Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung

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Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
MAGAZIN 2 · APRIL 2020     CHF 8.–

                                       Schall und Rauch.
                                      Die wilden Zwanziger
                                             Seite 10

                                           Kader Attia
                                             Seite 22

                                     Neues aus der Sammlung
                                             Seite 28
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
(na, fritze?) lakritze
   DAS UNIVERSUM                              VON A BIS Z
   DIETER ROTH                                KÜNSTLERBÜCHER
   in der Sammlung Würth                      in der Sammlung Würth
   8.5.2020 – 18.4.2021                       8.5.2020 – 18.4.2021

                                                                      Ikarus XIV (Detail), 1992, Öl und Tempera auf Leinwand, 150 x 100 cm, Sammlung Würth,
 Hanspeter Münch
 LICHT.RAUM.FARBE
 Sammlung Würth und Leihgaben

  20. 03. – 18. 10.2020

                                                                      Inv. 2301
                                                                      Leinwand, Acryl mit Sand und Flitter, 101 x 72 cm, Sammlung Würth, Inv. 3634,
                                                                      José de Guimarães, Mexiko-Serie: Gestanzte Papiere, 1996, Papier kaschiert auf

                                                                      © José de Guimarães / 2020, ProLitteris, Zurich

                          Vom Künstler
                          zum Anthropologen
                          Sammlung Würth
                          und Leihgaben
           27. März 2020
       bis 25. April 2021
             Eintritt frei

www.forum-wuerth.ch
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
EDITORIAL                                   3

             K           ennen Sie Ottilia Giacometti? Sie war die jung verstorbene
                         Schwester von Alberto, die in dieser Familie voller künstlerischer
              Begabungen keine Ausnahme war. Der überaus rege familiäre Kontakt
              führte zu einer Fülle von künstlerisch bedeutenden Werken, die unser
              Gastkurator Casimiro Di Crescenzo zum ersten Mal in einer faszinierenden
              Ausstellung zusammengetragen hat. Und dazu gibt’s eine kleine filmische
              Sensation, nämlich noch nie gezeigte, bewegte Bilder der Familie Giacometti,
              die Sie unbedingt noch bis zum 3. Mai sehen müssen.
                  Noch im 19. Jahrhundert waren Frauen in der Kunst eine Ausnahme, was
              sich in der Geschichte der Kunst niederschlägt und eine unumstössliche Tatsache in
              den Kunstsammlungen der Museen ist. Die ersten Dezennien des vorigen Jahrhun-
              derts brachten eine grundlegende Veränderung gesellschaftlicher Konventionen,
              und nun tauchen die Frauen in der Kunst buchstäblich auf – selbstverständlich auch
              in unserer grossen Ausstellung über die wilden Zwanzigerjahre in diesem Frühjahr,
              die Sie in ein aufregendes Jahrzehnt voller Neuerungen und Widersprüche führt.
              Gemälde und Grafik, Fotografie, Tanz, Mode, Design und Musik, das alles finden Sie
              in einem fulminanten historischen Überblick im grossen Ausstellungssaal, und dazu
              gibt es eine anregende Perspektive auf unsere Gegenwart mit Werken, die Bezug
              nehmen und in die Zukunft weisen. Da kommt alles in Bewegung: Feiern Sie mit uns
              die heutigen Zwanzigerjahre in einer rauschend-glitzernden Ballnacht am Samstag,
              25. April.
                  Die Aufmerksamkeit für die Frauen in der Kunst freut uns, und wir werden Ihnen
              gegen Ende des Jahres eine Künstlerin vorstellen, die ihren eigenen, sehr erfolg­
              reichen Weg ging, eine zu Unrecht vergessene Pionierin der Emanzipation, und nicht
              zuletzt eine bedeutende Mäzenin unserer Institution: Ottilie W. Roederstein. Aber
              zuerst wenden wir uns einem Zeitgenossen zu, in dessen Werken sich divergierende
              Kulturkreise berühren und zu neuen Einsichten führen. Kader Attia, französischer
              Künstler mit algerischen Wurzeln, stand lange auf unserer Wunschliste, und es freut
              uns sehr, dass wir Ihnen seine Kunst – darunter eigens fürs Kunsthaus geschaffene
              neue Werke – präsentieren dürfen. Wir finden, das Kunsthaus ist wie eh und je am
              Puls der Zeit: Sie werden erwartet!

Cover: Christian Schad, Maika, 1929
Öl auf Holz, 65 × 53 cm
Privatsammlung, © Christian Schad Stiftung
Aschaffenburg / 2020 ProLitteris, Zurich
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
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                                                                                                                              Für Ihre Junioren
                                                                                                                              zu Ostern!
                                                                                                                              Möchten Sie Ihre Kinder oder Enkelkinder
                                                                                                                              mit einem besonderen Ostergeschenk
                                                                                                                              überraschen? Mit der Junior-Mitgliedschaft
                                                                                                                              (17–25 Jahre) in der Kunstgesellschaft
                                                                                                                              schenken Sie kulturelle Inspiration und

                                                                                Foto © Ben Duentsch
                                                                                                                              Bildung und bieten damit Ihren Liebsten eine
                                                                                                                              kreative Abwechslung zum schnelllebigen
                                                                                                                              Alltag. Für CHF 30.– erhalten die Junioren
                                                                                                                              bis Ende 2020 Gratiseintritt ins Museum,
                                                                                                                              Rabatte für Veranstaltungen und den
                                                                                                                              Museumsshop sowie viele weitere Leistungen
    KULTURNEWS                                                                                                                im Kunsthaus Zürich. Bestellungen über

    Noch mehr wilde
                                                                                                                              mitglied@kunsthaus.ch oder online über
                                                                                                                              shop.kunsthaus.ch

    Zwanziger
    Wer nach unserer Ausstellung «Schall und Rauch» und dem Roaring-
    Twenties-Ball vom 25. April noch mehr Zwanzigerjahre-Feeling will, macht
    am besten eine Reise nach Berlin. Hier zeigt das Wintergarten Varieté
    noch bis zum 11. Juni die opulente Showproduktion «20 20 – Die 20er Jahre
    Varieté Revue». Es geht zurück in das wohl sündigste Jahrzehnt Berlins,

                                                                                                                                                                             Foto © amuze
    die Goldenen 1920er-Jahre – und gleichzeitig volle Kraft voraus in die
    neuen 2020er-Jahre. Mit atemberaubendem Burlesque-Tanz, erotischen
    Kontorsionen, fantastischer Luftpoesie, extravaganten Choreografien und
    betörenden Melodien.
    www.wintergarten-berlin.de

                                                                                                                                SHOP

                                                                                                                                Nachhaltig nachhaltig
                                                                                                      Foto © Joshua Coleman

                                                                                                                                Schon seit über 20 Jahren verarbeiten
                                                                                                                                wir die ausrangierten Ausstellungsblachen
    KULTURNEWS
                                                                                                                                zu Taschen in verschiedenen Formaten.
    Das Selfie-                                                                                                                 Die Taschen sind so einzigartig wie das
                                                                                                                                Material, aus welchem sie entstehen.
    Erlebnis                                                                                                                    Jetzt finden Sie bei uns das neue Modell
                                                                                                                                «SimpleBag». Diese praktische Tasche
    Das Selfie House in Zürich ist das erste interaktive                                                                        aus strapazierfähigem PVC wird in einem
    Museum der Schweiz und perfekte für alle, die etwas                                                                         Eingliederungsprojekt in der Schweiz
    anderes erleben möchten. Noch bis zum 30. April                                                                             gefertigt und ist dank ihrer hoch­
    laden 13 visuelle und interaktive Marken-Welten und                                                                         wertigen, aber einfachen Ver-
    Fotostationen in verschiedenen Räumen auf 170 m²                                                                            arbeitung sehr erschwinglich.
    ein, das perfekte Bild in einem einzigartigen Umfeld zu                                                                     Somit ist sie eine echte
    inszenieren. Handy einpacken und los gehts!                                                                                 Alternative zur gängigen
    www.selfie-house.ch                                                                                                         Plastiktüte!
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GUT ZU WISSEN                                              7

                                                             SYMPOSIUM

                                                             «Geometry and Colour.
                                                             Decoding the Arts
                                                             of Islam in the West
                                                             1880 – 1945»
                                                             Die Kunst und Architektur der Isla-
                                                             mischen Welt haben die Entwicklung
                                                             der westlichen Moderne entschei-
                                                             dend mitgeprägt. Viele bedeutende
                                                             Künstler wie Henri Matisse, Wassily
                                                             Kandinsky und Paul Klee sowie
                                                             Meister der angewandten Kunst
                    OBJEKT DER BEGIERDE                      und Architekten liessen sich vom

               Jeroboam!?
                                                             Reichtum der Ornamentik und der
                                                             Farbharmonien inspirieren. Das
                                                             internationale Symposium wird
                                                             einige wichtige und noch unbekann-
  Sie kommen zu unserem Ball der wilden Zwanzigerjahre       te Aspekte zu dieser überaus
                                                             faszinierenden Thematik beleuchten.
       am Samstag, den 25. April? Und arbeiten schon
                                                             14. Mai, 14.30 –19 Uhr, Museum Rietberg,
fieberhaft an Ihrem Kostüm? Wir werden an diesem Abend       und 15. Mai, 9 –18 Uhr, Kunsthaus Zürich
                                                             Eintritt frei, Veranstaltung in den
  die drei originellsten und schönsten Kostüme prämieren,    Sprachen E, F und D
                                                             Anmeldung unter:
      und wenn Sie jetzt auch noch gerne Champagner          www.rietberg.ch/tickets
 (in grösseren Mengen) trinken, dann steigen die Chancen:
    Wir haben drei Übergrössen, die sich traditionell nach
  alttestamentarischen Königen nennen, vom Feinsten für
       Sie bereit, nach dem Motto: «Once in a lifetime».

              Nichts wie los! Wer gewinnt?

                   SimpleBag CHF 5.–
                   Mitglieder CHF 4.50
                   Mitglieder PLUS CHF 4.–

                                                             Motiv aus Owen Jones,
                                                             The Grammar of Ornament, London 1856
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
8                                                        ANZEIGEN

    FEINE SCHWEIZER IMMOBILIEN
               Wir pflegen noch die Kunst
      der diskreten und k petenten Objektvermiung.
    www.fsp.immo                                                              Tel. 044-915 4600

                                                                                     FERDINAND HODLER
                                                                                     Paysage avec clairière, 1887 (detail)
                                                                                     Estimate CHF 120,000–160,000

      Celebrating 50 years in Zurich and more than
      40 years in Geneva, Sotheby’s combines strong roots
      in Switzerland with a dynamic international network.

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      ZURICH                    GENEVA
      +41 44 226 22 00          +41 22 908 48 00                                              DOWNLOAD SOTHEBY’S APP
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                                                                    STEHEN!
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                                                                    Kontakt: kunsthaus@fachmedien.ch
                                                                    www.fachmedien.ch
                                        www.ginesta.ch
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
AUKTION
BASEL 24. JUNI 2020
MODERNE UND ZEITGENÖSSISCHE KUNST

EINLIEFERUNGEN NEHMEN WIR JEDERZEIT GERNE ENTGEGEN.

                                               MARC QUINN Under the Volcano, Stromboli Italy, 2011 (Detail)

Schwarzwaldallee 171 4058 Basel 061 312 32 00 info@bbw-auktionen.com www.bbw-auktionen.com
Schall und Rauch. Die wilden Zwanziger Kader Attia Neues aus der Sammlung
10                                                    AUSSTELLUNGEN

SCH A L L
     U N D                24 . A pr il – 19
                          KUR ATORIN

                           D i e w i ld e n
                                           . Juli 2020
                                            Cathér ine Hu

                                            Z w a n z i g
                                                          g

                                                          e r

     Die wilden 20er-Jahre bloss                               fördert. Aus heutiger Sicht erscheint die damalige Anzahl
                                                               registrierter Clubs von rund 900 sehr hoch, zählt man
     «Schall und Rauch»?                                       aktuell doch gerade mal 200 Mitglieder der Club Com-
     Was war, und was davon bleibt.                            mission in Berlin. Obschon bei Weitem nicht die Mehr-
                                                               heit der Bevölkerung in Berlin, Paris, Wien oder Zürich
                                                               diese Vergnügungsorte regelmässig frequentierte, wurde
                                                               in den Massenmedien doch sensationsdurstig darüber
                                                               berichtet, und gewiss ist die «Twenties»-Mode mit dem
                                                               typischen «headache band» genau jener Aspekt, der der-
     Die tosenden, wilden 1920er-Jahre, so sagt man, hätten    zeit das grösste Revival erlebt – allerdings mit einer
     so einiges mit unseren erst eben angebrochenen 2020er-    deutlichen Brise Nostalgie versehen; denn wer würde
     Jahren gemein. Bei dieser Behauptung muss man sich        heute schon im Alltag mit solchen Kleidern herumlaufen?
     jedoch hüten, voreilig Analogien zu konstruieren, lebt       Etwas anders verhält es sich beim Design und der
     doch die Geschichte in jeder Gegenwart immer schon        Architektur – Möbelstücke wie der berühmte «Fauteuil
     zwangsläufig fort. Die Frage lautet daher eher, warum     Grand Comfort, petit modèle» von Le Corbusier, Pierre
     Charakteristiken einer bestimmten Epoche in einer spä-    Jeanneret und Charlotte Perriand von 1929 erscheinen
     teren wieder besonders stark in Erscheinung treten.       heute zeitlos und in ihrer radikal reduzierten For-
     Manche Dinge, die für die 1920er-Jahre als charakteris-   mensprache als Ikonen der Moderne, die sich nur schwer
     tisch erachtet werden, waren zu ihrer Zeit eher Rand­     mit der schnörkelhaften Ästhetik des zeitgleichen Art
     erscheinungen, andere besonders weit verbreitete wirken   déco in Verbindung bringen lassen. Man kann es sogar
     heute wiederum antiquiert. Die Fernsehserie «Babylon      noch zugespitzter formulieren: Obschon er heute zu
     Berlin», die ab ihrer Erstausstrahlung 2017 Furore        den gefeiertsten Sesseln unter den eleganten Möbelstü-
     machte, hat das Interesse an jener Dekade und insbeson-   cken zählt, ist fraglich, ob die Mehrheit der Leute auch in
     dere an ihrer rauschhaft-entfesselten Tanzkultur weit     der Lage wäre, seine tatsächliche Entstehungszeit zu
     über die Grenzen des deutschen Sprachraums hinausbe-      benennen.
AUSSTELLUNGEN                                                                  11

R AUCH

                  1   Le Corbusier, Pierre Jeanneret, Charlotte Perriand,
                  Fauteuil Grand Confort, petit modèle, Exemplar vom Salon
                  d’Automne 1929, ehemals Sammlung Pierre Jeanneret
                  Stahlrohr, lackiert; Federkernpolster auf Drahtseil­
                  bespannung; Daunenkissen, ca. 67 × 75 × 70 cm
                  Sammlung Arthur Rüegg
                  Le Corbusier: © F.L.C / 2020 ProLitteris, Zurich; Pierre
                  Jeanneret und Charlotte Perriand: © 2020 ProLitteris, Zurich
12                                         AUSSTELLUNGEN

                                                               NEUE ZEITERFAHRUNG EINER
                                                                 FRAGMENTIERTEN WELT
                                                   Diese Ausstellung rückt diejenigen Erscheinungen der
                                                   1920er-Jahre in den Vordergrund, welche die Gesellschaft
                                                   quer durch Europa auf ästhetischer Ebene nachhaltig
                                                   geprägt haben. Manches entspricht unseren Erwartun-
                                                   gen, anderes ist neu und überrascht – sämtliche Beispiele
                                                   verbindet aber der Anspruch, etwas Utopisches, Neues
                                                   verkörpern zu wollen. Welche Erscheinungsformen wür-
                                                   den die 1920er-Jahre aus heutiger Sicht am besten be-
                                                   schreiben? Viele Begriffe kommen infrage, wir starten mit
                                                   jenem der «Beschleunigung». Dies kommt nicht von
                                                   ungefähr, denn es ist das Phänomen, welches auch die
                                                   Zwanzigerjahre des 21. Jahrhunderts am besten charak-
                                                   terisiert. «Das Auge, das wesentliche Organ für die tau-
                                                   senden Verantwortlichkeiten, leitet das Individuum mehr
                                                   denn je: vom Morgen zum Abend, ununterbrochen regis-

 2   Félix Vallotton, La poudreuse, 1921
 Öl auf Leinwand, 82 × 100 cm
 Privatbesitz
AUSSTELLUNGEN                                                                       13
triert es: richtig, scharf, unfehlbar, genau. Die Schnellig-
keit ist das oberste Gesetz der modernen Welt, das Auge
muss zu wählen verstehen.» Diese Zeilen des Künstlers
Fernand Léger, so aktuell sie auch wirken mögen, sind
nicht auf die heutigen Smartphone-Benutzer gemünzt,
sondern auf Sehgewohnheiten von Menschen Mitte der
1920er. Léger verfasste sie für den Ausstellungskatalog
zu Friedrich Kieslers wegweisender Ausstellung zur
Theatertechnik 1924 in Wien, wo sein weltberühmt ge-
wordener Film «Ballet mécanique» uraufgeführt wurde.

            DIE SINNHAFTIGKEIT EINER
       AUSSTELLUNG ÜBER DIE 1920ER-JAHRE
          AM ANFANG DER 2020ER-JAHRE
Warum eine Ausstellung mit «Schall und Rauch» beti-
teln? Dies hat dreierlei Gründe: Zum einen handelt es sich
um einen geflügelten, ursprünglich von Johann Wolfgang
von Goethe geprägten Ausruf, der annonciert, wie
schwierig es ist, einen passenden Titel für eine durch
Heterogenität ausgezeichnete Ausstellung zu finden.
«Schall und Rauch» hiessen aber auch, zweitens, ein von
Max Reinhardt gegründetes Cabaret sowie, drittens, eine
Zeitschrift, die beide den Höhepunkt ihres jeweiligen                3   Theodore Lux Feininger, Xanti Schawinsky, Ohne Titel, um 1927
Erfolgs im Berlin der 1920er-Jahren feierten.                        S/w-Fotografie, bemalt, 23,2 × 17,9 cm
                                                                     Privatbesitz, © Nachlass Theodore Lux Feininger,
   Mit dem Fokus auf Berlin, Paris, Wien und Zürich                  The Xanti Schawinsky Estate
berücksichtigt die Ausstellung alle dazumal gängigen
Medien wie Malerei, Plastik, Zeichnung, Collage, Film
und Fotografie, Mode, Architektur und Design (insbeson-
dere Sessel). Ikonen der Moderne wie Chanels «Kleines
Schwarzes», die «Bubi-Kopf»-Frisur, der erwähnte Club-
sessel, Margarete Schütte-Lihotzkys Frankfurter Küche,
Moholy-Nagys Beiträge zum «Neuen Sehen» sowie der
Ausdruckstanz von Josephine Baker und Valeska Gert
sind in jenem Jahrzehnt entstanden, wirken aber gera-                       NEUE ROLLEN, NEUE BILDER
dezu zeitlos zeitgenössisch. Doch bietet die Ausstellung       Das neue Rollenverständnis von Männern wie Frauen
auch weniger bekannten, aber nicht minder einflussrei-         hängt eng mit dem Ersten Weltkrieg und seinen Folgen
chen Vertreterinnen des Wiener Kinetismus wie Elisa-           zusammen, von denen die positivste die Einführung der
beth Karlinsky, Erika G. Klien und My Ullmann eine             parlamentarischen Demokratie vielerorts in Europa ist.
Plattform. Ferner schlagen Positionen, die sich heutzu-        Der Wandel des Geschlechterverständnisses vollzog sich
tage mehr oder weniger explizit mit den 1920er-Jahren          häufig in Verbindung mit beruflich-fachlich innovativen
befassen, eine Brücke in die Gegenwart, namentlich             Ambitionen, wie sie sich in dieser Ausstellung am Berufs-
Kader Attia, Marc Bauer, Laura Gerlach, Raphael Hefti,         bild des Architekten, des Arztes, des Journalisten und,
Rashid Johnson, Fabian Marti, Alexandra Navratil, Trevor       last but not least, des Künstlers selbst zeigen. Ablesen
Paglen, Nicolas Party, Thomas Ruff, Shirana Shahbazi,          lässt sich das neue Bild der Geschlechter gut an dem sich
Veronika Spierenburg, Hiroshi Sugimoto und Rita Vito-          damals im Wandel befindenden Modeverständnis, Mo-
relli. Insgesamt sind aus den Beständen des Kunsthaus          deschöpferinnen wie Chanel oder Madeleine Vionnet
Zürich sowie öffentlichen und privaten Sammlungen              machten es vor. Ferner war die durchschlagendste Ver-
rund 300 Exponate, die 100 künstlerische Positionen            änderung im Alltag der Menschen wohl die Einführung
markieren, im Gefolge einer mitunter aufwendigen               der Fliessbandarbeit: Neben der dadurch möglich gewor-
Standortrecherche zusammengetragen worden.                     denen Massenproduktion von Konsumgütern bestand
                                                               ein weiterer positiver Effekt dieser revolutionären Um-
                                                               gestaltung der Arbeitsprozesse in einer Arbeitsentlastung
                                                               der normalen Leute, die fortan neben ihrer Rolle als Ar-
                                                               beiter auch in der des Konsumenten reüssierten, was
                                                               erstmals auch mit einschloss, über Freizeit zu verfügen.
14                                                    AUSSTELLUNGEN

                                                                                                            4

     Mit dem Bedeutungszuwachs der Privatsphäre gewann          realismus die Augen geschlossen hält und damit einen
     auch das Wohnen an Wichtigkeit: Die Umgestaltung des       wesentlichen Informationskanal seine Persönlichkeit
     eigenen Wohnraums zu einem lebenswerten Ort wurde          betreffend – den Blickkontakt – verweigert. Was haben
     zum Programm eines «Neuen Wohnens» erhoben. 1928           diese ersten «Selfies», hergestellt im «Photomaton»
     wurden in Hélène de Mandrots Schloss in La Sarraz (VD)     (Proto­typ des heute fast schon wieder verschwundenen
     die Congrès Internationaux d’Architecture Moderne          Fotoautomaten, in Europa seit 1928 in Kaufhäusern auf-
     (CIAM, 1928 – 1956) gegründet, an dessen ersten Austra-    gestellt), aber mit der Weltwirtschaftskrise zu tun? Die
     gungen es um nichts Geringeres als eine sozialverant-      Aktie der von Clarence Hatry und dessen Hatry Group
     wortliche Architektur ging. Damals begrüsste man – und     patentierten Maschine brach im September 1929 an der
     das muss gerade heute wieder in Erinnerung gerufen         Londoner Börse ein – es war gar von Betrug die Rede –
     werden – euphorisch den Anfang unseres in grossem          und liess das gesamte Firmenimperium kollabieren – ein
     Masse durch das Automobil geprägten Zeitalters, das,       Vorgang, der als eine Mitursache für den Wall-Street-
     wenn nicht alle Zeichen täuschen, in absehbarer Zukunft    Crash vom Donnerstag, 24. Oktober 1929 genannt wor-
     an sein Ende zu gelangen scheint.                          den ist. Dabei gab es durchaus Mahner wie den österrei-
                                                                chisch-schweizerischen Bankmanager Felix Somary, auch
                           AUSBLICK                             «The Raven of Zurich» genannt. Nachhaltige Regulie-
     Was macht André Bretons «Photomaton, Selbstporträt»        rungsmassnahmen, die bis in unsere Gegenwart Gültig-
     von 1929 heute so aktuell? Es handelt sich um zwei Pass-   keit besitzen, sind infolge der damaligen Krise beschlos-
     fotos, auf welchen der elegant in Anzug und Krawatte       sen worden. Sie konnten es leider nicht verhindern, dass
     gekleidete Dadaist und spätere Mitbegründer des Sur­       die 1920er-Jahre in eine die Welt in Atem haltende sozio-
AUSSTELLUNGEN                                                  15

                                                                   6

            4   Marianne (My) Ullmann, Bescheiden, 1925
            Tempera auf Leinwand, 61,2 × 61,2 cm
            Universität für angewandte Kunst Wien,
            Kunstsammlung und Archiv
            © Nachlass Marianne (My) Ullmann

            5   Fabian Marti, Cosmic Giggles Series (IX), 2010
            Collage, Silbergelatineabzüge (Fotogramm)
            Unikat, 59 × 46 cm,
            Kunsthaus Zürich, 2010
            Foto: Courtesy der Künstler und Galerie Peter
            Kilchmann, Zürich, © Fabian Marti

            6   Shirana Shahbazi / Steindruckerei Wolfensberger,
5           Composition with Mountain, 2014
            6-Farben-Lithografie auf
            Gelatinesilber-Baryt-Abzug, ca. 50 × 40 cm
            Kunsthaus Zürich, © Shirana Shahbazi
16                                                      AUSSTELLUNGEN

     ökonomische und -politische Katastrophe mündeten, die
     bis 1945 andauern sollte.
        Dem Verantwortlichen des Programms der CIAM-
     Gründungskonferenz, Le Corbusier, widmete das Kunst-
     haus Zürich 1938 eine Ausstellung. Zum begleitenden
     Katalog steuerte der CIAM-Generalsekretär Sigfried Gie-
     dion einen umfassenden Text bei. Der Anspruch, den
     Giedion darin erhob, hat etwas berührend Visionäres und
     mahnend Dringliches angesichts jener hochexplosiven
     Zeit, in der er verfasst wurde: «In einer Zeit, in der die
     Kunst Jahr um Jahr das bisherige Weltbild erweitert und
     ausbaut, ist Kunst niemals nur eine Angelegenheit des
     Genusses. […] Dafür lässt eine solche Ausstellung dann
     auch mehr zurück als die Kenntnis einiger neuer Bilder,
     sie erweitert den Zugang zu unserer Zeit!» Genau dies
     wünschen wir auch heute wieder unseren Ausstellungs-
     besuchern!

     Eine Koproduktion mit den Festspielen Zürich.
     Unterstützt durch die Zürcherische Seidenindustrie
     Gesellschaft.
     Die Ausstellung reist anschliessend an das Guggenheim
     Museum in Bilbao, wo sie vom 27. November 2020 bis
     4. April 2021 zu sehen sein wird.

                                                             7
AUSSTELLUNGEN                                               17
                                                                                       VERANSTALTUNGEN
                                                                                         The Roaring-Twenties-Ball
                                                                                       Im Grand Hotel mit Lola-Bar,
                                                                                       Crocodile-Lounge und grossem
                                                                                       Ballsaal, Live Band und DJs.
                                                                                       Sa 25. April, Kunsthaus Zürich,
                                                                                       ab 20 Uhr. Vorverkauf CHF 50.– /
                                                                                       Abendkasse CHF 60.– / Mitglieder
                                                                                       CHF 44.–.

                                                                                          Re:Frame 20s
                                                                                       Studierende der Zürcher Hoch­schule
                                                                                       der Künste (ZHdK) reagieren mit
                                                                                       aktuellen Bilderwelten auf die Werke
                                                                                       in der Ausstellung «Schall und Rauch.
                                                                                       Die wilden Zwanziger». Einführung:
                                                                                       Prof. Katharina Tietze, ZHdK.
                                                                                       Do 14. Mai, Kunsthaus Zürich,
                                                                                       Vortragssaal, 16 – 20 Uhr. Eintritt frei.

                                                                                         Von der Idee zur Ausstellung
                                                                                       Hintergrundgespräch über die
                                                                                       Realisierung der Ausstellung mit
                                                                                       Kunsthaus-Kuratorin Cathérine Hug
                                                                                       und Christoph Stuehn.
                                                                                       Mi 20. Mai, Kunsthaus Zürich,
                                                                                       Vortragssaal, 18 – 19.30 Uhr. Mit
                                                                                       gültigem Ausstellungsticket und für
                                                                                       Mitglieder gratis, sonst CHF 10.– / 8.–
                                                                                       reduziert.

                                                                                         Spoken Beats mit Jurczok 1001
                                                                                       Mit neuen Texten des international
                                                                                       renommierten Spoken Beats-
                                                                                       Künstlers Jurczok 1001 zu den
                                                                                       1920er-Jahre-Schriftstellern
                                                                                       Marieluise Fleisser und Bertolt Brecht.
                                                                                       Mi 10. Juni, in der Ausstellung im
                                                                                       Kunsthaus Zürich, 18.30 – 20 Uhr. Mit
                                                                                       Ausstellungsticket gratis.

                                                                                         Neue Körperempfindungen:
                                                                                       Sexualität im Rausch von Bewegung
                                                                                       und Musik
                                                                                       Im Rahmen des Zurich Art Weekend:
                                                                                       Dialogische Führung mit Cabaret
                                                                                       Voltaire-Leiterin Salome Hohl und
                                                                                       Kunsthaus-Kuratorin Cathérine Hug.
                                                                                       Kunstperformance von Talaya Schmid
                                                                                       und Angie Walti. Sa 13. Juni,
              8                                                               9        14 – 14.45 Uhr in der Ausstellung im
                                                                                       Kunsthaus Zürich. 15 – 15.30 Uhr
                                                                                       performativer Rundgang zum Cabaret
                                                                                       Voltaire. Mit Ausstellungsticket gratis.

                                                                                         1920s/2020s: Wirtschaftskrisen
                                                                                       und -perspektiven
                                                                                       Mit Aymo Brunetti (Professor für
                                                                                       Wirtschaftspolitik und Regionalökono-
                                                                                       mie, Uni Bern), Walter B. Kielholz
                                                                                       (Chairman Swiss Re / Präsident
                                                                                       Zürcher Kunstgesellschaft), Christin
                                                                                       Severin (Wirtschaftswissenschaftlerin /
7                                                                                      Redakteurin NZZ) und weiteren
    Xanti Schawinsky, Klassische Architektur 2, 1927
Deckfarbe und Airbrush auf Papier, montiert auf Karton, 50,8 × 36 cm                   Gästen. Dienstag, 23. Juni, Kunsthaus
Collection Pictet, Genf, © The Xanti Schawinsky Estate                                 Zürich, Vortragssaal, 18 – 19.30 Uhr.
                                                                                       Mit gültigem Ausstellungsticket
8   Warwara Fjodorowna Stepanowa, Ohne Titel, 1929 / 1930                              und für Mitglieder gratis, sonst
Collage (Zeitungspapier) auf Papier, 31,8 × 23,8 cm                                    CHF 15.– / 10.– reduziert.
Privatbesitz, Zürich, © Nachlass Warwara Fjodorowna Stepanowa

9   André Breton, Photomaton, Selbstporträt, um 1929
Automatenfoto, Silbergelatineabzug, 10,2 × 3,8 cm
Kunsthaus Zürich, © 2020 ProLitteris, Zurich
18                                    ANZEIGEN

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                                            Stiftung zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen der Stadt Zürich

                                             Contemporary meets Masters                              bis 25. April
                                             Galerie-Künstler im Dialog mit Andy Warhol, Sam Francis, Hans
                                             Hartung, Jan Voss, Pierre Alechinsky, Ernesto Neto, Max Bill u.a.

                                             Maja Vieli-Bisig and Friends                            28. Mai - 4. Juli
                                             „Throw the Dice“

                                            ART FORUM UTE BARTH
                                            Galerie für Moderne & Zeitgenössische Kunst       www.utebarth.com
                                            Kartausstrasse 8 CH-8008 Zürich T +41 44 3802711 info@utebarth.com
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© D. Thalmann, Aarau, Schweiz

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                                                                                                    Öl auf Leinwand
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                                                                                                    Auktion Juni 2020

                                AUKTIONEN 18. UND 19. JUNI 2020

                                AUKTIONSAUSSTELLUNGEN                                               Galerie Kornfeld
                                                                                                    Auktionen AG
                                ZÜRICH, TITLISSTRASSE 48              BERN, LAUPENSTRASSE 41        Laupenstrasse 41
                                                                                                    Postfach
                                3. bis 5. Juni, 13–19 Uhr (Auswahl)   11. bis 17. Juni, 10–18 Uhr
                                                                                                    CH-3001 Bern

                                                                                                    Tel. +41 (0)31 381 46 73
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22                                              AUSSTELLUNGEN

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 Kader Attia
 29. Mai – 13. September 2020   KURATORIN Mirjam Varadinis

                         Das Kunsthaus Zürich zeigt die erste
                         Ausstellung dieses wichtigen zeitgenössischen
                         Künstlers in der deutschen Schweiz.
AUSSTELLUNGEN                                                   23

                                                                3

                    1   Kader Attia, Culture,
                    Another Nature Repaired, 2014
                    Installation. Holzbüsten auf Metallsäulen
                    Ausstellungsansicht «The Injuries are here»,
                    Musée Cantonal des Beaux-Arts,
                    Lausanne, 2015
                    Courtesy of the artist, Kunsthaus Zürich,
                    Musée Cantonal des Beaux-Arts, Lausanne,
                    Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am
                    Main, Kunstmuseum Bern, Galerie Nagel
                    Draxler; Foto: Nora Rupp

                    2    Kader Attia, Measure and Control,
                    2013 (Detail)
                    Serie von 5 Vitrinen. Vintage-Vitrine,
                    ausgestopfte Tiere, afrikanische Masken,
                    gerahmte Vintage-Fotografien, Stahl, Holz
                    Ausstellungsansicht «Reparatur. 5 Acts», KW
                    Institute for Contemporary Art, Berlin, 2013
                    Courtesy of the artist and Galleria Continua;
                    Foto: Simon Vogel

                    3   Kader Attia, Foto © Camille Millerand

                2
24                                                         AUSSTELLUNGEN

                                                                     in der westlichen und nicht-westlichen Welt hinter dem Begriff
                                                                     stehen. Eine der eindrücklichsten Arbeiten zu diesem Thema
                                                                     zeigte Attia 2012 auf der documenta 13 in Kassel. Dort füllte seine
                                                                     Grossinstallation «The Repair» im Fridericianum einen ganzen
                                                                     Saal. Zu sehen waren Holzbüsten von Menschen mit entstellten
                                                                     Gesichtern. Diese sog. «Gueules cassées» (zerschlagene Gesich-
                                                                     ter) waren überlebende Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, die
                                                                     aufgrund der grässlichen Verletzungen für den Rest ihres Lebens
                                                                     gezeichnet waren. Kader Attia reiste mit Fotos der Verletzten,
                                                                     die er in Archiven gefunden hatte, nach Afrika und stellte in
                                                                     Zusammenarbeit mit traditionellen Kunsthandwerkern die Büs-
                                                                     ten nach den Fotos in den ehemaligen Kolonien her. Das Werk
                                                                     thematisiert nicht nur die Schrecken des Krieges, sondern ver-
                                                                     weist auch auf das Verhältnis der westlichen Moderne zu Afrika
                                                                     – und kehrt die Geschichte um. Das Kunsthaus Zürich hat vor
                                                                     einigen Jahren eine dieser Büsten für seine Sammlung angekauft
                                                                     und inzwischen durch weitere Werke des Künstlers ergänzt.

                                                                                      ERSTE EINZELAUSSTELLUNG
                                                                                       IN DER DEUTSCHSCHWEIZ
        4
                                                                     Mit dem Kunsthaus verbindet Kader Attia also schon eine län-
                                                                     gere Geschichte. Nach Auftritten an wichtigen Gruppenausstel-
                                                                     lungen wie der Manifesta 12 in Palermo (2018), der Venedig
                                                                     Biennale (2017) und der documenta 13 in Kassel freuen wir uns
                                                                     daher sehr, dass wir als erste Institution in der Deutschschweiz
                                                                     eine Einzelausstellung dieses wichtigen zeitgenössischen Künst-
                                                                     lers zeigen können. Für die Ausstellung realisiert Kader Attia
                                                                     eine neue Videoinstallation, die im Zentrum der Schau steht und
                                                                     durch wichtige Leihgaben ergänzt wird.

 K
                                                                        In der neuen Installation thematisiert der Künstler die
                                                                     aktuell viel diskutierte Frage der «Restitution» nicht-westlicher,
                                                                     insbesondere afrikanischer Artefakte. Die Arbeit ist ein Versuch,
             ader Attia wurde 1970 als Sohn algerischer Eltern       sich dem komplexen Thema anzunähern und verschiedene
             in einem Vorort nördlich von Paris geboren. Die         Expertinnen und Akteure auf dem Gebiet wie Historikerinnen,
 Erfahrung eines Lebens in zwei Kulturen nutzt Attia als Aus-        Philosophen, Aktivistinnen oder Ökonomen zu Wort kommen
 gangspunkt für seine künstlerische Praxis und thematisiert in       zu lassen. Kader Attia geht es dabei nicht um Schuldzuweisun-
 seinem Werk die koloniale Vergangenheit Europas und ihre            gen, sondern vielmehr darum, die unterschiedlichen Stand-
 Folgen. Fragen von Zugehörigkeit und Identität in einer globa-      punkte zusammenzutragen und so eine differenzierte Ausei­
 lisierten Welt spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Attia ist     nandersetzung mit dem Thema zu ermöglichen. Auch die
 nicht nur Künstler, sondern auch Aktivist und betreibt seit ei-     Geschichte der Schweiz und ihrer Sammlungen fliesst in den
 nigen Jahren die Diskursplattform «La Colonie» in Paris.            vielschichtigen Film mit ein und fördert spannende neue Er-
                                                                     kenntnisse zutage. Es gibt also viel zu entdecken!
            ÄSTHETISCHER UND ETHISCHER WERT
 Das Werk von Kader Attia ist vielfältig und umfasst Skulpturen,     Unterstützt von
 Installationen, Fotos und Videos. Diese zeichnen sich nicht nur
 durch einen hohen ästhetischen, sondern auch ethischen Wert
 aus. Der Künstler will sich der Verantwortung stellen, die Krisen
 und gesellschaftspolitisch relevanten Fragen unserer Zeit in
 seinen Werken anzusprechen.                                         sowie der Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung
    Seit mehreren Jahren untersucht Attia das Konzept der «Re-
 paratur». Etwas reparieren heisst, es wiederherstellen. Doch
 gleichzeitig bedeutet Reparatur auch Unrecht ausgleichen, wie
 es z. B. das deutsche Wort «Reparaturzahlung» zum Ausdruck
 bringt. Attia spielt in seinen Werken mit der Doppelbedeutung
 des Wortes und untersucht die unterschiedlichen Konzepte, die
AUSSTELLUNGEN                                                      25
                        4   Kader Attia, Untitled, 2017
                        Installation. Reparierte Textilien aus Algerien,
                        Mali und Senegal
                        Ausstellungsansicht «Repairing the Invisible»,
                        SMAK, Ghent, 2017
                        Courtesy of the artist; Foto: Dirk Pauwels

                        5   Kader Attia, The Scream, 2016
                        Diptychon. Pende-Krankenmaske, Buch,
                        Regalbrett
                        Ausstellungsansicht «Sacrifice and Harmony»,
                        MMK Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am
                        Main, 2016, Courtesy of the artist and Galerie
                        Nagel Draxler; Foto: Axel Schneider

                        6   Kader Attia, L’Empreinte de l’Autre, 2016
                        Installation. Papiermaché-Verpackungen von
                        hergestellten Waren, Metallständer, weisse
                        Holzsäulen
                        Ausstellungsansicht «Prix Marcel Duchamp»,
                        Centre Pompidou, Paris, 2016
                        Courtesy of the artist, Galerie Nagel Draxler,
                        Galerie Krinzinger, Lehman Maupin, Galleria
                        Continua, Private Collection; Foto: Vanni
                        Bassetti, OAK Studio

                        Alle Werke © 2020 ProLitteris, Zurich

5

    6

                        BEGLEITPROGRAMM
                        Zur Ausstellung entsteht ein
                        diskursives Begleitprogramm, das ab
                        Mai online auf www.kunsthaus.ch
                        abrufbar sein wird.
26                                                             ANZEIGEN

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               AT E L I E R R I G H I N I | F R I E S

               VARLIN
        Vom Verschwinden der anspruchslosen Orte

                     25. April – 4. Juli 2020
          Do 17 – 20 Uhr | Sa 10 – 17 Uhr | Eintritt frei

                                                                                                       OTTO NEBEL

                                                                                              6. - 9. Mai 2020
                                                                                FRÜHJAHRSAUKTION
                                                                                        GEMÄLDE • GRAFIK • PLAKATE • SCHMUCK
                                                                                          SCHWEIZER KUNST • ANTIQUITÄTEN

                                                                                                 Vorbesichtigung:
                                                                                Täglich vom 25. April bis 3. Mai 2020 10 bis 19 Uhr
                                                                                                                          •

                                                                                             Online-Katalog ab Mitte April

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     Atelier Righini Fries, Klosbachstrasse 150, 8032 Zürich
      Weitere Informationen unter: www.righini-fries.ch                Monbijoustrasse 30/32        Tel. 031 560 10 60   www.dobiaschofsky.com
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                                                                                                                                     Magazin

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© 2020, ProLitteris, Zurich

Marc Chagall. La veste rouge. 1961. Öl, Gouache und Tusche auf Papier. 66 x 50,5 cm.

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Tel. +41 44 445 63 63 · office@kollerauktionen.ch                      www.kollerauktionen.ch
28                         SAMMLUNG

                                Installationansicht Kabinett mit Werken von Sophie Taeuber-Arp, Alberto Giacometti,
                                Germaine Richier, Marianne von Werefkin und Hannah Höch.
                                Werke Alberto Giacometti: © Succession Alberto Giacometti / 2020 ProLitteris, Zurich;
                                Germaine Richier und Hannah Höch: © 2020 ProLitteris, Zurich

 Umzugskartons in
 der Sammlung?
 TE X T Philippe Büttner
SAMMLUNG                                                                 29
                                              Das Stockwerk des Müllerbaus, in dem          «Pittura Metafisica» aus Privatbesitz. Es
                                              sich aktuell die Werke Alberto Giaco-         ist erstaunlich, wie leicht der Übergang
                                              mettis befinden, das sogenannte Zwi-          von den italienischen Altmeisterzeich-
                                              schengeschoss, wird ab Ende 2020              nungen zur Kunst De Chiricos und seiner
                                              schwerpunktmässig dem «Nouveau Réa-           Gefährten fällt. Sind es bestimmte Kon-
                                              lisme» mit Künstlern wie Jean Tinguely        zepte des Klassischen, die über die tren-
                                              und Niki de Saint-Phalle sowie der Pop        nenden Jahrhunderte hinweg beide En-
                                              Art (Johns, Rauschenberg, Warhol, Lich-       sembles verbinden, oder eine gewisse,
                                              tenstein) gewidmet.                           sehr italienische Art, die Figur im Raum zu
                                                                                            zeigen? Lassen Sie sich diese Säle jeden-
                                              Das oberste Stockwerk des Müllerbaus          falls nicht entgehen.
                                              schliesslich wird Bruce Nauman und der            Im Erdgeschoss ist sodann die Ausstel-
                                              Minimal Art gewidmet sein. Auf diesem         lung «Ottilia Giacometti» zu sehen. Sie
In der Sammlung gibt es gegenwärtig be-       Stockwerk wird ein grosser Teil der jetzt     wird im Kabinett durch eine Auswahl von
sonders viel Bewegung. Dies hängt vor         bestehenden temporären Einbauten              Sammlungswerken aus der Lebenszeit
allem damit zusammen, dass der Müller-        entfernt. Die in diesem Bereich lange         Ottilias begleitet, wobei hier Werke von
bau der 1970er-Jahre in den kommenden         Jahre gezeigten Werke der Surrealisten,       Künstlerinnen im Mittelpunkt stehen.
Monaten einer intensiven Neugestaltung        aber auch die Skulpturen von Brancusi,        Während wir also in den Räumen der Aus-
unterzogen wird. Es ist unser Ziel, diesen    werden im ersten Stock in die Giaco-          stellung Werke von zwei grossen Künstlern
Teil des Bestandes in dieser Zeit in den      metti-Säle integriert, andere Bestände        sehen, die einem Mädchen, einer jungen
Zustand zu versetzen, den er haben soll,      werden mittelfristig an anderen Orten         Frau aus ihrer Familie gewidmet sind, spre-
wenn im Herbst 2021 das erweiterte            des erweiterten Kunsthauses zu sehen          chen im Kabinett die Künstlerinnen. Es
Kunsthaus eröffnet wird.                      sein.                                         finden sich dort Werke von Else Thomann-
                                                                                            Buchholz, Paula Modersohn-Becker,
   DIE WICHTIGSTEN ÄNDERUNGEN                 Das Erdgeschoss des Müllerbaus                Ottilie W. Roederstein, Germaine Richier,
       IM BEREICH MÜLLERBAU                   schliesslich soll mittelfristig zur Präsen-   Helen Dahm, Dora Hauth, Marianne von
 Der gesamte erste Stock des Müller-          tation von Werken der Gegenwartskunst         Werefkin, Sophie Taeuber-Arp, Alice
 baus wird künftig demjenigen Künstler        genutzt werden.                               Bailly, Erika Streit und Meret Oppenheim.
 der Moderne als Leitkünstler gewid-                                                        Zwei Werke von Künstlern wurden eben-
 met sein, der im Kunsthaus weltweit          Insgesamt wird der Müllerbau eine             falls integriert: Einerseits ein wunder-
 am dichtesten studiert werden kann:          starke Präsenz skulptural geprägter           schönes Figurenbild von Hodler, dessen
 Alberto Giacometti. In die Auffächerung      Werke aufweisen.                              Aussage, es brauche keine Künstlerinnen,
 seines Werks einbezogen werden aber                                                        in dem kleinen Raum kraftvoll widerlegt
 auch andere, dem Schaffen Giacomettis       Während der Umstrukturierung des               wird und anderseits eine wichtige surrea-
 konzeptuell oder zeitlich nahestehende      Müllerbaus wird das Sammlungsteam ver-         listische Arbeit Alberto Giacomettis. Sie
 Werkgruppen der Sammlung, nament-           suchen, die wichtigsten Bestände zumin-        bringt ein ganz anderes Bild der Frau zur
 lich aus dem Bereich des Surrealismus       dest anhand einiger zentraler Werke er-        Anschauung, als wir es in den eindrucks-
 und der École de Paris der Zeit nach dem    reichbar zu halten. Während des Umbaus         vollen und persönlichen Bildern seiner
 Zweiten Weltkrieg. Die Vorbereitungen       der Alberto Giacometti gewidmeten              geliebten Schwester Ottilia in der Ausstel-
 für diese Umgestaltung sind aufwendig       Räume werden dessen Hauptwerke im              lung sehen.
 und werden aktuell mit Ausstellungs­        Verbindungsgang zwischen Moser- und                Ein spannendes Fazit zur Genderfrage
 architekt Ulrich Zickler und dem Kunst-     Müllerbau gezeigt.                             in der Kunst bietet übrigens die grosse
 hausteam vorbereitet. Integriert bleiben                                                   Meret Oppenheim. Es gebe keine «weibli-
 auf diesem Stockwerk die Räume zu                     KÜNSTLERINNEN IM                     che» Kunst, sagte sie. Begründung: «Der
 Joseph Beuys und Fischli / Weiss. Ein                   MITTELPUNKT                        Geist ist androgyn». Hätte da an einem
 Grossteil der lange Jahre in diesem Be-     Auch im Moserbau sind temporäre Ände-          guten Tag nicht vielleicht sogar Hodler
 reich gezeigten Bestände der europä­        rungen zu vermelden: Im ersten Stock           eingelenkt?
 ischen und amerikanischen Kunst von         wird ja bis zum 26. April die spektakuläre,
 1950 bis 1990 (darunter namentlich der      von Jonas Beyer kuratierte Ausstellung
 Abstrakte Expressionismus von Pollock,      «Die Poesie der Linie» gezeigt, die eine
 Newman und Rothko, sodann die grosse        Auswahl von italienischen Meisterzeich-
 Werkgruppe deutscher Malerei ab 1970        nungen aus der Sammlung präsentiert. In
 von Kiefer, Baselitz, Penck und Polke)      den anschliessenden Sälen findet sich die
 wird künftig im Erweiterungsbau von         neue Präsentation der kapitalen, für meh-
 David Chipperfield zu sehen sein.           rere Jahre geliehenen Werkgruppe der
30                                                         RESTAURIERUNG

 Chloe
 Hans-Jakobs Oeris Gemälde «Chloe» von 1806
 wurde restauriert und erstrahlt nun in neuer
 Frische und Klarheit.
 TE X T Sandra Weber

                       Hans-Jakob Oeri, Chloe, 1806
                       Öl auf Leinwand, 160 × 135 cm
                       Kunsthaus Zürich, Geschenk Lili Usteri, 1945
RESTAURIERUNG                                                                                       31

«Chloe» kam 1945 als Geschenk von Lili
Usteri in das Kunsthaus Zürich. Im selben
Jahr erteilte das Kunsthaus einem exter-
nen Restaurator den Auftrag zur Restau-
rierung des Bildes, da es einen ästhetisch
äusserst unbefriedigenden Zustand auf-
wies. Die maltechnische Fragilität (dünne
                                                          Vorher: Zustand mit unebener Kittung und         Nachher: Die neue Kittung passt sich strukturell
und eher trocken ausgeführte Malerei auf                  auffälliger Retusche.                            der Umgebung an, zusammen mit der
einer sehr dünnen Leinwand mit lockerer                                                                    Retusche entsteht ein harmonischeres Bild.

Bindung) und schlechte Aufbewahrung
hatten schon früh zu diversen Schäden
geführt. Dazu gehörten Risse, Knicke und
Löcher im Bildträger. Deshalb waren die
Bildkanten auch um einige Zentimeter          Malschicht gedünnt und Lasuren entfernt                Original festgeklebt werden, um die Sta-
umgeschlagen und einige Leinwandflicken       worden waren. Ausserdem zeigte der                     bilität der Rissränder zu gewährleisten
auf die Rückseite geklebt worden. Vorder-     leicht gegilbte Firnis einen unregelmässig             und beulig aufstehende Leinwandstellen
seitig gab es schon damals sehr alte, grob    dicken Auftrag, der sich in unterschiedli-             zu planieren. Danach wurden die umfang-
ausgeführte Kittungen, Retuschen und          chem Glanz und in unterschiedlich starker              reichen Fehlstellen neu gekittet und
Übermalungen. Bei der Restaurierung von       Gilbung bemerkbar machte. Die Doublie-                 strukturiert, um eine möglichst ideale
1945 wurden diese Flicken entfernt und        rung hatte sich an einigen Stellen gelöst,             Retuschiergrundlage zu erhalten. Die Kit-
das Werk stattdessen ganzflächig doub-        was zu weiteren Unebenheiten in Form                   tungen wurden eingetönt, bevor ein Zwi-
liert. Dabei wurde der Umschlag der Lein-     von Beulen führte.                                     schenfirnis als Isolationsschicht aufgetra-
wandränder wieder rückgängig gemacht,                                                                gen wurde. Abschliessend wurden alle
was jedoch zur Folge hatte, dass alle alten     NACH RESTAURIERUNG WIEDER IN                         Fehlstellen retuschiert. Auch die Unregel-
Nagellöcher und Leinwandrisse an den               DER SAMMLUNG ZU SEHEN                             mässigkeiten im Firnis, die sich vor allem
Rändern gekittet und retuschiert werden       Schon die Entfernung der Schmutzschicht                im Himmel durch eine verschieden starke
mussten. Darüber hinaus überkittete der       von der Oberfläche zu Beginn der Restau-               Gilbung bemerkbar machten, wurden
Restaurator die ganz alten bereits restau-    rierung brachte den ersten Schritt zu                  durch partielles Dünnen desselbigen und
rierten Schadstellen und viele bis dahin      einem frischeren und geklärten Erschei-                durch den anschliessenden Auftrag eines
noch nicht behandelte Fehlstellen. Di-        nungsbild des Werkes. Es wurde entschie-               neuen Firnis ausgeglichen.
verse grossflächige Übermalungen und ein      den, die alten Kittungen und Retuschen
stark verdunkelter Firnis wurden damals       unter dem Mikroskop zu entfernen, da nur               Das Projekt wurde ermöglicht durch die
ebenfalls entfernt.                           eine bereinigte Schadstelle eine optimale              grosszügige Unterstützung der Ernst
                                              Basis für einen guten Aufbau für Kittung               Göhner Stiftung.
    SICHTBARE RESTAURIERUNGS-                 und Retusche liefert. Bei den Freilegungs-             «Chloe» ist nun in neuer Frische wieder
           GESCHICHTE                         arbeiten kamen unter den meisten grösse-               in der Sammlung zu sehen.
Zu Beginn des Projektes 2019 war diese        ren Kittungen Risse in der Leinwand zum
Restaurierungsgeschichte am Gemälde           Vorschein. An den Bildecken, beim Ohr
gut ablesbar. Die meisten Retuschen hat-      von Lycas und links oben in der Baum-
ten sich verfärbt, Kittungen waren zu         krone gab es sogar grössere Löcher. Diese
grosszügig und zu dick aufgetragen wor-       wurden in einem ersten Schritt mit Intar-
den und durch ihre andersartige Struktur      sien (genau eingepasste Leinwandstücke)
deutlich sichtbar. Zahlreiche Bereiche wa-    geschlossen, um auf das Niveau der Ori­
ren bereits einmal zu stark mit Lösungs-      ginalleinwand zu kommen. Die lokal abge-
mitteln gereinigt worden, wodurch die         löste Doublierleinwand musste wieder am
32DF20_A_KH_ZH_2.qxp_181x60 19.02.20 18:13 Seite 1              ANZEIGEN

                                                                           SAVE
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                                                                                31. JULI
                                             VORVERKAUF
                                               STARTET                                —
                                              AM 1. APRIL
                                                                           15. AUGUST
                                                                                   2020

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          Michiel Sweerts, Brüssel 1618–1664 Goa,
          verkauft für CHF 520’000.–

          www.schulerauktionen.ch

       Featured Artist: Bruna Hauert
       Sissi- und Franzl- Ringe
                              Featured
                              Featured Artist:
                                       Artist: Nicole
                                               Nicole Schuste
                                                      Schuste

       www.foc.ch
ERWEITERUNG                                                               33

                                                                                           Das Reihenlayout-Konzept der
                                                                                           Eröffnungspublikationen, gestaltet
                                                                                           von Büro4, Zürich

                                                                                           für Kunst und Publikum im 21. Jahrhun-
                                                                                           dert aus? Ist es nur funktional, sicher und
                                                                                           schön anzusehen oder auch ökologisch
                                                                                           und technisch auf der Höhe der Zeit? Wer
                                                                                           hat Anteil am Gelingen eines solchen Ge-
                                                                                           nerationenprojekts, bei dem öffentliche
                                                                                           und private Kräfte zusammenspannen?
                                                                                           Und bekommt Zürich, worüber es an der
                                                                                           Urne abgestimmt hat? In der Gestaltung
                                                                                           eher einem Magazin als einem Lesebuch

        Die Baugeschichte
                                                                                           ähnelnd, versammelt die Publikation Bei-
                                                                                           träge diverser Autorinnen und Autoren.
                                                                                           Die wichtigsten Fakten zur Kunsthaus-

        des Kunsthauses in                                                                 Erweiterung werden in Listen, Grafiken
                                                                                           und Diagrammen gebündelt. Längere Fo-
                                                                                           tostrecken dokumentieren den Baupro-

           drei Bänden                                                                     zess. Erscheinungstermin: Schlüsselüber-
                                                                                           gabe im Dezember 2020.
                                                                                              Mit einem dritten Band wird die Reihe
                                                                                           der Eröffnungspublikationen abgeschlos-
   Mit einer Publikationsreihe nutzt die Bauherrschaft                                     sen. Dieser Architekturband wird von
       die Zeit bis zur Eröffnung im Herbst 2021, um                                       David Chipperfield und seinem Team
                                                                                           verfasst – eine Hommage in Essays und
  die Entwicklung zurückzuverfolgen, die das Kunsthaus                                     Bildern, mit Plänen und Architektur-
     zum grössten Kunstmuseum der Schweiz macht.                                           aufnahmen, an den lichtdurchfluteten
                                                                                           Quader, der den Heimplatz prägt und in
                               TE X T Björn Quellenberg
                                                                                           der Baugeschichte des Kunsthauses den
                                                                                           vorläufigen Höhepunkt darstellt. Erschei-
                                                                                           nungstermin: Eröffnung, Herbst 2021.
                                                                                              Die Reihe entsteht in Zusammenarbeit
                                                                                           mit der Einfachen Gesellschaft Kunst-
Das erste Buch ist soeben erschienen: «Die   lungs- und Ausstellungsinstitut mehrfach      haus-Erweiterung. Alle drei Bände er-
Baugeschichte des Kunsthaus Zürich           ergänzt. Es gab zahlreiche Versuche zur       scheinen im Verlag Scheidegger & Spiess
1910 – 2020» widmet sich der wechselvol-     visionären Grosserweiterung, bis das          und sind von der Zürcher Agentur Büro4
len Geschichte der Liegenschaften, die in    Kunsthaus mit dem Bau von David               gestaltet. Band eins ist im Kunsthaus-Shop
Zürich seit Mitte des 19. Jahrhunderts als   Chipperfield Architects Berlin im 21. Jahr-   und im Buchhandel für CHF 19.– erhält-
Kunsthäuser dienten. In chronologischen      hundert wieder Massstäbe setzen kann.         lich, wahlweise in deutscher, englischer
Kapiteln beschreibt der Architekturkriti-    Anschaulich erzählt und mit selten gezeig-    oder französischer Fassung.
ker Benedikt Loderer die verschiedenen       ten Bildern und Plänen der verschiedenen
Etappen, bis das Kunsthaus 1910 am           Erweiterungsetappen seit 1910 illustriert.
Heimplatz heimisch wurde, im Bau des            Band zwei der Eröffnungspublikatio-
berühmten Architekten Karl Moser. Seit-      nen wird ganz dem aktuellen Bauprojekt
her wurde das älteste kombinierte Samm-      gewidmet sein. Was macht das Museum
PERSÖNLICH                                                        35

                                                                                                                  Gab es eine besondere Begegnung, ein
                                                                                                                  besonderes Erlebnis im Kunsthaus?
                                                                                                                     Ein besonders schönes Erlebnis war die Pipilotti-

                                         Kunst ist (über-)                                                        Rist-Ausstellung im Jahre 2016. Dabei haben mich nicht
                                                                                                                  nur das «begehbare Wohnzimmer» und der «Pixel-

                                         lebenswichtig
                                                                                                                  wald» sehr beeindruckt, sondern auch die Möglichkeit,
                                                                                                                  die Installationen während des Besuchs anzufassen
                                                                                                                  und auszuprobieren. Ich habe drei-, viermal die Aus-
                                                                                                                  stellung besucht, dabei stundenlang im Pixelwald
                                         Wer sind die Leserinnen und Leser                                        auf dem Boden auf weichen Kissen gelegen und mich
                                                                                                                  in meine eigene Traumwelt entführen lassen. Diese
                                         unseres Magazins, wer sind die Mitglieder                                Ausstellung war nicht nur Inspiration pur, sondern
                                         der Zürcher Kunstgesellschaft?                                           ermöglichte den Besucherinnen und Besuchern, aktiv
                                         Das Kunsthaus-Magazin startet eine neue                                  an dieser Installation teilzuhaben. Also nicht nur an­
                                                                                                                  zuschauen, sondern mitzumachen und mitzuerleben.
                                         Reihe und macht Hausbesuche. Heute
                                         sind wir bei Heike Rindfleisch.                                          Was wünschen Sie sich vom Kunsthaus?
                                                                                                                     Ein Museum ist für mich ein Erlebnisort, ein Besuch
                                         INTERVIEW Kristin Steiner
                                                                                                                  dorthin eine Entdeckungsreise. In künstlerischer und
                                                                                                                  architektonischer Hinsicht, aber auch in der Kulinarik
                                                                                                                  für den kleinen Hunger zwischendurch und bei den
                                                                                                                  Mitbringseln, die mich gerne an den Besuch erinnern.
                                                                                                                  Ausstellungen und Architektur können sich im interna-
                                                                                                                  tionalen Vergleich durchaus messen lassen und werden
                                                                                                                  mit der Kunsthaus-Erweiterung das Niveau noch
                                                     Frau Rindfleisch, wieso haben Sie sich                       steigern. Ich wünsche mir, dass Gastronomie und Mu-
                                                     seinerzeit zu einer Mitgliedschaft bei der                   seumsshop sich diesem Niveau anpassen.
                                                     Zürcher Kunstgesellschaft entschlossen, was
                                                     gab den Ausschlag?
                                                        1998 bin ich aus beruflichen Gründen von Düssel-
                                                     dorf nach Zürich gezogen. Ich bin mit Kunst aufge-
                                                     wachsen. Düsseldorf ist eine Kunststadt (Düsseldorfer
                                                     Fotoschule, gegründet von Bernd und Hilla Becher
                                                     mit Künstlern wie Andreas Gursky, Thomas Struth,
                                                     Thomas Ruff; Kunstakademie mit Professoren wie
                                                     Joseph Beuys, Jörg Immendorf oder Markus Lüpertz).
                                                     Einer der Schüler von Beuys war mein Kunstlehrer,
                                                     Kunst interessiert mich also. Darüber hinaus wollte ich
                                                     mich schnell in die Schweiz integrieren und Menschen
                                                     kennenlernen – was lag da also näher, sich einem
                                                     Kunstmuseum als Mitglied anzuschliessen?

                                                     Welchen Stellenwert hat Kunst für Sie?
                                                         Kunst hat für mich einen hohen Stellenwert. Kunst
                                                     ist ähnlich wie Musik – sie ist für eine Gesellschaft
                                                     (über)lebenswichtig und hält respektive bringt sie zu-
                                                     sammen. Sie agiert unabhängig von Nationalitäten,
                                                     Religionen, Grenzen.
Foto Franca Candrian, Kunsthaus Zürich

                                                     Und wie beeinflusst die Kunst Ihr Leben?
                                                        Kunst ist für mich eine Inspiration, die überrascht,
                                                     die widerspricht, aber auch bestätigt. Sie rüttelt wach,
                                                                                                                  Heike Rindfleisch, 58 Jahre
                                                     und sie lässt träumen. Vor allem lässt Kunst Gedanken        Marketing-Kommunikationswirtin, wohnhaft in Zürich
                                                     frei fliessen und regt die Fantasie an.                      Mitglied seit: 1998
36                                                                        ANZEIGEN

                        GIRL WITH A PEARL
                             EARRING
        Oper von Stefan Wirth
        nach dem Roman von Tracy Chevalier
        Mit Thomas Hampson
        www.opernhaus.ch/pearlearring

        UR AUFFÜHRUNG
        24 M AI 2O2O

                 Helvetia Kunstversicherung Artas

                                                                                               Bild: Bernhard Luginbühl, Eierstabbild, 1987, Holz, Assemblage / Objektmass: 187 × 101.5 × 85 cm, Helvetia Kunstsammlung
                                                    helvetia.ch/artas

                Kunstliebhaber.
                Sammlungsobjekt.
                   Sorgenfrei.
                Die Faszination für die Kunst verbindet Helvetia
                mit Kunstliebhabern, Privatsammlern, Galeristen,
                Museen und Ausstellern.

     FI_CH_SpM_SpL_Kunstversicherung-Kunsthaus-ZH_INS_181x122mm_d_20-02.indd 1       25.02.20 09:24
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                                                                                                  29.2.– 2.8.2020

16. 5. – 16. 8. 2020
Julian Charrière
Towards No Earthly Pole

*Aargauer Kunsthaus
Aargauerplatz CH–5001 Aarau
Di – So 10 –17 Uhr Do 10 – 20 Uhr
www.aargauerkunsthaus.ch

Julian Charrière
Towards No Earthly Pole, 2019
© 2020, Pro Litteris, Zürich
                                               Carl Spitzweg, Der arme Poet, 1838, Privatbesitz
38
Lee Krasner, Palingenesis, 1971, Öl auf Leinwand, 208,3 × 340,4 cm ( Ausschnitt ), Pollock-Krasner Foundation, New York, Foto: Kasmin Gallery, New York © The Pollock-Krasner Foundation

                                                                                                                                                                                           07.02.
                                                                                                                                                                                           10.05.20

               Mit der Unterstützung von:
                                                                                                                                                                                                      ANZEIGEN

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Living Colour
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                            Vernissage                                                                     CLICK
                            «Olafur Eliasson»
                            16. Januar 2020
                                                                                          1

                            1   Der Künstler Olafur Eliasson mit Sammler Christian Boros.

                            2   «Symbiotic Seeing». Eine neue, immersive Installation.

                            3   Kuratorin Mirjam Varadinis wirbt für einen guten Zweck:
                            Little Suns bringen Licht in dunkle Teile der Welt und an «Black
                            Out Sessions» im Kunsthaus.

                                                                                               2
Fotos © Caroline Minjolle

                                                                                3
40                                                                  CLICK

 Vernissage
 «Ottilia Giacometti»
 6. Februar 2020
 1   Die Kuratoren Casimiro Di Crescenzo und Philippe Büttner
 freuen sich über die Anwesenheit von Ottilia Giacomettis Enkel
 André Berthoud und dessen Kinder.

 2  Weltpremiere. Die Filme von Francis Berthoud, Ottilias Mann.
 Es sind die einzigen Bewegtbilder, welche die Familie Giacometti
 zu Lebzeiten Giovannis zeigen.

 Werke Alberto Giacometti: © Succession Alberto Giacometti /
 2020 ProLitteris, Zurich

                                                                            1

 Tag der
 offenen Tür
 29. Februar 2020
GLOSSE                          41
    CLICK
                                        Die Welt
                                        steht Kopf
                                        Die Welt steht Kopf und ich mit. Kämpfe mich durch
                                        die Vorhänge und schwimme im dunklen Wasser der
                                        Installation durch den Bührlesaal, über mir wabert Nebel.
                                        Die Installation atmet, Partikel tanzen. Ein merkwürdiges
                                        Gefühl, der Geruch irritiert, für mich nicht einzuordnen.
                                        Plötzlich vermisse ich das holzige Aroma, welches sonst
                                        meinen Gang durch diese Hallen begleitet. Im nächsten
                                        Raum, die Erde, das Rund, glänzend, spiegelnd, in Wieder-
                                        holung. Im System eingebunden, wir alle, einfach nur
                                        Teilchen, in vielfacher Replik. Alles hängt zusammen.
                                        Keiner lebt in der Vereinzelung, jeder ist von Strömungen,
                                        Strömen und Veränderungen betroffen, unsere Abhängig-
                                        keiten vergessen wir gerne. Die Natur inspiriert, reagiert
                                        und agiert, alles passiert in stetiger Wechselwirkung.
                                           Doch wenn Koexistenz und Symbiose wirklich Konkur-
                                        renz ablösen sollten, dann gäbe es viele Veränderungen.
                                        Bei der Einführung hätten wir nicht nur Olafur Eliasson auf
                                        der Bühne gesehen, sondern alle daran beteiligten Akteure.
2                                       Was wären schon Kunstschaffende mit leeren Mägen,
                                        die Köchin stände vor dem klatschenden Publikum, alle.
                                        Dagegen hätte ich wirklich nichts, Menschen brauchen
                                        Anerkennung.
                                           Die früheren Künstler malten alleine. Ihre Werke zeigten
                                        ihre charakteristischen Pinselstriche. Aber können wir da
                                        wirklich ganz sicher sein? Jedenfalls setzen die modernen
                                        Künstler auf Teams; wir durften 2018 Abraham Cruzvillegas
                                        und nun 2020 Olafur Eliasson mit ihren Mannschaften
                                        erleben – und doch beklatschen wir den Einzelnen. «Unser
                                        Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln
                                        kann» ist ein Ausspruch von Picabia.
                                           Widersprüche zeigen sich zwischen Theorie und Praxis,
                                        vielleicht sind wir einfach noch nicht so weit und brauchen
                                        Stars?
                                           Stars sind Zugpferde, was war das für eine fulminante
                                        Einführung, jeder Stuhl hätte dreifach belegt werden
                                        können. Olafur, wir lieben deine Kieselalge – ob unsere
                                        Fantasie schon bald durch Dinoflagellaten angeregt werden?

                                        Ihre Sabine Meisel
                                        www.sabinemeisel.com
            Fotos © Caroline Minjolle
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                                                                       16. Februar bis 24. Mai 2020
                                                                                                           Kunsthaus Zug
     Kurt Seligmann, Emerald Rose, 1958, Kunsthaus Zug,

                                                                                                            Dorfstrasse 27, 6301 Zug | www.kunsthauszug.ch
                                                                                                            Di bis Fr 12.00 – 18.00 | Sa und So 10.00 – 17.00

                                                               Fantastisch Surreal
                                                               Die Sammlung
     © 2020, ProLitteris, Zürich

                                                               —
                                                               Breton Duchamp Kiesler
                                                               Surrealistische Räume 1947

                                                     «Kunst geben –   G         emeinsam für das Kunsthaus Zürich
                                                                                Seit 1917 fördert die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde
                                                                       das Kunsthaus Zürich und damit auch das kulturelle Leben in Zürich.
                                                      viel bewegen»    Werden Sie Mitglied: Alle Vorteile finden Sie auf unserer Website:
                                                                       www.kunstfreunde-zuerich.ch/mitglied-werden. Spezielle Angebote
                                                                       für junge Interessenten bis 40 Jahre.
                                                                       Gerne beantworten wir Ihre Fragen auch persönlich:
                                                                       contact@kunstfreunde-zuerich.ch oder telefonisch 044 253 84 79.

                                                                               

                                                                                                                                  Der Rahmen
                                                                                                                                    vollendet
                                                                                                                                      das Bild

                                                                                                                                           Aarberg | BE
                                                                                                                                       Münchwilen | TG
                                                                                                                                     Unterentfelden | AG
                                                                                                                                             Zürich | ZH
                                                                                                                                     www.boesner.ch
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