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International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

      Referent*innen
        Abstracts
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Filmdiskussionsabend: Bewegte Bilder
Mittwoch, 23.09.2021 / 19:30 Uhr

Gilad Baram                                                       „Wiedergutmachung or
                                                                  What About Guilt?“

Gilad Baram (*1981, Israel) is a filmmaker and photographer       Can a “bad” building be made “good”? Could guilt linger
based in Berlin. His previous award-winning films, Koudelka       in architectural ruins? Does the labour conducted on and
Shooting Holy Land (2015, Germany/Czech Rep.) and The             within the architectonic structure necessarily re-surface its
Disappeared (2018, Germany / Israel, with adam Kaplan),           past or can it actually shift its course or even offer redemp-
have been selected in leading international film festivals        tion? – These questions, among others, stand at the heart of
such as Berlinale, DokFest München, Trieste Film Festival,        a new documentary project by Israeli-born filmmaker, Gilad
CPH:DOX, Docaviv and BAFICI, as well as broadcasted by            Baram, focusing on Nürnberg‘s Reichsparteitagsgelände. In
leading European broadcasters such as ZDF/Arte, Sky Arte          light of ambitious renovation and repurposing plans for the
Italy and SRF. His work has won scholarships and prizes           grounds‘ Nazi-planned-and-built structures, Baram docu-
and has been exhibited in various museums, galleries and          ments labourers of different professional brackets working
other art venues and events worldwide, among them: Getty          in their vicinity. His observational gaze leads to encounters
Center, ICA London, Maison Européenne de la Photographie,         and conversations in which architecture plays a much more
Museum of the Moving Image NY, Netherlands Fotomuseum,            significant role than mere background.
Videonale Kunstmuseum Bonn, CCA Tel Aviv.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Filmdiskussionsabend: Bewegte Bilder
Mittwoch, 23.09.2021 / 19:30 Uhr

Philipp Krüpe                                                     RECHTE RÄUME [?]
                                                                  Auf dem ehem. Reichsparteitagsgelände
                                                                  in Nürnberg

Philipp Krüpe arbeitet zu architektur- und medientheoreti-        Rechte Politik hat Auswirkungen auf Architektur, Urbanismus
schen Themen, unter anderem für ARCH+ und verschiedene            und Kultur. Das Institut für Grundlagen moderner Architek-
Kulturinstitutionen in Deutschland. Seit 2018 ist er als Dozent   tur und Entwerfen (IGmA / Uni Stuttgart) untersucht diese
und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Grund-         Implikationen im Rahmen des kollaborativen Forschungs-
lagen moderner Architektur und Entwerfen (IGmA) tätig.            projekt „Rechte Räume“, in dem im zeitgenössischen wie
Aktuell forscht er zum Verhältnis von Ideologie und Architek-     historischen Kontext räumlichen Autoritarismen, kolonialen
tur und leitet das am IGmA angesiedelte Forschungsprojekt         Spuren und rechten Tatorten nachgegangen wird.
„Rechte Räume“.
                                                                  Die Gegend um ehemalige Reichsparteitagsgelände in
                                                                  Nürnberg stellt einen geeigneten Forschungsgegenstand
                                                                  dar, der in diesem Workshop einer genauen Inspektion un-
                                                                  terzogen werden soll. Als Forschungs- und Vermittlungsme-
                                                                  dium dient das Format Video, mit dem auch hier gearbeitet
                                                                  werden soll.
                                                                  Um an dem Workshop teilzunehmen, wird eine (Smart-
                                                                  phone-)Kamera benötigt. Optional kann weiteres Equipment
                                                                  (Gimbals, Mikros, etc.) mitgebracht werden. Video-Vorkennt-
                                                                  nisse sind von Vorteil wenn auch nicht Voraussetzung.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Filmdiskussionsabend: Bewegte Bilder
Mittwoch, 23.09.2021 / 19:30 Uhr

Andrea Hauer                                                      Visueller Furor.
                                                                  Bild. Emotion. Demokratie.

Andrea Hauer (*1996, Oberviechtach/DE) lebt und arbeitet          Der öffentliche Raum trieft geradezu vor Botschaften, wir
in Nürnberg.                                                      sind umgeben von Bildern. In welchem Setting wir uns auch
Seit 2015 Studium der Kunstpädagogik an der Akademie              aufhalten, welchen räumlichen Strukturen und Anordnun-
der Bildenden Künste in Nürnberg, Klasse Freie Kunst mit          gen wir auch Folge leisten oder uns bewusst von ihnen ab-
Schwerpunkt Malerei, Prof.Michael Hakimi                          wenden, die leibliche Konstitution von Form, Kontexten und
Seit 2021 Meisterschülerin bei Prof. Michael Hakimi,              Bedeutungen fungiert in jeglichem Zusammentreffen als
AdBK Nürnberg                                                     ein potentes Instrument zur Steuerung unserer Wahrneh-
Andrea Hauer setzt sich in ihren multimedialen Arbeiten mit       mungen – sie interveniert unterbewusst, wie unaufhaltsam
der Performanz der Konfrontation divergierender Bilder, Zei-      mit unseren Erinnerungen und Emotionen. Mit der zeitge-
chen, Texte und Narrative auseinander.                            nössischen Überpräsenz des Visuellen, der kontinuierlichen,
                                                                  ausufernden, medienübergreifenden Produktion, Zirkulation,
                                                                  Dekonstruktion und Überformung von visuellen Narrativen,
                                                                  mit jeder neuen medialen Inszenierung einer Architektur,
                                                                  drängt sich zunehmend auch ein antagonistisches Publikum
                                                                  an Bildgegner*innen und Bildverehrer*innen ins Rampen-
                                                                  licht. Warum emotionalisieren wir Bilder so außerordentlich,
                                                                  warum erregen sie so viel Furor? Mittels zweier Videoarbei-
                                                                  ten, gedreht auf der Zeppelintribühne und im Max-Morlock-
                                                                  Stadium, eruiert die Künstlerin die Fragen: Wie strukturiert
                                                                  sich der bildliche Furor, die Interferenz mit historisch konta-
                                                                  minierten Zeichen auf dem ehemaligen Reichsparteitagsge-
                                                                  lände heute? Welche Choreografien bringt der visuelle Furor
                                                                  hervor, und wie kann er wider Erwarten der Erhaltung von
                                                                  Demokratien dienlich werden?
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Filmdiskussionsabend: Bewegte Bilder
Mittwoch, 23.09.2021 / 19:30 Uhr

Drehli Robnik                                                      Ein Gelände von Bildern:
                                                                   Spielfilm als inszenierte Geschichtspolitik
                                                                   – Verschiebungen in der jüngeren Public
                                                                   History
Theoriedienstleister und Essayist in Sachen Film, Geschich-        Wenn wir anhand der Erfahrung und Vermittlung von Ge-
te, Politik, sowie Edutainer. Er „lebt“ in Wien-Erdberg. Jüngste   schichte über Bilder sprechen, dann sprechen wir immer
Publikationen: Sammelband-Herausgabe Klassen sehen. So-            auch über Gelände: über Terrains, die geschichtspolitisch
ziale Konflikte und ihre Szenarien (Münster 2021); Monogra-        umstritten sind. Spielfilm ist eine der Facetten davon: Ins-
fie Ansteckkino: Eine politische Philosophie und Geschichte        besondere in Bezug zur Geschichte des Nationalsozialismus
des Pandemie-Spielfilms von 1919 bis Covid-19 (Berlin 2020).       und seiner Verbrechen wird auf filmischem „Geschichts-
Autor und (Mit-)Herausgeber von Bänden zu Anti-Nazi-Wi-            Gelände“ ein „Land“ mit definiert – in seiner Gegenwart und
derstand im Film und TV, Kriegsfilm, Jacques Rancières             seinen politischen Positionierungen; in Ausverhandlung
Demokratie-Konzeption, Siegfried Kracauer und X-Men-Poli-          dessen, was Staatlichkeit, öffentliches Handeln, moralische
tik im Kino. In Fertigstellung ist die Monografie DemoKRACy.       Involviertheit bedeuten.
Siegfried Kracauers Politik*Film*Theorie.                          Gelände ändern sich, Positionen darauf verschieben sich.
                                                                   Der Vortrag beleuchtet Spielfilm-Beiträge zur jüngeren Pu-
                                                                   blic History des NS: vom Memory Boom, Hitler-Fokus und
                                                                   „traumatophilen“ Kino (und Geschichtsfernsehen) der Jahr-
                                                                   tausendwende (Der Untergang, Guido Knopp) über männ-
                                                                   lichkeitsreflexive Verdrehungen zum Anti-Nazi-Widerstand
                                                                   um 2010 (Inglourious Basterds) bis zu heutigen Inszenie-
                                                                   rungen wie Monuments Men, Persischstunden oder Re-
                                                                   sistance: Diese perspektivieren den NS auffallend häufig
                                                                   in einem Spannungsverhältnis zur Kunst. Wie verhält sich
                                                                   letzteres Framing zu Momenten der Umwandlung von NS-
                                                                   Geschichtsorten in (tourismus)kulturelles Kapital?
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Einführung und Vortrag: Die größte Baustelle zum
Geschichtsbild des Nationalsozialismus 1/2
Donnerstag, 23.09.2021 / 9:15 Uhr

Neil Gregor                                                       The Nazi Party Rally Grounds as a
                                                                  Site of Multi-Directional Memory

Neil Gregor is Professor of Modern European History at the        Dieser kurze Vortrag versucht, die Geschichte des Reichs-
University of Southampton, UK. He has published widely on         parteitagsgeländes in Dialog mit den Methoden des Lite-
the economic, social and cultural history of C20th Germany,       raturwissenschaftlers Michael Rothberg zu bringen, dessen
including ‚Haunted CIty: Nuremberg and the Nazi Past‘ (Yale       Theorien des „multidirektionalen Gedächtnisses“ in der ang-
UP, 2009), and is a member of the Wissenschaftlicher Beirat       lophonen Welt einflussreich gesen sind, aber in Deutschland
of the Dokumentationszentrum RPG.                                 viele kontroverse Diskussionen ausgelöst haben. Er unter-
                                                                  sucht, was passiert, wenn sich mehr als eine Geschichte an
                                                                  einem Ort überschneidet, welche Bilder daraus entstehen,
                                                                  und er überlegt, wie wir Rothbergs Ansatz produktiv anwen-
                                                                  den können, ohne uns Relativierungsvorwürfen auszusetzen.
                                                                  Er stellt ferner fest, dass der Charakter des Parteitagsgelän-
                                                                  des als Palimpsest das dort wirkende multidirektionale Ge-
                                                                  dächtnis und die Herausforderung, dies zu analysieren, noch
                                                                  komplizierter macht.

                                                                  This short lecture seeks to bring the history of the Party Ral-
                                                                  ly Grounds into dialogue with the methods of the literary
                                                                  scholar Michael Rothberg, whose theories of ‘multi-directio-
                                                                  nal memory’ have been influential in the Anglophone world
                                                                  but generated much controversy in Germany. It examines
                                                                  what happens when more than one history intersects, what
                                                                  images this produces, and considers how we can producti-
                                                                  vely apply Rothberg’s approach without exposing ourselves
                                                                  to accusations of relativisation. It notes, further, than the na-
                                                                  ture of the Party Rally Grounds as a palimpsest renders the
                                                                  multi-directional memory in operation there, and the chal-
                                                                  lenge of analysing it, still more complicated.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 1: Die größte Baustelle zum Geschichtsbild des
Nationalsozialismus 2/2
Donnerstag, 23.09.2021 / 10:15 Uhr

Florian Dierl                                                     Weiter „Pfahl im Fleisch“?
                                                                  Herausforderungen und Perspektiven
                                                                  für das „neue“ Dokumentationszentrum
                                                                  Reichsparteitagsgelände

Florian Dierl M.A., geb. 1969, Historiker, studierte Geschichte   Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände hat
und Politikwissenschaft in Frankfurt a.M., Bamberg und Lon-       sich seit seiner Gründung 2001 zu einem international be-
don. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war er in verschie-       kannten Museum zur Geschichte des Nationalsozialismus
denen Ausstellungs- und Forschungsprojekten tätig, u.a.           und der Reichsparteitage entwickelt. Derzeit befindet sich
der Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen            die Einrichtung in einem tiefgreifenden Veränderungspro-
des Vernichtungskriegs 1941-1944“ (2001-2004) des Hambur-         zess, der sowohl die bauliche Erweiterung des Hauses als
ger Instituts für Sozialforschung und der 2011 im Deutschen       auch eine Überarbeitung des Ausstellungs- und Bildungsan-
Historischen Museum gezeigten Ausstellung „Ordnung und            gebots umfasst. Für das Haus stellt sich die Aufgabe, sowohl
Vernichtung. Die Polizei im NS-Staat“. Seit 2014 leitet er das    den Herausforderungen der Digitalisierung in der Museums-
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände und die             landschaft zu begegnen, als auch den eigenen Standort als
Abteilung „Erinnerungskultur“ bei den Museen der Stadt            Kulturträger in einem sich wandelnden Umfeld von Akteu-
Nürnberg.                                                         ren auf dem „Gelände“ neu zu bestimmen. Das Dokumenta-
                                                                  tionszentrum versteht sich dabei weiterhin als institutioneller
                                                                  Nukleus für die erinnerungskulturelle Auseinandersetzung
                                                                  mit dem historischen Ort im europäischen Rahmen.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 1: Die größte Baustelle zum Geschichtsbild des
Nationalsozialismus 2/2
Donnerstag, 23.09.2021 / 10:15 Uhr

Nora Sternfeld                                                    Errungene Erinnerungen in ​agonis-
                                                                  tischen Kontaktzonen

Nora Sternfeld ist Kunstvermittlerin und Kuratorin. Sie ist       Erinnerung ist ein Ergebnis von Kämpfen, sie ist brüchig
Professorin für Kunstpädagogik an der HFBK Hamburg. Von           und umstritten und wird immer wieder in der Gegenwart
2018 bis 2020 war sie documenta Professorin an der Kunst-         im Hinblick auf die Zukunft formuliert. Dabei ist es möglich,
hochschule Kassel. Von 2012 bis 2018 war sie Professorin          unterschiedliche Geschichtsbezüge zu formulieren und mit-
für Curating and Mediating Art an der Aalto University in         einander auszuhandeln, während es nicht im selben Maße
Helsinki. Darüber hinaus ist sie Co-Leiterin des /ecm –           möglich ist, Fakten auszuhandeln – denn der Zugang dazu,
Masterlehrgangs für Ausstellungstheorie und -praxis an der        was geschehen ist, ist eben doch kategorial davon zu unter-
Universität für angewandte Kunst Wien, im Kernteam von            scheiden, was dies für die Gegenwart bedeutet. Errungene
schnittpunkt. ausstellungstheorie & praxis, Mitbegründerin        Erinnerungen sind also vor allem gegen die bestehenden
und Teilhaberin von trafo.K, Büro für Bildung, Kunst und kri-     Erinnerungskollektive errungen. Ganz in diesem Sinne sagt
tische Wissensproduktion (Wien) und seit 2011 Teil von free-      die Kulturwissenschaftlerin Peggy Piesche, in der antirassis-
thought, Plattform für Forschung, Bildung und Produktion          tischen Erinnerungsarbeit aus einer BPOC Position: „geht
(London). In diesem Zusammenhang war sie auch eine der            es uns wie Archäolog*innen, wir müssen ständig unsere
künstlerischen Leiter:innen der Bergen Assembly 2016 und          Geschichte freischaufeln. Und am nächsten Morgen müs-
ist seit 2020 BAK Fellow, basis voor actuele kunst (Utrecht).     sen wir wieder damit anfangen, weil der Sand wieder drüber
Sie publiziert zu zeitgenössischer Kunst, Bildungstheorie,        geweht wurde.“ Diese Erinnerungsarbeit mit Gegenwind
Ausstellungen, Geschichtspolitik und Antirassismus.               möchte ich versuchen in meinem Beitrag zu verstehen.
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                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 1: Die größte Baustelle zum Geschichtsbild des
Nationalsozialismus 2/2
Donnerstag, 23.09.2021 / 10:15 Uhr

Max Welch Guerra                                                  Akteurskonstellation und Streitwert
                                                                  Über die Prägung und den Sinn von Orten
                                                                  gesellschaftspolitischen Gedenkens
Max Welch Guerra kam kurz nach dem Militärputsch 1973 als         Der Beitrag präsentiert einige recht diverse Beispiele des Ge-
unbegleiteter minderjähriger politischer Flüchtling aus Val-      denkens an Orten, die aus Diktaturen verschiedener Länder
paraíso, Chile, nach Europa. Er schloss 1976 das Abitur im        hervorgegangen sind. Die Durchsicht der Funktionen dieser
Rheinland, 1981 das Studium Politikwissenschaft an der FU         Gedenkorte sowie der jeweils Einfluss nehmenden Instituti-
Berlin ab und wurde 1991 am Fachbereich Gesellschafts- und        onen und Gruppen soll uns einen analytischen Abstand zum
Planungswissenschaften der TU Berlin promoviert. 1999 ha-         Gesamtkomplex Reichsparteitagsgelände gewinnen lassen.
bilitierte er sich dort mit einer Arbeit über den Zusammen-       Der Beitrag mag auch als ein Schritt auf dem noch langen
hang zwischen Politik, Raum und Gestaltung beim Umzug             Weg zu einem zumindest europäischen Verständnis der Ge-
des Regierungssitzes von Bonn nach Berlin.                        denkkultur bei großmaßstäblichen Anlagen vergangener
Seit 2003 ist er Professor an der Bauhaus-Universität Wei-        Diktaturen verstanden werden.
mar, wo er die deutschsprachigen Urbanistik-Studiengänge
leitet. Seit etwa einem Jahrzehnt beschäftigt er sich haupt-
sächlich mit der Planungs- und Städtebaugeschichte Euro-
pas – darunter besonders mit dem historischen Bauhaus und
den Hinterlassenschaften von Diktaturen – einschließlich der
Geschichte der Deutungen.
Seit Juli 2013 ist er Direktor des Bauhaus-Instituts für Ge-
schichte und Theorie der Architektur und Planung, seit 2019
Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Dokumentati-
onszentrums Reichsparteitagsgelände/Zeppelintribüne und
Zeppelinfeld, Nürnberg.
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                         auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Vortrag: Landscapes Without Bodies (engl.)
Donnerstag, 23.09.2021 / 14:00 Uhr

Suzana Milevska                                                   Landscapes Without Bodies:
                                                                  Beyond „innocent“ topology

Suzana Milevska is a visual culture theorist and curator ba-      The presentation will offer a certain triangulation of politics,
sed in Skopje, North Macedonia. Her theoretical research          history, and spatial memory in the context of contempora-
interests include postcolonial and feminist critique of repre-    ry art. I will focus on the multiple intersections between the
sentational regimes of hegemonic power in arts and visual         past and present, and between equality and difference, as
culture, research of visual microhistories in historic and fa-    challenged by the contemporary visual art and performati-
mily archives, and decolonisation of contentious cultural         ve practices. I want to argue that contemporary art projects
heritages. Her curatorial interests focus on women artists’       often reveal the invisible hierarchies, racialised representa-
research projects, collaborative and participatory art prac-      tions, and competitive narratives in order to enable agen-
tices and community-based research projects in marginali-         cies of solidarity that unfold beyond the assumed „innocent“
zed communities. From 2016-2019 she was Principal Inves-          topology. With such projects the artists address the complex
tigator for the project Transmitting of Contentious Cultural      psycho-geographies and create a kind of new memorysca-
Heritages with the Arts. From Intervention to Co-production       pes, re-spatialisations, and (re)namings by putting the focus
(TRACES – EU Programme Horizon 2020) and in 2019 she              on participation rather than focusing on representation. The
curated its final exhibition Contentious Objects/Ashamed          concept of the presentation is based on a few case studies:
Subjects, at the Polytechnic University Milan. Milevska was       art projects that deal with deterritorialisation, appropriation,
appointed the first Endowed Professor of Central and South        dispossession, suppressed guilt and shame (e.g. related to
Eastern European Art Histories (2013-2015, Academy of Fine        the Holocaust), such is the Romani artist Alfred Ullrich’s pro-
Art Vienna) and she taught at the Visual Cultures Unit at         ject Pearls Before Swine, dedicated to Lety (the Czech-run
the Technical University in Vienna. She taught history and        internment camp for Roma and Sinti).
theory of visual art (2010-2012, Faculty of Fine Arts Skopje).
She holds a Ph.D. in Visual Cultures from Goldsmiths College
London. Milevska was a Fulbright Senior Research Scholar
in Library of Congress. In 2010 she initiated Call the Witness,
a research and curatorial project focusing on contempo-
rary Roma artists (BAK Utrecht, and the Roma Pavilion, 54
Venice Biennial, 2011) and curated the exhibition Roma Pro-
tocol (Austrian Parliament, Vienna 2011). She published the
book Gender Difference in the Balkans (2010), and edited The
Renaming Machine: The Book (2010), On Productive Shame,
Reconciliation, and Agency (SternbergPress, 2016), Inside
Out – Critical Discourses concerning Institutions (co-edited
with Alenka Gregoric). In 2012, Milevska won the Igor Zabel
Award for Culture and Theory.
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                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 2: Gestaltung von Erinnerung(sorten)
Donnerstag, 23.09.2021 / 14:30

Nicole Pruckermayr                                                COMRADE CONRADE
                                                                  ein Kunst-, Forschungs- und
                                                                  Friedensprojekt in Graz (AT)

Dr.in Nicole Pruckermayr studierte Architektur, Visuelle          Ausgangspunkt von COMRADE CONRADE ist die Frage der
Kultur und Kunstanthropologie. Sie ist Initiatorin, Kuratorin     Benennung von Straßen und die Sicht- und Unsichtbarkeit
und Projektleiterin von COMRADE CONRADE.                          von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen im öffentlichen
Zwischen 2004 und 2012 unterrichtete sie als Universitäts-        Raum. Franz Conrad von Hötzendorf wird im Konkreten die
assistentin am Institut für Zeitgenössische Kunst / TU Graz       Ehre der Benennung einer wichtigen Straße innerhalb von
vorwiegend Kunst im öffentlichen Raum. Derzeit lebt sie als       Graz zu Teil, obwohl von wissenschaftlicher Seite belegt ist,
freischaffende Künstlerin, Lektorin und Kuratorin in Graz. Be-    dass der damalige Generalstabschef der k.u.k. Monarchie,
vorzugt arbeitet und denkt sie mit sozialen sowie physischen      wesentlich für den Weg in den Ersten Weltkrieg und die bru-
Räumen / Orten, den handelnden Menschen / menschlichen            tale Kriegsführung und Übergriffe gegenüber Zivilist*innen
Körpern, ihren Geschlechtern und Bedürfnissen. Ein beson-         mitverantwortlich war. Trotz Umbenennungs-Initiativen ist
deres Interesse gilt Handlungsfähigkeiten auf verschiedens-       dieser Name und auch die Namen von weiteren 81 historisch
ten Ebenen.                                                       kritisch klassifizierten (20 davon höchst bedenklichen) Per-
                                                                  sonen nachwievor im Stadtraum als Straßennamen sichtbar.
https://nap. umlaeute.mur.at/                                     Das Gesamtprojekt wurde mit rund 50 beteiligten Perso-
https://comradeconrade.mur.at/                                    nen und Institutionen interdisziplinär realisiert. Innerhalb
                                                                  verschiedener diskursiver Ebenen, wie z. B. Spaziergängen,
                                                                  Kunst im öffentlichen Raum Projekten, einer Tagung, einer
                                                                  Publikation, etc. gab es eine breite Auseinandersetzung und
                                                                  diskursive Ebenen.
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                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 2: Gestaltung von Erinnerung(sorten)
Donnerstag, 23.09.2021 / 14:30

Alexander Schmidt                                                 Lern- und Begegnungsort Zeppe-
                                                                  lintribüne und Zeppelinfeld –
                                                                  ein Werkstattbericht mit Blick zurück und
                                                                  Blick nach vorn
Dr. Alexander Schmidt war ehrenamtlich und zehn Jahre             Das Zeppelinfeld soll in den kommenden Jahren zum „Lern-
lang hauptamtlich als Historiker und Stadtbilderklärer bei        und Begegnungsort“ weiterentwickelt werden. Als Bühne
Geschichte Für Alle e.V. engagiert, danach als Projektleiter      nationalsozialistischer Propaganda und Feierort einer na-
für die neue Dauerausstellung der KZ-Gedenkstätte Flos-           tionalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ ist der historische
senbürg tätig und ist seit 2009 am Dokumentationszentrum          Ort Zeppelinfeld von herausragender Bedeutung.
Reichsparteitagsgelände beschäftigt.                              Lange gab es vor Ort überhaupt keine Information. Mit der
                                                                  Eröffnung der Ausstellung „Faszination und Gewalt“ in der
                                                                  Zeppelintribüne (1984), der Aufstellung erster Informations-
                                                                  türme und dem Geländeinformationssystem (2006) änderte
                                                                  sich dies. Zeppelinfeld und Zeppelintribüne waren immer viel
                                                                  besuchte Orte – aus ganz unterschiedlichen Beweggründen.
                                                                  So bietet das Areal die Möglichkeit, sehr niederschwellig mit
                                                                  Menschen in Kontakt zu kommen und über die Geschichte
                                                                  des Ortes und seine Bedeutung für uns heute zu reflektieren.
                                                                  In Zukunft soll ein Infopavillon neuer Anlaufpunkt für die
                                                                  zahlreichen Besucher und Besucherinnen sein. Der Saal in
                                                                  der Zeppelintribüne wird öffentlich zugänglich und museal
                                                                  erschlossen. Verschiedene Punkte auf dem Areal sollen als
                                                                  Reflexionsorte neue Zugänge zum historischen Ort schaffen.
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                          auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 2: Gestaltung von Erinnerung(sorten)
Donnerstag, 23.09.2021 / 14:30

Karin Schneider                                                   MemAct! Memory, Agency and
                                                                  the Act of Civic Responsibility

Karin Schneider ist Zeithistorikerin und Kunstvermittlerin; sie   MemAct! beschäftigt sich mit partizipativen und transna-
leitet seit 2019 die Kunstvermittlung der Museen der Stadt        tionalen Formen der Holocaust Education in vier miteinan-
Linz. In dieser Funktion ist sie gemeinsam mit Paul Salmons       der verbundenen Workpackages. So entwickeln, probierten
und Wolfgang Schmutz im Koordinierungsteam des Projekt            und untersuchen wir (1) ein Unterrichtsmodell für Schulen,
MemAct! (gefördert vom Europe for Citizens Call der EU).          welches die gemeinsame und doch getrennt verhandelte
2007-2019 war sie in unterschiedlichen Forschungsprojekten        Geschichte des Holocaust im jugoslawischen Raum und
zu museum education, partizipativen Lern- und Vermittlungs-       Österreich adressiert und (2) ein Herangehen mit Jugendli-
formen und kunstbasierten Methoden der Erinnerungspolitik         chen unterschiedlicher Herkünfte in Österreich und Serbien,
tätig u.a. „MemScreen“ und conserved memories an der Aka-         welches diese in das Machen von Erinnerung aktiv einbe-
demie der bildenden Künste Wien (PEEK-FWF Förderung)              zieht (3) Effekte und Implikationen offener Lernformate jener
oder „TRACES – transmitting cultural heritages with the arts“     Workshops, welche Fragen von zivilgesellschaftlicher Ver-
(Horizon 2020) und „Intertwining Hi/Stories“ am Institute for     antwortung adressieren und fragen (4) nach der möglichen
Art Education der ZHdK.                                           Verbindung von rassismuskritischer Bildungs- und Aufklä-
                                                                  rungsarbeit, Gedenkstättenarbeit und Holocausteducation.
                                                                  Dabei arbeiten Partner aus Österreich (Nordico Stadtmu-
                                                                  seum, Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, PH OÖ),
                                                                  Serbien (Terraforming Süd), Polen (Galicia Jewish Museum),
                                                                  Slowakei (NGO EDAH) und Deutschland (miteinander e.V.)
                                                                  zusammen mit dem Koordinierungsteam Paul Salmons (GB/
                                                                  US), Wolfgang Schmutz (AT/US) und Karin Schneider (AT).
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                         auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 3: Erinnerungstheater
Donnerstag, 23.09.2021 / 16:30 Uhr

Tunçay Kulaoglu                                                   Kurhotel des Vergessens
Christian Weiß

Tunçay Kulaoglu arbeitet als Filmemacher, Dramaturg, Kura-        Wir betrachten uns als fiktive Übungsgruppe in Ausbildung.
tor und Autor. Derzeit ist er als Kurator beim bundesweiten       Wir denken über die Tragik der Ambivalenztoleranz nach. Wir
Theaterprojekt „Kein Schlussstrich!“ zum Thema NSU-Kom-           spielen Fadenspiele und versuchen uns in wilder (Ver)Knüp-
plex und dem Global Art Festival in Nürnberg tätig.               ferei. Wir wissen: Vergessen geschieht von selbst - Erinnern
                                                                  ist Arbeit. Wir (ver)zweifeln an der Partizipation, scheitern
Christian Weiß arbeitet recherchebasiert & diskursiv an kul-      aber gerne weiterhin an ihrem Versuch. Wir glauben, dass
turellen Schnittstellen. Sein Arbeitsbegriff umfasst Mitglied-    Fragen fragen hilft: Wer erinnert was und wen wann wie?
schaften in Gruppen & Vereinen, z.B.: IFAH | Institut für ange-   Ist Verhinderungsarchitektur ein Kurhotel des Vergessens?
wandte Heterotopie, Quellkollektiv e.V., Pilotprojekt Heizhaus,
Vorträge & Aktionsformen im OFF-SPACE                             Erinnerungstheater. Rollen? Ausstattung? Statist*innen?
                                                                  Dramaturgie? Bühne? Aufführung? Permiere und / oder Der-
                                                                  nière? (Selbst)Darstellung? Wer kommt durchs Casting?

                                                                  Wir schlagen vor:
                                                                  Reeducation.
                                                                  Giftschränke immer mitzudenken.
                                                                  Das gemeinsame Verlernen von Erzählungen wagen.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                         auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 3: Erinnerungstheater
Donnerstag, 23.09.2021 / 16:30 Uhr

Astrid Messerschmidt                                             Erinnern zwischen Etablierung
                                                                 und Kritik – historisch-politische Bildung
                                                                 in den Widersprüchen der postnational​
                                                                 sozialistischen Gesellschaft
Astrid Messerschmidt (*1965) Erziehungswissenschaftlerin         Aus den Perspektiven kritischer politischer Bildungsarbeit
und Erwachsenenbildnerin, Studium der Pädagogik Ger-             und Gedenkstättenpädagogik skizziert der Vortrag Span-
manistik und Politikwissenschaft; seit 2016 Professur für        nungsfelder zwischen einer in der westlichen Bundesre-
Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Geschlecht            publik nach 1980 etablierten und nach der Vereinigung der
und Diversität an der Bergischen Universität Wupper-             beiden deutschen Staaten immer staatstragender gewor-
tal; von 2009-2014 Professur für Interkulturelle Pädagogik/      denen Erinnerungskultur und einem kritischen Geschichts-
Lebenslange Bildung an der Pädagogischen Hochschule              bewusstsein, das sich nicht instrumentalisieren lässt. Gegen
Karlsruhe; Gastprofessuren in Darmstadt, Flensburg, Wien         eine Vereinnahmung für die nationale Selbstbestätigung
und Innsbruck.                                                   stehen Ansätze einer Auseinandersetzung mit den Nachwir-
Arbeitsschwerpunkte: Migrationsgesellschaftliche Bildung         kungen der Ideologien von Rassismus und Antisemitismus
und Rassismuskritik; Antisemitismus- und Antiziganismus-         in der Gegenwart der postnationalsozialistischen Gesell-
kritik; Erziehungswissenschaftliche Geschlechterforschung;       schaft. Zwischen der Verwerfung hoffnungslos unkritischer
Bildungsarbeit in den Nachwirkungen des Nationalsozialis-        Erinnerungsrituale einerseits und einer Vorstellung natio-
mus; Kritische Bildungstheorie.                                  naler Läuterung durch Geschichtsaufarbeitung und Demo-
2019-2021 Mitglied der Unabhängigen Kommission Antiziga-         kratie andererseits wird eine dritte Position eingenommen,
nismus der Bundesregierung.                                      die Widersprüche im Gedenken nicht auflöst, sondern nach
                                                                 selbstkritischen Positionen im Umgang mit den NS-Verbre-
                                                                 chen sucht. Nicht zuletzt wird reflektiert, wie mit der Insti-
                                                                 tutionalisierung von Erinnerung Räume der Kritik eröffnet
                                                                 worden sind.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                         auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 3: Erinnerungstheater
Donnerstag, 23.09.2021 / 16:30 Uhr

Hans - Joachim Wagner                                            Erinnerungskultur(en) – Und dann?

Prof. Dr. Hans-Joachim Wagner ist nach einem Studium der         Kaum je stand Erinnerungskultur stärker unter Legitima-
Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Deutschen Philo-          tionsdruck als gegenwärtig. Und das zu Recht, weil sie in er-
logie als Kulturmanager, Kurator, Wissenschaftler und Autor      starrten Denkmustern zu verharren droht. Über Jahrzehnte
tätig. Nach einem Jahrzehnt als Fachbereichsleiter für Musik     war sie ein spezifisch deutscher Modus der „Bewältigung“
und Darstellende Künste bei der Kunststiftung NRW in Düs-        der Gräueltaten des Nationalsozialismus. Heute müssen wir
seldorf kam er 2018 nach Nürnberg. Hier leitete er das Büro      uns die Fragen stellen: Wer erinnert was? – Wer erinnert
für die Bewerbung Nürnbergs um den Titel Kulturhauptstadt        weshalb? – Wer erinnert an welchem Ort?
Europas 2025. Seit 2021 leitet er die Stabsstelle Ehemaliges     Nürnberg ist eine Stadt, die aufgrund ihrer Geschichte eine
Reichsparteitagsgelände im Geschäftsbereich der 2. Bürger-       besondere Verantwortung im erinnerungskulturellen Dis-
meisterin der Stadt Nürnberg.                                    kurs einnimmt; eines Diskurses, der einerseits historische
                                                                 Verpflichtung ist, andererseits aber mit der Gegenwart kurz-
                                                                 geschlossen werden muss.
                                                                 Erinnerungskultur kann nicht eindimensional betrieben wer-
                                                                 den, sie ist allein im Horizont eines pluralen Gedächtnisses
                                                                 zu verstehen. Und Erinnerungskulturen können nicht allein
                                                                 auf eine historische Dimension beschränkt bleiben, sondern
                                                                 sind stets als Movens für die Gestaltung von Gegenwart und
                                                                 Zukunft in einer globalen Perspektive zu begreifen.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Input: Steinerne Zeugen 1/2
Freitag, 24.09.2021 / 13:30

Hanne Leßau                                                           Jenseits der Architektur.
                                                                      Aufforderung zu einem anderen Blick auf
                                                                      das Reichsparteitagsgelände

Ich bin promovierte Zeithistorikerin und Ausstellungsma-
cherin. Nach dem Studium der Neuesten Geschichte, Roma-
nistik und Gender Studies an der Ruhr-Universität Bochum
war ich von 2011 bis 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin im
DFG-Projekt „Der Nationalsozialis-mus als biografische und
gesellschaftliche Herausforderung“ am Lehrstuhl für Zeitge-
schichte (Prof. Dr. Constantin Goschler). In diesem Projekt-
rahmen entstand auch meine Dissertation, die unter dem
Titel „Entnazifizierungsgeschichten. Die Auseinandersetzung
mit der eigenen NS-Vergangenheit in der frühen Nachkriegs-
zeit“ (2020) erschienen ist.
Seit 2009 bin ich zunächst projektbezogen, seit 2014 haupt-
beruflich an verschiedenen Aus-stellungshäusern und Er-
innerungsorten an den Nationalsozialismus beschäftigt.
Während meiner Tätigkeit am Dokumentationszentrum
Reichsparteitagsgelände (2015-2020) habe ich ein mehrjähri-
ges internationales Ausstellungs- und Forschungsprojekt zur
Geschichte der NS-Zwangslager auf dem Reichsparteitags-
gelände durchgeführt, das sich in besonderer Weise auch
mit den sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilist:innen
befasst hat, die zwi-schen 1941-1945 hierher gebracht wur-
den. Das Projekt umfasste sowohl erstmals systema-tische
Recherchen in mehr als 80 in- und ausländischen Archiven
sowie die Entwicklung verschiedener Vermittlungsangebote
- Wechselausstellungen, Webpräsentation und Publi-kation.
Seit April 2020 bin ich als Kuratorin am NS-Dokumentations-
zentrum der Stadt Köln tätig.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                           auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Input: Steinerne Zeugen 1/2
Freitag, 24.09.2021 / 13:30 Uhr

Hanne Leßau

Jeneits der Architektur.                                        Norden große Überreste erhalten haben, die unübersehbar
                                                                im Stadtraum stehen, sind die baulichen Spuren vom „Tat-
Aufforderung zu einem anderen Blick auf
                                                                ort Reichsparteitagsgelände“ infolge des Neubauprojektes
das Reichsparteitagsgelände                                     Langwasser restlos beseitigt worden – mit Ausnahme des
                                                                ehemaligen Lagerbahnhofs. Die Unsichtbarkeit ist jedoch
Aufforderung zu einem anderen Blick auf das Reichspartei-       kein Argument für eine (weitere) Vernachlässigung der Ge-
tagsgelände                                                     walt- und Verbrechensgeschichte: Meines Erachtens liegt
Nach einer nunmehr fast 50 Jahre währenden kritischen           gerade hier die eigentliche erinnerungskulturelle und auch
Auseinandersetzung mit Fragen zur Bauplanung, -finanzie-        intellektuelle Herausforderung für die Gestaltung und Be-
rung und -durchführung sowie zum Umgang mit den bau-            spielung des historischen Ortes Reichsparteitagsgelände.
lichen Hinterlassenschaften, ist es meines Erachtens an der
Zeit, den Fokus auf die Repräsentations-Architektur grund-
sätzlich zu hinterfragen. Beschäftigt man sich genauer mit
dem historischen Ort Reichsparteitagsgelände, zeigt sich,
dass die Parteitagsbauten einer Auseinandersetzung mit der
Geschichte des Ortes vielfach im Wege standen.
Der Beitrag verweist eingangs auf den neuen Wissensstand,
wonach das Reichsparteitagsgelände während des Zweiten
Weltkrieges ein zentraler Tatort nationalsozialistischer Ver-
brechen war. Vor dem Hintergrund dieser Geschichte er-
geben sich neue Blickweisen auf den historischen Ort und
auch auf die Architektur: Mit der Gewaltgeschichte im süd-
lichen Reichsparteitagsgelände rückt statt der Repräsenta-
tionsarchitektur vor allem „Profanarchitektur“ in den Fokus
– Infrastruktur und Baracken. Die Nutzung des Reichspar-
teitagsgeländes im Krieg lässt dabei einen ausgesprochen
großen Pragmatismus erkennen, der die symbolische Über-
höhung und mitunter schon fast sakrale Anmutung des Auf-
marschgeländes irritiert und Besuchererwartungen heraus-
fordert. Während sich von den Veranstaltungsarenen im

                                                                                                                           2
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Input: Steinerne Zeugen 1/2
Freitag, 24.09.2021 / 13:30

Talya Lubinsky                                                        Melting Memory at the Flossenbürg
                                                                      Concentration Camp Memorial

Talya Lubinsky is an artist from Johannesburg, currently              I will discuss work in progress that responds to the Memorial
based in Berlin. In 2019-2020 she was awarded a one year              to the Flossenbürg Concentration Camp, located next to a
residency at Künstlerhaus Bethanien, Berlin, funded by the            granite quarry, where prisoners were forced work during the
KfW Stiftung. Solo exhibitions include Marble Dust, Künstler-         Nazi period. Through a material investigation of Flossenbürg
haus Bethanien, Berlin (2020), Floating Bodies, Iwalewahaus,          granite, I critically engage memorial culture, particularly re-
Bayreuth, (2017) and If we burn, there is ash, Wits Anthro-           garding the history of NS in Germany. Flossenbürg granite
pology Museum, Johannesburg (2016). Lubinsky received an              was used as a cladding material for the Nazi Rally grounds
MFA with distinction from Wits University, Johannesburg and           in Nuremberg, but it was also repurposed from Camp archi-
is currently a PhD candidate in the Department of History             tecture to create gravestones and various monuments in the
at the University of the Western Cape, Cape Town, based at            Flossenbürg memorial complex. Stone, a solid material com-
the Centre for Humanities Research. She is a recipient of an          monly put to work in service of mourning and memorialisa-
Andrew W. Mellon Centre for Humanities Research Flagship              tion, is heated and transformed into a fluid substance, one
Doctoral Fellowship.                                                  that can be imaginatively imbued with the latent potentiality
                                                                      of lava in the depths of the earth.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Input: Steinerne Zeugen 1/2
Freitag, 24.09.2021 / 13:30

Linda Svitlana                                                        The Architecture of Totalitarianism
                                                                      in Nuremberg:
                                                                      A view from Ukraine

Linda Svitlana, Doctor of Architecture, Professor, Head of the        Many countries that survived the times of totalitarian rule
Department of Design and Architecture Fundamentals, Ins-              to-day face the problem of so-called “problematic” or
titute of Architecture and Design, Lviv Polytechnic National          “undesi-rable” architectural heritage. What to do with
University, Lviv, Ukraine.                                            objects that re-mind you of the scary and painful pages of
Svitlana Linda was born in Lviv. In 1990, she graduated from          your own history?In Germany, the “undesirable legacy” is
the Lviv Polytechnic National University with a degree in             the confrontation with one’s own past choice, with one‘s
Architecture. In 1999, she defended his dissertation for the          own legacy of the cri-minal National Socialist system.
degree PhD of architecture. In 2014, she defended his dis-            There are many objects of National Socialist architecture
sertation for the degree of Doctor of Architecture. In 2016, she      left.   An   example   is   Nuremberg     which    held   great
was awarded the academic title of professor.                          significance during the Nazi Germany era. A decision on the
Author of scientific and methodological works, published              fate of the buildings has not yet been made and discussions
in Poland, Germany, Italy, and Ukraine. Research interests:           are ongoing. But it seems that the important problem today
history and theory of architecture. Author of scientific publi-       is the integration of objects that symbolize the brown past
cations indexed in Scopus and Web of Science.                         into the modern cultural and urban landsca-pe. It is an
                                                                      educational, explanatory work on what these buil-dings
                                                                      mean when, by whom and for what they were erected.
                                                                      Perhaps preserving the memory of a terrible past is an
                                                                      im-portant prerequisite for not repeating it in the future.
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                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 4: Steinerne Zeugen 2/2
Freitag, 24.09.2021 / 14:30

Noa K. Ha                                                             (Post) Koloniale Räume in der Stadt

Dr. Noa K. Ha ist Stadtforscherin. Seit Juli 2020 war sie kom-        Anhand von verschiedenen Beispielen werden sowohl die
missarische Wissenschaftliche Geschäftsführerin am DeZIM-             „Steinwerdung“ von kolonialer Architektur bzw. Planung auf-
Institut. Von 2018 bis 2020 leitete sie das Zentrum für Integ-        zeigt und konkrete Beispiele der Dekolonisierung bzw. des
rationsstudien an der TU Dresden als Geschäftsführerin und            Antirassismus erläutert.
Nachwuchsforschungsgruppenleiterin. Von 2013 bis 2017 war
sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Post-Doc am Center
for Metropolitan Studies (CMS) an der TU Berlin.
Sie ist Gründungsmitglied der Fachgesellschaft für rassis-
muskritische, postkoloniale und dekoloniale Forschung und
Praxis (DeKolonial e.V.i.G.). und ist im asiatisch - deutschen
Verein korientation e.V. aktiv.
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                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 4: Steinerne Zeugen 2/2
Freitag, 24.09.2021 / 14:30

Stephan Trüby                                                         „Rechte Räume“

Prof. Dr. phil. Stephan Trüby (* 1970) ist Professor für Archi-       Gibt es eine architektonische und städtebauliche Agen-
tekturtheorie und Direktor des Instituts für Grundlagen               da hinter der Politik zeitgenössischer rechtspopulistischer,
moderner Architektur und Entwerfen (IGmA) der Universität             rechtsradikaler, rechtsextremistischer und (neo-)faschis-
Stuttgart. Zuvor war er Professor für Temporäre Architektur           tischer Kräfte? Und wenn ja: Inwieweit macht sich hierfür
an der HfG Karlsruhe (2007-09), leitete das Postgraduierten-          die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“ zur unfreiwilligen
programm MAS Scenography/Spatial Design an der Zürcher                Helferin? Diese Leitfragen bestimmen das Forschungs-
Hochschule der Künste (2009-2014), lehrte Architekturtheo-            projekt „Rechte Räume“ des Instituts für Grundlagen
rie an der Harvard University (2012-2014) und war Profes-             moderner Architektur und Entwerfen (IGmA) der Universität
sor für Architektur und Kulturtheorie an der TU München               Stuttgart. Institutsleiter Prof. Dr. Stephan Trüby präsentiert in
(2014-2018). Zu seinen wichtigsten Büchern gehören Exit-              seinem Vortrag ausgewählte Forschungsergebnisse.
Architektur. Design zwischen Krieg und Frieden (2008), The
World of Madelon Vriesendorp (2008, mit Shumon Basar),
Germania, Venezia. Die deutschen Beitrage zur Architekturbi-
ennale Venedig seit 1991 – Eine Oral History (2016, mit Verena
Hartbaum), Absolute Architekturbeginner: Schriften 2004-
2014 (2017), Die Geschichte des Korridors (2018) und Rechte
Räume. Politische Essays und Gespräche (2020).
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                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 4: Steinerne Zeugen 2/2
Freitag, 24.09.2021 / 14:30

Jörg Skriebeleit                                                      Haunted Places –
                                                                      Sites of (Non) - Memory

Dr. Jörg Skriebeleit, Kulturwissenschaftler und Historiker,           Hauntology, das klingt spooky — und das ist es auch: Geis-
Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Seit 2019 Hono-               terkunde. Was hat das mit den Relikten des NS-Regimes wie
rarprofessor an der Universität Regensburg. Gründungs-                Parteitagsbauten, ehemaligen Konzentrationslagern oder
direktor (zusammen mit Bernhard Löffler) des „Zentrums                anderen Verbrechensorten zu tun? Schon wieder ein neuer
Erinnerungskultur“ an der Universität Regensburg.                     kulturtheoretischer Schnick-Schnack, der auf diese Stätten
Promotion am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU               projiziert wird, die als Projektionsflächen für allerlei Beses-
Berlin. Verantwortlich für die Neukonzeption der KZ-Gedenk-           senheiten dienen?
stätte Flossenbürg. Wissenschaftlicher Leiter und Berater             Hauntology ist oder konkreter, war eine fixe Idee, eine psy-
von Museums- und Memorialprojekten, so z.B. bei der Neu-              chopathologische Okkupiertheit des britischen Poptheo-
gestaltung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, dem Richard-               retikers Mark Fischer. Er diagnostizierte eine Beliebigkeit
Wagner-Museum Bayreuth oder dem Erinnerungsort an das                 von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, in der Untote
Olympiaattentat München 1972. Zahlreiche Publikationen                und Dämonen herumspuken und das Verständnis von Zeit,
und Herausgeberschaften.                                              Raum und Deutungen verschieben oder gar nivellieren.
                                                                      Mit dem Denkmodell eines „haunted place“ lassen sich
                                                                      Vergangenheitsdiskurse in ihrer Abhängigkeit von gegen-
                                                                      wärtigen Geschichts- und Identitätspolitiken neu beschrei-
                                                                      ben und analytisch rahmen - auch von Orten wie etwa dem
                                                                      Reichsparteitagsgelände oder der heutigen Wohnsiedlung
                                                                      am Vogelherd, dem ehemaligen Konzentrationslager Flos-
                                                                      senbürg.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Input
Freitag, 24.09.2021 / 16:30

Jonas Lendl                                                           Die Wiederentdeckung des
                                                                      Reichsparteitagsgeländes:
                                                                      Postnationalsozialistische Basisnarrative
                                                                      in Nürnberg
Seit September 2020 akademischer Mitarbeiter am Heidel-               Als eine heterogene, progressive Minderheit Mitte der
berg Zentrum Kulturelles Erbe der Universität Heidelberg.             1960er-Jahre damit begann, die hegemoniale Selbstvikti-
Seit November 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-             misierung in der Stadt herauszufordern, lag der Fokus auf
Projekt „Das Programm ‚Kulturhauptstadt Europas‘ im Span-             dringlicheren politischen Handlungsfeldern als dem bauli-
nungsfeld lokal-urbaner und internationaler Kulturpolitiken“/         chen Erbe der Nazis. Entsprechend war es dem Schul- und
Promotion zur EU-Kulturhauptstadt-Initiative                          Kulturdezernenten Hermann Glaser im Rahmen der Eröff-
                                                                      nung der Tonbildschau in der Zeppelintribüne 1984 wichtig
                                                                      zu betonen, dass nun auch hier Erinnerungsarbeit stattfinden
                                                                      würde. Heute dagegen scheint die zukünftige Erinnerung an
                                                                      den Nationalsozialismus am Erhalt und der kreativen Aufbe-
                                                                      reitung der NS-Monumentalarchitektur zu hängen. Wie kann
                                                                      diese gedächtnispolitische Veränderung gefasst werden?
                                                                      Welche städtischen Geschichtserzählungen und Perspekti-
                                                                      ven auf das Gelände lassen sich feststellen? Und was bleibt
                                                                      im Schatten der Fokussierung auf Zeppelintribüne, Zeppe-
                                                                      linfeld und Kongresshalle?
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

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Freitag, 24.09.2021 / 16:30

Sebastian Tröger                                                      Das Serious Game
                                                                      „Behind the Scenes – Nuremberg ‘34“

Sebastian Tröger (*1986 in Erlangen, Deutschland) lebt und            Das    Dokumentationszentrum       Reichsparteitagsgelände
arbeitet in Nürnberg.                                                 arbeitet als Teil des internationalen Förderprogramms „di-
Seit 2017 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Dokumentati-              gital//memory“ der Stiftung EVZ an der Entwicklung eines
onszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg                           Serious Game.
Seit 2014 Lehrbeauftragter für Medienkunst Sound an der               Auf der Grundlage von historischen Dokumenten, Zeitzeu-
AdBK Nürnberg                                                         geninterviews und medialen Überlieferungen wird aktuell
2007-2014 AdBK Nürnberg                                               eine erste Anwenderversion in Zusammenarbeit mit einem
2010-2011 HfG Karlsruhe/ AdBK Karlsruhe                               interdisziplinären Team aus Künstler*innen, Wissenschaft-
                                                                      ler*innen und Entwickler*innen erstellt. Der Erzählduk-
                                                                      tus und die ästhetische Umsetzung des Game sind dabei
                                                                      von Graphic Novels inspiriert. In digitalen und interaktiven
                                                                      Spielszenen können User*innen das Ereignis des Reichs-
                                                                      parteitags 1934 mit Hilfe von In-Game-Characters aus un-
                                                                      terschiedlichen Perspektiven und durch individuelle Schil-
                                                                      derungen explorativ erfahren.

                                                                      Der Projektleiter Sebastian Tröger stellt erste exemplarische
                                                                      Szenen vor und spricht über die Zielsetzungen und Heraus-
                                                                      forderungen bei der Entwicklung des digitalen Lernformats.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 5: Neue Bilder?!
Freitag, 24.09.2021 / 17:00

Gabu Heindl                                                           StädteUmbau im Gedenken:
                                                                      Post-repräsentative Memorials im öffentli-
                                                                      chen Raum

Gabu Heindl, Professorin für Städtebau an der Fakultät Ar-            Städtische Räume bestehen aus Schichtungen und Sedi-
chitektur, Nuremberg Institute of Technology und Diploma              mentierenden geschichtlicher Konfliktmomente – sowohl
Unit Master an der AA in London. Promovierte Architektin              von Solidarität und Kämpfen um ein besseres Leben als
und Stadtplanerin mit Bürositz in Wien, zahlreiche Publika-           auch von Unrecht und Verbrechen. Planungsergebnisse
tionen und Projekte zu Geschichtspolitik im urbanen Raum              und gebaute Stätten aus der Zeit des Nationalsozialismus,
und im Ausstellungskontext. Aktuelle Monografie: Stadtkon-            wie das Nürnberger Reichsparteitagsgelände, sind Zeugen
flikte. Radikale Demokratie in Architektur und Stadtplanung,          für das verbrecherische Regime der Nazis und zugleich Teil
Wien 2020.                                                            heutiger Stadtentwicklungspläne. Anhand ihrer stellt sich die
                                                                      besondere Aufgabe, wie Gesellschaften sich der Erinnerung
                                                                      in einer aktiven und nicht abgeschlossenen Form stellen
                                                                      können, gerade durch einen nicht-historisierenden Umgang.
                                                                      Mein Vortrag befragt anhand von konkreten Projekten
                                                                      und Realisierungen und auf Basis radikaldemokratischer De-
                                                                      mokratietheorie das Potenzial post-repräsentativer Erinne-
                                                                      rung in Zeiten vermehrt konservatorischer und touristischer
                                                                      Erinnerungsvermarktung.
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                           auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 5: Neue Bilder?!
Freitag, 24.09.2021 / 17:00 Uhr

Ingmar Saal und Schüler*innen

2000/05 Studium an der Akademie der bildenden Künste in          Kann Kunst ein Moment der gesellschaftlich, demokrati-
Nürnberg, Studentische Hilfskraft bei Prof. Dr. Lüdeking         schen Einmischung darstellen? Kann ich selbst aktiv Ver-
2005 Meisterschüler für Malerei bei Professor Michael Mund-      änderungen gestalten. Welche Wirkung erzeugen die Bilder,
ing, ab 2007 Tätigkeit als Kunstlehrer                           die entstehen - und können sie weitere Handlungen, eine
ab 2012 Publizistische Tätigkeit für KUNST+UNTERRICHT            Diskussion auslösen. Ist es möglich mittels der sozialen Me-
Seit 2019 Dozent an der Akademie der Bildenden Künste            dien, wie Instagram, die eigene gesellschaftliche Nische zu
2020/21 Mitherausgeber des KUNST+UNTERRICHT Heftes               verlassen und Aufmerksamkeit zu erzeugen?
„Geteilte Identitäten“.
                                                                 Hintergrund des Projektes:
                                                                 Ingmar Saal veröffentlicht gemeinsam mit Prof. Dr. Johannes
                                                                 Kirschenmann im Vorfeld der documenta fifteen ein Heft mit

Additum Kunst: Regenbogenpost-                                   dem Titel „kulturelle Transfers“. Es wird die Frage aufwerfen,,
                                                                 wie interkulturelle Transfers funktionieren und welch Rolle
skriptum.
                                                                 die bildende Kunst spielen kann. Ausgangspunkt der Über-
                                                                 legungen ist ein offener Kulturbegriff:
Unter der Leitung von Ingmar Saal gestalteten die Schüle-
                                                                 Kulturen sind die Summe und zugleich das Medium von
rinnen und Schüler Sockel, die temporär auf der Zeppelin-
                                                                 Repräsentationen. Zeichen und Sprache konstruieren einen
tribüne platziert wurden.
                                                                 imaginären Raum in dem sich Gesellschaften bewegen. Kul-
Die Aktion Regenbogenpostskriptum bezog sich auf die me-
                                                                 turen werden als ein Gewebe aus Bedeutungen untersucht.
dial wirksame Intervention des Regenbogenpräludiums, die
                                                                 Die Art und Weise der Interpretation dieses „Gewebes“ ist
über Nacht acht Pfeiler der sogenannten Zeppelinhaupttri-
                                                                 entscheidend, folglich auch die Rolle des interpretierenden
büne in Nürnberg in den leuchtenden Farben des Regenbo-
                                                                 Subjekts.
gens einfärbten. Guerilla Kunst, die ein Plädoyer für Vielfalt
                                                                 Hier stellt sich die Frage nach der Macht der Bilder, und der
und Offenheit in der Gesellschaft darstellte und die Frage
                                                                 unterschiedlichen Kontexte. Können künstlerische Strate-
einer Nutzung des Geländes wiederaufgriff und im selben
                                                                 gien, wie Interventionen, an dieser Stelle ansetzten und Be-
Atemzug die Dimension der Bilder des Geländes in den Me-
                                                                 deutungs-konstellationen und Erzählungen verändern?
dien und ihre Wirkung auf die kollektive Erinnerung themati-
sierte und zuspitzte. Als Anknüpfungspunkt dienten folgen-
                                                                 Und: Wer sind die Akteure der Erzählungen?
de Fragen:

                                                                                                                              1
International Public Summer School 2021 „Bilder vom Gelände“
                              auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Panel 5: Neue Bilder?!
Freitag, 24.09.2021 / 17:00

Martin Schmidl                                                        Ausstellungen holistisch betrachtet
                                                                      Von der professionellen Rezeption
                                                                      zu neuen Ausstellungsformaten

In seiner wissenschaftlichen Arbeit untersucht Martin                 Bei der Untersuchung unterschiedlichster Ausstellungen ist
Schmidl aus design- und kunstwissenschaftlicher Pers-                 auffallend, dass nahezu alle journalistischen Rezeptionen die
pektive Ausstellungen und deren Rezeption. Dabei geht es              gestalterischen, ästhetischen und atmosphärischen Quali-
ihm um das Zusammenspiel kuratorischer-, wissenschaftli-              täten von Ausstellungen vernachlässigen und damit unvoll-
cher-, künstlerischer und gestalterischer Vorstellungen und           ständige Eindrücke vermitteln. Auch die Kunstgeschichte
Entscheidungen für ein holistisches Verständnis von Ausstel-          hat bis vor kurzem Werke, Künstler:innen, Stile oder Kura-
lungen. Nach der Ausstellungsgeschichte der KZ-Gedenkstät-            tor:innen in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen gestellt
te Dachau (Postwar Exhibition Design. Displaying Dachau,              und Ausstellungen als Medium von eigener Bedeutung
König, 2010) ist sein aktuelles Forschungsfeld die Rezeption          übersehen. Auch in den Kommissionen, die Ausstellungsge-
von Ausstellungen in der Presse, ihre Analysen in der Kunst-          stalter:innen auswählen sind Fachleute aus dem Bereich des
geschichte und ihre Rekonstruktionen durch Kurator*innen              Gestalterischen deutlich in der Minderheit. Was sagt dieser
(Kritik der Ausstellung, Edition Metzel, 2022). Seine theore-         eingeschränkte Blick auf das Medium über unsere Erwar-
tische Auseinandersetzung mit dem Ausstellen basiert auf              tungen an Ausstellungen aus?
einer langjährigen Ausstellungspraxis als Ausstellungsge-             Von dieser Frage ausgehend, stellt Martin Schmidl eine ho-
stalter, Künstler und Kurator.                                        listische Betrachtung des Formats Ausstellung in den Mit-
Martin Schmidl hat in den obigen Feldern an verschiedenen             telpunkt seines Vortrags. Anhand von konkreten Beispielen
Hochschulen unterrichtet: Akademie der Bildenden Künste               werden Protagonist:innen, ihre Arbeitsbeziehungen zuein-
München, UdK Berlin, Academie Beeldede Kunsten Maast-                 ander und die Bedingungen unter denen Ausstellungen heu-
richt, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, School            te entstehen und zukünftig entstehen könnten, beleuchtet.
for Art & Design Newcastle, Akademie der Bildenden Künste
Dresden, Akademie der Bildenden Künste Münster, Interna-
tionale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg.
Ausstellungsgestaltungen: Haus der Kunst München, West-
fälisches Landesmuseum Münster, Senckenberg Naturmuse-
um Frankfurt, Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Ludwig
Forum für Internationale Kunst Aachen, History of Science
Centre Muskat / Oman, Max Mannheimer Haus Dachau.
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