Streiflichter - Würde Leben braucht - Lebenshilfe Oberösterreich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
streif lichter Mitgliederzeitschrift der Lebenshilfe Oberösterreich Herbst 2016 Thema dieser Ausgabe: Leben braucht ... Würde ooe.lebenshilfe.org
Vorwort der Präsidentin Würde ist ein inneres Leuchten. Ein Glanz der Seele. Unberührbar. © Gerd Peter Bischoff (*1949), Schriftsteller; Quelle: Bischoff, Das Buch für Dein Leben, Engelsdorfer Verlag, 2008 Verehrte Leserinnen, verehrte Leser! D ie Generalversammlung der vereinten Nationen schrieb am 10. Dezember 1948 die „Allgemeine Er- klärung der Menschenrechte“ nieder, zu deren Befolgung dafür zur Verfügung gestellten Mitteln kaum realisieren. Weitere Einsparungsmaßnahmen würden Qualitätsein- bußen zur Folge haben, die eine würdevolle Begleitung sich alle Mitgliedsstaaten verpflichtet haben. Bereits der von Menschen mit Beeinträchtigung zunehmend er- erste Artikel daraus hebt die Bedeutung unseres Leitthe- schweren. mas der aktuellen Ausgabe hervor: der Würde. Wir können keinen Rückschritt in der Chancengleichheit Artikel 1 dulden! Die Lebenshilfe wird sich daher auch weiterhin Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und mutig für die Interessen von Menschen mit intellektu- Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen eller Beeinträchtigung und die Wahrung von gleicher begabt und sollen einander im Geiste der Würde und gleichen Rechten einsetzen. Ich freue mich Brüderlichkeit begegnen. darauf, dabei auf Ihre Unterstützung zählen zu dürfen. Auch die UN-Behindertenrechtskonvention, welche auf die in der Charta der Vereinten Nationen verkündeten Grundsätze verweist, räumt der Würde einen hohen Stellenwert ein: gleich neun Mal kommt das Wort „Wür- Helga Scheidl de“ darin vor. Hier heißt es zB: „Die Grundsätze dieses (Präsidentin) Übereinkommens sind die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit…“ Die Lebenshilfe Oberösterreich setzt sich als Interes- senvertretung und Träger von Einrichtungen für die Ver- Das Thema der nächsten wirklichung einer inklusiven Gesellschaft auf Grundlage Ausgabe lautet: der UN-Behindertenrechtskonvention ein. So steht es in unseren Leitsätzen geschrieben und dafür setzen sich „Leben braucht FREUNDSCHAFT“ unsere Mitarbeiter und Vereinsmitglieder bereits seit 1969 Tag für Tag ein. Somit nähern wir uns dem Ziel der Wenn Sie unseren LeserInnen in der nächsten Ausga- UN-Behindertenkonvention, nämlich der Schaffung von be mitteilen möchten, welche Bedeutung Freundschaft Chancengleichheit für Menschen mit Beeinträchtigung, für Sie hat oder Geschichten über Freundschaften zu immer weiter an. berichten wissen, so schreiben Sie uns doch ein paar Zeilen. Gerade in Zeiten, wo einmal mehr über das oberösterrei- chische Sozialbudget debattiert wird, kommt der Würde Bitte unterstützen Sie auch jene, die sich zu Wort mel- der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung eine den möchten, dabei aber Hilfe brauchen. Danke! besonders hohe Bedeutung zu. Vielen ist nicht bewusst, dass hier nicht nur über Euros diskutiert wird, sondern Wir freuen uns auf Ihren Beitrag! auch über die Schicksale betroffener Menschen und de- ren Familien. Bereits jetzt kann die Lebenshilfe Oberös- Redaktionsschluss: 23. Dezember 2016 terreich die vom Land definierten Leistungen mit den 2 streiflichter Herbst | 2016
Aus dem Inhalt Thema dieser Ausgabe: Leben braucht Würde Vorwort 02 Vorwort der Präsidentin 02 Leben braucht Würde 04 Integrative Beschäftigung: Mehr Kooperationen 04 Arbeit bei der Pfotenhilfe in Lochen 06 Integrative Beschäftigung bei Kellner & Kunz 08 04 Wissenswertes aus der Lebenshilfe OÖ 13 25Grünes Licht für Werkstätte in Haag 13 Zukunftsgespräche 2016: Meine Rechte 14 Älteste Frau mit Down-Syndrom lebt in Vöcklabruck 16 35 Jahre Werkstätte Grein 18 Kulturprogramm zugunsten der Werkstätte Freistadt 22 35 Jahre Arbeitsgruppe & 30 Jahre Werkstätte Gmunden 24 Ihr gutes Recht 26 Vertretungsbefugnis naher Abgehöriger 26 Es lebe der Sport 30 Special Olympics Sommerspiele 2018 in Vöcklabruck 30 Special Olympics Pre Games 2016 31 16 Wohnhaus Scharnstein bei regionalen Sportevents 33 12. Fußball-Landesmeisterschaft der Lebenshilfe OÖ 35 All Together Teamradrennen 38 Das war los in der Lebenshilfe OÖ 39 Events & Aktivitäten aus den Einrichtungen 39 Freud & Leid 46 Herzklopfen 46 Wir sagen Danke 48 Abschied 50 30 streiflichter Herbst | 2016 3
Leben braucht Würde Integrative Beschäftigung: Lebenshilfe OÖ verneunfacht Kooperationspartner Das Tätig-Werden von Menschen mit intel- lektueller Beeinträchtigung außerhalb der Werkstätten wird von allen Beteiligten als WIN-WIN-Situation erkannt. In Form der Integrativen Beschäftigung werden Klienten der Lebenshilfe außerhalb von Lebenshilfe-Einrichtungen tätig, zum Beispiel in Wirtschaftsbetrieben, Vereinen, öffentlichen Einrichtungen oder auch für Privatpersonen. Dieses Angebot konnte seit 2013 stark ausgebaut werden, da die Vorteile für Unternehmen, Mitarbeiter und Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zunehmend erkannt und genutzt werden. „Loose Hands“ nennt man das Rücksortieren von Produkten, die Kunden in anderen Abteilungen liegen gelassen haben. 4 streiflichter Herbst | 2016
Leben braucht Würde Anzahl der Kooperationspartner Integrativen Beschäftigung, haben und wesentlich zu einem guten Ar- seit 2013 verneunfacht schon 200 Personen ihre ganz indi- beitsklima beitragen. Ikea-Mitarbei- viduelle Landebahn gefunden, wo ter haben den positiven Einfluss von Während es bis zum Jahr 2012 fünf ihr Beitrag zählt“, weiß Nicole Jahn, Integrativer Beschäftigung auf die Kooperationspartner für Integrative Bereichsleitung Integrative Beschäf- Unternehmenskultur passend mit Beschäftigung gab, konnte diese tigung der Lebenshilfe OÖ. nachfolgender Aussage zusammen- Zahl auf aktuell 47 ausgebaut wer- gefasst: „Seitdem die Leute von der den. Mehr als ein Zehntel der Klien- Lebenshilfe da sind lachen wir öfter ten der Werkstätten der Lebenshilfe Bedeutung von Integrativer miteinander. Wir sehen wieder, wie Oberösterreich nutzen das Angebot Beschäftigung für Menschen wichtig es ist, dass uns neben der der Integrativen Beschäftigung. mit Beeinträchtigung Arbeit auch noch etwas anderes miteinander verbindet, etwas, das Die Lebenshilfe OÖ ordnet der Inte- Für Menschen mit intellektueller Be- eigentlich wichtiger ist. So fällt die grativen Beschäftigung einen hohen einträchtigung bietet die Integrative Arbeit leichter.“ Stellenwert zu, da es momentan die Beschäftigung die Möglichkeit ihren einzige Möglichkeit für Menschen Sozialraum zu erweitern, Kontakte mit Beeinträchtigung innerhalb des zu knüpfen und ihre persönlichen gesetzlichen Rahmens ist, um am Interessen und Fähigkeiten zum Arbeitsleben teilhaben zu können. Einsatz zu bringen. Durch die Inte- grative Beschäftigung kann die Le- benshilfe OÖ als Organisation eine größere Vielfalt an Aktivitäten bieten als in den Werkstätten. Sehr wertvoll für Menschen mit in- tellektueller Beeinträchtigung ist die Im Rewe Frischelager in Ansfelden Tatsache, dass sie an Orten arbeiten trotzt eine Gruppe an vier Vormittagen können, wo auch Menschen ohne in der Woche den eisigen Temperaturen Beeinträchtigung arbeiten. „In un- serer Gesellschaft definiert sich der Indem ein Unternehmen, ein Verein Selbstwert stark über die eigene Ar- oder eine Organisation Menschen beitsleistung. Oft ermöglicht erst die mit Beeinträchtigung die Möglichkeit In Steyr wird pro Woche ein Sattel- Teilhabe am Arbeitsleben die Teilha- zur Mitarbeit und Teilhabe bietet, wird schlepper voll mit Getränkeflaschen be am gesellschaftlichen Leben und soziale und gesellschaftliche Verant- für den Getränkeabfüller Steinrieser die Chance, diese mitzugestalten“, wortung gezeigt. Diese fällt auf und umverpackt. so Gerhard Scheinast, Geschäftsfüh- spricht zusätzliche Kundegruppen an. rer der Lebenshilfe OÖ. Unsere Erfahrung zeigt, dass jede Kooperation einen einzigartigen Charakter hat und von den unter- Vorteile für Firmen, die Integra- schiedlichen Bedürfnissen und He- tive Beschäftigung ermöglichen rangehensweisen der handelnden Personen geprägt ist. Aus einer Kooperation mit der Le- benshilfe OÖ ergeben sich viele vor- Dipl Päd. Nicole Jahn, BA i Für eine dauerhafte Zusammenar- teilhafte Facetten für alle Beteiligten. Lebenshilfe Oberösterreich beit braucht es neben Offenheit und Landesleitung, Vöcklabruck Mut für Neues auch die Bereitschaft, Die Erfahrung zeigt, dass Menschen in kleinen Schritten etwas zu entwi- mit intellektueller Beeinträchtigung 0664 / 88 44 95 73 ckeln, gemeinsam voranzutreiben viele soft skills inne haben - jene, bl-integrativ@ooe.lebenshilfe.org und gegebenenfalls auch zu verän- nicht messbaren Leistungen, die dern. „Jeder Mensch kann etwas, das Verhalten und die Einstellung von dem alle profitieren. Mit der von Menschen positiv beeinflussen Integrative Beschäftigung heißt arbeiten außerhalb der Werkstätte. Eine Arbeit zu haben macht stolz. Deshalb gibt es jetzt viele neue Arbeits-Möglichkeiten. Man kann zum Beispiel in Firmen arbeiten. Jeder kann etwas besonders gut. Jeder kann sagen, wo und was er arbeiten möchte. streiflichter Herbst | 2016 5
Ein Job der ideal zu den Interessen von zwei Klienten passt: Arbeit bei der Pfotenhilfe Sandra Lobner und Robert Kreuzer aus der Werkstätte Mattighofen arbeiten in der Pfotenhilfe Lochen. Im Interview erzählen Sie uns, warum sie ihre Arbeit lieben. Die Pfotenhilfe in Lochen kümmert sich um Tiere, die kein Zuhause haben. Bei der Betreuung der beinahe 500 Tiere helfen Robert Kreuzer und Sandra Lobner tatkräftig mit. Im Rahmen der Integrativen Beschäftigung haben sie bei der Pfotenhilfe einen Job gefunden, der ihren Interessen und Fähigkeiten entspricht und dem sie mit Leidenschaft nachgehen. Seit zwei Jahren arbeitet die 30jährige Sandra Lobner in der Pfotenhilfe. Robert Kreuzer, 45 Jahre, kann sogar schon auf drei Jahre Erfahrung in der Tierhilfe zurückblicken. Dass sich die beiden dort wohlfühlen, ist auf den ersten Blick ersichtlich. Routiniert gehen sie ihren Arbeitsaufgaben nach und als sie uns stolz über den Hof führen, fehlt es nicht an Scherzen und Gelächter. Lebenshilfe OÖ: An wie vielen Ta- Tage in der Woche für die Pfotenhil- und in St. Gilgen bei „Rettet das gen arbeiten Sie in der Pfotenhilfe fe. Am Dienstag arbeite ich für die Kind“. Aber dieser Job hier, da ist es Lochen? Firma Optimo. Am Freitag bin ich am schönsten, da geh‘ ich sowieso einen halben Tag in der Werkstätte nimma weg. Sandra Lobner: Ich arbeite zwei Mattighofen. Tage pro Woche hier. Derzeit passt Robert Kreuzer: Und wie! Ich bin das voll, vielleicht möchte ich spä- sowieso jemand der gern draußen ter einmal mehr. Die anderen Tage Lebenshilfe OÖ: Gefällt es Ihnen ist, Arbeiten im Sitzen ist nichts für arbeite ich in der Werkstätte in Mat- in der Pfotenhilfe Lochen? mich. Ich möchte schauen dass ich tighofen. Da tu‘ ich zB. Häkeln, das noch einen vierten Tag in der Pfoten- gefällt mir auch ganz gut. Sandra Lobner: Voll! 2007 war ich hilfe arbeiten kann. ein Jahr beim Spar, in der Firma von Robert Kreuzer: Ich arbeite drei meinem Cousin war ich auch schon 6 streiflichter Herbst | 2016
Lebenshilfe OÖ: Welche Aufgaben Ich bin gerne draußen, drinnen halte Sandra Lobner: Wenn die Tiere zu haben Sie? ich es nicht aus. Mir macht auch das einem kommen und nicht davonlauf- Wetter nichts aus, nur wenns ganz en, das ist schön. Sandra Lobner: Zuerst tränke ich stark regnet stellen wir uns unter. die Tiere, das ist meine Aufgabe. Robert Kreuzer: Der erste Tag war Dann helfe ich die Tiere zu füttern echt a Gaudi. Es hat in Strömen und den Mist wegzuräumen. Lebenshilfe OÖ: Was ist Ihr geregnet und die Betreuerin wollte Lieblingstier? gleich wieder heimfahren. Aber da- Robert Kreuzer: Was halt so anfällt. von hab ich mich nicht abhalten las- Heute sind wieder Futterspenden Sandra Lobner: Hunde, Katzen und sen, ich hab gesagt „I bleib do“. gekommen. Die gehören ausge- Pferde. Ich habe selber zwei Katzen packt und vorbereitet. Ansonsten in Schneegattern, wo ich mit meiner gehört das Saubermachen zu mei- Mutter und meinem Bruder lebe. Lebenshilfe OÖ: Was sind Ihre nen Aufgaben, zum Beispiel bei den Eine habe ich von meinem Nachbarn Hobbies? Ziegen und Pferden. adoptiert, als dieser gestorben ist. Sandra Lobner: Radfahren und Robert Kreuzer: Bei 500 Tieren, da Schwimmen. Ich bin auch als Kind Lebenshilfe OÖ: Was gefällt Ihnen weiß ich gar nicht wo ich anfangen schon geritten. Vor Tieren habe ich an Ihrem Job in der Pfotenhilfe soll! Die Schweine mag ich sehr keine Angst, auch nicht vor den Pfer- Lochen? gern. Ich hätte gerne selber Haus- den. tiere, aber das geht in der Mietwoh- Sandra Lobner: Eigentlich alles, die nung leider nicht. Robert Kreuzer: Draußen sein. Brot Tiere, draußen sein, meine Aufga- backen tu ich auch gern oder Mar- ben. Ich mag die Ruhe hier und die melade einkochen. Ich wohne mobil Stille. Man hört nur die Tiere, das ist Lebenshilfe OÖ: Gab es einen be- betreut, am Samstag ist mein Putz- voll schön. sonderen Moment in der Pfoten- tag. hilfe Lochen? Robert Kreuzer: Jeder Tag ist schön. Sandra Lobner und Robert Kreuzer arbeiten in der Pfotenhilfe. Sie geben den Tieren dort zu Essen und zu Trinken. Auch Mist wegräumen ist ihre Aufgabe. Sandra mag die Ruhe in der Pfotenhilfe. Robert arbeitet gerne draußen in der Natur. Sandra und Robert arbeiten gerne in der Pfotenhilfe. streiflichter Herbst | 2016 7
Leben braucht Würde 5-jährige Kooperation: Integrative Beschäftigung in der Kellner & Kunz AG 80 Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung aus den Organisationen assista, FAB und der Lebenshilfe OÖ arbeiten im Dienstleistungszentrum der Kellner & Kunz AG, das am 13.09.2016 sein 5-jähriges Bestehen feierte. Die beinahe 30 Klienten der Lebenshilfe OÖ präsentierten stolz ihre Arbeit bei Kellner & Kunz. Vor fünf Jahren entschied sich die Kellner & Kunz AG gegen eine Au- tomatisierung und für die Beschäf- tigung von Menschen mit intellektu- eller Beeinträchtigung. Dafür wurde eigens ein 1.500 qm großes Dienst- leistungszentrum errichtet, wo nun Schrauben-Sortimente zusammen- gestellt, kleine Teile neu- bzw. um- gepackt und Kleinmontagen vorge- nommen werden. Tätigkeiten, bei denen exakt und verlässlich gearbei- tet werden muss. Genau diese Qua- litäten schätzt das Unternehmen an den Beschäftigten. Seit fünf Jahren werden Menschen mit Beeinträchtigung von den Orga- nisationen FAB, assisita und Lebens- Hannes Antensteiner aus der Werkstätte Pettenbach zeigt Landesrat Dr. Michael hilfe Oberösterreich dabei unter- Strugl seine Arbeit. stützt, erfolgreich im Unternehmen tätig zu sein. Mag. Gerhard Scheinast, Geschäfts- führer der Lebenshilfe OÖ, freut sich über die Kooperation: „Integrative Beschäftigung ist gelebte Inklusion. Durch Kooperationen wie mit der Kellner & Kunz AG bietet die Lebens- hilfe OÖ Menschen mit Beeinträch- tigung die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Interessen und Fähigkeiten ak- tiv tätig zu sein und unsere Gesell- schaft als gleichwertige Mitglieder mitzugestalten.“ Die Lebenshilfe OÖ wünscht sich, dass viele Unter- nehmen diesem positiven Beispiel folgen und den Wert von Arbeit von Menschen mit intellektueller Beein- trächtigung zu schätzen lernen. Die Geschäftsführer der beteiligten Unternehmen im Interview. Foto: Kellner & Kunz Bei der Kellner & Kunz AG in Wels gibt es eine Integrative Beschäftigung. 80 Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung arbeiten dort seit 5 Jahren. Das wurde mit einem Fest gefeiert. 8 streiflichter Herbst | 2016
Leben braucht Würde Interview: Roland Öhlinger gibt Einblicke in seine Arbeit bei Kellner & Kunz und seine Lebenseinstellung Am 13. September feierte die Kellner & Kunz AG „5 Jahre Integrative Beschäfti- gung“. Roland Öhlinger, Klient der Werkstätte Wels 2, arbeitet im Dienstleistungs- zentrum der Kellner & Kunz AG und erzählt uns in einem Interview, was er an der Arbeit dort mag und was er sonst am Leben schätzt. Lebenshilfe OÖ: Herr Öhlinger, seit wann arbeiten Sie für Kellner & Kunz? Roland Öhlinger: Seit Anfang des Jahres arbeite ich fix hier, also fünf Tage die Woche. Vorher war ich fünf Jahren lang in der Teilzeitgruppe. Ich war jahrelang Haussprecher, da wa- ren fünf Tage nicht möglich. Lebenshilfe OÖ: Wie sieht Ihre Ar- beit bei Kellner & Kunz aus? Roland Öhlinger: Wir machen zum Beispiel Schraubenpackerl und schrauben verschiedene Sachen zu- sammen. Lebenshilfe OÖ: Gefällt Ihnen die Roland Öhlinger von der Werkstätte Wels 2 und Werner Sandmeier arbeiten im Arbeit bei Kellner & Kunz? Dienstleistungzentrum der Kellner & Kunz AG. Roland Öhlinger: Bei Kellner & Kunz geht es mir wirklich gut. Ich ich auch die Pausen. Da können wir war ich zum Beispiel auch schon. Ich mag, dass man mit Kollegen zusam- Karten spielen. Blödeln gehört auch will schließlich das Leben genießen menarbeiten kann, mit und ohne Be- dazu, dann ist die Arbeit lustiger. und nicht nur zu Hause sitzen! einträchtigung. Die sind alle nett die Kollegen und die meisten sind ähn- Lebenshilfe OÖ: Was sind Ihre Lebenshilfe OÖ: Wie würden Sie lich wie ich, daher verstehen wir uns Hobbies? sich selbst beschreiben? gut. Kevin und Martin sitzen in mei- ner Nähe, von denen könnte man Roland Öhlinger: Karten spielen Roland Öhlinger: Mit sechs Jahren sich eine Scheibe abschneiden weil und Ausflüge machen. Heuer war ich hatte ich einen Unfall, ich wurde von die so positiv eingestellt sind. auf einer Donauschifffahrt bis zum einem Motorrad überfahren. Seit Schwarzen Meer. Ich bin mit mei- dem habe ich das alles, dass ich Lebenshilfe OÖ: Was gefällt Ihnen ner Begleiterin gefahren, weil bei langsamer bin und so weiter. Ich bin am besten an der Arbeit? manchen Dingen, zum Beispiel beim trotzdem immer positiv eingestellt Socken-Anziehen, brauche ich Hilfe. und schaue, dass ich auch andere da- Roland Öhlinger: Die Aufgaben Am schönsten waren die Fahrt im mit anstecke. Es gibt Leute, die jam- wechseln, aber ich mache eigentlich Donaudelta und Budapest. So eine mern ihr Leben lang. Aber da kann alles gleich gern. Es gehört sowieso Reise leistet man sich eh nur einmal man ja das Leben nicht genießen! alles gemacht. Besonders gern mag im Leben. In Salzburg und in Wien Roland Ohlinger arbeitet in der Kellner & Kunz AG. Er macht Schraubenpackerl und schraubt verschiedene Sachen zusammen. Bei Kellner & Kunz gefällt es Roland gut. Roland spielt gerne Karten und macht Ausflüge. streiflichter Herbst | 2016 9
Leben braucht Würde Menschenwürde Würde und Achtung, auf die jeder Anspruch hat Aufgrund der massiven Missachtung der Menschenwürde durch den nationalsozi- alistischen Staat beginnt heute der erste Absatz des Grundgesetzes der Bundesre- publik Deutschland wie folgt: „Die Würde des Menschen ist un- Alter, Religion, sexueller Orientie- Ebenfalls eingeschlossen sind Ver- antastbar. Sie zu achten und zu rung, sozialer Stellung, politischen sammlungen und Onlineforen. schützen ist Verpflichtung aller und sonstigen Anschauungen. staatlichen Gewalt.“ Außerdem gibt es nun strengere Leider passiert es trotz dieser kla- Strafen. Hetzen vor Publikum wird ren Definition immer wieder, dass mit bis zu drei Jahren Haft geahndet. Beitrag: Klemens Doppler die Menschenrechte in der Öffent- Wenn es dadurch zu Gewalt kommt, Betreuer, lichkeit verletzt werden. Menschen riskiert man bis zu fünf Jahre Haft. Werkstätte Regau werden diffamiert, beschimpft und Ebenso wird beim Verbreiten oder dadurch verächtlich gemacht. Befürworten hetzerischer Texte oder Genauso wie in Deutschland bil- Bilder im Internet bzw. der Öffent- det die Menschenwürde in Öster- Am 1. Jänner 2016 gab es beim Ver- lichkeit eine Strafe verhängt: Entwe- reich einen der obersten Werte. Die hetzungs-Paragraphen eine Geset- der eine Strafe von bis zu einem Jahr Rechte, die jeder Mensch hat, sind zesnovelle. Bisher wurden solche Gefängnis oder eine Geldstrafe. zu achten und dürfen nicht verletzt Verfahren oft eingestellt mit der Be- werden. Jeder ist gleich, unabhän- gründung, das verhetzte Publikum Ich hoffe darauf, dass es aufgrund gig von Staatsbürgerschaft, Sprache, sei zu klein. Ursprünglich waren 150 dieser Verschärfungen nun zu weni- Geschlecht, einer Beeinträchtigung, Zuhörer notwendig, nun reichen 30. ger Hasskriminalität kommen wird. Die Menschen-Würde ist in Österreich wichtig. Leider werden Menschen trotzdem oft beschimpft. Dazu gibt es eine Änderung im Gesetz. Es ist jetzt genug wenn 30 Personen die Beschimpfung hören. Wer andere beschimpft, bekommt eine Strafe. Die Strafen sind nun strenger. Klemens Doppler hofft, dass es dadurch weniger Beschimpfungen gibt. 10 streiflichter Herbst | 2016
Leben braucht Würde Interview: Klemens Doppler spricht mit Jürgen Lebersorger und Herbert Marderthaner Herbert Marderthaner (li.) und Jürgen Lebersorger fühlen sich in der Lebenshilfe Werkstätte Regau sehr wohl. Jürgen Lebersorger Jürgen Lebersorger: In der Lebens- hilfe fühle ich mich weit besser und Herbert Marderthaner: Ja bei KTM wurde ich sehr gut behandelt. Der geschützter behandelt als draußen. junge Chef stand immer hinter mir. Klemens Doppler: Bist du in dei- Die Mitarbeiter haben mich sehr nem Leben schon mal unwürdig würdevoll behandelt. behandelt worden weil du ein Klient bist? Herbert Klemens Doppler: Würdest du Jürgen Lebersorger: In der Schul- Marderthaner noch mal außerhalb arbeiten? zeit bin ich gehänselt worden. Weil Herbert Marderthaner: Nein, auf ich Anfälle und Lernschwierigkeiten Klemens Doppler: Hast du in dei- keinen Fall! Das tu ich mir nicht mehr hatte wurde ich verspottet. nem Leben schon mal würdelose an. Eventuell 2-3 Tage Integrative Be- Situationen erlebt aufgrund dei- schäftigung so wie meine Kollegen Klemens Doppler: Wie hat sich ner Beeinträchtigung? aus der Tischlerei die bei der Firma das angefühlt? Powder Tech arbeiten. Herbert Marderthaner: Ja da gibt Jürgen Lebersorger: Dabei habe es genug Geschichten. Ich habe mal Klemens Doppler: Wie gefällt es ich mich sehr schlecht gefühlt und außerhalb am Bau gearbeitet. In der dir in der Lebenshilfe? hatte das Gefühl, ausgestoßen zu Firma E. Ich wurde bis aufs Blut ge- sein. Man soll sich nicht über andere ärgert! Mein Arbeitsmantel wurde Herbert Marderthaner: Super! Ich lustig machen! zerschnitten. bin seit 30 Jahren da und mir gefällt es immer noch sehr gut! Klemens Doppler: Wie fühlst du Klemens Doppler: Gab es woan- dich in der Lebenshilfe behandelt? ders auch schöne Erlebnisse? Klemens Doppler: Danke für dei- ne Zeit und deine Offenheit. Jürgen Lebersorger wurde in der Schulzeit geärgert. Dabei hat er sich sehr schlecht gefühlt. In der Lebenshilfe fühlt er sich besser. Herbert Marderthaner hat einmal am Bau gearbeitet. Seine Kollegen dort waren gemein zu ihm. In der Firma KTM waren die Kollegen netter. streiflichter Herbst | 2016 11
Leben braucht Würde Lukas Gielen, Klient der Werkstätte Mondsee über die Würde des Menschen Jetzt, wo viele Flüchtlinge aus fremden Ländern gekommen sind, weil in deren Län- dern Krieg herrscht, ist es mir ein großes Anliegen sie auch würdig zu behandeln, dass wir ihnen eine gute Unterkunft, Obdach und eine gute Verpflegung geben. Ich lebe in der Nähe eines Flücht- schätzung unserer Nächsten halten, lingsheimes, das gut geführt wird unseren Brüder und Schwestern in und wo man nicht den Eindruck gewissem Sinne. Wo wir den ande- von Unwürdigkeit hat. Für diese ren respektieren und keiner, weil er Ruhe, die innerhalb dieses Heimes eine Beeinträchtigung in sich trägt, herrscht, ist sicher auch die gute nicht respektiert wird oder nicht Führung der Leiterin, Frau Kathari- gleichberechtigt ist. na Trauner aus Schwarzindien bei Mondsee, ausschlaggebend. Das mit der Gleichberechtigung im Sinne der Gleichstellung finde ich Aber leider, weil so viele Flüchtlinge auch für unseren Staat Österreich anderswo keine Arbeit finden, und eine gute Sache. So kann zum Beispiel deshalb anfangen sich untereinan- der eine oder andere nicht behaup- der zu streiten, werden sie aufs Un- ten, er sei besser oder schlechter. würdigste in andere Länder wieder abgeschoben, oder in ihre Heimat zurückgeschickt. „ Helfen kann jeder, der eine mehr, der andere weniger.“ Diese Menschen fahren täglich mit dem Bus nach Mondsee oder Salz- Es kommt ganz darauf an, wie der burg zu einer Sprachschule, um die einzelne sich verhält, den wir auch deutsche Sprache zu lernen und um mit „Würde“ entgegentreten, schau- sich zu integrieren. Ich warte auf ei- en, was jemand braucht, und auf nen anderen Bus in der Früh, dort was es ankommt. Jeder macht was bei der Dachsbrücke, und man sagt er kann und das ist schon enorm. sich „Guten Morgen, wie geht’s?“ Helfen kann jeder, der eine mehr, Gleichfalls ist es auch bei uns in der der andere weniger. Lebenshilfe, wo wir etwas auf Wert- Lukas Gielen ist es ein Anliegen, dass Flüchtlinge würdig behandelt werden. Lukas Gielen möchte, dass Flüchtlinge gut behandelt werden. Er fährt jeden Tag mit dem Bus. An der Bushaltestelle warten auch Flüchtlinge. Er grüßt immer freundlich. Die Flüchtlinge grüßen zurück. Lukas Gielen sagt jeder Mensch ist gleich viel wert. Auch Flüchtlinge und Menschen mit Behinderung. Lukas Gielen sagt jeder kann helfen. 12 streiflichter Herbst | 2016
Grünes Licht für Werkstätte in Haag Bereits Ende 2016 wird der Spatenstich für das Bauprojekt der Lebenshilfe Ober- österreich erfolgen, das in der Rottenbacherstraße in Haag am Hausruck ein Be- schäftigungsangebot für 28 Menschen mit Beeinträchtigung bieten wird. Mit der geplanten Fertigstellung Ende 2017/Anfang 2018 entstehen darüber hinaus mehr als zehn neue Arbeitsplätze für ausgebildete Fachkräfte. Derzeit pendeln etwa 15 Personen „Aufgrund des hohen Spardrucks im Oberösterreich, die Genehmigung mit Beeinträchtigung täglich aus Behindertenbereich musste die Le- durch die Sozialabteilung des Lan- dem Raum Haag am Hausruck in benshilfe OÖ in den letzten Jahren des Oberösterreich. die bereits ausgelastete Werkstät- dringend benötigte Baumaßnahmen te Ried im Innkreis. Ihnen wird mit verschieben. Umso mehr freut es Finanziert wird das Projekt zu 49 % der Neueröffnung die Möglichkeit uns, dass die Werkstätte Haag, nicht aus EU-Mitteln (Europäischen Land- geboten, in die neue Werkstätte in zuletzt aufgrund des unermüdlichen wirtschaftsfonds für die Entwicklung Haag zu wechseln. Dadurch kann die Engagements von betroffenen El- des ländlichen Raums - ELER) und Werkstätte Ried im Innkreis entlas- tern aus dem Hausruckviertel, nun zu 51 % von der Sozialabteilung des tet werden und freie Plätze wieder endlich Realität wird“, begrüßt Helga Landes Oberösterreich. Die Planung auffüllen. Scheidl, Präsidentin der Lebenshilfe des Projektes erfolgt durch die ISG. Die Lebenshilfe baut eine neue Werkstätte in Haag. Dort können 28 Personen arbeiten. Viele Personen fahren jeden Tag von Haag nach Ried. Sie können nach Haag wechseln, wenn sie das wollen. Die Werkstätte wird Ende 2017/ Anfang 2018 fertig.
Wissenswertes aus der Lebenshilfe Oberösterreich Zukunftsgespräche 2016: Meine Rechte Bei den Zukunftsgesprächen haben die Klienten der Lebenshilfe OÖ die Möglich- keit, über ein selbst gewähltes Thema zu diskutieren. Die diesjährigen Zukunftsge- spräche am 18. Mai 2016 behandelten das Thema „Meine Rechte“. Dabei wurden Teile der Broschüre Wohnen aufzuzeigen und verständ- „MEINE RECHTE“ der Sozialabtei- lung für Werkstätten, Wohnen und Mobil Betreutes Wohnen bespro- lich zu machen, um die Selbstbe- stimmung zu fördern. Die Zukunftsgesräche i chen. Alle Menschen mit Beeinträch- Nach einem musikalischen Einstieg finden einmal jährlich im Bil- tigung haben das Recht auf Mitbe- von Erich Jechtl auf der Ziehharmoni- dungshaus Schloß Puchberg stimmung und Mitsprache. Bei den ka wurde in verschiedenen Arbeits- bei Wels statt. Nähere Infor- diesjährigen Zukunftsgesprächen gruppen über die Rechte diskutiert. mationen erhalten Sie bei wurde über das Thema „Meine Dabei wurde das Wissen über die Rechte“ diskutiert und besprochen, eigenen Rechte aufgefrischt oder er- Gabriele Postl ob diese Rechte auch schon in allen gänzt. Mag. Martin Plantlitschko gab Lebenshilfe OÖ Landesleitung Einrichtungen umgesetzt werden. in seinem Vortrag „Meine Rechte 07672 / 27 550 - 10 125 Ziel der Zukunftsgespräche ist es, – ein kleiner Wegweiser“ Einblicke iv@ooe.lebenshilfe.org Informationen bereitzustellen und über die Gesetzesgrundlagen und die vielfältigen Möglichkeiten, zum Rechtsschutzmöglichkeiten sowie Beispiel in den Bereichen Arbeit und Beschwerdestellen. Das Zukunftsgespräch 2016 hatte das Thema „Meine Rechte“. In Arbeitskreisen wurde über die eigenen Rechte diskutiert. Klienten brauchen Informationen, um Entscheidungen zu treffen. Martin Plantlitscho hielt einen Vortrag. 14 streiflichter Herbst | 2016
Wissenswertes aus der Lebenshilfe Oberösterreich Kunstausstellung von Bernhard Quereser Bernhard Quereser stellte am 9. Juli 2016 im Rahmen einer Veranstaltung des Kulturverein(t)s Hofkirchen seine Kunstwerke zur Schau. Quereser hat zurzeit schon etliche tet. Insgesamt hat der Klient schon Beitrag: Klaus Hager Anfragen für Projektwünsche erhal- über 30 Bilder gemalt und es scheint Mitarbeiter, Wohnhaus Hofkirchen ten, an denen er momentan arbei- kein Ende in Sicht. Gemalt hat Bernhard schon immer, jedoch bis dato nur auf Papier, wel- ches nach Jahren leider zerfällt. Durch das Fachprojekt: "Förderung der Kreativität durch Malen mit Kli- enten". Gemeinsam mit Betreuer Claus Hager, wurde eine eigene Stil- richtung eingeschlagen. Als Material werden handelsübliche Keilrahmen in allen Größen und spezielle Filz- stifte verwendet. Jedes Bild spricht für sich und ist ein Unikat, genau wie wir Menschen. Der Andrang auf die Bilder war enorm und Bernhard Bernhard Quereser hat seine Bilder ausgestellt. Bisher hat er auf Papier gemalt. Jetzt malt er auf Keilrahmen. Bernhard Quereser hat schon mehr als 30 Bilder gemalt. streiflichter Herbst | 2016 15
Vorwort des Präsidenten Österreichs älteste Frau mit Down-Syndrom lebt im Lebenshilfe-Wohnhaus Vöcklabruck Ingrid Svara feierte am 13. Juli 2016 ihren 75. Geburtstag. Die Vöcklabruckerin ist damit die älteste Person mit Down-Syndrom in Österreich. Auch wenn sich die Lebenserwar- Svara lt. unseren Recherchen mit liebevoll genannt. Heute kann die tung von Menschen mit Down-Syn- ihren 75 Jahren die älteste Österrei- an Altzheimer erkrankte Klientin der drom in den letzten Jahren stark er- cherin mit Down-Syndrom. Lebenshilfe Oberösterreich selbst höht hat, ist Ingrid Diese Gegebenheit schreibt Fried- kein Gespräch mehr führen und be- rich Grundner, Cousin und Sach- nötigt eine 24-Stunden-Betreuung. walter von Ingrid Svara, Das war aber nicht immer so: „Bis zwei Faktoren zu: „Zum vor drei Jahren war Ricki sehr selbst- einen tragen die Gene ih- ständig“, berichtet Sabine Schlos- ren Teil bei, Ingrid’s Mutter ser, die Ingrid Svara bereits seit wurde 95 Jahre alt. Zum fast einem Jahrzehnt im Lebenshil- anderen spielt aber die gute fe-Wohnhaus unterstützt. „Sie ist Unterstützung im Lebenshil- ein geselliger Mensch, der in der Ge- fe Wohnhaus eine große Rol- meinschaft aktiv mitlebte solange es le hinsichtlich und vor allem ihre Gesundheit zuließ.“ Gerne erin- in der Lebensqualität meiner nert sich Sabine Schlosser an die ak- Cousine“. Die Ärzte hatten ihr tiveren Tage von Ingrid Svara: „Ganz stets eine Lebenserwartung nach ihrer Lieblings-Comicfigur, dem von maximal 60 Jahren prog- „Bussi-Bär“, verteilte sie gerne und nostiziert. oft Zärtlichkeiten an die Menschen in ihrer Umgebung. Das waren beson- Ingrid Svara als „Bussi-Bär“ ders schöne Zeiten mit ihr“. des Wohnhauses Vöcklabruck In der Lebenshilfe hat es Ingrid Sva- „Ricki“ wird Ingrid Svara von ra auf Anhieb gut gefallen. Als gesel- ihren Betreuern und Mitbewoh- liger und feinfühliger Mensch fühlt nern im Wohnhaus Vöcklabruck sie sich in der Gruppe wohl und ist 16 streiflichter Herbst | 2016
Wissenswertes aus der Lebenshilfe Oberösterreich bei ihren Mitbewohnern beliebt. Neben der Arbeit in der Werkstätte erfüllten sie ihre Hobbies, Musik hören und zeichnen. Sie war nicht auf den Mund gefallen und sagte klipp und klar, was sie wollte und was ihr nicht passte. Eine ihrer besonderen Vorlieben ist das „Kaffeehaus-Gehen“. Voller Vorfreude machte sie sich immer schon zeitig reisefertig und saß erwartungsvoll mit ih- rer Tasche in der Hand bereit, um loszustarten. Umgang mit Minderheiten als Indikator für die soziale Reife einer Gesellschaft Obwohl Ingrid Svara heute nicht mehr allen ihren Hobbies nachge- hen kann, führt sie nach wie vor ein qualitativ hochwertiges Leben, ist Friedrich Grundner überzeugt. Mit Einschränkungen im Alter ha- ben sich schließlich alle Menschen abzufinden. Wo man bei einem 24-Stunden Betreuungsbedarf ein- sparen soll, ist für Friedrich Grund- ner schwer nachvollziehbar. „Die soziale Reife eines Volkes erkennt man daran, wie es mit Kindern, alten und beeinträchtigten Menschen um- geht“, meint Friedrich Grundner, der sich wünscht, dass die Diskussio- nen über Budgeteinsparungen in der Behindertenhilfe beendet werden. „Ricki hätte es nicht besser treffen können, als sie 1985 einen Platz in der Lebenshilfe bekam“, ist Fried- rich Grundner überzeugt. „Ihr ist es noch nie so gut gegangen wie in den R ic k i is t e in letzten dreißig Jahren in der Lebens- g e s e ll ig e r M hilfe. Hier bekommt sie eine Unter- ih r e G e s u n d e n s c h . S o la h e it z u li e ß , nge es stützung, die ihrer Situation gerecht ü b e r a ll d a b w a r s ie im m wird und sich ihren sich ändernden e i. er und Bedürfnissen anpasst.“ Ingrid Svara hat das Down-Syndrom. Sie ist 75 Jahre alt. Damit ist sie die älteste Person mit Down-Syndrom in Österreich. Friedrich Grundner ist ihr Cousin und Sachwalter. Er sagt, dass sie im Lebenshilfe Wohnhaus gut betreut wird. Ingrid Svara war sehr aktiv und gesellig. Heute benötigt sie eine 24-Stunden-Betreuung. Trotzdem führt sie noch ein gutes Leben streiflichter Herbst | 2016 17
Wissenswertes aus der Lebenshilfe Oberösterreich Jubiläum: 35 Jahre Werkstätte Grein Ihr 35jähriges Bestehen feierte die Werkstätte Grein mit zwei Projekten: den „Sitz- gelegenheiten“, einem Kunstprojekt an der Donaulände in Grein, und dem Buch "Söbstständi" von Peter Gstöttmaier. Kunstprojekt Entspannen zu bieten, gerecht. Die Peter Gstöttmaier verbleibenden 2/3 sind nur bedingt „Sitzgelegenheiten“ beziehungsweise sogar schlecht präsentiert Buch zum Sitzen geeignet: verbogene „Söbstständi“ Entlang der Donaulände befinden Lehnen, schräge Sitzflächen oder sich 35 Sitzgelegenheiten die nicht eine zu hoch angelegte Sitzfläche nur zum Entspannen, sondern auch hindern den Rastsuchenden daran, zum Nachdenken und Staunen ein- Erholung zu finden. Dies spiegelt die laden. Anlässlich des 35jährigen Realität wider: nur wenige Gebäu- Jubiläums macht die Werkstätte de und Einrichtungen wie Toiletten, Grein mit kreativen Mitteln darauf Wirtshäuser oder Kirchen sind auch aufmerksam, dass Inklusion in der tatsächlich barrierefrei. Alle anderen Gesellschaft noch nicht überall funk- behindern im Alltag die Teilhabe von tioniert. Menschen mit Beeinträchtigung an der Gesellschaft. An den Sitzgelegenheiten der Do- naulände kann man den Grad der Viele der Sessel stehen in einer di- tatsächlich realisierten Barrierefrei- rekten Verbindung zu den Arbeiten, heit ablesen: Nur etwa ein Drittel der die Menschen mit intellektueller In seinem Buch „Söbstständi“ be- aufgestellten Stühle werden ihrem Beeinträchtigung in der Werkstätte schreibt Peter Gstöttmaier seinen Zweck, einen Ort zum Ausruhen und durchführen. Von Wolle über Ton und Weg in die Selbstständigkeit. Er Holz bis hin zu Schaufel und Rasen- ist seit der Gründung 1981 in der mäher, Werkzeuge der Mitarbeiter Werkstätte und dokumentiert mit der Außengruppe, wurden zahlrei- Gedichten und Zeichnungen seinen che Utensilien mit viel Symbolkraft Lebensweg. in die Stühle eingearbeitet. Seine Werke wurden mehrfach beim Das Kunstprojekt wurde als inklusi- Ohrenschmaus Literaturpreis sowie ves Projekt umgesetzt: Die Klienten dem Literaturwettbewerb Wort- der Lebenshilfe erstellten die Ent- finder in Bielefeld ausgezeichnet. würfe, die Künstler Willi Katteneder Im Rahmen einer Ausstellung von und Anna Maria Brandstätter beglei- Künstlern der Werkstätte im Kul- teten den Ideen- und Auswahlpro- turzentrum Sturmmühle stellte er zess und gemeinsam wurde dann sein Buch vor. „Wülln muaßt hobm mit viel Dynamik und Begeisterung – wennst an Wülln host, geht ollas“ an der Realisierung der Entwürfe ge- so Peter Gstöttmaier. arbeitet. Die Werkstätte Grein feiert ihren 35. Geburtstag. Die Klienten haben deshalb 35 Sessel gebaut. Sie stehen an der Donaulände in Grein. Auf einigen Sesseln kann man nicht sitzen. Sie zeigen dass Inklusion noch nicht überall funktioniert. Peter Gstöttmaier ist Klient der Werkstätte Grein. Er hat ein Buch geschrieben. Mit Gedichten und Zeichnungen. Das Buch heißt Söbstständi. 18 streiflichter Herbst | 2016
Wissenswertes aus der Lebenshilfe Oberösterreich 35 Jahre Arbeitsgruppe & Werkstätte, zehn Jahre Wohnhaus: Dreifach-Jubiläum in Weyer Beitrag: Claudia Hagauer Einrichtungsleiterin, Wohnhaus Weyer Am 7. April lud die Werkstätte Weyer daher zu einem Tag der offenen Tür, bei dem die Gäste die Möglichkeit hatten den Klientinnen und Klienten bei ihrer Arbeit über die Schulter zu schauen. Am darauffolgenden Tag wurde das Jubiläum mit einem Festakt gefeiert, bei dem die Bewohnerinnen und Be- wohner des Wohnhauses einstudier- te Tanzeinlagen und Programmpunk- te zum Besten gaben. Bei einem köstlichen Buffet und beschwingter Musik der Gruppe „Almütt’n Radio“ ließen die Besucher den Abend ge- Ein Highlight der 10-Jahres-Feier war die Tanzeinlage der Klientinnnen und Klienten vom Wohnhaus Weyer. mütlich ausklingen. Die Werkstätte Weyer gibt es seit 35 Jahren. Die Arbeitsgruppe Weyer gibt es auch seit 35 Jahren. Das Wohnhaus Weyer gibt es seit 10 Jahren. Das wurde bei einem Tag der offenen Tür gefeiert. 10 Jahe Wohnhaus Ried: Feier zum Jubiläum Beitrag: Darbietung der BewohnerInnen ge- meinsam mit den MitarbeiterInnen Andreas Mitterbuchner des Wohnhauses, die mit großer Be- Einrichtungsleiter, Wohnhaus Ried geisterung ein schwungvolles Volks- Anlässlich des 10jährigen Beste- lied mit eigens umgeschriebenem hens des Lebenshilfe Wohnhauses Text vortrugen. Die Biertische waren in Ried wurde am 20. Mai 2016 ein bis auf den letzten Platz gefüllt und großes Jubiläumsfest abgehalten. es wurde gelacht und gefeiert bis lange nach Mitternacht. Bei perfektem Wetter gab es ein stimmiges Unterhaltungsprogramm Bewohnerin Elisabeth Hochhold und mit dem Duo „Fritz & Andy“ sowie Einrichtungsleiter Andreas Mitterbuchner der Band „3rd floor“. Der Höhepunkt beim Jubiläumsfest ► des Festes war eine musikalische Das Wohnhaus Ried gibt es seit 10 Jahren. Das wurde mit einem Fest gefeiert. Die Bewohner sangen ein Volkslied mit eigenem Text. streiflichter Herbst | 2016 19
Wissenswertes aus der Lebenshilfe Oberösterreich Tag der offenen Tür: Beitrag: Georg Lepka Einrichtungsleiter, 10 Jahre Wohnhaus Wels 2 Wohnhaus Wels 2 Am 24. Juni fand im Wohnhaus Wels 2 zum 10jährigen Bestehen ein Tag der offenen Tür statt. Der Einladung folgten im Laufe des Tages über 160 Personen, die sich über das aktuelle Wohnangebot di- rekt bei den Bewohnern und der Leitung informieren konnten. An die- sem Tag gab es neben zahlreichen kulinarischen Genüssen einen Rück- blick auf die letzten zehn Jahre, eine Erklärung zum Ansatz des Personen- zentrierten Denkens sowie eine Vor- stellung der einzelnen Gruppen. 160 Personen besuchten das Wohnhaus Wels 2 am Tag der offenen Tür. Das Wohnhaus Wels 2 gibt es seit 10 Jahren. Das wurde bei einem Tag der offenen Tür gefeiert. Es gab auch einen Rückblick auf die letzten 10 Jahre. Smartable: HTL-Schüler bauen für die Werkstätte Freistadt einen höhenverstellbaren Tisch Der SMARTABLE erleichtert ab sofort den Alltag der Rollstuhlfahrer in der Werkstätte Freistadt. Die meisten Tische sind so niedrig, dass kein Rollstuhl darunter passt. Der SMARTABLE, den die Schüler der HTL Freistadt für die KlientInnen der Werkstätte Freistadt bauten, löst dieses Problem durch Höhenver- stellbarkeit und Rollen. Am 29.6.2016 wurde der “SMARTA- BLE” im Beisein eines Fotografen und der Presse vorgestellt und über- reicht. Mit dem Projekt qualifizierten sich die HTL-Schüler sogar für das Halbfinale des “Jugend innovativ” Die SchülerInnen der HTL Freistadt erleichtern mit ihrem SMARTABLE den Preises. Alltag der KlientInnen der Werkstätte Freistadt. HTL-Schüler haben einen Tisch gebaut. Man kann mit dem Rollstuhl unter diesen Tisch fahren. Die Klienten der Werkstätte Freistadt freuen sich darüber. 20 streiflichter Herbst | 2016
Theaterprojekt beim Kulturfestival sicht:wechsel: "HighMadLand" Beitrag: Lothar Pühringer Einrichtungsleiter, Zwergerlschnäuzen auf der Bühne, dargeboten von Max Hölzl und Wohnverbund Grein Florian Gatterbauer von der Theatergruppe KRAUDundRUAM. Landeshymne wurde genauestens unter die Lupe genommen. Karin Schütze meinte in ihrer Kritik in den OÖNachrichten „Es waren Szenen zum „Hoamatland“, die erheiterten, nachdenklich stimmten und die Be- wunderung weckten für ihre Darstel- ler und dafür, wie selbstverständ- lich sie auf der Bühne ihre Heimat gefunden haben“. Ein großartiges Kompliment für einen wunderbaren Abend und seine Akteure, die aus allen wichtigen Institutionen hervor- ragend zusammenarbeiteten. Lothar Pühringer, Einrichtungsleiter Wohnen Grein, leitete die Produk- Die Akteure des Projektes „HighMadLand“ präsentierten ihr Stück beim Kulturfesti- tion und Roland Binder führte das val sicht:wechsel einem breiten Publikum. Ensemble der Lebenshilfe in seiner gekonnten Professionalität durch Zum 4. Mal ging Ende Juni das Hartheim, SOundSO Theater Grein die Proben und die Aufführung. Die Kulturfestival sicht:wechsel in sowie weitere Akteure von der Le- Akteure der Lebenshilfe, Roman Linz über die Bühne, bei dem sich benshilfe OÖ, Blaue Hunde Salzburg Schneebichler, Dagmar Endecker, vor allem internationale Theater- unter der Regie von Wolf Junger. Un- René Füreder, Petra Hahn, Han- gruppen, aber auch heimische En- ter dem Titel „HighMadLand“ wurde nes Breuer, Martina Berger, Karin sembles einem großen Publikum ein Stück präsentiert, das von den Göschl, Klaus Hofer und Max Hölzl präsentierten. Akteuren in einem einjährigen Pro- sorgten mit ihren Schauspielkolle- zess selbst entwickelt wurde. Der gen aus den andern Theatergruppen Einen glanzvollen Auftakt bot die Ber- Begriff Heimat wurde darin in allen für einen unvergesslichen Theater- liner Theatergruppe „Ramba Zamba“. Fassetten und zu einem Großteil mit abend. Einen besonderen Abend gestal- einem Augenzwinkern aufbereitet. teten: KRAUDundRUAM Theater Vor allem die oberösterreichische In Grein gibt es die Theatergruppe SOundSO. Klienten der Lebenshilfe Grein spielen in der Theatergruppe. Auch beim Kulturfestival sicht:wechsel hat die Theatergruppe mitgespielt. Das Stück heißt HighMadLand. Im Stück geht es um den Begriff Heimat. streiflichter Herbst | 2016 21
Livekonzert: Peter Ratzenbeck im Salzhof Am Donnerstag, 28. April 2016, gab „Österreichs Paradegitarrist“ Peter Ratzenbeck im Rah- men von „Künst- lerInnen für die Lebenshilfe“ seine Musik zum Besten. Im kleinen Saal des Kulturzentrums „Salz- hof“ Freistadt durften zahlreiche BesucherIn- nen an seiner Liebe zur Gitarre teilhaben. Beitrag: Daniela Wurzinger Mitarbeiterin, Werkstätte Freistadt Peter Ratzenbeck, in Fachkreisen Nächte ist das Produkt eines langen „Mr. Fingerpicking“ genannt, un- Winters“ gaben dem Abend eine ternahm mit dem Publikum einen besonders sympathische Note. Streifzug durch vier Jahrzehnte an der Gitarre. Lieder wie „Unterwegs“, In den zwei Pausen wurden die Be- „Odyssee“, „Sunday’s Fantasy“, sucherinnen und Besucher an der „Waldviertler Nächte“, „A Frau wie Bar vom MitarbeiterInnen-Team der du“, oder „Nightwish“ machten den Werkstätte Freistadt mit Getränken Abend unvergesslich. versorgt. Für den kleinen Hunger zwischendurch stellte die Bäckerei Ratzenbeck gewährte zwischen den Honeder Gebäck zur Verfügung. Ein musikalischen Beiträgen dem be- Verkaufsstand mit ausgewählten geisterten Publikum Einblicke in sein Produkten gab dem Publikum die Leben als Musiker und Mensch. Möglichkeit, nicht nur Gedankliches mit nach Hause zu nehmen. Aussagen wie „die Finger gehen mit Haussprecherstellvertreter Walter 50 noch so schnell wie mit 20“, „hab Schaufler übergab Peter Ratzenbeck im gespürt, das bin ich“, „Waldviertler Namen der Werkstätte ein Geschenk. ► Peter Ratzenbeck spielte im Salzhof in Freistadt mit seiner Gitarre. In der Pause gab es Getränke und Gebäck. Das Eintrittsgeld bekommt die Werkstätte Freistadt. Dafür bekam Peter Ratzenbeck ein Geschenk von Haussprecher-Stellvertreter Walter Schaufler. 22 streiflichter Herbst | 2016
KünstlerInnen für die Lebenshilfe: Gerhard Polt stand für die Werkstätte Freistadt auf der Bühne Bild: © Mario Riener Fotografie Die Well-Brüder aus dem Biermoos begleiteten Gerhard Polt musikalisch beim Kabarett zugunsten der Werkstätte Freistadt. Am 28. Juli 2016 stand der vielfach ausgezeichnete Kabarettist Gerhard Polt ge- meinsam mit den Well-Brüdern aus dem Biermoos in der Messehalle in Freistadt auf der Bühne, um Menschen mit Beeinträchtigung zu unterstützen. Unter dem Motto „KünstlerInnen für nisse mit sozialem Hintergrund stets Abend und den spürbaren Zusam- die Lebenshilfe“ ist es der Werkstät- überspitzt und amüsant vorzutragen menhalt, sowohl innerhalb der Le- te Freistadt der Lebenshilfe OÖ auch weiß. Die Well-Brüder ergänzten das benshilfe als auch in Freistadt und heuer wieder gelungen, einen kultu- Programm mit satirischen Texten Umgebung, der durch diese Veran- rellen Höhepunkt in Freistadt zu or- und bayrischer Volksmusik, die sie staltung einmal mehr veranschau- ganisieren; diesmal jedoch in einem gekonnt auf einer Vielzahl von Inst- licht wurde. noch viel größeren Rahmen: 1300 rumenten zum Besten gaben. Ab- Zuseher sahen das Kabarett „Geho- gerundet wurde das Kabarett durch bene Unterhaltung mit humanitärem bayrische Bierbrezen, die in der Pau- Beigeschmack“. se angeboten wurden. Gerhard Polt zeichnet sich durch sei- Julia Mitterlehner, Leiterin der Le- nen bayrischen Humor aus, der po- benshilfe Werkstätte in Freistadt, litische und gesellschaftliche Ereig- freut sich über den gelungenen Der Kabarettist Gerhard Polt spielte in Freistadt. Ein Kabarettist erzählt lustige Geschichten. Die Well-Brüder spielten auf vielen Instrumenten. Den Erlös bekam die Werkstätte Freistadt. streiflichter Herbst | 2016 23
Wissenswertes aus der Lebenshilfe Oberösterreich 35 Jahre Arbeitsgruppe & 30 Jahre Werkstätte Gmunden Am 29. April fand anlässlich des Doppeljubiläums in der Werkstätte Gmunden eine Jubiläumsfeier in Anwesenheit von prominenten Gästen statt. Die Arbeitsgruppe Gmunden enga- enten der Werkstätte gaben eine Werkstätte dar. Abschließend ließ giert sich seit 35 Jahren für Men- Tanzeinlage zum Besten und die man die Feier mit Musik und Tanz im schen mit intellektueller Beeinträch- Landesmusikschule Gmunden sorg- Naturgruppenraum ausklingen. Auch tigung. Durch das ehrenamtliche te für die musikalische Umrahmung. der BTV war vor Ort und berichtete Engagement der Mitglieder der Ein besonderes Highlight stellte über die Jubiläumsfeier. Arbeitsgruppe Gmunden und dem der Luftballonstart am Vorplatz der unermüdlichen Einsatz weiterer Un- terstützer und Förderer konnte im Jahr 1986 eine Werkstätte in Gmun- den entstehen, die heute eine breite Angebotspalette an Tätigkeiten an- bietet. Außer für die Werkstätte in Gmunden engagiert sich die Arbeits- gruppe Gmunden auch noch für die Wohneinrichtungen in Steyrermühl und Altmünster. Die Jubiläumsfeier wurde zum An- lass genommen, um Ehrungen von Dienstjubiläen von insgesamt 215 Dienstjahren vorzunehmen. Die Kli- Die Werkstätte Gmunden gibt es seit 30 Jahren. Die Arbeitsgruppe Gmunden gibt es seit 35 Jahren. Das wurde mit einem Fest gefeiert. Sogar der Landeshauptmann war da. 24 streiflichter Herbst | 2016
www.liwest.at
Ihr gutes Recht Vertretungsbefugnis naher Angehöriger Muss immer ein/e SachwalterIn bestellt werden? Als Alternative zur Sachwalter- schaft stellt Ihnen Dr. Alexander Stix, Rechtsexperte der Lebenshilfe Oberöster- reich, die Möglichkeit der Vertretungsbefugnis für nahe Angehörige vor: für die betroffene Person ausüben richtungen im Namen der betroffe- Beitrag: Dr. Alexander Stix können. nen Person. Soziales & Recht, Lebenshilfe OÖ Landesleitung Derartige Vertretungshandlungen So kann die Person, die die Vertre- sind etwa: tung übernimmt, etwa über Geld am Wer kann vertreten werden? Konto der Person mit Beeinträchti- Unterstützung im familiären gung verfügen. Dies jedoch nur so Vertreten werden können volljährige Bereich weit, sofern der erhöhte allgemeine Personen, die aufgrund ihrer psychi- Grundbetrag des Existenzminimums schen Krankheit oder intellektueller Unterstützungen in Alltagsangele- monatlich nicht überschritten wird Beeinträchtigung Geschäfte des täg- genheiten, die kein besonderes Risi- (2016 sind das rund 882 Euro). lichen Lebens nicht selbst besorgen ko in sich bergen. Darunter fallen vor können. Gleichzeitig darf jedoch kei- allem Besorgung von Nahrungsmit- ne Sachwalterschaft, Vorsorgevoll- teln, Kleidung und anderen Gegen- Zustimmung zu einfachen macht oder ein Widerspruch gegen ständen des täglichen Bedarfs. medizinischen Behandlungen eine Vertretungsbefugnis der betrof- fenen Person bestehen. Ist die Einsichts- und Urteilsfähigkeit Vertretungsbefugnis für Rechts- der betroffenen Person bei einzelnen geschäfte des täglichen Lebens medizinischen Behandlungen nicht Ziel der Angehörigenvertretung gegeben, kann der vertretungsbe- Darunter versteht man etwa die Or- fugte Angehörige seine Zustimmung Eine Sachwalterschaft soll erst dann ganisation erforderlicher Pflegeleis- zu kleinen medizinischen Eingriffen installiert werden, wenn es dazu kei- tungen, Geltendmachung sozialver- geben. Bei schwerwiegenden Ein- ne Alternativen gibt. Daher wurde sicherungsrechtlicher und ähnlicher griffen wie einer Vollnarkose, risiko- es gesetzlich ermöglicht, dass nahe Ansprüche, Anträge auf Sozialleis- reichen Operationen, Legen einer Angehörige in bestimmten Angele- tungen und Vertretungshandlungen PEG-Sonde ist die Vertretungsbefug- genheiten eine Vertretungshandlung vor öffentlichen Behörden oder Ein- nis naher Angehöriger jedoch nicht ausreichend. 26 streiflichter Herbst | 2016
Ihr gutes Recht Wer ist nächster Angehöriger? hervorgehen, welche Angelegenhei- Er ist auch dann gültig, wenn die ten (Rechtsgeschäfte des täglichen betroffene Person nicht urteils- oder Zu den nahen Angehörigen zählen: Lebens, Rechtsgeschäfte zur De- einsichtsfähig ist. ckung des Pflegebedarfs, Geltend- • Eltern und volljährige Kinder machung von sozialen Ansprüchen, Die Vertretungsbefugnis stellt eine (allenfalls Großeltern und Enkel) Zustimmung zu medizinischen Be- unbürokratische Alternative zur handlungen usw.) die betroffene Sachwalterschaft dar. Regelungen • Ehegatten im gemeinsamen Person aufgrund der geistigen oder bezüglich einer Aufwandsentschä- Haushalt psychischen Beeinträchtigung nicht digung, wie sie bei der Sachwalter- (mehr) selbst besorgen kann. schaft bestehen, gelten bei der Ver- • Lebensgefährten, wenn seit drei tretung naher Angehöriger nicht. Jahren ein gemeinsamer Haushalt Der Notar prüft in weiterer Folge, ob Aufgrund der Tatsache, dass nur ein- besteht folgendes vorliegt: geschränkt auf das Geld der betrof- fenen Person zugegriffen werden • Für Geschwister ist die Vertre- • ein Verwandtschaftsverhältnis/ kann, entfällt nicht nur eine Rech- tungsbefugnis rechtlich leider nicht eine Lebensgemeinschaft nungslegungspflicht sondern auch möglich. eine gerichtliche Kontrolle. • ein ärztliches Zeugnis über die geistige/psychische Beeinträchti- Wird eine missbräuchliche Verwen- Wie kommt man als naher Ange- gung oder dung der Vertretungsbefugnis ange- höriger zu einer Vertretungsbe- nommen, kann jederzeit das Gericht fugnis? • ein Widerspruch gegen eine Re- benachrichtigt werden, welches die gistrierung der Vertretungsbefugnis Sachlage prüft und gegebenenfalls Die Vertretungsbefugnis muss, um ein Sachwalterschaftsverfahren ein- rechtlich gültig zu sein, im Österrei- Bei Vorliegen der Voraussetzungen leitet. chischen Zentralen Vertretungsver- stellt der Notar eine schriftliche Be- zeichnis (ÖZVV) eingetragen wer- stätigung aus. Diese Bestätigung den. über die Eintragung der Vertretungs- Bei Fragen steht Ihnen Dr. Alexander befugnis in das Österreichische Zen- Stix, Abteilung Soziales & Recht, von Eine Registrierung als vertretungs- trale Vertretungsverzeichnis dient der Lebenshilfe Oberösterreich ger- befugter Angehöriger im Österrei- dem vertretenden Angehörigen als ne zur Verfügung. chischen Zentralen Vertretungsver- Vorlage bei diversen Behörden oder zeichnis (ÖZVV) wird von einem Banken für die Vertretung der betrof- Notar vorgenommen. Für die Regis- fenen Person. trierung werden ein Nachweis über i das Angehörigenverhältnis sowie eine ärztliche Bestätigung über die Widerspruch des Vertretenen geistige oder psychische Beeinträch- tigung der betroffenen Person benö- Die Vertretungsbefugnis tritt nicht Dr. Alexander Stix tigt. ein oder endet, wenn die vertrete- Lebenshilfe Oberösterreich ne Person dieser widerspricht. Der Landesleitung, Vöcklabruck Die erforderliche ärztliche Bestäti- Widerspruch muss dem Notar bzw. gung kann grundsätzlich von jedem dem Gericht mitgeteilt werden und 07672 / 27 550 - 10 112 behandelnden Arzt (z. B. Hausarzt) wird im Österreichischen Zentralen soziales@ooe.lebenshilfe.org ausgestellt werden. Es muss daraus Vertretungsverzeichnis eingetragen. Dr. Alexander Stix arbeitet in der Landesleitung. Er kennt sich gut mit den Gesetzen aus. Anstatt Sachwalterschaft gibt es die Vertretungsbefugnis für nahe Angehörige. Nahe Angehörige sind zum Beispiel Eltern oder Großeltern. Eine Vertretungsbefugnis muss von einem Notar eingetragen werden. Man braucht dazu eine Bestätigung vom Arzt. Die Stelle wo die Vertretungsbefugnis eingetragen wird heißt Österreichisches Zentrales Vertretungs-Verzeichnis. Nach der Eintragung bekommt man eine schriftliche Bestätigung. Nahe Angehörige können einen dann besser unterstützen. streiflichter Herbst | 2016 27
Sie können auch lesen