SCHUFA Ombudsmann Tätigkeitsbericht 2011

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SCHUFA
Ombudsmann
    Tätigkeitsbericht 2011
SCHUFA
Ombudsmann
    Tätigkeitsbericht 2011

           FEBRUAR 2012
Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Dr. Michael Freytag									                                                          6
Vorsitzender des Vorstandes der SCHUFA Holding AG

I.	Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument
Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky			                          				               10
Professor für Haushalts- und Konsumökonomik, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

II.	Der SCHUFA Ombudsmann
Zur Person: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer						                         17
Interview mit dem SCHUFA Ombudsmann: „Wer Prävention will, muss kommunizieren.“      18
Das Ombudsmannverfahren								                                                      23

III.	Bericht des SCHUFA Ombudsmannes
Jahresrückblick 2011 							                                                    		   28
Fazit											                                                                     35
Schlichtungssprüche									                                                         36

IV.	Scoring als Investition für Geschäftsbeziehungen
Prof. Dr. André Habisch     								                                                 42
Professor für Unternehmensethik, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

Anhang: Gesetzliche Grundlagen für Auskunfteien                                 		   48
6

    Vorwort

    Sehr geehrte Damen und Herren,

                                     die Funktion unabhängiger Schlichtungsstellen
                                     gewinnt in der Wirtschaft zunehmend an
                                     Bedeutung. Auch für die SCHUFA Verbraucher-
                                     kommunikation ist der Ombudsmann ein
                                     wichtiger Bestandteil. Als neutrale und für den
                                     Verbraucher kostenfrei arbeitende Schlichtungs-
                                     stelle ist der Ombudsmann eine Brücke des
                                     Unternehmens zum Verbraucher. Er arbeitet
                                     im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften
    unabhängig und ist an keine Weisungen gebunden.

    Transparenz steht im Mittelpunkt unseres Verbraucherkonzeptes. Zunehmend
    mehr Menschen wissen um die Bedeutung, dass ihre eigenen Bonitäts-
    daten bei einem verlässlichen und seriösen Partner wie der SCHUFA gut
    aufgehoben sind. So hat unser Privatkundenportal www.meineSCHUFA.de
    bereits 1,2 Millionen registrierte Nutzer. Lange vor der Novellierung des
    Bundesdatenschutzgesetzes hat die SCHUFA mit dem Start der Internet-
    plattform im Jahr 2005 einen wesentlichen Beitrag zu mehr Verbraucher-
    transparenz auf dem Markt der Auskunfteien geleistet.

    Zur größtmöglichen Offenheit gehören aber nicht nur öffentliche und
    jederzeit zugängliche Informationskanäle, sondern auch die Bestellung eines
    unabhängigen Ombudsmannes. Die hochrangige Besetzung dieser Position
    mit Professor Winfried Hassemer wird allen Anforderungen gerecht, die
    mit dieser verantwortungsvollen Position verbunden sind. Der ehemalige
7
Vorwort

Datenschutzbeauftrage des Landes Hessen und Vizepräsident des Bundes-
verfassungsgerichts a. D. vermittelt kompetent und wirkungsvoll bei
Differenzen oder Missverständnissen zwischen Verbrauchern, der SCHUFA
und deren Vertragspartnern.

Die 367 registrierten Fälle des Ombudsmannes im Berichtsjahr 2011 sind
in Relation zu den von der SCHUFA gespeicherten 479 Millionen Informationen
zu 66 Millionen Personen zu setzen. Angesichts dieser Datenmenge sind
die zwölf auf Seiten der SCHUFA festgestellten Bearbeitungsfehler marginal.
In genau solchen Fällen kann der Ombudsmann helfen. Als Bilanz seiner Tätigkeit
für den Berichtszeitraum 2011 können wir festhalten: Die SCHUFA funktioniert
als Schutzpatron für Wirtschaft und Verbraucher sehr gut.

Die Bedeutung des Ombudsmannes lässt sich nicht allein quantitativ an-
hand der bearbeiteten Fälle oder Schiedssprüche ablesen. Vielmehr vermittelt
der vorliegende Tätigkeitsbericht die besondere Qualität der Schlichtungs-
tätigkeit von Professor Winfried Hassemer. Sein Wirken zielt stets darauf ab,
trotz komplexer rechtlicher Zusammenhänge eine verständliche wie rechts-
sichere Kommunikation für Verbraucher und die SCHUFA zu entwickeln.
Dies ist in nachhaltiger Weise gelungen.

Ihr

Dr. Michael Freytag
Vorsitzender des Vorstandes der SCHUFA Holding AG
I. Ombudsarbeit –
Ein verbraucherpolitisches
                Instrument
10

     I.	Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument

     Ombudsarbeit – ein verbraucherpolitisches Instrument
                                                                                  Von Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky

     Das Prinzip Ombudsmann
     Das „Prinzip Ombudsmann“ hat der Ombudsmann der SCHUFA, Prof. Dr. Dr. h.c. mult.
     Winfried Hassemer, genial einfach auf den Punkt gebracht: „Schlichten statt richten“.

     Als ich zum ersten Mal von der Tätigkeit von Ombudsleuten gehört habe, war ich etwa zwölf
     Jahre alt. Das war Ende der 1950er Jahre. Es waren Berichte über Skandinavien, insbesondere
     Schweden, wo die Ombudsarbeit erstmals institutionalisiert worden ist. In unserer Familie
     wurde das in einen Zusammenhang mit Speakers` Corner im Londoner Hyde Park eingeordnet.
     Nach der Zeit der Nazi-Diktatur und in Zeiten der „Diktatur des Proletariats“ in der DDR war es
     mehr als ein Hoffnungsschimmer auf die Möglichkeit, ja Notwendigkeit, der Modernisierung
     und Kultivierung gesellschaftlicher Verhältnisse auch in Deutschland.

     Nach und nach gewannen gesellschaftliche Modernisierungstendenzen an Einfluss. Neue
     politische Programme, neue Lebensweisen, soziale Innovationen und neue Institutionen
     konnten sich Geltung verschaffen und durchsetzen. Beispielhaft seien hier als Stichworte
     genannt: „Mehr Demokratie wagen!“, Individualisierung der Lebensverläufe, Pluralisierung
     der Lebensformen, Ausdifferenzierung der nivellierten Mittelstandsgesellschaft, Bürger-
     beteiligung in Planungsverfahren, Mediation in Umweltkonflikten und eben auch Schlich-
     tungen durch den Ombudsmann. Viele Banken, Bausparkassen, die Sparkassen sowie die
     meisten deutschen Versicherer und eben auch die SCHUFA haben Ombudsleute. Sie
     schlichten, verhandeln und entscheiden innerhalb der Grenzen des geltenden Rechts und
     ergänzen zugleich unser hochgradig ausdifferenziertes Rechtssystem. Man fragt sich:
     Wie passt das zusammen, was ist das Besondere, und was hat die Entwicklung so erfolg-
     reich vorangetrieben?

     Eine Antwort von berufener Seite lautet: „Die rasante Karriere ihrer Profession verdanken
     Ombudsleute auch einer neuen Einstellung gegenüber Verbrauchern. Sie hat Parallelen in der
     Modernisierung der Gerichtsbarkeit hin zu Elementen des Verhandelns, der Kommunikation
     und der Entformalisierung. Das alles aber macht sie nicht zu einem Teil unserer Gerichtsbarkeit.
     Ihre Tätigkeit hat ihren Eigensinn: Konzentration auf den Einzelfall und dort auf die personalen
     Elemente, Stärkung der Autonomie von Betroffenen in Konfliktlagen sowie Erarbeitung von
     Regeln, welche diese Ziele besser erreichbar machen“.1

     1
       Winfried Hassemer: Gerichtsbarkeiten – Vorläufiges zur Rolle des Ombudsmanns im Rechtsstaat. In: Michael Freytag (Hg.): Verbraucher-
     intelligenz. Kunden in der Welt von morgen. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2012, S. 184-202, hier S. 201-202.
11
I. ombudsarbeIt – eIn VerbraucherpolItIsches Instrument

In der Konzentration auf den Einzelfall, der Entformalisierung, der Stärkung der Autonomie
und Überwindung von Machtungleichgewichten zwischen den Parteien – darin unterscheidet
                                                                                                Stärkung der
sich die Ombudsarbeit von der Gerichtsbarkeit einerseits und von Schlichtungen in Gruppen-
                                                                                                Autonomie
verhandlungen andererseits, z. B. bei Bürgeraufbegehren und in Tarifauseinandersetzungen,
wo große und prinzipiell gleichstarke Gruppen in Blockadesituationen feststecken.

Der Ombudsmann der SCHUFA
Der Ombudsmann der SCHUFA ist gelernter Jurist, er hat im Hauptamt vor allem als Professor
für Rechtstheorie, Rechtssoziologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht, später als landes-
beauftragter für Datenschutz und schließlich als Bundesverfassungsrichter gearbeitet, zuletzt
als Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts.

Winfried Hassemer war nach dem Studium der Rechtswissenschaften zunächst Wissen-
schaftlicher Assistent an den Universitäten in Saarbrücken und München. Sein Forschungs-
interesse galt Fragen des Strafrechts. Die Doktorarbeit trägt den Titel „Tatbestand und Typus
– Untersuchungen zur strafrechtlichen Hermeneutik“. Die Habilitationsschrift verfasste er
über „Theorie und Soziologie des Verbrechens. Ansätze zu einer praxisorientierten Rechtsguts-
lehre“. Ab 1973 lehrte Winfried Hassemer als ordentlicher Professor an der Johann Wolfgang
Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

Im Jahr 1991 übernahm Winfried Hassemer als landesbeauftragter für den Datenschutz
des landes Hessen in der nachfolge von Spiros Simitis eine neue Aufgabe. In Hessen wurde
1970 das erste Datenschutzgesetz der Welt geschaffen. Ziel war es, den Einzelnen davor zu
schützen, durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlich-
keitsrecht beeinträchtigt zu werden. Die spätere Aufgabe als Ombudsmann ist von hier ab
zwar nicht vorgezeichnet, aber erscheint im Rückblick sehr plausibel. Dabei war es sicherlich
kein Umweg, dass Winfried Hassemer im Jahr 1996 als Richter an den Zweiten Senat des
Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe berufen wurde und dort bis 2008 als Vorsitzender
des Zweiten Senats und Vizepräsident wirkte. Sein Dezernat umfasste unter anderem das
Straf- und Strafverfahrensrecht.
12

     I.	Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument

     Als Strafrechtswissenschaftler genießt Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer auch inter-
     national einen hervorragenden Ruf. Er erhielt die Ehrendoktorwürde an fünf Universitäten
     innerhalb und außerhalb Europas und ist Honorarprofessor der Renmin University of China.
     Dass der Professor auch für Laien verständlich machen kann, warum Strafe für den Zusammen-
     halt unserer Gesellschaft wesentlich ist, hat er in einem spannenden und lehrreichen Buch
     dargelegt.2 Seit Juli 2010 ist nun Winfried Hassemer Ombudsmann der SCHUFA.

     Die SCHUFA-Dienstleistung
     Das Kürzel SCHUFA gehört vermutlich zu den bekanntesten Abkürzungen in Deutschland.
     Viele stellen sich darunter etwas vor, was tatsächlich mit der sperrigen Langfassung des
     Namens zu tun hat: „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“. Aber das ist heute
     nur ein Teil der Tätigkeit der SCHUFA. Neben dem ursprünglichen Firmenkundengeschäft
     gibt es inzwischen auch Dienstleistungen für Privatkunden und neben der Öffentlichkeitsarbeit
     auch Beiträge zur fachlichen Information, wissenschaftlichen Diskussion und finanziellen
     Bildung zu dem Themenspektrum Umgang mit Geld und Kredit.

     Es ist doch klar: Wer Waren auf Kredit verkauft oder bei Internetbestellung liefert, muss sicher
     sein, dass die Zahlungen geleistet werden. Das gilt entsprechend bei der Vermietung von
     Kraftfahrzeugen und Wohnungen. Klar ist auch, dass die Nachfrager ebenso ein Interesse an
     der Bestätigung ihrer Zahlungsfähigkeit haben, um möglichst umstandslos und zeitnah zum
     Vertragsabschluss und der gewünschten Leistung – sei es eine Ware, ein Mietobjekt oder eine
     Dienstleistung – zu kommen. Und mehr noch: Auch auf der Nachfrageseite gibt es ein
     objektives Interesse an der möglichst sicheren Abklärung der Bonität der Kunden. Denn die
     Kosten von Zahlungsausfällen müssen kompensiert werden. Es ist nicht auszuschließen,
     dass damit zumindest teilweise die zahlenden Kunden belastet werden. Mit der Weitergabe
     von kreditrelevanten Daten bei Vertragsanbahnungen produziert die SCHUFA folglich
     Vertrauen und trägt damit zu einer besseren Funktionsfähigkeit von Märkten bei. In der
     Fachsprache von Ökonomen heißt das: Verringerung von Transaktionskosten.

     Auch Verbraucher sind an der Zuverlässigkeit ihrer Auftragnehmer interessiert. Das gilt ins-
     besondere für private Bauherren. Wer eine Baufirma oder ein Handwerksunternehmen mit
     größeren Arbeiten beauftragen möchte, hat einen Bedarf an Vertrauen in die Leistungsfähig-
     keit des Anbieters. Anspruchsvolle Bau- und Reparaturarbeiten gehören zu den Vertrauens-
     gütern. Laien haben hier gegenüber den Profis ein erhebliches Wissensdefizit. Für solche
     Fälle bietet die SCHUFA für Privatkunden unternehmensbezogene Daten. Auch hier wird

     2
         Winfried Hassemer: Warum Strafe sein muss. Ein Plädoyer. Ullstein Buchverlage, Berlin 2009.
13
I. ombudsarbeIt – eIn VerbraucherpolItIsches Instrument

Vertrauen produziert. Es ist nicht nur individuell nützlich, sondern stiftet auch marktwirt-
schaftlichen und damit gesellschaftlichen nutzen. Ökonomisch und verbraucherpolitisch
gesprochen wird damit adverse Selektion, also negative Auslese von Anbietern, zumindest
reduziert.

Vertrauen ist das Vertrauensgut an sich. Mit der Produktion von Vertrauen muss glaubhaft
signalisiert werden können, dass das Vertrauen gerechtfertigt ist. Eine ansprechende und
informative Werbung reicht dafür nicht aus. Die SCHUFA bringt sich deshalb öffentlichkeits-
wirksam in die verbandliche, politische und wissenschaftliche Diskussion sowie in die finanzielle
Allgemeinbildung ein. Mit dem Verbraucherbeirat wurde außerdem ein Gremium geschaffen,
in dem Verbraucherthemen an die SCHUFA herangetragen und von unabhängigen Experten
diskutiert werden. Ihm gehören Persönlichkeiten aus Medien, Politik, Unternehmen, Verbänden
und Wissenschaft an.

Die produktiven Verbraucher
Es ist bereits angeklungen: Verbraucher sind nicht ausschließlich das, wofür sie herkömmlich
gehalten werden. Verbraucher sind auch Produzenten.3

Die Ausweitung der SCHUFA-Dienstleistung im Privatkundengeschäft, vor allem die Bereit-
stellung von Firmendaten, folgt konsequent den Wandlungen im Verbraucherverhalten sowie
den Veränderungen der Märkte und steht für ein aufgeklärtes, modernes und pragmatisches                                                    Verbraucher
                                                                                                                                           sind auch
Verbraucherverständnis. Schon lange gilt in einzelnen Bereichen der ökonomischen Theorie
                                                                                                                                           Produzenten
die traditionelle Differenzierung zwischen produzierenden Unternehmen und konsumierenden
Haushalten als überholt. Und ganz praktisch betrachtet ist es ja unbestreitbar, dass in Haus-
halten wie in kleinen Fabriken produziert wird, z. B. verzehrfertige Mahlzeiten, saubere Wäsche,
erzogener nachwuchs.

Die Produktionsleistungen der Haushalte sind auch in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht
etwa weniger geworden, sondern sie haben vielfach ihr Erscheinungsbild, man kann auch
sagen ihre Produktionstechnik, geändert. Seit langem überwiegt der Maschineneinsatz die
Handarbeit in vielen Bereichen der Haushaltsproduktion. Wir erleben heute nach dieser
„industriellen Revolution“ im Haushalt durch Waschmaschine, Mikrowellengerät usw. eine
zunehmend internetbasierte „informationelle Revolution“. Damit wächst der Informations-
bedarf ebenso wie die Möglichkeiten der Informationsverarbeitung.

3
  Michael-Burkhard Piorkowsky: Produktive Verbraucher. In: Michael Freytag (Hg.): Verbraucherintelligenz. Kunden in der Welt von morgen.
Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2012, S. 142-158.
14

     I.	Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument

     Manche Haushalte sind in der Technikausstattung und dem Know-how mit kleinen Firmen
     auf Augenhöhe. Fast alle Privathaushalte sind Auftraggeber, z. B. von Handwerkern und
     Reinigungsunternehmen, manche auch von Bauunternehmen. Immer mehr Eigentümer haben
     Solaranlagen auf dem Dach ihres Hauses installieren lassen und wandeln damit Sonnenlicht
     in Strom um. Der Strom wird teils selber genutzt, teils in das öffentliche Netz eingespeist.
     Sicherlich wurde das vorher durchgerechnet und die betriebswirtschaftliche Seite der An-
     schaffung betrachtet. Diese Haushalte sind also – auch herkömmlich betrachtet – nicht nur
     Konsumenten, sondern zugleich Investoren und Produzenten. Allerdings, so muss hier ergänzt
     werden, können Energie und Materie weder hergestellt noch vernichtet, sondern nur um-
     gewandelt werden; und auch Fabriken sind insofern Produzenten und Konsumenten, d. h.
     Transformationseinrichtungen für Güterumwandlungen zur Erreichung wirtschaftlicher Ziele.
     Mit der Einspeisung des Solarstroms in das öffentliche Netz wird der Verbraucher auch
     nach herkömmlicher Vorstellung Unternehmer.

     Zunehmend lassen sich weitere Beispiele für eine faktische Entgrenzung der Verbraucher-
     rolle finden: Verkäufe auf Internetplattformen „von privat an privat“ und ganz normale klein-
     betriebliche Existenzgründungen gehören dazu. Hier mischen sich Funktionen und Strukturen
     von Haushalt und Unternehmung. Unternehmerische Selbstständigkeit in kleinbetrieblicher
     Form und somit in enger Verzahnung mit dem Haushalt nimmt seit Jahrzehnten zu. Die ganz
     überwiegende Zahl der Unternehmen sind Kleinstbetriebe. Auch das zeigt: Die traditionellen
     Kategorien und Gegensätze von Konsumenten und Produzenten, Haushalten und Unter-
     nehmen sind für die generelle Beschreibung unserer Wirtschaft überholt.

     Kurzum – und um zum Ausgangspunkt zurückzukommen: Die SCHUFA will Vertrauen
     auf Zahlungs- und Leistungssicherheit produzieren. Allerdings können in der realen Welt
     weder Vertrauen noch Sicherheit und auch nicht fehlerfreie Produktion von Datensätzen
     hundertprozentig garantiert werden. In Zweifelsfällen ist der Ombudsmann der SCHUFA
     dafür da, zu klären, ob Produktionsmängel vorliegen und Schlichtungsbedarf besteht,
     den es zu befriedigen gilt. Das ist die Aufgabe von Winfried Hassemer.

     Zur Person: Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky ist Betriebs- und Volkswirt und Professor für Haus-
     halts- und Konsumökonomik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Im Neben- und
     Ehrenamt ist er in verschiedenen Organisationen und Gremien tätig, darunter als Rektoratsbeauftragter
     für Gründung und Entwicklung von Unternehmen an der Universität Bonn, als Vorsitzender des Hilfs-
     kassenausschusses des Senats der Universität Bonn, als Mitglied im Verbraucherbeirat der SCHUFA
     Holding AG und als Stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Deutschland im Plus – Die Stiftung für
     private Überschuldungsprävention.
II. Der SCHUFA Ombudsmann
16
17
II.	Der SCHUFA Ombudsmann

ZUR PERSON prof. dr. DR. HC. MULT. WINFRIED HASSEMER

Jahrgang            1940

Studium             1959 bis 1963 Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg,
                    Genf und Saarbrücken

Abschluss           1967 Promotion bei Arthur Kaufmann in Saarbrücken
                    1970 zweite juristische Staatsprüfung in Mainz
                    1972 Habilitation in München

Tätigkeiten         1970 – 1972 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität in München
                    1973 – heute Professor für Rechtstheorie, Rechtssoziologie,
                    Strafrecht und Strafverfahrensrecht in Frankfurt am Main
                    1991 – 1996 Landesbeauftragter für den Datenschutz des Landes Hessen
                    1996 – 2002 Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe
                    2002 – 2008 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe

Auszeichnungen      1998 Ehrendoktorwürde der Aristoteles-Universität Thessaloniki
                    2001 Ehrendoktorwürde der Bundesuniversität Rio de Janeiro
                    2004 Ehrendoktorwürde der Universität Lusíada Lissabon
                    2005 Ehrendoktorwürde der Universität Pablo de Olavide Sevilla
                    2005 Ernennung zum Honorarprofessor der Renmin University of China
                    2008 Verleihung des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik
                    Deutschland mit Stern und Schulterband
                    2008 Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille
                    2010 Ehrendoktorwürde der National Taipei University Taiwan

SCHUFA Ombudsmann   Seit 1. Juli 2010
18

     II.	Der SCHUFA Ombudsmann

     INTERVIEW MIT DEM SCHUFA OMBUDSMANN:
     „Wer Prävention will, muss kommunizieren.“

     Nachgefragt bei Winfried Hassemer über den Handlungsraum und die Bedeutung von Ombuds-
     stellen. Manchmal ist nicht das Entscheiden der Königsweg, sondern Verhandeln oder Schlichten
     und die unmittelbare Beteiligung von Verbrauchern. Die Ombudsleute von morgen können als
     Brücke zwischen dem komplexen System des Rechts und den konkreten Interessen der Men-
     schen vermitteln. Das macht sie nicht zu einem Teil der Gerichtsbarkeit. Ihre Tätigkeit ist vielmehr
     die Konzentration auf den Einzelfall.

     Herr Professor Hassemer, Sie waren Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts.
     Seit Juli 2010 sind Sie Ombudsmann der SCHUFA. Welchen Eindruck konnten Sie bis-
     her gewinnen?
        Das SCHUFA-Verfahren ist sehr präzise und lässt wenig Spielraum für Interpretationen,
     Auslegungen oder gar für ein Aushandeln von Ergebnissen. Bei 1,4 Millionen erteilten Aus-
     künften an Verbraucher in 2011 ist die Zahl der 367 Eingaben, die ich als Ombudsmann er-
     halten habe, sehr gering. Daher kann man sagen: Das System als Ganzes funktioniert; die
     allermeisten Probleme werden gelöst, bevor der Ombudsmann eingreifen kann.

     Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
        Viele Menschen verstehen noch nicht, was die SCHUFA eigentlich macht. Sie wissen zwar,
     dass unsere Wirtschaft gesicherte und schnelle Auskünfte über Kreditwürdigkeit braucht, und sie
     billigen das auch. Aber über die SCHUFA-Verfahren selbst haben viele noch zu wenig Kenntnis.

     Haben Sie Beispiele aus Ihrer Praxis?
        Ein Schwerpunkt sind die Speicherfristen. Viele verstehen nicht, warum eine Forderung nach
     dem Ausgleich noch für weitere drei Jahre im Datenbestand der SCHUFA gespeichert bleibt.
     Auch, dass es nicht die SCHUFA ist, die jene Daten verursacht, sondern der Verbraucher selbst,
     ist vielen nicht bewusst. Da gibt es noch viel zu tun; denn von diesen Daten und ihren Aus-
     sagen hängt im wirtschaftlichen Leben ja einiges ab.
19
II.	Der SCHUFA Ombudsmann

Was ist zu tun?
   Ich möchte in meiner Funktion als Ombudsmann – außerhalb der
Bearbeitung von Beschwerden – Klarheit über das SCHUFA-Verfahren
schaffen und Missverständnisse über die Rechtslage aus dem Weg räu-
men. So muss man beispielsweise wissen, dass die SCHUFA inhaltlich
nicht nachprüfen kann, ob und inwiefern Verträge zwischen Verbraucher
und Vertragspartner rechtmäßig geschlossen wurden. Sie kann immer
nur klären, ob die äußerlichen Voraussetzungen stimmen, mit denen
Informationen an die SCHUFA übermittelt worden sind.

Was raten Sie bei Beschwerden zum Scoring?
   Ein Score ist zwar in sich statistisch schlüssig und mathematisch „wahr“. Aber viele Verbrau-
cher, die dazu Fragen haben, bekommen oft nur allgemein gehaltene Hinweise. Das lässt sich ver-
bessern. Ich rate ihnen, mit der Bank zu reden. Verbraucher sollten klar machen, wie viel Geld sie
verdienen und was ihre Vermögenslage ist. Die SCHUFA und ihr Scoring sind zwar wichtige
Informanten bei der Kreditvergabe, doch am Ende entscheidet die Bank.

Vielerorts entstehen Ombudsstellen. Warum hat die SCHUFA eine, wo sie doch die
Informationen nachweislich verlässlich speichert und bewertet?
   Ombudsleute gibt es heute überall dort, wo über Verbraucherinteressen entschieden wird
und sich die Einsicht durchgesetzt hat, die unmittelbare Beteiligung der Verbraucher an solchen
Verfahren könne für alle hilfreich sein. Das hat mit einer Verbraucherintelligenz zu tun. Sie ist
eine Antwort auf ein wachsendes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, sich und ihren Fall in
einer immer komplexeren Welt zu Gehör zu bringen, sich verlässlich zu informieren und sich
einzumischen.

Sich einmischen, ist das in einer hochkomplexen Welt einfach möglich? Sie sprachen
an, dass selbst das SCHUFA-Verfahren viele nicht verstehen?
   Das ist in der Tat nicht leicht, und das geht nicht von jetzt auf gleich. Es geht in erster Linie
darum, einen ungehinderten Zugang zu denen zu suchen und zu finden, die das Recht oder doch
die Möglichkeit haben, über die jeweiligen bürgerlichen Interessen zu entscheiden; dazu braucht
man ein einfaches und durchsichtiges Verfahren. Das nützt beiden – zuerst natürlich den
20

     II.	Der SCHUFA Ombudsmann

     Verbrauchern, die ihre Interessen unmittelbar vortragen und einbringen können. Aber auch der
     SCHUFA, die ihre Entscheidung zumindest plausibel machen und notfalls zurücknehmen kann.
     Beide sollten die Chance wirksam wahrnehmen können, um einen Streit oder jedenfalls
     dessen Eskalation zu vermeiden.

     Was empfehlen Sie hier Verbrauchern?
        Die SCHUFA hat in letzter Zeit viele Möglichkeiten für Verbraucher geschaffen, sich einfach
     und schnell über Hintergründe und Einzelheiten ihrer Arbeit und ihrer Ergebnisse zu informieren
     und bessere Gelegenheit zu kritischer Nachzufrage zu geben. Diese Möglichkeiten sollten die
     Verbraucher stärker nutzen, um – gerade bei komplexen Verhältnissen – Durchblick zu be-
     kommen.

     Sie sagen, dass „Verhandeln“ statt „Entscheiden“ ein Kennzeichen der westlichen
     Moderne ist: Letztlich muss aber doch entschieden werden?
                              Stimmt meistens. Kreditinformationen und Kreditentscheidungen ver-
                            langen schon wegen ihrer Bedeutung für unsere Wirtschaft ein großes
                            Maß an Formalisierung, Genauigkeit, Bestimmtheit, Vorhersehbarkeit
                            und Kontrollierbarkeit. Nicht nur deshalb, weil die Instrumente für den
                            Einzelnen besonders kritisch sind, sondern auch, weil die Bedeutung
                            der sozialen Teilhabe in einer kreditbasierten Volkswirtschaft durchaus
                            erheblich sein kann. Dennoch gibt es auch im Schlichtungsverfah-
                            ren der SCHUFA immer wieder Konstellationen, in denen über die
                            Besonderheiten eines Einzelfalls verhandelt werden muss, damit man
                            am Ende zu einem vernünftigen Ergebnis kommt.

     Schränkt das nicht den Handlungraum des SCHUFA Ombudsmannes ein?
        Diese Einschränkung ist der Sinn formalisierter Verfahren. Eines ist klar: Das Interesse von Be-
     schwerdeführern an einer vorzeitigen Löschung von negativen Einträgen liegt fast immer auf der
     Hand. Diesem Interesse aber kann der Ombudsmann nicht einfach aus Kulanz heraus entgegen
     kommen. Schließlich müssen die Informationen der SCHUFA ja auch stimmen. Grundsätzlich
     kann man freilich sagen: Wer, wie es die SCHUFA getan hat, eine Ombudsstelle einrichtet,
21
II.	Der SCHUFA Ombudsmann

beweist damit auch eine moderne Sicht auf die Konzepte von Entscheiden und Verhandeln: Dass
– jedenfalls in komplexen Situationen – nicht das „Entscheiden“ der Königsweg ist, sondern dass
man mit „Verhandeln“, „Schlichten“ oder „Kommunizieren“ bisweilen viel besser zurechtkommt.
Wer darin keinen Sinn sieht, kann es beim Entscheiden belassen; er muss dann nur die Fakten
richtig darstellen und sie gerecht bewerten.

Was nicht im Sinne der SCHUFA ist. Sie will durch Kommunikation Vertrauen in die
Kreditwirtschaft bei Kreditnehmern und Kreditgebern schaffen.
   Das ist durchaus in ihrem Sinne. Vertrauen ist eher eine Frucht von Kommunikation als von
Entscheiden, eher von einer Haltung, welche die jeweils Betroffenen ernst nimmt und auf
die Besonderheiten ihrer Lage eingeht. Dass die kommunikativen Mecha-
nismen gut funktionieren, lässt sich auch an den niedrigen Ausfall-
raten bei Konsumentenkrediten ablesen. So werden 97,5 Prozent aller in
Deutschland ausstehenden Konsumentenkredite vertragsgemäß zu-
rückgezahlt. Auch das belegt und entwickelt Vertrauen. Ein weiterer
Punkt kommt hinzu: die Prävention. Wer Prävention will, muss kommu-
nizieren. Er muss erklären. Wer hingegen nur entscheiden will, kommt
in der Regel mit Daten, Normen und Begriffen zurecht. Das moderne
Ziel der Prävention hingegen verlangt Kontaktaufnahme mit den Betrof-
fenen. In diesen Kontext passt sich der Ombudsmann gut ein.

Werden so nicht die strikten Regeln eines formalisierten Verfahrens unterwandert?
   Unter „Formalisierung“ darf man nicht „Automatik“ verstehen; Formalisierung ist Regeltreue
und Durchsichtigkeit. Selbst die Rechtsprechung ist nicht bloß der „Mund des Gesetzes“, der
nichts weiter zu tun hat als die Worte des Gesetzes getreu in den juristischen Alltag zu überset-
zen, ohne ihnen dabei inhaltlich etwas hinzuzufügen. Auch die Richter leiten ihre Urteile nicht
schlicht aus dem Gesetz ab; vielmehr entscheiden sie ihre Fälle unter dem Gesetz. Sie sind, wie
die Verfassung das bündig auf den Begriff bringt, unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
Unabhängigkeit aber ist im Verfassungstext über die Rechtsprechung nicht der Gegensatz von
Gehorsam, sondern geradezu dessen Voraussetzung.
22

     II.	Der SCHUFA Ombudsmann

     Und Unabhängigkeit ist die zentrale Eigenschaft auch des SCHUFA Ombudsmannes?
       Sie ist elementar – für den Ombudsmann ebenso wie für die Richter. Das liegt daran, dass
     es keine Rechtstexte gibt, welche die jeweiligen Fälle zweifelsfrei entscheiden; immer bedarf es
     einer Übersetzung der Rechtstexte in die Besonderheiten des Einzelfalls, und der Übersetzer darf
                             dabei niemandem sonst folgen als dem Gesetz. Schon die Lebendigkeit
                             unserer Sprache schließt Eindeutigkeit aus. Auf Vollständigkeit der Ge-
                             setzestexte darf man nicht hoffen angesichts der Unabgeschlossenheit
                             der Zukunft. Wir wissen nicht, welche rechtlichen Fragen uns morgen
                             gestellt werden. Immer und überall ist in einer Entscheidungssituation
                             mit dem ernsthaften Einwand zu rechnen, diesen Fall habe der Gesetz-
                             geber gar nicht im Auge gehabt oder er habe ihn jedenfalls nicht ein-
                             deutig entschieden. Auch deshalb können Verhandeln, Kommunikation
                             und Zusammenarbeit mit den Betroffenen wichtig sein. Und sie werden
                             in einer immer komplexeren Welt immer wichtiger werden.

     Wagen Sie bitte einen Blick in die Zukunft der Ombudsleute!
       Bei Streitentscheidungen sehen wir bereits heute an einigen Stellen den Erfolg der Mediation.
     Ich erkenne überzeugende Hinweise, dass das Verhandeln und Schlichten unter bestimmten Be-
     dingungen dem Entscheiden klar überlegen ist. Die Ombudsleute können als Brücke zwischen
     dem komplexen System des Rechts und seiner professionellen Anwendung einerseits und den
     konkreten Interessen der Menschen andererseits vermittelnd und erleichternd wirken. Das al-
     les macht sie freilich nicht zu einem funktionellen Teil unserer Gerichtsbarkeit. Vielmehr hat
     ihre Tätigkeit einen Eigensinn: die Konzentration auf den Einzelfall und dort auf die personalen
     Elemente; die Stärkung der Autonomie von Betroffenen in Konfliktlagen und die Erarbeitung
     von Regeln, die dieses Ziel besser erreichbar machen. Das unterstützt, über die Einzelfälle hinaus,
     die Entwicklung eines Systems von Verfahren und Entscheiden, das den Personen und ihren
     konkreten Interessen nicht selten besser gerecht werden kann als die herkömmlichen Entschei-
     dungsmuster der Gerichtsbarkeit.
23
II.	Der SCHUFA Ombudsmann

Das OmbudsmannVerfahren

Der Ablauf des Ombudsmannverfahrens der SCHUFA ist in einer Verfahrensordnung geregelt.
Das Schlichtungsverfahren kann nur bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einer natürlichen
Person (Verbraucher) und der SCHUFA Holding AG eingeleitet werden. Stehen Beschwerden
im Zusammenhang mit einer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit, können diese nicht
bearbeitet werden.

Voraussetzung für das Ombudsmannverfahren ist, dass der jeweils betroffene Verbraucher
zunächst eine Klärung seines Anliegens mit der SCHUFA angestrebt hat. Konnte hier keine
Einigung erzielt werden, ist es dem Verbraucher freigestellt, einen Antrag auf Eröffnung des
Schlichtungsverfahrens zu stellen. Die Beschwerde muss schriftlich unter Schilderung des Sach-
verhaltes und Beifügung aller relevanten Unterlagen eingereicht werden.

Eine Schlichtung durch den Ombudsmann ist ausgeschlossen, wenn

  der Gegenstand der Beschwerde bereits bei einem Gericht anhängig war oder ist oder
  vom Beschwerdeführer während des Schlichtungsverfahrens anhängig gemacht wird
  ein Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen wurde, weil die beabsichtigte Rechts-
  verfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat oder wenn die Streitigkeit durch außergericht-
  lichen Vergleich beigelegt wurde
  vom Beschwerdeführer eine Strafanzeige wegen des Beschwerdegegenstandes
  erstattet worden ist oder während des Schlichtungsverfahrens erstattet wird
  die Angelegenheit bereits Gegenstand eines Verfahrens bei einer anderen Ombudsstelle
  oder einer sonstigen Gütestelle war oder während des Schlichtungsverfahrens durch
  den Ombudsmann dort anhängig gemacht wird
  der Anspruch bei Anrufung des Ombudsmannes bereits verjährt war.
24

     II.	Der SCHUFA Ombudsmann

     Wie läuft das Verfahren ab?
     Nach Eingang der Beschwerde wird diese zunächst auf Vollständigkeit und Zulässigkeit geprüft.
     Dann werden alle notwendigen internen und externen Maßnahmen getroffen, die zur Klärung
     der Sachlage erforderlich sind. Kommt der Ombudsmann nach Prüfung der Sach- und Rechts-
     lage zu dem Ergebnis, dass der Verbraucher infolge eines Bearbeitungsfehlers einen Nachteil
     erlitten hat, kann er beispielsweise die Korrektur eines Datensatzes veranlassen. Stellt er jedoch
     fest, dass die Verfahrensweise der SCHUFA korrekt war, erläutert er dem Verbraucher den
     Sachverhalt verständlich und nachvollziehbar.

     Wie unterscheidet sich das Ombudsmannverfahren von einem Gerichtsverfahren?
     Der Ombudsmann kann keine Zeugen vernehmen. Das Verfahren ist auf die Unterlagen
     beschränkt, die ihm vorgelegt werden. Allerdings kann der Ombudsmann im Falle offener
     Fragen oder fehlender Unterlagen diese zur Aufklärung des Sachverhaltes noch nach-
     träglich anfordern. Der Beschwerdeführer erhält damit eine weitere Gelegenheit, die Infor-
     mationen zu vervollständigen.

     Ist der Ombudsmann an Weisungen der SCHUFA gebunden?
     Der Ombudsmann ist an keinerlei Weisungen durch die SCHUFA gebunden. Mit Winfried
     Hassemer übernimmt eine Persönlichkeit mit überragender juristischer Fachkompetenz
     und hoher, auch internationaler Reputation die Aufgabe des unabhängigen Schlichters bei
     der SCHUFA. Neutralität und Unabhängigkeit sind für ihn integrale Bestandteile seiner
     Arbeit als Ombudsmann – auch durch seine langjährige Tätigkeit als Richter des Bundes-
     verfassungsgerichts. Außerdem berichtet er regelmäßig dem SCHUFA Verbraucherbeirat,
     der als eine weitere unabhängige Institution der SCHUFA die Interessen der Verbraucher
     in den Mittelpunkt stellt.
25
II. der schuFa ombudsmann

Verfahren des SCHUFA Ombudsmannes
                                                                            Schiedsspruch
                                                                    3c      des Ombudsmannes
                                                                            und Mitteilung an
                                                                            den Verbraucher

                                                                              Vorlage beim Ombuds-
                                                                      3b      mann, Prüfung des Falles
                                                                              und bisherigen Schrift-
                                                                              verkehrs

                                                                           Zulässige Beschwerde
                                                                  3a       (z. B. vorheriger Klärungs-
                                                                           versuch mit SCHUFA ist
                                                       ®

                                                                           erfolgt)
                                Prüfung des
            Einreichen einer       Falles auf
                                Zulässigkeit
                schriftlichen
                Beschwerde
                                                              ®
                                         2
              beim SCHUFA
                                                       4a                     4b
              Ombudsmann                        ®                              Weiterleitung
                         1                             Unzulässige
                                                                               des Falles an SCHUFA-
                                                       Beschwerde
                                                                               Verbraucherservice
                                                       (z. B. vorheriger
                                                                               oder Rückgabe an
                                                       Klärungsversuch
                                                                               den Verbraucher
                                                       mit SCHUFA ist
                                                       nicht erfolgt)

                                                                                        SCHUFA Holding AG

Vorteile für den Verbraucher
  Das Ombudsmannverfahren ist schnell, effizient und unbürokratisch.
  Das Verfahren ist für den Verbraucher kostenfrei. Zu tragen sind lediglich die eigenen
  Ausgaben wie Porto, Telefon etc.
  Dem Verbraucher entstehen keine Rechtsnachteile, er ist nicht verpflichtet,
  den Schlichtungsvorschlag des Ombudsmannes anzunehmen. Der Weg vor ein
  ordentliches Gericht steht ihm nach wie vor offen.
  Für die SCHUFA ist der Schlichtungsspruch bindend bis zu einem Streitgegenstand
  von 2.500 Euro.
III. Bericht des
SCHUFA Ombudsmannes
28

     III.	Bericht des SCHUFA Ombudsmannes

     Jahresrückblick 2011

     Im Berichtsjahr 2011 wandten sich 367 Verbraucher mit ihrem Anliegen an den Ombudsmann
     der SCHUFA. Seitdem Winfried Hassemer seine Tätigkeit als Ombudsmann am 1. Juli 2010
     aufgenommen hat, ist die Zahl der Verbraucheranfragen gestiegen: von 146 Anfragen in den
     ersten sechs Monaten (1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2010) auf 190 Anfragen im Vergleichs-
     halbjahr vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011.

     Von den 367 Anliegen im gesamten Berichtsjahr 2011 waren 245 Fälle insofern zulässig, als die
     Verbraucher den zunächst erforderlichen Klärungsversuch mit dem internen Verbraucherservice
     der SCHUFA bereits unternommen hatten. Hingegen waren 122 Fälle nicht zulässig, weil die
     notwendige Kontaktaufnahme mit dem Verbraucherservice im Vorfeld des Schiedsverfahrens
     nicht stattgefunden hatte. In diesen Fällen hat der Ombudsmann die Beschwerde zur Bearbei-
     tung an die zuständige Abteilung innerhalb der SCHUFA weitergeleitet und den Verbraucher
     schriftlich darüber informiert.

     Anzahl Beschwerden (1.1.2011 – 31.12.2011)
     Gesamtzahl der eingegangenen Beschwerden: 367

     Zulässige                                                   Unzulässige
     Beschwerden:                                              Beschwerden:
     245                                                                122

                                                            ® 180 Männer
                                                                   65 Frauen
29
III. berIcht des schuFa ombudsmannes

Im Folgenden werden die beim Ombudsmann eingegangenen Beschwerden nach Alter
und Geschlecht der Verbraucher, nach dem gewählten Kommunikationsweg und dem
Gegenstand der Beschwerde näher beleuchtet.

Die Auswertung nach Alter und Geschlecht zeigt, dass sich mit 180 von insgesamt 245
zulässigen Anmerkungen dreimal mehr Männer an den unabhängigen Ombudsmann
gewendet haben. 65 Anträge auf ein Schlichtungsverfahren wurden von Frauen eingereicht.

Am häufigsten sind Verbraucher im Alter von 41 bis 60 Jahren mit ihren Anliegen an
den Ombudsmann herangetreten, nämlich insgesamt 128 Personen. In der Alters-
gruppe von 21 bis 40 Jahren waren es 79 Personen, und zwischen 61 und 80 Jahren
lediglich 36 Personen. Aus der jüngsten und der ältesten Altersgruppe, der 18- bis
20-jährigen und der 81- bis 100-jährigen, wurde jeweils nur eine Beschwerde eingereicht.

Zulässige Anmerkungen / Alter der Beschwerdeführer

150

                                          128

100
                           79

 50

                                                          36
            1                                                             1
  0
         18 - 20         21 - 40        41 - 60         61 - 80        81 - 100      Jahre
30

     III. berIcht des schuFa ombudsmannes

     Brief und Fax überwiegen als Kommunikationsmittel
     Wie im vorherigen Kapitel zum Ombudsmannverfahren der SCHUFA erläutert, können die
     Beschwerden nur schriftlich unter Schilderung des Sachverhaltes und Beifügung aller
     relevanten Unterlagen eingereicht werden. Knapp die Hälfte der Verbraucher (118 von 245)
     entschied sich für Brief oder Fax als Kommunikationsweg. Das Online-Kontaktformular
     auf der Website des SCHUFA Ombudsmannes nutzten 90 Personen; 37 der Antragsteller
     wandten sich via E-Mail an den Ombudsmann.

     Zulässige Anmerkungen / Kommunikationswege

     150

                        118
     100                                         90

      50
                                                                            37

       0
                     Brief/Fax             Online-Formular                E-Mail

     Beschwerdegegenstände
     Mit 138 Fällen beinhaltete ein Großteil der eingegangenen Verbraucheranliegen Anträge auf
     die vorzeitige löschung von negativen Einträgen. 53 Verbraucher hatten Informationsbedarf
     oder konkrete Fragen zum Thema Scoring. Die sonstigen 54 Anliegen beinhalteten im Wesent-
     lichen die Aspekte:

           Beschwerden zu SCHUFA-Produkten
           Falsch gespeicherte Merkmale
           Zu spät gemeldete oder fehlende Merkmale
           Allgemeine Fragen zum Datenbestand oder Datenschutz
31
III. berIcht des schuFa ombudsmannes

Zulässige Anmerkungen / Anmerkungsursachen

          Antrag auf                                                                                       Anliegen und
          Löschung negativer                                                                                Fragen zum
          Einträge: 138                                                                                      Scoring: 53

                                                                                                            Sonstiges: 54

Antrag auf Löschung negativer Einträge1
Am häufigsten wandten sich Verbraucher mit dem Anliegen nach vorzeitiger löschung
negativer Einträge an den Ombudsmann. Was vielen Verbrauchern nicht klar ist: Auch der
Ombudsmann muss sich an die gesetzlich geregelten Speicherfristen halten. Eine löschung
aus Kulanz, Mitleid oder anderen Gründen ist ihm nicht möglich. Denn der Sinn und Zweck
eines Kreditinformationssystems ist die Vollständigkeit des Datenbestandes. Es muss so
organisiert sein, dass die übermittelten Informationen insgesamt ein möglichst vollständiges
und aktuelles Bild der Kreditwürdigkeit bieten.

Die gesetzlich vorgegebene Speicherfrist des Bundesdatenschutzgesetzes (§35 Abs. 2 Satz 2
nr. 4 BDSG) besagt Folgendes:

 „Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn…
… sie geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung verarbeitet werden und eine Prüfung
jeweils am Ende des vierten, soweit es sich um Daten über erledigte Sachverhalte handelt
und der Betroffene der Löschung nicht widerspricht, am Ende des dritten Kalenderjahres
beginnend mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt, ergibt, dass eine
längerwährende Speicherung nicht erforderlich ist.“

1
  Bei negativen Einträgen handelt es sich um nicht vertragsgemäß abgewickelte Geschäfte, wie z. B. Salden aus gesamtfällig gestellten (gekündigten)
oder titulierten Forderungen, oder um Informationen aus öffentlichen Quellen wie z. B. Eidesstattliche Versicherungen, Haftbefehle oder Insolvenzen.
32

     III. berIcht des schuFa ombudsmannes

     Mehrfach wurden auch Fragen zu den Speicherfristen von Insolvenzmerkmalen an den Om-
     budsmann herangetragen.2 Grundsätzlich werden die Angaben über Insolvenzen gemäß
     der Veröffentlichung der zuständigen Insolvenzgerichte für die gesamte Dauer des Verfahrens
     und nach Abschluss noch drei volle Kalenderjahre (d. h. mit Ablauf des 31.12. im dritten
     Jahr nach der Übermittlung) im SCHUFA-Datenbestand gespeichert. Bei der Abweisung eines
     Insolvenzantrags mangels Masse beträgt die löschungsfrist des Eintrags im SCHUFA-Daten-
     bestand, gemäß § 26 Abs. 2 Insolvenzordnung, fünf Jahre.

     Die Funktion einer Auskunftei als Schutzorganisation der Wirtschaft kann nur dann ausgeübt
     werden, wenn sie vollständige und aktuelle Informationen über das zurückliegende und laufen-
     de wirtschaftliche Verhalten von Wirtschaftsteilnehmern hat. Vor diesem Hintergrund kommen
     vorzeitige löschungen von datenschutzrechtlich zulässig eingemeldeten und sachlich zutref-
     fenden Eintragungen grundsätzlich nicht in Betracht.

     Einen Sonderfall hinsichtlich der Speicherfristen stellen Forderungen dar, die unter 1.000 Euro
     liegen und die kurzfristig ausgeglichen wurden.

     Verkürzte Speicherfrist bei kurzfristigem Zahlungsausgleich
     Um Bürgern die Chance zu geben, kurzfristige Zahlungsstörungen in ihrer langfristigen
     Wirkung positiv zu beeinflussen, hat die SCHUFA seit dem 1. Januar 2007 eine neuerung
     bei den Speicherfristen eingeführt. Unter bestimmten Voraussetzungen löscht die SCHUFA
     einen negativen Eintrag vorzeitig. Seit diese Regelung in Kraft getreten ist, konnte die
     SCHUFA mehr als 56.000 Menschen auf diese Weise entgegenkommen.

     Voraussetzungen für eine vorzeitige Löschung
                Offene, ausreichend gemahnte und unbestrittene Forderung
                Keine titulierte Forderung wie z. B. Vollstreckungsbescheid
                Erstmals nach dem 1. Januar 2007 gemeldet
                Forderungsbetrag nicht mehr als 1.000 Euro
                Forderung wurde innerhalb eines Monats beglichen und
                der SCHUFA vom Gläubiger als beglichen gemeldet

     2
       Die SCHUFA entnimmt die Informationen über Verbraucherinsolvenzverfahren den öffentlichen Bekanntmachungen der Insolvenzgerichte.
     Beschlüsse über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und zur Restschuldbefreiung werden im Bundes- und Staatsanzeiger sowie im
     Internet veröffentlicht.
33
III. berIcht des schuFa ombudsmannes

Anliegen und Fragen zum Scoring
Der Ombudsmann wertet die teils intensiven Verbraucherkontakte zum Thema Scoring als
sehr positiv. Sie zeigen, dass auch die eigens eingerichteten Kommunikationswege der SCHUFA
                                                                                                  Intensive
(www.meineSCHUFA.de, www.scoring-wissen.de, www.SCHUFA.de) genutzt werden, um
                                                                                                  Verbraucher-
sich Informationen zu beschaffen, Verständnisfragen zu stellen oder persönliche Probleme im       kontakte
Finanzalltag konstruktiv anzugehen. Im Privatkunden ServiceCenter der SCHUFA in Köln              zum Thema
hatten von den rund eine Million Anrufern in 2011 etwa 20.000 Anrufer Fragen zum Scoring.         Scoring

Davon wurden 3.845 komplexe Sachverhalte von einem speziell geschulten Mitarbeiter-
team der SCHUFA schriftlich beantwortet.

Grundsätzlich wertet der SCHUFA Ombudsmann Scoring als ein gutes und notwendiges
Instrument zur Bonitätsprüfung. Denn mit Hilfe des Scorings werden automatisierte,
statistische Auswertungen täglich bei mehreren hunderttausend Geschäften und wirtschaft-
lichen Entscheidungsprozessen beschleunigt und aussagekräftig unterstützt. Dennoch
weist Scoring ein strukturelles Problem auf: Auf der einen Seite bestehen für den Antragsteller
Vorteile durch eine schnelle und unkomplizierte Kreditentscheidung. Anderseits kann eine
Ablehnung auch als existenzielles Problem wahrgenommen werden. Außerdem sind aufgrund
der komplexen, mathematisch-statistischen Berechnungsmethoden allgemeine Verständnis-
probleme festzustellen. Hinzu kommt, dass vielen Verbrauchern nicht verständlich ist, welche
weiteren Voraussetzungen und Informationen, über den Score hinaus, vorliegen müssen,
damit Kreditinstitute verlässlich Kreditentscheidungen treffen können. So ist beobachtbar,
dass das Scoring in der Wahrnehmung des Verbrauchers häufig undifferenziert als alleiniges
Bonitätsurteil empfunden wird, während im Kreditentscheidungsprozess in der Regel meist
eine Reihe anderer Faktoren, wie die individuellen Haushalts- und Einkommensdaten,
eine weitaus größere Rolle spielen.

Aus Sicht des Ombudsmannes tritt bei den Verbrauchern hinsichtlich des Themas Scoring
eine Differenz zwischen „Alltagsrealität“ und „finanzmathematischer Realität“ hervor.
Allein durch den versicherungstechnisch neutralen Begriff „Risiko“ fühlen sich viele
Verbraucher falsch verstanden. Diese strukturelle, von fehlendem Verständnis und fehlender
Differenziertheit gekennzeichnete Situation hat der Ombudsmann zum Anlass genommen,
sich intensiv in die Arbeit des SCHUFA Verbraucherbeirats einzubringen. Er hat bei der
SCHUFA einen Arbeitskreis initiiert, der sich speziell mit dem Thema Scoring befasst und
eine Optimierung der SCHUFA-Materialien zum Scoring mit verständlichen und kunden-
nahen Formulierungen angeregt.
34

     III. berIcht des schuFa ombudsmannes

     Berechtigte Anliegen

     Von den 245 zulässigen Beschwerden im Jahr 2011 waren 29 Verbraucheranliegen berechtigt.
     Das heiß: 29 mal ging das Verfahren zugunsten des Verbrauchers aus, seinem Antrag wurde
     stattgegeben.

     ® Dabei lag in 14 Fällen eine fehlerhafte Meldung von einem Vertragspartner der SCHUFA vor.
     ® In 12 Fällen war ein Bearbeitungsfehler der SCHUFA festzustellen.
     ® Bei den restlichen drei Anmerkungen konnte ein konkreter Fehler nicht zugeordnet werden.
     Dies geschieht nur in sehr wenigen Einzelfällen, wenn beispielsweise ein Missverständnis in
     der Kommunikation vorgelegen hat, oder etwa namen missbräuchlich verwendet wurden.

     In den übrigen 216 zulässigen Beschwerden wurde die Entscheidung, die im Vorfeld vom
     SCHUFA Verbraucherservice getroffen wurde, auch vom Ombudsmann als unabhängige Stelle
     bestätigt. Häufig auftretende Missverständnisse, etwa zu Aufgaben und Handlungsrahmen
     des SCHUFA Ombudsmannes oder Fehleinschätzungen der Rechtslage, erläuterte Winfried
     Hassemer den Verbrauchern ausführlich in schriftlicher Form.
35
III. berIcht des schuFa ombudsmannes

FAZIT

Um eine Bewertung der vorgelegten Zahlen vornehmen zu können, ist eine Betrachtung der
Relation mit den Unternehmenszahlen der SCHUFA notwendig. Die SCHUFA speichert
479 Millionen Informationen zu 66 Millionen Personen. Im Jahr 2011 haben 1,4 Millionen
Verbraucher eine Auskunft über die zu ihrer Person bei der SCHUFA gespeicherten Daten er-
halten. Angesichts dieser Dimensionen sind die im Jahr 2011 beim Ombudsmann ein-
gegangenen 367 Verbraucheranliegen als sehr gering zu werten. Zum Vergleich: Das in Köln
ansässige Privatkunden ServiceCenter der SCHUFA hat im Berichtsjahr 1.026.136 Anrufe
registriert. Im Verbraucherservicezentrum der SCHUFA in Hannover sind im selben Zeitraum
insgesamt 373.262 schriftliche Anmerkungen2 eingegangen.

Eckzahlen der SCHUFA in 2011

�      Auskünfte an Verbraucher: 1,4 Millionen

�      Personen, zu denen Daten gespeichert sind: 66,2 Millionen
�
�      Anzahl der gespeicherten Informationen: 479 Millionen

�      Unternehmen, zu denen Daten gespeichert sind: 3,9 Millionen

�      Privatkunden: 1,2 Millionen

�      Vertragspartner: 7.000

Eine Kernaufgabe des Ombudsmannes liegt in der verständlichen Erläuterung der SCHUFA-
Prozesse und der einzelnen Speicherfristen, die vielen Verbrauchern nicht bekannt sind.
Die vergleichsweise niedrige Fallzahl des SCHUFA-Ombudsmannes – im Unterschied zu den
Schiedsstellen anderer Branchen – ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die Regularien der
SCHUFA sehr detailliert durch das Bundesdatenschutzgesetz definiert sind und kaum Spiel-
raum für Auslegungen und Interpretationen bieten. Andererseits zeigt das Ergebnis auch, dass
der interne Verbraucherservice der SCHUFA sehr effektiv funktioniert, und die Mehrzahl der
Anfragen oder Reklamationen von Verbrauchern bereits hier abschließend bearbeitet werden.

2
    Dieser Wert bezieht sich auf die Zahl der Anmerkungen und nicht auf die Zahl der Kunden, die meist mehrere Anmerkungen haben.
36

     III.	Bericht des SCHUFA Ombudsmannes

     Schlichtungssprüche

     Bei den aufgeführten, beispielhaften Verbrau-      dig vorgelegen haben. Zu diesem Zweck wird
     cheranliegen handelt es sich um Beschwerde-        dem Vertragspartner in der Regel ein schrift-
     gegenstände, die so oder ähnlich in Anträgen       liches Formulare zugesandt, in dem die zu erfül-
     an den Ombudsmann beschrieben werden. In           lenden Voraussetzungen (§ 28a Abs. 1 BDSG)
     anonymisierter Form sollen sie dabei helfen,       für eine Meldung an die SCHUFA abgefragt
     die Tätigkeit des Ombudsmannes bei der             werden. Die Prüfung der gesetzlichen Melde-
     SCHUFA zu veranschaulichen.                        voraussetzungen im beschriebenen Fall ergab,
                                                        dass diese vorlagen.
     A) Meldung titulierter Altforderungen              Aber:
     Ein Verbraucher gibt an, dass er kürzlich in dem   Zusätzlich zu den gesetzlichen Meldevoraus-
     über seine Person bei der SCHUFA gespeicher-       setzungen des § 28a Abs. 1 BDSG sieht das
     ten Datenbestand die Eintragung einer offenen      SCHUFA-Verfahren vor der Meldung titulierter
     Forderung bemerkt hat. Bei der Ursprungsfor-       Altforderungen, die älter als 1. Januar 2007
     derung handelte es sich um eine bereits im Jahr    bzw. älter als drei Jahre sind, eine erneute
     2003 titulierte Hauptforderung eines Energie-      Zahlungsaufforderung vor, verbunden mit dem
     versorgers, die später an ein Inkassounterneh-     Hinweis auf die bevorstehende Übermittlung
     men abgegeben wurde. Die Meldung wurde             an die SCHUFA. Wird die Forderung vom
     von dem Inkassounternehmen erst im Jahr 2011       Schuldner nach dieser Zahlungsaufforderung
     veranlasst. Die Forderung wurde also erstmals      nicht innerhalb von zwei Wochen beglichen,
     acht Jahre nach der Titulierung der SCHUFA         kann die Forderung an die SCHUFA übermit-
     gemeldet. Der Verbraucher bestätigt zwar,          telt werden. Dies war im vorliegenden Fall
     dass die Forderung grundsätzlich korrekt ist,      jedoch nicht geschehen. Daher gab der Om-
     beantragt jedoch die Löschung des Eintrags, da     budsmann dem Anliegen des Verbrauchers
     zwischen Titulierung und erstmaliger SCHUFA-       statt und veranlasste die Löschung der Forde-
     Meldung ein beträchtlicher Zeitabstand liegt.      rung aus dem SCHUFA-Datenbestand.
     Darüber hinaus habe weder der Ursprungs-
     gläubiger, noch das Inkassounternehmen vor         B) Keine Bewertung von Vertragsinhalten
     der Meldung an die SCHUFA Kontakt zu ihm           Der Verbraucher trägt vor, dass er im Auftrag
     aufgenommen.                                       seines ehemaligen Arbeitgebers einen Mobil-
                                                        funkvertrag mit einem Telekommunikations-
     Der Ombudsmann veranlasste bei dem ent-            unternehmen abgeschlossen hatte. Er sei jedoch
     sprechenden Inkassounternehmen zunächst die        nur Handlungsbevollmächtigter gewesen, die
     Prüfung, ob die Meldevoraussetzungen zum           sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtun-
     Zeitpunkt der Meldung an die SCHUFA vollstän-      gen, wie etwa die Bezahlung der Rechnungen,
37
III.	Bericht des SCHUFA Ombudsmannes

erfolgte zunächst vollumfänglich seitens der       Zunächst wurden alle vom Verbraucher vor-
Firma. Das Unternehmen war nicht in Deutsch-       gelegten Unterlagen sorgfältig geprüft und
land   ansässig,   sondern   im   europäischen     kontrolliert, ob der Vertragspartner die Mel-
Ausland. Nach einiger Zeit wurde das Unter-        devoraussetzungen korrekt eingehalten hatte.
nehmen insolvent und auch die Rechnungen           Die schriftliche Rückfrage ergab, dass die For-
des Mobilfunkvertrages nicht mehr bezahlt.         derung sachlich richtig und unter Einhaltung
Nachdem einige Rechnungen offen geblieben          der Meldevoraussetzungen erfolgt war. So
waren, wandte sich das Telekommunikations-         war der Verbraucher vor der Meldung an die
unternehmen mit seinen Zahlungsaufforderun-        SCHUFA ausreichend und fristgerecht gemahnt
gen direkt an den Verbraucher. Denn er sei,        sowie über die mögliche Übermittlung an
als Unterzeichner des Vertrages, rechtlich ge-     die SCHUFA informiert worden, außerdem
sehen für diesen verantwortlich und hafte in       hatte er die Forderung vor der ersten Ein-
voller Höhe für alle offenen Beträge. Der Ver-     meldung nicht bestritten. Aufgrund der vor-
braucher verwies jedoch auf seinen ehemaligen      liegenden Informationen war daher von der
Arbeitgeber und weigerte sich zunächst, die        Zulässigkeit   der   Speicherung   auszugehen.
offenen Forderungen auszugleichen. Der An-         Dem Anliegen des Verbrauchers konnte in
bieter meldete sodann die offene Forderung         diesem Fall vom Ombudsmann nicht nachge-
an die SCHUFA.                                     kommen werden.

Letztendlich zahlte der Verbraucher den For-       Der Ombudsmann kann grundsätzlich nur
derungsbetrag, der dann in seinem Datenbe-         prüfen, ob die Voraussetzungen stimmen, mit
stand auch als erledigt gekennzeichnet, jedoch     denen Informationen an die SCHUFA über-
nicht gelöscht wurde. Gemäß der gesetzlichen       mittelt werden – also ob die Merkmale sach-
Speicherfristen bleiben Einträge über nichtver-    lich korrekt und unter Einhaltung der Melde-
tragsgemäßes Verhalten – unabhängig davon,         voraussetzungen erfolgt sind. Unter welchen
ob die Forderung inzwischen ausgeglichen           Umständen der Vertrag zwischen dem Ver-
wurde – noch drei volle Kalenderjahre bei der      braucher und dem Vertragspartner geschlossen
SCHUFA gespeichert und werden dann auto-           wurde, zu den vertraglichen Konditionen und
matisch gelöscht. Nach mehreren erfolglosen        der Abwicklung liegen dem Ombudsmann
Versuchen bei der SCHUFA, den negativen            keine Informationen vor und er kann sich da-
Eintrag vorzeitig löschen zu lassen, wandte sich   zu nicht äußern – ebenso wenig wie zu den
der Verbraucher an den Ombudsmann, mit der         Hintergründen und Sachverhalten der jeweiligen
Bitte um vorzeitige Löschung des Eintrages im      wirtschaftlichen oder persönlichen Situation
Rahmen einer Einzelfallentscheidung.               des Verbrauchers.
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