RUNDFUNK 2020 SCHULJAHR 2019/2020 - HERMANN-LIETZ-SCHULEN

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RUNDFUNK 2020 SCHULJAHR 2019/2020 - HERMANN-LIETZ-SCHULEN
RundFunk 2020
Lietz Internat Hohenwehrda

                                Schuljahr 2019/2020
RUNDFUNK 2020 SCHULJAHR 2019/2020 - HERMANN-LIETZ-SCHULEN
 INHALTSVERZEICHNIS

                         INHALT

                         AKTUELLES
                         Rhodofest – Abschluss des Schuljahres                                 4
                         Der Anker und das Meer – Jahrestasse 2020/21                          6
                         Fachabitur mit Schwerpunkt Sozialwesen                                7
                         Christian Stöger seit 20 Jahren in Hohenwehrda                        8
                         Hans Karcher geht nach 34 Jahren                                      10
                         Neuer Physikraum und „Waldhaus“ renoviert                             12
                         Was ist dem Menschen heilig?                                          14
                         Was bedeutet, „jüdisch“ zu leben?                                     15
                         Aufpassen, dass nichts anbrennt                                       16

                         UNTERRICHT
                         Betreuung in Corona-Zeiten                                            17
                         Wozu das ganze Theater?                                               18
                         Vielstimmig durch die Epochen                                         19

                         FAHRTEN
                         Unterwegs in Tel Aviv mit Katrin Schwanz                              20
                         Saugasse, Südtirol und Sauwetter                                      22

                         PROJEKTE
                         Wirkt das gedruckte Wort fort?                                        24
                         Hohenwehrda hilft Hochwasseropfern                                    25
                         Berufspraktikum mit den Klassen 8 und 9                               26
                         Gesundes Gemüse aus dem eigenen Garten                                28
                         30 Jahre Wiedervereinigung                                            30

                         VERSCHIEDENES
                         Wanderausstellung „Vorbilder – Friedensstiftende“                     31
                         Der Wert von Märchen in der heutigen Zeit                             32
                         Kanuten auf dem Trockenen                                             33
                         Trotz Abstand viel Spaß und Freude                                    34

                         Impressum/Herausgeber:
                         Lietz Internat Hohenwehrda, Schloss Hohenwehrda, D - 36166 Haunetal
                         Tel: +49 (0) 6673 9299-0, Fax: +49 (0) 6673 9299-40
                         hohenwehrda@lietz-schule.de, www.internat-hohenwehrda.de
                         Redaktionsteam: Martin Batzel, Christoph Winter
                         August 2020

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   INHALTSVER ZEICHNIS
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„Anker lichten“

Liebe Leserinnen und Leser!

Inspiriert durch Ferienwochen an      Trotz allem haben die Schüler der      Der Anker als Symbol steht für
der Nordsee hat Henning die neue      Klasse 12 erfolgreich das Fach­        Treue und in der christlichen Tradi-
Jahrestasse mit einem Anker gestal-   abitur bestanden und die Schüler       tion für Hoffnung.
tet. Ihm war bei seinem Entwurf       der Klasse 10 R erlangten alle
bewusst, dass der Anker ein schö-     den mittleren Abschluss – etliche      Und so wünschen wir unseren
nes Symbol für Sicherheit und Ruhe-   mit Qualifikation für die gymna-       Abschlussschülern: Bleibt immer
pause bei stürmischer See in einem    siale Oberstufe oder die Fach­         voller Hoffnung!
Hafen oder in Küstennähe ist.         oberschule.
                                                                             Die Hoffnung gibt die Kraft, das
Dass der Anker der Tasse im Jahr      Sie alle hatten sich teils jahrelang   Unmögliche möglich zu machen.
2020 eine so besondere Bedeu-         in Hohenwehrda verankert und           Bleibt den Lietz-Schulen und Ho-
tung in Hohenwehrda erlangen          hier einen sicheren Ort für erfolg-    henwehrda treu, bleibt euch sel-
sollte, konnten wir bei der Aus-      reiches Lernen gefunden.               ber treu und glaubt an euch!
wahl von Hennings Entwurf noch
nicht ahnen.                          Nun geht es darum, die Anker zu        Herzliche Grüße
                                      lichten, das im Hafen Hohenwehr-       aus Hohenwehrda
Jetzt am Schuljahresende sagen        da Erworbene mitzunehmen und
wir: Ja, in Hohenwehrda hatten        ans Licht zu führen.
wir in den vergangenen, von der
Pandemie geprägten Wochen,            Neue Wege warten und die Her-
einen sicheren Hafen bei Sturm        ausforderung, mitzuhelfen die Welt
um uns herum.                         neu verantwortungsvoll zu gestalten.   Sabine Hasenjaeger

                                                                                                                    3
                                                                                                        GRUSSWORT
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 INHALTSVERZEICHNIS

         Abschluss des Schuljahres im Lietz Internat Hohenwehrda

        Kopfkissen, Kuscheldecke
        und ein Startpaket
               Kuscheldecken und Kopfkissen für Langschläfer, die es nicht immer pünktlich zum
               Frühstück schaffen; ein Hula-Hoop-Reifen, damit der Beschenkte in Schwung und
               Bewegung kommt; ein Startpaket mit Duftbäumchen, pinkfarbener Warnweste
               und Parkscheibe für das erste Auto.

               Mit netten Geschenken, humorvol-        Tina Sitzer, Lehrerin für Deutsch   rung von Abläufen ein Ort der
               len Worten und Anekdoten gar-           und Englisch, beginnt an anderer    Sicherheit und Verlässlichkeit
               niert mit feiner Ironie verabschiede-   Wirkungsstätte ein Referendariat.   blieb. Sabine Hasenjaeger dankte
               ten die Internatsfamilieneltern beim                                        den Mitarbeitern des Lietz
               Rhododendronfest des Lietz Inter-       „Ein Internat lebt davon, dass es   Internats Hohenwehrda für das
               nats Hohenwehrda ihre Schülerin-        Routine gibt. Gesicherte Abläufe    Engagement der vergangenen
               nen und Schüler. „Dies ist der wich-    geben Schülern und Erwachse-        Wochen und Monate: „Ich halte,
               tigste Punkt an diesem Abend“,          nen Halt,“ sagte Sabine Ha-         was hier geleistet wurde, nicht für
               betonte Internats- und Schulleiterin    senjaeger. Mit großen Anstren-      selbstverständlich. Ganz viele gute
               Sabine Hasenjaeger in ihrer Rede        gungen wurden gemeinsam die         Geister haben ihren Teil dazu bei-
               zum Abschluss eines ungewöhn-           Voraussetzungen geschaffen,         getragen, dass wir die Situation
               lichen Schuljahres. Wegen der           dass Hohenwehrda auch in den        gut gemeistert haben.“
               durch die Pandemie bedingten Ab-        stürmischen Zeiten des Corona-        Text: Martin Batzel
               standsregelung wurde die Jahres-        Virus trotz notwendiger Verände-      Fotos: Jens Terlinden

               abschlusskapelle in die Sporthalle
               verlegt. Schulband und Solisten an
               Klavier, Geige und Ukulele sorgten
               für einen ansprechenden Rahmen.

               Sabine Hasenjaeger verabschie-
               dete zwei Mitglieder des Kolle-
               giums. Hans Karcher geht nach
               34 Jahren als Lehrer für Latein,
               Geschichte und Politik sowie als
               Lerntherapeut in der Stiftung Deut-
               sche Landerziehungsheime in den
               Ruhestand. „Deine Spuren bleiben
               sichtbar, die Lücke ist groß.“

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   AKTUELLES
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Hohenwehrda verabschiedet die Klassen 10  R und FOS 12 – Neues Jahresmotto: „Anker lichten“

„Möge der Wind für euch sein“
     „Wenn um uns herum die Welt tobt, ist Hohenwehrda ein sicherer Ort. Hohenwehrda
     war euer Hafen, in dem ihr Anker setzen und zur Ruhe kommen konntet.“

     Mit einer Rede, orientiert am neu-
     en Jahresmotto „Anker lichten“,
     verabschiedete Internats- und
     Schulleiterin Sabine Hasenjaeger
     gemeinsam mit den Internatsfamili-
     eneltern, Lehrern und Pädagogen
     anschließend an ein festliches
     Dinner in einer würdevollen Fei-
     er die Schülerinnen und Schüler
     der Jahrgangsstufen 10 R und 12
     der Fachoberschule. Die Leiterin
     des Lietz Internats Hohenwehrda
     dankte den „Schülern für die Leis-     die Schüler in ihren Jahren in Ho-
     tung und den Lehrern für die Sor-      henwehrda erlebt. Nachdem die
     ge um Erfolg“.                         Prüfungen zur Mittleren Reife und
                                            zum Fachabitur bestanden sind,
     „Ebbe und Flut, starken Wellen-        sei es an der Zeit, die Anker zu
     gang, wechselnde Winde, ruhige         lichten, wieder auf große Fahrt zu
     See, sichere Fahrt“– all dies hätten   gehen, neue Wege und Welten zu

                                            entdecken. Mit den in Hohenwehr-         nung auf und äußerte den an die
                                            da erlernten Erfahrungen seien die       Abgänger gerichteten Wunsch:
                                            Schülerinnen und Schüler der 10 R        „Seid voller Hoffnung und macht
                                            sowie der FOS 12 bestens vorbe-          das Unmögliche möglich. Bleibt
                                            reitet, im Team und gemeinsam mit        Hohenwehrda treu und seht Ho-
                                            anderen im Boot auch schwierige          henwehrda weiter als euren Ha-
                                            Anforderungen zu bestehen.               fen, in dem man sich vorüberge-
                                                                                     hend verankern kann. Möge der
                                            Die Internats- und Schulleiterin griff   Wind für euch sein.“
                                            in ihrer Abschiedsrede den Anker           Text und Fotos: Martin Batzel
                                            als Symbol für Treue und Hoff-

                                                                                                                              5
                                                                                                                       AKTUELLES
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         Ein Gespräch mit Henning Sendler, Sieger des Motivwettbewerbs zur Jahrestasse 2020/21

        Der Anker und das Meer
               Henning Sendler, 15, besucht die Klasse 8 G des Lietz Internats Hohenwehrda
               und gewann den Wettbewerb zum Motiv der Jahrestasse 2020/21. Im Interview
               spricht Henning über das Motiv, seine Idee und seine Beziehung zum Meer.
               Die Hohenwehrdaner Jahrestasse ist beliebt als Sammlerobjekt und als Geschenk.

               Henning, Gratulation zum Erfolg,    Was ist die Geschichte hinter die-   wollte etwas schaffen, was bleibt,
               wie würdest du jemandem, der        ser Idee?                            wenn ich nicht mehr in Hohen-
               das Motiv nicht kennt, deine Idee   Ich komme zwar aus München,          wehrda bin.
               zur Gestaltung der Jahrestasse      doch fahren wir jedes Jahr an die
               beschreiben?                        Nordsee. Mein Vater war Schiffs-     Die Tasse ist in der Produktion,
               Die Tasse zeigt einen Anker im      arzt bei der Marine. Daher habe      das Muster kennst du. Wie gefällt
               offenen Meer, der einem Gegen-      ich eine besondere Beziehung         sie dir?
               stand Halt gibt. Das kann bei-      zum Meer; Anker und Meer gehö-       Sehr gut! Ich finde die Tasse mit
               spielsweise ein Schiff sein, muss   ren für mich zusammen. So kam        meinem Motiv sehr schön. Es ist
               aber nicht. Da habe ich mich        ich auf die Idee.                    das Ergebnis von drei bis vier
               nicht festgelegt.                                                        Kunst-Doppel-Stunden bei unse-
                                                   Es gab 50 Entwürfe. Eine de-         rem Kunstlehrer Herrn Terlinden.
                                                   mokratische Vorauswahl wurde         Aber wenn ich an dieser Stelle
                                                   durch die Schülerschaft getroffen,   erwähnen darf: Mir ist wichtig
                                                   um dann im engeren Kreis zu ei-      zu sagen, welche künstlerische
                                                   ner Entscheidung zu gelangen.        Qualität die Jahrestassen der ver-
                                                   Hast du mit dem Sieg gerechnet?      gangenen Jahre ebenfalls hatten.
                                                   Nein, auf keinen Fall. Es gab so     Denken Sie nur an die Jahrestasse
                                                   viele gute Vorschläge meiner Mit-    mit dem Auge … das war schon
                                                   schülerinnen und Mitschüler. Der     eine tolle Leistung!
                                                   Gewinn kam für mich unerwartet.
                                                                                        Wirst du die Motto-Jahrestasse
                                                   Das klingt sehr bescheiden …         2020/21 mit deinem Motiv ver-
                                                   … natürlich bin ich auch ein wenig   schenken?
                                                   stolz, diesen Wettbewerb gewon-      Na klar, meine Schwester ist eine
                                                   nen zu haben. Aber ich erkenne       begeisterte Teetrinkerin. Sie be-
                                                   auch die Leistungen der anderen      kommt natürlich eine. Und meine
                                                   Teilnehmer an. Es waren wirklich     Mutter auch. Für meine Oma ist
                                                   sehr, sehr gute Ideen dabei.         es ebenfalls ein cooles Geschenk,
                                                                                        weil es so persönlich ist.
                                                   Den Gewinn des Wettbewerbs             Text und Foto: Martin Batzel
                                                   nanntest du als eines deiner Ziele
                                                   während deiner Zeit in Hohen-
                                                   wehrda. Warum?
                                                   Neben einem guten Abschluss
                                                   war der Gewinn des Mottowett-
                                                   bewerbs eines meiner Ziele, das
                                                   stimmt. Die Tasse wird es lange
                                                   Zeit geben. Die Sieger-Motive
                                                   des Wettbewerbs hängen als
                                                   große Bilder in der Kapelle. Ich

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Ab jetzt Prüfungen zum Fachabitur im Lietz Internat Hohenwehrda

Hohenwehrda schärft
weiter sein Profil
     „Wir freuen uns sehr, dass der Weg erfolgreich war“, sagt Sabine Hasenjaeger,
     Internats- und Schulleiterin im Lietz Internat Hohenwehrda.

     Das Lietz Internat Hohenwehrda
     schärft weiter sein Profil und darf
     nun Prüfungen zum Fachabitur mit
     dem Schwerpunkt Sozialwesen
     abnehmen. Somit kann in Hohen-
     wehrda – neben dem Abschluss
     der mittleren Reife – mit dem
     Fachabitur ein weiterer staatlicher
     Abschluss abgelegt werden. Sa-
     bine Hasenjaeger dankte Harald
     Persch, Amtsleiter des Staatlichen
     Schulamtes in Fulda, für die sehr
     gute Unterstützung und Zusam-
     menarbeit.
                                           Von links: FOS-Koordinatorin Helga Vogel, Amtsleiter des Staatlichen Schulamtes in Fulda,
     „Mit dem Fachabitur sind Studium      Harald Persch und Internats- und Schulleiterin Sabine Hasenjaeger während der Übergabe
                                           der Urkunde in Hohenwehrda.
     an Hochschulen und Universitäten
     und auch Promotion in verschie-
     denen Fächern möglich“, erklärt       Schüler, ein Abitur zu erlangen                Arbeit. Drei Tage in der Woche
     Helga Vogel, in Hohenwehrda für       und dabei den Schwerpunkt auf                  verbringen die FOS-Schüler im
     die Betreuung der Fachoberschule      den praktischen Teil zu legen.“ Seit           Klinikum Bad Hersfeld und/oder
     zuständig. Sie ist überzeugt von      vier Jahren bietet das Lietz Internat          in verschiedenen Kindertagesstät-
     dieser Alternative zum Allgemein-     Hohenwehrda diesen Ausbil-                     ten in Bad Hersfeld.
     bildenden Abitur: „Ich sehe hier      dungsgang und reagierte mit der
     eine sehr gute Möglichkeit für        Einführung auf den Fachkräfteman-              Im zweiten Ausbildungsjahr, der
                                           gel im Bereich der sozialen Berufe.            Klasse 12, werden die Schüler auf
                                                                                          die Abiturprüfungen vorbereitet.
                                           In der Jahrgangsstufe 11 erhal-                Hier erhalten sie in kleinen Grup-
                                           ten die Schülerinnen und Schüler               pen vertieft, individuell und gezielt
                                           Unterricht in schwerpunktüber-                 Unterstützung, lernen verschiedene
                                           greifenden Fächern wie Deutsch,                Arbeitstechniken, selbstständiges
                                           Englisch, Mathematik, Naturwis-                Lernen und Studierfähigkeit. Mit
                                           senschaften, Politik und Wirtschaft.           der staatlichen Anerkennung wird
                                           Im Schwerpunktfach Sozialwesen                 das Angebot, im Lietz Internat
                                           gibt es die Themenschwerpunkte                 Hohenwehrda das Fachabitur ab-
                                           Praxiserfahrungen in sozialen Ein-             legen zu können, auch für Schüler
                                           richtungen, Sozialstation als viel-            interessant, die sich erst zur Klasse
                                           schichtiges Spannungsfeld, Jugend              11 für einen Wechsel ins Internat
                                           und Gesellschaft, Kommunikations-              entscheiden.
                                           und Gruppenprozesse und Soziale                   Text: Martin Batzel
                                                                                             Fotos: Jens Terlinden

                                                                                                                                       7
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 INHALTSVERZEICHNIS

         Christian Stöger im Porträt: Sportler, Sozialpädagoge und seit 20 Jahren in Hohenwehrda

        Heimat, „Ho“ und Waldhessen
               „Die Zeit in der Mittelstufe und die Pubertät sehe ich als die prägendste Zeit im Leben
               eines Menschen. Viele Kinder durchleben in Hohenwehrda die wichtigste Zeit ihres
               Lebens für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit“, sagt Christian Stöger.

               Seit 20 Jahren begleitet er als       Nachfrage beschreibt er sich als      sich in die Lage der Kinder ver-
               Sozialpädagoge im Lietz Internat      loyal, zuverlässig und hilfsbereit.   setzen können. Konsequent sein.
               Hohenwehrda junge Menschen            „Ich kann gut zuhören.“ Schlech-      Aber auch Spaß verstehen. Und
               durch diese Phase mit Empathie        te Laune bekommt er, wenn man         er muss Blödsinn mitmachen kön-
               und klaren Worten: „Wenn mir et-      den kleinen Finger hinhält – „und     nen.“ Christian Stöger kann das.
               was nicht gefällt, dann darf derje-   das Gegenüber die ganze Hand
               nige das auch ruhig wissen.“ Die      nimmt. Wenn man Hilfsbereit-          Seinen Zugang zu den Jugend-
               Art kommt an, Christian Stöger ist    schaft ausnutzt“.                     lichen erhält der Familienvater
               geschätzt, beliebt und respektiert.                                         durch eine passende Mischung
               Über seine Vorzüge möchte Chris-      Was macht für ihn einen guten         aus Fachwissen, Authentizität und
               tian Stöger ungern sprechen, auf      Sozialpädagogen aus? „Er muss         Sport – hier betreut er neben der
                                                                                           Wintersportexkursion auch die
                                                                                           Gilden Basketball, Tischtennis,
                                                                                           Volleyball, Fußball und das Lau-
                                                                                           fen. Wenn die Puste reicht, nutzt
                                                                                           er besonders beim Laufsport ger-
                                                                                           ne die Chance für gute Gesprä-
                                                                                           che. Mit nun 46 Jahren muss aber
                                                                                           auch Christian Stöger erkennen:
                                                                                           Das Alter zehrt bisweilen.

                                                                                           20 Jahre Hohenwehrda
                                                                                           Das Lietz Internat ist Stögers erste
                                                                                           Arbeitsstelle. Dabei fand er „Ho“
                                                                                           zufällig bei einer Recherche bei
                                                                                           der Agentur für Arbeit. Damals,
                                                                                           25 Jahre alt, suchte er nach sei-
                                                                                           nem Studium der Sozialen Arbeit
                                                                                           eine Anerkennungsstelle und setz-
                                                                                           te sich im Bewerbungsverfahren
                                                                                           gegen vier Kandidaten durch.
                                                                                           Das war vor zwei Jahrzehnten. Er
                                                                                           ist nicht „einfach hängengeblie-
                                                                                           ben“, sondern entschied sich be-
                                                                                           wusst für den Ort oberhalb Wehr-
                                                                                           das. Langeweile habe er hier
                                                                                           noch nie verspürt. „Die Tage sind
                                                                                           nicht vorhersehbar. Das macht es
                                                                                           anstrengend, aber auch span-
                                                                                           nend. In 20 Jahren habe ich nicht
                                                                                           den Eindruck, dass sich schon mal
                                                                                           etwas wiederholt hat.“

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Christian Stöger ist im besten
Sinne heimatverbunden, wird
zwar in Schwalmstadt geboren,
wächst aber im Dorf Oberaula
auf. 1800 Einwohner, ländliche
Struktur. Stögers Elternhaus liegt
zudem außerhalb der Ortsgren-
ze, das Zentrum ist etwa zwei
Kilometer weg. Natur umgibt sei-
ne Jugend, er bezeichnet diese
Phase als glücklich, genießt die
Vorzüge des Dorflebens: Ruhe,
Vertrautheit, Verlässlichkeit.

Abitur 1993 an der Melanchton-
schule in Willingshausen-Steina-
tal, 25 Kilometer weg von Ober-
aula. Christian Stöger fährt mit
dem Bus oder dem Rad zur
Schule. Anschließend Studium
in Siegen. Kommilitonen an der
Hochschule – viele kommen aus
dem Kölner Raum – beklagen die
Einöde des Siegerlandes. Dort
hält nur alle 30 Minuten ein Bus.
Stöger reagiert auf das Jammern
der Mitstudenten mit einer Frage:
„Was wollt ihr denn? Bei mir da-
heim kommt nur ein Bus am Tag.“
Heimat bedeutet für ihn, „wenn an
der Autobahn das Schild auf die        Seine Aufgabe als Sozialpäda-         Das dauert nur 20 Minuten län-
Region Waldhessen hinweist“.           goge, seine eigene Familie und        ger als mit dem Auto, ist aber viel
Stöger braucht den Wald und            viel Sport nennt Stöger als seine     gesünder und seine „Antwort auf
ländliche Strukturen. In einer Stadt   Hobbys. Lange spielt er Hand-         die Forderungen von Fridays for
hält er es nicht lange aus, das gilt   ball, geht heute nicht mehr. Lau-     Future“. Welchen Tipp gibt Sozial-
auch heute noch. Er erlebt die         fen geht immer, Radfahren auch.       pädagoge Stöger für die Arbeit
Region, als hier noch die Grenze       Zwei, drei Mal in der Woche           mit Kindern? „Man muss Bock auf
zwischen Ost und West stand. Es        fährt Christian Stöger die 15 Kilo-   Kinder haben. Dann kann man
war deutlich ruhiger. „Heute gibt      meter von seinem Wohnort Nie-         viele Sachen machen, seine Ideen
es viel Durchgangsverkehr in alle      deraula nach Hohenwehrda –            mit ihnen gemeinsam umsetzen.
Richtungen.“                           nicht auf einem E-Bike, sondern       Dann ist es keine Arbeit mehr.“
                                       mit einem konventionellen Rad.          Text: Martin Batzel
                                                                               Fotos: Jens Terlinden, Martin Batzel

                                                                                                                             9
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RUNDFUNK 2020 SCHULJAHR 2019/2020 - HERMANN-LIETZ-SCHULEN
 INHALTSVERZEICHNIS

         Lerntherapeut Hans Karcher geht nach 34 Jahren bei der Stiftung in Ruhestand

        Ein Leben zwischen Lietz,
        Neuseeland und Paderborn
               Die Kultkneipe von damals gibt es heute noch: Cave 54, Heidelberg, Krämergasse 2,
               Seitenstraße der Fußgängerzone. Ein Musikkeller, freundlicher Empfang oben,
               Wendeltreppe führt nach unten ins Gewölbe. Damals wird drinnen noch geraucht.
               Die Ventilation ist hoffnungslos überfordert, Freitag und Samstag bis fünf Uhr geöffnet,
               Dienstag und Donnerstag bis drei – studentengerechte Öffnungszeiten eben.

                                                     es Einigkeit über die Konditionen.   nach Wehrda. Es soll ein Proviso-
                                                     Das ist Anfang 1986. Zum 1. Au-      rium sein, er bleibt dort hängen,
                                                     gust 2020 scheidet Hans Karcher      bereut es nicht, freut sich über Fa-
                                                     nach 34 Jahren aus der Stiftung,     milienanschluss, den kurzen Weg
                                                     geht in den Ruhestand.               rauf nach Hohenwehrda, die Be-
                                                                                          schaulichkeit des Haunetals und
                                                     Elf Jahre lang pendelt Hans Kar-     die Gemeinschaft des Dorfes.
                                                     cher zwischen den Standorten
                                                     Bieberstein und Hohenwehrda,
                                                     unterrichtet bis 1997 Latein und
                                                     Geschichte. Dann beginnt er die
                                                     Ausbildung zum Lerntherapeu-
                                                     ten, Karcher bezeichnet dies als
               Hans Karcher erinnert sich an         „glückliche Entscheidung“, schätzt
               „wilde Nächte“. Vor dem Cave          die Möglichkeiten, welche die
               54 geht‘s ins „Woiloch“. Auch         Einzelbetreuung der Schüler bie-
               das gibt es heute noch, ist kein      tet. Noch bis 2005 unterrichtet er
               Loch sondern eine Kult-Kneipe,        Latein in Hohenwehrda, dann voll-
               liegt etwa 300 Meter Luftlinie,       zieht Hans Karcher den komplet-
               zwei Parallelgassen und eini-         ten Wechsel „weg von fachlichen
               ge Biere entfernt. Hans Karcher       Zwängen hin zum Einzelsetting
               denkt gerne zurück an seine Stu-      und zur therapeutischen Arbeit“.
               dentenjahre von 1977 bis 1983.        Das staatliche Schulsystem als Al-
               Studienfächer Latein, Geschichte      ternative zu einer Anstellung bei
               und Politik, Abschluss Gymnasial-     der Stiftung deutsche Landerzie-
               lehrer, beide Staatsexamina. Drei     hungsheime ist für ihn ohnehin nie
               Jahre nach dem Examen gibt es         mit Reizen verbunden: „Klassen
               das entscheidende Vorstellungs-       mit 30 Schülern in Latein und Ge-
               gespräch – mit Ulrich Kindscher       schichte zu unterrichten? Nein!“
               (ehemals Leiter des Lietz Internats   Auch der Beamtenstatus kann ihn
               Bieberstein) und Heinrich Joswig      nicht locken.
               (damals Leiter in Hohenwehrda).
               Karcher erinnert sich gut: „Wir       Ein Jahr arbeitet Hans Karcher in
               trafen uns in einer Kneipe in         Hohenwehrda intern, betreut von
               München-Schwabing.“ Hat sich          1997 bis 1998 eine Internatsfami-
               logistisch so ergeben, schnell gibt   lie im Schloss, zieht anschließend

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   AKTUELLES
Karcher ist früher viel unterwegs;    kann ich nicht singen.“ Zu seiner      – Karcher sagt wirklich Monnem,
während eines Sabbatjahres            Studentenzeit ist das Liedgut nicht    nicht Mannheim – „und von dort
1997 reist er nach Mauritius,         en vogue. „Als Politologen und         aus kommt man schnell in die gan-
arbeitet dort mit behinderten         Altphilologen haben wir eher die       ze Welt“.
Kindern; renoviert ein Haus in        Internationale gesungen.“ Beim
Frankreich, nimmt an internatio-      Dialekt gibt es keine Stolperer, den   Mit 63 Jahren ist nun Schluss.
nalen Workcamps teil; reist zwei      spricht Karcher akzentfrei, spürt      Geht’s jetzt erst richtig los? Wie
Monate durch Neuseeland. Im           Nostalgie vorsichtig hochkriechen,     alt will er werden? „Wenn es so
Schuljahr 2014/15 dauert seine        denkt er an den Dom zu Speyer,         bleibt wie der aktuelle Zustand,
Auszeit drei Monate. Die reichen      die Biergärten im Badischen und        dann von mir aus 115 Jahre.
für Mexiko, einen Abstecher nach      an Fahrradtouren ohne E-Bike. „Ist     Kreuzworträtsel lösen und Däum-
Australien und eine Kur in Pader-     alles flach in Baden.“ Wandern,        chen drehen werden nicht mei-
born. War auch schön da.              sein Hobby, klappt dort auch gut.      ne Beschäftigungen im nächsten
                                      „Die Rhön, deren Wanderwege            Vierteljahrhundert sein. Ich bin
Auch nach Beginn seines Ruhe-         und Hütten ich sehr schätzen ge-       ein Reiseonkel.“ Und wie soll
standes will Hans Karcher reisen      lernt habe, werde ich nur als Tou-     der Abschied von Hohenwehrda
– besonders an Orte, an deren         rist wiedersehen.“ Wird aber auch      sein? „Kurz und schmerzlos bitte.“
Stelle auf der Landkarte noch kein    funktionieren; 130 Minuten braucht     Karcher wünscht sich: „It’s all over
imaginäres Fähnchen steckt. Euro-     der ICE von Karlsruhe nach Fulda.      now, baby blue.“ In der Version
pa steht hoch im Kurs. Sprachen       Ohne Umsteigen. „Von meinem            von Van Morrison.
möchte er lernen, Französisch steht   Wohnort bei Bad Schönborn aus            Text und Fotos: Martin Batzel
ganz oben auf der Liste. Und wo       bin ich auch schnell in Monnem“
lernt man Französisch? „In Nizza,
so viel Stil muss schon sein.“

Egal wohin ihn die Reisen treiben,
sein neues Zentrum wird die Region
zwischen Karlsruhe und Heidel-
berg. Er wächst nahe Philipps-
burg auf – einer Stadt am Rhein,
im Badischen gelegen, bis vor
wenigen Wochen auffallend we-
gen zweier Kühltürme des Kern-
kraftwerkes. Die sind jetzt weg,
waren eh lange schon stillgelegt,
störten die Landschaft, wurden
spektakulär gesprengt ganz früh
morgens, um Touristen zu vermei-
den. Kamen trotzdem sehr viele.
Karcher sieht‘s im Fernsehen. Tut
nicht weh, die Türme fehlen ihm
nicht, auch wenn er mit ihnen auf-
wächst. Baubeginn 1970, neun
Jahre später läuft die Anlage.
Dazwischen besteht Karcher sein
Abitur am örtlichen Gymnasium.
Danach Studium, anschließend
die Stiftung, nun ist Schluss und
schließt sich der Kreis. Karcher
kehrt zurück an den Ort, „an dem
man meine Sprache spricht“.
Beim Badner-Lied, der Hymne
der Region zwischen Karlsruhe,
Mannheim und Heidelberg, gibt
es beim Text leichte Hänger. „Das

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 INHALTSVERZEICHNIS

         Baumaßnahmen in Hohenwehrda: Physikraum neu, „Waldhaus“ renoviert

        „Sehr viele Möglichkeiten
         machen ganz viel Spaß“
               Wer das Lietz Internat Hohenwehrda besucht, den Berg hoch läuft Richtung Schloss,
               dem fällt links vom Weg auf: Das „Waldhaus“ sieht jetzt anders aus. Neues Dach,
               neue Fassade, ganz oben eine neue Lehrerwohnung, zudem vier frische Schülerzimmer.
               Seit Spätsommer wird renoviert – innen und außen; die alte Treppe aus Waschbeton
               muss weichen, wird ersetzt durch eine Stahlkonstruktion.

                                                                                         in Eigenarbeit derzeit noch gestal-
                                                   Nordseite des Waldhauses – also       tet wird, ist der Physikraum fertig
               Burkhard Göbel, in dessen Be-       zu den Garagen hin – eine Flucht-     und nicht nur technisch auf dem
               reich als Technischer Leiter die    und Rettungstreppe als zweiter        neusten Stand. Teure Experimen-
               Begleitung und Koordination der     Fluchtweg angebaut. Natürlich         tal-Aufbauten, wie man sie noch
               Baumaßnahmen in Hohenwehrda         wurden Dach und Fassade im            von früher kennt, sind weitgehend
               fällt, erklärt: „Das Waldhaus hat   Zuge der energetischen Sanierung      Vergangenheit. Die Zukunft gehört
               äußerlich ein neues, viel schöne-   gedämmt. „Bei der Durchführung        der Simulation aus dem Internet,
               res Aussehen. Es hat nun einen      der Sanierungsmaßnahmen wird          an der die Schülerinnen und Schü-
               neuen Dachstuhl mit sechs Gau-      auf die Qualität der energetischen    ler interaktiv arbeiten. „Nun kön-
               ben und großen Fenstern, die Fas-   Materialien geachtet, so dass sich    nen wir Messwerte aus den Physik-
               sade wurde verkleidet, im oberen    das Klima im Haus verbessert und      experimenten mit den Schülern am
               Bereich von Dachgeschoss und        auch kostbare Energie gespart         Smartboard erfassen, sie verglei-
               erstem Obergeschoss mit Holz,       wird“, erklärt Burkhard Göbel.        chen und interpretieren oder auch
               im Erdgeschoss mit Putz.“ Durch                                           Messfehler besprechen“, sagt Dr.
               die Gauben mit den großen           Eine zweite große Baumaßnah-          Ralf Karle, Lehrer für Mathematik
               Fenstern und die Neugestaltung      me, mit der sich das Lietz Internat   und Physik am Lietz Internat Hohen-
               der Räume gewinnt der gesamte       Hohenwehrda fit macht für künfti-     wehrda. Mit Hilfe der Dokumenten-
               Wohnbereich stark an Helligkeit     ge Anforderungen, ist die Reno-       kamera werden Lehrer-Experimen-
               und wird attraktiver. Aus Gründen   vierung des Chemie- und Physik-       te, kleine elektronische Bauteile
               des Brandschutzes wird an der       bereichs. Während die Chemie          und Schaltungen großformatig am

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   AKTUELLES
„Lernen durch Lehren“
        Hohenwehrdaner Schüler werden mit Hilfe der Altbürger zu Energieexperten

„Wenn Schüler zu Experten wer-
den und ihr Wissen an andere,
jüngere Kinder und Schüler weiter-
geben, ist dies die höchste Form
der Wissensvermittlung, die man
haben kann“, sagt Dr. Ralf Karle,
Lehrer für Mathe, Physik und
Chemie am Lietz Internat Hohen-
wehrda. Dank der großzügigen
finanziellen Unterstützung des
Altbürgervereins der Lietz-Schulen
und der guten Kontakte des Lietz-
Lehrers Dr. Karle zur VRD-Stiftung in
Heidelberg war es möglich, um-
fangreiche Unterrichtsmaterialien
zum Thema „Erneuerbare Energi-
en“ für die Sekundarstufe in Ho-
henwehrda zu erstehen. Dr. Karle
erprobte die modular aufgebauten                                                 Ziel des Bildungsprojektes ist
Lehreinheiten mit 18 Materialbo-        lungsreich gestalteten Materialien       auch, die Schüler soweit zu be-
xen im naturwissenschaftlichen          ermöglichen, dass Schüler unter-         gleiten, dass sie – ausgebildet
Unterricht der Klasse 9 G sowie in      schiedlicher Fachrichtungen und          zu Energieexperten – ihr Wissen
der Hohenwehrdaner Umweltgil-           Klassenstufen sich in das komplexe       altersgerecht und spielerisch an
de. Eingesetzt werden können die        Thema „Erneuerbare Energie“ ein-         Kinder einer Kita oder Schule wei-
Boxen in den Fächern Physik, Che-       arbeiten. Konzipiert ist das Mate-       tergeben. „Lernen durch Lehren“,
mie, Biologie, Erdkunde sowie           rial für eine einzelne Unterrichtsein-   so lautet die Grundidee. Die erste
Ethik und Religion. Die abwechs-        heit, bis hin zur Möglichkeit, eine      Einladung liegt den Hohenwehr-
                                        Projektwoche zu gestalten oder           danern bereits vor: Sobald es die
                                        gar zur Projektarbeit, die auf ein       Umstände zulassen, ist ein Besuch
                                        Schuljahr ausgelegt ist.                 der Privaten Grundschule Schloss
                                                                                 Thiergarten in Bayreuth geplant.

Smartboard als Foto oder Film
projiziert, digital bearbeitet und
den Schülern zur Verfügung ge-
stellt. Mit dem Stereomikroskop ist
es möglich, Mikrostrukturen wie
Haare, Pflanzenfasern, Zellen und
auch Kristalle dreidimensional zu
untersuchen und zweidimensional
als Foto oder Film elektronisch zu
verarbeiten. Das Fazit von Dr. Ralf
Karle zum neuen Physikraum ist
eindeutig: „Sehr viele Möglichkei-
ten machen ganz viel Spaß.“
  Texte: Martin Batzel
  Fotos: Lietz Internat Hohenwehrda,
  Ulrich Mayer

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 INHALTSVERZEICHNIS

         Lietz-Schüler suchen Antworten im Bibelhaus Erlebnismuseum in Frankfurt am Main

        Was ist dem Menschen heilig?
               Die Klasse 5/6 nahm am landesweiten Bibelwettbewerb „#heilig“ teil. Dieser von
               der Stiftung Bibel und Kultur in Kooperation mit den Kirchen in Hessen, dem hessischen
               Kultusministerium und den Bibelgesellschaften veranstaltete Wettbewerb ging der
               Frage nach, was einem heilig ist.

               Hierzu wählten wir die im Reli-      #heilig im Bibelhaus Erlebnismuse-    das Leben der Menschen zur Zeit
               gionsunterricht behandelte Ge-       um Frankfurt ausgestellt wurde.       Jesu. Die Schülerinnen und Schü-
               schichte von Josef und seinen                                              ler durften dann selbstständig auf
               Brüdern aus, um dieser Frage         So nahmen wir die Einladung ins       Entdeckungstour gehen und Was-
               am Beispiel des Josefs nachzuge-     Bibelhaus auch gerne an. Neben        ser schöpfen, Schriftrollen entzif-
               hen. Sehr interessiert folgten die   dem Besuch dieser Sonderaus-          fern sowie Land und Leute der da-
               Schüler dem Auf und Ab in des-       stellung erwartete uns noch so        maligen Zeit kennen lernen. Den
               sen Leben und setzten dies auch      einiges mehr: Die Schülerinnen        Höhepunkt bildete die „Fahrt“ in
               mit heutigen Lebenssituationen in    und Schüler durften selbst an die     einem in Originalgröße nachge-
               Verbindung. Durch verschiedene       Druckmaschine und nach alther-        bauten Fischerboot – „Seesturm“
               kreative Zugänge (Zeichnungen,       gebrachter Art eine eigene Seite      inklusive.
               Formulieren eigener Gedanken,        „drucken“. Anschließend stand
               Träume, Textweiterschreibung und     das Buchbinden an. Ein Druckbo-       Nach diesen tollen Erlebnissen

                                                                                                   #
               -aktualisierung etc.) setzten sich   gen musste richtig gefaltet, genäht   kehrten wir wieder in die Gegen-
               die Schüler mit der Geschichte       und anschließend die Seiten mit       wart zurück.
               bzw. der Fragestellung auseinan-     Hilfe eines Papiermessers aufge-        Text und Fotos: Matthias Göpfert
               der, sodass ein über drei Meter      schnitten werden.

                                                                                          #heilig
               langer Beitrag entstand.
                                                    Im Anschluss daran wurden wir
               Auch wenn unser Beitrag auf          in die Umwelt der Bibel mitge-
               Grund der sehr großen Konkur-        nommen. Auf sehr anschauliche
               renz (insgesamt wurden 210 Bei-      Art und Weise eröffnete sich uns
               träge eingereicht) nicht unter die
               mit einem Preisgeld dotierten Top
               drei kam, konnten sich die Schü-
               ler doch geehrt fühlen, dass unser
               Beitrag (als einer der weiteren
               Platzierungen in der Altersklasse
               11-14 Jahre) in der dem Wett-
               bewerb folgenden Ausstellung

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   AKTUELLES
Informativer Besuch der Klasse 9 G bei der Jüdischen Gemeinde Fulda

Was bedeutet, „jüdisch“ zu leben?
     Nachdem wir uns im Religionsunterricht in der Klasse 9 G des Lietz Internats
     Hohenwehrda zuvor bereits inhaltlich einige Zeit mit dem Judentum beschäftigt hatten,
     freuten wir uns darauf, dies und vieles mehr direkt vor Ort kennen zu lernen.

     In Fulda angekommen, wurden
     wir von Roman Melamed, dem
     Vorsitzenden der Jüdischen Ge-
     meinde, freundlich begrüßt. Zuerst
     erzählte er uns in einem Kurzvor-
     trag was es bedeute, „jüdisch“
     zu leben. So seien die insgesamt
     613 Ge- und Verbote weniger
     eine Einschränkung als vielmehr
     eine Hilfe, den Alltag und das
     Leben zu strukturieren. Auch die
     Speisevorschriften, die klar regeln,
     was koscher ist (und damit geges-
     sen werden darf) und was nicht,
     helfen einem, bewusst darauf zu
     achten, was man isst.

     Anschließend wurden wir in die
     Bibliothek der Jüdischen Gemein-       Zum Abschluss durften wir, nach-      Bedeutung und Verwendung im
     de geführt, die zugleich auch als      dem wir jeweils eine Kippa aufge-     Sabbatgottesdienst bzw. an den
     Museum für das Jüdische Leben in       setzt hatten, den für das religiöse   besonderen Festtagen.
     Fulda dient. Neben zahlreichen         Leben der Gemeinde wichtigsten
     Schriftstücken und ehemaligen          Raum betreten, die Synagoge.          Roman Melamed lobte die Schü-
     Gebrauchsgegenständen fielen           Begonnen mit der Mesusa, die          lerinnen und Schüler für die zahl-
     uns insbesondere die Ausstellungs-     sich direkt an der Eingangstüre       reichen guten Fragen sowie das
     tafeln auf, die das jüdische Leben     befindet, über den Toraschrein mit    große Interesse. Er würde sich über
     in Fulda dokumentieren. Herr Me-       den ihn umgebenden zehn Gebo-         einen erneuten Besuch sehr freuen.
     lamed skizzierte hier auch die Zeit    ten bis hin zum Lesepult und den        Text und Fotos: Matthias Göpfert
     vor, während und nach dem Na-          kleineren Raumelementen erhielten
     tionalsozialismus in Deutschland.      wir eine ausführliche Erklärung zur

                                                                                                                            15
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 INHALTSVERZEICHNIS

         150 Minuten Vorheizen, 240 Grad, 84 Pizzen und …

        … aufpassen, dass nichts anbrennt
               Abendessen im Lietz Internat Hohenwehrda einmal anders – etwas unkonventionell,
               ohne die festen Rituale, aber als gemütliche Zusammenkunft am Backhaus mit lockeren
               Gesprächen und leckerer, selbstgemachter Pizza.

                                            „Solide gebacken, perfekt knusp-     ben wird. Holz bringt die Hitze
                                            rig.“ Darius‘ Lob ist kritisch und   auf 240 Grad, die sich mehrere
                                            ehrlich. Zusammengefasst: Ihm        Stunden hält. Manchmal muss es
                                            schmeckt’s. Drei Varianten gibt’s    auch schnell gehen; vier Minuten
                                            – Pizza Hawaii, vegetarisch und      dürfen die Pizzen drinbleiben,
                                            klassisch mit Schinken und Pilzen.   sonst halten sie den Bewertungs-
                                            84 Pizzen backt Michael Klöp-        kriterien Darius‘ nicht stand. Die
                                            pinger, Hobbykoch und Lehrer für     größte Schwierigkeit beim Pizza-
                                            Geschichte und Religion in Ho-       backen fasst Michael Klöppinger
                                            henwehrda. Die Vorbereitung des      so zusammen: „Aufpassen, dass
                                            ungewöhnlichen Abendessens           nichts anbrennt.“
                                            beginnt mit dem Vorheizen des          Text: Martin Batzel
                                            Backofens zweieinhalb Stunden,         Fotos: Jens Terlinden

                                            bevor der erste Teig reingescho-

   16
   AKTUELLES
Betreuung durch Hohenwehrdaner Pädagogen in Corona-Zeiten

Cloud, Mails, Telefonate
und persönliche Gespräche
    Wenn der Lehrer morgens anruft: „Good morning, this is your English-teacher calling.
    This is your wake-up-call. Did you get my announcement, have you got any questions?
    No? Then get yourself a coffee and please start your work.“

                                            rer unterstützen die Schüler direkt      anrufe, begleiten die Erwachsenen
                                            bei ihren Aufgaben.                      den Lernprozess, sind auch in der
                                                                                     Ferne nahe an den Kindern dran.
                                            „Ich habe mir meine Zeit gut ein-
                                            geteilt, so klappt es ganz gut.“ La-
                                            etitia aus der Klasse 10 G hat für
                                            sich einen guten Weg gefunden,
                                            eine ungewöhnliche Situation zu
                                            meistern. Ein, zwei Aufträge bear-
                                            beitet sie pro Tag – daheim, aber
                                            eng betreut und unterstützt von ih-
    Der Weckruf ist erfolgreich, Ma-        ren Lehrern in Hohenwehrda. Der
    dita aus der 12. Klasse der Fach-       Kontakt läuft über verschiedene
    oberschule legt los und bearbei-        Medienkanäle. „Wenn ich eine
    tet das Material für Englisch. In       Frage habe, dann schicke ich
    ihrem Postfach der Lernplattform        schnell eine Mail oder rufe an. Die      Es ist die Summe vieler Anstren-
    „Go Formative“, mit dem im Lietz        Lehrer sind erreichbar. Und wenn         gungen, die hier zum Erfolg führt:
    Internat Hohenwehrda schon lan-         es mit der Antwort nicht gleich          Ob nun mit einer Cloud-Lösung,
    ge vor der Corona-Zeit gearbeitet       klappt, dann nehme ich einen an-         aus der sich die Schüler die Auf-
    wird, findet sie das Übungsmateri-      deren Arbeitsauftrag und mache           träge holen; oder mit Hilfe von
    al für ihre Fächer, freigegeben in      an dem ersten später weiter.“ Laeti-     Lernplattformen oder konventionell
    bestimmten Zeitfenstern, die sich       tia organisiert sich selbst.             mit Mails und auch Telefonaten.
    an den Unterrichtszeiten orientie-
    ren. Innerhalb dieser Zeiten sind                                                „Am Ende steht das gemeinsame
    die Übungen auch zu erledigen.                                                   Ziel von Eltern, Schülern und Leh-
                                                                                     rern, trotz der schwierigen Zeit,
    So gelingt es, Orientierung zu bie-                                              die Kinder konzentriert und gezielt
    ten. Die Schüler erhalten trotz der                                              auf die Abschlussprüfungen der
    bestehenden räumlichen Distanz                                                   Klasse 10 R und das Abitur der
    die ihnen bekannte Struktur, sagt                                                Fachoberschule vorzubereiten und
    Sebastian Krone, der als Fachmann                                                alle Schüler von Hohenwehrda
    und Kenner das Lehrerkollegium                                                   dahin zu bringen, ihr Klassenziel
    bei der Arbeit mit „Go Formative“                                                zu erreichen“, sagt Sabine Hasen-
    unterstützt. Die Lernplattform wird                                              jaeger, Internats- und Schulleiterin.
    durchgängig in allen Klassenstufen      Andere Schüler, die dabei mehr           „Uns lag sehr am Herzen, mit je-
    genutzt – mit ihr kann „live online     Anleitung benötigen, erhalten zu-        dem einzelnen Schüler intensiv zu
    gearbeitet werden“, wie Sebastian       dem moralische und emotionale            arbeiten und das Schuljahr erfolg-
    Krone sagt. Übungen werden in           Unterstützung. Wenn die gewohn-          reich zu Ende zu bringen.“
    Echtzeit zur Verfügung gestellt, Leh-   te Struktur fehlt, helfen Motivations-     Text und Fotos: Martin Batzel

                                                                                                                             17
                                                                                                                       UNTERRICHT
 INHALTSVERZEICHNIS

        Unterdrückte Gefühle fließen lassen – ein Gespräch mit jungen Schauspielern

        Wozu das ganze Theater?
                Niko (dabei seit dem Schuljahr 2018/19), Nico und Benedikt (beide seit 2019/20)
                bilden den Kern des Wahlpflichtfachs Theater im Lietz Internat Hohenwehrda in diesem
                Schuljahr. In einem Gespräch äußerten sie sich zu ihren Gründen, warum sie Theater
                spielen. Wann das aktuelle Stück mit dem Arbeitstitel „Orestie reloaded“ seine Premiere
                feiert, steht noch nicht fest. Das hängt davon ab, wann wieder vor Publikum gespielt
                werden darf, sagt Spielleiter und Theater-Pädagoge Jens Terlinden, der die
                Hohenwehrdaner Schauspieler im Wahlpflichtfach seit 2009 betreut.

                Eine Frage an euch Drei:              Was bringt das Theaterspiel für        Der Arbeitstitel heißt: „Orestie
                Wozu das ganze Theater?               eure Entwicklung, was gibt euch        reloaded“, es geht um Hauen
                Niko: Ich will lernen, besser mit     das Theater?                           und Stechen, Mord und Tot-
                meinen Mitmenschen umgehen            Benedikt: Wie Nico schon sagte:        schlag – zusammengefasst: Es
                zu können. Außerdem möchte ich        Man kann seinen Emotionen frei-        geht um Tragödien und die Er-
                gerne Schauspieler werden.            en Lauf lassen. Es gibt einen schö-    weiterung des dreiteiligen Zy-
                                                      nen Wechsel zwischen Ruhe und          klus der Orestie von Aischylos.
                Benedikt: Wir haben sehr viel         Aufregung. Man kann Emotionen          Welche Möglichkeiten bietet
                Spaß; ich habe mich in das Stück      abbauen. Das tut gut.                  euch das Stück?
                verbissen. Für mich ist das auch                                             Nico: In meinen Rollen fühle ich
                eine Vorbereitung. Ich möchte         Niko: Durch das Theaterspiel lernt     mich heimisch. Auch wenn es
                später Psychologie und Geis-          man, Rollen zu spielen, Skripte so     für mich als Junge ungewohnt ist,
                teswissenschaften studieren und       zu lesen, dass man sich in Cha-        weibliche Charakter zu spielen.
                ebenfalls den Weg in die Schau-       raktere hineinversetzen kann.          Ich spiele ein Mädchen, das aus-
                spielerei einschlagen.                                                       rastet, weil es getötet wird; und
                                                      Nico: Für mich ist die Antwort auf     ich spiele dessen Mutter. Die rastet
                Nico: Mir gibt das Wahlfach           die Frage schwierig in Worte zu        aus, weil die Tochter getötet wird.
                die Möglichkeit, Emotionen und        fassen. Was gibt es mir? Es gibt mir   Es ist ungewohnt, als männlicher
                Handlungen, die ich im Alltag un-     Kompensation. Wenn es mir nicht        Part in der Rolle einer Frau aus-
                terdrücken muss, weil sie in dem      gut geht, kann ich mich in der Rolle   zurasten. Aber es ist auch interes-
                Moment nicht angemessen sind          austoben. Es gibt mir die Einsicht,    sant, die andere Seite zu spielen.
                und nicht passen, beim Theater-       dass es nicht schlimm ist, manch-
                spiel rauszulassen. Somit wandle      mal anders zu sein. Theaterspiel       Niko: Ist doch witzig, mehrere
                ich diese Gefühle in positive Ener-   gibt mir die Chance, Dinge aus-        Rollen in einem Stück nacheinan-
                gie um. Beim Theaterspiel kann        zuprobieren, die im echten Leben       der zu spielen. Das Stück an sich
                ich aus mir rausgehen und auch        so nicht möglich wären. Das gilt       ist auch witzig. Mir machen mei-
                mal nicht der Norm entsprechen.       besonders für unser neues Stück …      ne Rollen viel Spaß.

                                                                                             Benedikt: Ich finde unsere Heran-
                                                                                             gehensweise auch interessant: Erst
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                                                                                             nigt, dann selbst das Drehbuch ge-
                                                                                             schrieben und somit das Schauspiel
                                                                                             „Orestie reloaded“ ein Stück weit
                                                                                             miterschaffen. Das ist doch was!
                                                                                               Text: Martin Batzel
                                                                                               Foto: Walter Rammler

   18
   UNTERRICHT
Chor in Hohenwehrda: Spaß, Arbeit und Erfolg

Vielstimmig durch die Epochen
     Gemeinsames Musizieren, Spaß am Singen und Stärken von Teamgeist – drei Ziele,
     die erfolgreiche Chorarbeit ausmachen und in Hohenwehrda umgesetzt werden.

     Das Repertoire orientiert sich        unter den Augen zentriert, bevor      ne Lieder einstudiert und auf die
     dabei an neuen und neuesten           die eigentliche Arbeit beginnt.       einzelnen Schwächen der Sänger
     Liedern, die von den 25 Schüle-                                             gezielt eingegangen. Zusätzlich
     rinnen und Schülern des Chors         Mit Klavierbegleitung und Play-       besteht immer die Möglichkeit, im
     vorgeschlagen werden. Etwa die        back werden Songs der aktuellen       Einzelunterricht spezielle Interes-
     Hälfte der Chormitglieder sind        Charts einstudiert. Eine Kleingrup-   sen wie Musik anderer Epochen
     Jungs. Am Anfang jeder Probe          pe aus fünf interessierten Schülern   oder spezielle Singtechniken wie
     steht das gemeinsame Einsingen.       probt zusätzlich ein Mal pro Wo-      Falsett- und Obertongesang zu
     Mit verschiedenen Übungen wer-        che, um die eigene Stimme weiter      üben.
     den die Stimmbänder gelockert         zu erforschen und die Tonqualität       Text: Daniel Alles
     und vorbereitet, das Zwerchfell be-   im mehrstimmigen Gesang zu              Fotos: Walter Rammler,
                                                                                   Lietz Internat Hohenwehrda
     wusst zur Unterstützung eines Tons    verbessern. Hier werden Akkord-
     eingesetzt und der erzeugte Klang     übungen durchgeführt, polypho-

                                                                                                                       19
                                                                                                                UNTERRICHT
 INHALTSVERZEICHNIS

        Unterwegs in Tel Aviv mit Katrin Schwanz, Familienmutter und Lehrerin

         Lietzerin auf dem
        „Hügel des Frühlings“
             Wer schon mal in Tel Aviv (Hügel des Frühlings) war, weiß, dass diese Stadt mit
             unglaublicher Vielfalt begeistert. Sei es musikalisch, kulinarisch oder durch eine
             beispiellose „Open-Mind-Haltung“.

             Kein Wunder, denn gerade mal                     dynamisch, kreativ: So zeigt sich     2. Weltkrieges von Deutschland
             vor 72 Jahren wurde das Land Is-                 auch der Stadtteil „Florentin“, der   nach Israel auswanderten.
             rael gegründet und gab vielen jü-                durch seine weltbekannte Street-
             dischen Menschen aus aller Welt                  Art von einem ärmlichen Arbeiter-     Farbenfroh, aber auch durchaus
             nach 2000 Jahren endlich die                     und Künstlerviertel zum angesag-      systemkritisch, zeigen sich Street-
             Möglichkeit, wieder in ihre Hei-                 testen Hotspot avancierte; aber       Art-Künstler und die, die es wer-
             mat zurückzukehren. Was sich in                  auch Bauhausfans kommen in der        den wollen. Diese Vielfalt weckt
             einem solchen Zeitraum an Vielfalt               „White City“ auf ihre Kosten, da      Neugierde, lockt Besuch. Bei
             entwickelt hat, zeigt Tel Aviv. Jung,            viele Architekten während des         einem Spaziergang durch die

             Begeistert von Tel Aviv: Katrin Schwanz (2. von rechts), Johanna Vaupke (ganz links)

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   FAHRTEN
Straßen und Gassen von „Flo-            Laune und ganz viel Hoffnung
rentin“ sollte man auf jeden Fall       auf eine friedliche Zukunft lassen
die Augen offen halten, da ge-          sich in Tel Aviv jeden Tag erleben.
rade neben den großen, beein-           Und manchmal trifft man Men-
druckenden Graffiti die kleinen,        schen, die man längst verloren
meist unscheinbaren graphischen         geglaubt hat oder unverhofft ehe-
Statements ein Schmunzeln oder          malige liebe Kollegen wie Johan-
Kopfnicken entlocken oder auch          na Vaupke, die bis vor wenigen
Gänsehaut auslösen, was stark           Monaten ihr Freiwilliges Soziales
vermuten lässt, dass längst nicht       Jahr in Hohenwehrda absolvierte.
alle mit der politischen Lage ein-      Die Welt war ein Dorf. Momen-
verstanden sind. Von diesen Din-        tan ist sie es nicht, aber vielleicht
gen bekommt man jedoch in der           bald wieder …
zweitgrößten Stadt Israels als Tou-       Text: Katrin Schwanz
rist nicht viel mit. Multikulti, gute     Fotos: Katrin Schwanz, Adobe Stock

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 INHALTSVERZEICHNIS

        Projektfahrten der Klassen 10 G, 10 R und 5 bis 8

        Saugasse, Südtirol und Sauwetter
             Schülerinnen und Schüler des Lietz Internats Hohenwehrda unterwegs im Nationalpark
             Berchtesgaden, auf der Plose und dem Ijsselmeer.

             In den Bergen                           Im Schnee                              goge in Hohenwehrda und als
             Erst locker mit dem Schiff über         Sonnenschein, Kaiserwetter, eine       Betreuer der Wintersportexkursion
             den Königssee, dann mit aller           wohl einmalige Rundumsicht auf         dabei, sagt: „Das Skigebiet passt,
             Macht über 1200 Höhenmeter die          die imposanten Dolomiten und           die Unterkunft bei Familie Agreiter
             Saugasse hinauf; mehrere Tage           dazu die legendäre „Trametsch“,        passt. Es ist fast wie daheim.“
             verbrachte die Klasse an Orten,         mit neun Kilometern Länge und
             an denen selbst die hartnäckigste       einer Höhendifferenz von 1400          Auf dem Meer
             Vegetation an ihre Grenze kommt.        Metern die längste Talabfahrt Süd-     „Es gibt kein schlechtes Wetter!“
             Zu verstehen ist die Projektfahrt der   tirols: Was will man mehr? Fünf        Lietz-Lehrer Holger Zimbelius sah
             10 G als Sinnbild des Schuljahres,      Tage lang waren die Klassen 5 bis      es pragmatisch, als die 10 R mit
             das womöglich steinig, steil und        8 auf den 40 Pistenkilometern des      dem Zweimaster „Avondrood“
             anstrengend wird und der Erfolg         Skigebiets Plose bis auf 2500 Me-      eine Woche auf dem Ijsselmeer se-
             mit gemeinsamer Unterstützung am        ter Höhe unterwegs. Täglich wurde      gelte – Anpacken, nautische Übun-
             besten zu erreichen ist.                der Profi des Tages gekürt, Kriteri-   gen und auch „Dinge machen,
                                                     en: Sportliche Leistung und Sozial-    die nicht schön sind“ inklusive.
                                                     verhalten mussten passen. Christian    Toilettenputzen gehörte zum Trip,
                                                     Stöger, seit 20 Jahren Sozialpäda­     ein schönes Abendrot aber auch.
                                                                                              Texte: Jens Terlinden, Martin Batzel
                                                                                              Fotos: Jens Terlinden, Holger Zimbelius,
                                                                                              Carsten Hühn

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   FAHRTEN
IJsselmeer

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 INHALTSVERZEICHNIS

         Schwarze Finger beim Projekt „Zeitung in der Schule“

        Wirkt das gedruckte Wort fort?
              Die Finger sind dunkel vom Zeitungspapier. Doch die Schüler der Klassen 7 und 8
              aus Hohenwehrda haben schnell gelernt: Schwarze Finger gehören nach der Lektüre
              einer Tageszeitung ebenso dazu wie der Geruch von Druckerschwärze, wenn die
              frisch gelieferten Zeitungspakete morgens zum Unterricht ausgepackt werden.

              Bei dem gemeinsamen Projekt
              „Zeitung in der Schule“ („ZiSch“)
              von Hünfelder Zeitung und Lietz In-
              ternat Hohenwehrda geht es auch
              um die Perspektive der gedruck-
              ten Zeitung und die Frage: Wirkt
              das gedruckte Wort wirklich fort?
              Oder wird das Internet in einigen
              Jahren vergessen lassen, dass es
              gedruckte Medien jemals gab?

              Thema des mehrwöchigen Projek-
              tes war auch der vertrauensvolle
              und verantwortungsvolle Umgang
              mit Medien aller Art – ob nun
              Print oder digital. Tina Sitzer, die
              in den Klassen Deutsch unterrichtet    Der lange Weg zum ersten Artikel
              und das Projekt in Hohenwehrda         Philipp Spreitzer aus der 8 R schreibt über „ZiSch“:
              betreut, fasst die Eindrücke zusam-
              men: „Es macht viel Spaß und ist       „In den sieben Wochen haben wir sehr viel über Zeitung gelernt.
              eine Bereicherung des Unterrichts.“    Es fing an bei inhaltlichen Fragen und ging bis zum ersten eigenen
                Text: Martin Batzel
                                                     Artikel, den wir geschrieben haben. Mir hat die „Hünfelder Zeitung“
                Fotos: Jens Terlinden                zwar gut gefallen, aber trotzdem hätte man am Design der Zeitung
                                                     einiges ändern können. Ich finde das Projekt „ZiSch“ eine gute Idee,
                                                     damit die Schüler im späteren Verlauf ihres Lebens auch wissen, wie
                                                     eine Zeitung aufgebaut ist und was reingehört. Unsere Artikel sind
                                                     von unserer Deutsch-Lehrerin Tina Sitzer als ganz gut bewertet wor-
                                                     den. Wir als Klasse würden sagen, dass uns das Projekt sehr gut
                                                     gefallen hat, weil wir unsere Freiheiten hatten. Wir konnten selbst
                                                     entscheiden, über was wir unseren Artikel schreiben und es ist echt
                                                     cool, weil man nicht denkt, dass so ein langer Weg hinter einem
                                                     Artikel steckt. Ich kann „ZiSch“ nur weiterempfehlen.“

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   PROJEKTE
Klasse 9 R des Lietz Internats unterstützt Partnerschule in England

Hohenwehrda hilft
Hochwasseropfern
     „Wir sind sehr dankbar für die großzügige Spende aus Kleidung, Süßigkeiten,
     Hygieneartikeln und finanziellen Mitteln aus Hohenwehrda“, sagte Ruth Ainley,
     Direktorin der Read School in Drax, Selby, in England.

     „Ich möchte den Dank der Men-         deren Kinder die Read School          Mit Briefen – im Unterricht in
     schen weitergeben, denen mit der      besuchten, vom Hochwasser in          englischer und deutscher Spra-
     Zuwendung sehr geholfen wur-          der Grafschaft Yorkshire betroffen    che verfasst – richteten sich die
     de.“ Mit einem sozialen Projekt       waren oder auch andere geschä-        Hohenwehrdaner Schüler an die
     engagierte sich die Klasse 9 R        digte Bewohner der Gegend rund        Adressaten der Spendenpakete:
     aus Hohenwehrda für Menschen,         um Doncaster. Weil dort Flüsse        „Liebe Schülerinnen und Schüler
     die während einer Hochwasser-         und Dämme die Wassermassen            der Read School, wir die Klasse
     Flut im Nordosten der Insel im No-    nach Dauerregen nicht mehr hal-       9 R aus dem Lietz Internat Hohen-
     vember vergangenen Jahres Hab         ten konnten, waren ganze Land-        wehrda, freuen uns, wenn wir mit
     und Gut, Haus und Hof verloren        striche überschwemmt. Besonders       unserer Spende ein wenig helfen
     hatten und zum Teil vor den Trüm-     betroffen war die Ortschaft Fishla-   können.“ Beide Schulen, das Lietz
     mern ihrer Existenz standen.          ke, hier hatten etwa 300 Familien     Internat Hohenwehrda und die
                                           Haus und Hof verloren. „Es ist un-    Read School, sind sicher, dass
     Die Klasse 9 R sammelte Spenden       vorstellbar“, sagte Ruth Ainley. In   daraus eine Schulfreundschaft ent-
     der Hohenwehrdaner Schüler,           den achtziger Jahren war sie ein      stehen kann.
     Eltern und des Kollegiums und         Jahr lang Assistent für Englisch in     Text: Martin Batzel
     organisierte Logistik und Trans-      Hohenwehrda. Im Sommer 2019             Foto: Lietz Internat Hohenwehrda

     port. Ziel der Kleider, Süßigkeiten   gab es wieder Kontakt.
     und Geschenke waren Familien,

                                                                                                                          25
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 INHALTSVERZEICHNIS

         Im Berufspraktikum mit den Klassen 8 und 9

        Von Jogginghosen und Pausen
              Haben wir auch Pausen? Wann darf ich auf die Toilette? Wird mir das frühe
              Aufstehen schwerfallen? Sind Jogginghosen okay? Während ihres zweiwöchigen
              Berufspraktikums erhielten die Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 und 9
              des Lietz Internats Hohenwehrda meist Antworten auf ihre Fragen.

              Ob Modeunternehmen, Schreine-
              rei, Kindergarten, Weinkellerei,
              Kfz-Werkstätten, Pharmafirmen,
              Einzelhandel, Ärzte, Steuerberater,
              Rechtsanwalt oder Radiosender:
              Die Frage nach den Jogginghosen
              galt es vor Ort zu klären. Haris aus
              der 8 R hatte Glück, als Praktikant
              in der Kindertagesstätte St. Bonifaz
              in Nürnberg war lockeres Bein-
              kleid in Ordnung. Sport mit den
              Kindern empfand er als „cool“,
              die Hausaufgabenbetreuung als
              die „anstrengendste Zeit des Ta-
              ges. Man muss Geduld haben.
              Aber in Jogginghosen geht’s“.
              Klarer Punkt für St. Bonifaz.
                Text und Fotos: Martin Batzel

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   PROJEKTE
WEITERE BILDER
UND INFOS
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                 PROJEKTE
 INHALTSVERZEICHNIS

         Praktische Arbeit im Lietz Internat Hohenwehrda

        Gesundes Gemüse
        aus dem eigenen Garten
              „Die Arbeit ist gut. Es ist zwar heiß, aber doch erfrischend.“ Sprach’s und stellte
              sich unter den Rasensprenger. Philipp Spreitzer aus der Klasse 8 R des Lietz Internats
              Hohenwehrda hat seinen Spaß, auch wenn die Arbeit im Garten ungewohnt für
              ihn ist. Paul Frenzel aus der 7 R sieht es nüchterner: „Ist halt Gartenarbeit.“

              Und doch sind beide Schüler frei-    sagte Christian Stöger und liefert   Gift einsetzen. Daher gibt es nur
              willig dabei und bereuen es nicht.   der Grund nach: Der Kartoffelkä-     ungespritztes Gemüse – das aber
              Gemeinsam mit Christian Stöger,      fer. „Wir haben eine Plage. Wür-     aus dem eigenen Garten.“
              Sozialpädagoge im Lietz Internat     den wir Kartoffeln setzen, müssten     Text: Martin Batzel
              Hohenwehrda, sowie den beiden        wir den Käfer vielleicht mit Gift      Fotos: Carsten Hühn, Christian Stöger,
                                                                                          Martin Batzel
              Hausmeistern Markus Bleuel und       bekämpfen. Aber wir wollen kein
              Bernd Hüfner pflanzen sie mehr
              als 2000 Stück Sellerie, Weiß-
              kohl, Karotten, Zwiebeln und
              Rotkohl. 400 Quadratmeter Gar-
              tenfläche graben die Schüler um,
              bearbeiten sie, damit das Gemü-
              se in den kommenden Wochen
              und Monaten gut wächst. „Kartof-
              feln gibt es leider keine aus dem
              eigenen Garten in diesem Jahr“,

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   PROJEKTE
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PROJEKTE
 INHALTSVERZEICHNIS

         Was bedeutete die Grenze für die Menschen im Osten und im Westen Deutschlands?

        30 Jahre Wiedervereinigung
              „Es war ein sehr interessantes und spannendes Projekt. Wir haben Einblicke in Themen
              erhalten, über die wir uns zuvor nicht viele Gedanken gemacht haben.“ Emely, Schülerin
              der Klasse 9 R des Lietz Internats Hohenwehrda, war zufrieden mit dem Ergebnis des
              Klassenprojektes zum Thema „9.11.1989: Grenzöffnung – was geht uns das an?“

              Am Anfang stand die Idee, Schü-     Die Schülerinnen und Schüler er-
              lerinnen und Schülern näherzu-      arbeiteten einen Fragebogen zum
              bringen, was diese Grenze für       9. November 1989 und begaben
              die Menschen im Osten und im        sich auf eine Interviewtour in Ho-
              Westen Deutschlands bedeutete.      henwehrda, sammelten die Infor-
              Die Sichtung von Dokumentatio-      mationen und Daten anonym und
              nen, das Exzerpieren von Infor-     veröffentlichten sie in einer klei-
              mationen aus Magazinen und          nen Ausstellung im Klassenraum.
              anderen Beiträgen, Sichtung von     Abschluss des Projektes, dessen
              Texten zum Thema „Flucht aus der    Ergebnisse als Wandbilder und
              ehemaligen DDR“, Dokumentation      Plakate im Klassenzimmer aus-
              von Einzelschicksalen, Fluchtver-   hängen, war der Besuch der Ge-
              suchen und geglückter Flucht aus    denkstätte Point Alpha bei Rasdorf
              der DDR standen im Mittelpunkt      – wegen der Militärpräsenz von
              der einwöchigen Projektarbeit im    US-amerikanischen Truppen und
              Fach Deutsch.                       Soldaten des Warschauer Pak-
                                                  tes einer der „heißesten Punkte“
                                                  im Kalten Krieg.
                                                    Text und Fotos: Martin Batzel

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   PROJEKTE
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