Schuldenkrise 2.0? Wann "normale" Zinsen zum Problem werden
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Swiss Economics Schuldenkrise 2.0? Wann «normale» Zinsen zum Problem werden Monitor Schweiz | 2.Q 2022 Konjunktur Fokus Geldpolitik Inflation bremst Konsumdynamik Sind die Staatsschulden bei Ausstieg aus dem Negativzins nicht übermässig steigenden Zinsen tragbar? Seite 6 Seite 12 Seite 18
Editorial Sehr geehrte Leserinnen und Leser Spricht man derzeit mit Unternehmerinnen und Unternehmern, ist der Tenor meist derselbe: Die Auftragsbücher sind voll, aber es fehlt an Material und Arbeitskräften. Offensichtlich verhindern die globalen Lieferkettenprobleme, dass die nach der Aufhebung der Coronamassnahmen im In- und Ausland starke Nachfrage auch bedient werden kann, während der Fachkräftemangel den Kapazi- tätsausbau bremst. Was für das einzelne Unternehmen eine grosse Herausforderung ist, gereicht der Gesamtwirt- schaft indes – zumindest auf kurze Sicht – zum Vorteil. Dank der hohen individuellen Arbeitsplatz- sicherheit bleiben die Konsumenten trotz der schrecklichen Neuigkeiten aus der Ukraine und ver- breiteter Inflationssorgen in Kauflaune. Zudem vermögen das starke Beschäftigungswachstum und die Tatsache, dass immer mehr Arbeitskräfte in besser bezahlte Stellen wechseln, den inflati- onsbedingten Kaufkraftverlust insgesamt zu kompensieren: Im 1. Quartal 2022 ist die gesamte in der Schweiz ausbezahlte Lohnsumme beispielsweise stärker gestiegen als die Inflation. Gleichzei- tig setzt der Trend zu einem vermehrt lokalen Einkauf Anreize für steigende Investitionen in der Schweiz: Gemäss unserer Umfrage stockt jedes fünfte Unternehmen seine Investitionspläne we- gen der Lieferkettenprobleme auf. Dementsprechend gehen wir unverändert davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft dieses Jahr trotz aller Herausforderungen überdurchschnittlich stark wach- sen wird (mehr zu unserer Konjunkturprognose auf Seite 6). Für eine längerfristig prosperierende Wirtschaft sind derweil gute Rahmenbedingungen zentral. Unternehmen müssen die notwendigen Vorleistungen einkaufen können und über genügend Fachkräfte verfügen, was offene Grenzen und gute Ausbildungen voraussetzt. Zudem muss die Preisstabilität gewährleistet sein. Lesen Sie auf Seite 18, warum die Schweizerische Nationalbank (SNB) zwar unter weniger Zugzwang steht als ihre Pendants im Ausland, die Normalisierung der Geldpolitik aber auch hierzulande voranschreitet und bald die erste Leitzinserhöhung ansteht. An- gesichts steigender Zinsen wird von Anlegerinnen und Anlegern häufig die Sorge geäussert, dass die weltweit rekordhohen Staatschulden bald nicht mehr tragbar sein werden. Im Fokus-Artikel ab Seite 12 zeigen wir auf, in welchen Ländern die Schulden tatsächlich zum Problem werden könn- ten und warum das unmittelbare Risiko für eine Schuldenkrise dennoch gering ist. Die Schweiz sticht in der Analyse übrigens mit einer besonders soliden Finanzpolitik hervor, Schuldenbremse sei Dank. Deren enges Korsett könnte indessen im Zuge steigender Zinsen noch enger werden. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. André Helfenstein Claude Maurer CEO Credit Suisse (Schweiz) AG Chefökonom Schweiz Swiss Economics | 2.Q 2022 3
Inhalt Konjunktur Schweiz 6 Inflation bremst Konsumdynamik nicht übermässig Noch überwiegt die positive wirtschaftliche Dynamik dank der Aufhebung der Coronamassnah- men. Das Wirtschaftswachstum sollte 2022 mit 2.5% überdurchschnittlich stark ausfallen. Für 2023 erwarten wir indes eine Wachstumsverlangsamung auf 1.6%. Konjunktur | Monitor 8 Branchen | Monitor 9 Fokus | Fiskalpolitik 12 Sind die Staatsschulden bei steigenden Zinsen tragbar? Die Staatsschulden liegen nach der COVID-19-Pandemie auf einem Allzeithoch, während die Zentralbanken ihre Anleihenkäufe reduzieren und die Leitzinsen erhöhen. Steigende Finanzie- rungskosten werfen die Frage nach der Tragbarkeit der Schulden auf. Dank des aktuell niedrigen Schuldendienstes und der langen Restlaufzeit der Anleihen ist das unmittelbare Risiko für Schul- denkrisen gering. Spätestens ab 2028 dürfte die Zinswende allerdings den fiskalpolitischen Spiel- raum in einigen Industrienationen deutlich beschränken. Geldpolitik 18 Ausstieg aus dem Negativzins Nach einer Anhebung unserer Inflationsprognose gehen wir nun davon aus, dass die Schweizeri- sche Nationalbank (SNB) ihren Leitzins dieses Jahr erhöhen wird. Weitere Zinsschritte dürften folgen. Geldpolitik | Monitor 19 Immobilien | Monitor 20 Credit Suisse Vorlaufindikatoren 21 Prognosen und Indikatoren 23 Swiss Economics | 2.Q 2022 4
Konjunktur Schweiz Inflation bremst Konsum- dynamik nicht übermässig Noch überwiegt die positive wirtschaftliche Dynamik dank der Aufhebung der Corona- massnahmen. Das Wirtschaftswachstum sollte 2022 mit 2.5% überdurchschnittlich stark ausfallen. Für 2023 erwarten wir indes eine Wachstumsverlangsamung auf 1.6%. Wirtschaftswachstum Das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz ist im 1. Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal um hat sich im 1. Quartal 0.5% gestiegen. Damit hat sich die Wachstumsdynamik trotz der Omikron-Welle und des Einmar- 2022 beschleunigt sches Russlands in die Ukraine gegenüber dem Schlussquartal 2021 beschleunigt. Die Corona- massnahmen haben die Wirtschaft folglich weniger stark gebremst als in früheren Viruswellen, zu- mal die meisten von ihnen bereits Mitte Februar wieder aufgehoben wurden. Das BIP liegt nun- mehr 2.4% über dem Niveau von vor der Pandemie. Aus wirtschaftlicher Sicht hat die Schweiz die Pandemie somit verhältnismässig gut überstanden (vgl. Abb. 1). Aufhebung der Die positive Dynamik infolge der vollständigen Aufhebung der Coronamassnahmen dürfte das COVID-19- Wirtschaftsgeschehen auch in den kommenden Monaten prägen. Gemäss unseren Schätzungen Massnahmen wird der Wachstumsbeitrag der Aufhebung der COVID-19-Massnahmen zum privaten Konsum im sorgt für Rückenwind 2. Quartal rund doppelt so hoch ausfallen wie im 1. Quartal. Der Dienstleistungs-PMI, der die Ent- wicklung im konsumorientierten Dienstleistungssektor misst, notiert denn auch seit Februar deut- lich in der Wachstumszone (vgl. Abb. 2). Zudem lässt sich der weitere Verlauf der Pandemie zwar nicht prognostizieren, die Erfahrungen der vergangenen Wellen deuten aber darauf hin, dass sich der wirtschaftliche Schaden einer etwaigen weiteren Welle im Herbst in Grenzen halten sollte. Solide Derweil kommt der Krieg in der Ukraine bislang in stark gestiegenen Energiepreisen sowie einer Arbeitsmarktlage Eintrübung der generellen Konsumentenstimmung zum Ausdruck. Laut der Konsumentenstim- stützt Konsum mungsumfrage vom April sind die Erwartungen zur künftigen Wirtschaftsentwicklung markant ne- gativer als noch im Januar (vgl. Abb. 3). Hingegen werden die individuellen Aussichten auf dem Arbeitsmarkt als einiges besser wahrgenommen – eine direkte Folge des starken Beschäftigungs- wachstums und der sinkenden Arbeitslosenquote (vgl. Box Arbeitsmarkt Seite 8). Die eigene Er- werbssituation ist demnach trotz diffuser Konjunktursorgen gut – und Erstere ist in der Regel ent- scheidend für den Konsum. Darüber hinaus vermochte die gestiegene Inflation bisher die Kauf- kraft hierzulande insgesamt nicht zu schmälern. Dank des hohen Beschäftigungswachstums und der Verschiebung hin zu besser bezahlten Stellen hat die Summe der ausbezahlten Löhne um 3.9% zugenommen und damit stärker als die Inflation (2.1%). Abb. 1: Wirtschaft in der Schweiz deutlich über Vorpandemie- Abb. 2: Dienstleistungs-PMI deutet auf solides Wachstum hin niveau Reales Bruttoinlandprodukt, saisonbereinigt, 4. Quartal 2019 = 100 Wachstumsschwelle = 50 Deutschland Frankreich Italien Schweden 80 Grossbritannien USA Schweiz 105 70 60 100 50 95 40 90 30 85 20 80 10 75 0 2019 2020 2021 2022 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Quelle: Refinitiv Datastream, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: 1. Quartal 2022 Quelle: procure.ch, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: Mai 2022 Swiss Economics | 2.Q 2022 6
Inflation bremst nicht Die Inflationsrate wird gemäss unseren Prognosen bis Ende Jahr auf über 2.0% verharren, bevor übermässig sie langsam wieder abnimmt (Jahresdurchschnitt 2022: 2.3%, vgl. Box Inflation Seite 8). Dank der vorteilhaften Arbeitsmarktsituation (Beschäftigungswachstum von 1.7% und Lohnwachstum von 0.8%) sollte sich der gesamtwirtschaftliche Kaufkraftverlust indes weiterhin in Grenzen halten. Zudem zeigen unsere Analysen der Preiselastizitäten der Konsumnachfrage, dass sich die brem- sende Wirkung der Inflation auf die Konsumdynamik generell in Grenzen hält. Ein Anstieg der In- flationsrate um 1 Prozentpunkt hat den privaten Konsum seit 1982 im Durchschnitt um 0.11% bis 0.13% reduziert (je nach Schätzungsmethode). Insgesamt sollten die privaten Konsumausgaben 2022 deutlich höher ausfallen als 2021 (+4.0%). Die Zunahme des Staatskonsums dürfte sich derweil verlangsamen gegenüber den beiden Vorjahren, welche durch Ausgaben für Impfungen und Tests geprägt waren. Wir rechnen jedoch weiterhin mit einem überdurchschnittlichen Wachs- tum des Staatskonsums von 2.5%, dies u.a. aufgrund der Aufnahme von Flüchtenden aus der Ukraine. Liefersituation Die Unternehmen werden gleichzeitig stark von verbreiteten Schwierigkeiten in den Lieferketten bleibt angespannt gefordert. Gemäss den Teilnehmenden an unserer monatlichen Einkaufsmanagerbefragung (PMI) befürchten 62% der Unternehmen in den nächsten sechs Monaten Produktionsausfälle, weil es an Vorleistungen oder Rohmaterialien fehlt. Eine rasche Rückkehr zur Normalität im Einkauf ist zu- dem nicht in Sicht: 80% der Einkaufsmanager gehen davon aus, dass die Rückkehr zum Normal- zustand erst im kommenden Jahr oder danach erfolgen wird. Entsprechend passen die Unterneh- men ihre Lieferketten und ihr Investitionsverhalten an: Tendenziell wird der Einkauf lokaler ausge- richtet, was auch vermehrte Investitionen in der Schweiz nach sich zieht. So stockt laut Umfrage jedes fünfte Industrieunternehmen sein Investitionsvolumen auf – 4% von ihnen sogar deutlich. Weniger investieren dagegen nur 10%, und nur 3% haben einen Investitionsstopp vorgenommen (vgl. Abb. 4). Wegen des verbreiteten Drucks zu Produktivitätssteigerungen dürften die Ausrüs- tungsinvestitionen somit trotz aller Unsicherheiten und steigender Zinsen um 2.5% zunehmen. Die Bauinvestitionen wurden derweil im 1. Quartal 2022 u.a. durch fehlende Baumaterialen gebremst. Obwohl die Auftragspipeline eigentlich gut gefüllt wäre, rechnen wir hier für das Gesamtjahr mit einer leichten Abnahme von 0.2%. Unveränderte Insgesamt halten wir an unserer Prognose vom vergangenen Herbst fest, wonach das BIP- Wachstumsprognose Wachstum dieses Jahr mit 2.5% überdurchschnittlich stark ausfallen sollte. Die Nachholeffekte von 2.5% für 2022 nach der Aufhebung der Coronamassnahmen im Inland sowie in grossen Teilen des Auslands und 1.6% für 2023 schwächen sich aber zunehmend ab. Und neue Wachstumstreiber sind angesichts der schwieri- gen Lage der Weltwirtschaft, die von Inflation, geldpolitischer Straffung und geopolitischen Unsi- cherheiten geprägt ist, nicht in Sicht. Dementsprechend prognostizieren wir für 2023 eine Ver- langsamung der Wachstumsdynamik auf 1.6%. claude.maurer@credit-suisse.com Abb. 3: Diffuse Konjunktursorgen – individuelle Sicherheit Abb. 4: Lieferkettenproblematik hat sogar einen schwach positiven Einfluss auf die Investitionen Index aus Umfrage Antworten auf die Frage «Wie haben die Probleme in den Lieferketten Ihre Investiti- onspläne verändert?» Konsumentenstimmung Arbeitsplatzsicherheit (rechte Skala) 20 40 Kompletter Investitionsstop 10 20 0 0 Weniger Investitionen -10 -20 -20 -40 Mehr Investitionen -30 -60 -40 -80 Deutlich mehr Investitionen -50 -100 -60 -120 Keinen Einfluss -70 -140 2000 2004 2008 2012 2016 2020 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: Quelle: procure.ch, Credit Suisse April 2022 Swiss Economics | 2.Q 2022 7
Konjunktur | Monitor Inflation Mieten haben am stärksten zur Inflation beigetragen Beitrag zur Inflationsrate im Mai 2022, fünf grösste inflationäre und desinflationäre Kate- gorien, in Prozentpunkten Im Mai 2022 lag das Preisniveau 2.9% über dem Vorjah- Medikamente resstand. Die Inflationsrate wird derzeit massgeblich durch Parahotellerie Preissteigerungen in einigen wenigen Kategorien des Beeren Durchschnittswarenkorbs, welcher der Berechnung der In- Abwassergebühren flation zu Grunde liegt, in die Höhe getrieben. Der Anstieg Zitrusfrüchte der Mieten um 1.4% trug beispielsweise mehr als 0.2 Pro- zentpunkte zur Inflationsrate bei, und derjenige der Erdöl- Diesel produkte erhöhte diese um über 1.0 Prozentpunkt. Im Ge- Wohnungsmiete (Mietpreisindex) gensatz dazu reduzierten niedrigere Preise für Medika- Occasions-Automobile mente (–2.0%) die Inflationsrate um knapp 0.1 Prozent- Benzin punkte. Insgesamt dürften die Konsumentenpreise dieses Heizöl Jahr um 2.3% und nächstes Jahr um 1.0% steigen. -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 maxime.botteron@credit-suisse.com Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: Mai 2022. Arbeitsmarkt In vielen Branchen herrscht derzeit Personalmangel Saldo zwischen dem Anteil der Unternehmen, die ihren aktuellen Personalbestand als zu hoch (+) bzw. als zu tief (–) einschätzen, in Prozentpunkten, ausgewählte Branchen Die gestiegenen konjunkturellen Unsicherheiten hatten bis- April 2022 April 2021 her kaum Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Der Fach- Gesundheits- und Sozialwesen kräftemangel bleibt in vielen Branchen das beherrschende Information und Kommunikation Thema. Vor allem im Gesundheitswesen und in der Infor- Gastgewerbe Freiberufl., wissensch. und techn. DL* mationstechnologie, aber auch im Gastgewerbe, bei Unter- Baugewerbe nehmensdienstleistern und im Bau beurteilten zu Beginn Immobilienwesen des 2. Quartals 2022 besonders viele Unternehmen ihren Kunst, Unterhaltung und Erholung Personalbestand als zu tief. Dementsprechend gibt es der- Grosshandel zeit in diesen Bereichen viele offenen Stellen. Gegenüber Industrie dem Vorjahr nahm die vollzeitäquivalente Beschäftigung im Verkehr und Lagerei 1. Quartal 2022 um 2.6% zu. Für das Gesamtjahr 2022 Detailhandel Finanzbranche rechnen wir mit einem durchschnittlichen Beschäftigungs- wachstum von 1.7%. -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 emilie.gachet@credit-suisse.com * Freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen Quelle: Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), Credit Suisse Zuwanderung Qualifikation der geflüchteten ukrainischen Staatsangehörigen Verteilung der Erwerbstätigen nach Berufshauptgruppen, Stichprobe von 1774 Dos- siers, davon 1338 mit Berufsangaben Seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hat die Schweiz Führungskräfte rund 54’000 Flüchtlinge aufgenommen. Dank des Schutz- status S erhalten die Geflüchteten ohne Asylverfahren ein 4% 8% Akademische Berufe vorläufiges Aufenthaltsrecht für mindestens ein Jahr und 10% Techniker und gleichrangige können arbeiten. Nach frühestens fünf Jahren erhalten Berufe Bürokräfte und verwandte Schutzbedürftige eine Aufenthaltsbewilligung B, die bis zur Berufe 28% Aufhebung des Schutzes befristet ist. Rund 57% der Dienstleistungsberufe und Schutzsuchenden sind erwerbsfähig und knapp 1000 in- Verkäufer Fachkräfte Land- und zwischen erwerbstätig, Tendenz steigend. Die beruflichen 27% Forstwirtschaft Qualifikationen entsprechen in etwa denjenigen der ersten Handwerks- und verwandte Berufe Einwanderergeneration sämtlicher Ausländer in der ständi- 8% Anlagen- und gen Wohnbevölkerung. 12% Maschinenbediener Hilfsarbeitskräfte sara.carnazzi@credit-suisse.com Quelle: Staatssekretariat für Migration, Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 8
Branchen | Monitor Pharmazeutische Industrie Rückgang der Exporte nach Spanien im 1. Quartal 2022 Pharmaexporte im Vergleich zum Vorjahresquartal, saisonbereinigt Die Pharmaexporte verzeichneten im 1. Quartal 2022 ein Q1 2021 Q2 2021 Q3 2021 Q4 2021 Q1 2022 Gewicht Wachstum von 3.8% im Vergleich zum Vorjahresquartal. 200% Zwar nahmen die Exporte in den wichtigsten Abnehmer- markt, die USA, erneut zu (+15%), aber Rückgänge der 150% Ausfuhren nach Deutschland, China und Spanien wirkten bremsend. Nachdem die Pharmaexporte nach Spanien im 100% Jahr 2021 infolge der Impfstoffherstellung extrem stark ge- 50% stiegen waren, näherten sie sich jüngst wieder ihren vorpan- demischen Werten. Generell dürften sich die Pharmaexporte 0% auch in den kommenden Monaten positiv entwickeln, -50% Wachstumsraten wie 2020 oder 2021 sind jedoch nicht mehr zu erwarten. -100% 100% 45% 25% 15% 5% 5% 4% Total Andere USA Deutschland Italien China Spanien tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) Höhere Einkaufs- und Verkaufspreise erwartet MEM-Exporte pro Quartal in Mio. CHF, nach Ländern, saisonbereinigt; Saldo zwischen Unternehmen, die eine Erhöhung der Einkaufs-/Verkaufspreise erwarten, und denjeni- gen, die eine Senkung erwarten, in % Die MEM-Exporte sind im 1. Quartal 2022 gestiegen. Dabei Andere Deutschland konnten alle wichtigen Exportmärkte ausser die USA im Ver- Frankreich Italien China USA gleich zum Vorquartal zulegen. Derweil rechnet die grosse Saldo Einkaufspreise (rechte Achse) Saldo Verkaufspreise (rechte Achse) Mehrheit der von der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der 12000 90 ETH Zürich befragten MEM-Unternehmen mit höheren Ein- 10000 75 kaufs- und Verkaufspreisen in den kommenden Monaten. 8000 60 Dies deutet darauf hin, dass die Unternehmen die höheren 6000 45 Produktionskosten zumindest teilweise an ihre Kunden wei- 4000 30 tergeben werden. Gleichwohl bergen Lieferkettenprobleme 2000 15 und mögliche Produktionsausfälle in China infolge von CO- 0 0 VID-19-Lockdowns Risiken für die MEM-Exporte. -2000 -15 1.Q 2.Q 3.Q 4.Q 1.Q 2.Q 3.Q 4.Q 1.Q 2.Q 3.Q 4.Q 1.Q 2019 2019 2019 2019 2020 2020 2020 2020 2021 2021 2021 2021 2022 tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, KOF, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Uhrenindustrie USA neu wichtigster Abnehmer von Schweizer Uhren Uhrenexporte im Vergleich zum Vorjahresquartal, nach Ländern, saisonbereinigt Die Uhrenexporte setzten ihre Erholung fort und erreichten 80% 1.2 im März mit über CHF 2 Mrd. einen neuen Höchstwert. Die 60% 1 USA lösten Hongkong im Jahr 2021 als wichtigsten Ab- 40% 0.8 nehmermarkt ab und verzeichneten auch in den letzten 20% 0% 0.6 Quartalen starke Umsatzsteigerungen. In Europa scheinen -20% die Konsumenten ihre Kaufstimmung ebenfalls wiederge- -40% 0.4 funden zu haben. In Hongkong ging die Erholung derweil -60% 0.2 nur schleppend voran, und die Exporte nach China waren -80% 100% 38% 14% 13% 10% 6% 6% 5% 4% 4% 0 sogar rückläufig. Die Politik der Null-Toleranz gegenüber Japan Total USA China Andere Hongkong Ver. Königreich Deutschland Frankreich Italien COVID-19 und eine gedrückte Konsumentenstimmung las- sen dort keine rasche Verbesserung der Situation erwarten. Q3 2021 Q4 2021 Q1 2022 Gewichte 2021 tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 9
Branchen | Monitor Detailhandel Detailhandelsumsätze pendeln sich ein Nominale Detailhandelsumsätze, saisonbereinigt, im Vergleich zum Vorjahresquartal Die Umsätze im Schweizer Detailhandel waren im 1. Quartal 50% 40% 2022 gegenüber dem Vorjahresquartal zum dritten Mal in 30% Folge rückläufig. Dies war dem schwindenden Sondereffekt 20% 10% der COVID-19-Pandemie zuzuschreiben, lagen doch die 0% Umsätze in den Bereichen Food, Heimelektronik oder Do-it- -10% yourself (DIY)/Garten unter den während der Pandemie er- -20% Non-Food -30% reichten Werten. Derweil wirkte sich die Normalisierung po- Food/Near-Food Non-Food Bekleidung/ Schuhe Personal Care und Heimelektronik Total Haushalt und Wohnen DIY/Garten/ Autozubehör Freizeit sitiv auf die Umsätze in den Bereichen Bekleidung/Schuhe Gesundheit sowie Personal Care und Gesundheit aus. Hier dürfte sich die Erholung in den kommenden Monaten fortsetzen. Im Ge- gensatz dazu werden die Food-Umsätze wohl unter den Pandemiewerten bleiben. 1Q.2021 2Q.2021 3Q.2021 4Q.2021 1Q.2022 tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com Quelle: GfK, Credit Suisse Tourismus Noch keine Rückkehr der Gäste aus Asien und Ozeanien Logiernächte, indexiert, Durchschnitt 2019 = 100, nach Herkunft Die weitreichende Aufhebung der COVID-19-Massnahmen Afrika Amerika Asien Europa Ozeanien Schweiz Total 180 hat dem Tourismus in Europa und der Schweiz Aufschwung verliehen. Die Zahl der Gäste aus diesen Regionen ist dem- 160 entsprechend seit Ende 2021 wieder gestiegen. Im Gegen- 140 satz dazu erreichen die Logiernächte von Touristen aus 120 Asien und Ozeanien nach wie vor nur weniger als 20% ihrer 100 vorpandemischen Werte. Der Ausbruch der Ukraine-Krise 80 wird wohl dazu führen, dass sich die Zahl der Gäste aus fer- 60 nen Kontinenten nicht unmittelbar erholen wird. Innerhalb 40 Europas sollte die Erholung des Tourismus hingegen weiter 20 voranschreiten. 0 12/2019 06/2020 12/2020 06/2021 12/2021 tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Informationstechnologie (IT) Geschäftslage kühlt sich auf langfristigen Durchschnitt ab Saldo zwischen Unternehmen, die ihre Geschäftslage als positiv beurteilen, und den- jenigen, die sie als negativ beurteilen, in %, und langfristiger Durchschnitt Nachdem die Stimmung im IT-Sektor zu Beginn des Jahres 80 Erbringung von IT-Dienstleistungen Langfristiger Durchschnitt sehr optimistisch war, hat sie sich ab Anfang des 2. Quartals 70 2022 wieder abgekühlt. Der Saldo zwischen den Unterneh- 60 men, die ihre Geschäftslage als positiv einschätzen, und denjenigen, die sie als negativ erachten, liegt aber immer 50 noch bei 40%. Die Herausforderungen, die mit dem Konflikt 40 in der Ukraine und der Null-Toleranz-Politik gegenüber CO- 30 VID-19 in China für die internationalen Wertschöpfungsket- ten einhergehen, dürften den Ausschlag für die Stimmungs- 20 eintrübung gegeben haben. Diese Herausforderungen und 10 die sich ergebende Preisdynamik dürften den IT-Sektor 0 auch in den nächsten Monaten noch beschäftigen. 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com Quelle: Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 10
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Fokus | Fiskalpolitik Sind die Staatsschulden bei steigenden Zinsen tragbar? Die Staatsschulden liegen nach der COVID-19-Pandemie auf einem Allzeithoch, während die Zentralbanken ihre Anleihenkäufe reduzieren und die Leitzinsen erhöhen. Steigende Finanzierungskosten werfen die Frage nach der Tragbarkeit der Schulden auf. Dank des aktuell niedrigen Schuldendienstes und der langen Restlaufzeit der Anleihen ist das unmittelbare Risiko für Schuldenkrisen gering. Spätestens ab 2028 dürfte die Zinswende allerdings den fiskalpolitischen Spielraum in einigen Industrienationen deutlich beschränken. Hohe Schulden Während der Coronapandemie wurde die Konjunktur mit fiskalpolitischen Massnahmen gestützt, und steigende Zinsen während der Einbruch der Einnahmen im Zuge der Rezession grosse Löcher in die Staatshaus- wecken Sorgen halte riss. In der Folge erreichte das durchschnittliche Schuldenniveau relativ zum Bruttoinlandpro- bezüglich dukt (BIP) ein Allzeithoch (vgl. Abb. 1). Mittlerweile verzeichnet die Hälfte der Industrieländer eine Schuldenkrise Schuldenquote von über 60%, während dies 2007 nur in rund einem Drittel dieser Länder der Fall war. Zudem steht nach Jahren sinkender Zinsen eine Zinswende bevor. Die Kombination von stei- genden Zinsen und rekordhohen Schuldenquoten weckt Ängste vor einer erneuten Schuldenkrise, wie sie in den Jahren 2010 bis 2012 in Europa durch die drohende Staatspleite Griechenlands und anderer Mitglieder der Eurozone ausgelöst wurde. Der Schuldenstand Es gibt indessen keine allgemeingültige Höchstgrenze, ab der Staatsschulden «gefährlich» wer- allein sagt wenig den. Relevant ist, ob der Schuldendienst geleistet werden kann. Solange ein Staat nämlich in der über die Lage ist, den Schuldendienst zu finanzieren und Geldgeber zu finden, kann er seine Schulden the- Wahrscheinlichkeit oretisch bis in alle Ewigkeit rollen. Ökonomen betrachten deshalb für die Analyse der Tragbarkeit einer Schuldenkrise der Schulden die Höhe der Zinsausgaben in Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Tragbarkeit wird aus von einer Reihe von Variablen beeinflusst: Neben dem nominalen Schuldenstand zählen dazu zu- künftige Defizite, das allgemeine Zinsniveau, länderspezifische Risikoaufschläge, das Refinanzie- rungsrisiko sowie das Wirtschaftswachstum. Im Folgenden werden wir diese Indikatoren – und da- mit die Tragbarkeit der Schulden – evaluieren. Analyse Analysiert werden die Schweiz und ihre wichtigsten Handelspartner (Deutschland, Frankreich, Ita- der Tragbarkeit lien, Spanien, Grossbritannien, USA) sowie Japan. Letzteres ist wegen des ausserordentlich ho- für die wichtigsten hen Schuldenstands interessant. China klammern wir trotz der grossen Bedeutung als Handels- Handelspartner der partner aus, weil sich die Schuldendynamik in Schwellenländern deutlich von derjenigen in Indust- Schweiz rienationen unterscheidet. Abb. 1: Die Staatsschulden der Industrieländer sind seit der Finanz- Abb. 2: Die Zinsausgaben sind dank Niedrigzinsumfeld trotz stei- krise stark gestiegen gender Schulden stark gesunken Brutto-Staatsschuldenquote (inkl. Sozialversicherung), in % des BIP, 2007 ggü. Verteilung der Zinsausgaben in den Industrienationen, in % des BIP, 2007 ggü. 2021 2020 300% 2007 2020 2007 2021 45% 250% 40% 200% 35% 150% 30% 25% 100% 20% 50% 15% 10% 0% 5% USA Deutschland Schweiz Frankreich Italien Spanien britannien Japan Gross- 0% 0-1% 1-2% 2-3% 3-4% 4-5% >5% Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), Credit Suisse Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 12
Budgetbelastung Zunächst ist festzuhalten, dass der Schuldendienst relativ zum BIP seit der Finanzkrise trotz stei- durch Zinsausgaben gender Schuldenquoten deutlich zurückgegangen ist (vgl. Abb. 2) – dies weil die Zinsen proportio- ist trotz steigender nal stärker gefallen sind, als die Schulden gestiegen sind. Dadurch wurden die Staatshaushalte in Schulden den vergangenen Jahren entlastet. Im Zuge der anstehenden Zinswende dürfte sich dieser Trend zurückgegangen, … nun umkehren, jedoch nicht über Nacht. Abhängig von der durchschnittlichen Restlaufzeit des Schuldenportfolios und dem sich daraus ergebenden Refinanzierungsrisiko haben die Staaten Zeit, sich auf die veränderten Finanzierungsbedingungen vorzubereiten. … und auch Die Schatzkammern der Regierungen haben die rekordtiefen Zinsen der letzten Jahre genutzt, um das Refinanzierungs- die durchschnittliche Laufzeit des Schuldenportfolios zu verlängern und sich somit den Zinsvorteil risiko ist dank für längere Zeit zu sichern (vgl. Abb. 3). Lediglich in den USA und Italien ist das Fälligkeitsprofil im höherer Vergleich zur letzten Schuldenkrise mehr oder weniger konstant geblieben – in den USA auf ei- Restlaufzeiten nem relativ niedrigen Niveau von 5.6 Jahren. Spitzenreiter ist Grossbritannien mit 14.6 Jahren. gesunken, … Spanien konnte seine Restlaufzeit um 1.5 Jahre erhöhen, Frankreich um 1.2 Jahre. In der Schweiz wurde die Restlaufzeit der Eidgenossen sogar besonders stark erhöht, um länger von den Niedrigzinsen profitieren zu können. 2020 fiel die Gesamtrestlaufzeit jedoch kurzzeitig auf das Ni- veau von 2016 zurück, weil die Bundestresorerie ungewöhnlich viele kurzfristige Geldmarktbuch- forderungen ausgab, um die Coronamassnahmen zu finanzieren. … sodass sich der Der aktuelle Anstieg des Zinsniveaus wirkt sich somit nicht unmittelbar auf den Staatshaushalt Zinsanstieg aus, sodass die Staaten Zeit für eine Konsolidierung haben. In Abb. 4 simulieren wir, wie die von erst verzögert uns bis 2023 prognostizierten Erhöhungen der Leitzinsen die effektiven Zinssätze – d.h. die mit auswirkt den ausstehenden Beträgen gewichteten Durchschnittszinssätze über alle Laufzeiten hinweg – beeinflussen könnten. Es zeigt sich, dass die Refinanzierungskosten auch Ende 2023 noch weit geringer sein werden als während der letzten Schuldenkrise. Teilweise wird der effektive Durch- schnittszins anfänglich sogar noch leicht sinken, weil teure Altschulden refinanziert werden. Mittelfristig relevant Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die steigenden Zinsen sollten kurzfristig zwar keine sind Zinsen, Schuldenkrise auslösen, aber das ist kein Freifahrtschein für anhaltende Defizite. Mittelfristig kann Wachstum die steigende Zinslast nämlich sogar bei ausgeglichenem Primärsaldo zum Problem werden. Der und Primärsaldo Primärsaldo ist das Haushaltsergebnis abzüglich aller Zinseinnahmen und -ausgaben; mit ihm lässt sich der Staatshaushalt unabhängig von Schuldenstand und Finanzierung beurteilen. Auch bei Selbst wenn wir annehmen, dass den Ländern künftig die Erzielung eines ausgeglichenen Primär- ausgeglichenen saldos gelingt, wird der Schuldendienst in Italien, den USA, Frankreich und Spanien in absehbarer Primärsaldos kann Zeit so hoch sein, dass die Schuldenquote allein aufgrund der Zinszahlungen weiter steigen wird. die Schuldenquote Im ökonomischen Sinne sind die Schulden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr tragbar. Konkret ist wachsen dies der Fall, wenn der reale Zinssatz für Anleihen über der Wachstumsrate einer Wirtschaft liegt, also wenn das sogenannte Zins-Wachstums-Differential positiv ist. Ist dies der Fall, übersteigt der Schuldendienst den Zugewinn des BIP (also des Nenners der Schuldenquote), und die Schulden- quote wächst selbst dann, wenn der Staatshaushalt ausgeglichen ist. Abb. 3: Staaten haben die Restlaufzeiten der Schulden erhöht, um Abb. 4: Leitzinserhöhungen werden die effektiven Zinssätze auf länger von niedrigen Zinsen zu profitieren Staatsschulden bis Ende 2023 nur langsam nach oben treiben Durchschnittliche Restlaufzeit der ausstehenden Anleihen und Geldmarktbuchforde- Durchschnittlicher Zinssatz von Mai 2022 bis Ende 2023 auf Basis der Leitzinsprog- rungen, in Jahren nosen; Annahme: gleichbleibende Restlaufzeit und gleichbleibende Steigung der Zinskurve; durchschnittlicher Zinssatz während der Schuldenkrise im Jahr 2012 Schweiz Deutschland Frankreich Italien 5% 2012-Niveau Spanien Grossbritannien USA Japan 15 4% 14 13 3% 12 2% 11 10 1% 9 0% britannien Deutsch- 8 Spanien Schweiz Frank- Japan Italien Gross- reich USA 7 land 6 5 2011 2013 2015 2017 2019 2021 Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), Eidgenössische Finanzverwaltung Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), Refinitiv Datastream, Credit Suisse (EFV), Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 13
Trendwende beim In den vergangenen Jahren präsentierte sich die Lage genau umgekehrt: Das Zinsniveau lag unter Zins-Wachstums- der Wachstumsrate, sodass die Staaten ihre Schuldenquoten sogar mit einem kleinen Primärdefi- Differential zit stabilisieren konnten. Gemäss unseren Prognosen der Leitzinsen und des effektiven Zinssatzes aus Abb. 4 sowie den Wachstums- und Inflationsprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird das Zins-Wachstums-Differential künftig wieder in den positiven Bereich drehen, wenn auch je nach Land unterschiedlich schnell (vgl. Abb. 5). Tragbarkeit In der Schweiz und Deutschland dürfte das Differential noch bis Ende des Jahrzehnts negativ blei- wird in Italien, den ben, selbst wenn die Zentralbanken ihre Leitzinsen bis Ende 2025 in vierteljährlichen Schritten von USA, Frankreich und jeweils 25 Basispunkten (Bp) erhöhen. Die beiden Länder werden also ihren Schuldenstand trotz Spanien mittelfristig Primärdefiziten weiterhin zumindest stabilisieren können, weil das Wachstum den steigenden fraglich Schuldendienst finanziert. In den USA werden hierfür ab 2027 selbst ausgeglichene Primärbud- gets nicht mehr ausreichen, in Spanien und Frankreich ab 2028. Italien muss sogar schon ab Mitte 2025 Primärüberschüsse erwirtschaften, um zu verhindern, dass die Schuldenquote allein wegen des Schuldendiensts weiter steigt. Teure Probleme Indessen ist selbst ein ausgeglichener Primärsaldo eine optimistische Annahme. Vor der Pande- erschweren eine mie verzeichneten unter den untersuchten Staaten nur die Schweiz, Deutschland und Italien kein glaubwürdige Primärdefizit. Wegen des hohen Schuldendiensts für Altschulden war in Italien jedoch selbst die- Strategie ser Überschuss nicht hoch genug, um die Schuldenquote merklich zu reduzieren. Und nun kom- zur Konsolidierung men auf alle Staaten viele teure Probleme zu. Angesichts von Investitionen für die Energiewende, höheren Verteidigungsausgaben für Aufrüstung und Cybersicherheit sowie einer nicht gesicherten Finanzierung der Rentensysteme ist eine umfassende Konsolidierung der Staatshaushalte in den nächsten Jahren unwahrscheinlicher geworden. Die Budgetprognosen des IWF (vgl. Abb. 6) las- sen denn auch nicht vermuten, dass dies gelingen wird – mit Ausnahme von Grossbritannien, Deutschland und der Schweiz. Italien, Frankreich, Spanien und die USA könnten also ab Mitte bis Ende dieser Dekade ein Tragfähigkeitsproblem haben. Wenn bis dann eine glaubwürdige Fiskal- strategie fehlt, könnten die Märkte das Vertrauen in diese Länder verlieren, sodass die Wahr- scheinlichkeit einer Schuldenkrise steigt. Sechs Indikatoren Unter Berücksichtigung aller bisher betrachteten Indikatoren lässt sich das Risiko einer Schulden- zur Beurteilung krise gesamthaft evaluieren: Eine Schuldenkrise ist wahrscheinlicher, wenn die Schulden im öko- des Schuldenrisikos nomischen Sinne nicht mehr tragbar sind, also wenn das reale Zinsniveau über der realen Wachs- tumsrate liegt. Sind zudem Bruttoschuldenstand, Schuldendienst und Primärdefizite relativ zur Wirtschaftsleistung hoch, verschärft dies die Tragbarkeitsproblematik. Eine niedrige Restlaufzeit des Schuldenportfolios und ein hoher oder volatiler Länderrisikoaufschlag erhöhen ausserdem das Risiko für eine Schuldenkrise zusätzlich. Abb. 4: Italien, die USA, Frankreich und Spanien werden ohne Kon- Abb. 5: Aktive Konsolidierung der Staatsschulden ist angesichts solidierung schon bald ein Tragfähigkeitsproblem haben teurer Probleme unwahrscheinlich Differenz aus realer Zins- und Wachstumsrate; basierend auf Leitzinsprognosen der Prognose der Primärdefizite der einzelnen Staaten (inkl. Sozialversicherung), in % Credit Suisse bis 2023 und danach vierteljährlichen Erhöhungen um 25 Bp bis Ende des BIP 2025; mit IWF-Inflations- und Wachstumsprognosen bis 2027 und Trendannahmen für die Zeit danach 3% 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2% 0% 0% -2% -4% -3% -6% -8% -6% Schweiz Deutschland -10% Frankreich Italien Spanien Grossbritannien -12% USA Japan -14% -9% Schweiz Eurozone Gross- USA Japan 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 britannien Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), Refinitiv Datastream, Haver Analytics, Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), Credit Suisse Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 14
Box: Länderrisikoprämien, Vertrauenskrisen und der Sonderfall USA Eine Schuldenkrise kann auf zwei Arten hervorgerufen werden: einerseits über eine Verschlechterung der fundamentalen Fiskalposition, bei der die Schulden so weit steigen, dass der Staat den Schuldendienst unter gegebenen Zinsen nicht weiter leisten kann; andererseits über einen Anstieg des länderspezifischen Risikoaufschlags – der neben den risikofreien Langfrist- zinsen das Zinsniveau für Staatsanleihen bestimmt – auf derart hohe Niveaus, dass der Schuldendienst trotz einer funda- mental soliden Fiskalposition unbezahlbar wird. Dies geschieht, wenn die Märkte das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Gläubigers verlieren. Häufig geht dies einher mit einer Verschlechterung der fundamentalen Fiskalposition, es können jedoch auch andere Faktoren wie politische Verwerfungen dafür verantwortlich sein. Während Staaten auf die Entwicklung der Langfristzinsen keinen Einfluss haben – diese werden in erster Linie durch Inflati- ons- und Wachstumserwartungen bestimmt –, hängt die Länderrisikoprämie durchaus auch vom Handeln der jeweiligen Re- gierung ab sowie vom Vertrauen, das Gläubiger in die Zahlungsfähigkeit eines Staates haben. Wenn eine Regierung bei- spielsweise noch nie zahlungsunfähig geworden ist, erhöht dies ihre Glaubwürdigkeit als Schuldner. Letzteres trifft auf die USA zu und erklärt, warum ihr Risikoaufschlag so niedrig ist, obwohl finanzpolitische Fundamentalindi- katoren wie Schuldenstand, Primärdefizit und Refinanzierungsrisiko im internationalen Vergleich weniger solid sind. Investo- ren haben ein derart grosses Vertrauen in den USD und den amerikanischen Staat als Schuldner, dass der Zinssatz auf US- Staatsanleihen sogar als risikofreier Referenzzinssatz verwendet wird. Diesen Luxus geniessen die meisten anderen Länder nicht. Sie können aber das Vertrauen in ihre Zahlungsfähigkeit anderweitig untermauern, zum Beispiel mit einer in der Ver- fassung verankerten Schuldenbremse wie in Deutschland oder in der Schweiz. Damit lässt sich das Tragfähigkeitsrisiko, das über den Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus hinausgeht, begrenzen. In der Gesamtschau In Abb. 7 stellen wir diese sechs Indikatoren für alle untersuchten Länder standardisiert dar: Je sticht Italien höher der Wert, desto problematischer ist dabei die Position eines Landes relativ zu den anderen. mit dem grössten Es zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen den Staaten gross sind. Die Schweiz sticht mit ei- Risiko hervor ner besonders soliden Lage hervor, wohingegen die Fiskalposition Japans, der USA und Italiens schlechter ist. Japan ist ein Sonderfall, weil der Schuldenstand zwar ausserordentlich hoch ist und voraussichtlich auch nicht abnehmen wird, der Schuldendienst aber dank eines ebenso ausseror- dentlich niedrigen Zinsausblicks auf absehbare Zeit kein Problem darstellen sollte. Mit Blick auf die Schulden der USA zeigen drei der sechs Indikatoren ein erhöhtes Risiko an, das Investoren- vertrauen kompensiert dies jedoch zu einem gewissen Grad. In Italien trifft dagegen eine funda- mental schlechte Fiskalposition mit erhöhten und volatilen Risikoaufschlägen zusammen. Diese Kombination ist problematisch, vor allem falls sich die politische Stabilität verschlechtern und dies die Risikoaufschläge nach oben treiben sollte. In dieser Hinsicht könnte die im kommenden Jahr anstehende Parlamentswahl in Italien zu Stress an den Anleihenmärkten führen. Abb. 6: Italien, Japan und die USA stehen bezüglich verschiedener Tragfähigkeitsindikatoren relativ gesehen schlecht da Standardisierte Werte; eine grosse Fläche signalisiert eine schlechte relative Position. Bruttoschulden Stand 2022, Restlaufzeit Stand 2021, Schuldendienst Stand 2020, Prognosen für Primärsaldo und Zins-Wachstums-Differential im Jahr 2027, Länderrisikoaufschlag gemäss Damodaran (2022) basierend auf Ratings und Sovereign Credit Default Swap Spreads Primärsaldo Länderrisikoaufschlag Zins-Wachstums-Differential Restlaufzeit Schuldendienst Bruttoschuldenstand CH DE FR IT ES UK US JP Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF), Damodaran (2022): Country Default Spreads and Risk Premiums, Refinitiv Datastream, Haver Analytics, Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 15
Europa ist Dennoch ist das Risiko einer grossflächigen Schuldenkrise in Europa wie in den Jahren 2010 bis dank verbesserter 2012 gegenwärtig gering. Über alle Länder hinweg aggregiert, ist die fiskalische Position Europas Euro-Architektur besser als etwa diejenige der USA. Um mit dem erhöhten Risiko einzelner Länder besser umge- widerstandsfähiger hen zu können, hat die Europäische Union ihre institutionelle Architektur seit der Eurokrise deut- geworden lich verbessert. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), die Outright Monetary Transac- tions (OMTs) der Europäischen Zentralbank («Whatever it takes») und die gemeinsame Verschul- dung für den Wiederaufbaufonds im Rahmen der Pandemie haben die Eurozone widerstandsfähi- ger gemacht. Risiko einer Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Staatsschulden zwar historisch hoch sind, an- Schuldenkrise ist dere Kennzahlen aber zumindest auf kurze Sicht Entwarnung geben. Wie erläutert wird sich die gering, Zinswende insbesondere dank langer Restlaufzeiten der bestehenden Schulden erst mit grosser steigt aber Verzögerung in den Staatshaushalten bemerkbar machen. Mittelfristig kommt es aber zu einem mittelfristig Drahtseilakt zwischen notwendiger Konsolidierung und wachstumsschädigender Austerität. Zinswende wird Gegen Ende des Jahrzehnts dürfte der fiskalische Spielraum für einige Staaten deutlich schrump- den Spielraum fen. Eine umfassende konjunkturelle Unterstützung durch die Fiskalpolitik, wie sie während der für die Fiskalpolitik COVID-19-Pandemie gewährt wurde, wird dann aller Voraussicht nach nicht mehr überall möglich reduzieren sein, ohne im Anschluss die Steuern zu erhöhen oder andere Ausgaben zu senken, um die Zins- last finanzieren zu können. Es überrascht daher nicht, dass die USA und Europa die aktuell noch relativ niedrigen Zinsen nutzen, um langfristige wachstumsstimulierende Investitionsprogramme zu finanzieren. Tragfähigkeit Mit Blick auf alle Indikatoren, die wir in dieser Studie betrachtet haben, sticht die Schweiz mit ei- in der Schweiz ner besonders solid aufgestellten Finanzpolitik hervor. Dies ist zweifelsohne ein Verdienst der kein Problem, aber Schuldenbremse, die mittlerweile seit fast 20 Jahren in Kraft ist. Die Frage nach der Tragbarkeit die Schuldenbremse der Schulden stellt sich in der Schweiz damit nicht – sie könnte ihre Schuldenquote auch bei wird einschränken Budgetdefiziten stabil halten. Doch deswegen unterscheidet sich der Ausblick für die helvetische Haushaltspolitik in den kommenden Jahren nicht zwangsweise von demjenigen anderer Länder: Nicht der Schuldenstand, sondern das enge Korsett der Schuldenbremse wird bei steigenden Zinsausgaben den Spielraum des Bundes einengen. Die teuren Probleme der Zukunft könnten langfristig unter Umständen auch in der Schweiz zu Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen an andere Stelle führen. franziska.fischer@credit-suisse.com Swiss Economics | 2.Q 2022 16
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Geldpolitik Ausstieg aus dem Negativzins Nach einer Anhebung unserer Inflationsprognose gehen wir nun davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Leitzins dieses Jahr erhöhen wird. Weitere Zinsschritte dürften folgen. Vergleichsweise Da die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins dieses Jahr mehrmals zu erhöhen, um ihn bis niedrige Inflation Ende 2022 auf ein positives Niveau zu bringen, sollten sich die Bedingungen für eine erste Leit- erlaubt zinserhöhung in der Schweiz, bei der keine markante Aufwertung des CHF drohen würde, verbes- vergleichsweise sern. Allerdings wird die SNB ihre Geldpolitik wohl langsamer straffen als die EZB, weil der Inflati- langsame onsdruck in der Schweiz nach wie vor deutlich moderater ist als in der Eurozone. Obwohl wir un- Zinserhöhungen sere Inflationsprognose für 2022 vor Kurzem von durchschnittlich 1.8% auf 2.3% aufwärts revi- diert haben, rechnen wir damit, dass die Inflationsrate bis im 1. Quartal 2023 wieder auf unter 2.0% fallen wird (vgl. Abb. 1), was innerhalb der Definition der Preisstabilität läge. Höhere Zinsdifferenz Weil andere Zentralbanken ihre Leitzinsen dieses Jahr voraussichtlich schneller anheben werden, sollte zur Reduktion um die erhöhte Inflation in ihrem jeweiligen Land zu zähmen, wird die Zinsdifferenz zwischen ihren des Aufwärtsdrucks Währungen und dem CHF zunehmen, was Letzteren weniger attraktiv macht. Allerdings ist die auf den CHF aktuelle Situation für die SNB zwiespältig: Einerseits bezeichnet sie den CHF seit dem Sommer beitragen 2017 als «hoch bewertet» (vgl. Abb. 2) und signalisiert damit eine Präferenz für einen schwäche- ren CHF. Andererseits würde eine etwaige Abwertung des CHF die Inflation via höhere Import- preise anfachen. Insgesamt glauben wir, dass die SNB keine substanzielle Abwertung des CHF abwarten wird, bevor sie ihren Leitzins anzuheben beginnt. Sie dürfte jedoch auch eine zu starke Zunahme des Aufwertungsdrucks auf die Währung vermeiden wollen, die durch eine zu frühe und zu schnelle Erhöhung ihres Leitzinses ausgelöst werden könnte. Keine Verringerung Bisher hat die SNB keinerlei Pläne zur Verkürzung ihrer Bilanz präsentiert. Unseres Erachtens ver- der SNB-Bilanz ursacht der Negativzins höhere Folgekosten als eine hohe Bilanzsumme. Wir erachten eine etwa- ige aktive Reduktion der Bilanz daher als unwahrscheinlich, solange der SNB-Leitzins nicht min- destens 0.0% erreicht hat. maxime.botteron@credit-suisse.com Abb. 1: Inflation dürfte im 1. Quartal 2023 auf unter 2.0% sinken Abb. 2: Wie die SNB die Bewertung des CHF beurteilt hat Inflationsrate, in % Realer effektiver CHF-Wechselkurs, Januar 2011 = 100; eine Aufwärtsbewegung der Kurve entspricht einer Aufwertung des CHF 3.0 Inflation 115 Prognose SNB (März 2022) Prognose Credit Suisse (alt) «Der CHF ist massiv 2.5 überbewertet» Prognose Credit Suisse (neu) 110 2.0 1.5 «Der CHF ist hoch» «Der CHF ist hoch bewertet» 105 1.0 0.5 100 0 -0.5 95 «Der CHF ist deutlich -1.0 überbewertet» 90 -1.5 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 Quelle: Refinitiv Datastream, SNB, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: 1. Quartal Quelle: Refinitiv Datastream, SNB, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: April 2022 2022 Swiss Economics | 2.Q 2022 18
Geldpolitik | Monitor COVID-19-Kredite Mehr als ein Drittel aller COVID-19-Kredite zurückbezahlt Ausstehende COVID-19-Kredite, in CHF Mrd. Die Banken, die am COVID-19-Kreditprogramm teilgenom- 18 16.9 5.8 men haben, haben die Schuldner angewiesen, ab Ende 16 März 2022 mit der Rückzahlung ihrer COVID-19-Kredite zu 14 beginnen. Diese Massnahme wurde von der Schweizeri- 0.4 10.7 schen Bankiervereinigung empfohlen und vom Bundesrat 12 unterstützt. Seit unserem letzten Update hat der Umfang der 10 zurückbezahlten Kredite in der Folge substanziell von 8 CHF 4’715 Mio. (per 3. März 2022) auf CHF 5’777 Mio. 6 zugenommen. Die Ausfälle stiegen von CHF 355 Mio. auf CHF 431 Mio., während CHF 13.2 Mio. (+ CHF 4.2 Mio.) 4 aus zuvor ausgefallenen Krediten zurückgewonnen werden 2 konnten. Der Umfang der ausstehenden COVID-19-Kredite 0 ist damit auf CHF 10.7 Mrd. gefallen. 31.07.2020 Zurückbezahlt Ausgefallen 08.06.2022 maxime.botteron@credit-suisse.com Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Credit Suisse SNB-Gewinn Dritter Quartalsverlust in Folge für die SNB im 1. Quartal 2022 Vierteljährlicher Reingewinn, in CHF Mrd. Die SNB wies für das 1. Quartal 2022 einen Verlust von 50 CHF 32.8 Mrd. aus – den grössten Quartalsverlust seit dem 40 1. Quartal 2020. Dieser war hauptsächlich durch Kursein- 30 bussen bei den Anleihen- und Aktienanlagen der SNB sowie 20 einen stärkeren CHF bedingt. Seit Ende des 1. Quartals ha- 10 ben die Anleihen- und Aktienkurse weiter nachgegeben und 0 den Verlust damit nochmals erhöht. Indessen hat sich der -10 CHF abgeschwächt, was den Verlust teilweise kompensie- -20 ren sollte. Allein dank des Anstiegs des USD auf Paritätsni- -30 veaus gegenüber dem CHF sollte die SNB einen Gewinn -40 von rund CHF 28 Mrd. verbuchen, während ein EUR/CHF- -50 Wechselkurs bei 1.04 einen Gewinn von etwa CHF 6 Mrd. 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 für die SNB impliziert. maxime.botteron@credit-suisse.com Quelle: Bloomberg, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: 1. Quartal 2022 Devisenmarktinterventionen seitens der SNB Fremdwährungskäufe mittlerweile weniger häufig Fremdwährungskäufe durch die SNB, netto, in CHF Mrd. Obwohl die SNB nach eigenen Angaben im 4. Quartal 2021 60 Schätzungen Credit Suisse Offizielle Daten* und im 1. Quartal 2022 eine Aufwertung des CHF toleriert 50 hat, hat sie in diesem Zeitraum dennoch Fremdwährungen erworben. Die SNB wies für das 4. Quartal 2021 Fremd- 40 währungskäufe von CHF 12.7 Mrd. aus, und die Fremd- 30 währungskäufe im 1. Quartal 2022 sollten sich nach unse- ren Schätzungen auf CHF 5.5 Mrd. belaufen haben (offizi- 20 elle Daten werden erst Ende Juni veröffentlicht). In einem 10 Umfeld, in welchem die Zentralbanken ihre Geldpolitik straf- fen, erwarten wir, dass Devisenmarktinterventionen durch 0 die SNB immer weniger häufig erfolgen werden. -10 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 maxime.botteron@credit-suisse.com * verfügbar ab 1. Quartal 2020. Quelle: SNB, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: 1. Quartal 2022 Swiss Economics | 2.Q 2022 19
Immobilien | Monitor Wohneigentum Wachstum der Wohneigentumspreise beschleunigt sich nochmals Preisentwicklung mittleres Segment; gestrichelte Linien: Durchschnitt 2000 – 2021 Jahreswachstum Einfamilienhäuser Die Nachfrage nach Wohneigentum ist derzeit deutlich hö- 10% Jahreswachstum Eigentumswohnungen her als das Angebot. Dieser Nachfrageüberhang bewirkt ein 8% Mittelwert Einfamilienhäuser Mittelwert Eigentumswohnungen sehr hohes und sich weiter beschleunigendes Preiswachs- 6% tum: Innert Jahresfrist stiegen die Preise von Eigentums- wohnungen um 7.5% und die Preise von Einfamilienhäusern 4% um 8.7%. Auch in den kommenden Quartalen dürften die 2% Preise von Wohneigentum weiter zunehmen. Das Plus 0% dürfte aber infolge der höheren Zinssätze bei Fix-Hypothe- ken, der jüngst starken Preiszuwächse sowie der strikten -2% Regulierung wieder tiefer ausfallen. -4% -6% 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 thomas.rieder@credit-suisse.com Quelle: Wüest Partner. Letzter Datenpunkt: 1. Quartal 2022 Mietwohnungen Alle Zeichen stehen auf Erholung Angebotsziffer in % des Wohnungsbestands, Insertionsdauer in Anzahl Tagen 7% 70 Der Mietwohnungsmarkt ist derzeit von einer steigenden Angebotsziffer Nachfrage bei gleichzeitig rückläufigem Angebot geprägt. 6% Angebotsziffer, 4Q-Mittel* 60 Dieser «Schweinezyklus» hat dem jahrelangen Abschwung Insertionsdauer, 4Q-Mittel* (r. Skala) mit steigenden Leerständen und Abwärtsdruck auf die An- 5% 50 gebotsmieten ein Ende bereitet. Sämtliche Zeichen stehen 4% 40 mittlerweile auf Erholung: Die Leerwohnungsziffer sinkt be- reits seit 2021, die Angebotsquote ist ebenfalls rückläufig, 3% 30 und die Insertionsdauer hat sich inzwischen auf den tiefsten 2% 20 Stand seit 2015 verkürzt. Dementsprechend hat auch bei den Mieten eine Trendwende eingesetzt, die andauern 1% 10 sollte. 0% 0 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 fabian.waltert@credit-suisse.com * gleitender Durchschnitt über vier Quartale Quelle: Meta-Sys, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: 1. Quartal 2022 Büroflächen Zurückhaltende Neubautätigkeit bei Büroobjekten Baubewilligungen und -gesuche, gleitende 12-Monats-Summe, in CHF Mio. Die 12-Monats-Summe der Baubewilligungen für Büropro- Neubaubewilligungen Neubaugesuche Umbaubewilligungen Umbaugesuche jekte lag zuletzt mit CHF 1’586 Mio. rund 18% unter dem 4’000 Mittel Baubewilligungen Neubau Mittel Baubewilligungen Umbau langjährigen Mittel. Die Investoren sind mit Büroinvestitionen 3’500 folglich vorsichtig und halten sich mit neuen Projekten zu- 3’000 rück, solange die Unsicherheit bezüglich des künftigen Flä- 2’500 chenbedarfs Bestand hat. Einzig die Umbaugesuche haben im letzten Halbjahr deutlich zugenommen und liegen seit 2’000 September 2021 über dem langjährigen Mittel. In den meis- 1’500 ten Gross- und Mittelzentren dürfte die Zurückhaltung der 1’000 Investoren dazu beitragen, dass sich künftig keine allzu 500 grossen Ungleichgewichte aufbauen. 0 19951997199920012003200520072009201120132015201720192021 kerstin.hansen@credit-suisse.com Quelle: Baublatt, Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: Februar 2022 Swiss Economics | 2.Q 2022 20
Credit Suisse Vorlaufindikatoren Purchasing Managers’ Index (PMI) Industriekonjunktur Purchasing Managers’ Index > 50 = Wachstum Einkaufsmanager stehen am Anfang des Produktionspro- 70 zesses. Der PMI nutzt diesen Vorlauf zur Prognose der Kon- 65 junktur. Er basiert auf einer monatlichen Umfrage, die 60 procure.ch – der Fachverband für Material und Einkauf – durchführt. Die Einkaufsmanager beantworten acht Fragen 55 zu Produktion, Auftragsbestand, Einkaufsmenge, Einkaufs- 50 preis, Lieferfristen, Einkaufslager, Verkaufslager und Be- 45 schäftigung. Sie geben an, ob die Aktivitäten höher, gleich oder tiefer als im Vormonat ausgefallen sind. Aus den pro- 40 zentualen Anteilen der Antworten, die «höher» und «gleich» 35 lauten, werden die Subindizes berechnet, wobei der Anteil der «gleich»-Antworten nur zur Hälfte einfliesst. Der PMI 30 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019 2022 liegt zwischen 0 und 100, wobei ein Wert über 50 eine ex- pandierende Aktivität im Vergleich zum Vormonat bedeutet. Quelle : procure.ch, Credit Suisse Credit Suisse Exportbarometer Exporte In Standardabweichungen, Werte > 0 = Wachstum Das Credit Suisse Exportbarometer nutzt die Abhängigkeit 4 der Exporte von der Nachfrage auf den ausländischen Ex- 3 portmärkten. Zur Konstruktion des Exportbarometers wer- 2 den Vorlaufindikatoren für die Industrie in den 28 wichtigs- ten Abnehmerländern zusammengetragen. Die Werte dieser 1 Vorlaufindikatoren werden mit dem Exportanteil des jeweili- 0 gen Landes gewichtet. Das Exportbarometer verdichtet die -1 Informationen zu einem einzigen Indikator. Da es sich um standardisierte Werte handelt, wird das Exportbarometer in -2 Standardabweichungen angegeben. Die Nulllinie entspricht -3 der Wachstumsschwelle. Das langfristige Durchschnitts- wachstum der Schweizer Exporte von knapp 5% liegt bei 1. -4 2000 2004 2008 2012 2016 2020 Quelle: PMIPremium, Credit Suisse CS CFA Society Switzerland Indikator Konjunktur Saldo der Erwartungen, Werte > 0 = Wachstum Finanzanalysten sind am Puls der Wirtschaft. Zusammen mit 100 der CFA Society Switzerland führen wir seit 2017 eine mo- 80 natliche Befragung von Finanzanalysten durch: die Finanz- 60 markt-Umfrage Schweiz1. Die Analysten werden nicht nur 40 nach ihrer Einschätzung zur aktuellen und zukünftigen kon- 20 junkturellen Lage und zur Inflationsrate gefragt, sondern 0 auch um ihre Einschätzungen hinsichtlich Finanzmarktthe- -20 men wie der Aktienmarktentwicklung oder der Zinsprogno- -40 sen gebeten. Der eigentliche CS CFA Society Switzerland -60 Indikator stellt den Saldo der Erwartungen bezüglich des -80 Verlaufs der Schweizer Konjunktur in den kommenden sechs Monaten dar. -100 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 1 2006 bis 2016 als Credit Suisse ZEW Indikator publiziert Quelle: CFA Society Switzerland, Credit Suisse Swiss Economics | 2.Q 2022 21
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