SCHUFA Ombudsmann Tätigkeitsbericht 2011
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SCHUFA Ombudsmann Tätigkeitsbericht 2011
SCHUFA Ombudsmann Tätigkeitsbericht 2011 FEBRUAR 2012
Inhaltsverzeichnis Vorwort Dr. Michael Freytag 6 Vorsitzender des Vorstandes der SCHUFA Holding AG I. Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky 10 Professor für Haushalts- und Konsumökonomik, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn II. Der SCHUFA Ombudsmann Zur Person: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer 17 Interview mit dem SCHUFA Ombudsmann: „Wer Prävention will, muss kommunizieren.“ 18 Das Ombudsmannverfahren 23 III. Bericht des SCHUFA Ombudsmannes Jahresrückblick 2011 28 Fazit 35 Schlichtungssprüche 36 IV. Scoring als Investition für Geschäftsbeziehungen Prof. Dr. André Habisch 42 Professor für Unternehmensethik, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Anhang: Gesetzliche Grundlagen für Auskunfteien 48
6 Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, die Funktion unabhängiger Schlichtungsstellen gewinnt in der Wirtschaft zunehmend an Bedeutung. Auch für die SCHUFA Verbraucher- kommunikation ist der Ombudsmann ein wichtiger Bestandteil. Als neutrale und für den Verbraucher kostenfrei arbeitende Schlichtungs- stelle ist der Ombudsmann eine Brücke des Unternehmens zum Verbraucher. Er arbeitet im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften unabhängig und ist an keine Weisungen gebunden. Transparenz steht im Mittelpunkt unseres Verbraucherkonzeptes. Zunehmend mehr Menschen wissen um die Bedeutung, dass ihre eigenen Bonitäts- daten bei einem verlässlichen und seriösen Partner wie der SCHUFA gut aufgehoben sind. So hat unser Privatkundenportal www.meineSCHUFA.de bereits 1,2 Millionen registrierte Nutzer. Lange vor der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes hat die SCHUFA mit dem Start der Internet- plattform im Jahr 2005 einen wesentlichen Beitrag zu mehr Verbraucher- transparenz auf dem Markt der Auskunfteien geleistet. Zur größtmöglichen Offenheit gehören aber nicht nur öffentliche und jederzeit zugängliche Informationskanäle, sondern auch die Bestellung eines unabhängigen Ombudsmannes. Die hochrangige Besetzung dieser Position mit Professor Winfried Hassemer wird allen Anforderungen gerecht, die mit dieser verantwortungsvollen Position verbunden sind. Der ehemalige
7 Vorwort Datenschutzbeauftrage des Landes Hessen und Vizepräsident des Bundes- verfassungsgerichts a. D. vermittelt kompetent und wirkungsvoll bei Differenzen oder Missverständnissen zwischen Verbrauchern, der SCHUFA und deren Vertragspartnern. Die 367 registrierten Fälle des Ombudsmannes im Berichtsjahr 2011 sind in Relation zu den von der SCHUFA gespeicherten 479 Millionen Informationen zu 66 Millionen Personen zu setzen. Angesichts dieser Datenmenge sind die zwölf auf Seiten der SCHUFA festgestellten Bearbeitungsfehler marginal. In genau solchen Fällen kann der Ombudsmann helfen. Als Bilanz seiner Tätigkeit für den Berichtszeitraum 2011 können wir festhalten: Die SCHUFA funktioniert als Schutzpatron für Wirtschaft und Verbraucher sehr gut. Die Bedeutung des Ombudsmannes lässt sich nicht allein quantitativ an- hand der bearbeiteten Fälle oder Schiedssprüche ablesen. Vielmehr vermittelt der vorliegende Tätigkeitsbericht die besondere Qualität der Schlichtungs- tätigkeit von Professor Winfried Hassemer. Sein Wirken zielt stets darauf ab, trotz komplexer rechtlicher Zusammenhänge eine verständliche wie rechts- sichere Kommunikation für Verbraucher und die SCHUFA zu entwickeln. Dies ist in nachhaltiger Weise gelungen. Ihr Dr. Michael Freytag Vorsitzender des Vorstandes der SCHUFA Holding AG
I. Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument
10 I. Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument Ombudsarbeit – ein verbraucherpolitisches Instrument Von Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky Das Prinzip Ombudsmann Das „Prinzip Ombudsmann“ hat der Ombudsmann der SCHUFA, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer, genial einfach auf den Punkt gebracht: „Schlichten statt richten“. Als ich zum ersten Mal von der Tätigkeit von Ombudsleuten gehört habe, war ich etwa zwölf Jahre alt. Das war Ende der 1950er Jahre. Es waren Berichte über Skandinavien, insbesondere Schweden, wo die Ombudsarbeit erstmals institutionalisiert worden ist. In unserer Familie wurde das in einen Zusammenhang mit Speakers` Corner im Londoner Hyde Park eingeordnet. Nach der Zeit der Nazi-Diktatur und in Zeiten der „Diktatur des Proletariats“ in der DDR war es mehr als ein Hoffnungsschimmer auf die Möglichkeit, ja Notwendigkeit, der Modernisierung und Kultivierung gesellschaftlicher Verhältnisse auch in Deutschland. Nach und nach gewannen gesellschaftliche Modernisierungstendenzen an Einfluss. Neue politische Programme, neue Lebensweisen, soziale Innovationen und neue Institutionen konnten sich Geltung verschaffen und durchsetzen. Beispielhaft seien hier als Stichworte genannt: „Mehr Demokratie wagen!“, Individualisierung der Lebensverläufe, Pluralisierung der Lebensformen, Ausdifferenzierung der nivellierten Mittelstandsgesellschaft, Bürger- beteiligung in Planungsverfahren, Mediation in Umweltkonflikten und eben auch Schlich- tungen durch den Ombudsmann. Viele Banken, Bausparkassen, die Sparkassen sowie die meisten deutschen Versicherer und eben auch die SCHUFA haben Ombudsleute. Sie schlichten, verhandeln und entscheiden innerhalb der Grenzen des geltenden Rechts und ergänzen zugleich unser hochgradig ausdifferenziertes Rechtssystem. Man fragt sich: Wie passt das zusammen, was ist das Besondere, und was hat die Entwicklung so erfolg- reich vorangetrieben? Eine Antwort von berufener Seite lautet: „Die rasante Karriere ihrer Profession verdanken Ombudsleute auch einer neuen Einstellung gegenüber Verbrauchern. Sie hat Parallelen in der Modernisierung der Gerichtsbarkeit hin zu Elementen des Verhandelns, der Kommunikation und der Entformalisierung. Das alles aber macht sie nicht zu einem Teil unserer Gerichtsbarkeit. Ihre Tätigkeit hat ihren Eigensinn: Konzentration auf den Einzelfall und dort auf die personalen Elemente, Stärkung der Autonomie von Betroffenen in Konfliktlagen sowie Erarbeitung von Regeln, welche diese Ziele besser erreichbar machen“.1 1 Winfried Hassemer: Gerichtsbarkeiten – Vorläufiges zur Rolle des Ombudsmanns im Rechtsstaat. In: Michael Freytag (Hg.): Verbraucher- intelligenz. Kunden in der Welt von morgen. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2012, S. 184-202, hier S. 201-202.
11 I. ombudsarbeIt – eIn VerbraucherpolItIsches Instrument In der Konzentration auf den Einzelfall, der Entformalisierung, der Stärkung der Autonomie und Überwindung von Machtungleichgewichten zwischen den Parteien – darin unterscheidet Stärkung der sich die Ombudsarbeit von der Gerichtsbarkeit einerseits und von Schlichtungen in Gruppen- Autonomie verhandlungen andererseits, z. B. bei Bürgeraufbegehren und in Tarifauseinandersetzungen, wo große und prinzipiell gleichstarke Gruppen in Blockadesituationen feststecken. Der Ombudsmann der SCHUFA Der Ombudsmann der SCHUFA ist gelernter Jurist, er hat im Hauptamt vor allem als Professor für Rechtstheorie, Rechtssoziologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht, später als landes- beauftragter für Datenschutz und schließlich als Bundesverfassungsrichter gearbeitet, zuletzt als Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Winfried Hassemer war nach dem Studium der Rechtswissenschaften zunächst Wissen- schaftlicher Assistent an den Universitäten in Saarbrücken und München. Sein Forschungs- interesse galt Fragen des Strafrechts. Die Doktorarbeit trägt den Titel „Tatbestand und Typus – Untersuchungen zur strafrechtlichen Hermeneutik“. Die Habilitationsschrift verfasste er über „Theorie und Soziologie des Verbrechens. Ansätze zu einer praxisorientierten Rechtsguts- lehre“. Ab 1973 lehrte Winfried Hassemer als ordentlicher Professor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Im Jahr 1991 übernahm Winfried Hassemer als landesbeauftragter für den Datenschutz des landes Hessen in der nachfolge von Spiros Simitis eine neue Aufgabe. In Hessen wurde 1970 das erste Datenschutzgesetz der Welt geschaffen. Ziel war es, den Einzelnen davor zu schützen, durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlich- keitsrecht beeinträchtigt zu werden. Die spätere Aufgabe als Ombudsmann ist von hier ab zwar nicht vorgezeichnet, aber erscheint im Rückblick sehr plausibel. Dabei war es sicherlich kein Umweg, dass Winfried Hassemer im Jahr 1996 als Richter an den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe berufen wurde und dort bis 2008 als Vorsitzender des Zweiten Senats und Vizepräsident wirkte. Sein Dezernat umfasste unter anderem das Straf- und Strafverfahrensrecht.
12 I. Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument Als Strafrechtswissenschaftler genießt Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer auch inter- national einen hervorragenden Ruf. Er erhielt die Ehrendoktorwürde an fünf Universitäten innerhalb und außerhalb Europas und ist Honorarprofessor der Renmin University of China. Dass der Professor auch für Laien verständlich machen kann, warum Strafe für den Zusammen- halt unserer Gesellschaft wesentlich ist, hat er in einem spannenden und lehrreichen Buch dargelegt.2 Seit Juli 2010 ist nun Winfried Hassemer Ombudsmann der SCHUFA. Die SCHUFA-Dienstleistung Das Kürzel SCHUFA gehört vermutlich zu den bekanntesten Abkürzungen in Deutschland. Viele stellen sich darunter etwas vor, was tatsächlich mit der sperrigen Langfassung des Namens zu tun hat: „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“. Aber das ist heute nur ein Teil der Tätigkeit der SCHUFA. Neben dem ursprünglichen Firmenkundengeschäft gibt es inzwischen auch Dienstleistungen für Privatkunden und neben der Öffentlichkeitsarbeit auch Beiträge zur fachlichen Information, wissenschaftlichen Diskussion und finanziellen Bildung zu dem Themenspektrum Umgang mit Geld und Kredit. Es ist doch klar: Wer Waren auf Kredit verkauft oder bei Internetbestellung liefert, muss sicher sein, dass die Zahlungen geleistet werden. Das gilt entsprechend bei der Vermietung von Kraftfahrzeugen und Wohnungen. Klar ist auch, dass die Nachfrager ebenso ein Interesse an der Bestätigung ihrer Zahlungsfähigkeit haben, um möglichst umstandslos und zeitnah zum Vertragsabschluss und der gewünschten Leistung – sei es eine Ware, ein Mietobjekt oder eine Dienstleistung – zu kommen. Und mehr noch: Auch auf der Nachfrageseite gibt es ein objektives Interesse an der möglichst sicheren Abklärung der Bonität der Kunden. Denn die Kosten von Zahlungsausfällen müssen kompensiert werden. Es ist nicht auszuschließen, dass damit zumindest teilweise die zahlenden Kunden belastet werden. Mit der Weitergabe von kreditrelevanten Daten bei Vertragsanbahnungen produziert die SCHUFA folglich Vertrauen und trägt damit zu einer besseren Funktionsfähigkeit von Märkten bei. In der Fachsprache von Ökonomen heißt das: Verringerung von Transaktionskosten. Auch Verbraucher sind an der Zuverlässigkeit ihrer Auftragnehmer interessiert. Das gilt ins- besondere für private Bauherren. Wer eine Baufirma oder ein Handwerksunternehmen mit größeren Arbeiten beauftragen möchte, hat einen Bedarf an Vertrauen in die Leistungsfähig- keit des Anbieters. Anspruchsvolle Bau- und Reparaturarbeiten gehören zu den Vertrauens- gütern. Laien haben hier gegenüber den Profis ein erhebliches Wissensdefizit. Für solche Fälle bietet die SCHUFA für Privatkunden unternehmensbezogene Daten. Auch hier wird 2 Winfried Hassemer: Warum Strafe sein muss. Ein Plädoyer. Ullstein Buchverlage, Berlin 2009.
13 I. ombudsarbeIt – eIn VerbraucherpolItIsches Instrument Vertrauen produziert. Es ist nicht nur individuell nützlich, sondern stiftet auch marktwirt- schaftlichen und damit gesellschaftlichen nutzen. Ökonomisch und verbraucherpolitisch gesprochen wird damit adverse Selektion, also negative Auslese von Anbietern, zumindest reduziert. Vertrauen ist das Vertrauensgut an sich. Mit der Produktion von Vertrauen muss glaubhaft signalisiert werden können, dass das Vertrauen gerechtfertigt ist. Eine ansprechende und informative Werbung reicht dafür nicht aus. Die SCHUFA bringt sich deshalb öffentlichkeits- wirksam in die verbandliche, politische und wissenschaftliche Diskussion sowie in die finanzielle Allgemeinbildung ein. Mit dem Verbraucherbeirat wurde außerdem ein Gremium geschaffen, in dem Verbraucherthemen an die SCHUFA herangetragen und von unabhängigen Experten diskutiert werden. Ihm gehören Persönlichkeiten aus Medien, Politik, Unternehmen, Verbänden und Wissenschaft an. Die produktiven Verbraucher Es ist bereits angeklungen: Verbraucher sind nicht ausschließlich das, wofür sie herkömmlich gehalten werden. Verbraucher sind auch Produzenten.3 Die Ausweitung der SCHUFA-Dienstleistung im Privatkundengeschäft, vor allem die Bereit- stellung von Firmendaten, folgt konsequent den Wandlungen im Verbraucherverhalten sowie den Veränderungen der Märkte und steht für ein aufgeklärtes, modernes und pragmatisches Verbraucher sind auch Verbraucherverständnis. Schon lange gilt in einzelnen Bereichen der ökonomischen Theorie Produzenten die traditionelle Differenzierung zwischen produzierenden Unternehmen und konsumierenden Haushalten als überholt. Und ganz praktisch betrachtet ist es ja unbestreitbar, dass in Haus- halten wie in kleinen Fabriken produziert wird, z. B. verzehrfertige Mahlzeiten, saubere Wäsche, erzogener nachwuchs. Die Produktionsleistungen der Haushalte sind auch in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht etwa weniger geworden, sondern sie haben vielfach ihr Erscheinungsbild, man kann auch sagen ihre Produktionstechnik, geändert. Seit langem überwiegt der Maschineneinsatz die Handarbeit in vielen Bereichen der Haushaltsproduktion. Wir erleben heute nach dieser „industriellen Revolution“ im Haushalt durch Waschmaschine, Mikrowellengerät usw. eine zunehmend internetbasierte „informationelle Revolution“. Damit wächst der Informations- bedarf ebenso wie die Möglichkeiten der Informationsverarbeitung. 3 Michael-Burkhard Piorkowsky: Produktive Verbraucher. In: Michael Freytag (Hg.): Verbraucherintelligenz. Kunden in der Welt von morgen. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2012, S. 142-158.
14 I. Ombudsarbeit – Ein verbraucherpolitisches Instrument Manche Haushalte sind in der Technikausstattung und dem Know-how mit kleinen Firmen auf Augenhöhe. Fast alle Privathaushalte sind Auftraggeber, z. B. von Handwerkern und Reinigungsunternehmen, manche auch von Bauunternehmen. Immer mehr Eigentümer haben Solaranlagen auf dem Dach ihres Hauses installieren lassen und wandeln damit Sonnenlicht in Strom um. Der Strom wird teils selber genutzt, teils in das öffentliche Netz eingespeist. Sicherlich wurde das vorher durchgerechnet und die betriebswirtschaftliche Seite der An- schaffung betrachtet. Diese Haushalte sind also – auch herkömmlich betrachtet – nicht nur Konsumenten, sondern zugleich Investoren und Produzenten. Allerdings, so muss hier ergänzt werden, können Energie und Materie weder hergestellt noch vernichtet, sondern nur um- gewandelt werden; und auch Fabriken sind insofern Produzenten und Konsumenten, d. h. Transformationseinrichtungen für Güterumwandlungen zur Erreichung wirtschaftlicher Ziele. Mit der Einspeisung des Solarstroms in das öffentliche Netz wird der Verbraucher auch nach herkömmlicher Vorstellung Unternehmer. Zunehmend lassen sich weitere Beispiele für eine faktische Entgrenzung der Verbraucher- rolle finden: Verkäufe auf Internetplattformen „von privat an privat“ und ganz normale klein- betriebliche Existenzgründungen gehören dazu. Hier mischen sich Funktionen und Strukturen von Haushalt und Unternehmung. Unternehmerische Selbstständigkeit in kleinbetrieblicher Form und somit in enger Verzahnung mit dem Haushalt nimmt seit Jahrzehnten zu. Die ganz überwiegende Zahl der Unternehmen sind Kleinstbetriebe. Auch das zeigt: Die traditionellen Kategorien und Gegensätze von Konsumenten und Produzenten, Haushalten und Unter- nehmen sind für die generelle Beschreibung unserer Wirtschaft überholt. Kurzum – und um zum Ausgangspunkt zurückzukommen: Die SCHUFA will Vertrauen auf Zahlungs- und Leistungssicherheit produzieren. Allerdings können in der realen Welt weder Vertrauen noch Sicherheit und auch nicht fehlerfreie Produktion von Datensätzen hundertprozentig garantiert werden. In Zweifelsfällen ist der Ombudsmann der SCHUFA dafür da, zu klären, ob Produktionsmängel vorliegen und Schlichtungsbedarf besteht, den es zu befriedigen gilt. Das ist die Aufgabe von Winfried Hassemer. Zur Person: Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky ist Betriebs- und Volkswirt und Professor für Haus- halts- und Konsumökonomik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Im Neben- und Ehrenamt ist er in verschiedenen Organisationen und Gremien tätig, darunter als Rektoratsbeauftragter für Gründung und Entwicklung von Unternehmen an der Universität Bonn, als Vorsitzender des Hilfs- kassenausschusses des Senats der Universität Bonn, als Mitglied im Verbraucherbeirat der SCHUFA Holding AG und als Stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Deutschland im Plus – Die Stiftung für private Überschuldungsprävention.
II. Der SCHUFA Ombudsmann
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17 II. Der SCHUFA Ombudsmann ZUR PERSON prof. dr. DR. HC. MULT. WINFRIED HASSEMER Jahrgang 1940 Studium 1959 bis 1963 Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, Genf und Saarbrücken Abschluss 1967 Promotion bei Arthur Kaufmann in Saarbrücken 1970 zweite juristische Staatsprüfung in Mainz 1972 Habilitation in München Tätigkeiten 1970 – 1972 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität in München 1973 – heute Professor für Rechtstheorie, Rechtssoziologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht in Frankfurt am Main 1991 – 1996 Landesbeauftragter für den Datenschutz des Landes Hessen 1996 – 2002 Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe 2002 – 2008 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe Auszeichnungen 1998 Ehrendoktorwürde der Aristoteles-Universität Thessaloniki 2001 Ehrendoktorwürde der Bundesuniversität Rio de Janeiro 2004 Ehrendoktorwürde der Universität Lusíada Lissabon 2005 Ehrendoktorwürde der Universität Pablo de Olavide Sevilla 2005 Ernennung zum Honorarprofessor der Renmin University of China 2008 Verleihung des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband 2008 Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille 2010 Ehrendoktorwürde der National Taipei University Taiwan SCHUFA Ombudsmann Seit 1. Juli 2010
18 II. Der SCHUFA Ombudsmann INTERVIEW MIT DEM SCHUFA OMBUDSMANN: „Wer Prävention will, muss kommunizieren.“ Nachgefragt bei Winfried Hassemer über den Handlungsraum und die Bedeutung von Ombuds- stellen. Manchmal ist nicht das Entscheiden der Königsweg, sondern Verhandeln oder Schlichten und die unmittelbare Beteiligung von Verbrauchern. Die Ombudsleute von morgen können als Brücke zwischen dem komplexen System des Rechts und den konkreten Interessen der Men- schen vermitteln. Das macht sie nicht zu einem Teil der Gerichtsbarkeit. Ihre Tätigkeit ist vielmehr die Konzentration auf den Einzelfall. Herr Professor Hassemer, Sie waren Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Seit Juli 2010 sind Sie Ombudsmann der SCHUFA. Welchen Eindruck konnten Sie bis- her gewinnen? Das SCHUFA-Verfahren ist sehr präzise und lässt wenig Spielraum für Interpretationen, Auslegungen oder gar für ein Aushandeln von Ergebnissen. Bei 1,4 Millionen erteilten Aus- künften an Verbraucher in 2011 ist die Zahl der 367 Eingaben, die ich als Ombudsmann er- halten habe, sehr gering. Daher kann man sagen: Das System als Ganzes funktioniert; die allermeisten Probleme werden gelöst, bevor der Ombudsmann eingreifen kann. Wo sehen Sie Handlungsbedarf? Viele Menschen verstehen noch nicht, was die SCHUFA eigentlich macht. Sie wissen zwar, dass unsere Wirtschaft gesicherte und schnelle Auskünfte über Kreditwürdigkeit braucht, und sie billigen das auch. Aber über die SCHUFA-Verfahren selbst haben viele noch zu wenig Kenntnis. Haben Sie Beispiele aus Ihrer Praxis? Ein Schwerpunkt sind die Speicherfristen. Viele verstehen nicht, warum eine Forderung nach dem Ausgleich noch für weitere drei Jahre im Datenbestand der SCHUFA gespeichert bleibt. Auch, dass es nicht die SCHUFA ist, die jene Daten verursacht, sondern der Verbraucher selbst, ist vielen nicht bewusst. Da gibt es noch viel zu tun; denn von diesen Daten und ihren Aus- sagen hängt im wirtschaftlichen Leben ja einiges ab.
19 II. Der SCHUFA Ombudsmann Was ist zu tun? Ich möchte in meiner Funktion als Ombudsmann – außerhalb der Bearbeitung von Beschwerden – Klarheit über das SCHUFA-Verfahren schaffen und Missverständnisse über die Rechtslage aus dem Weg räu- men. So muss man beispielsweise wissen, dass die SCHUFA inhaltlich nicht nachprüfen kann, ob und inwiefern Verträge zwischen Verbraucher und Vertragspartner rechtmäßig geschlossen wurden. Sie kann immer nur klären, ob die äußerlichen Voraussetzungen stimmen, mit denen Informationen an die SCHUFA übermittelt worden sind. Was raten Sie bei Beschwerden zum Scoring? Ein Score ist zwar in sich statistisch schlüssig und mathematisch „wahr“. Aber viele Verbrau- cher, die dazu Fragen haben, bekommen oft nur allgemein gehaltene Hinweise. Das lässt sich ver- bessern. Ich rate ihnen, mit der Bank zu reden. Verbraucher sollten klar machen, wie viel Geld sie verdienen und was ihre Vermögenslage ist. Die SCHUFA und ihr Scoring sind zwar wichtige Informanten bei der Kreditvergabe, doch am Ende entscheidet die Bank. Vielerorts entstehen Ombudsstellen. Warum hat die SCHUFA eine, wo sie doch die Informationen nachweislich verlässlich speichert und bewertet? Ombudsleute gibt es heute überall dort, wo über Verbraucherinteressen entschieden wird und sich die Einsicht durchgesetzt hat, die unmittelbare Beteiligung der Verbraucher an solchen Verfahren könne für alle hilfreich sein. Das hat mit einer Verbraucherintelligenz zu tun. Sie ist eine Antwort auf ein wachsendes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, sich und ihren Fall in einer immer komplexeren Welt zu Gehör zu bringen, sich verlässlich zu informieren und sich einzumischen. Sich einmischen, ist das in einer hochkomplexen Welt einfach möglich? Sie sprachen an, dass selbst das SCHUFA-Verfahren viele nicht verstehen? Das ist in der Tat nicht leicht, und das geht nicht von jetzt auf gleich. Es geht in erster Linie darum, einen ungehinderten Zugang zu denen zu suchen und zu finden, die das Recht oder doch die Möglichkeit haben, über die jeweiligen bürgerlichen Interessen zu entscheiden; dazu braucht man ein einfaches und durchsichtiges Verfahren. Das nützt beiden – zuerst natürlich den
20 II. Der SCHUFA Ombudsmann Verbrauchern, die ihre Interessen unmittelbar vortragen und einbringen können. Aber auch der SCHUFA, die ihre Entscheidung zumindest plausibel machen und notfalls zurücknehmen kann. Beide sollten die Chance wirksam wahrnehmen können, um einen Streit oder jedenfalls dessen Eskalation zu vermeiden. Was empfehlen Sie hier Verbrauchern? Die SCHUFA hat in letzter Zeit viele Möglichkeiten für Verbraucher geschaffen, sich einfach und schnell über Hintergründe und Einzelheiten ihrer Arbeit und ihrer Ergebnisse zu informieren und bessere Gelegenheit zu kritischer Nachzufrage zu geben. Diese Möglichkeiten sollten die Verbraucher stärker nutzen, um – gerade bei komplexen Verhältnissen – Durchblick zu be- kommen. Sie sagen, dass „Verhandeln“ statt „Entscheiden“ ein Kennzeichen der westlichen Moderne ist: Letztlich muss aber doch entschieden werden? Stimmt meistens. Kreditinformationen und Kreditentscheidungen ver- langen schon wegen ihrer Bedeutung für unsere Wirtschaft ein großes Maß an Formalisierung, Genauigkeit, Bestimmtheit, Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit. Nicht nur deshalb, weil die Instrumente für den Einzelnen besonders kritisch sind, sondern auch, weil die Bedeutung der sozialen Teilhabe in einer kreditbasierten Volkswirtschaft durchaus erheblich sein kann. Dennoch gibt es auch im Schlichtungsverfah- ren der SCHUFA immer wieder Konstellationen, in denen über die Besonderheiten eines Einzelfalls verhandelt werden muss, damit man am Ende zu einem vernünftigen Ergebnis kommt. Schränkt das nicht den Handlungraum des SCHUFA Ombudsmannes ein? Diese Einschränkung ist der Sinn formalisierter Verfahren. Eines ist klar: Das Interesse von Be- schwerdeführern an einer vorzeitigen Löschung von negativen Einträgen liegt fast immer auf der Hand. Diesem Interesse aber kann der Ombudsmann nicht einfach aus Kulanz heraus entgegen kommen. Schließlich müssen die Informationen der SCHUFA ja auch stimmen. Grundsätzlich kann man freilich sagen: Wer, wie es die SCHUFA getan hat, eine Ombudsstelle einrichtet,
21 II. Der SCHUFA Ombudsmann beweist damit auch eine moderne Sicht auf die Konzepte von Entscheiden und Verhandeln: Dass – jedenfalls in komplexen Situationen – nicht das „Entscheiden“ der Königsweg ist, sondern dass man mit „Verhandeln“, „Schlichten“ oder „Kommunizieren“ bisweilen viel besser zurechtkommt. Wer darin keinen Sinn sieht, kann es beim Entscheiden belassen; er muss dann nur die Fakten richtig darstellen und sie gerecht bewerten. Was nicht im Sinne der SCHUFA ist. Sie will durch Kommunikation Vertrauen in die Kreditwirtschaft bei Kreditnehmern und Kreditgebern schaffen. Das ist durchaus in ihrem Sinne. Vertrauen ist eher eine Frucht von Kommunikation als von Entscheiden, eher von einer Haltung, welche die jeweils Betroffenen ernst nimmt und auf die Besonderheiten ihrer Lage eingeht. Dass die kommunikativen Mecha- nismen gut funktionieren, lässt sich auch an den niedrigen Ausfall- raten bei Konsumentenkrediten ablesen. So werden 97,5 Prozent aller in Deutschland ausstehenden Konsumentenkredite vertragsgemäß zu- rückgezahlt. Auch das belegt und entwickelt Vertrauen. Ein weiterer Punkt kommt hinzu: die Prävention. Wer Prävention will, muss kommu- nizieren. Er muss erklären. Wer hingegen nur entscheiden will, kommt in der Regel mit Daten, Normen und Begriffen zurecht. Das moderne Ziel der Prävention hingegen verlangt Kontaktaufnahme mit den Betrof- fenen. In diesen Kontext passt sich der Ombudsmann gut ein. Werden so nicht die strikten Regeln eines formalisierten Verfahrens unterwandert? Unter „Formalisierung“ darf man nicht „Automatik“ verstehen; Formalisierung ist Regeltreue und Durchsichtigkeit. Selbst die Rechtsprechung ist nicht bloß der „Mund des Gesetzes“, der nichts weiter zu tun hat als die Worte des Gesetzes getreu in den juristischen Alltag zu überset- zen, ohne ihnen dabei inhaltlich etwas hinzuzufügen. Auch die Richter leiten ihre Urteile nicht schlicht aus dem Gesetz ab; vielmehr entscheiden sie ihre Fälle unter dem Gesetz. Sie sind, wie die Verfassung das bündig auf den Begriff bringt, unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Unabhängigkeit aber ist im Verfassungstext über die Rechtsprechung nicht der Gegensatz von Gehorsam, sondern geradezu dessen Voraussetzung.
22 II. Der SCHUFA Ombudsmann Und Unabhängigkeit ist die zentrale Eigenschaft auch des SCHUFA Ombudsmannes? Sie ist elementar – für den Ombudsmann ebenso wie für die Richter. Das liegt daran, dass es keine Rechtstexte gibt, welche die jeweiligen Fälle zweifelsfrei entscheiden; immer bedarf es einer Übersetzung der Rechtstexte in die Besonderheiten des Einzelfalls, und der Übersetzer darf dabei niemandem sonst folgen als dem Gesetz. Schon die Lebendigkeit unserer Sprache schließt Eindeutigkeit aus. Auf Vollständigkeit der Ge- setzestexte darf man nicht hoffen angesichts der Unabgeschlossenheit der Zukunft. Wir wissen nicht, welche rechtlichen Fragen uns morgen gestellt werden. Immer und überall ist in einer Entscheidungssituation mit dem ernsthaften Einwand zu rechnen, diesen Fall habe der Gesetz- geber gar nicht im Auge gehabt oder er habe ihn jedenfalls nicht ein- deutig entschieden. Auch deshalb können Verhandeln, Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Betroffenen wichtig sein. Und sie werden in einer immer komplexeren Welt immer wichtiger werden. Wagen Sie bitte einen Blick in die Zukunft der Ombudsleute! Bei Streitentscheidungen sehen wir bereits heute an einigen Stellen den Erfolg der Mediation. Ich erkenne überzeugende Hinweise, dass das Verhandeln und Schlichten unter bestimmten Be- dingungen dem Entscheiden klar überlegen ist. Die Ombudsleute können als Brücke zwischen dem komplexen System des Rechts und seiner professionellen Anwendung einerseits und den konkreten Interessen der Menschen andererseits vermittelnd und erleichternd wirken. Das al- les macht sie freilich nicht zu einem funktionellen Teil unserer Gerichtsbarkeit. Vielmehr hat ihre Tätigkeit einen Eigensinn: die Konzentration auf den Einzelfall und dort auf die personalen Elemente; die Stärkung der Autonomie von Betroffenen in Konfliktlagen und die Erarbeitung von Regeln, die dieses Ziel besser erreichbar machen. Das unterstützt, über die Einzelfälle hinaus, die Entwicklung eines Systems von Verfahren und Entscheiden, das den Personen und ihren konkreten Interessen nicht selten besser gerecht werden kann als die herkömmlichen Entschei- dungsmuster der Gerichtsbarkeit.
23 II. Der SCHUFA Ombudsmann Das OmbudsmannVerfahren Der Ablauf des Ombudsmannverfahrens der SCHUFA ist in einer Verfahrensordnung geregelt. Das Schlichtungsverfahren kann nur bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einer natürlichen Person (Verbraucher) und der SCHUFA Holding AG eingeleitet werden. Stehen Beschwerden im Zusammenhang mit einer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit, können diese nicht bearbeitet werden. Voraussetzung für das Ombudsmannverfahren ist, dass der jeweils betroffene Verbraucher zunächst eine Klärung seines Anliegens mit der SCHUFA angestrebt hat. Konnte hier keine Einigung erzielt werden, ist es dem Verbraucher freigestellt, einen Antrag auf Eröffnung des Schlichtungsverfahrens zu stellen. Die Beschwerde muss schriftlich unter Schilderung des Sach- verhaltes und Beifügung aller relevanten Unterlagen eingereicht werden. Eine Schlichtung durch den Ombudsmann ist ausgeschlossen, wenn der Gegenstand der Beschwerde bereits bei einem Gericht anhängig war oder ist oder vom Beschwerdeführer während des Schlichtungsverfahrens anhängig gemacht wird ein Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen wurde, weil die beabsichtigte Rechts- verfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat oder wenn die Streitigkeit durch außergericht- lichen Vergleich beigelegt wurde vom Beschwerdeführer eine Strafanzeige wegen des Beschwerdegegenstandes erstattet worden ist oder während des Schlichtungsverfahrens erstattet wird die Angelegenheit bereits Gegenstand eines Verfahrens bei einer anderen Ombudsstelle oder einer sonstigen Gütestelle war oder während des Schlichtungsverfahrens durch den Ombudsmann dort anhängig gemacht wird der Anspruch bei Anrufung des Ombudsmannes bereits verjährt war.
24 II. Der SCHUFA Ombudsmann Wie läuft das Verfahren ab? Nach Eingang der Beschwerde wird diese zunächst auf Vollständigkeit und Zulässigkeit geprüft. Dann werden alle notwendigen internen und externen Maßnahmen getroffen, die zur Klärung der Sachlage erforderlich sind. Kommt der Ombudsmann nach Prüfung der Sach- und Rechts- lage zu dem Ergebnis, dass der Verbraucher infolge eines Bearbeitungsfehlers einen Nachteil erlitten hat, kann er beispielsweise die Korrektur eines Datensatzes veranlassen. Stellt er jedoch fest, dass die Verfahrensweise der SCHUFA korrekt war, erläutert er dem Verbraucher den Sachverhalt verständlich und nachvollziehbar. Wie unterscheidet sich das Ombudsmannverfahren von einem Gerichtsverfahren? Der Ombudsmann kann keine Zeugen vernehmen. Das Verfahren ist auf die Unterlagen beschränkt, die ihm vorgelegt werden. Allerdings kann der Ombudsmann im Falle offener Fragen oder fehlender Unterlagen diese zur Aufklärung des Sachverhaltes noch nach- träglich anfordern. Der Beschwerdeführer erhält damit eine weitere Gelegenheit, die Infor- mationen zu vervollständigen. Ist der Ombudsmann an Weisungen der SCHUFA gebunden? Der Ombudsmann ist an keinerlei Weisungen durch die SCHUFA gebunden. Mit Winfried Hassemer übernimmt eine Persönlichkeit mit überragender juristischer Fachkompetenz und hoher, auch internationaler Reputation die Aufgabe des unabhängigen Schlichters bei der SCHUFA. Neutralität und Unabhängigkeit sind für ihn integrale Bestandteile seiner Arbeit als Ombudsmann – auch durch seine langjährige Tätigkeit als Richter des Bundes- verfassungsgerichts. Außerdem berichtet er regelmäßig dem SCHUFA Verbraucherbeirat, der als eine weitere unabhängige Institution der SCHUFA die Interessen der Verbraucher in den Mittelpunkt stellt.
25 II. der schuFa ombudsmann Verfahren des SCHUFA Ombudsmannes Schiedsspruch 3c des Ombudsmannes und Mitteilung an den Verbraucher Vorlage beim Ombuds- 3b mann, Prüfung des Falles und bisherigen Schrift- verkehrs Zulässige Beschwerde 3a (z. B. vorheriger Klärungs- versuch mit SCHUFA ist ® erfolgt) Prüfung des Einreichen einer Falles auf Zulässigkeit schriftlichen Beschwerde ® 2 beim SCHUFA 4a 4b Ombudsmann ® Weiterleitung 1 Unzulässige des Falles an SCHUFA- Beschwerde Verbraucherservice (z. B. vorheriger oder Rückgabe an Klärungsversuch den Verbraucher mit SCHUFA ist nicht erfolgt) SCHUFA Holding AG Vorteile für den Verbraucher Das Ombudsmannverfahren ist schnell, effizient und unbürokratisch. Das Verfahren ist für den Verbraucher kostenfrei. Zu tragen sind lediglich die eigenen Ausgaben wie Porto, Telefon etc. Dem Verbraucher entstehen keine Rechtsnachteile, er ist nicht verpflichtet, den Schlichtungsvorschlag des Ombudsmannes anzunehmen. Der Weg vor ein ordentliches Gericht steht ihm nach wie vor offen. Für die SCHUFA ist der Schlichtungsspruch bindend bis zu einem Streitgegenstand von 2.500 Euro.
III. Bericht des SCHUFA Ombudsmannes
28 III. Bericht des SCHUFA Ombudsmannes Jahresrückblick 2011 Im Berichtsjahr 2011 wandten sich 367 Verbraucher mit ihrem Anliegen an den Ombudsmann der SCHUFA. Seitdem Winfried Hassemer seine Tätigkeit als Ombudsmann am 1. Juli 2010 aufgenommen hat, ist die Zahl der Verbraucheranfragen gestiegen: von 146 Anfragen in den ersten sechs Monaten (1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2010) auf 190 Anfragen im Vergleichs- halbjahr vom 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011. Von den 367 Anliegen im gesamten Berichtsjahr 2011 waren 245 Fälle insofern zulässig, als die Verbraucher den zunächst erforderlichen Klärungsversuch mit dem internen Verbraucherservice der SCHUFA bereits unternommen hatten. Hingegen waren 122 Fälle nicht zulässig, weil die notwendige Kontaktaufnahme mit dem Verbraucherservice im Vorfeld des Schiedsverfahrens nicht stattgefunden hatte. In diesen Fällen hat der Ombudsmann die Beschwerde zur Bearbei- tung an die zuständige Abteilung innerhalb der SCHUFA weitergeleitet und den Verbraucher schriftlich darüber informiert. Anzahl Beschwerden (1.1.2011 – 31.12.2011) Gesamtzahl der eingegangenen Beschwerden: 367 Zulässige Unzulässige Beschwerden: Beschwerden: 245 122 ® 180 Männer 65 Frauen
29 III. berIcht des schuFa ombudsmannes Im Folgenden werden die beim Ombudsmann eingegangenen Beschwerden nach Alter und Geschlecht der Verbraucher, nach dem gewählten Kommunikationsweg und dem Gegenstand der Beschwerde näher beleuchtet. Die Auswertung nach Alter und Geschlecht zeigt, dass sich mit 180 von insgesamt 245 zulässigen Anmerkungen dreimal mehr Männer an den unabhängigen Ombudsmann gewendet haben. 65 Anträge auf ein Schlichtungsverfahren wurden von Frauen eingereicht. Am häufigsten sind Verbraucher im Alter von 41 bis 60 Jahren mit ihren Anliegen an den Ombudsmann herangetreten, nämlich insgesamt 128 Personen. In der Alters- gruppe von 21 bis 40 Jahren waren es 79 Personen, und zwischen 61 und 80 Jahren lediglich 36 Personen. Aus der jüngsten und der ältesten Altersgruppe, der 18- bis 20-jährigen und der 81- bis 100-jährigen, wurde jeweils nur eine Beschwerde eingereicht. Zulässige Anmerkungen / Alter der Beschwerdeführer 150 128 100 79 50 36 1 1 0 18 - 20 21 - 40 41 - 60 61 - 80 81 - 100 Jahre
30 III. berIcht des schuFa ombudsmannes Brief und Fax überwiegen als Kommunikationsmittel Wie im vorherigen Kapitel zum Ombudsmannverfahren der SCHUFA erläutert, können die Beschwerden nur schriftlich unter Schilderung des Sachverhaltes und Beifügung aller relevanten Unterlagen eingereicht werden. Knapp die Hälfte der Verbraucher (118 von 245) entschied sich für Brief oder Fax als Kommunikationsweg. Das Online-Kontaktformular auf der Website des SCHUFA Ombudsmannes nutzten 90 Personen; 37 der Antragsteller wandten sich via E-Mail an den Ombudsmann. Zulässige Anmerkungen / Kommunikationswege 150 118 100 90 50 37 0 Brief/Fax Online-Formular E-Mail Beschwerdegegenstände Mit 138 Fällen beinhaltete ein Großteil der eingegangenen Verbraucheranliegen Anträge auf die vorzeitige löschung von negativen Einträgen. 53 Verbraucher hatten Informationsbedarf oder konkrete Fragen zum Thema Scoring. Die sonstigen 54 Anliegen beinhalteten im Wesent- lichen die Aspekte: Beschwerden zu SCHUFA-Produkten Falsch gespeicherte Merkmale Zu spät gemeldete oder fehlende Merkmale Allgemeine Fragen zum Datenbestand oder Datenschutz
31 III. berIcht des schuFa ombudsmannes Zulässige Anmerkungen / Anmerkungsursachen Antrag auf Anliegen und Löschung negativer Fragen zum Einträge: 138 Scoring: 53 Sonstiges: 54 Antrag auf Löschung negativer Einträge1 Am häufigsten wandten sich Verbraucher mit dem Anliegen nach vorzeitiger löschung negativer Einträge an den Ombudsmann. Was vielen Verbrauchern nicht klar ist: Auch der Ombudsmann muss sich an die gesetzlich geregelten Speicherfristen halten. Eine löschung aus Kulanz, Mitleid oder anderen Gründen ist ihm nicht möglich. Denn der Sinn und Zweck eines Kreditinformationssystems ist die Vollständigkeit des Datenbestandes. Es muss so organisiert sein, dass die übermittelten Informationen insgesamt ein möglichst vollständiges und aktuelles Bild der Kreditwürdigkeit bieten. Die gesetzlich vorgegebene Speicherfrist des Bundesdatenschutzgesetzes (§35 Abs. 2 Satz 2 nr. 4 BDSG) besagt Folgendes: „Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn… … sie geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung verarbeitet werden und eine Prüfung jeweils am Ende des vierten, soweit es sich um Daten über erledigte Sachverhalte handelt und der Betroffene der Löschung nicht widerspricht, am Ende des dritten Kalenderjahres beginnend mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt, ergibt, dass eine längerwährende Speicherung nicht erforderlich ist.“ 1 Bei negativen Einträgen handelt es sich um nicht vertragsgemäß abgewickelte Geschäfte, wie z. B. Salden aus gesamtfällig gestellten (gekündigten) oder titulierten Forderungen, oder um Informationen aus öffentlichen Quellen wie z. B. Eidesstattliche Versicherungen, Haftbefehle oder Insolvenzen.
32 III. berIcht des schuFa ombudsmannes Mehrfach wurden auch Fragen zu den Speicherfristen von Insolvenzmerkmalen an den Om- budsmann herangetragen.2 Grundsätzlich werden die Angaben über Insolvenzen gemäß der Veröffentlichung der zuständigen Insolvenzgerichte für die gesamte Dauer des Verfahrens und nach Abschluss noch drei volle Kalenderjahre (d. h. mit Ablauf des 31.12. im dritten Jahr nach der Übermittlung) im SCHUFA-Datenbestand gespeichert. Bei der Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse beträgt die löschungsfrist des Eintrags im SCHUFA-Daten- bestand, gemäß § 26 Abs. 2 Insolvenzordnung, fünf Jahre. Die Funktion einer Auskunftei als Schutzorganisation der Wirtschaft kann nur dann ausgeübt werden, wenn sie vollständige und aktuelle Informationen über das zurückliegende und laufen- de wirtschaftliche Verhalten von Wirtschaftsteilnehmern hat. Vor diesem Hintergrund kommen vorzeitige löschungen von datenschutzrechtlich zulässig eingemeldeten und sachlich zutref- fenden Eintragungen grundsätzlich nicht in Betracht. Einen Sonderfall hinsichtlich der Speicherfristen stellen Forderungen dar, die unter 1.000 Euro liegen und die kurzfristig ausgeglichen wurden. Verkürzte Speicherfrist bei kurzfristigem Zahlungsausgleich Um Bürgern die Chance zu geben, kurzfristige Zahlungsstörungen in ihrer langfristigen Wirkung positiv zu beeinflussen, hat die SCHUFA seit dem 1. Januar 2007 eine neuerung bei den Speicherfristen eingeführt. Unter bestimmten Voraussetzungen löscht die SCHUFA einen negativen Eintrag vorzeitig. Seit diese Regelung in Kraft getreten ist, konnte die SCHUFA mehr als 56.000 Menschen auf diese Weise entgegenkommen. Voraussetzungen für eine vorzeitige Löschung Offene, ausreichend gemahnte und unbestrittene Forderung Keine titulierte Forderung wie z. B. Vollstreckungsbescheid Erstmals nach dem 1. Januar 2007 gemeldet Forderungsbetrag nicht mehr als 1.000 Euro Forderung wurde innerhalb eines Monats beglichen und der SCHUFA vom Gläubiger als beglichen gemeldet 2 Die SCHUFA entnimmt die Informationen über Verbraucherinsolvenzverfahren den öffentlichen Bekanntmachungen der Insolvenzgerichte. Beschlüsse über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und zur Restschuldbefreiung werden im Bundes- und Staatsanzeiger sowie im Internet veröffentlicht.
33 III. berIcht des schuFa ombudsmannes Anliegen und Fragen zum Scoring Der Ombudsmann wertet die teils intensiven Verbraucherkontakte zum Thema Scoring als sehr positiv. Sie zeigen, dass auch die eigens eingerichteten Kommunikationswege der SCHUFA Intensive (www.meineSCHUFA.de, www.scoring-wissen.de, www.SCHUFA.de) genutzt werden, um Verbraucher- sich Informationen zu beschaffen, Verständnisfragen zu stellen oder persönliche Probleme im kontakte Finanzalltag konstruktiv anzugehen. Im Privatkunden ServiceCenter der SCHUFA in Köln zum Thema hatten von den rund eine Million Anrufern in 2011 etwa 20.000 Anrufer Fragen zum Scoring. Scoring Davon wurden 3.845 komplexe Sachverhalte von einem speziell geschulten Mitarbeiter- team der SCHUFA schriftlich beantwortet. Grundsätzlich wertet der SCHUFA Ombudsmann Scoring als ein gutes und notwendiges Instrument zur Bonitätsprüfung. Denn mit Hilfe des Scorings werden automatisierte, statistische Auswertungen täglich bei mehreren hunderttausend Geschäften und wirtschaft- lichen Entscheidungsprozessen beschleunigt und aussagekräftig unterstützt. Dennoch weist Scoring ein strukturelles Problem auf: Auf der einen Seite bestehen für den Antragsteller Vorteile durch eine schnelle und unkomplizierte Kreditentscheidung. Anderseits kann eine Ablehnung auch als existenzielles Problem wahrgenommen werden. Außerdem sind aufgrund der komplexen, mathematisch-statistischen Berechnungsmethoden allgemeine Verständnis- probleme festzustellen. Hinzu kommt, dass vielen Verbrauchern nicht verständlich ist, welche weiteren Voraussetzungen und Informationen, über den Score hinaus, vorliegen müssen, damit Kreditinstitute verlässlich Kreditentscheidungen treffen können. So ist beobachtbar, dass das Scoring in der Wahrnehmung des Verbrauchers häufig undifferenziert als alleiniges Bonitätsurteil empfunden wird, während im Kreditentscheidungsprozess in der Regel meist eine Reihe anderer Faktoren, wie die individuellen Haushalts- und Einkommensdaten, eine weitaus größere Rolle spielen. Aus Sicht des Ombudsmannes tritt bei den Verbrauchern hinsichtlich des Themas Scoring eine Differenz zwischen „Alltagsrealität“ und „finanzmathematischer Realität“ hervor. Allein durch den versicherungstechnisch neutralen Begriff „Risiko“ fühlen sich viele Verbraucher falsch verstanden. Diese strukturelle, von fehlendem Verständnis und fehlender Differenziertheit gekennzeichnete Situation hat der Ombudsmann zum Anlass genommen, sich intensiv in die Arbeit des SCHUFA Verbraucherbeirats einzubringen. Er hat bei der SCHUFA einen Arbeitskreis initiiert, der sich speziell mit dem Thema Scoring befasst und eine Optimierung der SCHUFA-Materialien zum Scoring mit verständlichen und kunden- nahen Formulierungen angeregt.
34 III. berIcht des schuFa ombudsmannes Berechtigte Anliegen Von den 245 zulässigen Beschwerden im Jahr 2011 waren 29 Verbraucheranliegen berechtigt. Das heiß: 29 mal ging das Verfahren zugunsten des Verbrauchers aus, seinem Antrag wurde stattgegeben. ® Dabei lag in 14 Fällen eine fehlerhafte Meldung von einem Vertragspartner der SCHUFA vor. ® In 12 Fällen war ein Bearbeitungsfehler der SCHUFA festzustellen. ® Bei den restlichen drei Anmerkungen konnte ein konkreter Fehler nicht zugeordnet werden. Dies geschieht nur in sehr wenigen Einzelfällen, wenn beispielsweise ein Missverständnis in der Kommunikation vorgelegen hat, oder etwa namen missbräuchlich verwendet wurden. In den übrigen 216 zulässigen Beschwerden wurde die Entscheidung, die im Vorfeld vom SCHUFA Verbraucherservice getroffen wurde, auch vom Ombudsmann als unabhängige Stelle bestätigt. Häufig auftretende Missverständnisse, etwa zu Aufgaben und Handlungsrahmen des SCHUFA Ombudsmannes oder Fehleinschätzungen der Rechtslage, erläuterte Winfried Hassemer den Verbrauchern ausführlich in schriftlicher Form.
35 III. berIcht des schuFa ombudsmannes FAZIT Um eine Bewertung der vorgelegten Zahlen vornehmen zu können, ist eine Betrachtung der Relation mit den Unternehmenszahlen der SCHUFA notwendig. Die SCHUFA speichert 479 Millionen Informationen zu 66 Millionen Personen. Im Jahr 2011 haben 1,4 Millionen Verbraucher eine Auskunft über die zu ihrer Person bei der SCHUFA gespeicherten Daten er- halten. Angesichts dieser Dimensionen sind die im Jahr 2011 beim Ombudsmann ein- gegangenen 367 Verbraucheranliegen als sehr gering zu werten. Zum Vergleich: Das in Köln ansässige Privatkunden ServiceCenter der SCHUFA hat im Berichtsjahr 1.026.136 Anrufe registriert. Im Verbraucherservicezentrum der SCHUFA in Hannover sind im selben Zeitraum insgesamt 373.262 schriftliche Anmerkungen2 eingegangen. Eckzahlen der SCHUFA in 2011 � Auskünfte an Verbraucher: 1,4 Millionen � Personen, zu denen Daten gespeichert sind: 66,2 Millionen � � Anzahl der gespeicherten Informationen: 479 Millionen � Unternehmen, zu denen Daten gespeichert sind: 3,9 Millionen � Privatkunden: 1,2 Millionen � Vertragspartner: 7.000 Eine Kernaufgabe des Ombudsmannes liegt in der verständlichen Erläuterung der SCHUFA- Prozesse und der einzelnen Speicherfristen, die vielen Verbrauchern nicht bekannt sind. Die vergleichsweise niedrige Fallzahl des SCHUFA-Ombudsmannes – im Unterschied zu den Schiedsstellen anderer Branchen – ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die Regularien der SCHUFA sehr detailliert durch das Bundesdatenschutzgesetz definiert sind und kaum Spiel- raum für Auslegungen und Interpretationen bieten. Andererseits zeigt das Ergebnis auch, dass der interne Verbraucherservice der SCHUFA sehr effektiv funktioniert, und die Mehrzahl der Anfragen oder Reklamationen von Verbrauchern bereits hier abschließend bearbeitet werden. 2 Dieser Wert bezieht sich auf die Zahl der Anmerkungen und nicht auf die Zahl der Kunden, die meist mehrere Anmerkungen haben.
36 III. Bericht des SCHUFA Ombudsmannes Schlichtungssprüche Bei den aufgeführten, beispielhaften Verbrau- dig vorgelegen haben. Zu diesem Zweck wird cheranliegen handelt es sich um Beschwerde- dem Vertragspartner in der Regel ein schrift- gegenstände, die so oder ähnlich in Anträgen liches Formulare zugesandt, in dem die zu erfül- an den Ombudsmann beschrieben werden. In lenden Voraussetzungen (§ 28a Abs. 1 BDSG) anonymisierter Form sollen sie dabei helfen, für eine Meldung an die SCHUFA abgefragt die Tätigkeit des Ombudsmannes bei der werden. Die Prüfung der gesetzlichen Melde- SCHUFA zu veranschaulichen. voraussetzungen im beschriebenen Fall ergab, dass diese vorlagen. A) Meldung titulierter Altforderungen Aber: Ein Verbraucher gibt an, dass er kürzlich in dem Zusätzlich zu den gesetzlichen Meldevoraus- über seine Person bei der SCHUFA gespeicher- setzungen des § 28a Abs. 1 BDSG sieht das ten Datenbestand die Eintragung einer offenen SCHUFA-Verfahren vor der Meldung titulierter Forderung bemerkt hat. Bei der Ursprungsfor- Altforderungen, die älter als 1. Januar 2007 derung handelte es sich um eine bereits im Jahr bzw. älter als drei Jahre sind, eine erneute 2003 titulierte Hauptforderung eines Energie- Zahlungsaufforderung vor, verbunden mit dem versorgers, die später an ein Inkassounterneh- Hinweis auf die bevorstehende Übermittlung men abgegeben wurde. Die Meldung wurde an die SCHUFA. Wird die Forderung vom von dem Inkassounternehmen erst im Jahr 2011 Schuldner nach dieser Zahlungsaufforderung veranlasst. Die Forderung wurde also erstmals nicht innerhalb von zwei Wochen beglichen, acht Jahre nach der Titulierung der SCHUFA kann die Forderung an die SCHUFA übermit- gemeldet. Der Verbraucher bestätigt zwar, telt werden. Dies war im vorliegenden Fall dass die Forderung grundsätzlich korrekt ist, jedoch nicht geschehen. Daher gab der Om- beantragt jedoch die Löschung des Eintrags, da budsmann dem Anliegen des Verbrauchers zwischen Titulierung und erstmaliger SCHUFA- statt und veranlasste die Löschung der Forde- Meldung ein beträchtlicher Zeitabstand liegt. rung aus dem SCHUFA-Datenbestand. Darüber hinaus habe weder der Ursprungs- gläubiger, noch das Inkassounternehmen vor B) Keine Bewertung von Vertragsinhalten der Meldung an die SCHUFA Kontakt zu ihm Der Verbraucher trägt vor, dass er im Auftrag aufgenommen. seines ehemaligen Arbeitgebers einen Mobil- funkvertrag mit einem Telekommunikations- Der Ombudsmann veranlasste bei dem ent- unternehmen abgeschlossen hatte. Er sei jedoch sprechenden Inkassounternehmen zunächst die nur Handlungsbevollmächtigter gewesen, die Prüfung, ob die Meldevoraussetzungen zum sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtun- Zeitpunkt der Meldung an die SCHUFA vollstän- gen, wie etwa die Bezahlung der Rechnungen,
37 III. Bericht des SCHUFA Ombudsmannes erfolgte zunächst vollumfänglich seitens der Zunächst wurden alle vom Verbraucher vor- Firma. Das Unternehmen war nicht in Deutsch- gelegten Unterlagen sorgfältig geprüft und land ansässig, sondern im europäischen kontrolliert, ob der Vertragspartner die Mel- Ausland. Nach einiger Zeit wurde das Unter- devoraussetzungen korrekt eingehalten hatte. nehmen insolvent und auch die Rechnungen Die schriftliche Rückfrage ergab, dass die For- des Mobilfunkvertrages nicht mehr bezahlt. derung sachlich richtig und unter Einhaltung Nachdem einige Rechnungen offen geblieben der Meldevoraussetzungen erfolgt war. So waren, wandte sich das Telekommunikations- war der Verbraucher vor der Meldung an die unternehmen mit seinen Zahlungsaufforderun- SCHUFA ausreichend und fristgerecht gemahnt gen direkt an den Verbraucher. Denn er sei, sowie über die mögliche Übermittlung an als Unterzeichner des Vertrages, rechtlich ge- die SCHUFA informiert worden, außerdem sehen für diesen verantwortlich und hafte in hatte er die Forderung vor der ersten Ein- voller Höhe für alle offenen Beträge. Der Ver- meldung nicht bestritten. Aufgrund der vor- braucher verwies jedoch auf seinen ehemaligen liegenden Informationen war daher von der Arbeitgeber und weigerte sich zunächst, die Zulässigkeit der Speicherung auszugehen. offenen Forderungen auszugleichen. Der An- Dem Anliegen des Verbrauchers konnte in bieter meldete sodann die offene Forderung diesem Fall vom Ombudsmann nicht nachge- an die SCHUFA. kommen werden. Letztendlich zahlte der Verbraucher den For- Der Ombudsmann kann grundsätzlich nur derungsbetrag, der dann in seinem Datenbe- prüfen, ob die Voraussetzungen stimmen, mit stand auch als erledigt gekennzeichnet, jedoch denen Informationen an die SCHUFA über- nicht gelöscht wurde. Gemäß der gesetzlichen mittelt werden – also ob die Merkmale sach- Speicherfristen bleiben Einträge über nichtver- lich korrekt und unter Einhaltung der Melde- tragsgemäßes Verhalten – unabhängig davon, voraussetzungen erfolgt sind. Unter welchen ob die Forderung inzwischen ausgeglichen Umständen der Vertrag zwischen dem Ver- wurde – noch drei volle Kalenderjahre bei der braucher und dem Vertragspartner geschlossen SCHUFA gespeichert und werden dann auto- wurde, zu den vertraglichen Konditionen und matisch gelöscht. Nach mehreren erfolglosen der Abwicklung liegen dem Ombudsmann Versuchen bei der SCHUFA, den negativen keine Informationen vor und er kann sich da- Eintrag vorzeitig löschen zu lassen, wandte sich zu nicht äußern – ebenso wenig wie zu den der Verbraucher an den Ombudsmann, mit der Hintergründen und Sachverhalten der jeweiligen Bitte um vorzeitige Löschung des Eintrages im wirtschaftlichen oder persönlichen Situation Rahmen einer Einzelfallentscheidung. des Verbrauchers.
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