Rede von IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann vor der Vollversammlung der IHK zu Dortmund, 7. Dezember 2020, 16 Uhr, im Großen Saal der IHK ...
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Rede von IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann vor der Vollversammlung der IHK zu Dortmund, 7. Dezember 2020, 16 Uhr, im Großen Saal der IHK - Übertragung via Livestream – Gemeinsam und fair! Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Unternehmerinnen und Unternehmer, wie Sie gerade in unserem Videoclip gesehen haben, war dieses Jahr auch über Corona hinaus außerordentlich ereignisreich. Ich begrüße Sie an diesem Nachmittag des 7. Dezember ganz herzlich. Das letzte Bild unseres Clips zeigte, wie auf unserem Jahresempfang 2019 vor gut einem Jahr IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber und ich noch viele von Ihnen persönlich hier im Großen Saal der IHK begrüßen konnten. Glauben Sie mir, das hätten wir herzlich gerne auch dieses Jahr wieder getan. Und ich bin der Erste, dem es am wenigsten gefällt, dass wir nicht hier alle zusammen sind. Doch in diesem Jahr ist leider vieles anders. Die Corona-Pandemie, die seit März unser wirtschaftliches und soziales Leben so sehr bedroht und einschränkt, wie es unsere Gesellschaft seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr erlebt hat, macht unseren traditionellen IHK-Jahresempfang in bewährter Manier leider unmöglich. Dabei können wir dann nur froh sein, dass es die technischen Möglichkeiten gibt und ich so heute zu Ihnen per Livestream sprechen kann; wenngleich uns der persönliche, gegenseitige Kontakt ganz sicher lieber wäre. Als ich 2016 zum IHK-Präsidenten gewählt worden bin, hatte ich meine Präsidentschaft unter das Leitmotiv gestellt: Gemeinsam und fair! Und hatte damals gesagt: Gemeinsam und fair werden wir alle Herausforderungen der Zukunft meistern. Ich hatte damals nicht geahnt, dass sich in der Zeit meiner Präsidentschaft die wirtschaftliche Lage aufgrund einer Pandemie so entwickeln würde. Und dass dieser Satz diese Brisanz in dieser Form bekommen würde.
Heute gilt wie damals, aber mehr denn je: Gemeinsam und fair! Genau das müssen wir jetzt unter Beweis stellen und danach handeln. In den Reden zum Jahresempfang ist es guter Brauch, das zurückliegende Jahr Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf das kommende Jahr zu werfen. Gemeinsam überlegen wir im Vorfeld, welche Themen besondere Erwähnung finden sollten und was für Sie, meine Damen und Herren, besonders interessant sein könnte. Im Jahr 2020 hat man es scheinbar leicht, die Themen für die Jahresrede bei den gemeinsamen Vorüberlegungen festzulegen, denn Corona ist ein Megathema von solch globaler Bedeutung, dass alle anderen Themen verblassen. So sollte man zumindest meinen. Doch so einfach ist es nicht. Keine Frage: Corona trifft uns hart. Manche von uns gesundheitlich, sehr viele von uns wirtschaftlich und ausnahmslos alle in sozialer, gesellschaftlicher Hinsicht. Aber diese Pandemie zeigt eben auch, was uns ausmacht, was uns stark macht und worauf wir aufbauen können. So, wie es aussieht, werden die ersten Impfungen bereits jetzt noch im Dezember erfolgen und wir hoffen, dass ein Impfstoff im kommenden Jahr dann flächendeckend zur Verfügung steht. Für das, was danach kommt, müssen wir jetzt den Grundstock legen und die Weichen stellen. Und ich denke, das haben wir in vielerlei Hinsicht getan. Gemeinsam und fair! Nicht nur gemeinsam – auch fair muss man gerade in der Pandemie handeln, fair auch in der Krise. Doch dazu gleich mehr. In Zeiten wie diesen ist es für uns als IHK besonders wichtig, den Finger am Puls der Unternehmen zu haben. So haben wir im November rund 460 Unternehmen aus der Region nach ihren Einschätzungen und Erwartungen befragt. Viele der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer schauen uns jetzt live zu. Ihnen gilt mein großer Dank für ihre Teilnahme. Ich weiß, unsere regelmäßigen Umfragen können auch anstrengend sein. Aber sie sind für uns einfach wichtiges Instrument, um die Stimmung in den Betrieben zu erfahren. Welche Themen bewegen die Unternehmerinnen und Unternehmer und welche Wünsche und Erwartungen, aber auch welche Sorgen haben Sie? Wir haben einige, natürlich anonyme, zum Teil sehr deutlich formulierte Kommentare ausgewählt. Unter anderem heißt es:
„Ich erwarte ein Krisenmanagement, welches auch den Namen verdient! Endlich mal klare Regeln und Richtlinien. Es kann nicht sein, dass ganze Branchen runtergefahren werden, wenngleich das Ansteckungsrisiko nicht hinreichend bekannt ist. Warum müssen Restaurants mit erstklassigen Hygienekonzepten schließen?“ Oder: „Wir brauchen Strategien gegen das Sterben der Innenstädte!“ Sowie: „Ich möchte eine bessere Förderung und innovative Konzepte für den Einzelhandel.“ Und hier der Appell: „Wir benötigen gut erschlossene Gewerbegebiete sowie die Nutzung vorhandener Altflächen.“ Meine Damen und Herren, das sind Stimmen aus unserer Wirtschaft, denen ich mich durchaus anschließen kann. Kommen wir zu den konkreten Ergebnissen. Unsere Umfrage spiegelt das Auf und Ab der Stimmungslage in der Wirtschaft ziemlich deutlich wider. Noch Ende September zum Beispiel war die Stimmung angesichts relativ niedriger Neuinfektionen verhalten optimistisch. Danach stiegen die Corona-Zahlen wieder deutlich an und der von Bund und Ländern beschlossene Teil-Lockdown mit seinen neuen Einschränkungen hat sich sehr negativ bemerkbar gemacht. Wie negativ, dass zeigt unsere aktuelle Umfrage. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, dass die Pandemie die wirtschaftliche Lage des Unternehmens verschlechtert hat. In einer gegenwärtig guten Lage sieht sich derzeit ein Drittel der Unternehmen; und dass sich die wirtschaftliche Situation 2021 aufhellt, das glaubt ein Viertel der Unternehmen. Genauso viele Betriebe gehen aber auch davon aus, dass sich die Lage noch weiter verschlechtern wird. Erstaunlicherweise hat sich die Bewertung der aktuellen Lage im Vergleich zum Juni in manchen Bereichen verbessert. Die Zahl der Unternehmen, die angegeben haben, ihre Lage sei schlecht, hat sich von 31,4 Prozent im Juni auf 23,9 Prozent im November reduziert. Ich möchte an dieser Stelle diese Veränderung nicht interpretieren, da das nur Spekulation sein könnte.
Ob es an den staatlichen Hilfen liegt oder ob sich die Unternehmen besser auf die Situation einstellen konnten, sei dahingestellt. Eins ist jedoch klar: die von Bund und Ländern getroffenen Beschlüsse für den Teil-Lockdown im November und die Verlängerung in den Dezember hinein, bis kurz vor Weihnachten, und jetzt auch noch bis zum 10. Januar, bedeuten für viele Betriebe weitere existenzbedrohende Einschnitte. Unserer Meinung nach gehen die Maßnahmen bei einigen wichtigen Punkten zu weit und setzen an der falschen Stelle an. Es gibt jedoch auch Unternehmer, die diese Einschätzung nicht teilen und sogar härtere Maßnahmen fordern. Der Umgang der meisten Unternehmen mit der Pandemie war bislang außerordentlich verantwortungsvoll. Die meisten Abstands- und Hygieneregeln haben sich in der Praxis bewährt. Und Gastronomie-, Freizeit- und Kulturbetriebe sollten nicht für die gestiegene Infektionsdynamik verantwortlich gemacht werden. Dennoch müssen sie schließen! Das ist nicht verhältnismäßig und nicht fair! Und die konsequente Anwendung des Verursachungsprinzips vermissen wir auch. Gleiches gilt für das Verbot von privaten Übernachtungen in Hotels; und dass Friseure öffnen dürfen – was richtig ist! – Tattoo- und Kosmetikstudios hingegen nicht, ist ebenfalls kaum nachvollziehbar. Für den Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft sind die am 25. November getroffenen Verschärfungen besonders gravierend. Hinzu kommt dann zu allem Überfluss auch noch, dass das Oberverwaltungsgericht in NRW die Öffnung an den Adventssonntagen untersagt hat. Es ist eine Tatsache, dass dadurch in Zeiten der Weihnachtseinkäufe, wenn es in den zentralen Einkaufslagen und Geschäften besonders voll wird, die Kundenfrequenz entzerrt werden könnte. Dieses naheliegende und wichtige Argument hat sich jedoch leider nicht durchgesetzt. Gut ist, dass es für die kleineren Einzelhandelsgeschäfte keine Verschärfungen der Begrenzungsregelung gibt. Aber ist es fair und verhältnismäßig, dass größere Einzelhändler im wichtigen Weihnachtsgeschäft stärkere Einschränkungen aufgebürdet bekommen als kleinere Betriebe? Wir sagen Nein! Aus unserer Sicht ist diese Regelung willkürlich und absolut nicht verhältnismäßig. Gerade in den größeren Unternehmen lassen sich Vorgaben wie die
notwendigen Abstände zwischen Kunden und Verkäufern häufig sogar wirkungsvoller umsetzen. Diese neue Regelung ist Wettbewerbsverzerrung und schwächt viele Betriebe zusätzlich. Wir machen uns große Sorgen um die zukünftige Attraktivität und Tragfähigkeit unserer zentralen Einkaufslagen, unserer Innenstädte und Stadtteilzentren. Ich möchte daher an Sie alle appellieren: Kaufen Sie bitte auch in diesem Jahr vor Ort ein. Der stationäre Einzelhandel, Ihre Stadt, Ihr urbaner Treffpunkt braucht Sie! Alle betroffenen Unternehmen haben schnelle und unbürokratische Hilfe verdient. Wir begrüßen, dass viele Unternehmen generell für finanzielle Ausfälle entschädigt werden sollen. Nur sollte genau hingeschaut werden, ob die Einbußen der Betriebe dadurch wirklich ausreichend kompensiert werden und ob wirklich alle fair und so gerecht wie möglich einbezogen und behandelt werden. Hoffen wir, dass die Kontaktbeschränkungs- und weiteren Maßnahmen baldmöglich die gewünschten Erfolge bringen. Dass die Infektionszahlen sinken und die Pandemie besser zu kontrollieren ist. Die Adventszeit ohne Weihnachtsmärkte in unseren Citys und Vororten wird jedenfalls dieses Jahr nicht so sein, wie wir sie kennen und lieben. Für die Schausteller, denen nun noch das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft verloren geht, ist das ein weiterer Tiefschlag. Meine Damen und Herren, das Jahr 2020, das Jahr des Auftretens der Corona-Pandemie, wird uns zukünftig vielleicht als „annus horribilis“ – als schreckliches Jahr – in Erinnerung bleiben. Das ist selbstverständlich nur eine Vermutung, denn trotz der Nachricht, dass Pfizer und das deutsche Unternehmen Biontech sowie Moderna Wirkstoffe zugelassen haben, müssen wir abwarten, ob eine flächendeckende Impfung bald Realität ist. Und doch trägt die Formulierung „schreckliches Jahr“ natürlich in sich bereits den Wunsch und die Hoffnung, dass wir diese Pandemie und alle ihre schmerzhaften Auswirkungen bald hinter uns lassen können. Das ist meine und sicherlich Ihre Hoffnung für 2021.
Hoffnung, Zuversicht, Optimismus und vielleicht sogar Mut geben mir jedoch auch eine ganze Reihe von Erfahrungen und Aktivitäten des laufenden Jahres. Sie werden sich jetzt sicher fragen, was genau meint er? Ich will es Ihnen gerne sagen! Warum also bin ich zuversichtlich? Es gibt gute Gründe. Ich bin zuversichtlich, weil: Ich glaube, dass uns die Pandemie in sozialer Hinsicht in einigen Aspekten sogar nähergebracht hat. Ja, es mag viele kritische Stimmen geben, doch am Ende war und ist die Solidarität untereinander stärker. „Bitte bleiben Sie gesund!“ Das war oft zu lesen und zu hören und dies war ganz bestimmt nicht nur eine inhaltsleere Floskel. Es war und ist ernst und von Herzen so gemeint. Ich bin zuversichtlich und optimistisch, weil: Wir gesehen haben, dass Deutschland – wenngleich es natürlich Schwächen und Mängel im System gibt und sicherlich auch Nachholbedarf in vielen Punkten – in der Krise vergleichsweise gut bis sehr gut funktioniert. So haben Bund und Länder u. a. schon zu Beginn der Pandemie nicht gezögert, den Unternehmen große finanzielle Hilfen zur Verfügung zu stellen. Klar ist, nicht jede Maßnahme wirkt, nicht jede Entscheidung überzeugt und nicht jede Hilfe kommt auch an. Das liegt in der Natur der Dinge. Aber dafür sind eben auch wir da, die Industrie- und Handelskammern und andere Institutionen. Wir wirken oft im Hintergrund, sprechen mit den politischen Entscheidungsträgern und Verantwortlichen in den Verwaltungen und unterstützen bei der Umsetzung wichtiger Vorhaben. Und natürlich sprechen wir mit Ihnen, den Unternehmerinnen und Unternehmern, und kämpfen für Ihre Interessen. Als die Corona-Soforthilfen Ende März starteten und der Beratungsbedarf riesig war, war die Krisenhotline der IHK auch an den Wochenenden mit bis zu 60 hochmotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt. Auch jetzt, Ende des Jahres, können die Unternehmen sich zu allen Themen rund um Corona von ihrer IHK umfassend und kompetent beraten lassen. Egal ob Überbrückungshilfen, Novemberhilfen, Hygieneregeln oder Umsatzsteuer-Checkliste – wer Fragen hat, informiert sich bei uns.
Als mehr und mehr Betriebe ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schickten – das trifft nach unserer aktuellen Umfrage immer noch auf jedes vierte Unternehmen zu! – wurden die IHK- Mitarbeiter auch für Fragen rund um das Kurzarbeitergeld geschult. Und es funktioniert. Sehr gut sogar. Doch ich weiß auch, dass dies für viele Betriebe in existenzbedrohender Lage oft kein Trost ist. Den Kampf gegen das Virus selbst können wir nicht führen. Das ist primär Aufgabe der Medizin und der Pharmaindustrie. Gemeinsam können wir aber für unsere Unternehmen da sein – wenn nötig, an sieben Tagen in der Woche – und vor allem stets fair. Einige Unternehmen werden diese schwere Zeit leider nicht überstehen. Aber ich glaube daran, dass uns gemeinsam der Neustart gelingt. Das macht mir Mut. Mut macht mir, dass die IHK im Rahmen bester Konsenskultur zusammen mit der Stadt Dortmund, den beteiligten Unternehmen, der Gewerkschaft, dem Handelsverband und anderen Partnern den Kampf um die Standorte von Galeria Karstadt-Kaufhof aufgenommen hat. Es waren zahlreiche Gespräche und ein hartes Ringen, aber am Ende konnten wenigstens das Karstadt-Warenhaus und Karstadt Sport in Dortmund gerettet werden und müssen nicht schließen. Wenn nun die richtigen Entscheidungen getroffen werden, haben diese beiden Standorte eine gute Zukunftschance. Apropos Zukunftschancen. Nach der Verabschiedung des Strukturstärkungsgesetzes im Juli sollen im Rahmen des 5-Standorte-Programms insgesamt 662 Millionen Euro an die Ruhrgebietskommunen fließen, in denen Kraftwerke geschlossen werden. In unserer Region sind davon Lünen, Werne, Bergkamen und Hamm mit insgesamt rund 1.700 Arbeitsplätzen betroffen. Eine große Herausforderung, und eine große Chance! Jetzt gilt es, den Strukturwandel aktiv zu gestalten und neue Wertschöpfung aufzubauen. Sie können sicher sein, dass wir den Prozess intensiv begleiten und mitgestalten werden. Und darauf freuen wir uns sogar. Wir sind optimistisch.
Meine Damen und Herren, der Phoenix-See auf dem Areal des alten Stahlwerks Phoenix-Ost ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen und hat bundesweit und international für Furore gesorgt. Wir haben also schon bewiesen, dass die Transformation von Industriebrachen gelingt, dass dort neues urbanes Leben entstehen kann. Und deshalb bin ich davon überzeugt, dass auch Smart Rhino ein großer Erfolg wird. Auf dem 52 Hektar großen ehemaligen HSP-Gelände im Herzen Dortmunds soll in den kommenden Jahren ein einzigartiges Stadtquartier entstehen, mit Platz für den Zukunftscampus der Fachhochschule Dortmund, modernen Wohnungen für Studierende und Familien, Gastronomie, Hotels und natürlich Smart Factories. Die Investitionssumme liegt bei rund 1,8 Milliarden Euro. Alle Beteiligten, natürlich der Investor – die Thelen Gruppe –, ebenso die FH, die Stadt Dortmund und wir als IHK, haben eine klare Kernbotschaft vor Augen: Dortmund ist ein wertvoller, Wissensschafts- und wandelbarer Digitalstandort. An dieser Stelle geht der Dank auch an die Hochschulen in der IHK-Region für die exzellente Lehre und die Zusammenarbeit. Nun aber zurück zu den Projekten. Was sich auf Industriebrachen Einzigartiges entwickeln kann, zeigt auch ein Blick in den Kreis Unna. In Werne soll mit der „SURFWORLD“ der größte Surfpark der Welt entstehen. 30 Millionen Euro sind bislang geplant, um auf einer Gesamtfläche von 15 Hektar mit Wasserspaß und Freizeitaktivitäten zahlreiche Sportler und Touristen anzulocken. Der besondere Clou: Im Winter sollen die großen Wellenbecken für Wissenschaft und Technik genutzt werden, um im Bereich des Wasserbaus zu forschen. Nur rund 20 Kilometer weiter in Richtung Osten soll der teilweise stillgelegte Rangierbahnhof in Hamm revitalisiert werden. Das Ziel ist es, den Güterverkehr mit moderner Logistik wieder stärker auf die Schiene zu bringen. Dies gelingt auch durch eine engere Anbindung an den Hafen. Ein weiterer zentraler Baustein soll das „Lokodrom“ werden, ein Service-Center für neue Mobilität, in dem die Güterverkehrslogistik der Zukunft erforscht wird. Der Güterverkehr wird auch im kleinen Maßstab erforscht und weiterentwickelt. Am Wall in Dortmund startet Anfang 2021 ein temporäres Mikrodepot, um den Lieferverkehr zu entlasten. Große
Paketdienstleister wie die Deutsche Post, GLS, UPS und DPD unterstützen das Vorhaben. Ähnliche Projekte für die Last-Mile-Logistik mit elektrischen Kleinfahrzeugen starten in Hamm, wo man überdies bei der Fahrzeugflotte der Verkehrsbetriebe auf einen hochinnovativen Energieträger setzt – auf Wasserstoff. Dies sind Vorhaben, die wir nach Kräften unterstützen – und auch diese machen uns Mut. Meine Damen und Herren, dass unsere IHK-Region ein starker Logistikstandort und seit jeher Wegbereiter für neue Mobilitätskonzepte – wie ich sie gerade erwähnt habe – ist, unterstreicht der Besuch von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst in unserer September-Vollversammlung. Ihm und der ganzen Landesregierung ist der konstruktiv-kritische Austausch mit den Unternehmerinnen und Unternehmern hier vor Ort wichtig. Der Besuch des Ministers zeigt aber noch etwas Anderes: Wirtschaftspolitische Interessenvertretung braucht den Dialog, den intensiven Austausch auf der Basis von Fakten. Normalerweise ist das IHK-Jahr gespickt mit zahlreichen Veranstaltungen, Gremien- und Ausschusssitzungen. Vieles davon, wir merken es gerade heute, konnte in diesem Jahr nicht wie gewohnt über die Bühne gehen. Aber haben wir uns nicht davon abschrecken lassen. Wir sind neue virtuelle Wege gegangen. Wir streamen live, wir mixen Präsenztermine mit digitalen Elementen – kurzum: Altbewährtes in neuem Gewand. Auch das hat alles in allem gut funktioniert. Als der beginnende Kommunalwahlkampf im Frühjahr durch Corona abrupt ausgebremst wurde, trafen sich die Kandidatin und vier Kandidaten für den Dortmunder OB-Sessel Ende April hier im Großen Saal, der zum TV-Studio umgerüstet worden war. Zusammen mit der Westfälischen Kaufmannsgilde, den Wirtschaftsjunioren, den Familien- und jungen Unternehmern boten wir den Politikern eine wichtige Plattform für wirtschaftspolitische Themen – in diesem Jahr wichtiger denn je. Das Publikum saß daheim, mehr als 1.000 politisch Interessierte verfolgten die Veranstaltung im Netz. Auch das Duell der Bürgermeisterkandidaten in Bönen wurde von uns gefilmt und ins Internet übertragen. Weit mehr als 100 Zuschauer waren live dabei.
Meine Damen und Herren, wir sehen uns gerade in schwierigen Zeiten in der Pflicht, unsere Unternehmen mit wichtigen Informationen zu versorgen. Welche wirtschaftlichen Akzente die beiden Oberbürgermeister in Dortmund und Hamm, Thomas Westphal und Marc Herter, sowie der neue Landrat des Kreises Unna, Mario Löhr, zukünftig setzen wollen, lesen Sie übrigens in der aktuellen Ausgabe unseres IHK-Magazins. Es lohnt sich. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass wir uns auch auf die Zusammenarbeit mit den gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in den Kommunen sehr freuen. Ebenso auf die gute Zusammenarbeit mit allen gewählten Mandatsträgern der Politik. Auf Sie warten zahlreiche Herausforderungen. Seien Sie sicher, auf die IHK als Stimme der regionalen Wirtschaft können Sie sich verlassen. Meine Damen und Herren, ein Blick auf das internationale Geschäft. Wie unsere Umfrage zeigt, ist die Grundstimmung eher pessimistisch. Derzeit gehen mehr als 40 Prozent der exportorientierten Betriebe davon aus, dass sich die weltwirtschaftliche Entwicklung verschlechtern wird. Mut und Optimismus schöpfe ich aber aus der Tatsache, dass auf internationalem Parkett die gemäßigten Stimmen wieder die Oberhand übernehmen. Wir freuen uns sehr, wenn die Handelspolitik mit wichtigen Auslandsmärkten wie den USA zukünftig etwas ruhiger und fairer gestaltet wird. Nichtsdestotrotz wird es Wettbewerb geben, aber mit hoffentlich festem Regelwerk. Auf ein solches hoffen wir auch im Umgang mit unserem ehemaligen EU-Partnerland Großbritannien. Ein Last-Minute-Brexit-Deal wäre im Interesse aller Beteiligten. Dass wir unsere diesjährigen Start-up-Aktivitäten etwas anders gestaltet haben, versteht sich von selbst. Die „Start.up! Germany Tour“ im Oktober mit gut 120 Gründern aus 30 Ländern und namhaften Unternehmen aus unserer Region fand ausschließlich virtuell statt – und wurde dennoch ein großer Erfolg. Es gibt noch ein wichtiges Thema, Sie ahnen es sicherlich. Der Ausbildungsmarkt hat sich in diesem Jahr leider nicht gut entwickelt. Aktuell verzeichnen wir ein Minus von 16 Prozent (Stand 30.11.] im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings gab es auch in diesem Bereich gute und
hoffnungsvolle Ansätze. Das Azubi-Speed-Dating der IHK gemeinsam mit der Handwerkskammer fand auch digital ein großes Publikum, und die von den Ruhr-IHKs inszenierte virtuelle Ausbildungsmesse „AzuBeYou“ feierte ebenfalls ein erfreuliches Debüt. Unseren Top-Azubis aus der Winter- und Sommerprüfung konnten wir nicht im Rahmen der üblichen Feierstunde gratulieren. Also haben wir dies unter anderem in den sozialen Medien bei Facebook und bei Instagram gemacht und damit fast 30.000 Personen erreicht. Die Organisation von mehr als 4.000 Prüfungen unter Corona-Auflagen im Mai und Juni war keine einfache Aufgabe, aber im guten Zusammenspiel mit den Berufsschulen hat es funktioniert. In den sozialen Medien haben wir im Frühjahr auch unsere große Kampagne „IH50K“ gestartet. Was sich dahinter verbirgt? Ganz einfach: Die stolze Zahl von 50.000 Ausbildungsverträgen in unserer Region im Verlauf der letzten Jahre. Mit zahlreichen Posts und Videos wollten wir einerseits an die Ausbildungsbetriebe appellieren, in ihrem Engagement nicht nachzulassen. Gleichzeitig ging es uns darum, die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Beruflichen Bildung vorzustellen. Am 10. September konnte gefeiert werden, die magische Grenze war überschritten: Den 50.000sten Azubi der IHK-Region in den vergangenen zehn Jahren stellt die Dortmunder Firma Lungmuß Feuerfest. Unser Dank gilt aber selbstverständlich allen Ausbildungsbetrieben in der Region. Dass die Ausbildungsbereitschaft weiterhin groß ist, zeigt unsere Umfrage: Gut 85 Prozent der Ausbildungsbetriebe haben im geplanten Umfang Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt, acht Prozent sogar mehr als eigentlich vorgesehen. Auch das macht Mut. Denn Investitionen in die Ausbildung sind Investitionen in die Zukunft. Sie sehen, meine Damen und Herren, in diesem Jahr ist trotz Corona einiges bewegt worden. Und ein paar wichtige Themen habe ich bisher noch gar nicht angesprochen. So beispielsweise das Bündnis für Fachkräfte und auch das dringende Thema Infrastruktur u. a. mit der B1 und unserem Flughafen. Seien Sie jedoch sicher, wir haben diese und viele weitere Themen nicht aus den Augen verloren. Wir bleiben weiter dran!
Meine Damen und Herren, die Corona-Pandemie zwingt uns dazu, auf Abstand zu gehen – nur physisch, nicht mental. Das haben wir heute beherzigt, und so möchte ich Ihnen alles Gute weiterhin mit auf den Weg geben. Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit, beste Gesundheit – und viel Zuversicht, Optimismus, guten Mut ebenso wie Glück und Erfolg für 2021. Gemeinsam und fair sind wir stark und werden alle Herausforderungen meistern. Vielen Dank, dass Sie heute dabei waren.
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