Retail meets Logistics 2030 - PERSPEKTIVEN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
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Retail meets Logistics 2030 PERSPEKTIVEN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Inhalt Grußwort von Dr. Eva Lohse und Dr. Andreas Mattner .............................................................4 Grußwort von Peter Altmaier ..................................................................................................6 Geleitwort von Markus Lewe ..................................................................................................8 Geleitwort von Dr. Uwe Brandl ..............................................................................................10 Geleitwort von Reinhard Sager .............................................................................................12 Welche Bedeutung werden Einzelhandels- und Logistikimmobilien im Jahr 2030 für Investoren haben? – von Iris Schöberl ............................................................................15 Wie werden Logistik- und Handelsflächen 2030 zueinander stehen? – von Dr. Thomas Steinmüller ..............................................................................................19 Wie werden Shopping-Center im Jahr 2030 aussehen? – von Klaus Striebich......................23 Nahversorgung im städtischen und ländlichen Raum – wie wird der Einzel- handel im Jahr 2030 aussehen? – von Stephan Koof und Daniela Jacobsen ........................27 Wie wird der Onlinehandel im Jahr 2030 aussehen? – von Raimund Paetzmann..................31 Impressum ..........................................................................................................................34 3
Grußwort von Dr. Eva Lohse und Dr. Andreas Mattner aus Stadtentwicklungsperspektive. Der ZIA setzt sich nun vorliegenden Broschüre mehrere fundierte Ein- bereits seit Gründung des Verbands dafür ein, dass schätzungen aus dem Einzelhandels- und Logistik- Vermieter und Nutzer von Einzelhandelsflächen die sektor erhalten durften. Abgerundet wird das durch richtigen Rahmenbedingungen vorfinden, um die Le- Meinungsbeiträge der kommunalen Spitzenvertreter Dr. Eva Lohse bensqualität der Stadt- und Landbewohner zu erhö- Deutschlands und von Bundeswirtschaftsminister Vorsitzende des ZIA-Kommunalrats, hen. Und wir konnten viel bewegen. Peter Altmaier. Das ist für uns als Verband eine außer- Oberbürgermeisterin a.D. Dr. Andreas Mattner der Stadt Ludwigshafen und ordentliche Ehre und ein eindrucksvoller Beleg dafür, Präsident des ZIA Zentraler ehemalige Präsidentin Immobilien Ausschuss e.V. des Deutschen Städtetags Doch der Einzelhandel muss sich wie alle anderen dass die politische Wahrnehmung auch für die Proble- Wirtschaftssektoren in Deutschland auf ein geänder- me des Einzelhandelssektors vorhanden ist. tes Konsumverhalten einstellen. Der wachsende Wett- Meine sehr verehrten Damen und Herren, nahmen und Fachkräftemangel in der Verwaltung bewerbsdruck durch den Online-Handel ist zu einem Die hier vorliegenden Impulse sind eine Denkstütze klagen und Arbeitgeber verzweifelt nach neuen Ta- existenziellen Problem geworden, das es zu lösen gilt. für unsere Branche und unsere Nutzer. Und sie sind die Bevölkerungszahl Deutschlands lag am 30. Juni lenten suchen. Mehrere Filialisten klagen über sinkende Umsätze und ein Anstoß, um das Thema zu vertiefen. Gerade in 2018 bei 82,887 Millionen Menschen. Noch nie zu- Besucherzahlen, ganze Einkaufsstraßen bemängeln diesen Zeiten geht es darum, gemeinsame Ziele zu vor gaben unsere Städte und Gemeinden so vielen Doch in dieser gesamten Diskussion wird eine Nut- weniger Publikumsverkehr. entwickeln und zu verfolgen. Wir sollten auf eine Zu- Menschen eine Heimat. Sie bieten ihnen die Infra- zungsart vernachlässigt, die für Deutschland eben- sammenarbeit aller Akteure bestehen. Die Kollabora- struktur zum Leben, Wohnen, Arbeiten, Versorgen so unerlässlich ist: der Einzelhandel. Jeder Mensch In diesen Zeiten sind innovatives Denken und der Ein- tion zwischen Logistik und Einzelhandel zeigt, dass es und Entspannen. Sie sind das stabile Fundament versorgt sich, sei es analog oder digital. 2016 wur- satz neuer Technologien und Möglichkeiten so wichtig funktioniert. Dafür müssen Anbieter, Immobilienwirt- des Zusammenlebens und die Grundlage für unsere den alleine 218 Milliarden Euro in Deutschland für wie selten zuvor. Man könnte auch sagen: Der Ein- schaft und Politik die nötige Flexibilität unter Beweis Gesellschaft. sogenannte Fast Moving Consumer Goods ausgege- zelhandel muss sich neu erfinden. Es gibt zahlreiche stellen. ben, also Konsumgüter wie Lebensmittel, die nahe- Beispiele in Deutschland und weltweit, wie es funkti- Doch natürlich kommt mit diesem Wachstum auch zu täglich benötigt werden. Und nicht nur das: der onieren kann. Der Einzelhandel sondiert seine Mög- Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick über den Tel- der Schmerz. Immer mehr Menschen ziehen in die Einzelhandel ist Arbeitgeber. 2015 arbeiteten über lichkeiten. Er setzt auf Kooperation, Vernetzung und lerrand werfen und schauen, wie wir uns weiterent- Großstädte, während der ländliche Raum mit Ab- 3,7 Millionen Menschen in diesem Bereich. Effizienz. Und auf allen Wegen ist und bleibt der Kunde wickeln können. wanderungsproblemen kämpft. Der Politik ist die- König. Das ist erfreulich – aus politischer, wirtschaftli- se Herausforderung ebenso wenig fremd wie der Der Einzelhandel ist seit vielen Jahrhunderten das le- cher und gesellschaftlicher Perspektive. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Immobilienwirtschaft. Und auch die Gesellschaft bendige Rückgrat unserer Städte und Gemeinden. Der weiß um die angespannten Immobilienmärkte, die Marktplatz war früher das pulsierende Herz der Dorf- In diesem wandlungsfähigen Umfeld haben wir meh- derzeit breit in der Öffentlichkeit diskutiert werden. zentren, heute locken Händler und Filialen Millionen rere Experten zu ihrer Einschätzung befragt. Es zeigt Miet- und Kaufpreise von Wohnungen steigen, Bü- von Menschen in ganz Deutschland auf die Straßen. sich, dass insbesondere die Vernetzung von Einzel- roflächen werden knapp. Demgegenüber stehen Einzelhandel steigert die Lebensqualität, Shopping handel und Logistik – aus Immobilien- und Anbie- Regionen, in denen der Wohnungsleerstand sehr und Flanieren sind beliebte Freizeitbeschäftigungen terperspektive – eine immer stärkere Rolle spielt. Es hoch ist, Kommunen über sinkende Steuerein- für viele Deutsche. Das ist schützenswert – auch freut uns deshalb außerordentlich, dass wir in der 4 5
Grußwort von Peter Altmaier Peter Altmaier Bundesminister für Wirtschaft und Energie Der Strukturwandel im Einzelhandel ist allgegen- quentiert. Die Folge davon sind vielerorts Leerstände. Die Herausforderungen für die Innenstädte der Zukunft wärtig. Ausgelöst durch Digitalisierung, verändertes Gleichzeitig stellen die vielen Paketdienst-Fahrzeu- kann freilich nicht der Einzelhandel alleine lösen. Viel- Käuferverhalten und demografischen Wandel muss ge vor allem größere Städte vor neue Herausforde- mehr bedarf es integrierter Konzepte von Städtebau, der Einzelhandel sich mit andauernden Verände- rungen. Viele Innenstädte nähern sich mittlerweile der Handel und Logistik. Schon jetzt stellen wir fest, dass rungen auseinandersetzen. Handel ist schon län- Kapazitätsgrenze. sich diese Bereiche immer weniger voneinander tren- ger nicht mehr allein das klassische Ladengeschäft nen lassen werden. Den Prozess der Digitalisierung vor Ort, sondern mit stetig wachsendem Anteil auch Entscheidend ist es für mich daher, den Einzelhandel können und wollen wir nicht zurückdrehen. Vielmehr Online-Handel oder eine Kombination aus beidem. fit zu machen für die Zukunft. Und dies nicht nur im sollten wir jetzt alles daran setzen, die richtigen Wei- In gleichem Maße hat sich auch die Logistik verändert. Interesse des Einzelhandels selbst. Sondern auch, chenstellungen für Handel und Logistik vorzunehmen. Ihr kommt eine neue, herausgehobene Bedeutung zu: weil Ladengeschäfte eine zentrale Rolle spielen, wenn Das heißt vor allem: Konzentrieren wir uns darauf, die Waren werden nicht mehr überwiegend in großer es darum geht, Innenstädte als attraktive und lebendi- Chancen der Digitalisierung konsequent zu nutzen! Stückzahl und gebündelt zu Händlern transportiert ge Begegnungsräume für die Gesellschaft zu erhalten. und von dort weiterverkauft, sondern legen inzwi- In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine spannende schen viel individuellere Wege mit einer viel größeren Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung in Lektüre. Anzahl von Anlaufpunkten zurück. Gewinner dieser Kürze ein Kompetenzzentrum Einzelhandel ins Leben Entwicklung ist eindeutig der Kunde. Online-Shopping rufen. Es soll kleinen und mittleren Händlern bei der erscheint zumeist die preiswerteste und bequemste Digitalisierung konkrete Hilfestellung anbieten. Insbe- Option zu sein. sondere geht es darum, Händlerinnen und Händler in die Lage zu versetzen, interne Prozesse effizienter zu Die Kehrseite der Medaille sind die hinlänglich be- gestalten und gleichzeitig das Kauferlebnis der Kun- kannten Probleme für den stationären Handel, deren den aufzuwerten. Das Kompetenzzentrum soll hier Auswirkungen wir alle als Gesellschaft zu spüren sensibilisieren, informieren und erfolgreiche Digitali- bekommen. Die Innenstädte werden weniger fre- sierungsbeispiele aufzeigen. 6 7
Geleitwort von Markus Lewe Oberbürgermeister Markus Lewe Präsident des Deutschen Städtetages Innenstädte und Stadtteilzentren sind heutzutage listen, Franchise-Unternehmen und Shopping Malls. Das gemeinsame Ziel sind saubere und lebens- geprägt durch eine Mischung unterschiedlicher Wohn- und Freizeitnutzungen sowie gastronomische werte Städte, die die Versorgung sicherstellen und Funktionen wie Wohnen, Arbeit, Handel, Kultur, Ver- Logistik-Angebote siedeln sich ebenfalls verstärkt in die verkehrliche Belastungen für die Bevölkerung waltung, Kommunikation und Begegnung. Der Han- den Innenstädten an. minimieren. del soll dabei auch in Zukunft eine tragende Rolle einnehmen. Jede Stadt hat ihre eigene Geschichte Damit Handel in den Innenstädten funktioniert, bedarf Der Deutsche Städtetag hat daher im Jahr 2017 ge- und ihr eigenes Profil, dennoch sind die Städte wei- es einer angepassten Logistik. Bedingt durch den meinsam mit dem Handelsverband Deutschland HDE terhin der zentrale Ort, an dem der Handel stattfin- wachsenden Onlinehandel steigt die Anzahl der Pa- ein gemeinsames Positionspapier zu „Stadt und Han- det – Stadt und Handel waren, sind und bleiben eng ketsendungen Jahr für Jahr auf bis zu 4 Milliarden del“ veröffentlicht. Zudem haben der Deutsche Städ- miteinander verbunden. im Jahr 2020. Die urbanen Verteilerverkehre steigen tetag (DST), der Deutsche Städte- und Gemeindebund ebenfalls stetig und erhöhen das Verkehrsaufkom- (DStGB), der Handelsverband Deutschland (HDE) so- Die Digitalisierung, der demografische Wandel, Verän- men. Das Wachstum erzeugt zusätzlich Verkehr trotz wie der Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK) derungen des Einkaufs- und Mobilitätsverhaltens der der Bemühungen der KEP-Dienste die Kilometerleis- im Juli 2018 eine gemeinsame Positionierung zu Kunden und insbesondere der zunehmende Online- tung pro Lieferung zu reduzieren und Logistikkonzep- lebenswerten Innenstädten veröffentlicht. Gemeinsam handel haben erhebliche Auswirkungen auf die Rol- te effizienter zu gestalten. wollen wir ein verbessertes Miteinander zwischen ur- le und die Strategien des stationären Einzelhandels. banen Qualitäten und logistischen Anforderungen in Die Branche ändert sich rasant. Im Jahr 2020 dürften Diese skizzierten Entwicklungen wirken sich nicht den Innenstädten erreichen. Experten zufolge 20 Prozent des Einzelhandelsumsat- nur auf Stadt, Handel und Logistik aus, sondern auch zes online abgewickelt werden. auf die Immobilienwirtschaft. Sie wird durch neue Ich wünsche eine aufschlussreiche Lektüre der Veröf- Geschäftsmodelle und unterschiedliche Ansiedlungs- fentlichung „Retail meets logistics 2030“ und möchte Die Veränderungen im Handel haben unmittelbaren strategien direkt beeinflusst. Daher sind alle Akteure gleichzeitig dazu aufrufen: Lassen Sie uns zusammen Einfluss auf die Stadt. In den Innenstädten und Stadt- gefordert, den kontinuierlichen Prozess des Wandels die Lebensqualität in unseren Städten erhalten und teilzentren mit starker Nachfrage expandieren Filia- gemeinsam erfolgreich zu gestalten. weiterentwickeln! 8 9
Geleitwort von Dr. Uwe Brandl Dr. Uwe Brandl Einzelhandels- und Verkehrskonzepte entwickelt wer- Erster Bürgermeister der Stadt Abensberg und Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes den, in denen die Ausweisung von privilegierten Lade- zonen ebenso thematisiert wird wie eine störungsar- me Belieferung zu Nachtzeiten. Durch die Einrichtung Immer mehr Menschen bestellen im Netz. Der Online- es bereits vielversprechende Modelle, bei denen sich von neuen Immobilienlösungen mit Sammeldepots Handel wird nach aktuellen Prognosen die Anzahl die Versorgungssituation in Städten und Gemeinden für Paket- und Zustelldienste in stadtverträglichen der Paketsendungen bis zum Jahr 2020 auf rund verbessern kann, in deren Umkreis bereits jetzt kein Lagen oder Mikrodepots kann das Problem vermehr- vier Milliarden jährlich ansteigen lassen. Neben den Supermarkt, keine Bäckerei und erst recht kein Kauf- ter Zustellversuche auf der letzten Meile abgemildert spürbaren Auswirkungen auf den stationären Han- haus mehr verfügbar ist. Durch den Einsatz von intel- werden. Kommen bei der anschließenden Anlieferung del wirkt sich diese Entwicklung auch auf den Ver- ligenten Zustellpunkten und Ablagekonzepten in den der Waren emissionsfreie sowie möglichst auch platz- kehrsbereich in den Städten aus. Der Druck auf die Gemeinden können Lieferungen erfolgen, ohne dass sparende Transportmittel wie Elektrofahrzeuge oder ohnehin vielfach überlasteten Straßen wird weiter der Besteller vor Ort sein muss. Das erübrigt weite- Lastenfahrräder zum Einsatz, schont dies nicht nur erhöht und die Problematik der Luftschadstoffe kann re Zustellversuche und ist ein gutes Argument in der die Umwelt. Der öffentliche Raum in den Städten ge- sich noch verschärfen. Diskussion um unterschiedliche Preismodelle der Lo- winnt an zusätzlicher Lebensqualität im Interesse der gistikbranche für Lieferungen in die Städte und in den Bürgerinnen und Bürger, wenn so der Verkehr durch Die Auswirkungen auf den Handel in kleinen und mitt- ländlichen Raum. Stehen diese sicheren Ablageorte intelligente Konzepte reduziert werden kann. leren Kommunen sollten nicht unterschätzt werden. an Orten mit multifunktionalen Nutzungsmöglichkei- Wenn immer mehr Menschen das Netz zum Einkauf ten wie etwa einem Dorftreff, einem Sozialraum oder Hier sind wir bei den Bürgerinnen und Bürgern, nutzen, hat dies negative Auswirkungen auf das Ange- einem Co-Working-Space zur Verfügung, kann dies zu auf deren Mitwirkung es entscheidend ankommt. bot vor Ort. Apotheken, Fachgeschäfte und Einzelhan- einer Revitalisierung des Umfelds beitragen. Am besten sind Lösungen, die von vorneherein Ver- del sind bereits jetzt von dieser Entwicklung betroffen. kehr vermeiden. Das fängt beim Bestellverhalten an, Für ländliche Räume liegen in dieser Entwicklung al- Aber auch in den Städten gibt es gute Ideen, um auch umfasst aber auch den Aspekt, die örtlichen und regi- lerdings auch durchaus Chancen. Auch wenn der au- in Zeiten des immer stärker wachsenden Online Han- onalen Produktions- und Wirtschaftskreisläufe wieder tonome Luftverkehr mit Drohnen oder Flugtaxis zum dels zu umwelt- und raumverträglichen Lösungen zu zu stärken: im Interesse einer umweltschonenden und Transport von Waren oder Menschen noch Zukunfts- kommen. Hierzu zählen vor allem Kooperationen in platzsparenden Logistik, aber auch im Interesse einer musik ist, kann E-Commerce helfen, die Unterschiede der Logistikbranche, um Fahrten und Routen in die nachhaltigen und prosperierenden Wirtschaft in den zwischen Stadt und Land weiter aufzuheben. So gibt Innenstädte zu optimieren. Daneben sollten örtliche Städten und Gemeinden. 10 11
Geleitwort von Reinhard Sager Landrat Reinhard Sager Präsident des Deutschen Landkreistages Die Digitalisierung erfasst zunehmend alle Bereiche Durch die Eigenschaft, ein nahezu unbegrenztes Wa- Lösungen für die „letzte Meile“ suchen müssen: Pa- der Wirtschaft und des Zusammenlebens. Nicht zu- renangebot ohne Beschränkung auf Öffnungszeiten ketsammelstellen, ggf. mit Kühlmöglichkeit, an denen letzt der wachsende Online-Handel hat zu weitrei- vorzuhalten und über optimierte Transportprozesse Pakete für eine größere Wohnanlage, ein Quartier oder chenden Veränderungen des Verbraucherverhaltens schnell zu liefern, hat der Online-Handel die Erwar- einen kleinen Ortsteil eingestellt und zu einem späte- und zu tiefgreifenden Auswirkungen auf den statio- tung vieler Verbraucher an die Verfügbarkeit von Wa- ren Zeitpunkt, z.B. auf dem Heimweg von der Arbeit, nären Einzelhandel und die Logistik geführt: Der deut- ren nachhaltig verändert: Das (kurzfristige) Erreichen individuell abgeholt werden können, können hier ein liche Rückgang von Mieten selbst in ausgewählten eines umfassenden Warenangebots entspricht den Ansatz sein. Einzelhandelslagen der Innenstädte und der gleich- Vorstellungen an eine moderne Lebensführung und zeitige Bedeutungszuwachs von Logistikstandorten gleichwertige Lebensverhältnisse. Der stationäre Daneben wird es für die Sicherung der Nahversorgung sind hierfür Beleg. Einzelhandel, insbesondere in den Klein- und Mittel- und der Attraktivität des Einzelhandels in der Fläche städten, wird sich diesen veränderten Kundenerwar- verstärkt auf die Erarbeitung interkommunaler, Einzel- Für die wirtschaftliche Entwicklung und die Versor- tungen verstärkt stellen und sein Angebot im Sinne handelskonzepte ankommen. Mit Blick auf zeitgemä- gungsstrukturen in ländlichen Räumen, in Landkreisen, eines „Mehrkanal“-Ansatzes ausweiten müssen, ße Kundenerwartungen hinsichtlich Angebotsvielfalt in Klein- und Mittelstädten ist diese Entwicklung Chan- etwa durch Aufbau paralleler Online-Angebote und und -tiefe müssen dabei ggf. auch Beschränkungen ce und Herausforderung zugleich. Zum einen profitiert Möglichkeiten einer kurzfristigen Bestellung nicht für den großflächigen Einzelhandel überdacht werden, die Fläche vielfach vom Ausbau von Logistikstandorten vorhandener Waren zur Abholung (Click&Collect) oder wenn dadurch eine Verbesserung der Versorgungssi- und dem durch Online-Handel ergänzten Warensor- zur Auslieferung durch Paket- und Kurierdienste. Hier- tuation erreicht wird. Wichtig ist, dass Kommunen timent und Versorgungsmöglichkeiten. Zum anderen bei bieten sich auch Chancen für neue regionale Ver- keine Konzepte von außen „übergestülpt“ bekommen, gerät der stationäre Einzelhandel, der ggf. schon unter triebsstrukturen und Wertschöpfungsketten. sondern Handel und Verwaltung(en) Konzepte für eine schwacher Nachfrage leidet, zusätzlich unter Druck. nachhaltige Versorgung gemeinsam und auf Augen- Dies kann zum Wegbrechen bestehender örtlicher An- Gleichzeitig werden Logistikbranche und Immobi- höhe entwickeln. gebote, kleiner Läden wie Geschäften führen. lienwirtschaft – für den Online-Handel wie für den erweiterten stationären Einzelhandel – verstärkt nach 12 13
Welche Bedeutung werden Einzelhandels- und Logistikimmobilien im Jahr 2030 für Investoren haben? – von Iris Schöberl von Iris Schöberl Foto-Copyright: © Christoph Vohler Iris Schöberl Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Handel und Managing Director, BMO Real Estate Partners GmbH & Co. KG Eines ist klar: Einzelhandels- und Logistikimmobilien Deutschland ein Umsatzplus von 11,1 Prozent für werden 2030 weiterhin einen festen Platz in den Port- das erste Halbjahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr. folios der Investoren haben. Voraussichtlich wird zwar Das Weihnachtsgeschäft dürfte zusätzlich für Auftrieb der Logistikanteil stärker wachsen als der des Einzel- sorgen. handels; durch die sich wandelnden Verbraucheran- forderungen wird es allerdings auch zur Vermischung Vor diesem Hintergrund stellt sich zunehmend die der beiden Assetklassen kommen. In diesen alterna- Frage, wie lange die deutschen Mobilitätssysteme tiven Nutzungsmöglichkeiten von Immobilien liegen noch mithalten können. Viele Städte sind den neuen spannende Investitionsmöglichkeiten. Anforderungen schon heute nicht mehr gewachsen. Zu wenige zentrale Lagerflächen, keine effizienten Der Onlinehandel wirkt wie ein Turbo für die Logistik- Verteilsysteme und zu viele Paket-Fahrten mit Klein- branche, weshalb nicht nur die Logistiker selbst, son- transportern beschreiben die derzeitige Misere der dern auch Logistikimmobilien seit Jahren dynamisch City-Logistik. wachsen. Gleichzeitig führt der Onlinehandel der Lo- gistikbranche aber auch ihre Grenzen vor Augen. Es Neben reinen Logistikimmobilien außerhalb der Stadt knirscht gewaltig: verstopfte Straßen, frustrierte Au- wird daher künftig eine interessante Mischnutzung tofahrer, Zustellfahrer an der Belastungsgrenze und mit Einzelhandelsimmobilien entstehen. Getrieben unzufriedene Kunden. wird diese Entwicklung vom E-Commerce-Sektor und der stärkeren Verknüpfung von stationärem Geschäft Die Frachtmengen sind schnell gewachsen und ein und Onlinehandel. Aber schnelle Lösungen sind nicht Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. So nannte in Sicht. Die Zunahme des Onlinehandels in Kombi- der Bundesverband E-Commerce und Versandhan- nation mit sehr kurzfristigen Lieferzeiten – Stichwort del Deutschland e.V. (bevh) für den Onlinehandel in Same Day- oder sogar Same Hour Delivery – fordert 15
von den Logistikern eine große räumliche Nähe zu den In der City-Logistik beziehungsweise der Zustellung Kunden. Und das unabhängig davon, ob es sich um auf der letzten Meile geht es nicht nur um neue tech- Geschäftskunden oder Endverbraucher handelt. Aber nologische Lösungen wie fahrerlose Elektro-Lkw, eine in den Städten fehlt es an bezahlbaren Grundstücken digitale Erfassung der Transportdaten, die onlineba- und Bestandsobjekten, die für Lagerflächen in Frage sierte Bearbeitung von Transportdokumenten, Kunde- kommen. Als sogenannte Mikro-Hubs genutzte Park- ninformation, intelligente Vernetzung vom Versender decks oder Obergeschosse von Warenhäusern können bis zum Empfänger, Big-Data-Analysen und Block- allenfalls eine vorübergehende Lösung sein, denn das chain-Technologien. Wichtig ist letztlich auch die Be- Grundproblem eines weiteren Anstiegs des Verkehrs- wältigung der Paketflut und die damit verbundene Re- aufkommens in Innenstädten bleibt damit bestehen. duktion von Individualzustellungen. Die Anlieferungen bis vor die Haustür dürfte ein Premiumservice werden, für den Kunden künftig zusätzlich zahlen müssen. Wer das nicht will, holt seine Waren in Abholstationen oder Läden ab. „Click & Collect“ entwickelt sich damit zu einer großen Chance für den stationären Einzelhandel. Er kann seine Ladenfläche noch stärker als Erlebnis- raum gestalten und sein Ladengeschäft so emotiona- lisieren. Dieses entwickelt sich zu einer Marke und in Kombination mit Dienstleistungen kann der stationäre Laden die Kundenbindung wieder stärken und intensi- vieren. Bisher waren Kunden in stationären Läden recht anonym unterwegs. „Click & Collect“, neue Instore- Technologien wie kontaktloses Bezahlen oder die Kaufabwicklung per App, „Magic Mirrors“ in den Um- spezifische Angebote ebenso an sich zu binden wie stationären Anbietern ergeben. Zunehmend suchen kleidekabinen sowie individualisierte Tagesangebote durch Datenwissen und eine effiziente Logistik. reine Online-Shops auch den Auftritt mit stationä- im Laden über die Store-App können nun dazu beitra- ren Läden. Das muss nicht immer das eigene Ge- Der derzeit diskutierte „Peak Zuschlag“, das heißt ein gen, dass Einzelhändler ihre Kunden und deren Kauf- Zusätzlich kann der stationäre Laden auch Ausliefe- schäft in einer A-Lage unserer Innenstädte sein. Aufpreis für große und besonders schwere Pakete verhalten besser kennenlernen. Der stationäre Laden rungslager für die Heimzustellung seiner Waren wer- Auch „Shop-in-Shop“-Lösungen bestehender Einzel- beziehungsweise solche mit zusätzlichem Hand- wird damit zum wichtigen „Touchpoint“ und neben den und so Dienstleistungen wie Same-Hour- oder handelsfilialisten, die in dieser Form von Frequenz- ling-Aufwand, könnte der Branche etwas Zeit ver- dem Online-Store zum Markenbotschafter. Mit einem Same-Day-Delivery kosteneffizient anbieten. Zalando synergien profitieren dürften, sind möglich. schaffen. Denn der deutsche Konsument ist bisher an passgenauen Sortiment sind schon schlanke Lager beispielsweise arbeitet diesbezüglich an ersten Lö- kostenfreie bzw. -günstige Zustellung an die eigene für Einzelhändler ausreichend. Gleichzeitig gewinnen sungen und hat bereits erfolgreiche Feldversuche in Die Herausforderungen der City- und Zustelllogistik Haustür gewöhnt. Daher könnte er vor zusätzlichen sie Raum für die Inszenierung ihrer Waren. Trotz einer Berlin und Hamburg durchgeführt. Es ist nur eine Fra- machen solche Änderungen notwendig. Doch auch Zustellkosten zurückschrecken und sich neuen Lö- hohen Durchdringung des E-Commerce werden aber ge der Zeit, bis diese Services auf weitere Städte aus- wenn die Rolle der innerstädtischen Einzelhandels- sungen gegenüber aufgeschlossen zeigen. So könn- nicht alle Bereiche digitalisiert werden. Denn Shops gedehnt und von weiteren Online-Store-Betreibern immobilie neu interpretiert werden muss: Ihre große ten die derzeit von Logistikern an hoch frequentierten ohne Ware – nur noch mit Screens oder Magic Mirrors angeboten werden. Bedeutung für die Highstreet wird sie beibehalten. Orten wie (U-)Bahnhöfen, Tankstellen oder Parkplät- – können das Bedürfnis der Kunden nach einem be- Und der stationäre Einzelhandel selbst wird einer der zen von Lebensmitteleinzelhändlern betriebenen sonderen Einkaufserlebnis nicht befriedigen. Sie sind Alles in allem dürften die 2030er von vielfältigen wichtigsten Bausteine in der Warenverteilung an Kon- „Pick-up-Points“ eine größere Verbreitung finden. daher ein eher unrealistisches Zukunftsszenario. Die Bündnissen und Kooperationen geprägt sein – sei es sumenten sein. Besser wäre es, wenn diese sogar von allen Logisti- Digitalisierung im Einzelhandel gibt den stationären zwischen Logistikern untereinander oder zwischen kern gemeinsam bedient werden könnten – bis hin zu Einzelhändlern jedoch die Chance, ihre Kunden durch Logistikern und Einzelhändlern. Zudem dürften sich gemeinsamen Mikro-Depots in Citylage. Persönlichkeit und Image, Stil, kuratierte Looks sowie neue Allianzen zwischen „Pure-Online-Playern“ und 16 17
Wie werden Logistik- und Handels- flächen 2030 zueinander stehen? – von Dr. Thomas Steinmüller von Dr. Thomas Steinmüller Dr. Thomas Steinmüller Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Logistikimmobilien und Vorstand, CapTen AG Aktuell sind Handelsflächen dadurch geprägt, dass sie und dann den Kunden zu verkaufen. Die Antwort ist kundennah angesiedelt und für die Warenabholung das Pull-Prinzip, d.h. der Kunde wünscht und der Han- durch den Kunden ausgelegt sind. Logistikflächen del liefert. Dieses zunächst unattraktiv erscheinende hingegen sind zumeist außerhalb des städtischen Agieren bietet das Potential, dem grassierenden Mar- Umfeldes angesiedelt. gendruck entgegenzutreten, durch individualisierte und nicht preisvergleichbare Produkte. Zudem ändert Der vermeintliche Vorteil des Handels in Form des Ein- sich der Fokus auf den Kunden: die customer-centri- kaufserlebnisses und der Haptik verliert zunehmend city. Anders als der Handel agieren die Unternehmen an Bedeutung. Dagegen rücken die kundennahen der Digitalära, indem sie Kunden echte Erleichterun- Flächen und Lagermöglichkeiten in den Fokus: die gen zukommen lassen wollen, koste es, was es wol- letzte wirkliche Domäne des Handels. le – weil sie verstanden haben, dass die Daten eine kostenkompensierende Größe darstellen. Dies haben jetzt auch die Plattformbetreiber erkannt, kaufen Handelsunternehmen (z.B. Kauf von Whole Food Hieraus resultiert z.B. das Angebot, Waren nach Hause durch Amazon) eben genau wegen dieser Flächen auf zu liefern und dies in kürzester Zeit. Diese Lieferung und installieren eigene Flächen mit neuer Technologie erzeugt natürlich höhere Kosten – im Vergleich zur (Amazon Go). Ergänzt wird dies durch Angebote in der tradierten Selbstabholung durch den Kunden – und instant-delivery (Amazon Prime) sowie der Beliefe- erfordert völlig neue logistische Abläufe. Im Gegenzug rung aus urbanen Lagern selbst im Frischesortiment wird erreicht, dass der Kunde an den Service gewöhnt (Amazon Fresh). wird, sich den Weg in den stationären Handel erspart und zudem mit den Daten seine Gewohnheiten of- Der Handel muss sich vom tradierten Push-Prinzip fenlegt. Diese werden auch für logistische Zwecke weiterentwickeln, d.h. Waren optimiert einzukaufen genutzt: im Rahmen der antizipativen Logistik wird 19 Foto-Copyright: © SSI SCHÄFER
tisierten Einlagerungssystemen mit definierten Ladungsträgern können eine deutliche Verdich- tung erzeugen und damit freie Flächen für Dritt- aktivitäten zur Verfügung stellen. Integration von Bahnhofsflächen: Flächen auf Bahnhöfen, sowohl kunden- als auch boten- zugänglich, können weit umfangreicher in die Warenversorgung mit einbezogen werden, als dies bisher gegeben ist. Pop-up-Lager für kurzfristige Lagerung in Ser- viceflächen oder auch auf Freiflächen: Kurz- fristige Lagermöglichkeiten, auch auf privaten Freiflächen und Parkplätzen ist eine weitere Op- tion zur Generierung von Lagerflächen. Gleich- wohl ist zu berücksichtigen, dass öffentliche Verkehrsflächen, so wie von Paketdienstleistern gefordert, nicht für Ausliefer- und Zwischenlager- versucht, aus den Daten heraus schon „voraussehen“ orte können sich auch in Seitenstraßen befinden funktionen missbraucht werden sollen. zu können, was der Kunde morgen bestellen wird. Ne- und auch kleinere Dimensionen aufweisen. ben bestimmten Regelmäßigkeiten des täglichen Le- Auch wenn zunehmend kundenzugängliche Handels- bens sind Online-Suchen ein wertvoller Hinweis, den Botenzugängliche Lagerräume: Zusammen- flächen zugunsten von Logistikflächen abnehmen, gerade Plattformen ausgiebig nutzen und durch den hängende Lagerräume, die entweder direkt wird sich gleichwohl deren Mietniveau in Richtung Einsatz der Künstlichen Intelligenz in einer Breite va- dafür vorgesehen sind oder auch Service- und der Handelsflächen orientieren. lidieren können, die dem klassischen Handel nicht Kellerflächen oder Tiefgaragen und Parkhäuser. mehr zur Verfügung stehen. Diese Standorte können sich ebenfalls auch in Foto-Copyright: © SSI SCHÄFER Seitenstraßen befinden und auch kleinere Dimen- Ein weiterer Aspekt kommt durch die Digitalisierung sionen aufweisen. mit ins Spiel – sowohl für den stationären Handel als auch für die Logistik von erheblicher Bedeutung: der Virtuelle Gruppierung von örtlich nicht zusam- 3D-Druck, der das Vor-Ort-Erzeugen von – auch indi- menhängenden Lagerorten: Hier kommen z.B. viduellen – Produkten ermöglicht, so dass überhaupt einzeln botenzugängliche Kellerräume zum Ein- keine Logistik im Nachschub mehr erforderlich ist, satz, die über einen IT-Oberfläche als virtuelles sehr wohl aber in der Auslieferung. Lager verwaltet werden, indem jede Räumlichkeit einen definierten Lagerort darstellt. Die Immobilienantwort auf diese Herausforderungen erfolgt durch folgende Varianten: Integration von Bereichen in Wohn- und Büro- objekten: Kellerbereiche sind häufig nicht Kundenzugängliche Ladenlokale mit Lager- vollständig ausgelastet und können damit als möglichkeiten: Ladengeschäfte, die neben dem Lagerstandorte genutzt werden, sofern sie bo- Verkaufsvorrat in Regalen auch noch weitere tenzugänglich sind. Eine Abkehr von Einzel- Flächen für die Lagerung aufweisen. Diese Stand- kompartimenten pro Mieteinheit hin zu automa- 20 21
Wie werden Shopping-Center im Jahr 2030 aussehen? – von Klaus Striebich von Klaus Striebich Klaus Striebich Geschäftsführer, RaRE Advise – Retail and Real Estate und ehemaliger Vorsitzender des Vorstandes des German Council of Shopping Centers e.V. Sollte das allseits bekannte Sprichwort „Handel ist halten bzw. seinen Wunsch erfüllt zu bekommen. Die Wandel“ zur Anwendung kommen und Realität wer- bisherige Funktion des Handels, Waren zu beschaffen den, dann sicherlich in der heutigen Zeit. Der technolo- und über die verschiedenen Kanäle zu verteilen, hat gische Fortschritt – von einfachsten IT-Anwendungen sich massiv ausgeweitet und stellt damit auch an die bis hin zur künstlichen Intelligenz, die unglaubliche Verteilungsfunktion, also ganzheitliche Logistik, neue Transparenz an Informationen und Schnelligkeit, Herausforderungen. Beschleunigt wird diese Entwick- wie diese transportiert werden, zwingen den Handel lung durch die enormen physischen als auch digitalen geradezu sich ständig neu zu erfinden, sich in im- Mobilitätsmöglichkeiten des Kunden. Für einen Shop- mer schneller werdenden Rhythmen anzupassen und ping-Trip nach New York oder um eine Bestellung in dynamisch auf neue Themen einzugehen. Zeitgleich China auszuüben ist in beiden Fällen quasi nur noch hat sich die Rolle und Funktion des Konsumen- ein Knopfdruck notwendig und problemlos ausführbar. ten ebenfalls total geändert, genau genommen um 180 Grad gedreht. Handelsimmobilien bleiben zentrale Marktplätze mit wachsender Bedeutung Der 24//7-Kunde legt die Maßstäbe für die Logistik fest In der Handelsimmobilie Shopping-Center wird dies besonders deutlich, übt sie doch heute und in Zukunft Hat sich der Kunde früher geduldig in eine Reihe mit ihrer zentralen Lage und zumeist überregionalen gestellt und gewartet bis er bedient wird und sein Bedeutung eine besondere Anziehungskraft auf den Produkt bekommt, ist seine unumstößliche Erwar- Kunden und die Handelsbetriebe aus. Schenken wir tungshaltung heute an den Handel: „24/7 – any“ der Prognose von Statista Glauben, dann werden 2030 (-where/-time/-way), d.h. zu jeder Zeit, an jedem nahezu 79 Prozent der Bevölkerung in Deutschland in Ort möglichst einfach und bequem sein Produkt zu er- Städten leben. Der Marktplatzfunktion von zentralen 23
Handelsplätzen in urbanen Gebieten dürfte dann noch Morgen bis zehn Uhr nicht hilfreich. Der Kundenent- Ohne neue politische Rahmenbedingungen eine größere Bedeutung zukommen. scheidung seine Ware nach Öffnungszeitenschluss wird es nicht gehen selbst abzuholen muss mit sicheren und stark service- Herausfordernd ist allerdings die prozessuale Abwick- orientierten Paketstationen Rechnung getragen wer- Die Rahmenbedingungen dafür müssen sowohl ver- lung der Transaktionen, also das Erreichen der Ware den. Microhubs können in jedem Shopping-Center waltungstechnisch, als auch politisch gegeben sein. beim Kunden bzw. die Rücksendung oder Abgabe vom nicht nur ein Teil des Service sein, sie können auch Dafür bedarf es Anpassungen in der Gesetzgebung Kunden an den Händler. Die sogenannte „letzte Meile“ für weitere Frequenzen sorgen und das Center als (vor allem im Bereich der Öffnungszeiten) und deut- ist kein Fixpunkt zu Hause beim Kunden mehr, denn wichtigen Baustein in der „letzte Meile“ fest veran- licher Beschleunigung bestehender Vorschriften (z.B. durch dessen Mobilität pendelt er zwischen zu Hause, kern. Ein Mieter wird in 2030 mindestens „Multi- im Bereich der Sortiments- und Nutzungsrestriktionen Arbeitsplatz, Freizeitstätten, Markt- und Einkaufsplät- Channel“-Handel“ haben müssen oder noch besser und der Schaffung von Baurecht). Ansonsten wäre zen oder seinen „Communities“, wo und zu welcher „Omnichannelhandel“ praktizieren. Die Lieferung aus eine Wettbewerbsfähigkeit der heutigen Betriebsfor- Uhrzeit auch immer dies sein wird. der Filiale (kurze Zeiten und Wege) wird zum Standar- men zukünftig nicht gewährleistet. Die gemeinsamen dangebot und ist die schärfste Konkurrenz zum reinen Herausforderungen der Branche liegen also nicht nur Öffnungszeiten spielen für den Kunden im Grunde Onlinehandel, da so sehr gute Lieferzeiten im Umkreis in der Schaffung von logistisch perfekten Lieferketten, keine Rolle. Erreichbarkeit und Zugänglichkeit dürfen von ca. 30 Minuten Fahrzeit zum Shopping Center sondern ebenso deutlich in der sichtbaren Erhöhung kein Hinderungsgrund sein, hat er doch immer die erreicht werden können. Die hierbei zu lösenden der gesellschaftlichen Akzeptanz der existenziellen reine Onlinealternative zur Auswahl. Herausforderungen beginnen bei der Anpassung der Arbeitsvoraussetzungen des klassischen stationären bestehenden Architektur und Infrastruktur, da Liefer- Handels als erfolgreicher „Omnichannelhandel 2030“. Service + Schnelligkeit x Vielfalt = die Erfolgs- verkehre die Besucherfrequenzen nicht stören sollten formel des Shopping-Center 2030 und zudem die „Fahrzeuge“ (von Lieferung via Klein Fazit LKW mit vier Meter Höhe bis E-Transportfahrrad) die Wir werden in Zukunft Shopping-Center vorfinden, die Seine Zeit mit Freunden oder in der Community Logistikübergabepunkte im Shopping-Center effizient Die Shopping-Center der Zukunft werden vielfältiger, die aktuellsten Sortimente für den Kunden kuratieren, möglichst vielfältig zu verbringen steht im höchsten erreichen können müssen. Zufahrten in Parkhäuser interaktiver, bunter, serviceorientierter, kundenfreund- immer gepaart mit dem besten Service. Schnelle Sor- Interesse des Kunden. Entertainment-, Freizeit- und sind heute größtenteils nur zwei Meter hoch, stellen licher und informativer werden. Es bestehen beste timents- und Angebotswechsel müssen vom Eigentü- natürlich Gastronomie- und Restaurantangebote wer- aber durch den perfekten Anschluss an das Gebäude Voraussetzungen und Möglichkeiten sich zu der Platt- mer und Betreiber der Shopping-Center-Immobilien den neben den vielen bekannten und neuen Handels- ideale Möglichkeiten einer zukünftigen Logistikkette form – sowohl in analoger und digitaler Form – für die organisiert und gewährleistet werden, Innovationen themen den künftigen Branchen- und Mietermix von dar. Anstehendes, hieran orientiertes Refurbishment, Kunden und Händler zu entwickeln, und somit haben werden den Kunden überraschen und verführen. Die Shopping-Centern bestimmen. kann z.B. passende Deckenhöhen realisieren und so- Shopping Center beste Chancen für eine positive Zu- Vielfalt der Waren und Sortimente wird stark zuneh- mit neue Logistikkonzepte ermöglichen. kunft als die lebendigen Marktplätze der Städte. men, die Produktlebenszyklen eher abnehmen, was Shopping Center als Logistikpartner 2030 – sich in den Fristigkeiten der Angebote niederschlagen worauf es dabei ankommt wird. Neue Vertriebsformen wie „Pop-Ups“ werden zum Standard. Setzen wir die skizzierte Zukunft der Shopping-Center- Branche voraus, so ergeben sich neue Perspektiven Aktuelle Beispiele im Handel sind u.a. die neuen aber auch enorme Herausforderungen für den stati- Shops der Automobilhersteller, die sich nun viel stär- onären Handel und die zum Erfolg nötige Logistik zum ker den Kunden nähern wollen und müssen, weitere Kunden. Zum einen ist die heute teils sehr starre Wa- Beispiele aus dem Bereich Elektromobilität werden renversorgung, die Annahme von Waren und Pakete sicherlich folgen. Nicht der klassische Einkauf von für die Mieter in eine fließende Lieferkette neu zu den- Waren und die Umsatzabwicklung stehen im Vorder- ken. Wenn der Kunde sich um elf Uhr entscheidet, sein grund, sondern die Möglichkeit das „Zeitbudget“ (das weißes Hemd um 17 Uhr ins Büro geliefert zu bekom- eigentlich wertvolle Gut des Kunden) zu erhalten wird men, dieses aber im Zentrallager außerhalb der Stadt zum Ziel werden. ist, dann ist eine Anlieferungsvorgabe der Stadt am 24 25
Nahversorgung im städtischen und ländlichen Raum – wie wird der Einzel- handel im Jahr 2030 aussehen? – von Stephan Koof und von Daniela Stephan KoofJacobsen und Daniela Jacobsen Stephan Koof Stellvertretender Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Handel und Daniela Jacobsen Leiter Expansion national, Projektassistenz Leitung REWE Deutscher Expansion, REWE Deutscher Supermarkt AG & Co. KGaA Supermarkt AG & Co. KGaA Nahversorgung – einer der zentralen Punkte der In den städtischen Bereichen wird sich der Trend der öffentlichen Daseinsvorsorge. Auch wenn eine feste Zusammenschlüsse mit Gastronomie und Dienst- Definition von „Nähe“ in diesem Rahmen nicht exis- leistungen fortsetzen. Ein Beispiel hierfür sind die tiert, wird häufig von einer Entfernung von 500 bis Markthallen, an denen Anbieter verschiedenster Be- 1.000 Metern zur nächstgelegenen Versorgungsein- reiche zusammenkommen und dem Kunden so ein richtung gesprochen. In diesem Nahbereich soll die umfangreiches Einzelhandels- und Dienstleistungs- Versorgung mit allen Gütern und Dienstleistungen des angebot zu ermöglichen. Für diese Form des ge- täglichen Bedarfs gesichert sein. Einen Schwerpunkt koppelten Einzelhandels ist eine hohe Kundendichte bildet hier der Lebensmitteleinzelhandel, neben bspw. notwendig, so dass die Markthallen ein Konzept für ärztlicher Versorgung, Schulen oder auch anderer dicht besiedelte Bereiche in Innenstädten sind. In den öffentlicher Einrichtungen. Gerade der Supermarkt Randbereichen der Ballungsgebiete ist ebenfalls die oder Discounter in der Nachbarschaft hat neben sei- zunehmende Integration von Gastronomie ein großes ner primären Funktion der Versorgung mit Lebensmit- Thema, was auf die Funktion des Lebensmittelmark- teln weitere soziale Aufgaben. Er dient als Treffpunkt tes als Austausch- und Kommunikationsort für die zum sozialen Austausch und zur Kommunikation. Einwohner im Umfeld zurückzuführen ist und immer stärker nachgefragt wird. Diese meist fahrkunden- Dabei ist die wohnortnahe Versorgung der Bevöl- orientierten Standorte bekommen mit der Ergänzung kerung eine der großen Zukunftsaufgaben unserer durch den Abholservice einen neuen Dienstleistungs- Gesellschaft. Bedingt durch den demographischen bereich, der sich immer stärker werdender Beliebtheit Wandel und die zunehmende Urbanisierung, sind un- erfreut. Im Zuge der Digitalisierung und dem Trend terschiedliche Entwicklungsstränge im Einzelhandel zum Omnichannel findet diese Anforderung an einen zu beobachten. Die Angebotsstrukturen werden zu- Standort zunehmende Bedeutung. Für den Kunden nehmende an die Haushaltsgrößen vor Ort angepasst. hingegen bietet dieser Service vor allem Zeiterspar- 27
nis und anders als beim reinen Lieferservice muss er fert werden. Für den ländlichen Raum sind ebenfalls nicht abrufbereit sein, um die Waren in Empfang neh- spezielle Angebotsstrukturen notwendig, um eine Ver- men zu können, sondern kann den Abholzeitpunkt in sorgung langfristig garantieren zu können. Anders als seinen Tagesablauf einbauen, ohne einen langen Be- in den stärker besiedelten Ballungsgebieten setzt man such im Markt einplanen zu müssen. Insgesamt ist für hier auf Nahversorger, die mit ihrem Konzept auch in den Einzelhandel der Serviceausbau ein bedeutender dünn besiedelten Gebieten wirtschaftlich agieren kön- Aspekt. Neben Lieferdiensten oder dem Abholservice nen und dem Kunden trotzdem ein modernes Markt- sind es beispielsweise Selfscanning-Kassen, Pa- konzept mit umfangreifen Sortiment bieten. Eine wei- ketstationen oder Stromtankstellen, welche vermehrt tere Alternative zur Sicherstellung der Nahversorgung an ausgewählten Standorten Einzug halten und dem im ländlichen Bereich sind Kooperationen an den Kunden neben dem regulären Einkauf Zeitersparnisse, Einzelhandelsstandorten mit Kommunen. Denkbar einen angenehmeren Einkaufsaufenthalt und zusätz- sind hier auch Zusammenschlüsse mit Ärzten, Ämtern liche Leistungen bieten. Der Lieferservice kann vor oder Versammlungsräumen in Mehrfunktionshäusern. allem in dicht besiedelten Bereichen wie Stadtzenten ker auf den Wocheneinkauf mit Bedientheke ausgelegt zept des Supermarktes oder Discounters auf der „grünen Teil der zukünftigen Lebensmittelversorgung werden, Die Anforderungen an die Konzepte für die jeweiligen ist. Ein weiterer Trend in Bezug auf die Sortiments- Wiese“ ist schon lange nicht mehr die einzig sinnvolle aber auch gerade für den ländlichen dünner besie- Standorttypen spiegeln sich auch in den unterschied- gestaltung ist die stärkere Ausrichtung auf Bioprodukte Entwicklungsoption. Einzelhändler wie die REWE Group delten Raum. Hier ist aber aktuell häufig noch keine lichen Sortimenten innerhalb des Marktes wider. und Regionalität. Dem Kunden ist die Qualität der haben dies erkannt und Konzepte für jeden Standort- flächendeckende Lieferung frischer Lebensmittel So kennzeichnet den Markt in einem Ballungsgebiet Waren wichtig und nicht einzig der günstigste Preis. typus entwickelt, um egal ob dicht besiedelter Ballungs- möglich. Anders sieht es heute schon für den Bereich bspw. an einem Pendlerknotenpunkt ein stärker auf raum oder ländliche Region, eine nachhaltige Betreibung der Vorratsprodukte aus. Diese können in Kooperation Convenience und Frische ausgerichtetes Sortiment, Eins aber trifft auf alle Gebiete zu: Ziel muss es sein, die von Lebensmittelmärkten zu ermöglichen und so einen mit Paketzustellern auch in entlegenere Gebiete gelie- während der Fahrstandort auf der „Grünen Wiese“ stär- Versorgung nah am Kunden zu ermöglichen. Das Kon- Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung zu leisten. 28 29
Wie wird der Onlinehandel im Jahr 2030 aussehen? – von Raimund Paetzmann von Raimund Paetzmann Raimund Paetzmann Stellvertretender Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Logistikimmobilien und Vice President Corporate Real Estate, Zalando SE Gerade mal 20 Jahre ist es her als ich begann, das Ich erwähne das, weil gerade die „vermeintlich Internet zu nutzen und 1998 meine ersten Bücher kleinen“ Unterschiede und Verbesserungen unter- bestellte. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich wohl kaum schätzt werden. Im Buchhandel war man stolz, ein gedacht, dass ich wenig später, im Mai 1999, bei System zu haben, dass Bücher innerhalb von 24 Amazon anfangen und bis 2016 direkter Zeuge einer Stunden verfügbar machte. Der Kunde wirkte zu- unglaublichen Veränderung werden würde. frieden. Ich erinnere mich noch heute an die ersten Pake- Jeff Bezos sagte einmal, dass es nicht etwa die Auf- te und an den daraus entströmenden Geruch, wenn gabe des Kunden sei, innovativ zu sein, um Prozesse ich sie öffnete und das Buch in Händen hielt. Es war zu verbessern. Er nutze lediglich Dienstleistungen ein neues Erlebnis. Doch technisch gesehen war es („Services“) und kaufe Produkte. Produzenten und nur eine graduelle Verbesserung des bis dahin schon Verkäufer sollten hingegen innovativ sein, um die sehr gut etablierten Bestellsystems: lange zuvor hatte Dienstleistungen im Auftrag des Kunden ständig zu der deutsche Buchhandel ein sehr effizientes System verbessern. geschaffen, wonach es möglich war, im stationären Buchhandel (ein Wort, das es damals noch gar nicht Aus meiner Beobachtung heraus war es der Online- gab) jedes verfügbare Buch für den Kunden zu be- handel, der diese Innovationen und Kundenorien- stellen, damit er es am nächsten Tag im Laden abho- tierung in den letzten 20 Jahren vorantrieb, während len konnte. Der vermeintlich kleine Unterschied, den der traditionelle Handel oft ungläubig zugeschaut und Amazon schuf, war „nur“, dass es einem jetzt direkt wohl ein wenig gehofft hat, dass der Spuk bald vor- ins Haus geliefert wurde und man es ohne den „Mit- bei ginge. Der Kunde brauche das ja gar nicht bzw. telsmann“ – also den Buchhändler – über einer Web- würde er bestimmte Produkte sicherlich niemals ohne seite suchen und bestellen konnte. „touch and feel“ kaufen. 31
Heute arbeite ich bei Zalando, Europas größter Fas- Jahren verändern wird. Gleichzeitig unterschätzen wir auf seiner App zu finden, um sie dann am nächsten hion E-Commerce-Plattform, und wir verkaufen sehr die Entwicklungen in den kommenden zehn Jahren: Tag zu bestellen. erfolgreich Mode, also ein Produkt, das man vermeint- Da wir von Geburt an von unserem Umfeld geprägt lich sehen, berühren und anprobieren muss. werden und unser Leben diesem Umfeld anpassen, Erlebnis und Bequemlichkeit werden im Fokus stehen, fällt uns die Vorstellung schwer, dass dieses in zehn denn mit zunehmenden Wohlstand kaufen wir nicht Wenn man also darüber sprechen will, wie der Online- Jahren völlig anders sein könnte. Gleichzeitig können mehr nur ein Produkt, sondern wir kaufen die multi- handel 2030 aussehen könnte, ist es hilfreich, diese wir heute kaum mehr ein Feld isoliert betrachten, da sensualen Erlebnisse, die damit verbunden sind. Innovations-Motivation zu verstehen: Der Online- parallele Entwicklungen und Innovationen sich bedin- So wird nicht nur für die Generation der Digital handel war damals gezwungen, seine Produkte gen und gegenseitig verstärken und beschleunigen. Natives, wird „instant gratification“ und damit sofor- anders erlebbar zu machen und durch Serviceleis- tige Verfügbarkeit und Lieferung entscheidend sein. tungen zu ergänzen. Diese Innovationskraft über- Ziemlich gesichert kann man jedoch sagen, dass sich strahlte die des tradierten Handels, der sich mit einer die Grenzen zwischen Off- und Onlineshopping ver- Dies stellt die Lieferketten natürlich vor Herausfor- echten Digitalisierungsstrategie auch heute häufig wischen oder gar auflösen werden. Man wird nicht derung. Ich persönlich gehe jedoch davon aus, dass noch schwertut und bei Partnerschaften mit dem mehr klar definieren können, ob es sich um einen wir zur Zeit noch unterschätzen, was in zehn Jahren Onlinehandel oft skeptisch ist. Online- oder eine stationären Kauf handelt. Für den möglich sein wird. Kunden wird das Einkaufen immer bequemer. Das neue Zauberwort heißt „omnichannel“. Das bedeutet, Was würde es für unsere Städte zum Beispiel be- könnte man diese außerhalb der Rushhour zur Aus- dass der Kunde die Vertriebs- und Kommunikations- deuten, wenn sich bis 2030 selbstfahrende Autos in lieferung von Warenlieferungen nutzen, bzw. Pakete kanäle beim Einkaufen beliebig wechseln kann, vom Großstädten durchgesetzt hätten und damit intelligen- durch Vernetzung im Fahrzeug für die Fahrt nach- Mobiltelefon zum stationären Handel und von dort zu- te Mobilitätskonzepte Einzug hielten? Statt eines un- hause bereitstellen. Gleichzeitig müsste kaum mehr rück an seinen Computer. berechenbaren Individualverkehrs mit durchschnitt- Parkraum vorgehalten werden. Dies alles würde die lich 1,2 Insassen pro Fahrzeug könnte es eine neue Städte entlasten und Raum für neue Lieferkonzepte In der Zukunft könnten wir zum Beispiel zu einem Be- Art Fahrzeuge für vier bis zehn Personen geben, deren schaffen. triebssystem für Fashion werden und als Plattform die Fahrstrecken durch künstliche Intelligenz optimiert verschiedenen Kanäle managen. Der Kunde könnte und über eine App verfolgt werden können. Ähnlich Wenn wir also verstehen wollen, was in zehn Jahren dann auf dem Weg zur Arbeit auf der mobilen Zalando- wie heute schon bei Uber oder MyTaxi, aber mit einem sein wird, müssen wir anfangen, uns das vorzustellen, App surfen und sich dort wie von einem Modema- viel größeren Fahrzeugpool, kann immer die perfek- was kommen wird und nicht nur was heute ist. Vor In Relation zum gesamten Einzelhandels-Umsatz gazin oder einer Fashionshow inspirieren lassen. te Transportmöglichkeit gefunden werden. Dadurch allem, sollten wir antizipieren, welchen Einfluss eine nimmt der Onlinehandel einen relativ kleinen Platz Wenn er auf diese Weise ein paar Schuhe findet, würde sich die Anzahl der Fahrzeuge auf der Straße neue Technologie in einem Bereich auf Geschäfts- ein (ca. zwölf Prozent). Dennoch haben Internet und kann er sich anzeigen lassen, wann er diese gelie- extrem reduzieren. Um die Flotten optimal zu nutzen, modelle anderer Sektoren haben könnte. Onlinehandel die Art, wie wir einkaufen, radikal ver- fert bekommen könnte oder welcher Markenshop ändert. Der Kunde steht im Mittelpunkt und kann sich in der Nähe sie in seiner Größe vorrätig hätte. Jetzt heute jederzeit und überall über Preise und Qualitä- könnte er ihn online kaufen oder die App führt ihn di- ten informieren. Natürlich kann niemand gesichert rekt zu einem Laden, wo die Schuhe in seiner Größe voraussagen, wie es um 2030 um den Onlinehandel schon für ihn bereitgestellt sind. Er kann sie dann und Offlinehandel bestellt sein wird, man kann je- dort über die App kaufen und mitnehmen oder sich doch davon ausgehen, dass die Wachstumsdynamik zu jedem beliebigen Ort schicken lassen, dabei die erhalten bleibt und sich der Einfluss des Onlinehan- Lieferung live verfolgen und gegebenenfalls die Lie- dels auf Kaufverhalten und Supply Chains verstärken feradresse kurzfristig anpassen. Umgekehrt kann er wird: Wir leben in einer Zeit, in der die Entwicklung sich aber auch im Laden weiter inspirieren lassen. nicht graduell, sondern exponentiell voranschreitet Die Zalando-App führt ihn dann zu weiteren, auf ihn und doch überschätzen wir – wie es Bill Gates ein- zugeschnittenen Angeboten, die er kaufen oder vor- mal sagte – was sich in den nächsten ein bis zwei merken kann, um sie später zu Hause sofort wieder 32 33
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