EVANGELISCH IN ÜBACH-PALENBERG - OktOber/NOvember 2020 - Evangelische ...
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Kirchengemeinde Übach-Palenberg EVANGELISCH Gemeindebrief der Evangelischen IN ÜBACH-PALENBERG Oktober/November 2020 Foto: Justen Es geht wieder vorwärts! Andachten für die Seniorenfreizeit 2021, S. 37 Kommenden Wochen, S. 6
EDITORIAL Inhaltsverzeichnis Editorial „Langsam ist aber mal gut“ .................. 3 Liebe Leserin, lieber Leser, Andachten, Teil 1 .................................. 6 nun kommt er also, der erste „Coro- Amtshandlungen ................................ 20 na-Herbst“. Es ist immer noch alles so Gottesdienste ..................................... 21 ganz, ganz anders. Das Warten auf das Andachten, Teil 2 ................................ 22 Ende der Plage fällt langsam schwer – Chorproben in Coronazeiten ............. 28 aber: Wir werden unter Umständen Bethel-Sammlung .............................. 30 noch sehr lange mit Corona zu tun ha- Trauergesprächskreis ......................... 31 ben. Darauf sollten wir uns einstellen. 7 Tipps für den Kaffeesatz .................. 32 Und versuchen, einfach das Beste da- Seenotrettung .................................... 36 raus zu machen. Seniorenfreizeit 2021 .......................... 37 Nachdem wir wohl eine der ersten Kinderseite ......................................... 39 Kirchengemeinden waren, die gleich am Anschriften und Telefonnummern ... 40 Aschermittwoch alles „dicht gemacht“ haben, gehören wir vermutlich zu den letzten Gemeinden, die nun wieder an- fangen, wenigstens wieder „richtige“ Gottesdienste zu feiern, wenn auch mit aller Vorsicht. Daher finden Sie in die- sem Gemeindebrief auch endlich wieder einen Gottesdienstplan in der Mitte des Heftes. Wenn Sie noch das Titelbild des letz- ten Gemeindebriefes vor Augen haben, so merken sie dem jetzigen Titelbild schon an: Es geht langsam wieder vor- wärts. Hoffen wir das Beste! Foto: Justen Im Namen des Redaktionskreises grüße ich Sie herzlich! Titelbild der letzten Ausgabe: Ein Schiff ohne Meer Impressum Der Gemeindebrief „Evangelisch in Übach-Palenberg“ wird herausgegeben vom Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Übach-Palenberg, vertreten durch den Vorsitzenden, Pfarrer Christian Justen. Redaktion: Jana Eickvonder, Christian Justen (v. i. S. d. P.), Renate de Kleine, Angelika Krakau Anschrift der Redaktion: Maastrichter Straße 47, 52531 Übach-Palenberg Gestaltung: Christian Justen. Druck: Gemeindebriefdruckerei Harms, Martin-Luther-Weg 1, 29393 Groß Oesingen Auflage: 3 300 Redaktionsschlus der nächsten Ausgabe: 15. Oktober 2020 2
Aktuelles „Langsam ist aber mal gut ...“ Dieser Satz gehört wohl momentan Gottesdienst versammeln, sofern die zu den meistgedachten, wenn auch „Rückverfolgbarkeit“ gewährleistet ist. vielleicht nicht immer zu den meist- Das halte aber wohl nicht nur ich für gesagten Sätzen. Wenn Sie diesen ganz und gar nicht sinnvoll! Übrigens: In Gemeindebrief in den Händen halten, den anderen Bundesländern, auf deren dann sind es bei uns im Kreis Heinsberg Gebiet sich unsere rheinische Landes- ja schon über sieben Monate, in denen kirche erstreckt, insbesondere in Rhein- das Leben so ganz anders war, als wir land-Pfalz, sind die Vorschriften nach es bisher kannten. Und ich glaube, wir wie vor deutlich strengern! alle haben darauf keine Lust mehr: Kei- Das alles ist natürlich auch unserem ne Lust mehr auf Abstandhalten, keine Lust mehr auf das Masketragen, keine Foto: peacepix / stock.adobe.com Lust mehr darauf, zu Hause bleiben zu müssen, weil kaum Veranstaltungen stattfinden. Keine Lust mehr auf diesen ganzen Driss mehr zu haben ist aber nur das Eine. Das andere: Es bleibt nach wie vor sinnvoll, vorsichtig zu sein und sich an grundlegende Schutzmaßnahmen zu halten. Denn das Virus ist ja nicht aus der Welt! Und es ist leider noch lange nicht alles wieder gut! Das Tragen von Masken ist lästig – es hilft aber, Menschen zu schützen und Leben zu retten! Bislang sind wir in unserem Land und selbst in unserem Kreis Heinsberg Presbyterium sehr bewusst. Wir haben noch – relativ gesehen – glimpflich da- es uns daher auch nicht leicht gemacht von gekommen, unser Gesundheitssy- mit der Entscheidung, die Gemeindear- stem hat die Coronakrise bis jetzt gut beit in „Präsenzform“ Schritt für Schritt verkraftet. Der Grund dafür ist aber wieder aufzunehmen. Dabei waren wir doch vor allen Dingen, dass die meisten uns einig: Wir halten nach wie vor an Menschen in den letzten Monaten Ab- den bisherigen Abstands- und Hygiene- stand gehalten, auf Hygiene geachtet regelungen fest! und Maske getragen haben. Ab Oktober möchten wir wieder Mittlerweile hat die Politik in wei- Gottesdienste in der Erlöserkirche fei- ten Bereichen sich von vielen Coro- ern. Nähere Informationen dazu fin- naschutzmaßnahmen verabschiedet. den Sie auf Seite 21. Mit der einge- Ob das wirklich immer so sinnvoll ist, schränkten Gottesdienstbesucherzahl bleibt aber fraglich. Offiziell dürften in werden wir wohl an den meisten Sonn- der Erlöserkirche 300 Menschen ohne tagen keine Problem haben. Wie wir mit Masken und ohne Abstand sich zum dem Gottesdienst am Ewigkeitssonntag 3
Aktuelles und den Weihnachtsgottesdiensten senzgottesdienste „live“ zu veröffent- verfahren, darüber werden wir noch zu lichen, dazu fehlt uns leider das nötige beraten haben. Aber ich fürchte, schon Know How (bzw. das nötige Kleingeld, jetzt ist klar: Auch Weihnachten 2020 wenn wir eine Firma damit beauftra- wird ganz anders werden ... gen wollten). Uns ist natürlich bewusst, Wir werden dann ab Oktober auf un- dass viele Menschen verständlicherwei- sere Online-Gottesdienste, die wir bis- se nach wie vor nicht an Präsenzgot- land auf YouTube veröffentlicht haben, tesdiensten teilnehmen können oder verzichten – alles andere würde uns mit wollen. Um das ein wenig abzumildern Mehrarbeit in einem zu hohen Maß be- und um niemanden ganz „unversorgt“ lasten. Eine Parallelstruktur halten wir zu lassen, werden wir vorerst weiterhin daher nicht für sinnvoll. Und um die Prä- für jeden Sonntag eine Andacht im Ge- meindebrief veröffentlichen. Und selbstverständlich ver- weisen wir gerne auf die in der Regel doch wirklich guten Fernsehgottesdienste. Seit Mitte September dür- fen sich Gruppen und Kreise unserer Gemeinde wieder treffen. Aber wir wollen die Angebote nur langsam wieder „hochfahren“ – es fehlt uns ja doch die Erfahrung, wie unse- re Angebote unter den verän- derten Bedingungen gut um- zusetzen sind. Da auch nicht bei allen Angeboten wirklich klar ist, ob sie überhaupt stattfinden können, verzich- ten wir in dieser Gemeinde- briefausgabe noch einmal darauf, auf der vorletzten Seite eine Übersicht über die Angebote abzudrucken, wie es sonst üblich war. Fragen Sie im Zweifelsfall bei der Ih- nen bekannten Ansprechpart- St. Josef nerin oder im Gemeindebüro Übach-Palenberg Leben in Geborgenheit nach. Ab wann das Café Himmel in Übach und das Gemeinde- 4
AKTUELLES frühstück in Marienberg wieder statt- kauf wird voraussichtlich dem Corona- finden können, ist noch ungewiss, da virus zum Opfer fallen. es bei beiden nicht ganz einfach ist, für Für Vieles haben wir bereits gute und genügend Raum und ausreichende Be- gangbare Lösungen gefunden. Die neu- lüftung zu sorgen und die Essensausga- en Konfirmandinnen und Konfirmanden be in angemessener Weise zu gestalten. werden etwa von Pfarrerin Krakau mo- Die diesjährige Seniorenfreizeit mentan in der Erlöserkirche unterrich- mussten wir leider absagen. Wir hof- tet. Der Chor probt in zwei Gruppen fen aber, dass wir nächstes Jahr im Juni ebenfalls in der Kirche, nachdem einige doch wieder „auf Tour“ gehen können Proben im Freien stattfanden (Seite (siehe S. 37). 28). Für manch anderes müssen wir Schweren Herzens mussten wir aber noch lösungen finden. Und es heißt leider die Entscheidung treffen, dass die- nun auch weiterhin: die ohren steif und ses Jahr weder der weihnachtsmarkt die füße still halten! Einen kühlen Kopf noch das fenstersingen stattfinden bewahren! Nicht die Geduld verlieren! können, weil wir bei beiden Angeboten Und vernünftig bleiben! Wir schaffen nicht sehen können, wie ein wirksamer das! (Wer sonst, wenn nicht wir?) Schutz vor Ansteckung gegeben sein Christian Justen würde. Auch der weihnachtsbaumver- Konrad-Adenauer-Straße 128 52511 Geilenkirchen Telefon: 02451 - 911 605 3 Kontakt@Buchhandlung-deKleine.de www.Buchhandlung-deKleine.de WhatsApp: 0152 – 529 083 3 Bequem von zu Hause aus bestellen! Jetzt neu: Kostenloser Lieferservice für Geilenkirchen und Übach-Palenberg 5
Erntedankfest – 4. Oktober 2020 Andacht für das Erntedankfest Liebe Leserinnen und Leser, richtig versorgt. Er lässt uns nicht war- am ersten Sonntag im Oktober fei- ten, sondern sorgt dafür, dass wir das ern wir traditionell das Erntedankfest. haben, was zum Leben notwendig ist. Es ist Herbst, vieles von dem, was auf Und da, wo Gott sorgt bzw. wo wir den Feldern, an Bäumen und Sträu- ihn sorgen lassen, bekommen alle ih- chern gewachsen ist, ist mittlerweile ren Teil. Da, wo Menschen eingreifen, geerntet worden. An diesem Sonntag wo sie vielleicht sogar der Ansicht sind, danken wir Gott, dem Schöpfer, für all dass sie diejenigen sind, die für die rich- das, was geerntet werden konnte, was tige und gerechte Versorgung zustän- uns seine Schöpfung geschenkt hat, dig sind, da geht es schief. Ein biblisches was durch sorgsame Pflege der in den Beispiel ist das Gleichnis vom reichen verschiedenen Bereichen der Landwirt- Kornbauern, das für mich unauflöslich schaft Tätigen wachsen, gedeihen und mit dem Erntedankfest verbunden ist. eingefahren werden und so uns allen Und das gerade, weil es im Widerspruch zur Verfügung gestellt werden konnte. zu den beiden genannten Bibelstel- Und so heißt es im Spruch für die len steht. Denn hier erzählt Jesus von Woche: „Aller Augen warten auf dich, einem, der meinte, alles selbst in der und du gibst ihnen ihre Speise zur rech- Hand zu haben. Von einem, der nur sich ten Zeit.“ (Psalm 145, 15) Auch der Wo- selbst Dank schuldet, der auf sein eige- chenpsalm greift auf, wer für Essen nes Wissen vertraut. und Trinken sorgt: „Es warten alle auf Schon als Kindergottesdienstkind dich, dass du ihnen Speise gebest zu sei- faszinierte mich diese biblische Ge- ner Zeit. Wenn du ihnen gibst, so sam- schichte. Immer größer und größer meln sie; wenn du deine Hand auftust, mussten die Scheunen des Bauern sein, so werden sie mit Gutem gesättigt.“ um die immer reicher werdende Ernte (Psalm 104, 27f) In beiden Psalmen wird einlagern zu können. Und dann war alles Gott dafür gelobt und ihm gedankt, von heute auf morgen und über Nacht dass er die Menschen rechtzeitig und vorbei. All der angesammelte Reichtum half dem Bauern nichts. Er starb. Auch die eingefahrene Ernte konnte sein Le- Foto: epd-Bild / Anke Bingel ben nicht retten. Aus und vorbei war es mit ihm von einer Minute auf die andere. „Und Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir for- dern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?“ Alles nachzulesen im Evangelium nach Lukas, Kapitel 12, Verse 16–21. Da, wo Menschen in Gottes Schöp- fung eingreifen, folgt eine Strafe – nicht 6
ErNTEDANKfEST – 4. OKTOBEr 2020 immer sofort. Nicht immer trifft es nur Liedverse den oder die, die dafür in erster Linie verantwortlich sind. Es trifft auch die Danke für diesen guten Morgen, / dan- vermeintlich Unschuldigen. So ist es in ke für jeden neuen Tag. / Danke, dass ich der Tierhaltung, so ist es bei der Um- all meine Sorgen / auf dich werfen mag. weltverschmutzung, so ist es durch die Nutzung fossiler Brennstoffe. Die rech- Danke, dein Heil kennt keine Schran- nung zahlen alle, besonders aber un- ken, / danke, ich halt mich fest daran. / sere Nachkommen und die Menschen Danke, ach Herr, ich will dir danken, / in den Billiglohn-Ländern und dort, wo dass ich danken kann (EG 334, 1.6) Arbeits- und Umweltschutz kein Rolle spielen. Gebet Da, wo Menschen egoistisch han- deln und nur sich selbst vertrauen, da- Guter Gott, danke für alles, was Du uns mit also allen anderen misstrauen, geht in diesem Jahr geschenkt hast an Zunei- es schief. Das zeigt uns das Beispiel gung, Freundschaft, Hilfe und Unter- vom reichen Kornbauern. Mehr und stützung. Danke für alles, was unseren mehr reichtum scheffelt er, nichts von Leib und unsere Seele gesättigt hat. Ge- dem, was er besitzt, gibt er ab oder rade die vergangenen Monate der Coro- teilt er mit anderen. Ja, er vertraut nie- na-Pandemie haben uns wieder gezeigt, mandem, selbst Gott nicht. Aber er hat wie wichtig Zusammenhalt und Fürsor- die Rechnung ohne Gott gemacht, und ge sind und wie wenig hilfreich Egois- am Schluss geht er leer aus. Nichts von mus, Unverstand und Habgier sind, die dem, was er angehäuft hat an irdischen manche Menschen noch immer an den Gütern, kann ihn vor Gott rechtferti- Tag legen. Amen. Angelika Krakau gen. Nichts von dem, was bei Gott zählt, kann er auf die Waage legen. Denn er kennt weder Nächstenliebe noch Barm- Vater unser im Himmel. herzigkeit. Er kennt weder Dankbarkeit Geheiligt werde dein Name. noch Fürsorge. Aber das steht am Ern- Dein Reich komme. tedankfest doch im Vordergrund. Der Dein Wille geschehe, wie im Himmel, Dank für Bewahrung und Sättigung so auf Erden. an Leib und Seele auch in den zurück- Unser tägliches Brot gib uns heute. liegenden schweren Monaten, die wir Und vergib uns unsere Schuld, weltweit durchlebt haben. Danke Gott wie auch wir vergeben unsern für alles, was wir zum Erntedankfest Schuldigern. 2020 ernten durften. Gerade in dem Und führe uns nicht in Versuchung, Wissen, dass all unser Planen mit dem sondern erlöse uns von dem Bösen. 25. Februar 2020 über Nacht erst einmal Denn dein ist das Reich und die Kraft erledigt war. Amen. und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. 7
18. Sonntag nach Trinitatis – 11. Oktober 2020 Andacht für den 11. Oktober 2020 Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich dann auch noch die Zehn Gebote? Es aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft gibt Dinge, die ein jeder Mensch zu ei- geführt habe. Du sollst keine anderen ner jeden Zeit für sein Leben benötigt. Götter haben neben mir. (2. Mose 20, 2f) Und die kommen in den Zehn Geboten zur Sprache. Das mag zunächst verwun- Unsere Konfirmandinnen und Konfir- dern, denn die Gebote klingen ja anders. manden müssen ja eigentlich nur noch „Du sollst dies und dies tun – du sollst ganz wenige zentrale Texte auswen- dies und dies nicht tun.“ Sonderlich ein- dig lernen – das kenne ich aus meiner ladend hört sich das zunächst nicht an, Konfirmandenzeit noch anders. Aber das erinnert eher an einen erhobenen trotzdem höre ich oft genug die Fra- Zeigefinger. Doch was im Deutschen ge: „Wozu müssen wir das denn lernen? sich so hart anhört: „Du sollst“, das Brauchen wir das denn wirklich?“ klingt im Hebräischen Originaltext we- Zu diesen wenigen Texten gehören – sentlicher freundlicher, das klingt eher besonders unbeliebt! – auch die Zehn nach einer Einladung, darüber nachzu- Gebote. „Brauchen wir das wirklich?“ denken, was für unser Leben wirklich Eigentlich ist das die Frage, auf welche wesentlich ist. „Du sollst Vater und Mut- die Zehn Gebote eine Antwort geben. ter ehren“, das meint: Denke doch daran, Sie wollen uns verdeutlichen, was wir dass ein jeder Mensch das Recht auf sei- Menschen in unserem Leben wirklich ne Würde hat, ganz gleich, wie alt oder brauchen. jung er ist. „Du sollst nicht töten“, das Was brauchen wir Menschen, damit meint: Denke doch daran, dass ein jeder wir gut leben können? Ein gutes Stück Mensch ein unbedingtes Recht auf ein weit ist das natürlich eine Frage, die ein unversehrtes Leben hat. „Du sollst nicht jeder, eine jede für sich selbst beant- ehebrechen“, das meint: Denke daran, worten muss und kann. Zugleich ist es wie sehr ein jeder Mensch andere Men- aber auch keine Frage, auf die es eine schen braucht, die er liebt und die ihn einmalige und für alle Zeiten gültige lieben, denen er vertrauen kann und die Antwort gäbe. Denn nicht nur sind wir ihm vertrauen können. „Du sollst nicht Menschen ja völlig unterschiedlich, son- stehlen“, das meint: Denke doch daran, dern wir selbst verändern uns ja auch. dass ein jeder Mensch auch eine mate- In jedem Lebensalter fällt die Antwort rielle Grundlage für sein Leben braucht, auf die Frage daher auch zum Teil ganz die man ihm nicht nehmen darf. „Du unterschiedlich aus. Bedürfnisse verän- sollst kein falsch Zeugnis reden“, das dern sich, Hoffnungen vergehen oder meint: Denke doch daran, wie verlet- auch neue Hoffnungen entstehen, alte zend und zerstörerisch jedes Unrecht Wünsche gehen vielleicht in Erfüllung, für ein Menschenleben ist. „Du sollst oder alte Träume weichen ganz neuen nicht begehren, was deinem Nächsten Träumen. gehört“, das meint: Denke doch daran, Doch warum brauchen wir dazu wie giftig Neid und Eifersucht für das 8
18. Sonntag nach Trinitatis – 11. Oktober 2020 Zusammenleben von Menschen ist. der uns auf unserem Lebensweg beglei- Vor all diesen Geboten, die das Mit tet, der stets für uns da ist, auf den wir einander von Menschen betreffen, ste- uns verlassen können, ganz gleich, was hen aber die Gebote, die sich auf das Ver- uns auch immer auf unserem Lebens- hältnis von Gott und Mensch beziehen, weg begegnet, wir brauchen jemanden, allen voran das wichtigste aller Gebote: der für uns auch dann da ist, wenn alle „Ich bin der Herr, dein Gott, der ich anderen uns nicht begleiten, wenn alle dich aus Ägyptenland, aus der Knecht- anderen nicht für uns da sein können. schaft, geführt habe. Du sollst keine Ein solcher Wegbegleiter will Gott für anderen Götter haben neben mir.“ Im uns sein. Und auch uns gilt die Verhei- Alltag könnte es ja beinahe so erschei- ßung, die Gott einst seinem Volk Israel nen, als seien doch die ersten drei Ge- gab: „Ihr dürft mir ruhig vertrauen. Ich bote eher entbehrlich. Aber tatsächlich werde euch niemals verlassen, ich wer- verweisen diese Gebote darauf, dass de euch niemals in die Irre gehen lassen. wir Menschen mehr zu unserem Leben Vertraut mir, und ich will euch den Weg brauchen, als wir uns selbst und als uns ins Gelobte Land zeigen.“ Menschen geben können. Was wir vor allen Dingen brauchen, das ist jemand, Liedvers Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, / verricht das Deine nur getreu / und trau des Himmels reichem Segen, / so wird er bei dir werden neu. / Denn welcher seine Zuversicht / auf Gott setzt, den verlässt er nicht. (EG 369, 7) Gebet Guter Gott, du hast uns deine Gebote geschenkt, damit sie uns den Weg wei- sen zu einem guten Leben – für uns und alle deine Geschöpfe. Lass uns auf deinen Willen achten, damit deine Welt ihrem eigentlichen Ziel ein Stück näher kommt: eine Welt zu werden, die von Frieden, von Freiheit und Gerechtigkeit erfüllt ist. Lass uns stets auf dich trauen, damit wir den Weg durch unser Leben und die Zeit finden. Amen. Christian Justen Foto: Justen 9
19. Sonntag nach Trinitatis – 18. Oktober 2020 Andacht für den 18. Oktober 2020 Liebe Leserinnen und Leser, Leben eines Christen ausmacht, was zu das Leitbild für diesen Sonntag lau- solch einem Leben gehört. Christen ach- tet „An Leib und Seele heilen“. Der dazu ten aufeinander und helfen sich gegen- gehörende Predigttext steht im Brief seitig. Sie sind freundlich, übernehmen des Paulus an die Gemeinde in Ephesus. Verantwortung, kümmern sich um die, In der Lutherbibel trägt er die Über- die am Rande der Gesellschaft stehen. schrift: „Der alte und der neue Mensch“ Sie gehen freundlich und herzlich mit- sowie „Weisung für das neue Leben“. einander und anderen um und verge- Es geht um die Verwandlung durch den ben einander. So haben wir gehört. So Glauben an Jesus Christus. Das ist für schreibt es Paulus immer wieder in sei- Paulus so, als ob alte und schmutzige nen Briefen. So wird es weitergegeben Kleidung ausgezogen und saubere neue auch im Konfirmandenunterricht, wenn angezogen wird. Oder wenn wir es mit wir die Jungen und Mädchen daran er- der Taufe vergleichen, geht es darum, innern, was Taufe bedeutet und was ei- dass mit der Taufe der alte Mensch, der nen Christenmenschen auszeichnet. von Gott nichts wusste, mit Martin Lu- Aber wenn wir ehrlich sind, funktio ther gesprochen, „ersäuft“ ist und der niert das nicht dauerhaft. Die Worte neue Mensch geboren ist. Alles, was verblassen. Andere Dinge geraten in vorher war, ist mit der Taufe abgewa- den Vordergrund. Wir sind verschie- schen, vergessen, zunichte gemacht denen Sachzwängen unterworfen, sind worden. Darum ja auch das weiße Tauf- oft zu bequem, um konsequent anders, kleid. Es ist das Symbol für den neuge- nämlich umweltbewusst und nachhaltig borenen Menschen, der rein ist, frei von zu leben. Dann ist da der Druck im be- aller Schuld, frei von allem, was ihn von Gott trennt. Aber wie das so ist mit frischen, sau- beren, ja reinen Kleidern, sie werden im Laufe der Zeit schmutzig. Sie bekom- men Risse, der Stoff verschleißt. Es muss etwas getan werden, ehe sie gar nicht mehr tragbar sind. Abhilfe muss her. So ist es auch mit der Taufe und dem Glauben. Ja, die meisten von uns sind getauft worden, ohne dass sie gefragt wurden, ohne dass sie eine Erinnerung an diesen wichtigen Tag im Leben ha- ben. Und wir haben wieder unsere Kin- der zur Taufe gebracht, um den Schutz und die Begleitung Gottes für sie erbit- ten. Wir haben davon gehört, was das Foto: Efraimstochter / pixabay.com 10
19. Sonntag nach Trinitatis – 18. Oktober 2020 ruflichen wie im privaten Umfeld. Und lassen. Das geschieht im Abendmahl, schon werfen wir alle guten Vorsätze denn als Getaufte dürfen wir das Sakra- über Bord, halten uns nicht mehr an das, ment des Abendmahls immer wieder was einem Christenmenschen gut zu neu empfangen. Ganz egal, wie be- Gesicht steht. schmutzt wir kommen, wir sind immer Wir geraten in Wut und Zorn über eingeladen und gehen verwandelt und andere. Wir sind enttäuscht über Unge- befreit von allem Schmutz wieder zu- rechtigkeit, verbittern, werden selbst rück. Im Brot des Lebens und im Wein unfair, und der Umgangston wird rauer. des Heils erfahren wir die Kraft der Er- Und schon sind Flecken auf dem weißen neuerung äußerlich und vor allem bis ins Kleid, ist der neue Mensch beschmutzt Innerste. So heilt Gott uns an Leib und von Sünde und Schuld. Die schmutzigen Seele. Amen. Kleider können wir in die Waschmaschi- ne stopfen, den Riss in der Hose oder dem Hemd nähen, auf das Loch einen Liedvers: Flicken setzen. Aber was machen wir mit unserem inneren Menschen, der be- Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, / fleckt und schmutzig geworden ist? nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. / Erinnern wir uns an das, was wir vom Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Christentum gehört haben, was uns hel- Glück, / nach Liebe, wie nur du sie gibst. fen kann. Lesen wir, was der Schreiber Um Heilung, um Ganzsein, um Zukunft des Epheserbriefes der jungen Chri- bitten wir. / In Krankheit, im Tod, sei da, stengemeinde mitteilt. Auch bei ihnen sei uns nahe, Gott. (Wortlaute 85, 3) ist nicht alles reibungslos abgegangen. Auch sie haben sich gestritten, hatten Gebet Konflikte untereinander und mit ande- ren. Auch sie haben Menschen über- Herr, unser Gott, nur Du kannst uns sehen, ihnen nicht geholfen, obwohl heil an Leib und Seele machen. Nur du sie es nötig hatten. Paulus fordert die weißt, was wirklich gut für uns ist, was Christen auf: „Erneuert euch aber in eu- uns gut tut und wo und wie wir gut tun rem Geist und Sinn und zieht den neuen können. Darum lass uns auf dein Wort Menschen an, der nach Gott geschaffen hören und mit offenen Augen und Oh- ist in wahrer Gerechtigkeit und Heilig- ren durch diese Welt gehen, damit wir keit. Lasst die Sonne nicht über eurem in deinem Namen anderen Heil bringen: Zorn untergehen. Seid aber untereinan- denen, die unter menschenunwürdigen der freundlich und herzlich und vergebt Bedingungen leben, denen Gewalt an- einer dem anderen, wie auch Gott euch getan wird an Leib und Seele. Lass uns vergeben hat in Christus.“ (Epheser aufstehen gegen Missbrauch und Aus- 4, 23f.26.32) beutung von Menschen, Tieren und der Wenn unsere Bekleidung, unser in- Natur und uns dafür einsetzen, dass nerer Mensch erneut schmutzig wird, alles heilen kann an Leib und Seele. können wir uns Vergebung zusprechen Amen. Angelika Krakau 11
20. Sonntag nach Trinitatis – 25. Oktober 2020 Andacht für den 25. Oktober 2020 Noah und seine Familie haben es ge- der ganzen guten Schöpfung. Keine schafft. Die Sintflut ist vorüber. Das, strafende Zerstörung mehr. Stattdes- was sie alle wahrscheinlich schon gar sen: der Noahbund. „Solange die Erde nicht mehr für möglich gehalten ha- steht, soll nicht aufhören Saat und Ern- ben, das geschieht: Die Sonne scheint te, Frost und Hitze, Sommer und Winter, wieder, der Regen hat aufgehört, man Tag und Nacht.“ sieht wieder Land im wörtlichen und im Gottes Bund mit Noah. Und dann übertragenen Sinne. Welch ein Gegen- auch Gottes Bund mit den Völkern der satz: die Flut, die so ziemlich alles Leben Welt, also auch mit uns. Wir sind Mit- vernichtet hat, und eine kleine Gruppe, erben der Verheißung, die Gott damals acht Menschen, die überleben dürfen. nach der großen Flut ausgesprochen „So ging Noah heraus mit seinen hat. Miterben der Verheißung, und auch Söhnen und mit seiner Frau und den sonst eng verbunden mit Noah und sei- Frauen seiner Söhne, dazu alle Tiere.“ nen Zeitgenossinnen und -genossen. Das klingt hier so selbstverständlich, Denn wie Gott die Menschen charak- aber dahinter steckt Gottes große Ret- terisiert, das trifft uns mitten ins Herz. tungstat für Menschen und Tiere. Das Dichten und Trachten des mensch- Noah dankt Gott. Er tut das so, wie lichen Herzens ist böse von Jugend auf. er es gelernt hat: einen Altar bauen und Das heißt: Da ist in unserem Denken, Opfer darbringen. Dieser Dank kommt Fühlen und Handeln viel Egoismus und bei Gott gut an. „Und der Herr roch Gleichgültigkeit. Und wir haben aus uns den lieblichen Geruch und sprach in sei- selbst heraus keine Möglichkeit, diesem nem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr bösen Denken, Handeln und Fühlen zu die Erde verfluchen um der Menschen entkommen. willen.“ Wir werden so leben, bis wir nicht Gott ändert seinen Sinn zum Wohl mehr leben. „Wir sind Bettler, das ist der Menschheit, zum Wohl aber auch wahr“, die letzten Worte Martin Lu- thers vor seinem Tod, gewissermaßen sein Lebensfazit. Wir sind Bettler, wir stehen vor Gott mit leeren Händen. Wir haben nichts vorzuweisen. Foto: PublicDomainPictures / pixabay.com Wer behaupten will, wir hätten es im Alten Testament mit einem unbarm- herzigen Gott zu tun, der erlebt in der Noahgeschichte auch die andere Seite Gottes. „Ihr Menschen seid zwar von Grund auf böse, aber ich erhalte euch trotzdem den Lebensraum.“ Also: Gott ändert sein Denken und Handeln! Der allmächtige Gott zeigt Reue und Mitleid, 12
20. Sonntag nach Trinitatis – 25. Oktober 2020 geht neue Wege mit seinen Menschen. es ihm wert, dass wir seine Werkzeuge Unvorstellbar, aber es ist so. sind. Und wir Christenmenschen können Gottes Geschichte mit uns Men- ja noch eine andere Geschichte dazu er- schen geht weiter. Und so wie der Re- zählen, die Geschichte vom dem Gottes- genbogen uns daran erinnert, dass Gott sohn, der für uns geopfert wird. Der für den Bestand seiner guten Schöpfung uns die Strafe erleidet, damit wir Frie- garantiert, so erinnert uns auch das den haben mit Gott. Kreuz daran, dass wir getrost leben Der Noahbund, immer noch in Kraft, können, weil Gott alles dafür getan hat, und der neue Bund in Christus – Zeichen dass wir in seiner Nähe bleiben dürfen. für Gottes unendliche Liebe zu uns Men- Wir stehen mit leeren Händen vor schen. Und wir? Was tun wir damit? Was Gott, und er wird diese Hände immer müssen wir dafür tun? Was können wir wieder füllen. Was kann uns besseres dafür tun? geschehen? Amen. Liebe Schwestern und Brüder in Christus, wir haben ja die Botschaft aus Liedvers dem Römerbrief noch im Ohr, und in wenigen Tagen, am Reformationstag, Vertraut den neuen Wegen, / auf die der werden wir sie wieder hören: „So halten Herr uns weist, / weil Leben heißt: sich wir nun dafür, dass der Mensch gerecht regen, / weil Leben wandern heißt. / Seit wird ohne des Gesetzes Werke allein leuchtend Gottes Bogen / am hohen durch den Glauben.“ Also: leere Hände, Himmel stand, / sind Menschen ausge- Bettler vor Gott, gar nichts müssen wir zogen / in das gelobte Land. (EG 395, 1) tun. Die Liebe Gottes kommt umsonst. Gott hat eine Geschichte begonnen Gebet mit einem jeden und einer jeden von uns. Er hat uns an die Hand genommen Alles, was wir auf dem Herzen ha- und hält uns fest. Er schenkt uns seine ben, bringen wir vor Gott mit dem Ge- Liebe, seine Nähe und seine Geborgen- bet, das Jesus seine Jüngerinnen und heit. Er vergibt uns unsere Schuld. Wir Jünger gelehrt hat. können nichts dafür tun, dass Gott uns Unser Vater im Himmel. Geheiligt liebt. Aber wir können etwas tun als werde dein Name. Dein Reich komme. Antwort auf seine Liebe: den Menschen Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so eine Helferin bzw. ein Helfer werden. auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns Und wie unser Glaube an Gott sein heute. Und vergib uns unsere Schuld, Geschenk ist, so ist auch die Kraft zur wie auch wir vergeben unsern Schul- Nächstenliebe nicht unsere Leistung. digern. Und führe uns nicht in Versu- Gerade uns, deren Dichten und Trach- chung, sondern erlöse uns von dem ten von Jugend auf alles andere als lie- Bösen. Denn dein ist das Reich und die bevoll ist, gerade uns schickt Gott los, Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. seine Liebe weiterzugeben. Wir sind Amen. es ihm wert, dass er uns liebt. Wir sind Johannes de Kleine 13
rEfOrMATIONSfEST – 31. OKTOBEr 2020 Andacht zum Reformationsfest Die Kanzel gehört zu den schwierigeren darin, dass wir alles tun dürfen, was wir Gegenständen in unseren Kirchen. Sie wollen, und nichts tun müssen, was wir scheint ja ein „Von Oben herab“ zu ver- nicht wollen? So verstehen die meisten körpern, ein Gefälle, eine Hierarchie in wohl Freiheit und müssen dann doch der Gemeinde zu festigen. Das, was von bald ernüchtert feststellen: Mit einem der Kanzel gesprochen wird, hat schein- solchen Anspruch kommen wir nicht bar ein besonderes Gewicht. Nicht um- weit. Unserem Tun und Lassen, un- sonst hat sich auch das Wort „abkan- serem Wünschen und Wollen sind stets zeln“ in unserem Sprachgebrauch fest doch Grenzen gesetzt. etabliert. Dabei ging es, als man die er- Was es mit der Freiheit, von der sten Kanzeln errichtete, keineswegs da- Paulus spricht und die für die Reforma- rum, den Prediger zu erhöhen und die toren so überaus wichtig war, auf sich Gemeinde herabzudrücken. Sondern hat, das ist mir einmal mehr deutlich die Kanzel hatte einen ganz praktischen geworden, als ich über das Rosensym- Sinn: Als es keine Mikrofone und Laut- bol nachdachte, das Martin Luther in sprecher in den Kirchen gab, da bot die seinem Wappen führte. Wappen waren Kanzel die Möglichkeit, die Predigt allen in früheren Jahrhunderten ja allgegen- Zuhörern wenigstens akkustisch zu- wärtig und von großer Wichtigkeit. Das gänglich zu machen, sie diente schlicht Wappen eines Herrschers wies all das, und einfach der besseren Verständi- worauf es angebracht war, als dessen gung zwischen Prediger und Predigthö- Besitz aus. Als Christenmenschen tra- rer. Und damit wurde die Kanzel zum gen auch wir eine Art Wappen mit uns, eigentlichen Kennzeichen der Refor- mation. Denn den Reformatoren ging es vor allen Dingen um eines: Dass den Menschen das Wort Gottes verkündigt wurde, dass die Menschen die Frohe Botschaft Christi hören und verstehen sollten. Sie hatten erkannt: Dieses Wort Gottes, das ist es, was das Leben des Menschen ganz allein erfüllen kann, dieses Wort Gottes, das ist es, was den Menschen aus all seinen Bedrängnissen, aus all seinen Ängsten und Nöten in die Freiheit führen kann. Nun ist das mit der Freiheit frei- lich so ein Problem. Wenn wir sagen wollten, was denn Freiheit eigentlich ist, da hätten wir dann doch so unsere Schwierigkeiten. Besteht Freiheit etwa 14
rEfOrMATIONSfEST – 31. OKTOBEr 2020 das uns als zu einem Herren gehörig Heilands Jesu Christi eigen bin, der mit kennzeichnet. Martin Luther hat dieses seinem teuren Blut für alle meine Sün- Wappen als eine weiße Rose dargestellt, den vollkömmlich bezahlt und mich aus in deren Innerem sich ein Herz befindet, aller Gewalt des Teufels erlöst hat und dem ein Kreuz aufgeprägt ist. Das Kreuz also bewahrt, dass ohne den Willen auf dem Herzen: Das ist das Wappen meines Vaters im Himmel kein Haar von eines jeden Christen. Das Kreuz auf dem meinem Haupt kann fallen, ja auch mir Herzen: Das will deutlich machen, dass alles zu meiner Seligkeit dienen muss. wir zu demjenigen gehören, der für uns Darum er mich auch durch seinen Heili- am Kreuz gestorben ist. Wir gehören gen Geist des ewigen Lebens versichert zu Jesus Christus. Indem wir zu diesem und ihm forthin zu leben von Herzen Herrn gehören, sind wir aller anderen willig und bereit macht. Amen. Bindungen an alle anderen Herren frei. Natürlich: Unsere Grenzen, die blei- Liedvers ben uns nach wie vor gesetzt. Wir sind in unserem Leben eingeengt, wir kön- Meinem Gott gehört die Welt, / meinem nen nicht tun oder lassen, was immer Gott das Himmelszelt, / ihm gehört der uns gefallen mag, wir können nicht Raum, die Zeit, / sein ist auch die Ewig- einmal unser Leben ganz und gar so le- keit. ben, wie es uns recht dünken mag. Aber dennoch sind wir frei. Denn Freiheit Leb ich, Gott, bist du bei mir, / sterb ich, bedeutet: Wir gehören zu Christus, zu bleib ich auch bei dir, / und im Leben keinem andern. Wir sind Gottes Kinder, und im Tod / bin ich dein, du lieber Gott! die er von ganzem Herzen liebt, die er (EG 408, 1.6) niemals aufgibt, die er niemals verloren sein lässt. Vieles mag uns widerfahren, Gebet vieles mag man uns auch nehmen, aber dieses Eine wird uns niemand nehmen Lieber Vater, wir danken dir für den Mut können: Wir sind von Gott geliebt und unserer Väter und Mütter im Glauben, zur Freiheit des Lebens in Gott berufen. die allen Bedrohungen und allen Wider- Es sei mir, auch wenn ich mich ja ständen zum Trotz es gewagt haben, eigentlich zu den Lutheranern zähle, dein froh und frei machendes Wort neu dennoch erlaubt, mit Worten aus dem zu hören, weiter zu geben und zu leben. Heidelberger Katechismus zu schließen, Wir bitten dich: Lass uns niemals verges- die all das, was christlichen Glauben und sen, dass wir das, was wir von unseren christliche Freiheit ausmacht, in mei- Vorfahren ererbt haben, immer wieder sterhafter Form zusammenfassen. Dort neu gewinnen müssen. Amen. heißt es: Christian Justen Was ist dein einiger Trost im Leben und im Sterben? Dass ich mit Leib und Seele, beides, im Leben und im Sterben, nicht mein, sondern meines getreuen 15
Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres – 8. November 2020 Andacht für den 8. November 2020 Denn alle Völker gehen, ein jedes, im Na- was, sondern hin zu einem Ziel, das Zu- men des eigenen Gottes, wir aber, wir kunft und Leben verspricht. gehen im Namen des HERRN, unseres „Und er wird für Recht sorgen zwi- Gottes, für immer und alle Zeit! Und der schen vielen Völkern und mächtigen HERR wird König sein über sie auf dem Nationen Recht sprechen, bis in die Fer- Berg Zion von nun an bis in Ewigkeit. ne.“ So der Prophet Micha. Gott wird (Micha 4, 5.7b) für Recht, für Gerechtigkeit sorgen. Gottes kommendes Friedensreich, Also dafür, dass es gerecht zugeht auf wie es der Prophet Micha kommen sieht der Welt. Dass alle Menschen zu ihrem (Micha 4): „Und in fernen Tagen wird Recht kommen. Dass die Lebensverhält- der Berg des Hauses des HERRN fest nisse jeder und jedem gerecht werden. gegründet sein, der höchste Gipfel der Also jede und jeder genau das hat, was Berge, und er wird sich erheben über sie oder er zum Leben braucht. die Hügel. Und Völker werden zu ihm Was für ein Bild, was für eine Zu- strömen, und viele Nationen werden kunft! hingehen und sagen: Kommt und lasst Und was für eine Gegenwart aktu- uns hinaufziehen zum Berg des HERRN, ell. Ja, auch heute sind ganze Völker- zum Haus des Gottes Jakobs, damit er scharen unterwegs. Allerdings auf der uns in seinen Wegen unterweise und Flucht, vor Krieg und Unterdrückung, wir auf seinen Pfaden gehen. Denn vom vor Armut und Hunger, vor einer Zu- Zion wird Weisung ausgehen und das kunft ohne Perspektive. Wort des HERRN von Jerusalem.“ Warum sind so viele auf der Flucht? Was für ein Bild! Die ganze Welt un- Weil es ungerecht zugeht, weil sie Ver- terwegs zum Berg Zion, alle Völker auf hältnisse zu Hause erleben, die ihnen Achse, aber nicht auf der Flucht vor et- nicht gerecht werden, weil jede und jeder nicht das hat, was sie oder er zum Foto: NakNakNak / pixabay.com Leben braucht. Was hilft ihnen, was hilft uns da das wunderschöne Bild des Propheten Micha? Es sagt uns, dass die aktuelle Wirklichkeit kein unabänderliches Schicksal ist. Es ist ein Traum, den Micha er- zählt. Aber ein Traum mit Wirkung. Die 16
Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres – 8. November 2020 Träume aus der Bibel, die Träume von persönlichen Alltag und im Alltag der einer besseren, einer guten Zukunft ge- Welt Botinnen und Boten des Friedens ben vielmehr Kraft, Mut und Phantasie, und der Gerechtigkeit zu sein. Vor allem heute mit der Veränderung der Wirk- sind wir befähigt dazu! Gott stärkt uns lichkeit zu beginnen. durch seinen guten heiligen Geist auf Ich behaupte: Die Kraft zu helfen, unserem Weg des Friedens und der Ver- zu verstehen und Verhältnisse zu ver- söhnung. Nicht zuletzt stärkt uns Gott, ändern, ist kein menschliches Eigenge- jeden Tag die Welt und die Menschen wächs; diese Kraft kommt von Gott, für ins Gebet zu nehmen und darum zu bit- uns Vater und Mutter, für uns und alle ten, dass er selbst uns allen den Kopf Menschen auf diesem Erdball. Und die- und das Herz zurechtrückt, damit Frie- se Kraft wird nicht zuletzt auch genährt den und Gerechtigkeit sich küssen mehr durch Träume und Visionen, wie die und mehr auf diesem Erdball. Amen. weltberühmte beim Propheten Micha. Und seine Vision hat ja noch eine Liedvers Fortsetzung: Aus dem Recht, der Ge- rechtigkeit für alle entsteht Friede. Gib Frieden, Herr, gib Frieden: / Denn Eines ohne das andere geht nicht! trotzig und verzagt / hat sich das Herz Also noch einmal Micha: „Dann wer- geschieden / von dem, was Liebe sagt! / den sie ihre Schwerter zu Pflugscharen Gib Mut zum Händereichen, / zur Rede, schmieden und ihre Speere zu Winzer- die nicht lügt, / und mach aus uns messern. Sie werden das Schwert nicht ein Zeichen / dafür, dass Friede siegt. erheben, keine Nation gegen eine ande- (EG 430,4) re, und das Kriegshandwerk werden sie nicht mehr lernen. Und ein jeder wird Gebet unter seinem Weinstock sitzen und un- ter seinem Feigenbaum, und da wird Alles, was wir auf dem Herzen haben, keiner sein, der sie aufschreckt, denn bringen wir vor Gott mit dem Gebet, der Mund des HERRN der Heerscharen das Jesus seine Jüngerinnen und Jünger hat gesprochen!“ gelehrt hat. Schwerter zu Pflugscharen, Speere Unser Vater im Himmel. Geheiligt zu Winzermessern, keiner lernt mehr werde dein Name. Dein Reich komme. das Kriegshandwerk. Wahnsinn! Was für Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so eine Zukunft! Was für eine starke und auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns ermutigende Vision! heute. Und vergib uns unsere Schuld, Ja, wir sind weit entfernt von Michas wie auch wir vergeben unsern Schul- Bild. Aber zu der Wirklichkeit unserer digern. Und führe uns nicht in Versu- Tage gehört auch unser Glaube, das fe chung, sondern erlöse uns von dem ste Vertrauen auf den Gott des Friedens Bösen. Denn dein ist das Reich und die und der Gerechtigkeit, der Versöhnung Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. und des Lebens. Und das bedeutet: Wir Amen. sind nicht nur aufgerufen, in unserem Johannes de Kleine 17
Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres – 15. November 2020 Andacht für den 15. November 2020 Liebe Leserinnen und Leser, zu haben. Noch unglaublicher ist, dass wenn ich das Gleichnis vom unehr- Jesus (V. 8) das Tun dieses verantwor- lichen Verwalter lese, staune ich nicht tungslosen Verwalters positiv bewertet. schlecht. Zum einen über die Raffines- Aber ich begreife auch, dass es dem se des Verwalters, der sich mit einem untreuen Verwalter in einer aussichts- Trick zu retten versucht, aber auch über losen Situation gelingt, eine überra- Jesus, der dieses Verhalten scheinbar schende Lösung zu finden. Während er richtig heißt. Aber alles der Reihe nach bei seinem Arbeitgeber jeglichen Ver- (übrigens nachzulesen in Lukas 16, 1–8). trauenskredit verspielt hat, versucht er Jesus erzählt dieses Gleichnis. Ein Ver- bei den Schuldnern sich einen Kredit für walter wird von seinem Arbeitgeber seine Zukunft zu erschwindeln: Er ver- der Untreue bezichtigt. Er muss die Bi- ringert ihre Schuld gegenüber seinem lanzen offen legen. Natürlich weiß der Noch-Arbeitgeber. Bei all den Betrü- Verwalter, dass er einen Teil des Vermö- gereien ist nur eins am Verhalten des gens unterschlagen und in die eigene Verwalters lobenswert: Er tut etwas in Tasche gewirtschaftet hat. Er weiß auch, der für ihn scheinbar ausweglosen Si- dass er seine Stelle verlieren wird. Aber tuation. Er gibt sich nicht auf, sondern weder erklärt er sein Verhalten noch nimmt sein Leben in die Hand, um das entschuldigt er sich dafür. Er gelobt drohende Unheil – wenn auch mit krimi- keine Besserung für die Zukunft, um nellen Mitteln – klug abzuwenden. seinen Arbeitsplatz noch zu retten, oder Und darum geht es Jesus: Egal wie bietet die Rückzahlung des unterschla- aussichtslos die Situation auch sein genen Betrags an. Vielmehr überlegt mag, nicht den Kopf in den Sand ste- er sich, wie er nach dem Stellenverlust cken, warten, dass andere das Heft in weder arbeiten noch betteln muss. Er die Hand nehmen, sondern etwas tun, weiß auch, dass er aufgrund seiner Ver- eine Idee entwickeln, wie es weiterge- untreuung keine Stelle als Haushalter hen kann. mehr finden würde. Es geht Jesus darum, dass ich die Also ruft er die Schuldner seines Zeit, die mir in schwieriger Situation Chefs zu sich und fordert sie auf, ihre bleibt, entschlossen nutze, klug und Schuldscheine zu ihren Gunsten abzuän- mutig handle, anstatt über die Unge- dern. So hofft er, dass sie ihn nach dem rechtigkeiten der Welt zu verzweifeln. Verlust seines Arbeitsplatzes unter- Und da bin ich ganz schnell bei uns stützen, da sie durch ihn nun zu einem Heutigen und den Themen, die uns zur- kleinen Vermögen gekommen sind. Es zeit – außer Corona – bewegen. Einer ist unglaublich, dass der Haushalter der großen Komplexe ist der Klima- weiterhin kriminelle Energie aufwendet, wandel, auch wenn die Luft durch den um seine eigene Versorgung zu gewähr- weltweiten Lockdown entlastet wurde. leisten. Er stiftet andere sogar zum Be- Dennoch erwärmt sich das Klima stetig, trug an, um für den Notfall ausgesorgt ein großer Teil der Bäume ist geschädigt 18
Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres – 15. November 2020 bzw. tot aufgrund des geringen Nieder- tun – für sich selbst und die anderen. Ein schlags und der gleichzeitigen Vermeh- entschlossenes Handeln wünscht sich rung von Schädlingen. Als ich im August Jesus Christus von uns für die ganze in meine Heimat gefahren bin, waren Schöpfung, deren Haushalter wir sind. die Wälder am Rande der Autobahn nur Amen. noch braune Ruinen – schrecklich! Auch wenn die Lage hoffnungslos Liedverse erscheint und viele laut rufen: „Unsere Welt ist nicht mehr zu retten!“, will ich Ich lobe meinen Gott, der mir den neuen mich nicht geschlagen geben, sondern Weg weist, damit ich handle. / Ich lobe handeln. Und denen, die immer noch meinen Gott, der mir mein Schweigen den Klimawandel bestreiten, sage ich: bricht, damit ich rede. / Ehre sei Gott auf „Macht endlich die Augen auf. Seht der Erde in allen Straßen und Häusern, / euch an, was wir Menschen angerichtet die Menschen werden singen, bis das haben! Wenn ihr schon nichts für ihren Lied zum Himmel steigt: / Ehre sei Gott Erhalt tut, dann stoppt zumindest das, und den Menschen Frieden, Frieden auf was ihr dagegen macht.“ Erden. Ich will mich nicht geschlagen geben. Ich will die Hoffnung bewahren, dass Ich lobe meinen Gott, der meine Trä- es noch nicht zu spät ist. Dazu muss nen trocknet, dass ich lache. / Ich lobe auch ich die Ärmel hochkrempeln und meinen Gott, der meine Angst vertreibt, etwas tun, auch und gerade in dieser damit ich atme. / Ehre sei Gott ... (EG verrückten Zeit, in der wir gerade le- 673, 2.3) ben. Darum versuche ich die Öko-Tipps, die Sie immer wieder in den Gemeinde- Gebet briefausgaben lesen können, nicht nur weiterzugeben, sondern umzusetzen. Gott des Lebens, du hast uns Leben ge- Der Klimawandel wird weitreichende schenkt und Verstand gegeben, um ent- Folgen haben für uns alle. Darum muss schlossen, mutig und klug zu handeln. jeder und jede von uns etwas dagegen Durch die Liebe, die du uns geschenkt hast, können wir erspüren, was wichtig und notwendig ist. Wir bitten dich, Gott des Lebens, für deine Schöpfung, die so sehr leidet und auf vielfältige Weise bedroht ist. Lass uns endlich verstehen, dass wir mehr gegen den Klimawandel investieren müssen. Gib uns allen und besonders denen, die an den Schaltstel- len in Politik und Wirtschaft stehen, die Entschlossenheit zum klugen Handeln, so lange noch Zeit bleibt. Amen. Angelika Krakau Foto: epd-bild / Stephan Wallocha 19
Amtshandlungen Die Amtshandlungen werden aus Gründen des Datenschutzes nur in der gedruckten Ausgabe veröffentlicht. Wir freuen uns, wenn Sie Ihr Ehejubiläum mit einem Gottesdienst oder einer Andacht feiern möchten. Melden Sie sich dazu einfach rechtzeitig bei Pfarrerin Krakau oder Pfarrer Justen. Erntedank Foto: Lotz Abgefärbt ist deine Farbenfreude, das Land hat sich begrünt. Äpfel erröteten vor deinem Angesicht, Kastanien bräunten in ihrem Kokon. Vergoldet hast du die Ähren und die Ernte gekrönt. Abgefärbt ist deine Liebe, damit wir leben, farbenfroh in dir. Tina Willms 20
Gottesdienst Gottesdienste in der Gottesdienste in den Erlöserkirche Übach 10 Uhr kommenden Monaten 4. Oktober Krakau Erntedankfest Sofern die Entwicklung der Corona-Pan- 11. Oktober Justen demie es zulässt, beginnen wir ab Okto- 18. Sonntag ber wieder mit der Feier von „Präsenz“- nach Trinitatis Gottesdiensten. Das Presbyterium hat 18. Oktober Justen beschlossen, dass für die Gottesdienste 19. Sonntag nach Trinitatis nach wie vor besondere Regeln gelten müssen: 25. Oktober Krakau 20. Sonntag nach Trinitatis • Zwischen Menschen, die nicht im 31. Oktober de Kleine selben Haushalt leben, ist ein Min- Reformationstag 19 Uhr destabstand von 1,50 m einzuhalten. • Aufgrund dessen ist die Zahl der 8. November Krakau Drittl. Sonntag Sitzplätze in der Kirche beschränkt. des Kirchenjahres • Vorerst finden Gottesdienste nur in 15. November Justen der Erlöserkirche statt. Vorl. Sonntag des • Beim Betreten und Verlassen der Kirchenjahres Kirche sowie beim Umhergehen ist 18. November de Kleine ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Buß- und Bettag 19 Uhr Am Sitzplatz kann er abgenommen 22. November Justen werden. Ewigkeitssonntag • Die Kontaktdaten aller Gottes- 29. November Krakau dienstbesucher werden festgehal- 1. Advent ten. 6. Dezember Justen • Daher bitten wir nach Möglichkeit 2. Advent um Voranmeldung. Sind noch freie 13. Dezember Krakau Plätze vorhanden, kann der Gottes- 3. Advent dienst auch ohne Voranmeldung 20. Dezember de Kleine besucht werden. 4. Advent • Derzeit muss auf das Singen ver- zichtet werden. • Ab wann wieder Abendmahl gefei- ert werden kann, ist noch ungewiss. Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht Aktuelle Informationen und und nicht der Mensch Anmeldung zum Gottesdienst um des Sabbats willen. auch unter: Markus 2, 27 www.gottesdienst-uep.de 21
BuSS- und Bettag – 18. November 2020 Andacht für den Buß- und Bettag Jesus sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es Wer schwach ist, der darf auch keine hatte einer einen Feigenbaum, der war Hilfe erwarten. Wo kämen wir denn hin, gepflanzt in seinem Weinberg, und er wenn unsere Gesellschaft sich um alle kam und suchte Frucht darauf und fand kümmern würde, wo kämen wir denn keine. Da sprach er zu dem Weingärt- hin, wenn jeder Unterstützung bekom- ner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang men würde. Wer sollte das denn leisten? gekommen und habe Frucht gesucht Wer sollte das denn bezahlen? Soll doch an diesem Feigenbaum, und finde kei- jeder sehen, wo er bleibt und wie er ne. So hau ihn ab! Was nimmt er dem weiterkommt.“ Soziale Verantwortung, Boden die Kraft? Er aber antwortete soziale Gerechtigkeit – das scheinen und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch alles nur noch Schlagworte einer ver- dies Jahr, bis ich um ihn grabe und ihn gangenen Zeit zu sein. Mehr und mehr dünge; vielleicht bringt er doch noch treten ganz andere Schlagworte in den Frucht; wenn aber nicht, so hau ihn ab. Vordergrund: Eigenvorsorge, Eigenver- (Lukas 13, 6–9) sicherung, Eigenbeitrag, Eigenleistung. Immer wieder „eigen“, und vor allem: Mich hat dieses Gleichnis immer ein we- immer wieder „Leistung“. Wer alt ist nig erschreckt, denn der Besitzer des oder krank oder auf eine andere Weise Weinbergs schien mir so unbarmher- nicht dem Ideal entspricht, wer nicht zig zu sein: „Weg mit dem Baum! Haut mehr „leistungsfähig“ ist, der gerät ihn um! Schafft ihn fort von hier! Er soll eben sehr schnell aufs Abstellgleis, der nicht länger auf Kosten der Weinstöcke wird abgeschoben, der verliert für die hier stehen bleiben, ohne selbst Lei- Gesellschaft seinen Wert. stung zu bringen!“ Noch schlimmer berührte mich Was mich vielleicht noch mehr er- aber meist, dass das Gleichnis – wenig- schreckt hat, das war der Gedanke: Wie stens auf den ersten Blick – deutlich alltäglich ist das doch, was der Wein- macht: Gott handelt genauso. Denn bergsbesitzer hier fordert. Geht es denn der Weinbergsbesitzer im Gleichnis nicht tagein, tagaus überall auf unserer steht ja für Gott. Und so scheint auch Welt genau so zu? Zählt denn nicht auch Gott vor allem auf Leistungen, auf Leis- in unserer Gesellschaft allein das, was tungen des Glaubens zu achten. Aber wir Menschen leisten, was wir an Ertrag wie könnte ich mit meinen armseligen bringen, was wir erwirtschaften? Längst Glaubensleistungen vor Gott bestehen beherrschen ja solche Gedanken die können? Wo trägt denn mein Glaube Stammtische und mittlerweile auch im- wirklich Früchte? Muss ich nicht fürch- mer mehr Politikerköpfe, solche Gedan- ten, dass letztlich Gott doch zu dem Ur- ken wie: „Wer nix schafft, der braucht teil kommt: „Nein, mein Lieber, da sind auch nix zu kriegen. Wer nur wenig aber gar keine Früchte Deines Glaubens leisten kann, der ist halt eben selbst zu sehen“? Schuld und muss sehen, wo er bleibt. Doch dürfen wir nun nicht die ande- 22
BuSS- und Bettag – 18. November 2020 re Person vergessen, die im Gleichnis eine entscheidende Rolle spielt: nämlich den Weingärtner, der sich dem Besit- zer des Weinbergs entgegen stellt und Gnade für den fruchtlosen Feigenbaum fordert, der ihn bittet: „Gib mir noch Zeit, ich will ihn düngen und ihn pflegen, und vielleicht wird der Baum dann doch Frucht bringen.“ Dieser Weingärtner ist aber Jesus Christus und damit kein an- derer als der menschgewordene Gott selbst. Gott tritt sich selbst entgegen, Foto: Norbert Aufrecht / pixabay.com Gott hält sein eigenes Urteil auf, Gott greift sich selbst in die Arme. Wenn es darum geht, über uns, unser Leben und Ohren kehr zu mir / und meiner Bitt sie unseren Glauben ein Urteil zu sprechen, öffne; / denn so du willst das sehen an, / so ist Gott eben nicht nur der Ankläger, was Sünd und Unrecht ist getan, / wer sondern er ist zugleich auch unser Ver- kann, Herr, vor dir bleiben? teidiger. Und mehr noch: Er ist selbst der, der die Verantwortung für uns Darum auf Gott will hoffen ich, / auf übernimmt, der die Sorge dafür über- mein Verdienst nicht bauen; / auf ihn nimmt, dass wir Frucht bringen. Und mein Herz soll lassen sich / und seiner das ist dann schließlich doch wieder ein Güte trauen, / die mir zusagt sein wer- Gedanke, der mich Hoffnung schöpfen tes Wort; / das ist mein Trost und treu- lässt: Dass ich selbst nichts dazu kann, er Hort, / des will ich allzeit harren. (EG sondern dass ich alles der sorgenden 299, 1.3) Hand Gottes überlassen darf; dass ich mein Leben und meinen Glauben ganz Gebet und gar der Pflege Gottes anvertrauen darf. Und das ist mir ein Trost und eine Treuer und gnädiger Gott! Wir danken Zuversicht: Dass Gott der große Gärt- dir, dass du allein unser Richter bist. ner – anders als so viele menschliche Das lässt uns hoffen, das gibt uns Mut Gärtner – sozusagen einen „Grünen zur Umkehr. Denn du richtest uns mit Daumen“ hat; was Gott anpackt, das Gerechtigkeit und mit Barmherzigkeit. gelingt, was Gott pflegt, das gedeiht, Gib, dass wir hellhörig werden in dieser wofür Gott sorgt, das wächst und bringt schwerhörigen Welt. Wecke uns aus gute Frucht. Amen. den Alpträumen, die uns bedrücken. Erneuere uns durch und durch, dass wir Liedverse in dieser Welt zu Werkzeugen des Frie- dens und mitten im Unrecht zu Zeugen Aus tiefer Not schrei ich zu dir, / Herr der Barmherzigkeit werden. Amen. Gott, erhör mein Rufen. / Dein gnädig’ Christian Justen 23
Ewigkeitssonntag – 22. November 2020 Andacht für den Ewigkeitssonntag Liebe Leserinnen und Leser, wesen wäre, manchmal ist der Schmerz es ist November und damit der Mo- aber auch schon kleiner, die Trauer et- nat, in dem die meisten traurigen Ge- was verblasst. denktage begangen werden. Da sind Und dann kommt eine Einladung Allerheiligen und Allerseelen auf der zum Gottesdienst ins Haus, wo gerade katholischen Seite gleich am Monats- alles so gut „verpackt“ war. Hingehen anfang. Volkstrauertag und Buß- und oder nicht? Sich entschuldigen oder ein- Bettag schließen sich als weltlicher bzw. fach so tun, als gäbe es die Einladung evangelischer Tag an. Der Ewigkeits- nicht? Darf ich kommen, auch wenn ich sonntag bzw. der letzte Sonntag im Kir- mich nicht zurückmelde? Ich will es von chenjahr – den meisten besser bekannt der Tagesform abhängig machen. Geht als „Totensonntag“ – schließt die Reihe das – gerade in Coronazeiten? Es war dieser Gedenktage ab. Mit ihm endet doch sowieso so vieles anders als sonst. das kirchliche Jahr, bevor mit dem Er- Der Trauergottesdienst nur mit 10 Per- sten Adventssonntag für beide christ- sonen am offenen Grab, keine Musik, lichen Konfessionen das neue Kirchen- keine Umarmung, nicht einmal ein stiller jahr eingeläutet wird. Händedruck und auch den Gottesdienst Aber zurück zum Ewigkeitssonntag, am Sonntag danach gab es nicht. Da ist an dem wir unserer Verstorbenen in den er wieder der Moment, wo der Stachel Gottesdiensten besonders gedenken, des Todes tief sitzt. Wo er Schmerzen auf die Friedhöfe gehen, ihre Gräber be- verursacht. Wo ich nicht an ihn heran- suchen und ein Gesteck, Blumen, eine komme, um ihn, einem Splitter im Fin- Kerze oder etwas anderes aufs Grab le- ger gleich, aus meiner Haut zu ziehen. gen. Die Trauer um den Verlust der Men- Dieser Stachel sitzt tief, und es ist, als schen wird wieder intensiver an einem habe er einen Widerhaken, so dass ich solchen Gedenktag. Der Schmerz um ziehen kann, so viel ich will. Er lässt sich den Verlust flammt wieder auf. Manch- nicht entfernen. Selbst drehen löst ei- mal ist es so, als ob es erst gestern ge- nen unglaublichen Schmerz aus. Tod, wo ist dein Stachel? (1. Korin- ther 15, 55b) – dieser Satz stammt vom Apostel Paulus. Aber den kann auch ich nicht immer so positiv, wie er gemeint ist, hören. Auch ich reibe mich immer wieder am Stachel des Todes. Dann nämlich, wenn er mir persönlich nahe kommt, wie gerade in diesen Tagen, in denen ich die Andacht zum Ewigkeits- sonntag für den Gemeindebrief schrei- Foto: Lotz be, den Sie nun in den Händen halten. Tod, wo ist dein Stachel? – Wenn wir 24
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