Sorge und Mitverantwortung in der Kommune - Politik in einer älter werdenden Gesellschaft - DOKUMENTATION Fachtagung am 8. Februar 2017 in Dresden ...
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Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Politik in einer älter werdenden Gesellschaft ©Rainer Sturm, pixelio.de Fachtagung am 8. Februar 2017 in Dresden DOKUMENTATION
Inhaltsverzeichnis Grußwort 3 Veranstaltungsüberblick 4 Begrüßung Jochen Schnabel 6 Begrüßung Christel Demmler 7 Vorträge Seniorenbezogenes Gesamtkonzept des Landkreises Nordsachsen – Weg von der Strategiebildung zur Umsetzung 8 Leipziger Modell kommunaler Gesundheitsförderung für Jung und Alt 12 Zukunftswerkstatt Adorf/Vogtland – ein Bundesprojekt 14 Seniorengenossenschaften in Sachsen? – Der schwierige Weg im Vogtlandkreis 16 Teilhabechancen und Sorgebedarfe in der Gesellschaft des langen Lebens – Die Rolle der Kommune 19 Thementische 1 Soziale Teilhabe in der Gesellschaft 22 2 Lebensqualität im Alter – eigen- oder doch fremdbestimmt? 24 3 Sorgebedarfe in sozialen Ungleichheiten 26 4 Rahmenbedingungen für Lebensqualität im Alter 28 Abschluss Dankesworte und Verabschiedung 30 Referentinnen- und Referentenverzeichnis 31 Wir danken den Förderern und Kooperationspartnern 31 Impressum 32 2|
Grußwort Sehr geehrte Damen und Herren, die Bundesregierung hat den 7. Altenbericht unter die Überschrift „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“ gestellt. Der Aufbau und die Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften kann nur mit starken und handlungsfähigen Kommunen gelingen. Die Kommunen sind dabei zunehmend auf Engagement von Interessenvertretungen ihrer Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Eine wichtige Interessenvertretung für die Belange älterer Menschen im Freistaat Sachsen ist die Landessenio- renvertretung für Sachsen e. V. Alleine die Artikulation der Interessen der Seniorinnen und Senioren führt noch nicht zur Entwicklung entspre- chender Konzepte und Gestaltung der Teilhabemöglichkeiten in der Kommune. Hierfür bedarf es • einer Sensibilität in Politik und Verwaltung für die Interessen und Belange der älteren Generation, • der Einbeziehung von Seniorinnen und Senioren in konkrete kommunale Planungen und • der Gestaltung förderlicher Rahmenbedingungen für ein ehrenamtliches bzw. freiwilliges Engagement. Wie kann das besser als in einer gemeinsamen Fachkonferenz der Landesseniorenvertretung für Sachsen e. V. und des Bildungswerkes für Kommunalpolitik Sachsen e. V. gelingen. Mit Blick auf die Herausforderungen des demografischen Wandels und dem besonderen Engagement der Lan- desseniorenvertretung für Sachsen e. V. um Sorgende Gemeinschaften habe ich gerne für die Fachtagung die Schirmherrschaft übernommen. Barbara Klepsch Sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz |3
Veranstaltungsüberblick Am 8. Februar 2017 fand im Haus an der Kreuzkirche • Seniorenbezogenes Gesamtkonzept des Landkrei- Dresden die Fachtagung „Sorge und Mitverantwor- ses Nordsachsen – Weg von der Strategiebildung tung in der Kommune – Politik in einer älter werden- zur Umsetzung (Brit Gruhne, Dezernat Soziales Tor- den Gesellschaft“ statt. gau) Veranstalter waren das BKS Bildungswerk für Kommu- • Leipziger Modell kommunaler Gesundheitsförde- nalpolitik Sachsen e. V. und die Landesseniorenvertre- rung für Jung und Alt (Ulrike Leistner, Gesundheits- tung für Sachsen e. V. amt Leipzig) Die Sächsische Landesvereinigung für Gesundheits- • Zukunftswerkstatt Adorf/Vogtland – ein Bundes- förderung e. V. (SLfG) konnte als Kooperationspartner projekt (Rico Schmidt, Bürgermeister Adorf ) der Veranstaltung gewonnen werden. • Seniorengenossenschaften in Sachsen? – Stephan Koesling, Geschäftsführer der Sächsischen Der schwierige Weg im Vogtlandkreis (Dr. Uwe Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e. V., Drechsel, Landratsamt Vogtlandkreis) moderierte den Fachtag in seiner eloquenten Art. Jochen Schnabel, Leiter des Referates Gesellschaft und Mittags folgte der zweite Block der Veranstaltung, der Familie im Sächsischen Staatsministerium für Soziales höchst essenzielle Vortrag von Prof. Dr. Susanne Küm- und Verbraucherschutz, eröffnete die Fachtagung und pers von der Hochschule Fulda, der „Teilhabechancen richtete herzliche Grüße der Staatsministerin Klepsch und Sorgebedarfe in der Gesellschaft des langen Le- aus. Er stellte in seinen Ausführungen vor allem die Be- bens – die Rolle der Kommune“ beleuchtete (vgl. S. 19 deutung der „Mehrgenerationenhäuser im Kontext in- ff.). tegrierter Sozialplanung“ heraus. Am Nachmittag stand der kollegiale Austausch und Anschließend begrüßte Christel Demmler, Vorsitzende fachliche Dialog im Mittelpunkt der Fachtagung. Die der Landesseniorenvertretung für Sachsen e. V., die 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten die Möglich- Tagungsgäste. keit, ihre Vorstellungen, Bedenken und Anregungen Stephan Koesling, Geschäftsführer der Sächsischen für die Aufgaben in ihrer Kommune an vier Themen- Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e. V., tischen in kleinen Gruppen zu diskutieren und zu for- gab eine Einführung in den Thementag. Er stellte die mulieren. Fachtagung in den Kontext des 7. Altenberichtes und schilderte den Tagungsablauf. Der erste Block der Veranstaltung am Vormittag stellte folgende vier seniorenbezogene Konzepte aus sächsi- schen Kommunen (3 x im ländlichen Raum, 1 x in der Großstadt Leipzig) vor (vgl. S. 8 ff.). 4|
Folgende Themen standen an den Thementischen zur Der Siebte Altenbericht mit dem Titel „Sorge und Mit- Auswahl (vgl. S. 22 ff.): verantwortung in der Kommune – Aufbau und Siche- rung zukunftsfähiger Gemeinschaften“ zeigt auf, was Thementisch 1: Soziale Teilhabe in der Gesellschaft die Politik auf lokaler Ebene tun kann und muss, um Thementisch 2: Lebensqualität im Alter – eigen- für alle Menschen ein gutes Leben im Alter zu ermög- oder doch fremdbestimmt? lichen. Dabei werden insbesondere die Handlungs- Thementisch 3: Sorgebedarfe in sozialen Ungleich- bereiche gesundheitliche Versorgung, pflegerische heiten Versorgung, Wohnen sowie Mobilität in den Blick ge- Thementisch 4: Rahmenbedingungen für Lebens- nommen. Die Kommunen sind (auch) in der Verpflich- qualität im Alter tung, gesellschaftliche Teilhabe und eine möglichst lange selbstständige Lebensführung älter werdender Menschen sicherzustellen. Die erarbeiteten Themen wurden von den Moderato- ren der vier Thementische in einer Abschlusspräsen- tation zusammengefasst und anhand der Pinnwände aufgezeigt. Dr. Rotraut Sawatzki, Vorstandsmitglied der Landes- seniorenvertretung für Sachsen e. V., schloss die Ver- anstaltung mit ihren Dankesworten an alle Referenten, Moderatoren und Kooperationspartner. Besonders hob sie die gute Zusammenarbeit mit Lutz Barthel, Geschäftsführer des BKS, und Stephan Koesling, Ge- schäftsführer der SLfG, hervor. Frau Dr. Sawatzki be- tonte nochmals die zunehmende Verantwortung der Kommunen im Hinblick auf eine nachhaltige Senio- renpolitik – gemäß den Empfehlungen des Siebten Al- tenberichts. |5
Begrüßung Mehrgenerationenhäuser im Kontext integrierter Sozialplanung Sehr geehrte Damen und Herren, die Angebote und Aktivitäten der Mehrgenerationen- Empfehlungen aus dieser Stu- häuser gewinnen mit Fortschreiten des demografi- die wurden nunmehr im Modell- schen Wandels mehr und mehr an Bedeutung. Bund, projekt „Mehrgenerationenhäuser im Kontext inte- Länder und kommunale Spitzenverbände haben sich grierter Sozialplanung“ umgesetzt. Für die fachliche mit der auf der Jugend- und Familienministerkonfe- Begleitung dieses Projektes konnte wiederum das In- renz 2015 in Perl unterzeichneten Rahmenvereinba- stitut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik gewonnen rung zur Angebotsform der Mehrgenerationenhäuser, werden. deren Weiterentwicklung und der Notwendigkeit, eine Im Landkreis Görlitz und in der Stadt Chemnitz wurde Lösung für deren nachhaltige Sicherung zu finden, be- exemplarisch erprobt, wie die Mehrgenerationenhäu- kannt. ser Eingang in die Planung für den Sozialraum finden Um den generationenübergreifenden Ansatz der können. Mehrgenerationenhäuser als zentralen Bestandteil Die Ergebnisse des Modellprojektes sollen den Kom- der sozialen Arbeit vor Ort zu etablieren und regio- munen und weiteren Interessierten in Form einer nal bedarfsorientiert weiterzuentwickeln, soll der Rah- Empfehlung für die Etablierung von Mehrgeneratio- menvereinbarung zufolge, die Einbettung der Mehr- nenhäusern und deren Weiterentwicklung im sozial- generationenhäuser in die landesspezifischen und räumlichen Kontext an die Hand gegeben werden. kommunalen Infrastrukturplanungen vorangetrieben Noch ein persönlicher Nachsatz: werden. Mehrgenerationenhäuser sind aus unterschiedlichem Dieser Aspekt stand in Sachsen sehr zeitig im Fokus Antrieb und in verschiedenen Situationen entstanden der gemeinsamen Überlegungen der Interessenver- und haben sich in einer Mischung aus Engagement tretung der Mehrgenerationenhäuser und der Fachab- und Bedarf in den Regionen entwickelt. teilung des Sächsischen Sozialministeriums. Weder Kriterien zur Qualitätsentwicklung noch zur Der Freistaat Sachsen hat die Potenziale der Mehrgene- planerischen Einordnung in den Sozialraum dürfen rationenhäuser bereits frühzeitig erkannt und im Jahr zu einer Gleichmacherei und Vereinheitlichung von 2013 durch das Institut für Sozialarbeit und Sozialpä- Mehrgenerationenhäusern führen. Und schon gar dagogik e. V. mit Sitz in Frankfurt am Main eine Studie nicht sollten Mehrgenerationenhäuser vom Staat oder durchführen lassen, die eine Standortbestimmung der von den Sozialleistungsträgern als Ausfallbürge in An- Mehrgenerationenhäuser in der sächsischen Sozial- spruch genommen oder auf eine solche Rolle redu- landschaft vornehmen und eine Empfehlung zu deren ziert werden. Profilierung und Etablierung vorlegen sollte. Mehrgenerationenhäuser brauchen Austausch und Der Auftragnehmer, das Institut für Sozialarbeit und Einbindung sowie ein Mindestmaß an Planungssicher- Sozialpädagogik, empfahl eine landesweite inte- heit für ihren Betrieb. Mehrgenerationenhäuser sind grierte Sozialplanung anzustreben, die auch Mehrge- bunt und leben vom Engagement der Bürgerinnen nerationenhäuser und deren Angebote berücksich- und Bürger vor Ort. Und ich denke, so sollte es auch in tigt. Die Mehrgenerationenhäuser sollten, wie bisher, Zukunft bleiben. eine Mischfinanzierung anstreben und regelfinanzier- te Angebote in der Einrichtung als stabilen Sockel und Instrument der Querfinanzierung nutzen. In Verbindung damit wird eine stärkere Profilierung des Begriffes Mehrgenerationenhaus entsprechend des regionalen Bedarfs empfohlen. Handlungsleitend Jochen Schnabel sind dabei Bedarfsermittlungen, die gemeinsam mit Leiter des Referates Gesellschaft und Familie im Kommunen, den öffentlichen Trägern und anderen Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Akteuren vorgenommen und entschieden werden. Verbraucherschutz 6|
Begrüßung Sehr geehrte Abgeordnete des Sächsischen Landtags, sehr geehrter Herr Schnabel als Vertreter der Staatsministerin, sehr geehrte Vertreter aus den Verwaltungen der Städte und Kreise, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Seniorenvertreterinnen und Seniorenvertreter, der Siebte Altenbericht mit dem Titel „Sorge und Mit- Die demografische Situation zwingt zu einer senioren- verantwortung in der Kommune – Aufbau und Si- bezogenen Politik. cherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“ hebt die Der Siebte Altenbericht gibt ein Gerüst. Notwendigkeit hervor, auf die demografische Entwick- Vor uns steht die Frage: „Wie gehen wir, wie gehen die lung zu reagieren und hält vielfältige Handlungsemp- Spitzenverbände damit um?“ fehlungen für eine nachhaltige Seniorenpolitik in den Wir wollen mit unserer Konferenz einen Anstoß geben, Kommunen bereit. erste Schritte in Richtung der Umsetzung zu unterneh- Die Politik für ältere Menschen muss darauf ausge- men. Dabei können wir schon auf erfolgversprechen- richtet sein, ihr Bestreben, ein eigenständiges und de Beispiele zurückgreifen. selbstbestimmtes Leben zu führen, zu unterstützen, Starke, handlungsfähige Kommunen sind von zentra- Ungleichheiten zu überwinden sowie Teilhabe zu er- ler Bedeutung, um im demografischen Wandel die Po- möglichen und zu fördern. litik für ältere und mit älteren Menschen vor Ort wir- Die Sicherung der regionalen Daseinsvorsorge im kungsvoll weiterzuentwickeln. ländlichen Raum und in strukturschwachen Regionen erfordert besondere Anstrengungen. Dafür wünsche ich viel Erfolg. Vor den Kommunen in der alternden Gesellschaft ste- hen aus unserer Sicht u. a. folgende Fragen: 1. Wie gelingt es, lokale Arrangements für Pflege und Versorgung zu entwickeln? 2. Wie können bezahlbares Wohnen und das Wohn- umfeld sowie Dienstleistungen die Qualität des Le- Christel Demmler bens im Alter mitbestimmen? Vorsitzende der Landesseniorenvertretung 3. Wie muss sich die Daseinsvorsorge wandeln? für Sachsen e. V. |7
Vortrag Seniorenbezogenes Gesamtkonzept des Landkreises Nordsachsen – Weg von der Strategiebildung zur Umsetzung Brit Gruhne Dezernat Soziales Torgau In der Zeit von 2013 - 2015 wurde ein seniorenbezo- wurde gebeten, die Wünsche und Problemlagen der genes Gesamtkonzept für den Landkreis Nordsach- Menschen im Landkreis Nordsachsen neben der sozia- sen gemeinsam von vielen vor Ort tätigen Akteuren len und technischen Infrastruktur einfließen zu lassen der Seniorenarbeit (Arbeitsgruppe für Sozialplanung/ – also eine Mitgestaltung und Mitsprache der Senio- Pflegenetz) entwickelt. Eine Vielzahl von strategischen rinnen und Senioren zuzulassen, um eine bedarfsori- Handlungsansätzen ist als Ergebnis entstanden, die entierte, strategisch ausgerichtete Vorgehensweise in nun nach einer Priorisierung in einzelnen Abschnitten den Regionen bzw. in den Städten und Gemeinden bearbeitet werden. Ein vernetzter, beteiligungsorien- des Landkreises entwickeln zu können. Das Sozialamt tierter und strategisch ausgerichteter Weg, der Gegen- sollte dabei als Steuerer, als Koordinator und Manager stand des Vortrages war. dieses Prozesses agieren. Somit wurde im September Vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2010 wurde das sächsi- 2012 ein Antrag auf Förderung gemäß der Demogra- sche Modellprojekt zum Aufbau des Pflegenetzes in fie-Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen zur Erstel- unserem Landkreis durchgeführt. Hierbei entstand lung eines seniorenbezogenen Gesamtkonzeptes eine Arbeitsgruppe, die sich „Sozialplanung für Se- gestellt. Zur Unterstützung dieses angedachten Pro- nioren/Pflegenetz“ nannte. Dieser Gruppe gehörten zesses wurde nach Bereitstellung dieser Ressourcen und gehören wichtige Akteure des Landkreises wie eine wissenschaftliche Begleitung gebunden. Dieser z. B. Vertreter der LIGA des Landkreises, private und Antrag wurde im 1. Quartal 2013 durch den Freistaat gemeinnützige Organisationen im Bereich der Pfle- Sachsen bewilligt. Am 17. April 2013 konnte das Pro- ge, der Pflegekassen, Kommunen, Regionalmanager, jekt gestartet werden. Der gesamte strategische Pro- die Regionalplanung Leipzig-Westsachsen, Vertreter zess wurde innerhalb von zwei Jahren umgesetzt. des Gesundheits- und Sozialausschusses, Senioren- beauftragte des Landkreises, Seniorinnen und Seni- Sozialraumorientierung oren selbst, aber auch unterschiedliche Bereiche aus Eine zielorientierte Daseinsvorsorge lässt sich nur er- unserer Behörde – Gesundheitsamt, Straßenverkehrs- reichen, indem regionale Entwicklungen und Tenden- amt, Gleichstellungsbeauftragte an. Nach der Durch- zen einer Region kleinräumig identifiziert werden. führung des Modellprojektes Pflegenetz wurden Stim- Dazu wurden bereits im September 2012 kleinräu- men aus der Arbeitsgruppe laut, sich ganzheitlicher migere Bereiche, sogenannte Sozialräume, gebildet. mit der Lebenswelt der älteren Bevölkerung in unse- Sechs Sozialräume des Landkreises Nordsachsen bil- rem Landkreis auseinanderzusetzen. Begründet wur- den seit 2012 die Grundlage der räumlichen Betrach- de diese erweiterte Aufgabenstellung der Arbeits- tungsweise im Bereich der Sozialplanung. gruppe damit, dass über 74 % der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt werden. Der bis dahin in der Grup- Finanzielle Ressourcen pe bearbeitete Themenkomplex Pflege sollte sich da- Das Projekt wurde aus drei Teilen zusammengesetzt. her auf weitere Lebensbereiche/Lebenswelten der Über den ersten Teil wurden bereits in der Einleitung älteren Menschen ausweiten, was bedeutet, die Woh- Aussagen getätigt. Für die Durchführung der Befra- nung, das Wohnumfeld, die Mobilitätsstrukturen, die gung und deren Präsentation konnten Mittel vom Versorgungsstrukturen und die Teilhabestrukturen, Förderprogramm „Anlaufstellen für ältere Menschen“ die Strukturen für ein lebenslanges Lernen, der Ge- des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frau- sundheitsförderung und Prävention, aber auch die en und Jugend akquiriert werden. Durch die Teilnah- Vielfalt der Akteure, Leistungserbringer und der for- me am sächsischen Wettbewerb „Impulsregionen“, der malen und informalen Netzwerke in den 30 Kommu- über die Förderrichtlinie FR Regio ausgerufen wurde, nen in künftige Betrachtungen zu integrieren. Dabei erhielt das Projekt für die innovative Projektidee den 8|
3. Preis, welcher mit einem Geldwert von 5.000 € do- zureichend bewertet werden können, um diese Aufga- tiert wurde. Dieser Betrag bildete den Eigenanteil für benstellung zu bearbeiten. Aus diesem Grund wurden den dritten Teil des Projektes, der zur Verräumlichung drei Erhebungsinstrumente konzipiert: der ermittelten Strukturen im GEO-Informationssys- tem – Geoportal der Landkreisbehörde – diente, um 1. ein Instrument für die „Kommunale Strukturerfas- der Bevölkerung die vorhandenen Strukturen nutzbar sung“ zu gestalten. 2. ein „Fragebogen zur Erfassung der aktuellen Situati- on von älteren Menschen in Kommunen – zur Dar- Konzepterstellung stellung der kommunalen Seniorenarbeit und sozi- Das Projekt startete im April 2013, nachdem die wis- alen Teilhabe“, modifiziert nach BZgA, 2007, Band 33 senschaftliche Begleitung festgelegt wurde. Hierbei 3. ein „Fragebogen zur Erfassung der aktuellen Le- entschied sich das Arbeitsgremium für den Lehrstuhl benslagen, Bedürfnisse und Wünsche von älteren für Gesundheitswissenschaften/Public Health (Lehr- Menschen im Landkreis Nordsachsen“ – der soge- stuhlinhaber Prof. Dr. Kugler) der Technischen Uni- nannten „Seniorenbefragung“, modifiziert nach Ber- versität Dresden. Dort waren einschlägige Projekt telsmann Stiftung, 2011: „Sozialplanung für Senio- erfahrungen vorhanden, welche für die Durchführung ren“ des Projektes von Bedeutung waren. Begonnen wur- de mit der Erarbeitung eines Indikatorensatzes, um Das Instrument zur Erfassung der kommunalen die Schwerpunkte des Konzeptes zu erarbeiten. Dies Sozialstruktur umfasste die vorgehaltene soziale erfolgte bis Ende des Jahres 2013. und technische Infrastruktur wie beispielsweise Be- Aus den Dimensionen Bevölkerungsentwicklung, aus ratungsangebote, Einrichtungen der medizinischen der Bewertung der sozioökonomischen Situation der und therapeutischen Versorgung, der pflegerischen älteren Bürgerinnen und Bürger, der bereitgestellten Versorgung/Betreuungs- und Entlastungsangebote, Infrastruktur und der Möglichkeiten der gesellschaftli- Versorgung zum täglichen Bedarf, Post/Bank usw., chen Teilhabe, der Beratung, der Öffentlichkeitsarbeit Servicestrukturen wie Essen auf Rädern, Hausmeister- und Informationsverbreitung, der gelebten Steuerung, dienste, haushaltsnahe Dienste u. v. m., die Breitband- Kooperation und Vernetzung in den Kommunen sowie bereitstellung, den öffentlichen Nahverkehr und die aus den Bedürfnissen, Wünschen und Problemlagen, allgemeine infrastrukturelle Erhebung zur barrierefrei- die die Menschen im Landkreis mit dem Thema Alter en Gestaltung von Straßen und Wegen, Parks und Ru- verbinden, sollte ein seniorenbezogener Handlungs- hezonen. bedarf für die Regionen des Landkreises Nordsachsen abgeleitet werden. Dabei sollten ganzheitlich die Le- Der Fragebogen zur Erfassung der kommunalen Se- benswelten von Seniorinnen und Senioren abgebildet niorenarbeit und sozialen Teilhabe sollte Auskünfte werden. Folgende Themenfelder wurden bearbeitet: bringen zu den Rahmenbedingungen der Senioren- arbeit in den einzelnen Kommunen, die Themen- und • Demografische Entwicklung und die strukturelle Si- Handlungsfelder der Seniorenarbeit spiegeln, zu for- tuation der älteren Bevölkerung im Landkreis Nord- mellen und informellen Angeboten für Seniorinnen/ sachsen Senioren in den verschiedenen Kommunen aufklären, • Partizipation (Beteiligung) und bürgerliches Enga- eine Zielgruppenorientierung und Kommunikation der gement Angebote für ältere Menschen aufzeigen, aber auch zu • Wohnen und Wohnumfeld Akteuren/Kooperationen/ehrenamtlichen Strukturen • Mobilität und zur Situation sowie zu den Perspektiven der älte- • Versorgung ren Menschen in den 30 Städten und Gemeinden des • Bildungs und Kulturangebote Landkreises Aufschluss geben. • Gesundheit und Pflege Beide Instrumente wurden gemeinsam eingesetzt. Die Befragung der einzelnen Kommunen erfolgte Ende und somit in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. 2013 und wurde im April 2014 abgeschlossen. Die Arbeitsgruppe als Begleitgremium zur Erstellung Der Fragebogen zur Erfassung der aktuellen Le- des seniorenbezogenen Gesamtkonzeptes schätzte benslagen, Bedürfnisse und Wünsche von älteren jedoch ein, dass die vorhandenen objektiven Infor- Menschen im Landkreis Nordsachsen sollte die ak- mationsquellen zur Erfassung der Lebens und Pro- tuellen Lebenslagen, Bedürfnisse und Wünsche von äl- blemlagen älterer Bürgerinnen und Bürger nicht als teren Menschen im Landkreis Nordsachsen abbilden. |9
Eine flächendeckende Befragung der Bevölkerungs- arbeit im Landkreis Nordsachsen ermöglichen sollte. gruppe ab dem 50. Lebensjahr mittels eines 18-seiti- Am 1. Juli 2015 hat der Kreistag des Landkreises Nord- gen Fragebogens erfolgte. Insgesamt wurden 70 ex- sachsen das „seniorenbezogene Leitbild“ einstimmig terne Befrager eingesetzt, die in den 30 Kommunen als politische Zielstellung verabschiedet. direkt die Befragung realisierten. Die ausgewählten Personen unterzogen sich im Vorfeld einer meist in- Maßnahmenplanung/Operationalisieren dividuellen Schulung zum eingesetzten Befragungs- Der strategische Auftrag war mit dem vorgenann- instrument und erhielten zusätzlich einen ausge- ten Beschluss erfüllt. Ab September 2015 bis Februar arbeiteten Interviewleitfaden sowie einen Auftrag, 2016 wurde ein Operationalisierungsprozess der stra- innerhalb einer Kommune eine bestimmte Anzahl tegischen Zielsetzungen angeschlossen, um kurz- und von männlichen und weiblichen Personen in den be- mittelfristige Projekte oder Teilprojekte zu entwickeln. stimmten Altersgruppen aufzusuchen. Dabei wurde Durch die Förderrichtlinie (FRL) Demografie konn- weiterhin gebeten, auch Pflegebedürftige und Men- te die Firma KEM Dresden gebunden werden, die der schen mit Behinderungen zu befragen. Es wurde Wert Landkreisbehörde eine Unterstützung bei der Prüfung darauf gelegt, dass jeweils ca. 1 Prozent der Einwoh- der Machbarkeit zur Umsetzung des seniorenbezo- ner ab dem 50. Lebensjahr einer Kommune befragt genen Gesamtkonzeptes des Landkreises Nordsach- wurden, dass Personen aus stationären und teilstatio- sen gab. Auch dieser Prozess war auf Beteiligung aus- nären Pflegeeinrichtungen oder Menschen in betreu- gerichtet. In allen sechs Sozialräumen erfolgte mittels ten Wohnformen erreicht wurden. Weiterhin erfolgten Sozialraumkonferenzen die Beteiligung der jeweiligen Befragungen von Nutzerinnen und Nutzern von drei Kommunen, von Akteuren, Vereinen, Wohnungsun- TafelProjekten des Landkreises. Die Befragung der ternehmen, Verkehrsgesellschaften, privaten und ge- Seniorinnen und Senioren fand zwischen Mai und Sep- meinnützigen Unternehmen. Seniorinnen und Seni- tember 2014 statt. Die Eingabe und die Auswertung oren wurden ebenfalls selbst angesprochen, an den der Befragungsdaten erfolgte bis zum Ende des Jahres Konferenzen teilzunehmen. 2014 durch die wissenschaftliche Einrichtung. Perso- nen im Alter von 50 bis 95 Jahre konnten mittels dieser Umsetzung Aktion erreicht werden. Im Ergebnis konnte eine Quo- Ab dem Jahr 2016 wurden einzelne operative Projekte te von fast 1 Prozent erreicht werden, insgesamt konn- aus der Gesamtstrategie bereits umgesetzt. Es handelt ten 927 ausgefüllte Bögen in die Bewertung einfließen. sich hierbei um mehrere Projekte. Drei Teilprojekte sol- len hier detaillierter ausgeführt werden. Leitbild/strategische Zielsetzung/ Kreistagsbeschluss Projekt: Aufbau einer unabhängigen Beratung zur Die Ergebnisse aller Informationsquellen wurden zwi- Wohnraumanpassung schen November 2014 und Januar 2015 zusammen- Als operative Zielstellung für das Jahr 2016 wurde de- getragen und ausgewertet. Ein intensiver Informa- finiert, ehrenamtlich tätige Berater zur Wohnrauman- tions- und Abstimmungsprozess mit dem Arbeitsgre- passung flächendeckend in allen sechs Sozialräumen mium wurde angeschlossen. Im Bericht wurde neben auszubilden. Diese Ausbildung begann im Mai 2016 der Ergebnisdarstellung gleichzeitig der abgeleite- und endete im Dezember des selben Jahres. Finanziel- te Handlungsbedarf als Leitbild mit entsprechenden le Unterstützung für die Ausbildung erhielt das Projekt Handlungsfeldern verankert (siehe www.landkreis- für das Jahr 2016 durch das Bundesministerium für Fa- nordsachsen.de, seniorenbezogenes Gesamtkonzept). milie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ, 2012) im Der Leitsatz „Selbstbestimmt leben bis ins hohe Alter!“ Rahmen des Projekts „Anlaufstellen für Senioren“ (Typ unter Beachtung des Grundsatzes „ambulant vor stati- B/Konzeptentwicklung und Umsetzung). Durch eine onär“ wurde festgeschrieben. Mit diesem Leitbild wur- breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit konnten die de- den die Wünsche und Begehren der Seniorinnen und finierten 20 freiwilligen Personen aus der freien Wirt- Senioren des Landkreises zusammengefasst, so lange schaft, einschließlich der Wohnungswirtschaft und so- wie möglich selbstbestimmt und selbstständig unter zialen Einrichtungen und Beratungsstellen, sowie ein der Berücksichtigung der jeweiligen unterschiedlichen Senior selbst gewonnen werden. Die Ausbildung be- Bedürfnisse und Lebenslagen zu leben. Dieses Leitbild endeten insgesamt 18 Personen erfolgreich. Das Ziel, mit seinen elf Handlungsfeldern wurde als eine stra- flächendeckend in allen Sozialräumen Berater auszu- tegische Empfehlung formuliert, welche eine künfti- bilden, ist gelungen, leider ist aus objektiven Gründen ge ziel- und ergebnisorientierte kommunale Senioren- die Anzahl der Berater nicht erreicht worden. 10 |
Fazit Der dargestellte Gesamtprozess im Landkreis Nord- sachsen ging hauptsächlich von Akteuren der Arbeits- gruppe Sozialplanung für Senioren/Pflegenetz und von der Verwaltung des Landkreises aus. Die ganz- heitliche Ausrichtung auf die Gruppe der älteren Be- völkerung bedeutete einen erheblichen Bewertungs- umfang. Der strategische Prozess war durch den breit geführ- ten Beteiligungsprozess sehr zeit- und ressourcenin- tensiv, aber im Landkreis Nordsachsen entstand mit der Durchführung dieses Prozesses und der gelebten Steuerungsverantwortung der Landkreisverwaltung (Sozialamt) Quelle: Präsentation Brit Gruhne • ein intensiver Sensibilisierungsprozess, der sich mit den Problemlagen der älteren Bürgerinnen und Bür- ger auseinandersetzt, Projekt: Bürgerbus • ressort und handlungsfeldübergreifende Ansätze Das zweite Projekt, welches 2016 umgesetzt wurde, zu verfolgen, war die Schaffung einer alternativen Beförderungs- • Versorgungs, Unterstützungs und Teilhabesyste- möglichkeit in einer Gemeinde mit insgesamt 19 Orts- me auf- und auszubauen, teilen. Im Konzept konnten Gebiete identifiziert wer- • auf Mitverantwortung und somit – neben professio- den, in denen die öffentliche Mobilitätsstruktur als nellen Strukturen – auf ein ehrenamtliches Engage- unzureichend eingeschätzt wurde. Der Bürgerbus ment der Zivilgesellschaft zu setzen. wurde im Februar 2017 übergeben. Soziale Daseinsvorsorge wird im Landkreis Nordsach- Projekt: Versorgung sen immer mehr als Verantwortungsteilung zwischen Bei dem dritten Projekt handelt es sich um eine Initi- Kommune, Akteuren, Unternehmen, Seniorinnen und ative von verschiedenen privaten Unternehmen der Senioren verstanden. Als Landkreisbehörde haben wir Region Torgau. Diese haben sich zusammengeschlos- uns in der Wahrnehmung von Aufgaben der Steue- sen, um Regionen im Altkreis Torgau (gleichzusetzen rung, Koordination, Sensibilisierung, Motivation, Be- mit dem Sozialraum Torgau) mit Dingen des täglichen teiligung und Vernetzung als lernende Organisation Bedarfs zu versorgen. Hier konnte durch den breit ge- verstanden. Somit sind die Bemühungen im Landkreis führten öffentlichkeitswirksamen Prozess, der mit der Nordsachsen ein Beispiel für einen gesteuerten kom- Erstellung des „seniorenbezogenen Gesamtkonzep- munalen Prozess, ausgerichtet für ältere Menschen. tes“ gestartet wurde, sensibilisiert und motiviert wer- Dabei sind strategische und operative Planungs und den, entsprechende Versorgungsstrukturen aufzubau- Controllingprozesse eng verzahnt und beteiligungs- en. orientiert angewendet worden. Die ausschließliche Bei den vorgestellten Projekten handelt es sich um Nutzung von Fördermöglichkeiten von Bund und Län- Beispiele. Es erfolgen weiterhin in anderen Bereichen dern kann für den Aufbau neuer Strukturen zweckmä- vielseitige Aktivitäten wie z. B. die Umsetzung des Pro- ßig sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Si- jektes der Pflegekoordination (sachsenweite Projekt- cherung von nachhaltigen Strukturen und Ressourcen. förderung), Gespräche mit privaten Investoren, die in seniorengerechten Wohnraum investieren wollen oder Gespräche mit Kommunen, die im Zuge einer In- nenstadtsanierung angepassten Wohnraum für die äl- tere Bevölkerung oder verbesserte Teilhabestrukturen schaffen wollen. Wichtiger Bestandteil bildet dabei im- mer die Vernetzung zwischen den einzelnen Akteuren, um unterstützende Netzwerke und Hilfen zu gewähr- leisten. | 11
Vortrag Leipziger Modell kommunaler Gesundheitsförderung für Jung und Alt Ulrike Leistner Gesundheitsamt Stadt Leipzig, Koordinierungsstelle kommunale Gesundheit Mit nunmehr fast 580.000 Einwohnern steht die Stadt kombiniert, Partner vor Ort vernetzt und so Etablier- Leipzig vor der Herausforderung einer rasant wach- tes nachhaltig gesichert werden kann. Das sogenann- senden Stadt mit großen soziodemografischen und te „Regenbogenmodell“ der Gesundheitsförderung sozialräumlichen Unterschieden. Im Hinblick auf die veranschaulicht, dass dabei nicht allein die individu- Hauptforderung des 7. Altenberichts zur Gestaltungs- elle Lebensweise einen Einfluss darauf hat, dass sich aufgabe von Kommunen bei der Daseinsvorsorge und Stadtteilbewohner gesund und wohl fühlen können. den hierfür notwendigen querschnittlichen wie auch Zahlreiche andere Faktoren wie soziale Unterstützung, sektorenübergreifenden Arbeitsansatz, stellte die Re- saubere Luft oder der Zugang zu gesunder Ernährung, ferentin die Umsetzungspraxis in Leipzig für zwei zen- Grünflächen, Radwegen, kultureller Teilhabe etc. sind trale Handlungsfelder vor. dabei ebenfalls von Belang. Um in einem strategisch orientierten Ansatz sowohl 1 Seniorenbüros zur Gestaltung nachbarschaftli- auf kommunaler Ebene steuern sowie auf Stadtteil- cher Beziehungen in Sozialräumen ebene die Akteure vor Ort bzgl. Gesundheitsförde- Basierend auf den seniorenpolitischen Leitlinien und rung besser unterstützen zu können, wurde in ei- Maßnahmen des 3. Leipziger Altenhilfeplans (2012) nem Modellprojekt zusammen mit AOK PLUS und erfolgte eine Neuausrichtung der offenen Senioren- HTWK Leipzig eine „Koordinierungsstelle kommuna- arbeit. Das Konzept und die Umsetzungsbegleitung le Gesundheit“ geschaffen und als feste Personalstel- erfolgt durch das Sozialamt unter Einbeziehung von le im Gesundheitsamt Leipzig verankert. Wichtige ge- Trägern, dem Seniorenbeirat und der Seniorenbeauf- setzliche Rahmenbedingungen waren hierbei der tragten. Seit 2013 existiert pro Stadtbezirk ein Senio- „Leitfaden Prävention“ der Gesetzlichen Krankenver- renbüro als städtisch finanzierte Anlaufstelle. Die Auf- sicherungen, das Präventionsgesetz und die Landes- gaben umfassen: rahmenvereinbarung. Auf kommunaler Steuerungsebene wurde der Koor- • Begegnung, Information, Beratung dinierungskreis „Gesundes Leipzig“ etabliert, ein res- • Vernetzung im Stadtteil und Aufbau von Kooperati- sortübergreifendes Gremium mit Leitungspersonen onen der verschiedenen Ämter der Stadtverwaltung, Frakti- • Initiierung von Netzwerkprojekten (Budget 1.000 € onen, Krankenkassen, Hochschulen und kommunal tä- jährlich) tigen Akteure (z. B. Stadtsportbund). Dies gewährleis- • Angebote kultureller, sportlicher, geselliger und bil- tet gemeinsame Strategieentwicklungen, kurze Wege dungspolitischer Art und zügige Absprachen. Dadurch konnten z. B. im neuen Integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) Alle zehn Seniorenbüros werden durch qualifizier- Gesundheit und demografische Entwicklung als Quer- te (sozial)pädagogische Fachkräfte geleitet und 2017 schnittsthemen aufgenommen werden, zu denen alle evaluiert. Fachplanungen dann Stellung nehmen werden. Zur Gesundheitsförderung auf Stadtteilebene – ins- 2 Kommunale Steuerung lebensweltorientierter besondere in Stadtteilen mit besonderem Handlungs- Gesundheitsförderung bedarf – wurde durch die Koordinierungsstelle kom- Lebenswelt umfasst all jene Orte, wo Menschen regel- munale Gesundheit ein deutschlandweit erstmals von mäßig einen großen Teil ihrer Zeit verbringen (z. B. für Krankenkassen poolfinanzierter „Verfügungsfonds Ge- Senioren: Quartier, Pflegeeinrichtung). Hier soll Ge- sundheit“ geschaffen (derzeit getragen von AOK PLUS, sundheitsförderung verortet werden, indem einerseits IKK classic, BARMER und KKH). Konform zum „Leitfaden die Zielgruppe aktiv beteiligt und in ihrer Handlungs- Prävention“ dient der Fonds zur Anschubfinanzierung fähigkeit gestärkt, andererseits sowohl verhaltens- als von bedarfsgerechten, gesundheitsförderlichen (Mik- auch verhältnisbezogene Maßnahmen miteinander ro)Projekten im Bereich Bewegung, Ernährung, Sucht 12 |
und Training sozio-emotionaler Kompetenzen. Hier- Durch diese neue Struktur konnten jährlich sechs bis zu wurde ein möglichst unbürokratisches Prozedere acht unterschiedliche, am konkreten Bedarf von Stadt- zwischen Krankenkassen und Akteuren im Quartier teilen ausgerichtete Gesundheitsförderungsprojekte ausgehandelt (3-seitiger Antrag, keine Antragsfristen, umgesetzt werden. So wurden beispielsweise durch sofortige Mittelabforderung bei Förderzusage). Die den Verfügungsfonds Gesundheit gemeinsam mit ei- Koordinierungsstelle berät und begleitet die Stadtteil- nem betreuten Wohnen und der Sportwissenschaft akteure bereits bei der Projektentwicklung und ver- der Universität Leipzig an einem neu errichteten Se- waltet den Fonds eigenständig mittels Prüfbögen der niorenFitnessParcours Anwohner zu Multiplikatoren Krankenkassen und regelmäßiger gemeinsamer Qua- ausgebildet und begleitet, die nun regelmäßig auch litätszirkel. generationsübergreifende Sportangebote vor Ort an- leiten. Quelle: Website Koordinierungsstelle kommunale Gesundheit | 13
Vortrag Zukunftswerkstatt Adorf/Vogtland – ein Bundesprojekt Rico Schmidt Bürgermeister Adorf/Vogtland Adorf als ländliche Kleinstadt im Grenzraum des vogt- Nach ersten positiven Erfahrungen mit kleineren De- ländischen Dreiländerecks ist besonders stark von den mografieprojekten bewarb sich die Stadt erfolgreich Auswirkungen der demografischen Entwicklung be- um die Aufnahme in das Modellprojekt „Demografie- troffen. Der Altenquotient ist mit 52,8 % bereits jetzt werkstatt Kommunen“ des Bundesministeriums für höher, als für das Bundesgebiet im Jahr 2030 prognos- Frauen, Senioren, Familie und Jugend (BMFSFJ). Bun- tiziert. Im Jahr 2030 werden auf 100 Menschen im er- desweit acht Kommunen wurden in das von 2016 - werbsfähigen Alter 114 Menschen (junge und alte) 2020 laufende Programm aufgenommen. Unterstützt kommen, die sich noch vor oder bereits nach ihrer Le- wird das Projekt von der Forschungsgesellschaft für bensspanne im Berufsleben befinden. Dieser Gesamt- Gerontologie e. V. (Institut für Gerontologie an der TU quotient von 114 % wird im Jahr 2030 in Adorf somit be- Dortmund), dem Kompetenzzentrum Technik-Diver- reits erheblich höher liegen, als im Bundesdurchschnitt sity-Chancengleichheit e. V., Bielefeld, und der Deut- für das Jahr 2060 prognostiziert wird (97 % - Quelle: schen Fernsehlotterie, Hamburg. Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands Über die „Demografiewerkstatt Kommunen“ wird die bis 2060). Die erschwerte städtische Situation mit ver- Stadt Adorf nun über mehrere Jahre unterstützt und gleichsweise wenig Arbeits- und Ausbildungsplätzen, begleitet bei der Findung von lokalen und politischen wenig räumlichem Spielraum für weitere Wirtschafts- Handlungsstrategien für die Gestaltung des demogra- ansiedlungen und einer geringen Kauf- und Steuer- fischen Wandels. Hierbei soll ein methodischer „Werk- kraft führte zur Erkenntnis, dass sich diese Entwicklung zeugkoffer“ für die Arbeit an Prozessen für die Anpas- nicht maßgeblich beeinflussen lassen wird – eine Ge- sung und die Veränderung von Angeboten als künftige staltung dieser Entwicklung jedoch umso zwingender Grundlage auch für andere Kommunen entstehen. Die notwendig ist. Projektförderung für Prozessbegleitung, fachliche Un- terstützung und Beratung sowie Veranstaltungen be- Quelle: www.adorf-vogtland.de 14 |
trägt insgesamt 40.000 € jährlich. Die wichtigste He- Anschließend wurden Prioritäten für die Weiterver- rangehensweise der Stadt ist die Überzeugung, dass folgung der herausgearbeiteten Handlungsfelder ge- „demografiegerecht“ nicht gleichbedeutend ist mit setzt und konkrete Handlungsschritte festgelegt. In „seniorengerecht“. Angeboten für junge Menschen Adorf liegt ein Schwerpunkt der weiteren Arbeit auf muss mindestens der gleiche Stellenwert eingeräumt den Themen Jugendmobilisierung und Ärzteversor- werden wie Angeboten für Senioren. Das große Ziel gung. Hier werden momentan innovative Handlungs- dabei ist, einen persönlichen Bezug und eine feste Bin- konzepte erarbeitet. dung an die Stadt zu erreichen und zu festigen. Ein Aktuell werden demografierelevante Projekte weiter- wesentlicher Bestandteil dessen ist eine grundlegen- verfolgt und die Entwicklung neuer Angebote intensi- de Stärkung des Bewusstseins für die Vielfalt der Mög- viert. Zu nennen sind hier: lichkeiten im Ort und der positiven Wahrnehmung des • Einführung eines Bürgerbusses zur Mobilitätsver- täglichen Zusammenlebens durch alle Altersgruppen. besserung der Jugend und Senioren in den Ortstei- Der ausschlaggebende Ansatz hierbei: Entscheidend len (Start: März 2017) sind nicht immer große Maßnahmen, sondern auch • Weiterentwicklung einer vorhandenen Begegnungs- viele kleine Bausteine wirken sich aus. stätte zum Mehrgenerationenhaus mit Einrichtung Aus dem vor Ort erarbeiteten Kommunalprofil heraus einer Wohnberatungsstelle (Start: April 2017) wurde das Konzept für eine öffentlichkeitswirksame • Schaffung mehrerer Grünoasen in der Altstadt Bürgerveranstaltung entwickelt: die Zukunftswerk- (2017/2018) statt. Wesentliches Ziel dieser „Mitmach-Veranstal- • Investitionen in ein bedarfsgerechtes Wohnungs- tung“ für jedermann war, lokal aktive Akteure zu bün- angebot, z. B. Betreutes Wohnen, Wohngruppen für deln und Einwohner aus der Reserve zu locken und psychisch Kranke, 4-Raum-Wohnungen (städtische mitzunehmen. Ein akademischer Ansatz wurde da- Wohnungsgesellschaft, 2016 - 2020) bei bewusst vermieden. Die Veranstaltung wurde ein • Studie zur Erweiterung des Perlmuttermuseums als voller Erfolg! Es beteiligten sich ca. 100 Bürgerinnen Innenstadtprojekt (Dez. 2016) und Bürger aller Altersgruppen in Diskussionen und • niederschwellige Angebote, z. B. Alltagsbegleiter, Arbeitsgruppen. Sie arbeiteten gemeinsam konkrete Anlaufstellen für ältere Menschen Aufgabenstellungen ab. Ein Abgleiten in „Wünsch-dir- was“-Diskussionen wurde dabei mithilfe zweier pro- Das Projekt zeigt: Auch als kleine Kommune kann man fessioneller Moderatoren unterbunden. Vielmehr wur- etwas tun. Viele Leute warten nur darauf, dass die ers- den konkrete Handlungs- und Umsetzungsansätze für ten Schritte eines langen Weges in Angriff genommen die Problemstellungen im Ort herausgefiltert. werden. Quelle: www.adorf-vogtland.de | 15
Vortrag Seniorengenossenschaften in Sachsen? – Der schwierige Weg im Vogtlandkreis Dr. Uwe Drechsel Landratsamt Vogtlandkreis – Beigeordneter Der demografische Wandel ist in Sachsen und ins- gagements von älteren Menschen und für ältere besondere im Vogtlandkreis Realität. Seit Jahren be- Menschen betont und es in den Kontext der Mitver- schäftigt diese Thematik die Politik und Gesellschaft. antwortung, des lebenslangen Lernens und der Gene- Der sächsische Landtag hat sich frühzeitig der Thema- rationensolidarität gestellt. Besondere Bedeutung für tik gestellt und eine Untersuchungskommission (En- die lokale Politik für ältere Bürgerinnen und Bürger ha- quete-Kommission) eingesetzt, die 2008 einen um- ben drei Handlungsfelder: fassenden Bericht zur demografischen Entwicklung vorgelegt hat. Der Bericht erörtert umfassend die Aus- • Gesundheitliche Versorgung wirkungen der prognostizierten Entwicklung auf die • Sorge und Pflege Lebensbereiche und leitet Handlungserfordernisse ab. • Wohnen und Wohnumfeld Im Jahr 2011 beschreibt das Gutachten „Alter, Rente, Grundsicherung“ von Prof. B. Raffelhüschen der Uni- Es geht in den Städten und Gemeinden darum, nach versität Freiburg die besonderen Herausforderungen Lösungen zu suchen, dass älteren und hochbetagten des demografischen Wandels für ältere und betag- Menschen eine selbstbestimmte und mitverantwortli- te Bürgerinnen und Bürger in den kommenden Jahr- che Lebensführung bis ins hohe Alter ermöglicht wird. zehnten. Selbstbestimmt wohnen, solange es die Gesundheit, Die gegenwärtigen und noch weit in die Zukunft rei- die Kräfte, die familiäre und die pflegerische Unter- chenden demografischen Veränderungen werden tief- stützung zulassen und vor allem im eigenen Zuhause greifende Umwälzungen des gewohnten Lebens in – wer will das nicht?! unserer Heimat zur Folge haben. Damit die Auswir- Der Vogtlandkreis als ländlich geprägter Landkreis wird kungen auch in Zukunft in vielen Lebensbereichen in den nächsten Jahren im besonderen Maße vom de- beherrscht werden können, gilt es sich darauf vorzu- mografischen Wandel geprägt. Der Bevölkerungsrück- bereiten und so früh wie möglich zu reagieren und zu gang und der Anstieg des Anteils der über 80-Jährigen handeln. liegt deutlich über den sächsischen Durchschnittswer- Der demografische Wandel bringt für jeden Einzelnen ten. Die Hilfs- und Unterstützungsbedarfe für Ältere die Aussicht auf ein langes Leben mit sich. Zu keinem und Hochbetagte werden daher regional stark anstei- Zeitpunkt erreichten so viele Menschen ein so hohes gen. Insbesondere dort, wo keine Angehörigen in der Alter wie heute. Die Tatsache, dass die Lebenserwar- Nähe wohnen, bei fehlender Mobilität im ländlichen tung in Deutschland stark angestiegen ist – seit 1900 Raum oder Alleinstehenden in Eigenheimen. Die Be- um mehr als 30 Jahre – und in Zukunft noch weiter an- darfe, wie Haushaltsführung, Grundstückspflege, Si- steigen wird, spiegelt deutlich verbesserte Gesund- cherung sozialer Kontakte, Einkauf oder Absicherung heits- und Lebenschancen wider und ist ein begrü- von Arztbesuchen, werden nur schwerlich abzude- ßenswerter gesellschaftlicher Fortschritt. cken sein. Aufgrund der erwarteten Entwicklung in der Eine Gesellschaft des langen Lebens erfordert eine Pflegebedürftigkeit werden ambulante Pflegedienste verstärkte Auseinandersetzung mit den Grenzen des kaum noch über die personellen Ressourcen verfügen, Alters. Mit fortschreitendem demografischen Wan- um diese notwendigen Hilfen abzusichern. del nimmt die Anzahl der chronisch kranken, pflege- Es braucht also ergänzende Versorgungsstrukturen, bedürftigen und demenzkranken Menschen zu. Mit wenn hochbetagte Bürgerinnen und Bürger mög- zunehmender Lebenserwartung wird es für jede Ein- lichst lange zu Hause leben wollen. Der zukünftig ent- zelperson zudem wahrscheinlicher, selbst einmal in stehende Mehrbedarf ist allein durch professionelle derartigen Grenzsituationen des Alters zu stehen oder Dienstleister nicht abzudecken. diese bei nahestehenden Menschen zu erleben. Am 15. November 2013 fand unter Federführung des Der 7. Altenbericht der Bundesregierung hat die Be- Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Ver- deutung des freiwilligen und bürgerschaftlichen En- braucherschutz der Kongress „Sachsen füreinander – 16 |
Seniorengenossenschaften in Sachsen“ statt. Aufbau- ministeriums statt. Interessierte Vertreter von Vereinen end auf den Ergebnissen des Forschungsprojektes und Kommunen berieten über die Erfordernisse für der Technischen Universität Dresden (Prof. Dr. Werner eine erfolgreiche Umsetzung des Konzeptes zur Etab- Esswein) zu Chancen und Perspektiven von Senioren- lierung von Seniorengenossenschaften bzw. -vereinen genossenschaften in Sachsen und der Betrachtung in Sachsen. Als notwendig wurde herausgearbeitet, steuer- und sozialrechtlicher Aspekte durch die Albert- dass weiter intensive Öffentlichkeitsarbeit zum An- Ludwigs-Universität Freiburg sollte die Bildung inno- liegen erforderlich ist. Insbesondere sollte eine Infor- vativer Projekte auf dem Prinzip der gegenseitigen mationsbroschüre erstellt werden, Informationsveran- Selbsthilfe initiiert werden. staltungen regional vor Ort durchgeführt werden, ein Erfolgreiche Modelle von Seniorengenossenschaften Werbefilm unter Nutzung bereits erfolgreich praktizie- und -vereinen gibt es bereits in verschiedenen Regi- render Seniorengenossenschaften gedreht werden. onen der Bundesrepublik. Zum Kongress stellte sich Besonders zum Tag der Sachsen sollte die Thematik auch der erfolgreiche Verein Seniorengemeinschaft aufgegriffen werden. Prominente Botschafter wären Kronach Stadt und Land e. V. vor. Der Verein zählt aktu- eine sehr gute Möglichkeit, die Öffentlichkeitsarbeit ell über 780 Mitglieder. wirksam zu unterstützen. Wichtig war den Teilneh- Auf der Grundlage des bewährten Zeittauschsystems mern auch, dass man gemeinsam in der Gründergrup- werden von den Mitgliedern die vielfältigsten Leistun- pe weiterarbeitet. Aufgrund der Erfahrungen in ande- gen untereinander erbracht (s. Abb.). ren Regionen war es besonders wichtig, dass für die schwierige Anfangsphase geeignete Fördermöglich- keiten zum Aufbau von Seniorengenossenschaften zur Verfügung gestellt werden. Überzeugt vom Konzept des Seniorenvereins Kro- nach als bürgerschaftliches Engagement zur gegen- seitigen Hilfe im Alter haben wir uns im Vogtlandkreis auf den Weg gemacht, um solche Angebote aufzubau- en. Dazu wurde das Konzept bereits am 4. Dezember 2014 in der Netzwerkkonferenz des Pflegenetzwer- kes Vogtlandkreis vorgestellt. Das Pflegenetzwerk ver- eint im Landkreis über 80 Akteure – ambulante und stationäre Pflegedienstleister, Kranken und Pflege- kassen, Wohlfahrtsverbände, Krankenhäuser, Rehabi- litationskliniken, Wohnungsunternehmen, Ärzte und Ausbildungseinrichtungen. Für interessierte Vereine Quelle: Seniorengemeinschaft Kronach Stadt und Land e. V. und Kommunen fand am 5. Mai 2014 eine Informati- onsveranstaltung zur Gründung von Seniorengenos- senschaften statt. Im Zeitraum September 2014 bis Damit werden vor allem folgende Versorgungslücken März 2015 wurde in Bürgermeistergesprächen noch- von Senioren geschlossen: mals gezielt für das Anliegen geworben. Im Ergebnis machten sich mehrere Initiatoren auf den Weg, um Se- • Besorgungen und Begleitung bei Einkäufen niorenvereine zu gründen. Es war ein schwieriger Weg • Hausarbeiten und leider bei der Mehrzahl der Interessierten ein er- • Handwerkliche Kleinhilfen folgloser Versuch. Mit welchen Problemlagen wurden • Haustierversorgung die Engagierten konfrontiert: • Fahrdienste • Begleitung bei Freizeit, z. B. Besuche, Spaziergänge, • schwieriges Finden von Gründungsmitgliedern und Friedhofsbesuch, Gottesdienst Mitstreitern • Gartenarbeiten, Grabpflege, Hofarbeiten und Win- • mangelnde Unterstützung durch Kommunen terdienst • Wohlfahrtsverbände standen Arbeitsansatz skep- • u. v. a. m. tisch gegenüber • Vorbehalte von Pflegediensten sind groß Nach dem Kongress fand im Januar 2014 eine Bera- • unzureichende Fördermöglichkeiten und nicht tung der „Gründergruppe – Seniorengenossenschaf- passende Förderrichtlinie für die Bewältigung der ten in Sachsen“ auf Einladung des Sächsischen Sozial- Gründungsphase | 17
Quelle: www.seniorengemeinschaft-ovl.de Nur eine Initiative schaffte es nach langem Ringen, ei- Auch die Projektförderung in Höhe von 80 % der zu- nen Seniorenverein zu gründen. Am 24. September wendungsfähigen Sach und Personalkosten bereitete 2015 wurde die Seniorengemeinschaft „Oberes Vogt- Schwierigkeiten. land“ e. V. in Adorf gegründet. Ein Lichtblick – aber es Die Vereinsmitglieder kämpften engagiert um ihr Ziel. bleiben viele Sorgen für den weiteren Weg! Aufgegrif- Verstärkten die Öffentlichkeitsarbeit, traten zu Stadt- fen haben die Gründer der Seniorengemeinschaft das teilfesten und dem Adorfer Stadtfest auf. Stellten den Modell des Kronacher Vereins. Verein den Bürgermeistern der Nachbargemeinden Die Region des oberen Vogtlandes ist im besonderen und in der Arbeitsgruppe „Oberes Vogtland“ des Pfle- Maß von der demografischen Entwicklung, insbeson- genetzwerkes vor. Im Januar 2017 gelang es endlich, dere der Überalterung der Bevölkerung, betroffen. In zur Sicherung der Ansprechbarkeit und Vermittlung den Gemeinden Adorf, Bad Elster, Bad Brambach und von Leistungen eine Bürokraft einzusetzen. Markneukirchen wird bis 2030 das Durchschnittsal- Wenn es um die „Sorge und Mitverantwortung in der ter der Bevölkerung über 52 Jahre ansteigen. Der Al- Kommune – Politik in einer älter werdenden Gesell- tenquotient (Verhältnis der Personen über 65 Jahre schaft“ geht, dann sollte es gemeinsam gelingen, die zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter) liegt dann Möglichkeiten von Seniorengenossenschaften oder teilweise deutlich über 80 (6. Regionalisierte Bevölke- -vereinen als ergänzendes Versorgungsmodell in vie- rungsvorausberechnung Sachsen)! len Regionen Sachsens zu etablieren. Dafür bedarf es Die Gründungsphase und auch der weitere Aufbau aber mehr kommunalpolitischen Engagements vor des Vereins war und ist mit vielen Problemen behaftet. Ort und einer besseren Unterstützung und Förderung So wurde der Fördermittelantrag nach der Förderricht- durch den Freistaat. Es muss nachhaltig für die Idee linie Soziale Arbeit fristgerecht am 29. Oktober 2015 geworben werden und eine breite Öffentlichkeitsar- eingereicht für den Fördermittelzeitraum ab 01. Janu- beit umgesetzt werden. Das Solidarmodell Senioren- ar 2016. Aber erst Mitte 2016 nach enormem Hin und genossenschaft kann ein Baustein werden, um die Her mit der Fördermittelbehörde, der Landesdirektion Folgen der zunehmenden Alterung in Sachsen als ge- Sachsen, erfolgte die Bewilligung. Die Ursache war vor meinsame Aufgabe zu bewältigen. allem, dass der Fördergegenstand des Seniorenvereins nicht passgenau mit den Förderkriterien der Richtlinie übereinstimmt. So sind nur in Ausnahmefällen lokale Vereine förderfähig und die Richtlinie fordert gemein- „Der Wille öffnet die Türen zum Erfolg!“ wohlorientierte Arbeit mit überregionaler Bedeutung. (LOUIS PASTEUR) 18 |
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