum Birdwatch beworben. Anschrift des Verfassers: FRANK GRIESEL, NABU-Internetredaktion, 53223 Bonn, Frank.Griesel@NABU.de
Pulsatilla, Heft 7, 2004, Seite 11-17 THOMAS HÖVELMANN, Münster Das Internet als Möglichkeit zur zeitnahen Präsentation von Rasterkartierungen – am Beispiel der Flora von Münster (www.muenster.org/flora) Einführung Rasterkartierung früher, heute und morgen Im Naturschutz gehört die Erfassung der Rasterkarten von Pflanzenarten gibt es in Häufigkeit und Verbreitung von Arten zu den Deutschland flächendeckend in den bekannten wichtigsten Datengrundlagen, um Aussagen Atlanten von HÄUPLER und SCHÖNFELDER über Gefährdung, Verantwortlichkeit und (1989) bzw. BENKERT et al. (1996) und in un- Schutzmaßnahmen treffen zu können. Nur wer zähligen Lokal- und Regionalfloren (z.B. u.v.a. genau weiß, wo und wie häufig Arten vorkom- JUNG 1992, KAPLAN und JAGEL 1997, KÖNIG men, hat einen verlässlichen Überblick über das 2000, WEIGEND 1995). Inventar eines Naturraumes und kann frühzei- Allen den genannten Werken ist jedoch ge- tig auf unerwünschte Entwicklungen aufmerk- mein, dass von dem Beginn der Datenerhebung sam machen (siehe hierzu z.B. BERGMEIER 1992, bis zur Drucklegung und Veröffentlichung FELDMANN et al. 2003, REINEKE 1983, WINK mehrere Jahre bis Jahrzehnte vergehen. Bei Er- 1995). Arten brauchen Daten – das ist beispiels- scheinen sind die Daten somit in der Regel gar weise deshalb auch das Motto des Erfassungs- nicht mehr aktuell, viele Fundangaben womög- programms beim Land Niedersachsen (NLÖ, lich schon erloschen. So dauerte es beispiels- 2001). Dies gilt insbesondere für die ortsfesten weise bei der Kartierung der Pflanzenarten Pflanzen. Nordrhein-Westfalens fünf Jahre (1998-2003) Bei der Inventarisierung von Pflanzenarten vom Redaktionsschluss bis zur Drucklegung gibt es dabei grundsätzlich zwei Vorgehenswei- des gebundenen Werkes. Weiterhin ist die Be- sen: - die punktgenaue Erfassung aller Bestände kanntgabe von Fundorten nach Redaktions- bzw. Individuen in der Punktkartierung; - das schluss nicht möglich, eine Neuauflage erfor- qualitative oder halbquantitative Nachweisen dert wiederum mehrjährige Untersuchungen von Arten in vorher fest gelegten Raumeinhei- und Vorbereitungen. ten in der Rasterkartierung. Wegen der hohen Aus diesem Grund hat sich bereits seit dem Effizienz hat sich bei groß angelegten Projekten, Jahr 2001 die Arbeitsgruppe Botanik des NABU die die Verbreitung von Arten auf großer Flä- Münster dafür entschieden, für die Erarbeitung che darstellen sollen, die Rasterkartierung einer Flora von Münster das Medium Internet durchgesetzt. einzusetzen. Ziel des Projektes ist es, vollständi-
12 Pulsatilla, Heft 7, 2004 ge Verbreitungskarten aller Pflanzenarten in getation der Kleingewässer in Münster) erho- Münster zu erstellen, aber auch, beispielhaft die ben werden, in die Datenbank der Flora von Möglichkeiten des Mediums Internet für eine Münster ein. Bestandserfassung im ehrenamtlichen Natur- Um zu vermeiden, dass einzelne Quadran- schutz aufzuzeigen. Ähnliche Ansätze haben ten doppelt und dreifach, andere jedoch gar sich unabhängig bereits auch schon im zoologi- nicht bearbeitet werden, findet man unter dem schen Bereich entwickelt (KAISER 2003, KÖPPEL Menupunkt „Reviere“ eine Liste der bereits be- et al. 2003). arbeiteten Quadranten, gestaffelt nach jahres- zeitlichem Erfassungszeitpunkt. Es wird davon Das Projekt Flora von Münster ausgegangen, dass zur einigermaßen vollständi- gen Erfassung die Begehung zu drei Zeiten im Seit dem Jahr 2001 erfasst die Arbeitsgruppe Jahr erforderlich ist: Frühjahrsaspekt Februar- Botanik beim NABU Münster die Flora ihrer Mai, Sommeraspekt Juni-August und Herbstas- Heimatstadt mittels einer Rasterkartierung. Ziel pekt September bis November. des Projektes ist es, eine möglichst umfassende Bislang sind mehr als 26.000 Datensätze er- Datengrundlage der Pflanzenarten Münsters zu fasst und eingegeben worden. Damit dürfte gewinnen und daraus verlässliche Angaben über schätzungsweise etwa ein Drittel der Pflanzen- Verbreitung, Gefährdung und Schutzbedürftig- vorkommen erfasst sein. Insgesamt können 155 keit zu gewinnen, die dann auch in Planvorha- Quadranten als bearbeitet, 23 Quadranten als ben im Stadtgebiet berücksichtigt werden sollen. teilweise bearbeitet und 173 Quadranten als Von Anfang an wurden die Daten in eine noch unbearbeitet gelten. Die Kartierung ist al- online erreichbare Datenbank eingegeben, die so noch lange nicht abgeschlossen. eigens für das Projekt von den Projektmitarbei- tern erarbeitet worden ist. Dadurch ist es jeder- VIPs zeit möglich, die aktuellsten Angaben zur Ver- breitung von Pflanzenarten und den aktuellen Von gefährdeten Arten der Roten Liste, wei- Bearbeitungsstand abzufragen. Das Projekt teren lokal seltenen Arten und von den beiden kann jederzeit unter www.muenster.org/flora Problemneophyten Herkulesstaude und Drüsi- eingesehen werden. Dort findet man auch wei- gem Springkraut („VIP-Arten“, very important tere Informationen zum Projekt, die über den plants) werden darüber hinaus punktgenaue Inhalt der vorliegenden Arbeit hinaus gehen Fundangaben erhoben und die Bestände in (vgl. Abb. 1). Größe und potenzieller Gefährdung an Hand eines Erhebungsbogens aufgenommen. Diese Kartierung Quadranten Daten werden in das Fundortkataster der Stadt Münster übernommen und dienen damit auch Die Kartierung geschieht auf der Grundlage als Datengrundlage für Planungen der öffent- des Rasters im amtlichen Stadtplans der Stadt lichen Hand. Münster, das in insgesamt 351 Quadrate von je- weils 1 km² Größe eingeteilt ist. Von jedem die- Darstellung im Internet ser Teilflächen wird eine vollständige qualitati- ve Artenliste erstellt, so dass bei Abschluss der Im Gegensatz zu praktisch allen bislang Kartierung die Verbreitung aller Arten bekannt durchgeführten Rasterkartierungen nutzte die ist. Die Bearbeitung geschieht im Rahmen von AG Botanik von Anfang an die Vorteile des gemeinsamen Exkursionen der AG Botanik, Internets zur Durchführung des Projektes. Un- aber auch durch einzelne Bearbeiter, die sich ei- ter der Adresse www.muenster.org/flora kann nen oder mehrere Quadranten ihrer Wahl aus- sich jedermann Einzelheiten über das Projekt gesucht haben. Selbstverständlich fließen sämt- und die Verbreitungskarten zu den Arten anse- liche floristischen Daten, die von der AG Bota- hen, aber auch selber Daten eingeben oder Aus- nik mit ihren fast fünfzig Mitarbeitern im Rah- wertungen vornehmen (vgl. Abb. 1). men anderer Projekte (z.B. 2005: Flora und Ve- Die Flora von Münster kooperiert mit dem
THOMAS HÖVELMANN, Das Internet als Möglichkeit zur zeitnahen Präsentation von Rasterkartierungen 13 Abb. 1: Die Startseite der Flora von Münster (www.muenster.org/flora) Abb. 2: Cymbalaria muralis als Beispiel für eine Art des Abb. 3: Ranunculus auricomus als Beispiel für eine Waldart Siedlungsbereiches
14 Pulsatilla, Heft 7, 2004 Internet-Portal www.naturinfo-online.de der www.floraweb.de des Bundesamtes für Natur- Stadt Münster. Die detaillierten Angaben der schutz (BfN) Fotos und Hintergrundinforma- oben genannten VIP-Arten werden aus Arten- tionen angezeigt werden. schutzgründen nicht im Internet dargestellt, außerdem werden die Rasterangaben zu Orch- Auswertungen ideenarten absichtlich unscharf wieder gegeben (Abb. 4). Neben der immer aktuellen Darstellung von Ergebnissen bietet das Internet den Vorteil, on- Dateneingabe line auch verschiedene Auswertungsmöglich- keiten zur Verfügung zu stellen. Unter dem Me- Ein Grundbaustein des Projektes ist die nupunkt „Statistiken“ kann z.B. eine Hitliste Möglichkeit für jedermann, Daten in die dahin- der häufigsten und seltensten Arten, die jeweili- ter liegende Datenbank einzugeben, seien es ge Artenzahl aller Quadranten und die Liste der Einzelfunde oder ganze Artenlisten. Die dazu fleißigsten Kartierer erstellt werden. notwendige Maske ist Passwort-geschützt, es Es ist aber auch möglich, Fehllisten noch besteht aber wiederum für jedermann die Mög- nicht kartierter Pflanzen sortiert nach deren lichkeit, sich ein Passwort geben zu lassen und Häufigkeit im sonstigen Stadtgebiet zu erzeu- selber zum Erfolg der Kartierung beizutragen. gen. Damit kann verhindert werden, dass Aller- Nach einer kurzen Prüfung durch die Projekt- weltsarten bei der ersten Begehung übersehen leitung wird der Zugang zur Datenbank in der und dann „vergessen“ werden. Regel sofort frei gegeben. Der Passwort-Schutz dient vor missbräuch- Technische Voraussetzungen lichem Umgang mit dem Projekt. Über eine kurze Rückfrage zum Bearbeiter ist es bereits Um solches vergleichbares Projekt zu pro- vor der Eingabe möglich, die Eingabe falscher grammieren, sind verschiedene technische Vor- Daten zu verhindern. Zudem ist es auch rück- aussetzungen erforderlich. Grundvorausset- wirkend möglich, bereits eingegebene Daten zungen sind ein Rechner mit Internet-Zugang bestimmter Bearbeiter wieder zu löschen, da in und sehr gute Programmierkenntnisse. Außer- den eingegebenen Datensätzen auch eine Ver- dem wird Webspace (mind. 1 MB, bei Einbin- knüpfung mit dem Autor angelegt ist. dung von Fotos mehr) benötigt, um die Pro- gramme, die Datenbank und vor allem die Da- Darstellung Ergebnisse ten im Internet speichern zu können. Es gibt dafür verschiedene kommerzielle Anbieter, die Die Verbreitungskarten zu den einzelnen Flora von Münster ist in der glücklichen Lage, Pflanzen sind übliche Rasterverbreitungskarten kostenlosen Webspace im Bürgernetz e.V. (Bü- vor dem Hintergrund einer groben Karte der ne) zu bekommen. naturräumlichen Einheiten Münster, den Sied- Weiterhin ist eine über das Web erreichbare lungsgrenzen und wichtigsten Oberflächenge- Datenbank erforderlich. Die Flora von Münster wässern (Abb. 2-7). Eine zeitliche Staffelung der arbeitet mit MySQL, geeignet sind aber auch Ergebnisse ist gegeben, eine Trennung findet Access, Oracle, DB2, Postgre, Informix und z.Z. statt auf der Ebene „nach 2000“ (also nach XML. Projektbeginn) und „2000 und davor“ (histori- Zur Erstellung der einzelnen Programme sche Daten). Bei einer Neueingabe einer Art zur Bedienung der Datenbank benötigt man ein wird das historische Datum mit dem aktuellen serverseitiges Skriptprogramm PHP mit den überschrieben. Da jährlich ein Backup der Da- Modulen GDI, session management, Daten- tenbank vorgenommen wird, ist auch eine zeit- bankanbindung und PDF. lich gestaffelte Darstellung bzw. Auswertung Zuletzt ist ein Editor (z.B. Notepad, Dream- möglich. weaver) für die Betreuung der Internet-Seiten Neben den Verbreitungskarten können zu und ein FTP-Programm zur Überspielung von jeder Art über links zum Internet-Portal Dateien hilfreich.
THOMAS HÖVELMANN, Das Internet als Möglichkeit zur zeitnahen Präsentation von Rasterkartierungen 15 Förderpreis des Westfälische Naturwissen- Naturwissenschaftliche Verein (WNV) das Pro- schaftliche Verein (WNV) jekt mit seinem Förderpreis 2005 aus, der mit Martin Behrens für dessen Arbeit über die Heu- Von den Möglichkeiten der Flora von Mün- schrecken der Medebacher Bucht geteilt wurde. ster beeindruckt, zeichnete der Westfälische Diese Auszeichnung versteht das Projektteam Abb. 4: Die Angaben für Orchideen-Arten sind unscharf Abb. 5: Chrysosplenium alternifolium als Beispiel für eine dargestellt Art der Auenwälder Abb. 6: Calluna vulgaris als typische Art Abb. 7: Viola hirta als Beispiel für eine Art der Kalkböden der Sandböden in der Osthälfte Münsters im Nordwesten Münsters
16 Pulsatilla, Heft 7, 2004 als Anerkennung und Ansporn für die weitere Will man nach Nachteilen suchen, dann Arbeit, widmet sie aber auch ausdrücklich dem kommen dafür eventuell folgende Gesichts- Mitinitiator und Motor des Projektes, Harald punkte in Frage: Schumann, der leider im Sommer 2004 viel zu früh verstorben ist. – Schlechtere Vermarktungsmöglichkeiten; Ausblick ein Buch lässt sich einfach verkaufen, für Software sind dafür recht komplexe Ver- Wie wird es weiter gehen mit der Flora von marktungsstrukturen, z.B. für Updates, On- Münster? Zunächst wird es selbstverständlich line-Beratungen, Kopierlizenzen erforder- noch einige Jahre dauern, bis der Datenbestand lich; für die Flora von Münster liegen bereits vollständig erhoben ist. Eine Fortschreibung mehrere Kaufanfragen vor, daher wird zur des Projektes ist daher noch nicht näher über- Zeit geklärt, in welcher Form und ggf. zu legt worden. Es wird jedoch sinnvoll sein, die welchem Preis die Programme heraus gege- Bestände der VIP-Arten in regelmäßigen (z.B. ben werden können; 5-Jahres-Turnus) aufzusuchen und zu über- – Hohe Vorkenntnisse/Expertenwissen erfor- prüfen. Eine vollständige Neukartierung aller derlich; für die Erarbeitung eines solchen Arten wird sicher nicht in den nächsten zehn Projektes sind selbstverständlich Program- Jahren begonnen werden, da die Bearbeitung mierkenntnisse erforderlich, die weit über doch auch eine Menge ehrenamtliches Engage- das übliche User-Wissen hinaus gehen; die ment bindet. Bearbeitung steht und fällt daher mit der Bereitschaft geeigneter Mitarbeiter, sich eh- Fazit: Vor- und Nachteile einer Online-Flora renamtlich in einem solchen Projekt zu en- gagieren. Zurück blickend auf fast vier Jahre Erfah- rung mit der Flora von Münster lassen sich zu- Insgesamt hat sich der Einsatz des Internets sammenfassend folgende Vorteile einer Online- für die Erstellung einer Flora von Münster sehr Flora zusammen fassen: bewährt. Dieses Medium wird auch im Bereich des ehrenamtlichen Naturschutzes in den näch- – Sofortige Darstellung von Ergebnissen; die sten Jahren stark an Bedeutung gewinnen und Aktualisierung der Datenbank und der Er- sich in vielen Bereichen durchsetzen. gebnisdarstellung erfolgt unmittelbar nach Dateneingabe; Literatur – Erheblich geringere Kosten; für ein solches Projekt fallen in der Regel höchstens Miet- BENKERT, D., FUKAREK, F., KORSCH, H. (1996): Verbreitungs- kosten für Webspace an, die erforderliche atlas der Farn- und Blütenpflanzen Ostdeutsch- lands. - 615 S., Fischer Jena Soft- und Hardware ist meist ohnehin BERGMEIER, E. (1992): Dokumentation des Artenrückgangs schon vorhanden; mittels floristischer Rasterkartierungen: Möglich- – Erheblich vereinfachte Einbindung von Ex- keiten und Grenzen. - NNA-Berichte 5: 20-23 perten; mit einer online-Flora ist es schnell FELDMANN, R., KRONSHAGE, A., SCHÜTZ, P. (2003): Wer er- hebt Daten zu Flora und Fauna in Nordrhein- und unkompliziert möglich, beispielsweise Westfalen? - LÖBF-Mitteilungen 4/2003: 15-20 im Anschluss an eine Tagung ohne Zeitver- HÄUPLER, H., SCHÖNFELDER, P. (1989): Atlas der Farn- und zug weiteren Experten über ein Passwort die Blütenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland. - 768 S., Ulmer Stuttgart Mitarbeit zu ermöglichen; JUNG, K.-D. (1992): Flora des Stadtgebietes von Darmstadt: – Vielzahl von Auswertungsmöglichkeiten; Ergebnisse einer Rasterkartierung. Bearbeitungs- die Datenbankstrukturen ermöglichen eine stand 1992. - Bericht. Naturwissenschaftlicher Ver- Vielzahl von praktischen Auswertungsmög- ein Darmstadt. Neue Folge 1992 Sonderband 572 S., Darmstadt lichkeiten, die eine koordinierte Bearbei- KAISER, M.(2001): Verbreitungskarten im Internet als Ar- tung der Datenerfassung und sinnvolle Aus- tenschutz-Instrument. - LÖBF-Mitteilungen 2/01: wertungen zu ermöglichen. 75-79
THOMAS HÖVELMANN, Das Internet als Möglichkeit zur zeitnahen Präsentation von Rasterkartierungen 17 KAPLAN, K., JAGEL, A. (1997): Atlas zur Flora der Kreise Bor- Heimische Orchideen Baden-Württemberg 15 (1): ken, Coesfeld und Steinfurt. - Metelener Schriften- 1-10 reihe für Naturschutz 7: 261 S. WEIGEND, M. (1995): Zur Flora von Weiden i. d. OPf.: Eine KÖNIG, P. (2000): Floristische Rasterkartierungen im Raum Untersuchung von Lokalverbreitungen anhand ei- Greifswald: Vorarbeiten zu einer „Flora von Greifs- ner Feinrasterkartierung. - Berichte der Bayerischen wald und Umgebung“. - Botanischer Rundbrief für Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der hei- Mecklenburg-Vorpommern 2000: 47-64 mischen Flora. Beiheft: 1-67 KÖPPEL, C., HIRNEISEN, N., KROUPA, A., RENNWALD, E. WINK, M. (1995): Bio-Monitoring mittels Rasterkartierung: (2003): DFZS-Wanderfalterforschung – jetzt onli- Zur Bestandsentwicklung der Brutvogelarten im ne; Aufruf zur Mitarbeit. - Atalanta 34 (1/2): 17-28 Rheinland zwischen 1976 und 1991. - Charadrius Niedersächsisches Landesamt für Ökologie (NLÖ, 2001): 31 (1): 72-81 Arten brauchen Daten – Erfassung von Tier- und WITTIG, R., POTT, R. (1981): Versuch einer Roten Liste der Pflanzenarten in Niedersachsen. - Informations- gefährdeten Höheren Wasserpflanzen der Westfäli- dienst Naturschutz Niedersachsen 5/2001, Hildes- schen Bucht auf der Basis von Rasterkartierungen. - heim Natur- und Landschaftskunde in Westfalen 17 (2): REINEKE, D. (1983): Der Nutzen von Punktrasterkarten für 35-40 den Naturschutz. - Mitteilungsblatt. Arbeitskreis Anschrift des Verfassers: Dr. THOMAS HÖVELMANN, NABU Münster AG Botanik, Alter Milchhof 4, 48145 Münster
18 Pulsatilla, Heft 7, 2004
Pulsatilla, Heft 7, 2004, Seite 19-22 HORST FREIBERG, Bonn Naturdetektive http://www.Naturdetektive.de – ein Multimediaprojekt des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) Das Multimediaprojekt Naturdetektive Mit Lupe und Laptop auf Spurensuche (Abb. 1) ist ein Beitrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zum internationalen Über- Die „Naturdetektive“ starten immer im einkommen der Vereinten Nationen über die Frühjahr – meist Anfang Februar – und schlie- Biologische Vielfalt (engl.: Convention on Bio- ßen Ende September oder Anfang Oktober. Mit logical Diversity CBD). Die Naturdetektive sol- Beginn des Frühlings spüren dann die Naturde- len dazu beitragen, das Übereinkommen der tektive in Wald und Feld, Hausgärten und Biologischen Vielfalt bekannter und verständ- Parks, Tümpeln und Teichen den Pflanzen und licher zu machen. Eine Mischung aus Arten- Tieren nach. Zur Ausrüstung zählen Lupe, Kä- und Lebensraumbeobachtungen soll dabei scher und Pflanzenpresse. Eins fehlt aber auch unterstützen, nicht nur lokale, sondern auch nicht: der Laptop oder der PC im Schulraum weit darüber hinaus gehende Zusammenhänge oder auch zu Hause. Denn alle Beobachtungen sichtbar werden zu lassen. tragen die Naturdetektive über das Internet on- line in eine Karte ein. Jedes Jahr können bis zu Online mit der Natur zwölf Naturthemen bearbeitet werden: Von Frühjahrsblühern über Ackerränder und Spu- Die Naturdetektive sind ein „Online-Mit- ren der Waldarbeit zu gebietsfremden Pflan- Mach-Projekt“. Ob Schüler, Naturschutzgrup- zen- und Tierarten – spannende Themen, bei pen, Schulklassen, Eltern mit ihren Kindern denen detektivischer Spürsinn und eine gute oder Großeltern mit ihren Enkeln, Natur- Beobachtungsgabe schon gefordert werden. Zu schutzgruppen oder auch Einzelpersonen: die jedem Thema können die Naturdetektive onli- Natur auf neuen Wegen erfahren, Unbekanntes ne am PC „Themenbeiträge“ – sogenannte Re- oder auch schon Vergessenes wieder entdecken, porterseiten – eine Art eigener Zeitung – anle- stehen im Vordergrund der „Naturdetektive“. gen und beschreiben darin, was sie beobachtet Erfahrungsaustausch und Kommunikation haben – oder geben auch Tipps und Anregun- über das in der Natur direkt Erlebte und die an- gen zum Thema. Und wer kann, fügt auch schließende Interaktion zwischen den Teilneh- gleich noch ein oder mehrere digitale Bilder in mern durch die Nutzung des Internet sollen ei- seine „Zeitung“ ein. Das Multimediaprojekt ist nen Weg anbieten, die Vielfalt unserer Natur eine Fundgrube für alle Naturinteressierte, da „begreifbarer“ zu machen. nicht nur die aktuellen Internetseiten angebo-
20 Pulsatilla, Heft 7, 2004 ten werden, sondern es sind auch alle Seiten der braucht wird. Wer seine Artenkenntnisse auf- letzten sieben Jahre des Projektes im „Archiv“ frischen möchte, der ist z.B. beim Wochenwett- abrufbar. Für die Schulen, aber natürlich auch bewerb gut aufgehoben. Naturschutzgruppen, bietet sich die Möglich- keit, Fächer verbindend das Naturbeobach- Der „Wochenwettbewerb“ tungsprojekt für bestimmte Aufgaben zu nut- zen. Begleitet wird das Projekt von einer Reihe Was blüht, fliegt, schwimmt und krabbelt verschiedener Wettbewerbe, Aktionen – davon denn da?! Gute Frage – leichte Antwort? einige auch, bei denen Englisch als Sprache ge- Na, schauen wir mal! Der Naturdetektiv- Abb. 1: Die Startseite der Naturdetektive http://www.naturdetektive.de Abb.2: Beispiel für eine Wochenfrage.
HORST FREIBERG: Naturdetektive http://www.Naturdetektive.de – ein Multimediaprojekt des BfN 21 Abb. 3: Ausschnitt aus dem Bilderwürfel „3aus9“ Abb. 4: Die Deutschlandkarte mit den Beobachtungen
22 Pulsatilla, Heft 7, 2004 Wochenwettbewerb (Abb. 2) beginnt jeden Jahren 2002 bis 2004; oder der Storchenzug der Montag ab Mittag gegen 12 Uhr und endet am letzten sieben Jahre. Und es gab einmal die Ak- darauf folgenden Montag wieder gegen 12 Uhr. tion „Unsere Bäume“, bei der Laub- und Na- Jede Woche werden hier aktuelle Fotos von delbäume an ihren Blättern zu erkennen waren. Pflanzen oder auch Tieren aus der Umgebung gezeigt – sie gilt es zu bestimmen! Aktualität ist Das Kartenprogramm „NatGIS“ Trumpf. Wer hier aufmerksam durch seine Na- tur wandert und genau hinschaut, der hat den Die Naturdetektive nutzen ein besonderes Wochenwettbewerb schon fast beantwortet. Kartenprogramm, das NatGIS (Abb. 4). Wer Denn die Bilder, die hier gezeigt werden, sind bei den Naturdetektiven mit machen möchte, nur wenige Tage alt – taufrisch, wenn man so muss sich über das Internet anmelden. Mit ei- möchte. D.h. sie haben alle einen ganz aktuellen nem Passwort und einem Benutzernamen kann Tagesbezug. Bei jedem Wochenwettbewerb gibt man seine Beiträge und Beobachtungen auf ei- es auch immer etwas zu gewinnen. ne Karte eintragen und für alle anderen Teil- nehmer dadurch sichtbar machen. „3 aus 9“ Das Kartenprogramm NatGIS wird über ein Java-Programm aufgerufen. Wer die Kartenan- Online seine Artenkenntnis auffrischen? imation nutzen möchte, muss zuerst das Java Oder mal rasch im Klassenzimmer am PC oder Run-Time Modul von der Firma SUN Systems an der Leinwand erfragen, wer denn die 3 Früh- installieren. Üblicherweise ist dieses Programm jahrsblüher aus den 9 Bildern herauskennt?! auf den meisten Rechnern bereits mit instal- Das ist mit „3 aus 9“ möglich (Abb. 3). Auf liert. Ab 2005 bieten die Naturdetektive auch Knopfdruck werden 9 Bilder zusammen ge- die Möglichkeit an, NatGIS offline zu nutzen. stellt. 3 davon sind richtig. Damit bieten sich für alle Naturdetektive ganz Durch Anklicken der Bilder, werden die spannende Arbeitsmöglichkeiten an. Nicht nur, „richtigen“ Bilder ausgewählt. Per Knopfdruck dass die Arbeit an den eigenen Reporterseiten – erscheint die Lösung. Auf den richtigen Bildern der eigenen Zeitung also – ganz ohne Online- erscheint ein Häkchen mit dem Namen der Verbindung dann möglich sein wird und der Pflanze oder dem des Tieres. Es ist ganz einfach Datenaustausch dann nur noch per Mausklick – oder doch nicht? Mit „3 aus 9“ bieten die Na- geschieht, sondern jeder, der NatGIS nutzt, turdetektive einen Weg an, sich Artenkennt- kann sogar eigene Themen anlegen und eigene nisse im Team und im Wettbewerb spielerisch Karten aus seiner Umgebung einscannen und anzueignen. in das Kartenprogramm als Hintergrundkarten einladen. Das Archiv – Altes wieder da! Auch in 2005 gehen die Naturdetektive wie- der auf Spurensuche. Und wieder wird es etwas Das Projekt Naturdetektive bietet alle seine Neues geben. Neben dem Offline Programm bisherigen sieben Jahre mit allen Aktionen und NatGIS, werden weitere interaktive Elemente Wettbewerben in einem eigens dafür eingerich- das Projekt bereichern, wie u. a. verschiedene teten Archiv an. Hier sind alle Themen der letz- Natur-Quiz Anwendungen und die 4-Bild-Re- ten Jahre mit ihren Reporterseiten verfügbar. porterseite. Darüber hinaus wird es auch einen Hier sind auch die Beiträge über den „Mutatio- internationalen Wettbewerb zur biologischen nen“- und „Rot-Weiß-Wettbewerb“ nachles- Vielfalt geben. Reinschauen lohnt sich also im- bar; oder aber alle Wochenwettbewerbe aus den mer! Anschrift des Verfassers: Dr. HORST FREIBERG, Bundesamt für Naturschutz, Konstantinstraße 110, 53179 Bonn
Pulsatilla, Heft 7, 2004, Seite 23-30 DIRK ALBACH, ELMAR SCHMIDT, MARTINA UNGERS und GERNOT GÖBERT, Dormagen GIS-unterstützte Datenbank als Hilfe bei Schutz und Pflege von Kopfweiden Einleitung Pflanzen liegt in der vegetativen Vermehrung. Jeder abgebrochene Ast kann bei ausreichender Kopfbäume sind ein typisches Element Feuchtigkeit wieder ausschlagen und selbstän- feuchter, grüner Niederungslandschaften. Diese dig zu einem neuen Baum werden. Der Rhein finden sich von der Normandie bis nach Russ- war in den vergangenen 10.000 Jahren ein solch land, von der Türkei bis nach Norddeutschland dynamischer Fluss (SCHIRMER 1990). Besonders (STAUDT 1991). Insbesondere am Niederrhein stark hat der Rhein seinen Lauf immer wieder gibt es ausgedehnte Landschaften mit Kopfbäu- zwischen Dormagen und der südlichen Stadt- men. Viele Tiere sind hier heimisch und auf die grenze von Düsseldorf verändert (GLEBE 1990), Kopfbäume angewiesen. Der Schutz und die was man auch heute noch in Luftaufnahmen Pflege von Kopfbäumen sind daher heutzutage der Gegend erkennt. Erst durch den Menschen eine der größten Aufgaben vieler Ortsgruppe wurde der Rhein seiner freien Wahl des Fluss- des NABU und anderer Naturschutzorganisa- laufes beraubt, um die Siedlungen und land- tionen. Ziel dieses Artikels ist es, Wege aufzu- wirtschaftlichen Flächen zu schützen. zeigen, wie diese Aufgaben mit der begrenzten Nur noch selten findet man daher heute Zeit und den geringen Finanzen der Ehrenämt- größere Flächen natürlicher Weichholzaue. ler effizienter gestaltet werden können. Diese wurden schon vor Jahrhunderten groß- Die Bewirtschaftung insbesondere von Wei- räumig abgeholzt und für Beweidung genutzt. den als Kopfbäume ist eng verknüpft mit der Für Äcker waren diese Böden früher zu nass. Ei- Urbarmachung unserer Flusstäler. Die poten- nige Bäume, insbesondere Silberweiden, wur- zielle natürliche Vegetation dieser Flusstäler be- den jedoch stehen gelassen und als Kopfbäume steht aus ausgedehnten Weichholzauen, in de- genutzt. Unter „Köpfen“ versteht man sowohl nen die Silberweide (Salix alba) und die Bruch- das Einkürzen des Stammes als auch das spätere weide (Salix fragilis) dominieren. Jedoch sind Schneiden der Äste vom Kopf. Der Kopf ent- diese Auen an einem natürlichen Flusslauf kei- steht nach und nach an der Schnittstelle in Fol- ne beständigen Lebensräume, weil ein dynami- ge des Wundheilungsprozesses. Das Holz der scher Fluss häufig seinen Lauf ändert und dabei Kopfbäume fand früher vielfach Verwendung Teile des Auwaldes vernichtet. Ein Grund für als Brennholz, Bauholz, Gerätestiel oder Flecht- den enormen Erfolg von Weiden als Auwald- werk. Viele dieser Verwendungen sind Jahrtau-
24 Pulsatilla, Heft 7, 2004 sende alt und finden sich schon bei den ägypti- men seine Nisthöhlen und Tagesverstecke fin- schen Hochkulturen (STAUDT 1991). Auf den det. Das regelmäßige Schneiden erleichtert den Kopfbaum-Weiden konnte ohne großen Flä- Befall des Baumes durch Pilze und Bakterien an chenverlust die Weidefläche auch zur Holzge- den Schnittstellen. Im weichen Holz der Wei- winnung genutzt werden. Zusätzlich erhielt das den kann sich Fäulnis leicht ausbreiten und Vieh Schattenspender. Insbesondere am Rhein- dem zu Folge bilden sich Höhlen, die von einer ufer, aber auch an Wegen, wurden darüber hin- Vielzahl von Tieren (Insekten wie Bienen und aus Kopfweiden angepflanzt. Dieses ist durch Wespen, Vögeln wie Meisen und dem Stein- die leichte vegetative Vermehrung von Weiden kauz, und Säugern wie dem Siebenschläfer) ge- einfach möglich. Dadurch sind häufig die Kopf- nutzt werden. Doch nicht nur für Höhlenbrü- bäume entlang des Ufers und an Wegen gene- ter sind Weiden wichtig. TOPP et al. (2002) tisch identisch. Es ist daher fraglich, ob im Ge- zählten 129 Käferarten auf nur 7 Weidenarten, biet der Stadt Dormagen überhaupt noch na- MÖLLER (2001) nennt sogar die Zahl von 550 türliche Überreste der Weichholzaue vorhan- Arten von Käfern auf Weidenarten für das den sind. Wenn es überhaupt noch natürliche Land Brandenburg, wie z.B. die im Stammin- Auen gibt, ist dies im Bereich des NSG „Zonser neren als Larve lebenden Arten Weber- und Grind“ der Fall. Moschusbock. Auffallend ist gerade die hohe Anzahl von Arten, die sich an das Leben auf Lebensraum Kopfbaum Weiden angepasst haben. Dazu gehört der Blattkäfer Phratora vittelinae, Schmetterlinge Kopfbäume sind wichtige Lebensräume für wie der Weidenbohrer, Blattwespen und Gall- eine Vielzahl von Tieren in unserer Landschaft mücken, aber auch eine Vielzahl von Pilzarten wie z.B. für den Steinkauz, der in diesen Bäu- (HÖRANDL et al. 2002). Insgesamt sind es allein Abb. 1 Landschaft bei Zons, ca. 1940. aus: BRAUTSCHACHT, E. (1949), Land am Niederrhein, Langewiesche Bücherei
DIRK ALBACH & al.: GIS-unterstützte Datenbank als Hilfe bei Schutz und Pflege von Kopfweiden 25 unter den Insekten 183 Spezialisten, die in Be- bekannt. Meist werden die Bäume gepflegt, die zug auf Ernährung, Fortpflanzung und Lebens- deutlich in der Natur zu erkennen sind, die an weise von der Weide abhängen (STAUDT 1991). Standorten stehen, die häufig von Naturschüt- Die vielen Raupen bieten auch zahlreichen Vö- zern besucht werden (z.B. NSGs) und die ein- geln genügend Nahrung. Das morsche Holz fach mit einem Traktor zugänglich sind. Der bietet aber nicht nur Tieren und Pilzen einen Traktor ist notwendig, um das Schnittgut abzu- wichtigen Lebensraum. Sogar Pflanzen finden transportieren. Der Verbleib des Schnittgutes hier Halt, um zu wachsen. Häufig tragen Vögel ist ein weiteres Problem. Da heutzutage nicht Samen in den Baum, weshalb man besonders mehr so viel Schnittgut benötigt wird, muss viele beeren-tragende Pflanzen wie Holunder, man erfinderisch sein. Mögliche Verwendun- Brombeere und Himbeere neben Brennnesseln gen sind: Brennholz für den Kamin und An- und anderen wind-verbreiteten Arten der Um- pflanzung der Äste als Stecklinge als Hecken, gebung dort findet. bei Renaturierungsmaßnahmen, als Spielgerüs- te (z.B. Iglus) auf Spielplätzen und auch privat. Gefährdung der Kopfbäume Gehäckseltes Material kann unter Umständen auch an Pferdeställe abgegeben werden. Ein Während früher Millionen von Kopfbäu- weiteres Problem bei der Pflege von Kopfbäu- men die Landschaft des Niederrheins bestimm- men ist, dass es in vielen Gebieten noch so viele ten (Abb. 1), hat insbesondere in der Zeit nach Kopfbäume gibt, dass es einer Handvoll Natur- dem 2. Weltkrieg in Folge der Mechanisierung schützer unmöglich ist, alle Bäume zu pflegen. der Landwirtschaft mit Flurbereinigung und Neben diesen logistischen Schwierigkeiten gibt Trockenlegung feuchter Wiesen die Zahl der es noch rechtliche Probleme, da man für die Kopfbäume drastisch abgenommen. Dazu Pflege der Kopfbäume vorher eine Genehmi- kommt noch, dass heutzutage Weidenkörbe gung des Eigentümers braucht. Meist geschieht durch Plastiktüten ersetzt worden sind. Größe- das in Form eines Gestattungs-Vertrages. Dazu re Holzstücke finden noch Absatz als Kamin- kommen finanzielle Probleme, da ein Traktor holz, kleinere Äste in Hecken, Zäunen oder auf mit Anhänger und Motorsägen meist Unterhalt Spielplätzen. Durch das Schneiden der Weiden oder Miete und Benzin kosten. dringt Fäulnis in die Bäume und sorgt nicht nur Bei all diesen Problemen sind die biologi- für Höhlen, sondern macht den Baum auch schen Probleme noch gar nicht berücksichtigt, sehr empfindlich gegen Bruch. Fehlt der regel- denn idealerweise sollte man sich überlegen, mäßige Schnitt, wird das Gewicht des Kopfes welche Bäume (z.B. solche mit Höhlen) Prio- für den Stamm zu groß und er kann auseinan- rität in der Pflege haben und wie häufig man die der brechen. Wenngleich die Zahl der Kopfbäu- Bäume pflegt. Gewöhnlich rechnet man mit ei- me drastisch abgenommen hat, so gibt es den- nem Intervall von 10 Jahren zwischen den Pfle- noch landesweit noch viele Tausend. Allein im geaktionen für einen ausgewachsenen Baum. Kreis Kleve registriert man noch ca. 17.000 Bei jüngeren Bäumen sind die Äste alle 3-5 Jah- Kopfbäume (Naturschutzzentrum im Kreis re zu entfernen. Ist ein Baum jedoch bruchge- Kleve e.V., 2003). fährdet, kann ebenfalls ein häufigerer Schnitt notwendig sein. Probleme bei der Kopfbaum-Pflege durch den Schließlich sollte man auf Grund des drasti- ehrenamtlichen Naturschutz schen Rückgangs der Anzahl von Kopfbäumen auch Neuanpflanzungen ins Auge fassen. Dafür Um den Rückgang der Kopfbäume aufzu- müssen jedoch Flächen vorhanden sein und die halten und ihre Lebensgemeinschaft zu schüt- Ressourcen für die Pflege bestehen. Außerdem zen, übernehmen heutzutage vor allem ehren- muss man sich überlegen, welche Bäume man amtliche Naturschützer die Aufgabe, Kopfbäu- anpflanzt. Bei Anpflanzungen im Rahmen von me zu schneiden. Dabei ergeben sich eine Reihe Ausgleichsmaßnahmen großer Unternehmen von Problemen. Diese sind vor allem logisti- werden meist Pflanzen von Baumschulen ge- scher Art. Zunächst sind nicht alle Standorte nommen ohne Rücksicht darauf, um was für
26 Pulsatilla, Heft 7, 2004 Arten es sich handelt und ohne Rücksicht auf steht in der Aufnahme und Markierung der Bäu- den lokalen Genpool. me im Freiland. Jeder Baum wird mit einer Pla- kette mit durchlaufender Nummerierung verse- Geographische Informationssysteme (GIS) als hen. Dies erlaubt die genaue Ansprache eines Hilfe bei der Kopfbaum-Pflege einzelnen Kopfbaumes. Für die weitere Erfas- sung der Bäume wurde ein Aufnahmebogen er- Um all diese Probleme in den Griff zu be- stellt (Abb. 2). In diesem werden alle wichtigen kommen und eine effiziente und effektive Pfle- Daten zu jedem einzelnen Baum erfasst. Er um- ge von Kopfbäumen zu garantieren, ist es vor- fasst neben der Nummer des Baumes und seines teilhaft, die Pflege mit Hilfe von EDV zu opti- Standortes den Namen und die Telefonnummer mieren. Mit Hilfe der EDV ist es möglich, des Besitzers, um eine schnelle Erreichbarkeit unterschiedliche Daten in interdisziplinären des Eigentümers für Notfälle zu ermöglichen. Fragestellungen simultan zu analysieren, was Weiter werden die Art des Baumes und seine auf analogem Weg nicht möglich wäre. Für sol- Maße fest gehalten. Die Vitalität des Baumes gibt che Probleme, die sich mit der Koordinierung uns Auskunft darüber, wie gefährdet der Baum verschiedener Daten der Umwelt auseinander ist. Dies sagt noch nichts über die Art der Ge- setzen, bedient man sich häufig geographischer fährdung aus, die in den meisten Fällen nicht er- Informationssysteme (GIS). kennbar ist. Sie kann jedoch in den Fällen, in de- nen es sich um Feuer, Krankheit, Vandalismus Was sind geographische Informationssysteme? oder Verbuschung handelt, fest gehalten werden. Die weiteren Punkte sind für die Pflege des Bau- Ein Informationssystem generell besteht aus mes notwendig. Die Bruchgefahr entscheidet den Komponenten der Aufnahme, Speiche- über die Dringlichkeit der Pflege, wohingegen rung, Verarbeitung und Wiedergabe von Daten Angaben zum Astdurchmesser und das Pflege- und Informationen (BILL & FRITSCH 1997). Ein datum Auskunft darüber geben, wann eine rou- GIS bezeichnet ein Informationssystem, in dem tinemäßige Pflege wieder notwendig wird. Darü- raumbezogene Daten digital erfasst, redigiert, ber hinaus können noch weitere Angaben zur gespeichert, reorganisiert, modelliert und ana- Hochwassergefährdung gemacht werden. Dies lysiert, sowie alpha-numerisch und graphisch erlaubt es, hochwassergefährdete Bäume früh in repräsentiert werden (BILL & FRITSCH 1997). der Pflegesaison von November bis Ende Febru- Die Daten können dabei verschiedensten räum- ar zu schneiden, wenn noch kein Winterhoch- lich darstellbaren Ursprungs sein. So können wasser zu erwarten ist. Die Angaben zu Epiphy- die Daten das Vorkommen von Kopfbäumen, ten und Bruthöhlen schließlich sagen etwas über von Siedlungen, Flüssen und Naturschutzgebie- die Bedeutung des Baumes für den Lebensraum ten umfassen. Sie können momentane Ereig- Kopfbaum-Weide aus. Da jedoch fast jeder nisse im Raum darstellen wie den letzte Pflege- Baum ein einmaliges Individuum ist, muss man schnitt. Es können aber auch klimatologische auch noch Platz für weitere Kommentare lassen. oder topographische Daten sein. Im Bereich des Dieser Aufnahmebogen unterscheidet sich in ei- Naturschutzes spielen geographische Informa- nigen Punkten von dem, der im Kreis Herford tionssysteme insbesondere bei der Biotop- und verwendet wird (www.bshf.de). Dies kann regio- Artenschutzkartierung (siehe z.B. Projekte in nale Gründe haben, darauf beruhen, dass die Münster und Hamburg, die ebenfalls in diesem Pflege anders organisiert wird, oder andere Band beschrieben sind), weniger jedoch beim Interessen und Erfahrungen bestehen. Biotop- und Arten-Management eine Rolle. Die so aufgenommenen Daten werden dann in eine Datenbank (z.B. MS-ACCESS) eingege- Die Aufnahme der Daten in die Kopfbaum- ben. Die Eingabe-Maske der Datenbank ist da- Datenbank bei identisch mit dem Aufnahmebogen. Diese Daten stehen dann für die weitere Verarbeitung Der größte zeitliche Aufwand bei der Erstel- zur Verfügung. Ein wichtiger Vorteil einer Da- lung des Kopfbaum-Informationssystems be- tenbank ist, dass sie ständig aktualisiert werden
DIRK ALBACH & al.: GIS-unterstützte Datenbank als Hilfe bei Schutz und Pflege von Kopfweiden 27 Abb. 2: Erfassungsbogen und Eingabemaske des Dormagener Kopfweiden-Informationssystems
28 Pulsatilla, Heft 7, 2004 kann, aber auch muss. Diese Aktualisierung Die Kopfbaum-Informationssysteme der Bio- sollte nicht nur nach der Pflege erfolgen, son- logischen Station Ravensberg und des NABU dern auch wenn Beschädigungen oder sonstige Dormagen Veränderungen am Baum fest gestellt werden, wie auch bei Eigentümerwechsel. Bereits seit 1997 gibt es an der Biologischen Station Ravensberg, Kreis Herford (NRW), ein Verarbeitung der Daten Kopfbaum-Informationssystem (NOTTMEYER- LINDEN et al. 2000 und www.bshf.de). In der Im geographischen Informationssystem Datenbank der Biologischen Station sind der- werden die Daten der Datenbank dann raum- zeit 5.433 Bäume an 377 Standorten erfasst, von bezogen ausgewertet. Das heißt in den meisten denen 1.806 Bäumen an 138 Standorten im Fällen, dass sie gemeinsam auf eine Karte proji- Pflegeplan enthalten sind (www.bshf.de; Stand ziert werden. Sie können aber auch in Tabellen- November 2003). Die Pflege dieser Bäume wird form ausgewertet werden. Im Fall des Kopfwei- von den unterschiedlichsten Gruppen durchge- den-Informationssystems bietet sich die Pro- führt. 20% werden durch die Eigentümer selbst jektion auf eine lokale Karte oder auf Luftauf- gepflegt, 13% durch Ehrenämtler, 14% durch nahmen an. Luftaufnahmen sind meist bei den die Kommune und 29% durch die Biologische Unteren Landschaftsbehörden und Biologi- Station plus Ehrenämtler (NOTTMEYER-LINDEN schen Stationen vorhanden und sind bei Pro- et al. 2000). Für 25% ist die Pflege unklar. Sie jekten, die in Zusammenarbeit mit diesen Insti- werden vermutlich gar nicht gepflegt. tutionen durchgeführt werden, verwendbar. Es Das Kopfbaum-Informationssystem des ist jedoch auf Grund des Lizenzvertrages dieser NABU Dormagen befindet sich dagegen noch Institutionen in der Regel nicht erlaubt, die im Aufbau und startete 2003. Gegenwärtig sind Luftaufnahmen zu vervielfältigen. 370 Bäume markiert und erfasst. Wir können jedoch von etwa 800 bis1000 Bäumen im Stadt- Analyse der Daten für eine bessere Pflege und gebiet von Dormagen ausgehen. Die Pflege wird Verwaltung zum überwiegenden Teil durch den NABU Dormagen durchgeführt. Pflegeeinsätze der Ein wichtiger Vorteil eines GIS ist die Visua- Stadt sind selten. In der vergangenen Pflegesai- lisierung der Daten. So kann man sich auf einer son 2002/3 hat der NABU Dormagen ca. 100 Karte besser über die Verbreitung von Kopf- Bäume an 16 Tagen mit 6-32 Helfern in 1.320 bäumen klar werden. Dies kann dazu führen, Mann ~ Stunden gepflegt. dass man Orte findet, an denen man vielleicht bisher Kopfbäume übersehen hat. Besonders Analyse der Daten als Anreiz für die weitere wichtig ist außerdem die Verknüpfung der Da- Erforschung der Kopfbaumbestände - der ge- ten zum Vorkommen von Kopfbäumen mit an- netische Fingerabdruck zur Bestimmung der deren Informationen wie Hochwassergefähr- lokalen Genotypen dung oder Vandalismus. So lassen sich Bedro- hungen für die Kopfweiden besser orten. Im Bereich der Stadt Dormagen kommen Die Karten sind für eine Vielzahl von Gele- neun Weidenarten vor. Neben Salix alba (Sil- genheiten verwendbar. Helfern bei der Kopf- berweide) und S. fragilis (Bruchweide) in den weidenpflege kann man einfach baumgenaue Weichholzauen, kommen S. viminalis (Korb- Karten zur Anfahrt an die Hand geben. Für Be- weide), S. purpurea (Purpurweide) und S. trian- hörden lassen sich Karten ausdrucken, mit de- dra (Mandelweide) in den ufernahen Weiden- nen man die Genehmigung der Pflege oder den gebüschen vor. Dabei sind besonders S. alba Antrag auf finanzielle Unterstützung eindrück- und S. fragilis und deren Hybrid schwer zu lich unterstützt. Grundstücksbesitzer kann man unterscheiden. Darüber hinaus sind in der Ver- mit solchen Karten darüber informieren, wel- gangenheit viele Zuchtformen neu angepflanzt che Bäume man gedenkt, in der nächsten Pfle- worden, die die Vielfalt der Weiden im Gebiet gesaison zu schneiden. noch erhöht haben. Es stellt sich dabei die Fra-
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