Schule der Vielfalt Modul 1: Sexuelle Orientierung - Informationen und Angebote für Schulen in Salzburg
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Schule der Vielfalt Modul 1: Sexuelle Orientierung Informationen und Angebote für Schulen in Salzburg
Impressum: EigentümerIn, HerausgeberIn, VerlegerIn: Land Salzburg, Stabsstelle für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung und Frauenförderung, Michael Pacher Str. 28, 5020 Salzburg in Koopera- tion mit HOSI Homosexuelle Initiative Salzburg, Gabelsbergerstr. 26, 5020 Salzburg Redaktion: Paul Arzt, Florian Friedrich, Johannes (Phillip) Hinterberger, Susanne Kurz, Gernot Marx, Julia McFadden, Martin Plöderl Bilder/Fotos: Wilson Urlaub/pixelio.de, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Thommy Weiss/pixelio.de, Christina Bieber/pixelio.de, Ingo Sturm/pixelio.de, Lisa Spreck- elmeyer/pixelio.de, Jorma Bork/pixelio.de, Benjamin Thorn/pixelio.de, Gerd Altmann/pixelio.de, HOSI Salzburg, Bildpool). Hofschlaeger/pixelio. de, Gerd Altmann/pixelio.de, Dieter Schütz/pixelio.de, Stephanie Hofschlaeger/pixelio.de, Dieter Schütz/pixelio.de, Benjamin Thorn/pixelio.de, Collage (Klaus Wowereit/wiki commons cc-by-sa Superbass, Alfons Haider/wiki commons cc-by-sa Magnus Manske, George Michael/wiki com- mons Public Domain, Tenessee Williams/wiki commons public domain, Greta Garbo & Oscar Wilde/wiki commons Public Domain, Jody Foster/ wiki commons cc-by-sa FRZ, Martina_Navrátilová/wiki commons cc-b-sa Robbie Mendelson, Marlene Dietrich/wiki commons Public Domain, Gianna Nannini/wiki commons cc-by-sa Udo Grimberg), Gray59/pixelio.de Design und Layout: Johannes (Phillip) Hinterberger (HOSI Salzburg) Druck: Hausdruckerei - Land Salzburg Quellenangaben: Unterrichtsmaterialien S. 18–31: aus „Lesbische und schwule Lebensweisen. Handreichung für die weiterführenden Schulen“ Berlin, http://www.berlin.de/imperia/md/content/lb_ads/gg1lw/themen/lesbische_und_schwule_ lebensweisen_2010_ohne_cartoons.pdf, Seite 12, 26f, 50f, 55f, 64f, 50f, 82-86, Beitrag 7 aus „Lehrer Online“, Autor: Dominik Rzepka, http://www.lehrer-online.de/homosexualitaet.php?- di=81834745365142760434312211221530, Glossar: Stabstelle für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung und Frauenförderung in Kooper- ation mit Frauenbüro der Stadt Salzburg und Homosexuelle Initiative (HOSI) Salzburg (2007): Andersrum ist nicht verkehrt. Diversity Manage- ment und sexuelle Orientierung in der Arbeitswelt, Seiten 12-13. Für Druckfehler wird nicht gehaftet. Danke für die freundliche Genehmigung zur Verwendung! Salzburg, Oktober 2012
Vorwort „Schule der Vielfalt“ – ein Programm für die Zukunft … Chancengleichheit ist mehr als ein Schlagwort. Und gemeint ist nicht nur ein gleichberech- Mag.a Burgstaller - © Porträt 02 / SPÖ tigter Zugang zu unserem Bildungssystem für alle. Chancengleichheit beschreibt auch sehr gut, wie das gemeinsame Lernen und Leben in der Schule gestaltet werden kann und soll. Die ausgehend von den EU-Antidiskriminierungsrichtlinien erlassenen Bundes- und Landesgesetze legen fest, dass niemand auf Grund von Geschlecht, Alter, Behinderung, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung oder der sexuellen Orientierung diskriminiert oder belästigt werden darf. Weder direkt noch indirekt. Prof. Mag. Gimpl - © Eva-Maria Engelsberger Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber zahlreiche Erfahrungsberichte machen nachdenk- lich und rufen dazu auf, für eine „Schule der Vielfalt“ einzutreten, in der Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern unterschiedlicher Herkunft, Muttersprache, Reli- gion oder sexueller Orientierung in ihrem So-Sein akzeptiert und geschätzt werden. Wer den Wert von Vielfalt erkannt hat, wird auch aktiv gegen Diskriminierungen auftreten, gleichgültig wer betroffen ist oder aus welchem Grund. In diesem Leitfaden finden Sie ein Kurzkonzept zur „Schule der Vielfalt“ mit konkreten Impul- sen zur Verankerung dieser Ziele und Leitsätze im Schulalltag und Schuljahr. Eine Arbeitsgrup- Mag.a Kurz - © Parlamentsdirektion / WILKE pe hat außerdem als erstes Modul die Thematik „Sexuelle Orientierung“ aufbereitet. Neben grundsätzlichen Infos zum Thema finden Sie Unterrichtsmaterialien und Angebote von Refe- rentInnen, die an Salzburger Schulen Workshops und Projekttage gestalten können. Bereits 2007 hat der Salzburger Jugendlandtag im Antrag 1 All different – all equal gefordert: 1. Aufklärungsarbeit durch Lehrpersonen, denen im Vorfeld eine dementsprechende Weiter- bildung angeboten wird. Diese Aufklärung kann im Rahmen von Workshops oder auch durch Peers passieren. Prim. Priv.-Doz. Dr. Fartacek - © privat 2. Forcierung von Initiativen und Projekten ausgehend vom Land Salzburg in Zusammenarbeit mit Fachstellen (z.B. Homosexuelle Initiative), welche Themen wie z. B. die Gleichstellung von Homosexuellen behandelt. Spezielles Augenmerk soll auf die Sensibilisierung und das Abbau- en von Vorurteilen gelegt werden. (…) Das Salzburger SchülerInnenparlament hat im Juni 2011 daran anknüpfend im Antrag 10 Fight Homophobia! gefordert: • Verstärkte Behandlung des Themas „Homosexualität“ im Biologieunterricht und ent- Mag. Arzt - © privat sprechende Aufklärung • Verstärkte Bewusstseinsarbeit an Schulen, z.B. auch verstärkte Zusammenarbeit mit Organisationen wie Homosexuelle Initiative – HOSI. 3
Und im Antrag 15 Vermehrte Anti-Diskriminierungs-Arbeit an Schulen wurde angeregt: • Peer-Mediation für SchülerInnen in allen Salzburger Schulen • Ausbildung der Lehrpersonen • Auseinandersetzung im Unterricht mit dem Thema Diskriminierung Mag. Lindner - © privat Diesen klaren Wünschen unserer Schülerinnen und Schüler will das Projekt Schule der Vielfalt als Ganzes und das Modul 1 - Sexuelle Orientierung im Detail entsprechen. Das Programm Schule der Vielfalt soll die Schulen für homo- und bisexuelle SchülerInnen nicht nur sicherer machen und so auch suizidpräventiv wirken, sondern auch zu einem Ort, an dem sie ihre Fähigkeiten voll entfalten können, ganz im Sinne des Diversity-Gedankens. Darüber hinaus wird der Umgang mit Vielfalt eine immer wichtigere Lebenskompetenz. Schule der DSA Teufl-Bruckbauer MAS - © privat Vielfalt ist damit auch ein aktiver Beitrag zur psychischen Gesundheitsförderung. Angedacht ist, dass zu den Themenbereichen Ethnische Herkunft und Religion sowie Behinde- rungen weitere Module erarbeitet werden. Der Impuls zu einer Schule der Vielfalt will von Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern und Eltern bzw. ElternvertreterInnen mitgetragen werden. Im Adressteil finden Sie Kontaktstellen und -personen, wo Sie Beratung und Unterstützung bekommen, wenn Sie Fra- gen zur Umsetzung an Ihrer Schule haben. Und auch wenn Sie Anregungen, Ideen, Vorschläge oder Kritik äußern möchten, sind Sie bei diesen Kontaktstellen an der richtigen Adresse. Viel Freude auf dem Weg zu einer Schule der Vielfalt! Mag.a Gabi Burgstaller Landeshauptfrau Prof. Mag. Herbert Gimpl Mag.a Susanne Kurz Amtsf. Präsident des Landesschulrats Gender- und Diversity-Beauftragte des Landesschulrates Prim. Priv.-Doz. Dr. Reinhold Fartacek Mag. Paul Arzt Ärztlicher Direktor - Universitätsklinikum Christian Doppler Klinik Stv. Gleichbehandlungsbeauftragter des Landes Salzburg Mag. Josef Lindner DSA Maritta Teufl-Bruckbauer MAS Obmann der HOSI Homosexuelle Initiative Salzburg Geschäftsführende Leiterin Aidshilfe Salzburg 4
Inhalt Auf dem Weg zur „Schule der Vielfalt“ Eine Projektskizze 6 Warum eine Charta der Vielfalt? 8 Charta der Vielfalt 9 Homosexuelle, bisexuelle und transidente (HBT) Jugendliche Grundwissen für Lehrpersonen 10 Thematisieren: NICHT moralisieren! Homosexualität und sexuelle Orientierung im Unterricht 14 Hinweise und Tipps für SchulleiterInnen und Lehrkräfte 16 Materialien für den Unterricht 17 1. Talkshow - „So sind Homosexuelle“ 18 2. Um die Welt... Berühmte „Homos“ 20 3. „Wenn ich... dann denke ich...“ 22 4. „Meine Mutter liebt eine Frau“ 24 5. „Ich lebe zusammen mit meinen Vätern... und du?“ 26 6. Comics - „Geschichten in Bildern“ 28 7. „Ist es cool?“ - lesbisch/schwul/bisexuell sein 32 Fortbildung - Workshops für Lehrkräfte Homophobie in der Schule I 33 Homophobie in der Schule II 33 Workshops für Schulklassen SchwuLesBisch - Na und? I 34 SchwuLesBisch - Na und? II 35 SchwuLesBisch - Na und? III 35 Anhang Glossar - Begriffe und ihre Bedeutung 32 Die rechtliche Situation in Österreich 34 Wichtige Adressen 39 Zusätzliche Infos 39 Nützliche Webtipps 39 Unser Angebot für Ihre Schule 39 5
Auf dem Weg zur „Schule der Vielfalt“ Eine Projektskizze Ausgangslage • Vorurteile und Stereotypen sind diskriminierend und blockieren die menschliche Kommunikation Unsere Gesellschaft wird immer pluralistischer. Das wirkt und die Chance, sich zu entfalten. Die Anwendung sich auch auf den Sozialisationsraum Schule sehr stark von Vorurteilen und Stereotypen gegenüber An- aus. Wo verschiedene Kulturen, Religionen und sozia- deren, vor allem durch die Mitglieder der Mehr- le Hintergründe und Einstellungen aufeinandertreffen, heitsgesellschaft, ist verantwortlich für die Ent- können Konflikte auftreten. Die Fähigkeit zu Empathie, stehung und Verfestigung von Barrieren zwischen Konfliktfähigkeit und Toleranz wird als Schlüsselkompe- gesellschaftlichen Gruppen. Anerkennung und tenz für ein positives Miteinander gesehen und braucht Akzeptanz hingegen erhöhen die Bereitschaft al- Lernerfahrungen, um sich ausprägen zu können. Die ler, an einer gemeinsamen Sache mitzuwirken. frühe und nachhaltige Stärkung dieser Lebenskompe- tenzen ist für den Erwerb von Bildung, für das Gemein- • Der Ansatz von „Schule der Vielfalt” kombiniert schaftsgefühl im Schulalltag und für die Integration in individuelle Lernprozesse mit der Erkenntnis, die Berufswelt von großer Bedeutung und trägt zur psy- dass Diskriminierung nur dann abgebaut werden chischen Gesundheit und einem sinnerfüllten Leben bei. kann, wenn auch Situationen und Kontexte ver- ändert werden, d.h. die Betonung liegt auf der Ziel des Schwerpunktprogrammes „Schule der Vielfalt“ ist Notwendigkeit von konkreten sozialen Aktionen. es, eine Sensibilisierung für unseren kulturellen Filter zu erlangen und eine Offenheit für jede Art von Differenz zu • Persönliches Engagement ist ein Faktor, der Motiva- fördern und dadurch Diversity-Kompetenz zu gewinnen. tion steigert. Nachdenken über sich selbst, über die Es geht darum, uns zu befähigen, Vielfalt zu gestalten und eigene Sozialisation und den sozialen Kontext bietet Verantwortung für den Abbau von Stereotypen, Vorurtei- einen Zugang zu persönlichem Engagement. Die Er- len und Diskriminierungen zu übernehmen. Lehrerinnen kennung der Bedeutung der eigenen sozialen Identi- und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler werden dazu tät und unserer sozialen Verortung ist auch mit einer motiviert, Schritte zu unternehmen, um Bedingungen für kommunikativen Interaktion mit „Anderen” verbun- Akzeptanz und positive Bewertung von Vielfalt zu schaf- den. fen. Voraussetzungen und Rahmenbedingungen 1. Start: Eine gute Möglichkeit, mit dem Schwer- punktprogramm „Schule der Vielfalt“ zu starten, ist die inhaltliche Auseinandersetzung mit der „Charta der Vielfalt“ (Seite 9). Dadurch werden LehrerInnen und SchülerInnen mit den Grundsät- zen von Diversity Management vertraut gemacht und können ihre Fragen einbringen. Mit der ge- meinsamen Unterzeichnung – zum Beispiel im Rahmen einer Schulveranstaltung zum Ende oder Beginn eines Schuljahres oder Semesters – die- ser Charta erfolgt der symbolische „Startschuss“. Hintergrund 2. Maßnahmenplanung: Um diesem symbolischen Akt auch eine nachhaltige Umsetzung im Schul- • Soziale und kulturelle Vielfalt bietet neue Per- alltag folgen zu lassen, ist eine methodisch viel- spektiven und bedeutet Bereicherung und Ge- fältige und realistische Planung von Maßnahmen winn für eine sonst durch Vorurteile und Stereo- nötig. Hier könnte ein Mix aus Top-Down-Maß- typen blockierte menschliche Kommunikation. nahmen (von Schulleitung oder LehrerInnenkol- legium vorgegeben) und Bottom-up-Initiativen • Wir können zusammen etwas tun, um die (Beiträge aus Ideenforen in Klassen oder Vorschlä- Rahmenbedingungen zu schaffen, Anerken- ge von Klassen- und SchulsprecherInnen oder en- nung und Respekt der Menschenwürde un- gagierten ElternvertreterInnen) ein stimmiges abhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion Bündel von sichtbaren Projektschritten ergeben. oder sexueller Orientierung zu ermöglichen. 6
3. Evaluation: Nach einem Schuljahr (und dann tägigen Projektunterricht bearbeiten. Zum Mo- in jährlichen Abständen) werden die gesetz- dul „Sexuelle Orientierung“ gibt es dazu einige ten Maßnahmen auf ihre konkreten Wirkun- Anregungen in diesem Leitfaden (ab Seite 16). gen und Nachfolgewirkungen hin überprüft. 4. LehrerInnenfortbildung an der Schule: In den kom- 4. Dokumentation/Öffentlichkeitsarbeit: Es ist wich- menden Jahren wird es im Rahmen der LehrerIn- tig – auch zur Aufrechterhaltung der Motivation nenaus- und -fortbildung verstärkt zu Angeboten zu – begleitend die Projektschritte zu dokumentieren Diversity Management in der Schule kommen. Ergän- und die „Meilensteine“ zu veröffentlichen (z.B. auf zend können ReferentInnen für einen Fortbildungs- der Webseite der Schule und in Jahresberichten). tag oder –halbtag an der Schule angefordert werden. 5. Externe Unterstützung: Die Gender- und Diversi- 5. Materialien: Auf www.schule.at und zahlreichen an- ty-Beauftragte des Landesschulrates (Adresse: Seite deren Portalen (vgl. auch Linkliste auf Seite 39) fin- 39) vermittelt Kontaktadressen zu ReferentInnen den sich mittlerweile sehr viele hilfreiche Materialien zu verschiedenen Themenbereichen von Diversität und Medien für den Einsatz an der Schule, sei es im und informiert über Kofinanzierungsmnöglichkeiten. Fachunterricht oder bei Projekten oder Schulveran- staltungen. Praxisbeispiele Wie konkret das Schwerpunktprogramm „Schule der Vielfalt“ an einer Schule umgesetzt und nachhaltig ver- ankert werden kann, dafür gibt es keinen Rezeptkata- log. Die Schulleitung, die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schülerinnen und Schüler sind eingeladen, Ideen dazu einzubringen – sowohl in der Gestaltung des Un- terrichtes, bei Projektunterrichtsphasen als auch bei besonderen Schulveranstaltungen, wo auch durch ein- fache Akzente schon viel für die Sache erreicht wer- den kann. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können nachfolgende Praxisbeispiele eine Orientierung geben: 1. Gebäude/Raumgestaltung: Sowohl in den allgemein zugänglichen Räumen (Pausenraum, Aula, Stie- genhäuser, evtl. bei bestimmten Aktionen auch in den Toiletten) als auch in den Klassenräumen kann durch Plakate (die auch im Unterricht gestaltet wer- den können) oder andere Objekte (Kalenderblätter, Objektkunst …) thematisch ein Plädoyer für Viel- Offen für weitere Entwicklungen falt und gegen Diskriminierung platziert werden. Diese Projektskizze versteht sich als erster Entwurf der 2. Akzente bei Sprechtagen und Schulveranstaltungen: Arbeitsgruppe, die diesen Leitfaden erstellt hat. Wir sind Bei Elternsprechtagen und Schulveranstaltungen sehr daran interessiert, Ihre Meinungen und Erfahrungen kann auf verschiedene Weise das Engagement für dazu mitgeteilt zu bekommen, und werden diese in die eine „Schule der Vielfalt“ zum Ausdruck kommen, weiteren Konzepte und Leitfäden zum Schwerpunktpro- z.B. durch ein multikulturelles Buffet, Einladung gramm „Schule der Vielfalt“ einfließen lassen. an Gäste aus anderen Sprach- und Kulturkreisen, Schicken Sie Ihr Feedback am besten als E-Mail-Nach- Medieneinsatz (Dokumentar- und Spielfilme) usw. richt an die Gender- und Diversity-Beauftragte des Lan- desschulrates (Adresse: Seite 39). 3. Projektunterricht: Sowohl klassenübergreifend als Danke für Ihre Mitwirkung und auch in den Klassenverbänden lässt sich die The- Mitgestaltung! matik der Diversität sehr gut durch ein- oder mehr- • Paul Arzt 7
Warum eine Charta der Vielfalt? Jeder Mensch trägt durch seine unverwechselbare Individualität, seine unterschiedlichen Erfah- rungen und Begabungen zum kreativen Potential einer Gesellschaft bei. Vorausgesetzt, er oder sie findet auch die positiven und fördernden Rahmenbedingungen vor. Immer mehr Unternehmen, Organisationen und öffentliche Institutionen erkennen in dieser Vielfalt eine wichtige Erfolgskom- ponente und suchen Wege, sie zu unterstützen. Die „Charta der Vielfalt“ ist eine Initiative zur Förderung der Wertschätzung gegenüber allen Mit- gliedern der Gesellschaft – unabhängig von Geschlecht, Lebensalter, Herkunft und Hautfarbe, sexueller Orientierung, Religion und Weltanschauung sowie körperlicher oder geistiger Behinde- rung. Die Charta der Vielfalt ist eine freiwillige Verpflichtung. Sie basiert auf der Erkenntnis, dass Vielfalt ein Wesensmerkmal Europas ist – seiner Geschichte ebenso, wie seiner Gesellschaft. Und sie sieht und schätzt die Vorteile und Chancen, die diese Vielfalt bietet. 2010 wurde die österreichische Charta der Vielfalt von der Wirtschaftskammer Österreich und der Wirtschaftskammer Wien nach einer Idee von factor-D Diversity Consulting gestartet. Elf Unternehmen traten im November 2010 als erste Unterzeichner der Charta der Vielfalt auf und setzten ein klares Zeichen in Richtung Offenheit gegenüber ALLEN Personen und Gruppen in Wirt- schaft und Gesellschaft: BAWAG P.S.K., equalizent, Hewlett-Packard, IBM Österreich, Microsoft, Novartis, Österreichische Volksbanken, Secretary Search (diversity search), TNT Express (Austria), UniCredit Bank Austria und Western Union Financial Services. Die Charta der Vielfalt ist für die unterzeichnenden Unternehmen und Organisationen nicht nur eine Verpflichtung, sondern – als Plattform – auch ein Forum der Information, der Präsentation und des Erfahrungsaustausches. Nähere Informationen: www.charta-der-vielfalt.at Im Lauf der Redaktionsarbeit an diesem Leitfaden wurde der Text der Charta der Vielfalt für Schu- len geringfügig angepasst und wird als solcher hier erstmals veröffentlicht. Wir meinen, dass alle wesentlichen Punkte enthalten sind. Aber natürlich können an der eigenen Schule Anpassungen und Ergänzungen vorgenommen werden, wenn dies erforderlich scheint. 8
Charta der Vielfalt Vielfalt gewinnt in Schulen zunehmend an Bedeutung. Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder Zahlreiche gesellschaftliche Veränderungen prägen und sexueller Orientierung und -Identität. beeinflussen das Leben an Österreichs Schulen. Migra- tion, Gleichstellung, Integration und Inklusion sind Ver- Wir schaffen ein Klima der Akzeptanz und des gegensei- änderungen, die durch den demografischen Wandel, die tigen Vertrauens. Dies hat positive Auswirkungen auf alle europäische Rechtsentwicklung und einen generellen Beteiligten – Lehrer und Lehrerinnen, Schüler und Schüle- Wertewandel voran getrieben werden. rinnen, Eltern, Freunde und Freundinnen – sowohl in Ös- terreich als auch in anderen Ländern der Welt. Die Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Bedürfnisse des Lehr- personals sowie der Schüler und Schülerinnen zu erfüllen. Im Rahmen dieser Charta werden wir Die Einbeziehung der Vielfalt kann zu einem besseren Zu- sammenleben für alle führen. Es wird nicht nur die Krea- eine Schulkultur pflegen, die von gegenseitigem Res- tivität gesteigert, sondern Vielfalt eröffnet auch vielfältige pekt und Wertschätzung jeder und jedes Einzelnen ge- Lösungsansätze. prägt ist. Wir schaffen die Vorraussetzung dafür, dass Lehrer und Lehrerinnen sowie Schüler und Schülerin- nen diese Werte erkennen, teilen und leben. Dabei wird Lehrern und Lehrerinnen eine besondere Verant- wortung zuteil. unsere Lehrmethoden überprüfen und sicherstellen, dass diese den vielfältigen Fähigkeiten und Talenten aller Schüler und Schülerinnen gerecht werden. die Vielfalt der Gesellschaft innerhalb und außerhalb der Schule anerkennen, die darin liegenden Potenzia- le wertschätzen und zum Vorteil der Schule einsetzen. die Umsetzung der Charta zum Thema des internen und externen Dialogs machen. über unsere Aktivitäten und den Fortschritt bei der Förderung der Vielfalt und Wertschätzung jährlich öf- fentlich Auskunft geben. unsere Lehrer und Lehrerinnen, sowie Schüler und Schülerinnen über Diversity informieren und sie bei Die Umsetzung der „Charta der Vielfalt“ in Schulen hat der Umsetzung der Charta einbeziehen. zum Ziel, ein Zusammenleben zu schaffen, das frei von Vorurteilen ist. Wir sind überzeugt: Gelebte Vielfalt und Wertschätzung dieser Vielfalt hat eine Alle Menschen sollen Wertschätzung erfahren – unab- positive Auswirkung auf Schulen und die Gesellschaft in hängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Österreich. 9
Homosexuelle, bisexuelle und transide Grundwissen für Lehrpersonen H omosexualität als eine Variante menschlicher Se- Comingout – Identitätsmanagement xualität erscheint heutzutage vielen als etwas, was keiner näheren Betrachtung mehr bedarf, ist sie Das Comingout ist wohl einer der wichtigsten Meilenstei- doch mittlerweile sichtbar und scheinbar unproblema- ne im Leben von HBT-Menschen. Meist wird unter Comin- tisch. Für mich macht es keinen Unterschied, ob ein Ju- gout das Mitteilen der sexuellen Orientierung bzw. der gendlicher schwul oder eine Jugendliche lesbisch ist oder Transidentität an andere gemeint. Davon zu unterschei- nicht, ist eine entsprechende Aussage, die oft zu hören den ist das innere Comingout, das heißt, das Bewusstwer- ist. Damit wird aber eher eine tolerante als eine profes- den der eigenen Homo-/Bisexualität oder Transidentität. sionelle Haltung ausgedrückt, denn es bedarf sehr wohl Ein Großteil der HBT-Menschen wissen früh über ihre spezifischen Wissens, damit man homosexuellen, bisexu- Orientierung Bescheid, meist schon am Ende der Kindheit ellen und transidenten Jugendlichen verständnisvoll und bzw. am Beginn der Pubertät. Wenn Jugendliche dann ihr hilfreich begegnen kann. Der folgende Text soll Basiswis- äußeres Comingout machen, liegt vielfach bereits ein in- sen vermitteln; zu den Fachbegriffen wird auf das Glossar tensiver aber leider oft einsamer Prozess der Selbstaus- (Seite 32) verwiesen: einandersetzung hinter ihnen. Das Comingout muss aber nicht immer schon im Jugendalter erfolgen, manche ent- decken oder entwickeln ihre HBT-Orientierung viel später. Sexuelle Orientierung Die meisten heterosexuellen Menschen gehen davon aus, dass die anderen ebenfalls heterosexuell sind. Man Die sexuelle Orientierung klassifiziert Menschen hinsicht- nennt dies die Heterosexualitätsannahme. Homosexuali- lich ihrer sexuellen Präferenzen. Die dafür verwendeten tät oder Transidentität ist ja nach außen hin auch nicht Begriffe wechselten über die Zeit und Kulturen hinweg. unbedingt sichtbar. Daher liegt es an den HBT-Personen Oft wird bloß in heterosexuell versus homosexuell unter- selbst, ihr Comingout zu machen oder nicht (Identitäts- schieden und dabei auf die Vielfalt und Schattierungen management). Dies unterscheidet HBT-Personen von an- menschlicher Sexualität vergessen. Wichtig ist, auf die deren Minderheiten, bei denen der Minderheitenstatus verschiedenen Dimensionen der sexuellen Orientierung sofort sichtbar ist, beispielsweise von Menschen mit einer zu achten: Verhalten, Erleben, Selbstbezeichnung. Diese anderer Hautfarbe oder gewissen körperlichen Behinde- Dimensionen hängen oft zusammen, müssen aber nicht; rung. Das Comingout ist eine Zeit erhöhter Anfälligkeit für speziell im Jugendalter. So können Jugendliche eindeutig Krisen, auch wenn Jugendliche heutzutage von positiver- homosexuell empfinden (Dimension „Erleben“), ohne en Erfahrungen berichten. Im Comingout Prozess bieten jemals gleichgeschlechtliche Sexualkontakte erlebt (Di- sich aber nicht zu unterschätzende Chancen für die Ent- mension „Verhalten“) zu haben. Umgekehrt gibt es nicht wicklung ganz spezifischer Stärken. wenige homosexuell aktive Personen, die sich als hetero- sexuell bezeichnen. Dies zeigt, wie schwierig es ist, Perso- Meilensteine im Comingout Prozess: nen überhaupt zu klassifizieren. Der komplexe Comingout Prozess ist kaum auf wenige Geeignete Fragen für die Verhaltensdimension wären Schritte reduzierbar, gewisse Gemeinsamkeiten lassen etwa „Mit wie vielen Frauen und mit wie vielen Männern sich aber feststellen. Viele HBT-Personen berichten rück- hast Du schon Sex gehabt?“. Die Erlebensdimension könn- blickend, schon in der Kindheit, also lange vor dem Co- te man erfassen mit: „Mit wem hättest Du am liebsten mingout, „irgendwie anders“ gewesen zu sein. Meist sind Sex: mit einer Frau, einem Mann, oder mit Frauen und damit geschlechtsuntypische Interessen gemeint (siehe Männern?“, oder die gleiche Frage mit „In wen warst Du unten). Später kommt bei HB-Menschen das Gewahrwer- schon mal verliebt?“. Die Dimension der sexuellen Iden- den der gleichgeschlechtlichen sexuellen Impulse hinzu tität erfasst man am besten mit: „Wie würdest Du Dich (bei transidenten Menschen die Diskrepanz zwischen selbst bezeichnen? Homosexuell? Bisexuell? Schwul? Les- biologischem Geschlecht und erlebter Geschlechtsiden- bisch? Oder anders?“. tität). Zwei Aspekte können diese Phase erschweren: Zum einen gehen viele noch von einem heterosexuellen Selbstbild und Lebensentwurf aus, die mit den homose- Im Folgenden wird das Kürzel HBT für homosexuell, bise- xuellen Impulsen im Widerspruch stehen. Zum anderen xuell und transident verwendet; das Kürzel HB für homo- haben HB-Menschen in dieser Phase genau wie andere und –bisexuell. Menschen auch mehr oder weniger starke Vorurteile ge- genüber Homosexualität. Das führt zur Abwehr aufkom- mender homosexueller Tendenzen mit entsprechenden negativen Konsequenzen für das Selbstwertgefühl. Ein 10
ente (HBT) Jugendliche Meilenstein ist die innere Annahme der HB-Orientierung „Welchen Angehörigen darf ich im Notfall verständigen?“, oder der Transidentität. Aus Angst vor Ablehnung ist dies „Warum soll ich Ihnen Auskunft über den Patienten ge- oft ein sehr einsamer Prozess. HBT-Jugendliche reagie- ben, das darf ich nur Familienmitgliedern“, usw. ren in dieser Zeit extrem sensibel auf alle Bemerkungen Daher bleibt das Comingout und das Identitätsmanage- über Homosexualität oder Transidentität, vor allem auf ment ein lebenslanges Thema von HB-Menschen. jene ihrer FreundInnen und Eltern (die noch nichts von der HB-Orientierung oder Transidentität wissen). Das Ge- heimhalten braucht viel Energie, da man ständig auf der Internalisierte Homophobie Hut ist. Die Frage an einen Jungen „Hast du schon eine Freundin?“, kann hier viel Stress auslösen. Vielfältige Stra- Homophobie, also eine negative Einstellung und negatives tegien werden für die Geheimhaltung entwickelt: Verhalten gegenüber Homosexualität und HB-Menschen Ablenken von „heiklen Themen“ wie Partnerschaft, Se- ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Schon sehr früh xualität, Familiengründung, oder Ausreden finden („Ach, verwenden Kinder „schwul“ als Schimpfwort, wie Schul- ich bin gerne alleine, da kann ich machen was ich will“). studien zeigen. HB-Menschen sind da keine Ausnahme. Nicht-Korrigieren der Heterosexualitätsannahme (engl. Auch sie übernehmen (internalisieren) diese Homopho- Passing), zum Beispiel: Auf die Einladung an eine lesbische bie, lange bevor sie sich ihrer eigenen HB-Orientierung Jugendliche: „Du kannst gerne Deinen Freund zur Feier bewusst werden. Im Comingout Prozess erfolgt dann die mitnehmen“ antwortet diese lediglich mit „Ok, danke!“. Konfrontation mit der internalisierten Homophobie. Die- Auch aktives (Not)Lügen bezüglich der HB-Orientierung se ist nicht immer bewusst und häufig zunächst als Scham oder der Transidentität gehört zum Repertoire des Identi- oder soziale Angst spürbar. Manchmal zeigen sich auch tätsmanagements. sehr emotionale ablehnende Reaktionen gegenüber fe- Das Verstecken führt in einen Teufelskreis, denn mit mininen schwulen Männern oder maskulinen Frauen, im jedem Verheimlichen oder gar Lügen bestätigt man sich Sinne von „so möchte ich nicht sein“ oder „so möchte ich selbst darin, dass die HB-Orientierung bzw. Transidentität nicht gesehen werden“. Diese internalisierte Homophobie etwas Geheimzuhaltendes sei, was mit einer mehr oder ist mit Depressivität, Ängsten, riskantem Sexualverhalten, weniger schädlichen Selbstabwertung einhergeht. Das verstecktem Leben, Wunsch nach einer heterosexuellen Geheimhalten der HB Orientierung oder Transidentität Orientierung und sogar Suizidalität verbunden. kann dazu führen, überhaupt engeren Kontakt mit Men- schen zu vermeiden. Das Risiko für starke Schamgefühle, Angst, Depression und sogar Suizid sind in dieser Phase Geschlechtsrollen besonders hoch. Ein wesentliches Problem der Geheim- haltung ist, dass die Betroffenen keine positive Rückmel- Homosexualität und die Gender Frage hängen eng zu- dungen und Unterstützung durch andere bezüglich ihrer sammen, denn Homosexualität wird häufig als Übertre- HB-Orientierung oder Transidentität bekommen. Das ist tung der in unserer Gesellschaft starren Geschlechtsrol- für die Entwicklung eines guten Selbstwertgefühles aber lenzuschreibung verstanden. Das stereotypische Bild des entscheidend. Gerade die ersten Reaktionen auf das Co- schwulen Mannes ist jenes eines femininen Mannes, les- mingout sind maßgeblich. Dies spüren HBT-Menschen, bische Frauen werden als maskulin/burschikos abgestem- daher auch die Angst vor dem Comingout. pelt. Manche führen Homophobie ganz darauf zurück, Vor und während des Comingouts ist die eigene HB-Ori- dass eine Verletzung von „klassischen“ Geschlechtsrollen entierung bzw. die Transidentität oft sehr bestimmend für nicht toleriert wird. Studien zeigen tatsächlich, dass Män- das Denken und Fühlen. Später betrachten viele HBT-Men- ner oder Buben, die (stereotype) weibliche Züge haben, schen ihre Orientierung als einen wichtigen Teil der Iden- negative soziale Reaktionen erleben – unabhängig von ih- tität, wollen aber nicht darauf reduziert werden. Immer rer sexuellen Orientierung. wieder ist von heterosexuellen Menschen – auch von pro- Bei Frauen wird Maskulinität eher toleriert, dennoch fessionellen aus der psychosozialen Szene zu hören: „Wa- erfahren auch sie häufiger ablehnende Reaktionen als ge- rum ist das denn ein Problem? Sexualität geht doch nie- schlechtsrollenkonforme Frauen. Bei transidenten Män- manden etwas an? Warum muss sich überhaupt jemand nern und Frauen geht es nicht nur um ein Abweichen, outen?“. Dies zeugt von fehlendem Wissen, denn bei be- sondern um ein Überschreiten der Geschlechtsrolle, für stimmten Fragen und Situationen müssen HBT-Menschen die es auch viel Mut bedarf. entscheiden, ob sie sich outen oder nicht, beispielswei- se.: „Kommen Sie mit ihrer Frau zur Weihnachtsfeier?“, „Sind Sie verheiratet?“, „Hast Du schon eine Freundin?“, 11
Risken Frage stecken oft Befürchtungen im Sinne von „Ich habe Angst, homosexuell zu sein“ oder „Werde ich – oder wird Viele internationale Studien zeigen, dass HB-Menschen mein Kind – wieder normal?“. Gerade von Eltern hört eine höhere Rate an psychischen Erkrankungen haben als man oft diese Frage. heterosexuelle Menschen: Auch die HIV-Infektionsrate ist bei Männern, die Sex mit Männern haben, beträcht- Was bin ich nun? Homosexuell oder bisexuell? lich erhöht. Zur Erklärung des erhöhten Risikos bietet sich Dies ist die häufigst gestellte Frage, wenn Jugendliche das „Minoritätenstressmodell“ an. Demnach erleiden Beratungseinrichtungen kontaktieren. Hier ist es wichtig, HBT-Menschen mehr tatsächliche oder befürchtete Dis- zum einen die verschiedenen Dimensionen der sexuellen kriminierung und erhalten weniger soziale Unterstützung. Orientierung zu erheben beispielsweise: „Welche sexu- Dies ist zusammen mit der internalisierten Homophobie ellen Fantasien hast Du? Mit wem hättest Du am liebs- krank machend. ten Sex? An was denkst Du beim Masturbieren? Wie ist es Dir bisher beim Sex mit Frauen/Männern gegangen?“ Hier kann sich einiges klären. Wichtiger ist, als beratende Chancen – Diversity Management Person zu vermitteln, dass es auch ok sein kann, wenn es unbestimmt bleibt (wie es bei manchen Menschen ja tat- Das bisher genannte beschäftigte sich eher mit den sächlich der Fall ist). Schwierigkeiten und Risken in der Entwicklung von HBT-Ju- gendlichen, die von MitarbeiterInnen in psychosozialen Wie wird man homosexuell oder transident? Einrichtungen ernst genommen werden. Aber dies ist nur Das ist eine Frage, die nach Jahrzehnten intensiver wissen- eine Seite der Medaille, denn jede Herausforderung im schaftlicher Bemühungen immer noch unklar ist. Es gibt Leben birgt auch eine Chance zur positiven Reifung und Hinweise, dass Homosexualität eine erbliche Komponente zur Entwicklung von spezifischen Ressourcen. Die ersten hat, aber das ist keineswegs eindeutig. Bei Männern steigt Studien in diese Richtung konnten zeigen, dass HBT-Men- die Wahrscheinlichkeit, dass sie HB sind mit der Anzahl schen eigene Stärken entwickelt haben. älterer Brüder, aber der Zusammenhang ist nicht gerade Moderne Betriebe haben mittlerweile entdeckt, dass es groß. In manchen Untersuchungen wurden biologische sich auch wirtschaftlich lohnt, diese Fähigkeiten zu nützen Unterschiede zwischen HB und heterosexuellen Perso- und fördern daher ein schwulen- und lesbenfreundliches nen gefunden (wie das Verhältnis der Zeigefinger- zur Klima (Stichwort Diversity Management). Viele der Diver- Ringfingerlänge), andere Untersuchungen konnten das sity Prinzipien lassen sich gut auf die Arbeit mit Jugendli- nicht bestätigen. Häufig berichten HB-Menschen von ge- chen übertragen, einige davon sind bei den „Tipps für die schlechtsrollenuntypischem Verhalten in der Kindheit. Ob Praxis“ (siehe rechte Seite) erwähnt. und wie das mit der Entwicklung der sexuellen Orientie- rung zusammenhängt, ist unklar. Widerlegt sind mittler- weile psychoanalytische Erklärungsmodelle (umgekehrte Typische Fragen Lösung des Ödipuskonfliktes), wie auch die Verführungs- theorie. Diese ist alleine schon deshalb nicht haltbar, weil Ist es eine Phase oder ist es „echte“ Homosexualität? sehr viele Jugendliche eine eindeutige HB-Orientierung In der Pubertät sind gleichgeschlechtliche Sexualkontakte entwickeln, schon bevor sie überhaupt sexuelle Kontakte normal, ja fast die Regel. Noch heute ist es unklar, war- haben. Die Frage nach der Ursache von Homosexualität um später Menschen ausschließlich homosexuell, hetero- und auch Transidentität ist am besten mit „Man weiß es sexuell oder bisexuell werden. Manche behaupten, dass nicht genau.“ zu beantworten. jeder Mensch mehr oder weniger bisexuell ist. Bei Studi- en an Frauen zeigte sich, dass nicht wenige ihre sexuelle Wie viele sind homo- oder bisexuell? Orientierung als wechselnd erleben, Männer erleben ihre Hier gibt es keine einfache Antwort in Form einer Pro- Orientierung meist als etwas Stabiles. Hinter der obigen zentzahl. Für Österreich gibt es ohnehin keine entspre- 12
chenden repräsentativen Untersuchungen. In großen Tipps für die Praxis US-Studien bezeichnen sich drei bis sechs Prozent als homo- oder bisexuell. Geht man von der mehr psycho- logischen Dimension der „sexuellen Anziehung“ aus, so Die Haltung „Gleich und doch anders“ ist die pro- konnten in einer deutschen Studie 16% mit mäßiger bis fessionelle Haltung. Als Lehrperson brauche ich starker homosexueller Anziehung festgestellt werden. In Wissen und Verständnis über Lebenswelten und einer finnischen Untersuchung berichteten sogar 33% der typische Entwicklungsverläufe von HBT-Men- Frauen und 65% der Männer über zumindest leichte ho- schen. mosexuelle Tendenzen. Es hängt also sehr davon ab, wie man Homosexualität definiert. Sehr häufig wird die Dau- Hinterfragen Sie die Heterosexualitätsannahme, menregel verwendet, dass 5–10% HB sind. das heißt: denken Sie immer daran, dass jemand auch homo- oder bisexuell oder transident sein Wie sag ich’s bloß den Eltern? könnte. Bei Jugendlichen, die in ihrer Comingout-Phase Bera- Inklusive Sprache: Formulieren Sie Fragen so, tungsstellen aufsuchen, besteht häufig Angst vor der Re- aktion der Eltern. Die tatsächliche Reaktion ist zwar meist dass sich auch HB-Jugendliche angesprochen füh- positiver als die erwartete, dennoch erleben auch heute len. Die Frage: „Hast Du schon eine Freundin?“ an noch manche HBT-Jugendliche Ablehnung. Eltern rechnen einen Jungen sollte ergänzt werden mit „ ... oder häufig nicht damit, dass ihr Kind homosexuell, bisexuell einen Freund?“ oder transident ist und das Comingout ist dann die erste Eventuell mit einem Symbol (wie dem Regenbo- Auseinandersetzung mit dem Thema. Hinter ablehnenden gen) wortlos ausdrücken, dass in Ihrer Organisati- Reaktionen steht manchmal nichts als Sorge um das Kind, on HBT-Jugendliche willkommen sind. die dann inadäquat ausgedrückt wird. Deshalb ist es wich- tig, ein Comingout gut vorzubereiten, nicht zu drängen Den oder die Jugendlichen keinesfalls zum Co- und – im Sinne der Angstbewältigung – mögliche negative mingout drängen. Besser in der Haltung bleiben: Reaktionen vorwegzunehmen. Die Unterstützung von Sei- „Wenn Du schwul/lesbisch/transident bist, dann ten der Eltern ist von großer Wichtigkeit für die gelungene ist das ok für mich“. Ziel ist, dass Jugendliche frei Integration der HB-Orientierung oder der Transidentität in für ihr inneres Erleben werden und die für sie die Identität von Jugendlichen. stimmigen Entscheidungen treffen können. Machen Sie sich Ihre eigenen Vorurteile bewusst, • Martin Plöderl niemand ist ganz frei davon. Was löst das Thema aus? Welche Bilder, Assoziationen, Personen tau- chen dabei auf? Was würde passieren, wenn Sie sich in Ihrer Familie oder am Arbeitsplatz als les- bisch oder schwul oder transident outen würden? Wie steht die Organisation, in der Sie arbeiten, zum Thema Homosexualität oder Transidentität? Quellenangaben und Literaturhinweise sind in folgender, Erkundigen Sie sich, welche Organisationen und ausführlicherer Abhandlung zu finden: Plöderl, M. (2009). Homosexuelle, bisexuelle und transidente Jugendliche. Anlaufstellen vorhanden sind. Für viele HBT-Men- Grundwissen für das Psychosoziale Handlungsfeld. In: Ak- schen ist es ein wichtiger Schritt, Gleichgesinnte zente Salzburg. Impulse. Handbuch für die Jugendarbeit, kennen zu lernen. Mittlerweile gibt es auch vie- Band 1. Grundlagen, 3. Aufl., S. 88-97. Salzburg: Verlag le gute Bücher und Filme, die verwendet werden Akzente Salzburg können. Seit der Allgegenwart des Mediums In- ternet hat sich die Situation von HBT-Menschen völlig verändert, denn nun kann auch im sehr ländlichen Raum Kontakt mit anderen HBT-Men- schen geknüpft werden, mit allen Chancen und Risken. Auch über Safe-Sex aufklären. Dazu ist es nötig, sich über mögliche Sexualpraktiken zwischen Männern oder zwischen Frauen und die Risken zu erkundigen. 13
Thematisieren: NICHT moralisieren! Homosexualität und sexuelle Orientierung im Unterricht D ie Abneigung und Angst vor homosexuellen Men- Es gibt verschiedene Möglichkeiten Homosexualität und schen hat psychische, soziale und kulturelle Ursa- homosexuelle Lebensweisen im Unterricht zu behan- chen und ist objektiv betrachtet nicht zu begründen. deln: Vielmehr stellt Homophobie eine bloße Einbildung dar, hinter der beispielsweise die Angst vor dem Unbekann- 1. Das Thema wird durch die Lehrpersonen selbst im ten, vor der eigenen Sexualität und vor der Infragestellung Unterricht besprochen. traditioneller Geschlechternormen und patriarchalischer 2. Es besteht die Möglichkeit eine/n Gastvortragen- Machtstrukturen steckt. Vorurteile dürfen jedoch nicht so de/n in den Unterricht einzuladen. hingenommen werden, da die Betroffenen darunter lei- den und durch gesellschaftliche Ablehnung selbst manche dieser Einstellungen übernehmen. Im Unterricht besprechen Gerade schwule, lesbische und bisexuelle Jugendliche haben es schwer. Dies beweist nicht nur eine erhöhte Bei dieser Methode kann der/die Lehrer/in auf eine Rei- Selbstmordrate, sondern auch der Alltag in der Schu- he von gut erprobten und ausgearbeiteten Materialien le und im Freundeskreis. Denn oft kommt es vor, dass zurückgreifen, allerdings ist zu beachten, dass der/die Schimpfwörter wie „Schwuchtel“ oder „schwule Sau“ es Lehrer/in seine/ihre Vorurteile und Schwierigkeiten mit den SchülerInnen erschweren sich zu outen. Zusätzlich Homosexualität reflektieren muss. Weiters ist eine gute kann es auch zu familiärer Gewalt und Diskriminierungen Vorbereitung notwendig. Denn die Lehrperson sollte durch die eigenen Familienangehörigen kommen. über die spezifischen Probleme eines Coming Outs, den Aus den genannten Gründen haben homo- und bisexu- möglichen Krisensituationen von homo- und bisexuellen elle Jugendliche oft das Gefühl sie wären alleine und es Jugendlichen sowie über Einrichtungen, Beratungsstel- gäbe keinen anderen Menschen mit gleichgeschlechtli- len und Selbsthilfegruppen für Homo- und Bisexuelle Vo- chen Neigungen. Aufgrund von Diskriminierungen wollen rort bescheid wissen. Dazu ist es nicht notwendig, dass sie sich lange Zeit keinem anderen Menschen anvertrauen die Lehrperson selbst schwul, lesbisch oder bisexuell ist, und fühlen sich einsam und verlassen. aber da, wie oben bereits erwähnt, davon ausgegangen Zwar behaupten tolerante LehrerInnen, Sozial- und Ju- werden kann, dass in jeder Schulklasse SchülerInnen mit gendarbeiterInnen, dass Homosexualität heutzutage kein homo- und bisexuellen Neigungen sitzen, darf die Lehr- Problem mehr unter Jugendlichen darstellt, zahlreiche person die Thematisierung der Homosexualität nicht aus- Studien beweisen aber, dass dem nicht so ist. Die Wirk- lassen oder verharmlosen. lichkeit des Schulalltages sieht anders aus. Allein schon Auch die Probleme des Coming Outs dürfen von dem/ die Angst eines Jugendlichen anders zu sein und nicht den der Lehrer/in nicht geringgeschätzt werden. Erfahrungen Erwartungen des Freundeskreises zu entsprechen, kann aus psychotherapeutischen Behandlungen und Beratun- zu depressiven Stimmungen und Identitätskrisen führen. gen beweisen, dass homo- und bisexuelle Menschen es Zudem müssen wir davon ausgehen, dass in jeder Schul- ihren Vertrauenspersonen sehr übel nehmen, wenn die klasse, statistisch gesehen, bis zu sieben Jugendliche mit Schwierigkeiten, die mit ihrem Coming Out und ihrer homo- und bisexuellen Neigungen sitzen. Wenn sich diese Identitätsfindung einhergehen, verleugnet oder abgewer- vor der Klasse outen können, kann es für sie eine große tet werden. Entlastung und persönliche Bereicherung darstellen. Wird Ein weiterer Punkt ist, dass der/die Lehrer/in nicht mo- das Thema zusätzlich in der Klasse und im Freundeskreis ralisieren sollte, wenn SchülerInnen Berührungsängste nicht tabuisiert, kann unter Umständen das Coming-Out und Probleme mit Homosexualität zeigen. Eine morali- dieser Jugendlichen erleichtert werden. sche, verurteilende Haltung der Lehrperson bewirkt häu- Deshalb ist die Behandlung von Homosexualität und fig, dass die SchülerInnen Schuldgefühle entwickeln und gleichgeschlechtlichen Lebensweisen als Thema im Schu- sich innerlich vom Unterricht ausklinken, also sich keine lunterricht unbedingt notwendig. Zwar kann der Unter- Fragen mehr zu stellen trauen, die auf Vorurteilen beru- richt allein, homophobe Jugendliche nicht zu toleranten hen. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass der/ Menschen werden lassen, doch er kann dazu beitragen die Lehrer/in seinen/ihren SchülerInnen mit Verständnis Impulse zu setzen, eigene Vorurteile und diskriminieren- begegnet, wenn sie Vorurteile haben. Er/sie sollte alle de Haltungen zu erkennen und sich mit der eigenen Ein- Fragen der SchülerInnen ernst nehmen, auch wenn diese stellung zu Homo- und Bisexualität auseinander zu setzen. auf Vorurteilen beruhen oder als Scherzfragen gemeint waren. Gerade junge Menschen, die sich mitten in der Pu- bertät befinden, sind oft so sehr mit ihrer eigenen Iden- titätsfindung beschäftigt, dass ihnen Abweichungen von 14
Typische Vorurteile Zwei homosexuelle Frauen können nur mit einem Dildo Sex haben! Alle homosexuellen Männer stehen auf Analverkehr! Verkehr ohne Penetration ist keine Sexualität! In homosexuellen Partnerschaften übernimmt immer ein/eine Partner/in den männlichen Part, der/die Andere den weiblichen Teil! Homosexualität ist eine Phase, die (vor allem bei Frauen) wieder vorübergeht! Lesbische Frauen sind von Männern frustriert (worden) und sind deswegen homo- sexuell geworden! Homosexualität ist wider der Natur! Homosexualität wird in der Bibel verurteilt und ist deswegen eine Sünde! Es gibt nur Schwule oder Lesben, Bisexuelle sind ja nur unentschlossen / eigentlich Homos und trauen sich nicht Farbe zu bekennen! Die menschliche Sexualität lässt sich klar/ausschließlich in Homosexualität, Bisexu- alität und Heterosexualität einteilen! Homosexualität und Transsexualität/Transidentität ist dasselbe! Homosexuelle Menschen sollen erst einmal heterosexuell leben und lieben, weil sie ja ansonsten nicht wissen können, dass sie tatsächlich homosexuell sind! Homosexuelle können keine guten, liebenden Eltern sein! der heterosexuellen Norm Angst machen. Vielmehr sollte über Homosexualität hatten, im Laufe des Workshops der/die Lehrer/in die Kunst beherrschen, zwischen den mit den Vortragenden in ein sehr wertschätzendes und Zeilen zu lesen, und die nonverbalen Botschaften seiner/ interessiertes Gespräch kamen und keinerlei Ängste mehr ihrer SchülerInnen zu erkennen. zeigten. Da die Vortragenden speziell geschult sind und Die Fehlannahmen (siehe Abbildung oben) stellen nur es vermeiden, sich über Vorurteile und die Ängste von eine kleine Auswahl dar, zeigen allerdings die Notwendig- SchülerInnen lustig zu machen sowie Akzeptanz für die keit, dass die Lehrperson gut über Homosexualität infor- Lebenswelt der SchülerInnen und Verständnis einzubrin- miert sein muss um Vorurteile richtigstellen zu können. gen, gelingt es ihnen fast immer, bei den SchülerInnen Denkprozesse auszulösen und wichtige Impulse zu setzen, eigene stereotype Vorurteile kritisch zu hinterfragen. Einladung in den Unterricht Auch jene SchülerInnen, die selbst homosexuelle Nei- gungen haben, können durch externe WorkshopleiterIn- Die zweite Möglichkeit, Homosexualität im Unterricht zu nen in ihrer Persönlichkeitsentfaltung gefördert werden. thematisieren, ist eine/n Gastvortragende/n in den Un- Die Vortragenden beantworten, abgesehen von intimen terricht einzuladen. Der große Vorteil dieser Methode Vorlieben, auch persönliche Fragen zu ihrem Coming Out, ist, dass die Lehrperson entlastet wird und, dass sich die diskriminierenden oder positiven Erfahrungen in Familie, SchülerInnen bei von außen kommenden Personen häufig Freundeskreis und im Arbeitsleben und dem Weg ihrer Fragen zu stellen trauen, die ihnen bei der/dem eigenen homosexuellen Identitätsfindung. Lehrer/in peinlich wären. Zudem verfügen die Vortragenden über wichtige Infor- Günstig wäre es, wenn der/die Vortragende selbst mationen zu Selbsthilfegruppen, homosexuellen Netz- schwul, lesbisch oder bisexuell ist und somit das Thema werken, Beratungsangeboten PsychotherapeutInnen, die Homosexualität an einem konkreten Menschen fassbar auf Comingout-Schwierigkeiten spezialisiert sind etc. wird. Untersuchungen zeigen immer wieder, dass homopho- • Florian Friedrich be Menschen ihre Ängste und Unbehagen abbauen, wenn sie schwule, lesbische und bisexuelle Mensche persönlich kennenlernen. So konnten etwa Vortragende öfters die Erfahrung machen, dass SchülerInnen, die zu Beginn ei- nes Workshops Berührungsängste und Vorurteile gegen- 15
Hinweise und Tipps für SchulleiterInnen und Lehrkräfte 1. 6. Die mögliche Anwesenheit von homo-/bisexuellen Ju- Unterstützen Sie lesbische/schwule/bisexuelle Kolle- gendlichen ist immer mitzubedenken. Vermeiden Sie For- gInnen, die ihre Lebensweise selbst offen thematisieren mulierungen, die Heterosexualität als das Selbstverständ- (wollen). liche und Homosexualität als die Ausnahme erscheinen lassen. 7. Thematisieren Sie gleichgeschlechtliche Lebensweisen in 2. Schul- und Fachkonferenzen. Achten Sie darauf, dass Homo-/Bisexualität 8. nicht als Problem, son- Planen Sie Fragen der dern als eine von vielen sexuellen Orientie- Formen menschlicher rung und verschiede- Sexualität dargestellt ner Lebensformen als wird. Bestandteil des Unter- richts ein. Anknüpfungs- 3. punkte ergeben sich in Weisen Sie SchülerInnen verschiedenen Fächern. und Lehrkräfte darauf hin, wenn diese diskri- 9. minierende Äußerungen Laden Sie VertreterIn- über Homo-/Bisexualität nen von Homo-/Bisexu- machen. ellenprojekten in den Unterricht oder zu Pro- 4. jekttagen ein. Sorgen Sie dafür, dass in der Schulbibliothek Sachbücher und Romane über Homosexualität, Comingout, (berühm- 10. te) Lesben, Schwule, Bisexuelle vorhanden sind und dass Legen Sie an gut sichtbaren Stellen Broschüren zum The- sie allen SchülerInnen zugänglich sind. ma lesbische – schwule – bisexuelle Lebensweisen hin. Hängen Sie Plakate auf, die auf Homo-/Bisexuellenprojek- 5. te oder Beratungsstellen hinweisen. Signalisieren Sie Ihre offene und akzeptierende Haltung gegenüber Lesben, Schwulen, Bi- und transidenten Per- 11. sonen, damit sie ggf. auch für Jugendliche im Comingout Beziehen Sie bei Ihren Formulierungen stets beide Ge- eine Vertrauensperson sein können. schlechter ein. 16
Materialien für den Unterricht Auf den folgenden Seiten finden Sie Unterrichtsvorschlä- Es muss allen bewusst sein, dass solche Einstellungen ge für LehrerInnen, die dasThema sexuelle Orientierung/ nicht innerhalb einer Unterrichtseinheit geändert werden Homosexualität als Aspekt in ihrem jeweiligen Unter- können, sondern weitere Behandlung im Sexualunterricht richtsfach behandeln wollen. erfahren müssen. Die Vorschläge wurden bereits an Schulen erprobt und Zu beachten ist, dass die meisten Unterrichtsmodelle sich eingesetzt, ersetzen aber nicht die auf die jeweiligen erst eignen, wenn das Thema sexuelle Orientierung/Ho- Schülerinnen und Schüler angelegte Unterrichtsvorberei- mosexualität bereits im Sexualunterricht behandelt wur- tung. Bei der Vorarbeit ist zu beachten, dass individuelle de. SchülerInnen dem Thema mit Vorurteilen gegenüberste- hen können. Die SchülerInnen müssen mit den Begriffen „Homosexu- alität“, „schwul“, „lesbisch“, „bisexuell“ vertraut sein, um Dies bzw. dieses Thema ist speziell für die Unterrichtssitu- Arbeitsaufgaben zu erfassen und adäquat erfüllen zu kön- ation zu berücksichtigen. Der empfohlene Ansatz im nen. Umgang mit solchen oder ähnlichen Situationen ist, nicht zu moralisieren, sondern mit einer verständnisvollen Hal- Für nähere Beratung wenden Sie sich an die FachexpertIn- tung gestellte Fragen ernst zu nehmen und Vorurteile auf- nen (Wichtige Adressen Seite 39). zulösen. 17
1. Talkshow: „So sind Homosexuelle“ „Vorurteile und Realitäten“ in Bezug auf Homosexualität Kurzbeschreibung Methode SchülerInnen stellen eine Talkshow zum Thema Homose- xualität nach, in der verschiedene Pro- und Contra-Rollen (z.B. ExpertInnen, Betroffene, SexualwissenschaftlerIn- nen, PolitikerInnen usw.) von einzelnen SchülerInnen be- setzt werden und über Vorurteile und Realitäten in Bezug auf Homosexualität diskutiert wird. Wichtig dabei ist es, die Rollen kontroversiell anzulegen und den jeweiligen RollenträgerInnen Rollenkarten zur Verfügung zu stellen, die typische Argumente enthalten, aber noch in der Vor- bereitungsphase von den RollenträgerInnen vervollstän- digt werden müssen. Altersgruppe Zeitaufwand Materialien ab 6. Schulstufe 1h Arbeitsbogen Lernziel Die Unterrichtsmethode zielt darauf ab, dass SchülerIn- nen bewusst wird, welche Vorurteile sie gegenüber Ho- mosexualität mitbringen bzw. ob sie Vorurteile haben. Sie erkennen, dass viele Vorurteile nicht der Realität ent- sprechen. SchülerInnen lernen, Hetero-, Bi- und Homose- xualität als gleichwertige Ausdrucksformen menschlicher Sexualität zu werten. Ablauf Die Vorlage (siehe rechte Seite) wird an die SchülerInnen verteilt. Nach einer kurzen Studierzeit gibt es noch die Möglichkeit, etwaige Fragen zu stellen, um z.B. unklare Begriffe zu klären. Die verschiedenen Rollen der Talkshow „So sind Homosexuelle“ werden einzelnen SchülerInnen zugewiesen. Die restlichen MitschülerInnen erhalten durch das Stellen von Publikumsfragen die Chance zu Wort zu kommen. In einer abschließenden Diskussion wird die Talkshow besprochen, und die SchülerInnen werden zu ih- ren eingenommen Rollen sowie Erfahrungen befragt. 18
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