Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
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POSITION | STEUERPOLITIK | STEUERRECHT Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
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Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Inhaltsverzeichnis Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Inhaltsverzeichnis Raus aus der Krise – Steuermodell der Zukunft ................................................................................................ 5 1. Zeit für ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht ...................................................................................... 6 Das deutsche Unternehmensteuerrecht ist ein erheblicher Standortnachteil ..............................................6 Folgen der Corona-Pandemie nicht über neue Steuern finanzieren ...............................................................7 EU-Regelungen verschärfen die Standortnachteile ..............................................................................................7 Mit neuem Wirtschaftswachstum aus der Krise .....................................................................................................8 2. Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf 25 Prozent senken .................... 9 Eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes erhöht die Standortattraktivität ..........................................9 Die Steuersatzsenkung sichert Steuersubstrat und künftige Mehreinnahmen ........................................ 10 Einbehaltene Gewinne von Personenunternehmen entlasten (§ 34a EStG) .............................................. 10 Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen ......................................................................................................... 12 Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags wirkt als Konjunkturimpuls .................................................... 13 3. Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren ..................................................................... 14 Unternehmensteuern strukturell reformieren ........................................................................................................ 15 Verlustabzug verbessern ............................................................................................................................................. 16 Unternehmensbesteuerung zukunftsorientiert anpassen ............................................................................... 18 Besteuerung von internationalen Sachverhalten sachgerecht ausgestalten ............................................ 22 Standort Deutschland durch die OECD-Reform zur „Digitalsteuer“ stärken ............................................ 23 4. Einfach: Eine einheitliche Unternehmensteuer schaffen ........................................................................ 26 Gewerbesteuer in die Ertragsbesteuerung integrieren ...................................................................................... 27 Rechtsformneutrale Besteuerung durch Einführung eines Optionsmodells schaffen ........................... 28 Impressum ........................................................................................................................................................................... 30 3
Dr. Wolfgang Haas „Die deutsche Wirtschaft braucht wettbe- werbsfähige steuerliche Rahmenbedingungen. Der jahrelange Reformstillstand muss endlich beendet werden, um die gravierenden Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Zusatz- belastungen für deutsche Stammhauskonzer- ne müssen endlich beseitigt werden.” Vorsitzender des Steuerausschusses des BDI, General Counsel und Chief Compliance Officer, Leiter Legal, Compliance, Tax and Insurance der BASF SE
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Raus aus der Krise – Steuermodell der Zukunft Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Raus aus der Krise – Steuermodell der Zukunft Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben die Wirtschaft in Deutschland schwer getroffen und die Verschuldung der öffentlichen Haus- halte nach oben getrieben. Zukunftsorientierte finanz- und steuerpolitische Rahmenbedingungen sind jedoch die Voraus- setzung für einen krisenfesten Wirtschaftsstandort Deutschland, der Wohlstand und Beschäf- tigung nachhaltig sicherstellt. Deswegen muss die hohe Verschuldungsquote durch mehr Wirt- schaftswachstum zurückgeführt werden. Dies lässt sich mit einer Stärkung der Unternehmen und attraktiven Investitionsbedingungen erreichen.1 Das deutsche Unternehmensteuerrecht genügt diesem Anspruch nicht. Vielmehr erweist es sich nach 12 Jahren des Reformstillstands als erheblicher Standortnachteil.2 Die Corona-Pan- demie verstärkt diesen Befund. Deswegen braucht Deutschland . eine international wettbewerbsfähige und effektive Steuerbelastung der Unternehmen von maximal 25 Prozent, . ein nachhaltiges Steuersystem, das Zukunftsinvestitionen, Innovationen und Wachstum in Deutschland begünstigt sowie . eine einheitliche Unternehmensteuer, welche die Gewerbesteuer integriert und eine stabile sowie konjunkturunabhängige Finanzierung der Kommunen sichert. 1. Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf 25 Prozent senken 2. Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren 3. Einfach: Eine einheitliche Unternehmensteuer schaffen „Es ist Zeit für ein ‚Steuermodell der Zukunft’, um die Unternehmen nach der Krise zu stärken.“ Dr. Monika Wünnemann Abteilungsleiterin Steuern und Finanzpolitik, BDI 1 vgl. Feld, ifo Schnelldienst 8/2020 73. Jahrgang 12. August 2020, S.3. 2 Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) (2019), Zur US‑Steuerreform 2018: Steuerpoli- tische Folgerungen für Deutschland, Monatsbericht des BMF März, Stellungnahme des unabhängigen Wissenschaftli- chen Beirats beim BMF, Berlin, 33–39. 5
01 Zeit für ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht Ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht ist entscheidend für starke Unternehmen, neues Wachstum und solide öffentliche Haushalte. Steuerentlastung Wettbewerbsfähigkeit Haushaltskonsolidierung Das deutsche Unternehmensteuerrecht Einkommensteuer oder den übrigen Unternehmen- ist ein erheblicher Standortnachteil steuern sowie neue Steuern, bspw. eine Vermögen- steuer, sind wachstumsschädlich. 1. Die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutsch- land ist zu hoch.3 Bei der Höhe der Steuerbelastung 2. Die Struktur des deutschen Unternehmensteuer- der Unternehmen liegt Deutschland im internationa- rechts ist veraltet. Nach jahrelangem Reformstillstand len Vergleich mittlerweile an der Spitze: Die steuer- bestehen zahlreiche Hürden, die Investitionsentschei- liche Gesamtbelastung liegt hier bei über 30 Prozent dungen zugunsten des Standorts Deutschland und (Durchschnitt 31,3 Prozent4) und in Ballungsgebie- betriebswirtschaftlich gebotene Umstrukturierungen ten bei typischerweise höheren Gewerbesteuerhebe- verhindern. Um das Stammhaus der Unternehmen sätzen sogar noch höher. In den OECD-Ländern liegt in Deutschland nach der Krise zu stärken, ist eine der Durchschnitt hingegen im Jahr 2020 bei ledig- gezielte Standortpolitik mit einem krisenfesten, moder- lich 23,5 Prozent. Die hohe Steuerbelastung wirft nen Unternehmensteuerrecht notwendig. Hierfür muss Deutschland im internationalen Standortwettbewerb die Bundesregierung neben den beschlossenen Sofort- zurück und gefährdet Investitionen und Beschäfti- maßnahmen und Hilfspaketen für gezielte Investitions- gung. Diskussionen über Steuererhöhungen bei der anreize sorgen. Diese stärken Investitionen und Inno- vationen der deutschen Wirtschaft5. Zudem müssen 3 faire Wettbewerbsbedingungen zwischen privaten und Wissenschaftlicher Beirat beim BMF (2019), Zur US‑Steuerreform 2018: Steuerpolitische Folgerungen für Deutschland, Monatsbericht staatlichen Unternehmen (z. B. kommunalen Versor- des BMF März, Stellungnahme des unabhängigen Wissenschaftli- gungsunternehmen) hergestellt und steuerliche Privi- chen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, Berlin, 33–39. legien für staatliches Wirtschaften reduziert werden. 4 OECD, Combined corporate income tax rate, für Deutschland mit durchschnittlichem GewSt-Hebesatz von 442 Prozent (2019, ab 50.000 5 Einwohner), Januar 2020 (https://stats.oecd.org/index.aspx?DataSet- Siehe auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirt- Code=Table_II1.). schaftlichen Entwicklung 2019/2020, Rz. 222. 6
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Zeit für ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Folgen der Corona-Pandemie nicht über neue Steuern finanzieren Der BDI wendet sich entschieden gegen Überlegungen, die Folgen der Corona-Pandemie durch eine Vermögensteuer zu finanzieren. Eine Ver- mögensteuer würde die Krise massiv verschärfen: Sie entzieht den Unter- nehmen Liquidität, konterkariert die staatlichen Unterstützungsmaß- nahmen und setzt das Überleben von Betrieben aufs Spiel – gerade im Mittelstand. Zudem würde eine Vermögensteuer Deutschland im Stand- ortwettbewerb weit zurückwerfen und dazu führen, dass Investitionsent- scheidungen zugunsten des Auslands fallen. Eine Vermögensteuer kann außerdem zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Übermaßbesteuerung führen6. Gegen eine Vermögensteuer spricht schließlich, dass der Staat über finanzpolitische Alternativen verfügt: Die öffentliche Hand kann sich der- zeit zu sehr günstigen Konditionen auf dem Kapitalmarkt finanzieren. Die hohe gesamtstaatliche Verschuldung anlässlich der Corona-Pandemie kann nicht über Steuererhöhungen, sondern nur über Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren zurückgeführt werden. EU-Regelungen verschärfen die Standortnachteile Angesichts der öffentlichen Diskussion über die Steuervermeidung von multinationalen Unternehmen ist diesen die Bereitstellung von Transpa- renz und einer nachhaltigen Finanzberichterstattung ein hohes Anliegen. . Die Unternehmen erfüllen bereits sämtliche Transparenzpflichten Dr.-Ing. aus dem OECD-Projekt gegen aggressive Steuerplanung und Steuerver- meidung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS), wie zum Beispiel Hans-Toni das Country-by-Country Reporting und umfangreiche Verrechnungs- preisdokumentationen. Dies gilt auch für die Meldepflicht für grenz- Junius überschreitende Steuergestaltungen oder die neue nachhaltige Finanz- berichterstattung (wie z. B. nach der Global Reporting Initiative, GRI). C.D. Wälzholz GmbH & Co. KG Damit unterstützen die Unternehmen das Ziel, die Transparenz von Steuerdaten grenzüberschreitender Tätigkeiten multinationaler Unter- „Beim familiengeführten nehmen für die Steuerbehörden in der EU zu verbessern. Mittelstand steckt das Kapital . Mit der zusätzlichen Offenlegung aller Daten im Wege eines „öffent- der Eigentümer im Unter- nehmen. Eine Vermögen- lichen Country-by-Country Reportings“ drohen den Unternehmen steuer ist Gift für Investitionen jedoch Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten. und sichere Arbeitsplätze am Zudem verletzt eine öffentliche Berichterstattung schützenswerte Inte- Standort.“ ressen der Unternehmen. Die Unternehmen ermöglichen der Finanz- verwaltung bereits jetzt den unmittelbaren Datenzugriff auf sämtliche steuerrelevanten Unternehmensinformationen. . Auch die Erschließung neuer EU-Eigenmittelquellen für den EU-Haus- halt sollte nicht mit einer Mehrbelastung für die Unternehmen und einer Schwächung des Wirtschaftsstandortes Deutschland einhergehen. Neue EU-Eigenmittel wie eine Finanztransaktionsteuer, eine Digitalabgabe oder 6 vgl. Kube, Verfassungsrechtliche Grenzen kumulierter Steuerlasten, 2020, S. 9f 7
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Zeit für ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft ein CO2-Grenzausgleichsystem würden mit negati- Daher braucht die Bundesregierung gerade jetzt eine ven Folgen für Wachstum und Beschäftigung einher- finanzpolitische Strategie, die auf beschleunigtes Wirt- gehen und sind daher abzulehnen. Auch eine Plas- schaftswachstum setzt.12 Diese würde eine Konsoli- tikabgabe sollte aus dem Bundeshaushalt entrichtet dierung der öffentlichen Haushalte und eine Rück- und nicht als Steuer oder Abgabe überwälzt werden. führung der Staatsschuldenquote ermöglichen.13 Für neues Wachstum sind höhere Investitionen und Inno- Mit neuem Wirtschaftswachstum aus vationen nötig. Dies gilt umso mehr, da bei den aktuel- der Krise len Bedingungen die Bundesregierung nicht mehr von Wachstumsraten wie bisher ausgehen kann. Die Schul- Die finanzpolitische Ausgangslage hat sich aufgrund der denbremse und die Haushaltskonsolidierung bleiben Corona-Pandemie in Deutschland innerhalb kürzester weiter wichtig. Die Bundesregierung muss deswegen Zeit stark verändert.7 Die gesamtstaatliche Verschuldung mit wettbewerbsfähigen steuerlichen Rahmenbedingun- lag zu Beginn des Jahres 2020 bei rund 60 Prozent des gen die Wiederaufnahme der unternehmerischen Tätig- Bruttoinlandsprodukts (BIP)8 und stieg im Jahresver- keit in Deutschland flankieren. Steuererhöhungen sind lauf auf 75 Prozent des BIP an.9 Die niedrige Verschul- wachstumsfeindlich und der falsche Weg. dungsquote vor der Corona-Pandemie war jedoch nicht nur das Ergebnis einer „soliden Haushaltspolitik“ der Bundesregierung.10 Vielmehr ermöglichte ein positiver Trend aus BIP-Wachstum und dauerhaften Niedrigzin- sen einen über Jahre ausgeglichenen Bundeshaushalt. An der „Schwarzen Null“ konnte zulasten notwendiger öffentlicher Investitionen festgehalten werden.11 7 BMF, Pressemitteilung vom 23. März 2020. 8 BMF-Monatsbericht April 2020, S. 28. 9 vgl. Feld, ifo-Schnelldienst 08/2020, S. 3. 10 12 ebd. S. 19. ebd. S. 9. 11 13 vgl. Beznoska, ebd. S. 9. vgl. Feld, ifo-schnelldienst 8/2020, S. 3 ff. Mit Wachstum aus der Krise Quelle: IW Deutschland in Zahlen 2020, BMF-Finanzbericht 2020; einschl. Sondervermögen und Extrahaushalte; ohne die in 2000 anteilig erfolgte Schuldentilgung aus den UMTS-Erlösen, für 2020 vgl. Feld, ifo-Schnelldienst 08/2020, S. 3. Gesamtstaatliche Verschuldung, in % des BIP Rückgang Staatsverschuldung vor Corona 90 durch BIP-Wachstum und Niedrigzinsen 80 70 „Maastricht-Grenze“ 60 50 40 30 20 10 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2018 2020 8
Wettbewerbsfähig: Die Steuer belastung der Unternehmen auf 25 Prozent senken Eine wettbewerbsfähige Steuerbelastung erhöht die Standortattraktivität und sichert Steuerein- 02 nahmen und Beschäftigung in Deutschland. Eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes erhöht die Standortattraktivität Für zukünftige Investitionsentscheidungen sind Steuersätze von enormer Bedeutung. Deshalb ist eine Senkung der effektiven und nominalen Steuer- belastung angezeigt, um den Standort Deutschland nachhaltig attraktiv für Investitionen zu halten. Bei der Belastung mit Ertragsteuern steht Deutschland im Jahr 2020 mittlerweile an der Spitze. Der Vergleich mit dem Ausland zeigt den Handlungsbedarf, damit Deutschland nach der Krise wettbewerbsfähig bleibt. Nominale Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften (2020) Quelle: OECD.Stat, Statutory corporate income tax rate Prof. Dr. 35 % Christian 30 % 31,3 % Dorenkamp Leiter der Konzernsteuerabteilung der Deutsche Telekom AG 25 % 23,5 % „Wir benötigen dringend ein 20 % deutliches Signal bei den Steuersätzen, wie immer dies 15 % auch technisch umgesetzt wird – nur so kann Deutsch- land im zwischenstaatlichen 10 % Wettbewerb um Investitionen und attraktive Arbeitsplätze 5% mit anderen Industriestaaten mithalten, denn nirgendwo anders ist die Unternehmen- 0% steuerbelastung so hoch.“ er h hl * Ja * Be n n n n O e hw D Sc en Sl eiz ei n Un d rn UK Sp A * d ed reic nd pa ie lie Ö nie le an US ut ich Sc EC ak ga an ed hw lg Po Ita la Irl ow a De kre e r sc st an Ni Fr *Mit durchschnittlichem GewSt-Hebesatz von 442 % (2019, ab 50.000 Einwohner). ** Mit Berücksichtigung der geplanten Steuersatzsenkung im Jahr 2021 auf 27,5 %. 9
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft 25 Prozent senken Deutschland kann es sich nach der Krise nicht mehr Einbehaltene Gewinne von Personen- leisten, die Unternehmen deutlich höher als im inter- unternehmen entlasten (§ 34a EStG) nationalen Umfeld zu besteuern. Eine wettbewerbsfä- hige Steuerbelastung der Unternehmen ist ein wichti- Gewinne von Personengesellschaften unterliegen der- ges Signal für den Standort Deutschland. zeit einer nominalen Ertragsteuerbelastung von bis zu 48 Prozent. Werden Gewinne jedoch im Unterneh- Der Körperschaftsteuersatz sollte hierzu (ggf. schritt- men für künftige Investitionen einbehalten, so können weise) um fünf Prozentpunkte auf 10 Prozent her- diese mit einem niedrigeren Steuersatz (28,25 Prozent) abgesetzt werden. Damit wird eine international begünstigt besteuert werden (sog. Thesaurierungsbe- vergleichbare Steuerbelastung von Kapitalgesell- günstigung gem. § 34a EStG). schaften in Deutschland geschaffen, die eine hohe Signalwirkung entfaltet. Die begünstigte Besteuerung von Gewinnen, die nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet, sondern Die Steuersatzsenkung sichert Steuer- im Unternehmen bleiben, ist ökonomisch sinnvoll substrat und künftige Mehreinnahmen und notwendig: Zuletzt wurde der Körperschaftsteuersatz im Rahmen . Es entsteht ein Liquiditätsvorteil, da dem Unterneh- der Unternehmensteuerreform 2008 von damals 25 auf men durch den Verzicht auf die private Verwendung die derzeit geltenden 15 Prozent gesenkt. Gleichzeitig von Gewinnen erwirtschaftetes Kapital für Investi- wurde die Bemessungsgrundlage für die Körperschaft- tionen in die Zukunft zur Verfügung steht. steuer verbreitert. Infolge der mit der Senkung verbun- denen positiven konjunkturellen Entwicklung kam es . Die Eigenkapitalbasis des Unternehmens wird nach- sodann nicht zu Minder- sondern vielmehr zu Mehr- haltig gestärkt und Investitionen sind möglich, ohne einnahmen aus der Körperschaftsteuer. dass Fremdkapital in Anspruch genommen werden muss. Körperschaftsteueraufkommen Bundesgebiet in Mrd. Euro Quelle: Bundesministerium der Finanzen KSt-Satzsenkung 40 von 25 % auf 15 % 35 30 25 20 15 10 5 0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020* 2021* 2022* 2023* 2024* * Ab 2020 Schätzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen". 10
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft 25 Prozent senken Höhe der Thesaurierungsbelastung anpassen Das Ziel der Thesaurierungsbegünstigung, einbehaltene Gewinne der Höhe nach wie bei Kapitalgesellschaften zu besteuern, wird tatsächlich nicht erreicht: So liegt die tatsächliche Steuerbelastung einbehaltener Gewinne effektiv bei rund 36 Prozent, statt bei den beabsichtigten 28,25 Prozent. Überblick: Thesaurierungsbegünstigung – Belastungsvergleich zwischen Theorie und Praxis Quelle: BDI. Thesaurierungssatz nach § 34a EStG Theorie* Praxis** Gewinn 100,00 € 100,00 € davon begünstigungsfähig 100,00 € 62,36 € Gewerbesteuer (442 %) -15,47 € -15,47 € Mathias Gewerbliche Einkünfte Einkommensteuer 100,00 € 100,00 € Gerner (28,25 % begünstigungsfähiger Gewinn/ Leiter Steuern der Dr. August Oetker KG 45 % Entnahme) -28,25 € -33,89 € Gewerbesteueranrechnung (4) 14,00 € 14,00 € Einkommensteuer nach Anrechnung -14,95 € -19,89 € „Die Personenunternehmen Solidaritätszuschlag (5,5 %) -0,78 € -1,09 € brauchen jetzt eine Entlastung ihrer einbehaltenen Gewinne, Gesamtsteuerbelastung -30,50 € -36,46 € damit sie am Standort * Theoretische minimale Thesaurierungsbelastung, wenn 100 Prozent des Deutschland weiter investieren Gewinns thesauriert werden könnten. können.“ ** Thesaurierungsbelastung, wenn der Gesellschafter seine Ertragsteuern aus dem Gewinn entnehmen muss und einem Grenzsteuersatz von 45 Prozent unterliegt. Der Thesaurierungssatz muss daher von derzeit 28,25 auf unter 22 Prozent abgesenkt werden, damit die Personenunternehmen eine wettbewerbs- fähige Steuerbelastung ihrer einbehaltenen Gewinne erhalten. Daneben sollte die Steuerbelastung durch eine Berücksichtigung von Entnahmen für Gewerbe- und Einkommensteuer auf den nicht entnommenen Gewinn gesenkt werden. Diese Anpassung würde die aufgrund der hohen Steuer- belastung derzeit komplett am Mittelstand vorbeilaufende Regelung wie- der attraktiv machen. Regelung mittelstandstauglich ausgestalten Zudem wird die Thesaurierungsbegünstigung in der Praxis bisher kaum in Anspruch genommen, da sie in ihrer Ausgestaltung und praktischen Anwendung viel zu komplex ist. Diese Hürden konterkarieren das vom Gesetzgeber intendierte Ziel in erheblichem Maße. Gerade die gegenwär- tige Corona-Krise hat gezeigt, dass die Sicherstellung und Beibehaltung von Liquidität für die Unternehmen an oberster Stelle stehen. Eine pra- xistaugliche gesetzliche Nachbesserung der Regelung ist notwendig, um deren Inanspruchnahme zu stärken: 11
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft 25 Prozent senken . Die gesetzlich bedingte Verwendungsreihenfolge (§ 34a Abs. 4 S. 1 EStG) führt faktisch zu einem Entnahmezwang vor erstmaliger Inan- spruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung. In der Praxis werden dadurch oftmals Altrücklagen vor erstmaliger Bildung der Thesaurie- rungsrücklage aus dem Betrieb entnommen, was das Ziel der Eigenka- pitalstärkung konterkariert. Zur Abmilderung dieses Problems könnte bspw. ein Entnahmevolumen festgelegt werden, bis zu welchem lau- fende Entnahmen aus Altrücklagen auch während der Anwendung der Thesaurierungsbegünstigung möglich sind. . Probleme entstehen auch bei Umstrukturierungen: Wenn wirtschaft- lich notwendige und sinnvolle Umstrukturierungen vorgenommen wer- den sollen, werden diese in vielen Fällen durch die Regelung des § 34a Abs. 6 S.1 Nr. 2 EStG behindert. In Fällen der Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft bzw. beim Form- Petra wechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft muss zwingend die Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags erfolgen. Klingenstein Die auf den nicht entnommenen Gewinn bezogene Nachsteuer führt dazu, dass sich mit zunehmender Dauer einer in Anspruch genomme- nen Thesaurierungsbegünstigung das Hemmnis einer Umstrukturierung Vorsitzende des Steuerausschusses des VDMA, Country Tax Manager Germany, verstärkt. In diesen Fällen sollte demnach auf eine Nachversteuerung Europe Lead Tax verzichtet werden. ABB Power Grids Germany AG Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen „Wir Unternehmen Der Solidaritätszuschlag muss vollständig abgeschafft werden. Die gebotene stehen angesichts des Abschaffung entlastet nicht nur einkommensteuerpflichtige Personen, son- dern insbesondere auch Unternehmen. Die steuerliche Entlastung sichert den tiefgreifenden Struktur- Unternehmen neue Investitionsspielräume und ihre Wettbewerbsfähigkeit. wandels, zumal verschärft durch die Ohnehin verstößt eine dauerhafte Erhebung und Umwidmung des Soli- daritätszuschlags aufgrund seiner Ausgestaltung als Ergänzungsabgabe Corona-Pandemie, vor gegen die Grundsätze der Finanzverfassung nach Art. 105ff GG. Zudem gewaltigen Heraus- erscheint ein genereller Ausschluss von Kapitalgesellschaften gleich- forderungen. Das Steuer- heitswidrig und damit ebenfalls nicht verfassungsgemäß. recht muss dauerhaft Zwar hat der Bundestag eine Reform des Solidaritätszuschlags beschlossen, einen wirkungs- allerdings führt diese nicht zu einer Abschaffung der Ergänzungsabgabe, vollen Beitrag zu deren denn der Bund will nur auf rund die Hälfte des Aufkommens ab dem Jahr 2021 verzichten. Die Rückführung des Solidaritätszuschlags ab 2021 sorgt Bewältigung liefern.“ allerdings nicht dafür, dass nur noch wenige Reiche die Ergänzungsabgabe zahlen müssen. Vielmehr werden rund sechs Millionen Personen, darunter Rentner und Unternehmer, den Zuschlag weiterhin auf die Einkommen- steuer entrichten. Hinzu kommen mehr als 500.000 Kapitalgesellschaften.14 14 IW Köln, Die Reform des Solidaritätszuschlags vor dem Hintergrund der Corona-Krise, Sep- tember 2020. 12
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft 25 Prozent senken Dynamische Aufkommensbetrachtung einer Soli-Abschaffung Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft; Oxford Economics Angaben in Milliarden Euro Mindereinnahmen durch Soli-Abschaffung Refinanziert durch zusätzliches Wachstum 14 12 10 1,9 2,5 2,3 2,7 3,1 3,6 3,9 4,4 4,8 5,3 8 6 4 7,9 6,8 7,6 7,9 7,8 7,6 7,6 7,5 7,4 7,3 2 0 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Die Abschaffung des Solidaritätszu- Impuls zur Überwindung der Corona-Krise nutzen. Der schlags wirkt als Konjunkturimpuls Effekt auf die Steuereinnahmen wäre dabei geringer, als eine statische Betrachtung nahelegt, da die zusätzliche Seit 1995 hat der Bund mit dem Solidaritätszuschlag wirtschaftliche Dynamik einen Teil des Aufkommens- rund 110 Milliarden Euro mehr eingenommen, als er verlusts kompensieren kann.15 für die Förderung der ostdeutschen Bundesländer im Rahmen des Solidarpakts ausgegeben hat. Mittlerweile Vor diesem Hintergrund ist die vollständige Abschaf- fließen die Einnahmen vollständig zur freien Verfügung fung des Solidaritätszuschlags, verbunden mit einem in den Bundeshaushalt. klaren Enddatum in der kommenden Legislatur- periode, angezeigt. Dies wäre ein wichtiges Signal Die Politik sollte die überfällige vollständige Abschaf- für die Wirtschaft und würde die grundgesetzlichen fung des Solidaritätszuschlags als wirtschaftlichen Vorgaben berücksichtigen. 15 ebd. S. 11. 13
Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Eine strukturelle Modernisierung der Unternehmensteuern ist für einen innovativen Wirtschaftsstandort unverzichtbar. Zukunftsinvestitionen Verlustverrechnung Stammhausfunktionen 14 03
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Unternehmensteuern strukturell reformieren Forschungszulage weiterentwickeln Wir kommen nur mit „Wumms“ aus der Krise, wenn die Politik auch bereit ist, entsprechend ambitioniert in Forschung und Entwicklung (FuE) zu investieren. Eine aktuelle Beobachtung verdeutlicht dies: Bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen COVID-19 waren lediglich zwei deutsche Biotech- Unternehmen aussichtsreich im Rennen. Ohne dieses jeweilige Investment i. H. v. mehreren hundert Millionen Euro wären diese Unternehmen in der FuE für einen Impfstoff nicht international wettbewerbsfähig gewesen. Deswegen sollte – auch für das Gelingen der Energiewende und das Voran- treiben des Klimaschutzes – statt neuer Investitionsprogramme besser die Forschungszulage weiterentwickelt werden. Prof. Dr. Langfristig muss mehr Innovation am Standort Deutschland entstehen. Dafür muss u. a. die bestehende Eingrenzung über "Verbundene Unternehmen" Christian gem. § 3 Forschungszulagengesetz angepasst sowie die Bemessungsgrund- lage auf alle FuE-Kosten ausgeweitet und der Fördersatz auf ein international Kaeser übliches Niveau von 31 Prozent aller FuE-Investitionen16 angehoben werden. Wagniskapitalbedingungen verbessern Global Head of Tax bei SIEMENS AG Deutschland braucht endlich steuerliche Rahmenbedingungen, die das Gründen und das Wachstum der nächsten Industriegeneration am Stand- ort Deutschland attraktiv und aussichtsreich machen. Deutschland muss „Der Unternehmens- als Investitionsstandort für privates Wagniskapital attraktiver werden. Für standort Deutschland eine effektive Finanzierung sind steuerliche, rechtliche und regulatorische Hürden abzubauen. Innovationen entstehen aus Forschungs- und Ent- muss wettbewerbs- wicklungs-Aktivitäten. Diese Aktivitäten werden aus dem Cashflow oder fähig sein – während durch risikotragendes Eigenkapital finanziert. Es bedarf staatlicher Flan- und gerade auch nach kierung, um private Investitionen in Chancenkapital attraktiver werden zu lassen. So könnte mit geeigneten Maßnahmen privates Geldvermögen zu der Corona-Pandemie. Chancenkapital werden. Wir brauchen daher mindestens die gleichen Investitionsanreize für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgü- ter setzen steuerlichen Rahmen- bedingungen wie andere Zur Stabilisierung der Wirtschaft und zur Stärkung des Wirtschaftsstand- Industriestaaten: nied- ortes Deutschland nach der Corona-Krise sind vor allem starke Investitions- anreize notwendig. Die Förderung von Investitionen in digitale Wirt- rigere Unternehmen- schaftsgüter und eine Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung steuern und geringeren (Forschungszulage) sind dafür wesentliche Bausteine. Sonderabschreibungen Administrationsauf- sollten gezielt für Investitionen in die Digitalisierung und in nachhaltige Investitionen genutzt werden. Die degressive Abschreibungsmethode sollte wand!“ dauerhaft beibehalten werden. Für eine zukunftsgerichtete Innovations- finanzierung sollte beispielsweise die Besteuerung auf Kursgewinne bei einer längeren Haltedauer abgeschafft werden. Verbesserte Anreize zur 16 vgl. Universität Mannheim, Steuerliche Innovationsförderung in der EU, OECD- und BRICS- Staaten, 2016. 15
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft energetischen Gebäudesanierung und ein erhöhter Verlustrücktrag nur in das unmittelbar vorangegangene linearer Abschreibungssatz für Immobilien tragen dazu Veranlagungsjahr vorsieht, können Vorjahresgewinne bei, den tendenziell steigenden Anforderungen bei der – beispielsweise aus dem Jahr 2018 – nicht zur wirt- Energieeffizienz gerecht zu werden. schaftlichen Bewältigung der gegenwärtigen Krisen- situation genutzt werden. Diese zeitliche Begrenzung Gleichzeitig müssen Investitionen im Bereich der sollte aufgehoben und ein Verlustrücktrag wenigs- erneuerbaren Energien angeregt werden, indem steuer- tens in zwei weitere Vorjahre ermöglicht werden. liche Hemmnisse beseitigt werden. Dies betrifft bspw. gewerbesteuerliche Hemmnisse zur Erzeugung elektri- . Ausweitung des Verlustvortrags: Auch der sog. Ver- schen Stroms aus regenerativen Energien und Block- lustvortrag, d. h. die Möglichkeit, Verluste in nachfol- heizkraftwerken in Gebäuden sowie der Bereitstellung gende Veranlagungszeiträume zu übertragen, bedarf von Energie und Ladeinfrastruktur an Mieter für Zwe- einer Anpassung. Die aktuelle Regelung zum Verlust- cke der E-Mobilität. vortrag (§ 10d Abs. 2 EStG) ist der Höhe nach begrenzt, sodass nicht alle Verluste mit Gewinnen künftiger Jahre Verlustabzug verbessern verrechnet werden können (sog. Mindestbesteuerung). Somit entspricht die Steuerbelastung nicht der tatsäch- Verlustrücktrag und Verlustvortrag reformie- lichen wirtschaftlichen Unternehmenssituation. Dies ren (§ 10d EStG) kann besonders nach längerfristig defizitären Zeit- räumen das Wiedererstarken der Wirtschaftskraft der Gerade mittelständische Unternehmen, die in den ver- Unternehmen hemmen. Daher sollte die Mindestbe- gangenen Jahren solide gewirtschaftet haben, sehen sich steuerung zumindest zeitweise ausgesetzt werden, nun in erheblichem Umfang von Umsatzeinbrüchen sodass eine Verlustnutzung der Corona-bedingten Ver- und Verlusten infolge der Corona-Pandemie betroffen. luste in den folgenden Jahren ohne Beschränkung möglich ist. Notwendige Liquidität der Unternehmen wird vor allem durch eine Ausweitung der steuerlichen Verlust- Durch eine Ausweitung des Verlustabzugs entstehen verrechnung geschaffen. Gerade in Krisenzeiten ver- dem Staat lediglich Finanzierungseffekte und keine stärkt eine verbesserte steuerliche Verlustverrechnung dauerhaften Steuermindereinnahmen: Die geforder- die Liquidität von Unternehmen. ten Anpassungen würden die Steuermindereinnahmen i. S. e. „zinslosen Darlehens” zeitlich nur vorziehen, im Unter Berücksichtigung der aktuellen wirtschaftlichen Gegenzug aber einen wichtigen Beitrag für die Liqui- Lage wurden die sehr restriktiven Regelungen zur Ver- ditätssicherung der Unternehmen in der Krise leisten. lustnutzung (§ 10d EStG) bereits angepasst. Es zeichnet Die Mindereinnahmen fließen in den Folgejahren wie- sich jedoch ab, dass gerade auch mittelständische Unter- der in die Staatskasse zurück. nehmen erhebliche Verluste mindestens im zweistelligen Millionenbereich erleiden werden. Die Begrenzung des Verlustabzug bei Körperschaften anpassen Verlustabzugs auf 5 Millionen Euro (10 Millionen Euro (§§ 8c, 8d KStG) bei Zusammenveranlagung) spiegelt die wirtschaftliche Realität nicht wider. Notwendig sind daher folgende Viele Unternehmen sind krisenbedingt auf die Hilfe von strukturelle Verbesserungen des Verlustabzugs: Investoren angewiesen. Hierdurch kann es verstärkt zu . Ausweitung des Verlustrücktrags der Höhe nach: Die sog. schädlichen Beteiligungserwerben kommen, bei welchem in einem Unternehmen bestehende Verluste betragsmäßige Ausweitung des Verlustrücktrags (§ 10d dauerhaft untergehen, sofern mehr als 50 Prozent der Abs. 1 EStG) sollte dazu beitragen, die krisenbeding- Anteile übertragen werden (§ 8c Abs. 1 KStG). Der ten Verluste steuerlich wirksam zeitnah und in voller Erhalt des Verlustvortrags für die Unternehmen ist Höhe anzuerkennen. Nur mit einer deutlichen Anhe- jedoch von hoher Bedeutung. Anderenfalls entzieht die bung der Höchstgrenze kann dies erreicht werden. aus dem Wegfall der Verlustnutzungsmöglichkeit ent- . Zeitliche Ausweitung des Verlustrücktrags: Durch stehende Steuerzahlung dem Unternehmen dringend benötigte Liquidität. Beabsichtigte Sanierungsmaßnah- die bestehende zeitliche Beschränkung, die einen men werden so konterkariert. 16
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Auch die Vorschrift des § 8d KStG ist nicht krisengerecht ausgestaltet. Die Zielrichtung des § 8d KStG, Körperschaften die Möglichkeit zu eröff- nen, nicht genutzte Verluste trotz eines schädlichen Beteiligungserwerbs i. S. d. § 8c KStG unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin nutzen zu können, ist absolut zu begrüßen. Dennoch wird die Norm bislang auf- grund ihrer eher restriktiven Ausgestaltung nur von wenigen betroffenen Unternehmen tatsächlich genutzt. Daher sollte für inländische Beteiligungen der schädliche Beteiligungs- erwerb und der damit einhergehende Untergang des Verlustvortrags zunächst für zwei Jahre ausgesetzt werden (§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG). Gene- rell sollte die Rechtsfolge des Verlustuntergangs wieder an Tatbestands- merkmale anknüpfen, die die „echten“ Missbrauchsfälle des Mantelkaufs oder des tatsächlichen Auseinanderfallens der Identität von verlusttragen- der und verlustnutzender Körperschaft zutreffend abbilden. Dabei kann Dr. Ulrike auf bestehende und bewährte Elemente aus den bisherigen Regelungen zum Verlustuntergang zurückgegriffen werden. Stammhausfunktionen der Unternehmen stärken Schramm Leiterin Steuern bei Continental AG Umstrukturierungen erleichtern Neben der Körperschaftsteuersatzsenkung muss der Gesetzgeber bestehende Regelungen des Unternehmensteuerrechts modernisieren, um Umstruktu- „Arbeitsplätze in den rierungen zu erleichtern und wesentliche Funktionen deutscher Stammhaus- Unternehmen in Deutsch- unternehmen im Inland zu stärken. Das deutsche Steuerrecht enthält eine Vielzahl von Regelungen, die in überschießender Weise Missbräuche zu land zu halten – das bekämpfen suchen. Diese Regelungen bewirken vor allem Rechtsunsicher- muss das Ziel nach der heit und behindern betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen. Corona-Pandemie sein. Im Unternehmensteuerrecht soll eine jeweils korrespondierende Besteue- Hierzu sind Investitions- rung einer verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage beim anreize und ein wirt- Gesellschafter und der Gesellschaft (§§ 8 Abs. 3 S. 4 ff., 8b Abs. 1 S. 2 ff. schaftsfreundliches KStG) sichergestellt werden. Ziel dieses Korrespondenzprinzips ist die Ver- meidung „weißer Einkünfte” und von Doppelbesteuerung. Insbesondere Unternehmensteuerrecht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten entsteht jedoch häufig eine Dop- notwendig.“ pelbesteuerung, wenn Vermögensübertragungen zwischen ausländischen Tochtergesellschaften eines deutschen Konzerns bei der deutschen Mutter- gesellschaft besteuert werden. Diese Regelung sollte daher für grenzüber- schreitende Sachverhalte rechtssicher ausgestaltet werden. Zur Stärkung des deutschen Stammhauses der Unternehmen sollten steuer- neutrale Umstrukturierungen im Ausland nicht durch eine zusätzliche Besteuerung in Deutschland behindert werden. 17
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Unternehmensfinanzierung verbessern Deutschland besteht erheblicher Handlungsbedarf. Von einer Digitalisierung, die den gesamten Prozess von der Einer gesetzlichen Klarstellung bedarf auch die feh- Steuererklärung bis zum Steuerbescheid umfasst, ist die lende symmetrische Besteuerung von Währungskurs- deutsche Finanzverwaltung zu weit entfernt. Zwar kom- verlusten und -gewinnen bei konzerninternen Finan- men auch in Deutschland seit mehreren Jahren die Elek- zierungen (§ 8b Abs. 3 S. 4 KStG). Es ist systemwidrig tronische Steuererklärung, die Elektronischen Lohn- und standortschädlich, dass für Wechselkursverluste ein steuerabzugsmerkmale (ELStAM) und die E-Bilanz zur steuerliches Abzugsverbot besteht, aber Wechselkurs- Anwendung. Andere Länder sind aber deutlich weiter. gewinne voll versteuert werden müssen. Beispiel Österreich: So wickelt z. B. Österreich mit Sofern keine Anpassung der Regelung erfolgt, könn- dem E-Government-Portal FinanzOnline das gesamte ten wirtschaftlich sinnvolle Finanzierungsaktivitä- Besteuerungsverfahren digital ab (u. a. Erstellung und ten zukünftig nicht mehr vom Standort Deutschland Übermittlung von Steuererklärungen, Zustellung von aus erfolgen. Damit wären auch künftige Zinserträge Steuerbescheiden, USt-IdNr.-Abfragen, Steuerkontenab- dem Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Gerade fragen, Stammdatenpflege). Die Bundesregierung muss in der gegenwärtigen Situation sollte jedoch ein klares sich daran messen lassen und die deutsche Steuerver- Bekenntnis für die Unternehmen am Wirtschaftsstand- waltung konsequent digitalisieren. Dazu muss auch der ort Deutschland erfolgen und Rechtssicherheit durch Gesetzgeber bereits am Anfang eines Gesetzgebungs- eine steuerliche Anerkennung von Währungskurs- prozesses die Digitalisierbarkeit neuer Regelungen verlusten geschaffen werden. berücksichtigen und sicherstellen. Unternehmensbesteuerung Dies gilt umso mehr, da die Unternehmen mit zuneh- zukunftsorientiert anpassen menden Anforderungen an die Tax Compliance belas- tet sind, die in der Regel nur mithilfe von digitalen Besteuerungsverfahren digitalisieren Prozessen und IT-Tools erfüllt werden können. Die Umsetzung der Mitteilungspflicht von grenzüberschrei- Die Digitalisierung des Steuerrechts ist eine der drin- tenden Steuergestaltungen (DAC 6) ist dafür ein aktu- gend anstehenden steuerpolitischen Aufgaben. In elles Beispiel aus der betrieblichen Praxis. Digitalisierung im Steuerrecht Quelle: BDI Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens: Nachholbedarf in Deutschland – aber positive Ansätze Konsens aller Beteiligten herstellen Bestehende Besteuerungverfahren digitale Prozesse digitalisieren weiterentwickeln Finanzverwaltung Elektronische Steuererklärungen Steuererklärung (ELSTER) Steuerbescheide Elektronische Anträge Lohnsteuerkarte (ELStAM) Steuerkontoabfrage E-Bilanz Stammdatenpflege Digitaler Steuerbescheid (DIVA) USt-IdNr.-Abfragen Digitale Prozesse ... ... Unternehmen Politik 18
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Beispiele für eine notwendige Digitalisierung: . Betriebsprüfung: Eine große Anzahl von Unterneh- . Veranlagungsverfahren: Steuerpflichtige und Finanz- men setzt Tax Compliance Management Systeme (Tax CMS) ein, um steuerliche Risiken zu identifi- verwaltung müssen in einem digitalen Prozess – mög- zieren, Regelverstöße zu vermeiden und die steuerli- lichst ohne Medienbrüche – miteinander kommuni- che Compliance kontinuierlich sicherzustellen. Diese zieren können. Bestehende digitale „Einbahnstraßen“ Leistungen der Unternehmen sollten genutzt werden, müssen konsequent beseitigt werden. Konkret heißt das um Betriebsprüfungen zu beschleunigen und effizient beispielsweise, dass auf die elektronische Steuererklä- durchzuführen. Wenn im Unternehmen nachweislich rung ein digitaler Steuerbescheid folgen muss, dessen auf freiwilliger Basis ein wirksames Tax CMS imple- rechtliche Grundlagen bereits 2017 geschaffen wur- mentiert ist, sollte dies die Anzahl der prüfungsrele- den (§ 122a Abs. 1 AO). Dabei sollte auch ein automa- vanten Einheiten und Themen im Hinblick auf deren tisierter Abgleich mit den übermittelten Steuererklä- Risikorelevanz reduzieren. rungsdaten möglich sein. Auch bei der E-Bilanz sollte eine elektronische Datenrückübermittlung erfolgen. Es bedarf daher dringend einer stärkeren Digitalisie- . Lohnsteuer: Im Massenverfahren der Lohnsteuer rung und Standardisierung von Prozessen, um Effi- zienzgewinne und eine Prozessoptimierung auf beiden steckt erhebliches weiteres Digitalisierungspotenzial, Seiten – Unternehmen und Finanzverwaltung – zu erzie- z. B. bei der Vereinfachung der Besteuerung von Sach- len. Ein Ansatzpunkt für eine Vereinfachung von Prozes- bezügen. Die bestehenden Regelungen sind – oftmals sen kann auch der Einsatz der Blockchain-Technologie auch im Zusammenspiel mit den sozialversicherungs- sein. Blockchain-basierte Techniken ermöglichen den rechtlichen Vorschriften – so detailliert und kleintei- sicheren Datenaustausch zwischen Unternehmen sowie lig, dass automatisierte Prozesse nicht möglich sind. mit der Finanzverwaltung und machen den Austausch Ein Ausweg kann z. B. die Einführung von neuen von Papierbescheinigungen überflüssig. Erste konkrete Pauschalierungsoptionen sein, da diese einfacher und Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain-Technolo- damit digital abbildbar sind. gie befinden sich bereits in der Erprobungsphase, z. B. im . Umsatzsteuer: Für steuerfreie innergemeinschaftliche Bereich der Umsatzsteuer (innergemeinschaftliche Lie- ferung) oder des Zolls (Langzeit-Lieferantenerklärung). Warenlieferungen sind zahlreiche Nachweise erforder- lich und die Anforderungen für einen erfolgreichen Entscheidend ist, dass technologieoffene Mindestan- Belegnachweis sind hochkomplex. Abhilfe muss durch forderungen festgelegt werden, die von der Finanzver- einen IT-gestützten Nachweisstandard mit Notarisie- waltung für die Datenspeicherung und den Datenaus- rungsfunktion geschaffen werden. Dafür ist der Ein- tausch, aber auch für Zwecke der Vorsteuererstattung satz von Blockchain-Technologie notwendig. akzeptiert werden. 19
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Betriebsprüfungsverfahren beschleunigen Unternehmensnachfolge krisengerecht und Rechtssicherheit stärken besteuern Mit der notwendigen Digitalisierung der Besteue- Die Corona-Pandemie hat schwerwiegende Auswir- rungsverfahren muss ebenso eine Beschleunigung der kungen auf die deutsche Wirtschaft. Branchenübergrei- Betriebsprüfung einhergehen. Steuerliche Betriebsprü- fend sind Unternehmen mit zum Teil massiven Nach- fungen in Deutschland dauern nach wie vor zu lange. Sie fragerückgängen, den Folgen einer eingebrochenen verursachen für Unternehmen und Finanzverwaltung Produktion und einer fortwährenden ökonomischen unnötigen Aufwand und binden erhebliche finanzielle Unsicherheit konfrontiert. Für familien- und gesellschaf- und personelle Kapazitäten. Zudem belasten langjäh- tergeführte Unternehmen des Mittelstands, die sich im rige Rechtsunsicherheit und hohe Nachzahlungszin- Prozess der Nachfolge und des Generationenübergangs sen die Unternehmen. befinden, verschärfen erbschaftsteuerliche Regelungen die ohnehin äußert schwierigen Rahmenbedingungen Schnelle, rechtssichere Betriebsprüfungsverfahren zusätzlich. Daher muss die Erbschaft- und Schenkung- sind ein ganz wesentlicher Hebel, um sehr messbar steuer dringend an die Krisensituation angepasst wer- Entlastungen für die Unternehmen zu erzielen. Sie sor- den, um den Fortbestand von Unternehmen zu sichern. gen zum einen dafür, dass der Zinslauf verkürzt wird und zum anderen dafür, dass schneller Rechtssicher- . Lohnsummenregelung und Behaltensregelung heit für die Unternehmen geschaffen wird. Schnellere anpassen Verfahren, die in Richtung einer Systemprüfung ähn- Angesichts der tiefgreifenden wirtschaftlichen Fol- lich etwa der „begleitenden Kontrolle“ in Österreich gen der Corona-Krise nutzen viele Unternehmen die oder dem „horizontal monitoring“ in den Niederlan- Kurzarbeitergeldregelungen, um Beschäftigung zu den gehen, dienen der Streitvermeidung und sind daher sichern. Der Einsatz von Kurzarbeit aber auch unver- prioritär anzugehen. meidbarer betriebsbedingter Personalabbau führen dazu, dass der Lohnaufwand in den Unternehmen Zudem dürften grenzüberschreitende Sachverhalte sinkt. Im Rahmen der Erbschaft- und Schenkung- in ihrer Bedeutung für die Unternehmen weiter anstei- steuer kann eine solche krisenbedingte Reduzierung gen. Umso wichtiger ist es daher, sowohl national als der Lohnzahlungen zu einer Nachbesteuerung füh- auch in der Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden ren, die Unternehmen zusätzlich belastet. anderer Länder die Verfahren zu beschleunigen und die Rechts- und Planungssicherheit zu erhöhen. Aktuell besteht bei vielen Unternehmen die Gefahr, dass die geltende Lohnsummenregelung als Voraus- setzung für eine erbschaftsteuerliche Verschonung Dauer der steuerlichen Betriebsprüfungen Quelle: BDI Unternehmensumfrage, Juni 2019 Mehr als 10 Jahre 3% Zwischen 5 und 10 Jahren 13 % Zwischen 3 und 5 Jahren 40 % Zwischen 1 und 3 Jahren 37 % Bis zu einem Jahr 7% Anteil in % 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 20
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft aufgrund der krisenbedingten Auswirkungen auf die Beschäftigung nicht eingehalten werden kann und so nachträglich eine anteilige Steuerfest- setzung erfolgt (§ 13a Abs. 3 i. V. m. § 13a Abs. 10 ErbStG). Dasselbe gilt im Falle der Insolvenz der Unternehmen, wenn die Behaltensregelung nicht eingehalten werden kann (§ 13a Abs. 6 i. V. m. § 13a Abs. 10 ErbStG). Die Regelungen müssen daher an die außergewöhnlichen Umstände der Corona-Pandemie angepasst werden: Bei einem nicht selbst ver- schuldeten Rückgang der Lohnsumme oder bei einer nicht selbst ver- schuldeten Insolvenz sollten – zumindest zeitlich befristet – keine nach- träglichen Steuerzahlungen von den Unternehmern gefordert werden. . Erbschaftsteuerliche Quotenregelungen anpassen Ebenso sollten die erbschaftsteuerlichen Quotenregelungen und die Ver- waltungsvermögensgrenzen krisenbedingt angepasst werden, um zu ver- Bertram hindern, dass die Verschonung allein aufgrund krisenbedingter Wert- verluste des Betriebsvermögens empfindlich reduziert oder gar ganz Kawlath verwehrt wird. Realitätsgerechte Verzinsung sicherstellen Geschäftsführer, Schubert & Salzer GmbH Trotz des andauernden Niedrigzinsumfelds verharren die steuerlichen Zins- sätze auf einem überhöhten und marktfernen Niveau. Im Ergebnis führt dies zu einer Belastung für die Unternehmen, die weder realitätsgerecht „Eine Unternehmens- noch zumutbar ist. nachfolge fordert Die Verzinsung von Steuernachforderungen bzw. -erstattungen in Höhe emotional, unter- von 6 Prozent p. a. (§§ 233a, 238 AO) steht in einem starken Missverhält- nehmerisch und finan- nis zum Marktzins. Eine verschärfende Wirkung entsteht u. a. durch die ziell heraus. Wer Versagung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinsen. Werden Unterneh- men mit Steuernachforderungen konfrontiert – im Kontext von Betriebsprü- hier steuerlich neue fungen oftmals erst nach mehreren Jahren – so ist die Zinsbelastung erheb- Belastungen schafft, der lich und übersteigt mitunter sogar die eigentliche Steuernachforderung. Vor schadet der langfristigen, diesem Hintergrund muss der gesetzliche Zinssatz nach §§ 233a, 238 AO an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und entsprechend wirtschaftlich und sozial abgesenkt werden. Zudem sollte die derzeitige asymmetrische Behandlung nachhaltigen Perspek- von Erstattungs- und Nachforderungszinsen beseitigt werden. Zukünftig tive mittelständischer sollten Erstattungszinsen wieder steuerfrei gem. § 3 EStG gestellt werden. Familienunternehmen.“ Dasselbe gilt für die Abzinsung von Pensionsrückstellungen (§ 6a EStG), die nicht mehr realitätsgerecht ist. Der steuerrechtliche Zinssatz ist mit 6 Prozent deutlich höher als der handelsrechtliche Zinssatz. In der Steuer- bilanz werden die Pensionsrückstellungen damit deutlich zu niedrig aus- gewiesen, wodurch „Scheingewinne“ besteuert werden. Daher muss der Abzinsungszinssatz dringend abgesenkt werden, wobei sich die fiska- lischen Wirkungen abmildern lassen, indem z. B. der aus der Erhöhung der steuerlichen Rückstellung resultierende Aufwand auf mehrere Jahre verteilt wird. 21
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft Besteuerung von internationalen Sach- bestünden. Zudem würde endlich das Problem der verhalten sachgerecht ausgestalten fehlenden Anrechenbarkeit von ausländischen Steu- ern auf die deutsche Gewerbesteuer gelöst. Da die Außensteuerrecht zeitgemäß ausgestalten ausländische Steuer nur in Höhe der deutschen Körperschaftsteuer von 15 Prozent angerechnet wer- Von zentraler Bedeutung ist eine zeitgemäße Ausgestal- den kann, kommt es bei einer Steuerbelastung im tung des Außensteuerrechts, insbesondere durch eine Ausland von mehr als 15 Prozent und weniger als Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzu- 25 Prozent zu einer Doppelbesteuerung. Bislang wird rechnungsbesteuerung. Auslandssachverhalte erfahren der die Körperschaftsteuerbelastung überschießende in zahlreichen Fällen eine höhere steuerliche Belastung Betrag aufgrund der mangelnden Anrechenbarkeit als reine Inlandssachverhalte, so dass grenzüberschrei- doppelt besteuert, sodass Steuersätze zwischen 15 und tende Tätigkeiten der Unternehmen nicht wettbe- 25 Prozent im Ausland zu einer höheren Steuerlast werbsfähig sind und mit einem unverhältnismäßigen als im Inland führen. Bürokratieaufwand einhergehen. . . Mehrfachbelastungen vermeiden: Einkünftekata- Niedrigsteuergrenze auf 15 Prozent senken log überarbeiten Das deutsche System der Hinzurechnungsbesteuerung Anstatt der im Rahmen der ATAD-Umsetzung ist in wesentlichen Teilen reformbedürftig. Der Gesetz- geplanten Ausdehnung der Mitwirkungstatbestände geber muss endlich die Niedrigbesteuerungsgrenze an auf EU/EWR-Sachverhalte muss eine Reform viel- das internationale Niveau anpassen und von aktu- mehr darauf abzielen, EU/EWR-Sachverhalte und ell 25 Prozent auf 15 Prozent senken. Weltweit liegt Drittstaatsachverhalte insoweit als unschädlich ein- diese Grenze überwiegend unter 15 Prozent und die zustufen, als der deutsche Fiskus über angemessene nominale Körperschaftsteuerbelastung überwiegend Verrechnungspreise seinen fairen Anteil erhält. unter 25 Prozent. Bei Dividenden sollte das Aktivitätskonzept bei- behalten und zudem auf Anteilsveräußerungs- Mit einer Absenkung der Niedrigbesteuerungsgrenze und Umwandlungsgewinne ausgeweitet wer- würde der Gesetzgeber den hohen Bürokratie- den. Eine generelle und bedingungslose Streichung aufwand für Unternehmen reduzieren, da erheb- von Zinseinkünften aus dem Aktivitätskatalog ist lich weniger Erklärungspflichten der Unternehmen ebenfalls abzulehnen. Internationale Tätigkeit von deutschen Unternehmen – Besteuerung der Auslandsgewinne über die Hinzurechnungsbesteuerung Quelle: BDI Deutsches Unternehmen Tochtergesellschaften Weltweite Gewinne im Ausland Niedrigbesteuerung 22
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