Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode

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Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
POSITION | STEUERPOLITIK | STEUERRECHT

Raus aus der Krise –
BDI-Steuermodell der Zukunft
Modernisierung der Unternehmensteuern
in der 20. Legislaturperiode
Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
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V.04.20.24
Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                                                        Inhaltsverzeichnis
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

Inhaltsverzeichnis
Raus aus der Krise – Steuermodell der Zukunft ................................................................................................ 5

1. Zeit für ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht ...................................................................................... 6

    Das deutsche Unternehmensteuerrecht ist ein erheblicher Standortnachteil ..............................................6
    Folgen der Corona-Pandemie nicht über neue Steuern finanzieren ...............................................................7
    EU-Regelungen verschärfen die Standortnachteile ..............................................................................................7
    Mit neuem Wirtschaftswachstum aus der Krise .....................................................................................................8

2. Wettbewerbsfähig: Die Steuer­belastung der Unternehmen auf 25 Prozent senken .................... 9

    Eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes erhöht die Standortattraktivität ..........................................9
    Die Steuersatzsenkung sichert Steuersubstrat und künftige Mehreinnahmen ........................................ 10
    Einbehaltene Gewinne von Personenunternehmen entlasten (§ 34a EStG) .............................................. 10
    Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen ......................................................................................................... 12
    Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags wirkt als Konjunkturimpuls .................................................... 13

3. Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren ..................................................................... 14

    Unternehmensteuern strukturell reformieren ........................................................................................................ 15
    Verlustabzug verbessern ............................................................................................................................................. 16
    Unternehmensbesteuerung zukunftsorientiert anpassen ............................................................................... 18
    Besteuerung von internationalen Sachverhalten sachgerecht ausgestalten ............................................ 22
    Standort Deutschland durch die OECD-Reform zur „Digitalsteuer“ stärken ............................................ 23

4. Einfach: Eine einheitliche Unternehmensteuer schaffen ........................................................................ 26

    Gewerbesteuer in die Ertragsbesteuerung integrieren ...................................................................................... 27
    Rechtsformneutrale Besteuerung durch Einführung eines Optionsmodells schaffen ........................... 28

Impressum ........................................................................................................................................................................... 30

                                                                                                                                                                                           3
Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
Dr. Wolfgang Haas
„Die deutsche Wirtschaft braucht wettbe-
werbsfähige steuerliche Rahmenbedingungen.
Der jahrelange Reformstillstand muss endlich
beendet werden, um die gravierenden Folgen
der Corona-Pandemie zu bewältigen. Zusatz-
belastungen für deutsche Stammhauskonzer-
ne müssen endlich beseitigt werden.”

Vorsitzender des Steuerausschusses des BDI, General Counsel und Chief
Compliance Officer, Leiter Legal, Compliance, Tax and Insurance der
BASF SE
Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                                       Raus aus der Krise – Steuermodell der Zukunft
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

Raus aus der Krise –
Steuermodell der Zukunft
Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben die
Wirtschaft in Deutschland schwer getroffen und die Verschuldung der öffentlichen Haus-
halte nach oben getrieben.

Zukunftsorientierte finanz- und steuerpolitische Rahmenbedingungen sind jedoch die Voraus-
setzung für einen krisenfesten Wirtschaftsstandort Deutschland, der Wohlstand und Beschäf-
tigung nachhaltig sicherstellt. Deswegen muss die hohe Verschuldungsquote durch mehr Wirt-
schaftswachstum zurückgeführt werden. Dies lässt sich mit einer Stärkung der Unternehmen
und attraktiven Investitionsbedingungen erreichen.1

Das deutsche Unternehmensteuerrecht genügt diesem Anspruch nicht. Vielmehr erweist es
sich nach 12 Jahren des Reformstillstands als erheblicher Standortnachteil.2 Die Corona-Pan-
demie verstärkt diesen Befund. Deswegen braucht Deutschland

.    eine international wettbewerbsfähige und effektive Steuerbelastung der Unternehmen von
     maximal 25 Prozent,

.    ein nachhaltiges Steuersystem, das Zukunftsinvestitionen, Innovationen und Wachstum in
     Deutschland begünstigt sowie

.    eine einheitliche Unternehmensteuer, welche die Gewerbesteuer integriert und eine stabile
     sowie konjunkturunabhängige Finanzierung der Kommunen sichert.

    1. Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf 25 Prozent senken

    2. Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren

    3. Einfach: Eine einheitliche Unternehmensteuer schaffen

„Es ist Zeit für ein ‚Steuermodell der
Zukunft’, um die Unternehmen nach
der Krise zu stärken.“

Dr. Monika Wünnemann
Abteilungsleiterin Steuern und Finanzpolitik, BDI

1
    vgl. Feld, ifo Schnelldienst 8/2020 73. Jahrgang 12. August 2020, S.3.
2
    Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) (2019), Zur US‑Steuerreform 2018: Steuerpoli-
    tische Folgerungen für Deutschland, Monatsbericht des BMF März, Stellungnahme des unabhängigen Wissenschaftli-
    chen Beirats beim BMF, Berlin, 33–39.

                                                                                                                             5
Raus aus der Krise - BDI-Steuermodell der Zukunft - Modernisierung der Unternehmensteuern in der 20. Legislaturperiode
01
                                                Zeit für ein krisenfestes
                                                Unternehmensteuerrecht
                                                Ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht ist
                                                entscheidend für starke Unternehmen, neues
                                                Wachstum und solide öffentliche Haushalte.

    Steuerentlastung
    Wettbewerbsfähigkeit
    Haushaltskonsolidierung

    Das deutsche Unternehmensteuerrecht                                           Einkommensteuer oder den übrigen Unternehmen-
    ist ein erheblicher Standortnachteil                                          steuern sowie neue Steuern, bspw. eine Vermögen-
                                                                                  steuer, sind wachstumsschädlich.
    1. Die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutsch-
       land ist zu hoch.3 Bei der Höhe der Steuerbelastung                    2. Die Struktur des deutschen Unternehmensteuer-
       der Unternehmen liegt Deutschland im internationa-                        rechts ist veraltet. Nach jahrelangem Reformstillstand
       len Vergleich mittlerweile an der Spitze: Die steuer-                     bestehen zahlreiche Hürden, die Investitionsentschei-
       liche Gesamtbelastung liegt hier bei über 30 Prozent                      dungen zugunsten des Standorts Deutschland und
       (Durchschnitt 31,3 Prozent4) und in Ballungsgebie-                        betriebswirtschaftlich gebotene Umstrukturierungen
       ten bei typischerweise höheren Gewerbesteuerhebe-                         verhindern. Um das Stammhaus der Unternehmen
       sätzen sogar noch höher. In den OECD-Ländern liegt                        in Deutschland nach der Krise zu stärken, ist eine
       der Durchschnitt hingegen im Jahr 2020 bei ledig-                         gezielte Standortpolitik mit einem krisenfesten, moder-
       lich 23,5 Prozent. Die hohe Steuerbelastung wirft                         nen Unternehmensteuerrecht notwendig. Hierfür muss
       Deutschland im internationalen Standortwettbewerb                         die Bundesregierung neben den beschlossenen Sofort-
       zurück und gefährdet Investitionen und Beschäfti-                         maßnahmen und Hilfspaketen für gezielte Investitions-
       gung. Diskussionen über Steuererhöhungen bei der                          anreize sorgen. Diese stärken Investitionen und Inno-
                                                                                 vationen der deutschen Wirtschaft5. Zudem müssen
    3                                                                            faire Wettbewerbsbedingungen zwischen privaten und
        Wissenschaftlicher Beirat beim BMF (2019), Zur US‑Steuerreform
        2018: Steuerpolitische Folgerungen für Deutschland, Monatsbericht        staatlichen Unternehmen (z. B. kommunalen Versor-
        des BMF März, Stellungnahme des unabhängigen Wissenschaftli-             gungsunternehmen) hergestellt und steuerliche Privi-
        chen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, Berlin, 33–39.         legien für staatliches Wirtschaften reduziert werden.
    4
        OECD, Combined corporate income tax rate, für Deutschland mit
        durchschnittlichem GewSt-Hebesatz von 442 Prozent (2019, ab 50.000
                                                                              5
        Einwohner), Januar 2020 (https://stats.oecd.org/index.aspx?DataSet-       Siehe auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirt-
        Code=Table_II1.).                                                         schaftlichen Entwicklung 2019/2020, Rz. 222.

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Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                                        Zeit für ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

Folgen der Corona-Pandemie nicht über neue
Steuern finanzieren
Der BDI wendet sich entschieden gegen Überlegungen, die Folgen der
Corona-Pandemie durch eine Vermögensteuer zu finanzieren. Eine Ver-
mögensteuer würde die Krise massiv verschärfen: Sie entzieht den Unter-
nehmen Liquidität, konterkariert die staatlichen Unterstützungsmaß-
nahmen und setzt das Überleben von Betrieben aufs Spiel – gerade im
Mittelstand. Zudem würde eine Vermögensteuer Deutschland im Stand-
ortwettbewerb weit zurückwerfen und dazu führen, dass Investitionsent-
scheidungen zugunsten des Auslands fallen. Eine Vermögensteuer kann
außerdem zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Übermaßbesteuerung
führen6. Gegen eine Vermögensteuer spricht schließlich, dass der Staat über
finanzpolitische Alternativen verfügt: Die öffentliche Hand kann sich der-
zeit zu sehr günstigen Konditionen auf dem Kapitalmarkt finanzieren. Die
hohe gesamtstaatliche Verschuldung anlässlich der Corona-Pandemie kann
nicht über Steuererhöhungen, sondern nur über Wirtschaftswachstum in
den nächsten Jahren zurückgeführt werden.

EU-Regelungen verschärfen die Standortnachteile

Angesichts der öffentlichen Diskussion über die Steuervermeidung von
multinationalen Unternehmen ist diesen die Bereitstellung von Transpa-
renz und einer nachhaltigen Finanzberichterstattung ein hohes Anliegen.

.    Die Unternehmen erfüllen bereits sämtliche Transparenzpflichten                                 Dr.-Ing.
     aus dem OECD-Projekt gegen aggressive Steuerplanung und Steuerver-
     meidung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS), wie zum Beispiel                             Hans-Toni
     das Country-by-Country Reporting und umfangreiche Verrechnungs-
     preisdokumentationen. Dies gilt auch für die Meldepflicht für grenz-                            Junius
     überschreitende Steuergestaltungen oder die neue nachhaltige Finanz-
     berichterstattung (wie z. B. nach der Global Reporting Initiative, GRI).                        C.D. Wälzholz GmbH & Co. KG

     Damit unterstützen die Unternehmen das Ziel, die Transparenz von
     Steuerdaten grenzüberschreitender Tätigkeiten multinationaler Unter-                            „Beim familiengeführten
     nehmen für die Steuerbehörden in der EU zu verbessern.                                          Mittelstand steckt das Kapital

.    Mit der zusätzlichen Offenlegung aller Daten im Wege eines „öffent-
                                                                                                     der Eigentümer im Unter-
                                                                                                     nehmen. Eine Vermögen-
     lichen Country-by-Country Reportings“ drohen den Unternehmen                                    steuer ist Gift für Investitionen
     jedoch Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten.
                                                                                                     und sichere Arbeitsplätze am
     Zudem verletzt eine öffentliche Berichterstattung schützenswerte Inte-
                                                                                                     Standort.“
     ressen der Unternehmen. Die Unternehmen ermöglichen der Finanz-
     verwaltung bereits jetzt den unmittelbaren Datenzugriff auf sämtliche
     steuerrelevanten Unternehmensinformationen.

.    Auch die Erschließung neuer EU-Eigenmittelquellen für den EU-Haus-
     halt sollte nicht mit einer Mehrbelastung für die Unternehmen und einer
     Schwächung des Wirtschaftsstandortes Deutschland einhergehen. Neue
     EU-Eigenmittel wie eine Finanztransaktionsteuer, eine Digitalabgabe oder

6
    vgl. Kube, Verfassungsrechtliche Grenzen kumulierter Steuerlasten, 2020, S. 9f

                                                                                                                                         7
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                                  Zeit für ein krisenfestes Unternehmensteuerrecht
    Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

         ein CO2-Grenzausgleichsystem würden mit negati-                    Daher braucht die Bundesregierung gerade jetzt eine
         ven Folgen für Wachstum und Beschäftigung einher-                  finanzpolitische Strategie, die auf beschleunigtes Wirt-
         gehen und sind daher abzulehnen. Auch eine Plas-                   schaftswachstum setzt.12 Diese würde eine Konsoli-
         tikabgabe sollte aus dem Bundeshaushalt entrichtet                 dierung der öffentlichen Haushalte und eine Rück-
         und nicht als Steuer oder Abgabe überwälzt werden.                 führung der Staatsschuldenquote ermöglichen.13 Für
                                                                            neues Wachstum sind höhere Investitionen und Inno-
    Mit neuem Wirtschaftswachstum aus                                       vationen nötig. Dies gilt umso mehr, da bei den aktuel-
    der Krise                                                               len Bedingungen die Bundesregierung nicht mehr von
                                                                            Wachstumsraten wie bisher ausgehen kann. Die Schul-
    Die finanzpolitische Ausgangslage hat sich aufgrund der                 denbremse und die Haushaltskonsolidierung bleiben
    Corona-Pandemie in Deutschland innerhalb kürzester                      weiter wichtig. Die Bundesregierung muss deswegen
    Zeit stark verändert.7 Die gesamtstaatliche Verschuldung                mit wettbewerbsfähigen steuerlichen Rahmenbedingun-
    lag zu Beginn des Jahres 2020 bei rund 60 Prozent des                   gen die Wiederaufnahme der unternehmerischen Tätig-
    Bruttoinlandsprodukts (BIP)8 und stieg im Jahresver-                    keit in Deutschland flankieren. Steuererhöhungen sind
    lauf auf 75 Prozent des BIP an.9 Die niedrige Verschul-                 wachstumsfeindlich und der falsche Weg.
    dungsquote vor der Corona-Pandemie war jedoch nicht
    nur das Ergebnis einer „soliden Haushaltspolitik“ der
    Bundesregierung.10 Vielmehr ermöglichte ein positiver
    Trend aus BIP-Wachstum und dauerhaften Niedrigzin-
    sen einen über Jahre ausgeglichenen Bundeshaushalt.
    An der „Schwarzen Null“ konnte zulasten notwendiger
    öffentlicher Investitionen festgehalten werden.11

    7
         BMF, Pressemitteilung vom 23. März 2020.
    8
         BMF-Monatsbericht April 2020, S. 28.
    9
         vgl. Feld, ifo-Schnelldienst 08/2020, S. 3.
    10                                                                      12
         ebd. S. 19.                                                             ebd. S. 9.
    11                                                                      13
         vgl. Beznoska, ebd. S. 9.                                               vgl. Feld, ifo-schnelldienst 8/2020, S. 3 ff.

    Mit Wachstum aus der Krise
    Quelle: IW Deutschland in Zahlen 2020, BMF-Finanzbericht 2020; einschl. Sondervermögen und Extrahaushalte; ohne die in 2000 anteilig erfolgte
    Schuldentilgung aus den UMTS-Erlösen, für 2020 vgl. Feld, ifo-Schnelldienst 08/2020, S. 3.

    Gesamtstaatliche Verschuldung, in % des BIP
                                                                              Rückgang Staatsverschuldung vor Corona
        90                                                                     durch BIP-Wachstum und Niedrigzinsen

        80

        70
              „Maastricht-Grenze“
        60

        50

        40

        30

        20

        10

         0
                  1991               1995              2000      2005              2010               2015               2018       2020

8
Wettbewerbsfähig: Die Steuer­
belastung der Unternehmen
auf 25 Prozent senken
Eine wettbewerbsfähige Steuerbelastung erhöht
die Standortattraktivität und sichert Steuerein-
                                                                                           02
nahmen und Beschäftigung in Deutschland.

Eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes erhöht
die Standortattraktivität
Für zukünftige Investitionsentscheidungen sind Steuersätze von enormer
Bedeutung. Deshalb ist eine Senkung der effektiven und nominalen Steuer-
belastung angezeigt, um den Standort Deutschland nachhaltig attraktiv für
Investitionen zu halten.

Bei der Belastung mit Ertragsteuern steht Deutschland im Jahr 2020 mittlerweile
an der Spitze. Der Vergleich mit dem Ausland zeigt den Handlungsbedarf,
damit Deutschland nach der Krise wettbewerbsfähig bleibt.

Nominale Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften (2020)
Quelle: OECD.Stat, Statutory corporate income tax rate                             Prof. Dr.
35 %                                                                               Christian
30 %
             31,3 %
                                                                                   Dorenkamp
                                                                                   Leiter der Konzernsteuerabteilung der
                                                                                   Deutsche Telekom AG

25 %                                                     23,5 %

                                                                                   „Wir benötigen dringend ein
20 %
                                                                                   deutliches Signal bei den
                                                                                   Steuersätzen, wie immer dies
15 %                                                                               auch technisch umgesetzt
                                                                                   wird – nur so kann Deutsch-
                                                                                   land im zwischenstaatlichen
10 %
                                                                                   Wettbewerb um Investitionen
                                                                                   und attraktive Arbeitsplätze
 5%                                                                                mit anderen Industriestaaten
                                                                                   mithalten, denn nirgendwo
                                                                                   anders ist die Unternehmen-
 0%
                                                                                   steuerbelastung so hoch.“
       er h
        hl *

         Ja *
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                                                                      Un d
                                                                             rn
                                                                            UK
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*Mit durchschnittlichem GewSt-Hebesatz von 442 % (2019, ab 50.000 Einwohner).
** Mit Berücksichtigung der geplanten Steuersatzsenkung im Jahr 2021 auf 27,5 %.

                                                                                                                           9
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                        Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf
     Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft             25 Prozent senken

     Deutschland kann es sich nach der Krise nicht mehr            Einbehaltene Gewinne von Personen-
     leisten, die Unternehmen deutlich höher als im inter-         unternehmen entlasten (§ 34a EStG)
     nationalen Umfeld zu besteuern. Eine wettbewerbsfä-
     hige Steuerbelastung der Unternehmen ist ein wichti-          Gewinne von Personengesellschaften unterliegen der-
     ges Signal für den Standort Deutschland.                      zeit einer nominalen Ertragsteuerbelastung von bis zu
                                                                   48 Prozent. Werden Gewinne jedoch im Unterneh-
     Der Körperschaftsteuersatz sollte hierzu (ggf. schritt-       men für künftige Investitionen einbehalten, so können
     weise) um fünf Prozentpunkte auf 10 Prozent her-              diese mit einem niedrigeren Steuersatz (28,25 Prozent)
     abgesetzt werden. Damit wird eine international               begünstigt besteuert werden (sog. Thesaurierungsbe-
     vergleichbare Steuerbelastung von Kapitalgesell-              günstigung gem. § 34a EStG).
     schaften in Deutschland geschaffen, die eine hohe
     Signalwirkung entfaltet.                                      Die begünstigte Besteuerung von Gewinnen, die
                                                                   nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet, sondern
     Die Steuersatzsenkung sichert Steuer-                         im Unternehmen bleiben, ist ökonomisch sinnvoll
     substrat und künftige Mehreinnahmen                           und notwendig:

     Zuletzt wurde der Körperschaftsteuersatz im Rahmen            .   Es entsteht ein Liquiditätsvorteil, da dem Unterneh-
     der Unternehmensteuerreform 2008 von damals 25 auf                men durch den Verzicht auf die private Verwendung
     die derzeit geltenden 15 Prozent gesenkt. Gleichzeitig            von Gewinnen erwirtschaftetes Kapital für Investi-
     wurde die Bemessungsgrundlage für die Körperschaft-               tionen in die Zukunft zur Verfügung steht.
     steuer verbreitert. Infolge der mit der Senkung verbun-
     denen positiven konjunkturellen Entwicklung kam es            .   Die Eigenkapitalbasis des Unternehmens wird nach-
     sodann nicht zu Minder- sondern vielmehr zu Mehr-                 haltig gestärkt und Investitionen sind möglich, ohne
     einnahmen aus der Körperschaftsteuer.                             dass Fremdkapital in Anspruch genommen werden
                                                                       muss.

     Körperschaftsteueraufkommen Bundesgebiet in Mrd. Euro
     Quelle: Bundesministerium der Finanzen

              KSt-Satzsenkung
      40      von 25 % auf 15 %
      35

      30

      25

      20

      15

      10

        5

        0
            2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020* 2021* 2022* 2023* 2024*

     * Ab 2020 Schätzung des Arbeitskreises "Steuerschätzungen".

10
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                            Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft                 25 Prozent senken

Höhe der Thesaurierungsbelastung anpassen

Das Ziel der Thesaurierungsbegünstigung, einbehaltene Gewinne der Höhe
nach wie bei Kapitalgesellschaften zu besteuern, wird tatsächlich nicht
erreicht: So liegt die tatsächliche Steuerbelastung einbehaltener Gewinne
effektiv bei rund 36 Prozent, statt bei den beabsichtigten 28,25 Prozent.

Überblick: Thesaurierungsbegünstigung – Belastungsvergleich
zwischen Theorie und Praxis
Quelle: BDI.

 Thesaurierungssatz nach § 34a EStG                    Theorie*         Praxis**

 Gewinn                                                 100,00 €       100,00 €

   davon begünstigungsfähig                             100,00 €        62,36 €

 Gewerbesteuer (442 %)                                  -15,47 €        -15,47 €       Mathias
 Gewerbliche Einkünfte

 Einkommensteuer
                                                        100,00 €       100,00 €
                                                                                       Gerner
 (28,25 % begünstigungsfähiger Gewinn/                                                 Leiter Steuern der Dr. August Oetker KG
 45 % Entnahme)                                         -28,25 €        -33,89 €

 Gewerbesteueranrechnung (4)                            14,00 €         14,00 €

 Einkommensteuer nach Anrechnung                        -14,95 €        -19,89 €       „Die Personenunternehmen
 Solidaritätszuschlag (5,5 %)                           -0,78 €         -1,09 €
                                                                                       brauchen jetzt eine Entlastung
                                                                                       ihrer einbehaltenen Gewinne,
 Gesamtsteuerbelastung                                  -30,50 €        -36,46 €
                                                                                       damit sie am Standort
* Theoretische minimale Thesaurierungsbelastung, wenn 100 Prozent des                  Deutschland weiter investieren
   Gewinns thesauriert werden könnten.                                                 können.“
** Thesaurierungsbelastung, wenn der Gesellschafter seine Ertragsteuern aus dem
   Gewinn entnehmen muss und einem Grenzsteuersatz von 45 Prozent unterliegt.

Der Thesaurierungssatz muss daher von derzeit 28,25 auf unter 22 Prozent
abgesenkt werden, damit die Personenunternehmen eine wettbewerbs-
fähige Steuerbelastung ihrer einbehaltenen Gewinne erhalten. Daneben
sollte die Steuerbelastung durch eine Berücksichtigung von Entnahmen
für Gewerbe- und Einkommensteuer auf den nicht entnommenen Gewinn
gesenkt werden. Diese Anpassung würde die aufgrund der hohen Steuer-
belastung derzeit komplett am Mittelstand vorbeilaufende Regelung wie-
der attraktiv machen.

Regelung mittelstandstauglich ausgestalten

Zudem wird die Thesaurierungsbegünstigung in der Praxis bisher kaum
in Anspruch genommen, da sie in ihrer Ausgestaltung und praktischen
Anwendung viel zu komplex ist. Diese Hürden konterkarieren das vom
Gesetzgeber intendierte Ziel in erheblichem Maße. Gerade die gegenwär-
tige Corona-Krise hat gezeigt, dass die Sicherstellung und Beibehaltung
von Liquidität für die Unternehmen an oberster Stelle stehen. Eine pra-
xistaugliche gesetzliche Nachbesserung der Regelung ist notwendig, um
deren Inanspruchnahme zu stärken:
                                                                                                                                 11
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                                  Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf
     Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft                       25 Prozent senken

                                                    .    Die gesetzlich bedingte Verwendungsreihenfolge (§ 34a Abs. 4 S. 1
                                                         EStG) führt faktisch zu einem Entnahmezwang vor erstmaliger Inan-
                                                         spruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung. In der Praxis werden
                                                         dadurch oftmals Altrücklagen vor erstmaliger Bildung der Thesaurie-
                                                         rungsrücklage aus dem Betrieb entnommen, was das Ziel der Eigenka-
                                                         pitalstärkung konterkariert. Zur Abmilderung dieses Problems könnte
                                                         bspw. ein Entnahmevolumen festgelegt werden, bis zu welchem lau-
                                                         fende Entnahmen aus Altrücklagen auch während der Anwendung der
                                                         Thesaurierungsbegünstigung möglich sind.

                                                    .    Probleme entstehen auch bei ­Umstrukturierungen: Wenn wirtschaft-
                                                         lich notwendige und sinnvolle Umstrukturierungen vorgenommen wer-
                                                         den sollen, werden diese in vielen Fällen durch die Regelung des § 34a
                                                         Abs. 6 S.1 Nr. 2 EStG behindert. In Fällen der Einbringung eines Betriebs
                                                         oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft bzw. beim Form-

     Petra
                                                         wechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft muss zwingend die
                                                         Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags erfolgen.

     Klingenstein
                                                         Die auf den nicht entnommenen Gewinn bezogene Nachsteuer führt
                                                         dazu, dass sich mit zunehmender Dauer einer in Anspruch genomme-
                                                         nen Thesaurierungsbegünstigung das Hemmnis einer Umstrukturierung
     Vorsitzende des Steuerausschusses des
     VDMA, Country Tax Manager Germany,                  verstärkt. In diesen Fällen sollte demnach auf eine Nachversteuerung
     Europe Lead Tax                                     verzichtet werden.
     ABB Power Grids Germany AG

                                                    Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen

     „Wir Unternehmen                               Der Solidaritätszuschlag muss vollständig abgeschafft werden. Die gebotene
     stehen angesichts des                          Abschaffung entlastet nicht nur einkommensteuerpflichtige Personen, son-
                                                    dern insbesondere auch Unternehmen. Die steuerliche Entlastung sichert den
     tiefgreifenden Struktur-                       Unternehmen neue Investitionsspielräume und ihre Wettbewerbsfähigkeit.
     wandels, zumal
     verschärft durch die                           Ohnehin verstößt eine dauerhafte Erhebung und Umwidmung des Soli-
                                                    daritätszuschlags aufgrund seiner Ausgestaltung als Ergänzungsabgabe
     Corona-Pandemie, vor                           gegen die Grundsätze der Finanzverfassung nach Art. 105ff GG. Zudem
     gewaltigen Heraus-                             erscheint ein genereller Ausschluss von Kapitalgesellschaften gleich-
     forderungen. Das Steuer-                       heitswidrig und damit ebenfalls nicht verfassungsgemäß.

     recht muss dauerhaft                           Zwar hat der Bundestag eine Reform des Solidaritätszuschlags beschlossen,
     einen wirkungs-                                allerdings führt diese nicht zu einer Abschaffung der Ergänzungsabgabe,
     vollen Beitrag zu deren                        denn der Bund will nur auf rund die Hälfte des Aufkommens ab dem Jahr
                                                    2021 verzichten. Die Rückführung des Solidaritätszuschlags ab 2021 sorgt
     Bewältigung liefern.“                          allerdings nicht dafür, dass nur noch wenige Reiche die Ergänzungsabgabe
                                                    zahlen müssen. Vielmehr werden rund sechs Millionen Personen, darunter
                                                    Rentner und Unternehmer, den Zuschlag weiterhin auf die Einkommen-
                                                    steuer entrichten. Hinzu kommen mehr als 500.000 Kapitalgesellschaften.14

                                                    14
                                                         IW Köln, Die Reform des Solidaritätszuschlags vor dem Hintergrund der Corona-Krise, Sep-
                                                         tember 2020.

12
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                               Wettbewerbsfähig: Die Steuerbelastung der Unternehmen auf
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft                    25 Prozent senken

Dynamische Aufkommensbetrachtung einer Soli-Abschaffung
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft; Oxford Economics

Angaben in Milliarden Euro             Mindereinnahmen durch Soli-Abschaffung                  Refinanziert durch zusätzliches Wachstum

 14

 12

 10

            1,9          2,5          2,3           2,7       3,1         3,6           3,9          4,4        4,8        5,3
  8

  6

  4
            7,9          6,8          7,6           7,9       7,8         7,6           7,6          7,5        7,4        7,3

  2

  0
           2021         2022         2023         2024        2025        2026          2027        2028       2029       2030

Die Abschaffung des Solidaritätszu-                                  Impuls zur Überwindung der Corona-Krise nutzen. Der
schlags wirkt als Konjunkturimpuls                                   Effekt auf die Steuereinnahmen wäre dabei geringer, als
                                                                     eine statische Betrachtung nahelegt, da die zusätzliche
Seit 1995 hat der Bund mit dem Solidaritätszuschlag                  wirtschaftliche Dynamik einen Teil des Aufkommens-
rund 110 Milliarden Euro mehr eingenommen, als er                    verlusts kompensieren kann.15
für die Förderung der ostdeutschen Bundesländer im
Rahmen des Solidarpakts ausgegeben hat. Mittlerweile                 Vor diesem Hintergrund ist die vollständige Abschaf-
fließen die Einnahmen vollständig zur freien Verfügung               fung des Solidaritätszuschlags, verbunden mit einem
in den Bundeshaushalt.                                               klaren Enddatum in der kommenden Legislatur-
                                                                     periode, angezeigt. Dies wäre ein wichtiges Signal
Die Politik sollte die überfällige vollständige Abschaf-             für die Wirtschaft und würde die grundgesetzlichen
fung des Solidaritätszuschlags als wirtschaftlichen                  Vorgaben berücksichtigen.

                                                                     15
                                                                          ebd. S. 11.

                                                                                                                                          13
Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht
     modernisieren
     Eine strukturelle Modernisierung der Unternehmensteuern ist für
     einen innovativen Wirtschaftsstandort unverzichtbar.

     Zukunftsinvestitionen
     Verlustverrechnung
     Stammhausfunktionen

14

                              03
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                                  Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

Unternehmensteuern strukturell reformieren

Forschungszulage weiterentwickeln

Wir kommen nur mit „Wumms“ aus der Krise, wenn die Politik auch bereit
ist, entsprechend ambitioniert in Forschung und Entwicklung (FuE) zu
investieren. Eine aktuelle Beobachtung verdeutlicht dies: Bei der Entwicklung
eines Impfstoffes gegen COVID-19 waren lediglich zwei deutsche Biotech-
Unternehmen aussichtsreich im Rennen. Ohne dieses jeweilige Investment
i. H. v. mehreren hundert Millionen Euro wären diese Unternehmen in
der FuE für einen Impfstoff nicht international wettbewerbsfähig gewesen.
Deswegen sollte – auch für das Gelingen der Energiewende und das Voran-
treiben des Klimaschutzes – statt neuer Investitionsprogramme besser die
Forschungszulage weiterentwickelt werden.

                                                                                                            Prof. Dr.
Langfristig muss mehr Innovation am Standort Deutschland entstehen. Dafür
muss u. a. die bestehende Eingrenzung über "Verbundene Unternehmen"

                                                                                                           Christian
gem. § 3 Forschungszulagengesetz angepasst sowie die Bemessungsgrund-
lage auf alle FuE-Kosten ausgeweitet und der Fördersatz auf ein international

                                                                                                             Kaeser
übliches Niveau von 31 Prozent aller FuE-Investitionen16 angehoben werden.

Wagniskapitalbedingungen verbessern
                                                                                                    Global Head of Tax bei SIEMENS AG
Deutschland braucht endlich steuerliche Rahmenbedingungen, die das
Gründen und das Wachstum der nächsten Industriegeneration am Stand-
ort Deutschland attraktiv und aussichtsreich machen. Deutschland muss                              „Der Unternehmens-
als Investitionsstandort für privates Wagniskapital attraktiver werden. Für                       standort Deutschland
eine effektive Finanzierung sind steuerliche, rechtliche und regulatorische
Hürden abzubauen. Innovationen entstehen aus Forschungs- und Ent-                                     muss wettbewerbs-
wicklungs-Aktivitäten. Diese Aktivitäten werden aus dem Cashflow oder                              fähig sein – während
durch risikotragendes Eigenkapital finanziert. Es bedarf staatlicher Flan-                        und gerade auch nach
kierung, um private Investitionen in Chancenkapital attraktiver werden zu
lassen. So könnte mit geeigneten Maßnahmen privates Geldvermögen zu                               der Corona-Pandemie.
Chancenkapital werden.                                                                               Wir brauchen daher
                                                                                                mindestens die gleichen
Investitionsanreize für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgü-
ter setzen
                                                                                                  steuerlichen Rahmen-
                                                                                                bedingungen wie andere
Zur Stabilisierung der Wirtschaft und zur Stärkung des Wirtschaftsstand-                         Industriestaaten: nied-
ortes Deutschland nach der Corona-Krise sind vor allem starke Investitions-
anreize notwendig. Die Förderung von Investitionen in digitale Wirt-                                rigere Unternehmen-
schaftsgüter und eine Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung                            steuern und geringeren
(Forschungszulage) sind dafür wesentliche Bausteine. Sonderabschreibungen                           Administrationsauf-
sollten gezielt für Investitionen in die Digitalisierung und in nachhaltige
Investitionen genutzt werden. Die degressive Abschreibungsmethode sollte                                         wand!“
dauerhaft beibehalten werden. Für eine zukunftsgerichtete Innovations-
finanzierung sollte beispielsweise die Besteuerung auf Kursgewinne bei
einer längeren Haltedauer abgeschafft werden. Verbesserte Anreize zur

16
     vgl. Universität Mannheim, Steuerliche Innovationsförderung in der EU, OECD- und BRICS-
     Staaten, 2016.
                                                                                                                                        15
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                      Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
     Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

     energetischen Gebäudesanierung und ein erhöhter                 Verlustrücktrag nur in das unmittelbar vorangegangene
     linearer Abschreibungssatz für Immobilien tragen dazu           Veranlagungsjahr vorsieht, können Vorjahresgewinne
     bei, den tendenziell steigenden Anforderungen bei der           – beispielsweise aus dem Jahr 2018 – nicht zur wirt-
     Energieeffizienz gerecht zu werden.                             schaftlichen Bewältigung der gegenwärtigen Krisen-
                                                                     situation genutzt werden. Diese zeitliche Begrenzung
     Gleichzeitig müssen Investitionen im Bereich der                sollte aufgehoben und ein Verlustrücktrag wenigs-
     erneuerbaren Energien angeregt werden, indem steuer-            tens in zwei weitere Vorjahre ermöglicht werden.
     liche Hemmnisse beseitigt werden. Dies betrifft bspw.
     gewerbesteuerliche Hemmnisse zur Erzeugung elektri-         .   Ausweitung des Verlustvortrags: Auch der sog. Ver-
     schen Stroms aus regenerativen Energien und Block-              lustvortrag, d. h. die Möglichkeit, Verluste in nachfol-
     heizkraftwerken in Gebäuden sowie der Bereitstellung            gende Veranlagungszeiträume zu übertragen, bedarf
     von Energie und Ladeinfrastruktur an Mieter für Zwe-            einer Anpassung. Die aktuelle Regelung zum Verlust-
     cke der E-Mobilität.                                            vortrag (§ 10d Abs. 2 EStG) ist der Höhe nach begrenzt,
                                                                     sodass nicht alle Verluste mit Gewinnen künftiger Jahre
     Verlustabzug verbessern                                         verrechnet werden können (sog. Mindestbesteuerung).
                                                                     Somit entspricht die Steuerbelastung nicht der tatsäch-
     Verlustrücktrag und Verlustvortrag reformie-                    lichen wirtschaftlichen Unternehmenssituation. Dies
     ren (§ 10d EStG)                                                kann besonders nach längerfristig defizitären Zeit-
                                                                     räumen das Wiedererstarken der Wirtschaftskraft der
     Gerade mittelständische Unternehmen, die in den ver-            Unternehmen hemmen. Daher sollte die Mindestbe-
     gangenen Jahren solide gewirtschaftet haben, sehen sich         steuerung zumindest zeitweise ausgesetzt werden,
     nun in erheblichem Umfang von Umsatzeinbrüchen                  sodass eine Verlustnutzung der Corona-bedingten Ver-
     und Verlusten infolge der Corona-Pandemie betroffen.            luste in den folgenden Jahren ohne Beschränkung
                                                                     möglich ist.
     Notwendige Liquidität der Unternehmen wird vor
     allem durch eine Ausweitung der steuerlichen Verlust-       Durch eine Ausweitung des Verlustabzugs entstehen
     verrechnung geschaffen. Gerade in Krisenzeiten ver-         dem Staat lediglich Finanzierungseffekte und keine
     stärkt eine verbesserte steuerliche Verlustverrechnung      dauerhaften Steuermindereinnahmen: Die geforder-
     die Liquidität von Unternehmen.                             ten Anpassungen würden die Steuermindereinnahmen
                                                                 i. S. e. „zinslosen Darlehens” zeitlich nur vorziehen, im
     Unter Berücksichtigung der aktuellen wirtschaftlichen       Gegenzug aber einen wichtigen Beitrag für die Liqui-
     Lage wurden die sehr restriktiven Regelungen zur Ver-       ditätssicherung der Unternehmen in der Krise leisten.
     lustnutzung (§ 10d EStG) bereits angepasst. Es zeichnet     Die Mindereinnahmen fließen in den Folgejahren wie-
     sich jedoch ab, dass gerade auch mittelständische Unter-    der in die Staatskasse zurück.
     nehmen erhebliche Verluste mindestens im zweistelligen
     Millionenbereich erleiden werden. Die Begrenzung des        Verlustabzug bei Körperschaften anpassen
     Verlustabzugs auf 5 Millionen Euro (10 Millionen Euro       (§§ 8c, 8d KStG)
     bei Zusammenveranlagung) spiegelt die wirtschaftliche
     Realität nicht wider. Notwendig sind daher folgende         Viele Unternehmen sind krisenbedingt auf die Hilfe von
     strukturelle Verbesserungen des Verlustabzugs:              Investoren angewiesen. Hierdurch kann es verstärkt zu

     .   Ausweitung des Verlustrücktrags der Höhe nach: Die
                                                                 sog. schädlichen Beteiligungserwerben kommen, bei
                                                                 welchem in einem Unternehmen bestehende Verluste
         betragsmäßige Ausweitung des Verlustrücktrags (§ 10d    dauerhaft untergehen, sofern mehr als 50 Prozent der
         Abs. 1 EStG) sollte dazu beitragen, die krisenbeding-   Anteile übertragen werden (§ 8c Abs. 1 KStG). Der
         ten Verluste steuerlich wirksam zeitnah und in voller   Erhalt des Verlustvortrags für die Unternehmen ist
         Höhe anzuerkennen. Nur mit einer deutlichen Anhe-       jedoch von hoher Bedeutung. Anderenfalls entzieht die
         bung der Höchstgrenze kann dies erreicht werden.        aus dem Wegfall der Verlustnutzungsmöglichkeit ent-

     .   Zeitliche Ausweitung des Verlustrücktrags: Durch
                                                                 stehende Steuerzahlung dem Unternehmen dringend
                                                                 benötigte Liquidität. Beabsichtigte Sanierungsmaßnah-
         die bestehende zeitliche Beschränkung, die einen        men werden so konterkariert.

16
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                      Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

Auch die Vorschrift des § 8d KStG ist nicht krisengerecht ausgestaltet.
Die Zielrichtung des § 8d KStG, Körperschaften die Möglichkeit zu eröff-
nen, nicht genutzte Verluste trotz eines schädlichen Beteiligungserwerbs
i. S. d. § 8c KStG unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin nutzen
zu können, ist absolut zu begrüßen. Dennoch wird die Norm bislang auf-
grund ihrer eher restriktiven Ausgestaltung nur von wenigen betroffenen
Unternehmen tatsächlich genutzt.

Daher sollte für inländische Beteiligungen der schädliche Beteiligungs-
erwerb und der damit einhergehende Untergang des Verlustvortrags
zunächst für zwei Jahre ausgesetzt werden (§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG). Gene-
rell sollte die Rechtsfolge des Verlustuntergangs wieder an Tatbestands-
merkmale anknüpfen, die die „echten“ Missbrauchsfälle des Mantelkaufs
oder des tatsächlichen Auseinanderfallens der Identität von verlusttragen-
der und verlustnutzender Körperschaft zutreffend abbilden. Dabei kann

                                                                                             Dr. Ulrike
auf bestehende und bewährte Elemente aus den bisherigen Regelungen
zum Verlustuntergang zurückgegriffen werden.

Stammhausfunktionen der Unternehmen stärken                                                  Schramm
                                                                                          Leiterin Steuern bei Continental AG
Umstrukturierungen erleichtern

Neben der Körperschaftsteuersatzsenkung muss der Gesetzgeber bestehende
Regelungen des Unternehmensteuerrechts modernisieren, um Umstruktu-                  „Arbeitsplätze in den
rierungen zu erleichtern und wesentliche Funktionen deutscher Stammhaus-         Unternehmen in Deutsch-
unternehmen im Inland zu stärken. Das deutsche Steuerrecht enthält eine
Vielzahl von Regelungen, die in überschießender Weise Missbräuche zu                  land zu halten – das
bekämpfen suchen. Diese Regelungen bewirken vor allem Rechtsunsicher-              muss das Ziel nach der
heit und behindern betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen.            Corona-Pandemie sein.
Im Unternehmensteuerrecht soll eine jeweils korrespondierende Besteue-            Hierzu sind Investitions-
rung einer verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage beim                 anreize und ein wirt-
Gesellschafter und der Gesellschaft (§§ 8 Abs. 3 S. 4 ff., 8b Abs. 1 S. 2 ff.           schaftsfreundliches
KStG) sichergestellt werden. Ziel dieses Korrespondenzprinzips ist die Ver-
meidung „weißer Einkünfte” und von Doppelbesteuerung. Insbesondere                Unternehmensteuerrecht
bei grenzüberschreitenden Sachverhalten entsteht jedoch häufig eine Dop-                       notwendig.“
pelbesteuerung, wenn Vermögensübertragungen zwischen ausländischen
Tochtergesellschaften eines deutschen Konzerns bei der deutschen Mutter-
gesellschaft besteuert werden. Diese Regelung sollte daher für grenzüber-
schreitende Sachverhalte rechtssicher ausgestaltet werden.

Zur Stärkung des deutschen Stammhauses der Unternehmen sollten steuer-
neutrale Umstrukturierungen im Ausland nicht durch eine zusätzliche
Besteuerung in Deutschland behindert werden.

                                                                                                                                17
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                          Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
     Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

     Unternehmensfinanzierung verbessern                             Deutschland besteht erheblicher Handlungsbedarf. Von
                                                                     einer Digitalisierung, die den gesamten Prozess von der
     Einer gesetzlichen Klarstellung bedarf auch die feh-            Steuererklärung bis zum Steuerbescheid umfasst, ist die
     lende symmetrische Besteuerung von Währungskurs-                deutsche Finanzverwaltung zu weit entfernt. Zwar kom-
     verlusten und -gewinnen bei konzerninternen Finan-              men auch in Deutschland seit mehreren Jahren die Elek-
     zierungen (§ 8b Abs. 3 S. 4 KStG). Es ist systemwidrig          tronische Steuererklärung, die Elektronischen Lohn-
     und standortschädlich, dass für Wechselkursverluste ein         steuerabzugsmerkmale (ELStAM) und die E-Bilanz zur
     steuerliches Abzugsverbot besteht, aber Wechselkurs-            Anwendung. Andere Länder sind aber deutlich weiter.
     gewinne voll versteuert werden müssen.
                                                                     Beispiel Österreich: So wickelt z. B. Österreich mit
     Sofern keine Anpassung der Regelung erfolgt, könn-              dem E-Government-Portal FinanzOnline das gesamte
     ten wirtschaftlich sinnvolle Finanzierungsaktivitä-             Besteuerungsverfahren digital ab (u. a. Erstellung und
     ten zukünftig nicht mehr vom Standort Deutschland               Übermittlung von Steuererklärungen, Zustellung von
     aus erfolgen. Damit wären auch künftige Zinserträge             Steuerbescheiden, USt-IdNr.-Abfragen, Steuerkontenab-
     dem Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Gerade               fragen, Stammdatenpflege). Die Bundesregierung muss
     in der gegenwärtigen Situation sollte jedoch ein klares         sich daran messen lassen und die deutsche Steuerver-
     Bekenntnis für die Unternehmen am Wirtschaftsstand-             waltung konsequent digitalisieren. Dazu muss auch der
     ort Deutschland erfolgen und Rechtssicherheit durch             Gesetzgeber bereits am Anfang eines Gesetzgebungs-
     eine steuerliche Anerkennung von Währungskurs-                  prozesses die Digitalisierbarkeit neuer Regelungen
     verlusten geschaffen werden.                                    berücksichtigen und sicherstellen.

     Unternehmensbesteuerung                                         Dies gilt umso mehr, da die Unternehmen mit zuneh-
     zukunftsorientiert anpassen                                     menden Anforderungen an die Tax Compliance belas-
                                                                     tet sind, die in der Regel nur mithilfe von digitalen
     Besteuerungsverfahren digitalisieren                            Prozessen und IT-Tools erfüllt werden können. Die
                                                                     Umsetzung der Mitteilungspflicht von grenzüberschrei-
     Die Digitalisierung des Steuerrechts ist eine der drin-         tenden Steuergestaltungen (DAC 6) ist dafür ein aktu-
     gend anstehenden steuerpolitischen Aufgaben. In                 elles Beispiel aus der betrieblichen Praxis.

     Digitalisierung im Steuerrecht
     Quelle: BDI
     Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens: Nachholbedarf in Deutschland – aber positive Ansätze
     Konsens aller Beteiligten herstellen                 Bestehende                           Besteuerungverfahren
                                                          digitale Prozesse                    digitalisieren
                                                          weiterentwickeln

                      Finanzverwaltung                    Elektronische                        Steuererklärungen
                                                          Steuererklärung (ELSTER)             Steuerbescheide
                                                          Elektronische                        Anträge
                                                          Lohnsteuerkarte (ELStAM)
                                                                                               Steuerkontoabfrage
                                                          E-Bilanz
                                                                                               Stammdatenpflege
                                                          Digitaler
                                                          Steuerbescheid (DIVA)                USt-IdNr.-Abfragen
                           Digitale
                          Prozesse
                                                          ...                                  ...

              Unternehmen             Politik

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Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                        Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

Beispiele für eine notwendige Digitalisierung:                .   Betriebsprüfung: Eine große Anzahl von Unterneh-

.   Veranlagungsverfahren: Steuerpflichtige und Finanz-
                                                                  men setzt Tax Compliance Management Systeme
                                                                  (Tax CMS) ein, um steuerliche Risiken zu identifi-
    verwaltung müssen in einem digitalen Prozess – mög-           zieren, Regelverstöße zu vermeiden und die steuerli-
    lichst ohne Medienbrüche – miteinander kommuni-               che Compliance kontinuierlich sicherzustellen. Diese
    zieren können. Bestehende digitale „Einbahnstraßen“           Leistungen der Unternehmen sollten genutzt werden,
    müssen konsequent beseitigt werden. Konkret heißt das         um Betriebsprüfungen zu beschleunigen und effizient
    beispielsweise, dass auf die elektronische Steuererklä-       durchzuführen. Wenn im Unternehmen nachweislich
    rung ein digitaler Steuerbescheid folgen muss, dessen         auf freiwilliger Basis ein wirksames Tax CMS imple-
    rechtliche Grundlagen bereits 2017 geschaffen wur-            mentiert ist, sollte dies die Anzahl der prüfungsrele-
    den (§ 122a Abs. 1 AO). Dabei sollte auch ein automa-         vanten Einheiten und Themen im Hinblick auf deren
    tisierter Abgleich mit den übermittelten Steuererklä-         Risikorelevanz reduzieren.
    rungsdaten möglich sein. Auch bei der E-Bilanz sollte
    eine elektronische Datenrückübermittlung erfolgen.        Es bedarf daher dringend einer stärkeren Digitalisie-

.   Lohnsteuer: Im Massenverfahren der Lohnsteuer
                                                              rung und Standardisierung von Prozessen, um Effi-
                                                              zienzgewinne und eine Prozessoptimierung auf beiden
    steckt erhebliches weiteres Digitalisierungspotenzial,    Seiten – Unternehmen und Finanzverwaltung – zu erzie-
    z. B. bei der Vereinfachung der Besteuerung von Sach-     len. Ein Ansatzpunkt für eine Vereinfachung von Prozes-
    bezügen. Die bestehenden Regelungen sind – oftmals        sen kann auch der Einsatz der Blockchain-Technologie
    auch im Zusammenspiel mit den sozialversicherungs-        sein. Blockchain-basierte Techniken ermöglichen den
    rechtlichen Vorschriften – so detailliert und kleintei-   sicheren Datenaustausch zwischen Unternehmen sowie
    lig, dass automatisierte Prozesse nicht möglich sind.     mit der Finanzverwaltung und machen den Austausch
    Ein Ausweg kann z. B. die Einführung von neuen            von Papierbescheinigungen überflüssig. Erste konkrete
    Pauschalierungsoptionen sein, da diese einfacher und      Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain-Technolo-
    damit digital abbildbar sind.                             gie befinden sich bereits in der Erprobungsphase, z. B. im

.   Umsatzsteuer: Für steuerfreie innergemeinschaftliche
                                                              Bereich der Umsatzsteuer (innergemeinschaftliche Lie-
                                                              ferung) oder des Zolls (Langzeit-Lieferantenerklärung).
    Warenlieferungen sind zahlreiche Nachweise erforder-
    lich und die Anforderungen für einen erfolgreichen        Entscheidend ist, dass technologieoffene Mindestan-
    Belegnachweis sind hochkomplex. Abhilfe muss durch        forderungen festgelegt werden, die von der Finanzver-
    einen IT-gestützten Nachweisstandard mit Notarisie-       waltung für die Datenspeicherung und den Datenaus-
    rungsfunktion geschaffen werden. Dafür ist der Ein-       tausch, aber auch für Zwecke der Vorsteuererstattung
    satz von Blockchain-Technologie notwendig.                akzeptiert werden.

                                                                                                                           19
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                     Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
     Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

     Betriebsprüfungsverfahren beschleunigen                    Unternehmensnachfolge krisengerecht
     und Rechtssicherheit stärken                               besteuern

     Mit der notwendigen Digitalisierung der Besteue-           Die Corona-Pandemie hat schwerwiegende Auswir-
     rungsverfahren muss ebenso eine Beschleunigung der         kungen auf die deutsche Wirtschaft. Branchenübergrei-
     Betriebsprüfung einhergehen. Steuerliche Betriebsprü-      fend sind Unternehmen mit zum Teil massiven Nach-
     fungen in Deutschland dauern nach wie vor zu lange. Sie    fragerückgängen, den Folgen einer eingebrochenen
     verursachen für Unternehmen und Finanzverwaltung           Produktion und einer fortwährenden ökonomischen
     unnötigen Aufwand und binden erhebliche finanzielle        Unsicherheit konfrontiert. Für familien- und gesellschaf-
     und personelle Kapazitäten. Zudem belasten langjäh-        tergeführte Unternehmen des Mittelstands, die sich im
     rige Rechtsunsicherheit und hohe Nachzahlungszin-          Prozess der Nachfolge und des Generationenübergangs
     sen die Unternehmen.                                       befinden, verschärfen erbschaftsteuerliche Regelungen
                                                                die ohnehin äußert schwierigen Rahmenbedingungen
     Schnelle, rechtssichere Betriebsprüfungsverfahren          zusätzlich. Daher muss die Erbschaft- und Schenkung-
     sind ein ganz wesentlicher Hebel, um sehr messbar          steuer dringend an die Krisensituation angepasst wer-
     Entlastungen für die Unternehmen zu erzielen. Sie sor-     den, um den Fortbestand von Unternehmen zu sichern.
     gen zum einen dafür, dass der Zinslauf verkürzt wird
     und zum anderen dafür, dass schneller Rechtssicher-        .    Lohnsummenregelung und Behaltensregelung
     heit für die Unternehmen geschaffen wird. Schnellere            anpassen
     Verfahren, die in Richtung einer Systemprüfung ähn-             Angesichts der tiefgreifenden wirtschaftlichen Fol-
     lich etwa der „begleitenden Kontrolle“ in Österreich            gen der Corona-Krise nutzen viele Unternehmen die
     oder dem „horizontal monitoring“ in den Niederlan-              Kurzarbeitergeldregelungen, um Beschäftigung zu
     den gehen, dienen der Streitvermeidung und sind daher           sichern. Der Einsatz von Kurzarbeit aber auch unver-
     prioritär anzugehen.                                            meidbarer betriebsbedingter Personalabbau führen
                                                                     dazu, dass der Lohnaufwand in den Unternehmen
     Zudem dürften grenzüberschreitende Sachverhalte                 sinkt. Im Rahmen der Erbschaft- und Schenkung-
     in ihrer Bedeutung für die Unternehmen weiter anstei-           steuer kann eine solche krisenbedingte Reduzierung
     gen. Umso wichtiger ist es daher, sowohl national als           der Lohnzahlungen zu einer Nachbesteuerung füh-
     auch in der Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden               ren, die Unternehmen zusätzlich belastet.
     anderer Länder die Verfahren zu beschleunigen und die
     Rechts- und Planungssicherheit zu erhöhen.                      Aktuell besteht bei vielen Unternehmen die Gefahr,
                                                                     dass die geltende Lohnsummenregelung als Voraus-
                                                                     setzung für eine erbschaftsteuerliche Verschonung

     Dauer der steuerlichen Betriebsprüfungen
     Quelle: BDI Unternehmensumfrage, Juni 2019

     Mehr als
     10 Jahre                        3%
     Zwischen
     5 und 10 Jahren                                     13 %
     Zwischen
     3 und 5 Jahren                                                                                          40 %
     Zwischen
     1 und 3 Jahren                                                                                    37 %
     Bis zu
     einem Jahr                            7%
     Anteil in %           0           5            10    15    20         25        30         35         40          45

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Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                          Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

    aufgrund der krisenbedingten Auswirkungen auf die Beschäftigung nicht
    eingehalten werden kann und so nachträglich eine anteilige Steuerfest-
    setzung erfolgt (§ 13a Abs. 3 i. V. m. § 13a Abs. 10 ErbStG). Dasselbe gilt im
    Falle der Insolvenz der Unternehmen, wenn die Behaltensregelung nicht
    eingehalten werden kann (§ 13a Abs. 6 i. V. m. § 13a Abs. 10 ErbStG).

    Die Regelungen müssen daher an die außergewöhnlichen Umstände
    der Corona-Pandemie angepasst werden: Bei einem nicht selbst ver-
    schuldeten Rückgang der Lohnsumme oder bei einer nicht selbst ver-
    schuldeten Insolvenz sollten – zumindest zeitlich befristet – keine nach-
    träglichen Steuerzahlungen von den Unternehmern gefordert werden.

.   Erbschaftsteuerliche Quotenregelungen anpassen
    Ebenso sollten die erbschaftsteuerlichen Quotenregelungen und die Ver-
    waltungsvermögensgrenzen krisenbedingt angepasst werden, um zu ver-

                                                                                                      Bertram
    hindern, dass die Verschonung allein aufgrund krisenbedingter Wert-
    verluste des Betriebsvermögens empfindlich reduziert oder gar ganz

                                                                                                      Kawlath
    verwehrt wird.

Realitätsgerechte Verzinsung sicherstellen
                                                                                        Geschäftsführer, Schubert & Salzer GmbH

Trotz des andauernden Niedrigzinsumfelds verharren die steuerlichen Zins-
sätze auf einem überhöhten und marktfernen Niveau. Im Ergebnis führt
dies zu einer Belastung für die Unternehmen, die weder realitätsgerecht                   „Eine Unternehmens-
noch zumutbar ist.                                                                               nachfolge fordert
Die Verzinsung von Steuernachforderungen bzw. -erstattungen in Höhe                             emotional, unter-
von 6 Prozent p. a. (§§ 233a, 238 AO) steht in einem starken Missverhält-                nehmerisch und finan-
nis zum Marktzins. Eine verschärfende Wirkung entsteht u. a. durch die                           ziell heraus. Wer
Versagung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinsen. Werden Unterneh-
men mit Steuernachforderungen konfrontiert – im Kontext von Betriebsprü-                     hier steuerlich neue
fungen oftmals erst nach mehreren Jahren – so ist die Zinsbelastung erheb-              Belastungen schafft, der
lich und übersteigt mitunter sogar die eigentliche Steuernachforderung. Vor            schadet der langfristigen,
diesem Hintergrund muss der gesetzliche Zinssatz nach §§ 233a, 238 AO
an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und entsprechend                        wirtschaftlich und sozial
abgesenkt werden. Zudem sollte die derzeitige asymmetrische Behandlung                    nachhaltigen Perspek-
von Erstattungs- und Nachforderungszinsen beseitigt werden. Zukünftig                      tive mittelständischer
sollten Erstattungszinsen wieder steuerfrei gem. § 3 EStG gestellt werden.
                                                                                        Familienunternehmen.“
Dasselbe gilt für die Abzinsung von Pensionsrückstellungen (§ 6a EStG),
die nicht mehr realitätsgerecht ist. Der steuerrechtliche Zinssatz ist mit
6 Prozent deutlich höher als der handelsrechtliche Zinssatz. In der Steuer-
bilanz werden die Pensionsrückstellungen damit deutlich zu niedrig aus-
gewiesen, wodurch „Scheingewinne“ besteuert werden. Daher muss der
Abzinsungszinssatz dringend abgesenkt werden, wobei sich die fiska-
lischen Wirkungen abmildern lassen, indem z. B. der aus der Erhöhung
der steuerlichen Rückstellung resultierende Aufwand auf mehrere Jahre
verteilt wird.

                                                                                                                                  21
Position | Steuerpolitik | Steuerrecht                              Nachhaltig: Das Unternehmensteuerrecht modernisieren
     Raus aus der Krise – BDI-Steuermodell der Zukunft

     Besteuerung von internationalen Sach-                                   bestünden. Zudem würde endlich das Problem der
     verhalten sachgerecht ausgestalten                                      fehlenden Anrechenbarkeit von ausländischen Steu-
                                                                             ern auf die deutsche Gewerbesteuer gelöst. Da die
     Außensteuerrecht zeitgemäß ausgestalten                                 ausländische Steuer nur in Höhe der deutschen
                                                                             Körperschaftsteuer von 15 Prozent angerechnet wer-
     Von zentraler Bedeutung ist eine zeitgemäße Ausgestal-                  den kann, kommt es bei einer Steuerbelastung im
     tung des Außensteuerrechts, insbesondere durch eine                     Ausland von mehr als 15 Prozent und weniger als
     Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzu-                        25 Prozent zu einer Doppelbesteuerung. Bislang wird
     rechnungsbesteuerung. Auslandssachverhalte erfahren                     der die Körperschaftsteuerbelastung überschießende
     in zahlreichen Fällen eine höhere steuerliche Belastung                 Betrag aufgrund der mangelnden Anrechenbarkeit
     als reine Inlandssachverhalte, so dass grenzüberschrei-                 doppelt besteuert, sodass Steuersätze zwischen 15 und
     tende Tätigkeiten der Unternehmen nicht wettbe-                         25 Prozent im Ausland zu einer höheren Steuerlast
     werbsfähig sind und mit einem unverhältnismäßigen                       als im Inland führen.
     Bürokratieaufwand einhergehen.

     .                                                                   .   Mehrfachbelastungen vermeiden: Einkünftekata-
         Niedrigsteuergrenze auf 15 Prozent senken                           log überarbeiten
         Das deutsche System der Hinzurechnungsbesteuerung                   Anstatt der im Rahmen der ATAD-Umsetzung
         ist in wesentlichen Teilen reformbedürftig. Der Gesetz-             geplanten Ausdehnung der Mitwirkungstatbestände
         geber muss endlich die Niedrigbesteuerungsgrenze an                 auf EU/EWR-Sachverhalte muss eine Reform viel-
         das internationale Niveau anpassen und von aktu-                    mehr darauf abzielen, EU/EWR-Sachverhalte und
         ell 25 Prozent auf 15 Prozent senken. Weltweit liegt                Drittstaatsachverhalte insoweit als unschädlich ein-
         diese Grenze überwiegend unter 15 Prozent und die                   zustufen, als der deutsche Fiskus über angemessene
         nominale Körperschaftsteuerbelastung überwiegend                    Verrechnungspreise seinen fairen Anteil erhält.
         unter 25 Prozent.                                                   Bei Dividenden sollte das Aktivitätskonzept bei-
                                                                             behalten und zudem auf Anteilsveräußerungs-
         Mit einer Absenkung der Niedrigbesteuerungsgrenze                   und Umwandlungsgewinne ausgeweitet wer-
         würde der Gesetzgeber den hohen Bürokratie-                         den. Eine generelle und bedingungslose Streichung
         aufwand für Unternehmen reduzieren, da erheb-                       von Zinseinkünften aus dem Aktivitätskatalog ist
         lich weniger Erklärungspflichten der Unternehmen                    ebenfalls abzulehnen.

     Internationale Tätigkeit von deutschen Unternehmen – Besteuerung der Auslandsgewinne über
     die Hinzurechnungsbesteuerung
     Quelle: BDI

      Deutsches Unternehmen                              Tochtergesellschaften              Weltweite Gewinne im Ausland

                                                                                                  Niedrigbesteuerung

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