Neues Corporate Design mit frischen Akzenten 2/2019 - KVJS
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2/2019 Habila Neues Corporate Design mit frischen Akzenten Seite 6 KVJS Soziales Jugend Weitblick, Wandel, Fünf neue Für mehr Qualität Wagnis: Tagung der Bausteine für in der Tages- Sozialdezernenten die Zukunft betreuung Seite 4 Seite 10 Seite 19
Impressum KVJS aktuell April 2019 Herausgeber: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Öffentlichkeitsarbeit Lindenspürstraße 39 70176 Stuttgart www.kvjs.de Verantwortlich: Kristina Reisinger Redaktion: Monika Kleusch Mit Beiträgen von: Gabriele Addow (add) Julia Holzwarth (hol) Monika Kleusch (mok) Kristina Reisinger (rei) Titelfoto: Mees+Zacke Layout: Waltraud Gross Bestellungen und Adressänderungen: Petra Wagner Telefon 0711 6375-208 Petra.Wagner@kvjs.de Druck: Texdat-Service gGmbH, Weinheim Redaktioneller Hinweis: Wir bitten um Verständnis, dass aus Gründen der Lesbarkeit auf eine durch- gängige Nennung der weiblichen und männlichen Bezeichnungen verzichtet wird. Selbstverständlich beziehen sich die Texte in gleicher Weise auf Frauen, Männer und Diverse. 2 KVJS aktuell
KVJS Inhaltsverzeichnis KVJS 4 Sozialdezernententagung beleuchtet aktuelle Themen und Herausforderungen HABILA 6 Habila stellt neues Corporate Design vor 7 Rabenhof Ellwangen erweitert Ausbildungsangebot 8 Rappertshofen: Workshops suchen Ideen für das neue Viertel 9 Rabenhof-Spielzeug für Japan SOZIALES 10 Fünf Bausteine für die Zukunft 11 Haben Sie’s gewusst? Online-Wissenstest zum Betreuungsrecht INTEGRATION 12 Ein Job auf dem ersten Arbeitsmarkt 13 3. Stuttgarter Fachmesse für Menschen mit Behinderung 14 Auszeichnung beispielhaft behindertenfreundlicher Arbeitgeber 16 REHAB: KVJS-Integrationsamt liefert Informationen aus erster Hand 17 Spitzensportlerin Anna Schaffelhuber im Interview JUGEND 19 Für mehr Qualität in der Tagesbetreuung 20 Serie Kita inklusiv: Gemeinsam erreicht man mehr 22 Landesweiter Fachtag zum Kinderschutz in Kitas 23 Im Zweifelsfall: UMA-Altersfeststellung künftig zentral 24 Gegen das Vergessen: Ausstellung Heimerziehung hoch im Kurs FORSCHUNG 26 Forschung für mehr Teilhabe 29 KVJS startet zwei neue Forschungsvorhaben NEU ERSCHIENEN 30 Beim KVJS erschienen 2/2019 KVJS aktuell 3
KVJS Die Teilnehmer der Sozialdezernententagung im Tagungszentrum Gültstein. Foto: Reisinger Weitblick, Wandel, Wagnis Sozialdezernententagung beleuchtet aktuelle Themen und Herausforderungen Unter das Motto „Weitblick, Wandel, Wagnis“ hat Verbandsdirektorin Kristin Schwarz die diesjährige Jahrestagung der Sozialdezernenten gestellt. Dezernenten, Sozial- und Jugendamtsleiter aus fast 40 Kreisen haben sich über aktuelle Herausforderungen in der Sozial- und Jugendhilfe ausgetauscht. „Immer wieder stehen wir vor großen Herausfor- Seit Februar präsentiert sie sich auch im Internet derungen, die unsere Weitsicht erfordern. Viele mit komplett neuem Auftritt unter www.habila.de. Dinge wandeln sich. Manches ist ein Wagnis“, begrüßte Verbandsdirektorin Kristin Schwarz die Welche aktuellen Entwicklungen gibt es? Gäste. Damit stieg sie ein in die vielfältigen The- men. Ziel der Tagung war nicht nur die Informa- Die derzeit wohl größte Herausforderung bildet im tion, sondern auch der Austausch mit den Kreisen, Sozialen derzeit das BTHG: In einem Block „BTHG– ihre Sicht der Dinge zu hören und Anregungen Kompakt“ beleuchteten Herr Ernst, Frau Linden- mitzunehmen. maier, Frau Dr. Fuchs und Herr Stahl daher unter- schiedlichen Aspekte aus den Fachbereichen der Was hat sich beim KVJS getan? Jugend, der Arbeit und des Sozialen im Allgemei- nen. Auch Herausforderungen in der Pflege, bei Schwarz berichtete über den Startschuss für die der Personalgewinnung und den Pflegesatzver- Habila GmbH, der Nachfolgerin der im KVJS auf- handlungen wurden angesprochen und diskutiert. gegangenen LWV.Eingliederungshilfe GmbH. Der Name Habila setzt sich aus den lateinischen Wör- Herr Ernst präsentierte positive Entwicklungen der tern „habilitare“, „habitare“ und „laborare“ zusam- Arbeit des Integrationsamtes. Das bedeutet: hohe men: befähigen, wohnen und arbeiten. Einnahmen in der Ausgleichsabgabe, vergleichs- 4 KVJS aktuell 2/2019
KVJS weise niedrige Kündigungsverfahren schwerbe- hinderter Menschen und einen Nachfrageboom bei den finanziellen Leistungen des Integrations- amtes mit steigenden Fallzahlen. Die Nachfrage entstehe aber auch durch besondere Aktivitäten des KVJS. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe informier- ten darüber hinaus Herr Grüner und Herr Häcker über die Weiterentwicklung des Landeskinder- schutzkonzepts, die vom Sozialministerium ein- gerichtete Kinderschutzkommission und Entwick- lungen bei der zentralen Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern. Auch die erneut geplante SGB VIII-Reform, das Gute- Kita-Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung, der Pakt für gute Bildung und Betreuung und die überörtliche Berichterstattung waren Thema. Als Gäste berichteten Prof. Dr. Wolf-Dietrich Ham- Verbandsdirektorin Kristin Schwarz gemeinsam mit dem Behindertenbeauftragten des Bundesregierung Jürgen Dusel. Foto: Reisinger mann (Ministerialdirektor), Jürgen Dusel, Beauf- tragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen sowie Vertreter des Landkreis- und Städtetags über aktuelle Entwick- lungen und Perspektiven aus ihren Bereichen. „Es gab durchweg positive Rückmeldungen zu der Tagung“, freut sich Kristin Schwarz. „Wir versuchen immer, die Interessen der Kreise abzudecken und freuen uns deshalb in den Kamingesprächen, aber auch im Nachhinein zur Tagung über Anregun- gen und Wünsche aus den Kreisen.“ Die nächste Tagung ist bereits terminiert für den 11. und 12. Februar 2020 in Flehingen. rei MD Prof. Dr. Hammann berichtete über aktuelle Entwicklungen aus dem Sozialministerium. Foto: Reisinger 2/2019 KVJS aktuell 5
HABILA In neuem Gewand Habila stellt neues Corporate Design vor Neuer Name, neuer Auftritt: Habila, Tochterunternehmen des KVJS, hat mit seinem alten Namen LWV.Eingliederungshilfe GmbH auch die alte Erscheinung abgelegt. Das neue Corporate Design ist frisch und zeitgemäß. rem neuen Namen. Das wollen wir auch für Ange- hörige, Kunden, die Träger der Eingliederungshilfe und alle Menschen, die unsere Angebote nutzen.“ Nicht zuletzt gilt das neue Motto auch für die Mit- arbeiter von Habila. Die Einführung des neuen Corporate Designs wurde durch Mitarbeiterver- anstaltungen an allen großen Standorten beglei- tet. „Es war uns wichtig, die Mitarbeiter bei der Entwicklung und Vorstellung der neuen Marke emotional und inhaltlich einzubeziehen“, so Kiefer. „Wir hatten bei den Mitarbeiterveranstaltungen so großen Zuspruch, dass teilweise der Platz knapp wurde. Das Interesse und auch die Begeisterung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat unsere Erwartungen weit übertroffen.“ mok Die neuen Leitfarben Rot und Blau setzen Akzente auf Briefbögen, Broschüren und Give-Aways. Foto Kleusch Das rote „i“ sticht hervor und betont die mensch- lich zugewandte offene Haltung im Wort habila. Der auffällige Buchstabe gibt auch einen Hinweis auf die Betonung des neuen Namens – auf der INFO Trickfiguren Anne und Martin zweiten Silbe nämlich. Pünktlich zum 1. Februar erklären Habila stellte die ehemalige LWV.Eingliederungshilfe GmbH ihre neue äußere Erscheinung vor. Ein knapp dreiminütiger Simpleshow- Film mit den gezeichneten Figuren „Mehr Möglichkeiten“ heißt das neue Unterneh- Anne und Martin gibt einen leicht mensmotto. „Über alle Angebote hinweg wol- verständlichen Überblick über das len wir die Menschen befähigen, ihre Ziele zu Angebot von Habila für Menschen mit erreichen und so mehr Möglichkeiten schaffen, Behinderungen. Zu sehen auf der neu ein selbstbestimmtes Leben zu führen“, erklärt gestaltete Homepage unter Geschäftsführer Joachim Kiefer. „Deshalb ist `Mehr www.habila.de. Möglichkeiten schaffen` auch das Motto zu unse- 6 KVJS aktuell 2/2019
HABILA Mehr Möglichkeiten in der Ausbildung Werkstatt des Rabenhofs Ellwangen erweitert Angebot Die Qualifizierung von Klienten für den allgemeinen Arbeitsmarkt ist das wichtigste Ziel der Werkstatt des Rabenhofs. Die Anerkennung als Ausbildungsbetrieb für mehrere Lehr- berufe bietet hierfür neue Chancen. Die Anerkennung einzelner Qualifizierungsbau- steine durch die Handwerkskammer Ostwürt- temberg war eine Art Initialzündung. Sie befähi- gen Klienten für Tätigkeiten, die in bestimmten Ausbildungsberufen gefragt sind. Die Teilnehmer erhalten nach erfolgreicher Prüfung eine Beschei- nigung. Während der Anerkennungsphase wurde auch die Möglichkeit geprüft, die Werkstatt zu einem offi- ziellen Ausbildungsbetrieb weiterzuentwickeln. Es zeigte sich: In mehreren Arbeitsfeldern verfügt die Werkstatt bereits seit Jahren über hochquali- fizierte Mitarbeiter, so dass die Voraussetzungen eines Ausbildungsbetriebs erfüllt werden. Metallbearbeitung. Foto: Vladimir Zhupanenko-Fotolia.com „Es gibt bei uns einen kleinen, aber hoch motivier- ten Kreis von Klienten, der mit den Möglichkei- ten im Berufsbildungsbereich und der Teilhabe im Region. Die enge Kooperation der Werkstatt mit Arbeitsbereich an seine Grenzen stößt“, sagt Tho- der Integrationsfirma Zemo und anderen Betrie- mas Klement, Leiter Werkstätten und Service bei ben der Metallbearbeitung bietet zusätzliche der Habila Ellwangen. „Diese Klienten wünschen Standort- und Qualifizierungsvorteile. sich für ihre berufliche Zukunft einen anerkann- ten Ausbildungsberuf. Dem können wir jetzt noch Den Einstieg in die Qualifikation in Lehrberu- gezielter entsprechen. Denn unser wichtigstes Ziel fen bietet daher eine zweijährige Ausbildung als ist ja nicht die Eigenqualifizierung, sondern die Metallwerker, die bei erfolgreichem Abschluss und Vermittlung.“ entsprechender Eignung zu einer Ausbildung als Zerspanungsmechaniker erweitert werden kann. Gute Vermittlungschancen In der Großküche des Rabenhofs kann zudem eine zweijährige Ausbildung zum Fachpraktiker Küche Insbesondere auf dem Gebiet der Metalltechnik (Beikoch) und eine dreijährige Ausbildung zum sieht Klement dafür gute Chancen, auch wegen Koch absolviert werden. des bereits bestehenden Fachkräftemangels in der Thomas Klement 2/2019 KVJS aktuell 7
HABILA Rappertshofen: Aufbruch in die Stadt Workshops suchen Ideen für das neue Viertel Aus dem Sonderbaugebiet Rappertshofen soll ein modellhaftes inklusives Stadtquartier werden. In drei Workshops haben Klienten, Angehörige und Mitarbeiter ihre Ideen und Erwartungen, aber auch ihre Befürchtungen formuliert. Das Ziel: Aus Betroffenen wer- den Beteiligte. Mit einem einstimmigen Aufstellungsbeschluss des Reutlinger Gemeinderats und einem Gesell- schafterbeschluss des KVJS wurde der Weg für eine städtebauliche Entwicklung in Rapperts- hofen freigemacht. In Form einer Potenzialanalyse stellte Prof. Luippold erste Überlegungen vor, in welche Richtung die Planungen gehen könnten. Wünschenswert sei eine große soziale und bau- liche Vielfalt, führte er aus. Der Stadtplaner schlug hierfür verschiedene Haus- und Wohntypen vor und zeigte entsprechende Beispiele aus anderen Städten. Erwartungen, Bedürfnisse, Interessen Zentrales Thema: Wohnwünsche. Foto: Habila Um die unterschiedlichen Erwartungen, Bedürf- nisse und Interessen zu ermitteln, wurden nach der „World Café“-Methode mehrere Gruppen Die Kulturwissenschaftlerin Marie Kuhn und der gebildet, in denen sich die Teilnehmer über ein- Wohnsoziologe Dr. Gerd Kuhn leiteten die Veran- zelne Themen austauschten. So ging es um die staltung. Prof. Sascha Luippold vom Büro „lpundh Gestaltung des öffentlichen Raums und Wohnum- architekten“ trug erste städtebauliche Überlegun- felds, die Erhaltung oder Schaffung von Frei- und gen für Rappertshofen vor. Als Träger der Einrich- Grünflächen, Spiel- und Freizeitangebote und die tung in Rappertshofen sei es „unser vordringliches Stärkung der sozialen Infrastruktur. Die Ergeb- Anliegen, im Vorfeld konkreter Planungen und nisse wurden schriftlich festgehalten und dienten, Beschlüsse die Menschen mit Behinderung sowie nachdem die Tische gewechselt worden waren, deren Angehörige und unsere Mitarbeitenden ein- der nächsten Gruppe als Grundlage für weitere zubeziehen“, sagte Geschäftsführer Joachim Kiefer Beiträge zum jeweiligen Thema. in seiner Einleitung. „Es besteht die Chance, eine neue Kultur der Teilhabe zu etablieren“, betonte Das zentrale Thema der Workshops waren die auch Dr. Gerd Kuhn. Damit gehe zwingend einher, Wohnwünsche der Bewohner. Es wurde viel über dass die Betroffenen „sich auch einbringen, die alternative Wohnformen in Rappertshofen dis- Gesellschaft mitgestalten und mitbestimmen kön- kutiert. Großes Interesse bestand an Mehrgene- nen.“ rationenhäusern mit Wohnangeboten für Men- 8 KVJS aktuell 2/2019
HABILA schen mit und ohne Behinderung. Ein wichtiges werden solle. Grünflächen sollten auf jeden Fall Thema in allen Workshops war die Verkleinerung erhalten bleiben. Weitere wichtige Themen waren der Wohneinheiten. Zwar möchten viele Bewoh- die Infrastruktur, die Verkehrssituation sowie Ein- ner gerne in einer Gruppe zusammenleben, den- kaufs- und Freizeitangebote. noch muss Privatsphäre durch ein eigenes Zimmer ermöglicht werden. Die Bewohner, Mitarbeiter und Angehörigen wol- len diesen Aufbruch aktiv begleiten und an den Verdichten soll vermieden werden Entscheidungen teilhaben. Rappertshofen steht vor dem Aufbruch in eine spannende Zukunft, für Auf die Frage, wie der Stadtteil Rappertshofen die in den Workshops unter anderem diese Vision zukünftig im idealen Falle aussehen solle, antwor- formuliert wurde: „Ein exemplarisch vorbildliches ten alle drei Gruppen übereinstimmend, dass eine Stadtviertel mit einer sehr guten Infrastruktur für zu starke sozialräumliche Verdichtung vermieden Menschen mit Behinderung.“ Stephan Gokeler Rabenhof-Spielzeug für Japan Kinder in Japan konnten sich unter dem Weih- nachtsbaum über Spielzeug aus der Eigenproduk- tion des Rabenhofs freuen. Nach einer entspre- chenden Anfrage der Firma Doitsu Tech K.K., die hochwertiges Holzspielzeug in Japan vertreiben möchte, wurde in Hongkong eine Filiale des TÜV Rheinland ausfindig gemacht, welche die zwin- gend vorgeschriebene Qualitätsprüfung für den Import nach Japan vornahm. Nach erfolgreicher Prüfung der Eigenprodukte Autobahn und Parkdeck wurde eine erste Liefe- rung per Luftfracht rechtzeitig zum Weihnachtsge- schäft auf den Weg gebracht. Für dieses Jahr steht eine größere Folgebestellung per Seefracht in Aussicht. Für den Rabenhof ist es die erste Bestel- lung für einen Markt außerhalb des deutschspra- chigen Raumes, der für die Werkstatt neue Mög- lichkeiten eröffnet. Thomas Klement Ein Parkdeck aus der Rabenhof-Produktion. Foto: Habila 2/2019 KVJS aktuell 9
SOZIALES Fünf Bausteine für die Zukunft Neue Projekte zur Weiterentwicklung der Eingliederungs- und Wohnungslosenhilfe Der KVJS fördert wieder Projekte im Rahmen der „Neuen Bausteine“. Ausgewählt wurden zwei Bausteine zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe und drei im Bereich der Wohnungslosenhilfe. Eine wissenschaftliche Begleitung ist vorgesehen. Die Wirksamkeit von Leistungen der Eingliede- Der Kreis Baden-Baden unterstützt mit seiner rungshilfe spielt mit Einführung des Bundes- Schwerpunktsetzung insbesondere Frauen. Unter teilhabegesetzes künftig eine zentrale Rolle. Der dem Begriff „Baden bietet – Baden mietet“ ist es Landkreis Heilbronn und die Stadt Ulm wollen das Ziel, die Aufenthaltsdauer in Notunterkünften mit ihrer Teilnahme an den Neuen Bausteinen von möglichst gering zu halten und für die Menschen 2019 bis 2022 den gesetzlichen Anforderungen privaten Wohnraum zu akquirieren. Herausforde- Rechnung tragen und regionale Wirkungsindizes rungen sind fehlende geeignete Mietwohnungen entwickeln. Unter Einbezug von Betroffenen und und die mangelnde Bereitschaft der Vermieter. Leistungserbringern sollen messbare, objektive Sozialanalyse und Matchingverfahren sollen bei und einheitliche Wirkkriterien gefunden werden – der Vermittlung von Wohnraum behilflich sein. Im sowohl auf Ebene des Fallmanagements als auch Fokus stehen dabei Ressourcen und Fähigkeiten in Verknüpfung mit dem Vertragsrecht. Dabei der Personen. gilt es, gemeinsame Schnittstellen zu bilden. Der Stadtkreis Ulm knüpft mit seinem Projekt an das „PASST für Wohnungslose – psychiatrisch, aufsu- Fachkonzept der Sozialraumorientierung in der chend, selbstbestimmt, sozial, teilhabend“ lautet Eingliederungshilfe an. der Titel des dritten Projekts. Die Stadt Freiburg setzt am Übergangsbereich zweier Hilfesysteme Die Bausteine zur Weiterentwicklung der Woh- an. Es sollen Lösungen gefunden werden an den nungslosenhilfe sollen Angebote der aufsuchen- Schnittstellen zwischen Leistungen der Hilfen zur den Sozialarbeit von Menschen in ordnungsrecht- Überwindung sozialer Schwierigkeiten und Leis- licher Unterbringung fokussieren. Dazu zählen tungen zur Förderung gleichberechtigter Teil- insbesondere Not- und Obdachlosenunterkünfte. habe am Leben in der Gesellschaft. Ziel ist es, die Der KVJS fördert diese Vorhaben bis 2021. Durchlässigkeit beider Systeme für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Einrichtungen der Die Stadt Ulm beteiligt sich auch in diesem Wohnungsnotfallhilfe zu verbessern, um Versor- Bereich mit einem Erprobungsprojekt. Im Zuge gungslücken zu schließen. eines neu geschaffenen Notfallwohnens sollen passende Betreuungskonzepte und Betreuungs- Am 25. März fand das erste Projektgruppentreffen angebote geplant werden, auch mit Blick auf beim KVJS statt. Über Erkenntnisse und Ergebnisse geschlechtsspezifische Sozialarbeit. Darüber hin- aus den Entwicklungsbausteinen wird im KVJS aus wird die Übertragbarkeit auf dezentrale, sozi- aktuell regelmäßig berichtet. alraumorientierte Konzepte betrachtet. hol 10 KVJS aktuell 2/2019
SOZIALES Haben Sie’s gewusst? Der KVJS bietet ab sofort einen Online-Wissenstest Den Test können Sie auf dem Wissensportal Ehren- zum Betreuungsrecht an. amtliche Betreuer abrufen. Am besten gleich aus- probieren: Ehrenamtlichen Betreuern, Interessierten sowie www.ehrenamtliche-betreuer-bw.de Angehörigen soll der Wissenstest Orientierung hol und Sicherheit in der Betreuungsarbeit geben. Schnell und unkompliziert können sie überprüfen, welches Grundlagenwissen sie bereits haben. Am Schluss generiert das Programm eine Gesamt- auswertung aller Fragen, in der direkt zu den ein- zelnen Themenbereichen auf dem „Wissensportal Ehrenamtliche Betreuer“ verlinkt wird. Dort kann man sich tiefergehend informieren. INFO Kennen Sie auch das breitgefächerte Fortbildungsangebot des KVJS? Zahlreiche Fortbildungen im Betreu- ungsrecht richten sich gezielt an neue Fachkräfte bei Betreuungsbehörden und Betreuungsvereinen sowie Berufs- betreuer. Hier geht’s zu den Veranstaltungen und zur Online-Anmeldung: Der Wissenstest beinhaltet zwölf Fragen zu den Grundlagen des Betreuungsrechts und www.kvjs.de/fortbildung/rechtliche- der Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer. betreuung/ Foto: Kenishirotie/Fotolia 2/2019 KVJS aktuell 11
INTEGRATION Auf dem richtigen Weg Isabelle Schildheuer arbeitet im Patientenbegleitdienst einer Klinik Im Stuttgarter Marienhospital sind die Johanniter für den internen Transport zuständig, ob Blutkonserven, Laborproben oder Patienten. Teil des Teams ist eine junge Frau mit Behinderung. „Guten Morgen! Mein Name ist Isabelle Schild- Als nächstes bringt Schildheuer eine Patien- heuer. Ich bringe Sie jetzt zu Ihrer Untersuchung.“ tin zum OP, eine Blutkonserve zur Kühlung, eine Die freundliche junge Frau rangiert das Kran- Probe in das zuständige Labor, treppauf und kenbett mit der alten Dame umsichtig aus dem treppab durch den verschachtelten Klinikbau, des- Patientenzimmer und macht sich auf den Weg. sen Anfänge auf das Jahr 1890 zurückgehen. Mit Entlang langer Flure, mit dem Bettenaufzug hin- 761 Betten zählt das Marienhospital Stuttgart zu auf und hinunter, durch weitere Gänge – ziel- den größten Kliniken Stuttgarts. Es gibt 18 Fachkli- sicher findet sie ihren Weg durch die aus mehreren niken und sieben Interdisziplinäre Zentren. Rund Gebäuden zusammen gewachsene Klinik, bis die 2.000 Mitarbeiter sind für die Patienten da. Patientin da ist, wo sie hin soll. Lächelnd wünscht Isabelle Schildheuer ihrem „Fahrgast“ alles Gute. Immer auf dem Laufenden Dann meldet sie sich bei ihrem Disponenten für einen neuen Auftrag. Nach jedem Einsatz füllt Isabelle Schildheuer das entsprechende Formular aus und meldet sich wie- der beim Disponenten zurück. Wenn ausnahms- weise nichts und niemand zu transportieren ist, kehrt sie in den kleinen Aufenthaltsraum des Dienstes zurück. „Unser Service erspart den Pfle- gekräften auf der Station drei Stunden am Tag“, erklärt Monika Walther von der Johanniter Unfall- hilfe und Leiterin des Patientenbegleitdienstes. Sie und Integrationsfachberater Thomas Hüsson- Berenz vom Integrationsfachdienst (IFD) Stuttgart haben Isabelle Schildheuer auf den Weg zu ihrer jetzigen Tätigkeit begleitet. Dieser Weg führt von der Stuttgarter Margarete- Steiff-Schule, Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit dem Förderschwer- punkt körperliche und motorische Entwicklung zunächst in die Berufsvorbereitende Einrichtung mit ersten Praktika. Über vertiefenden Praktika im Rahmen der „Kooperativen berufliche Bildung und Vorberei- Egal wo es hingeht: Isabelle Schildheuer bringt jeden „Fahrgast“ sicher ans Ziel. Foto: Kleusch tung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt“ kam 12 KVJS aktuell 2/2019
INTEGRATION Isabelle Schildheuer schließlich zu den Johanni- tern am Marienhospital. Dort unterstützte sie ein Jobcoach der Neckartalwerkstätten. Auch der IFD stand ihr immer zur Seite. „Sie hat sich toll entwi- ckelt was Handlungskompetenz und Handlungs- sicherheit angeht“, freut sich ihr IFD-Fachberater Thomas Hüsson-Berenz. Isabelle Schildheuer hat nicht nur ein freund- liches Wesen, das bei den Patienten gut ankommt. Für die Flure und Treppen des weitläufigen Klini- kums bringt sie auch Sportlichkeit mit. Ihr Element als Leistungssportlerin ist allerdings nicht das Land sondern das Wasser. Als Kanutin hat sie sich im vergangenen Jahr für den Kader der Special Olympics qualifiziert. Die Special Olympics World Thomas Hüsson-Berenz, Isabelle Schildheuer, Monika Walther (v.l.n.r.). Foto: Kleusch Games in Abu Dhabi Mitte März 2019 sind im Kalender dick rot angestrichen. mok Orientierung, Qualifizierung, Arbeit 3. Stuttgarter Fachmesse für Menschen mit Behinderung Welche Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Arbeitsmöglichkeiten gibt es für Menschen mit Behinderung in Stuttgart? Antworten gibt die Fachmesse, die am 14. Mai 2019 in den Räumen der IHK Stuttgart stattfindet. Besonders für Schüler der Sonderpädagogischen Die Agentur für Arbeit, der Integrationsfachdienst Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ), deren und das KVJS-Integrationsamt stellen auf der Eltern und Lehrer ist die Fachmesse interessant. Messe ihre Beratungs- und Unterstützungsleis- Aber auch Arbeitgeber, die bereits schwerbehin- tungen vor. Werkstätten für behinderte Menschen derte Menschen beschäftigen oder einstellen präsentieren Musterarbeitsplätze. Zudem wirken möchten, erhalten wertvolle Informationen. Der Bildungseinrichtungen sowie SBBZ an der Messe Technische Beratungsdienst des KVJS-Integrati- mit. Abgerundet wird das Programm durch Fach- onsamts informiert beispielsweise über das Thema vorträge und Diskussionsrunden. behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung. Weitere Informationen unter: www.stuttgarter-fachmesse.de mok 2/2019 KVJS aktuell 13
INTEGRATION Serie Ausgezeichnet! Auszeichnung für die Willi Schüler GmbH am 11. Januar 2019. Foto: Firma Schüler Man kennt sich und hilft sich Bei einem beispielhaft behindertenfreundlichen Arbeitgeber Bei der Willi Schüler GmbH wird jeder so genommen, wie er ist. Unterstützung für Kolle- gen mit Behinderung ist selbstverständlich. Bei dem Spezialisten für Schmierstoffe und Öle läuft eben auch Inklusion wie geschmiert. Der Weinort Ebringen mit seinen knapp 3.000 Ein- nacht. So bekam er die Möglichkeit zum Jobein- wohnern ist idyllisch in der Nähe von Freiburg gele- stieg bei Schüler. gen. Dort kennt man sich. Viele Mitarbeiter der Willi Schüler GmbH engagieren sich in den örtlichen Für den ausgebildeten Bürokaufmann, der sei- Vereinen, etwa im Fastnachtsverein. Und wo man nen E-Rolli mit einem Finger dirigiert, wurden sich kennt, gibt es wenig Vorbehalte oder Berüh- elektrische Türen eingebaut und an Türen zu den rungsängste. So kamen einige der Mitarbeiter mit Sozialräumen Rampen angebracht. Dafür gab es Behinderung schlicht über persönlichen Kontakt zu Zuschüsse vom KVJS-Integrationsamt. Seine Kolle- dem Unternehmen – bewährten sich und blieben. gen im Back Office von Schüler übernehmen wie selbstverständlich kleine Handreichungen, etwa „Er ist in Ebringen bestens bekannt“, sagt Katja ihm am Morgen den Kopfhörer zum Telefonieren Keller, Assistentin der Geschäftsleitung, über ihren aufzusetzen. Das kollegiale Vertrauensverhältnis Kollegen Nico. Bei fast jedem Fest kann man ihn ist so groß, dass Nico Beck auch auf Unterstützung im Ort antreffen. Der junge Mann lässt sich eben beim Toilettengang zählen kann. nicht davon unterkriegen, dass er durch eine Mus- kelerkrankung körperlich stark eingeschränkt ist Weit über den Anforderungen und zur Fortbewegung einen Rollstuhl braucht. Mit Geschäftsführer Martin Schüler teilt Nico Beck Insgesamt sechs Menschen mit Behinderungen im gleichen Verein die Leidenschaft für die Fast- arbeiten bei dem Ebringer Spezialhändler für Öl 14 KVJS aktuell 2/2019
INTEGRATION und Schmierstoffe. Mit einer Betriebsgröße von rund 50 Mitarbeitern wären gesetzlich nur zwei schwerbehinderte Beschäftigte vorgeschrie- ben. Trotzdem gehören unter anderem zwei der schwerbehinderten Mitarbeiter mit Autismus zur Belegschaft. Beide haben eine persönliche Bezugsperson, die auch bei Firmenfeiern und Betriebsausflügen nach ihnen schaut. Für Klaus Riesterer, einen weiteren Beschäftigten mit Behinderung und „Chefverpacker“ bei Schüler, wurde mit Hilfe des KVJS-Integrationsamtes eine speziell für ihn angepasste Packstation eingerich- tet. „Ich bin so froh, dass ich damit ganz normal arbeiten kann“, sagt er dazu. Persönliche Best-Lösungen Berufliche Inklusion ... Auch Nelli Keppel bekam eine Chance bei Schü- ler. Die Beschäftigung der lernbehinderten jungen Frau wurde über das Programm Job 4000 geför- dert. Bei Schüler teste man systematisch aus, wo Nellis Fähigkeiten liegen. Am Ende stand ein spe- ziell auf sie zugeschnittener Arbeitsplatz mit einer Mischung aus Hauswirtschafts- und Bürohelfertä- tigkeiten. Katja Keller fasst das so zusammen: “Sie ist unser guter Geist.“ Zum beeindruckenden Gesamtpaket der berufli- chen Inklusion bei Schüler gehört nicht zuletzt die seit September 2018 bestehende Kooperation mit der Niederlassung Freiburg von SALO+PARTNER Salo GmbH, einer anerkannten Einrichtung der beruflichen Rehabilitation. Ein von Salo betreuter Lehrling absolviert bei Schüler eine Ausbildung zum Lageristen. Am 11. Januar gab es für das Unternehmen mal ... wird bei der Firma Schüler großgeschrieben. Fotos: Kleusch wieder einen Grund zum Feiern: Das KVJS-Inte- grationsamt verlieh der Willi Schüler GmbH die Auszeichnung als Beispielhaft behindertenfreund- licher Arbeitgeber. mok 2/2019 KVJS aktuell 15
INTEGRATION Informationen aus erster Hand KVJS-Integrationsamt auf der Fachmesse REHAB Der KVJS-Messestand ist immer einen Besuch wert. Foto: KMK/Behrendt und Rausch Wenn vom 16. bis 18. Mai die REHAB in Karlsruhe ihre Pforten öffnet, ist auch das KVJS-Integrationsamt mit einem umfang- reichen Informationsangebot wieder mit dabei. Es stellt zudem Freikarten für die Messe zur Verfügung. Die Fachmesse für Rehabilitation, Therapie, Pflege Wie die praktische Ausbildung aussehen kann, und Inklusion präsentiert alle zwei Jahre die neu- zeigen Vorführungen der Gewerke Farbe, Gips und esten Trends der Hilfsmittelindustrie und infor- Holz mit Schülern der Kooperativen beruflichen miert über aktuelle Therapie und Weiterbildungs- Bildung und Vorbereitung auf den allgemeinen angebote. Arbeitsmarkt (KoBV). KoBV ist Teil einer umfassen- den Strategie des KVJS-Integrationsamtes und sei- Wie man es aus eigener Kraft und Unterstützung ner Partner, jungen Leuten mit Behinderung den nach oben schafft, können die REHAB-Besucher Weg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ebnen. ganz konkret an einer Kletterwand auf dem KVJS- mok Stand ausprobieren. So ist das Integrationsamt gerade in Verhandlungen mit dem Deutschen Alpenverein, dass sie eine Kletterwand zu Verfü- gung stellen, die auch Rollstuhlfahrer nutzen kön- nen. „In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt bei uns auf INFO Kostenlos zur REHAB dem Übergang Schule/Beruf bei jungen Menschen mit Behinderungen“, erklärt Christian Vedder vom Seit 1980 ist die REHAB als eine der Messeteam des KVJS-Integrationsamts. Dazu wird weltweit führenden Fachmessen für das Team durch Fachberater des Integrationsfach- Rehabilitation, Therapie, Pflege und dienstes verstärkt. Inklusion alle zwei Jahre eine feste Größe im Veranstaltungskalender für Lehrer und Schüler zweier Reutlinger Schulen, Reha-Fachleute sowie Menschen mit der Kerschensteinerschule und der Peter-Roseg- Handicap und deren Angehörigen. ger-Schule, werden aus der Schule plaudern. Die Die 20. REHAB findet vom 16. bis 18. Peter-Rosegger-Schule in Reutlingen ist ein Son- Mai 2019 in der Messe Karlsruhe statt. derpädagogisches Bildungs- und Beratungszent- Nähere Informationen unter rum (SBBZ) mit dem Förderschwerpunkt Geistige www.rehab-karlsruhe.de Entwicklung. Bereits in der Berufsschulstufe berei- Das KVJS-Integrationsamt stellt auch in tet sie Schüler mit Firmenpraktika, deren Inhalte diesem Jahr wieder kostenlose Ein- im Unterricht ergänzt und vertieft werden, auf den trittskarten für die REHAB zur Verfü- Einstieg ins Berufsleben vor. An der beruflichen gung. Mail an die Adresse Kerschensteinschule werden auch Schüler mit integrationsamt@kvjs.de genügt. Handicap unterrichtet. 16 KVJS aktuell 2/2019
INTEGRATION „Barrierefreiheit ist für mich der Dreh- und Angelpunkt“ Spitzensportlerin Anna Schaffelhuber eröffnet REHAB Karlsruhe Anna Schaffelhuber moderiert am 16. Mai 2019 in der Messe Karlsruhe die Eröffnung der REHAB – Fachmesse für Rehabilitation, Therapie, Pflege und Inklusion. Die Karlsruher Messe- und Kongress GmbH hat mit der erfolgreichen Monoskifahrerin und mehrfachen Paralympics-Siegerin über ihren Sport, ihr Leben und ihre Zukunftspläne gesprochen. Mit fünf Jahren haben Sie mit dem Monoskifah- ren angefangen. Warum haben Sie sich gerade für diesen Sport und später für den Leistungs- sport entschieden? Ich habe genau bei diesem Sport schon früh den für mich richtigen Mix aus Freiheit, Geschwindig- keit und Natur gefunden. Sobald ich im Monoski sitze, komme ich genauso überall hin, wie andere Menschen auf zwei Skiern auch. Und dazu liebe ich es einfach, in den Bergen in der Natur zu sein. Welche Ausrüstung brauchen Sie für Ihren Sport? Monoski, Ski, Krückski (kleine Stöcke), Helm, Ski- brille, Winterklamotten Hat noch viel vor: Anna Schaffelhuber. Foto: Referat für Bildung und Sport/Sebastian Arlt Neben dem Sport und sozialen Projekten stu- dieren Sie Lehramt Realschule für Wirtschaft und Mathematik. Wie bekommen Sie das alles Wir freuen uns sehr, dass Sie die Eröffnung der unter einen Hut? REHAB 2019 moderieren. Was erwarten Sie sich von einer Reha-Messe? Nun ja, das ist schon sehr viel Planung, Koordina- tion und Selbstmanagement. Ich versuche immer Ich bin zum ersten Mal in Karlsruhe dabei und im Sommer so viel wie möglich zu schaffen, um schon sehr gespannt, ob ich das ein oder andere dann im Winter freier für den Sport zu sein. Natür- Neue für mich entdecken kann. Ich freue mich lich habe ich mir schon oft gedacht, dass man so auch sehr auf viele Gespräche und nette Treffen. ein Studentenleben deutlich einfacher gestalten Auf einer Messe ist es für mich immer am wich- kann, aber im Winter weiß ich wieder, wofür ich tigsten, sich auszutauschen und kleine, findige das alles nebenbei mache. Mir ist es schon immer Lösungen für den Alltag zu finden. sehr wichtig gewesen, vom Sport unabhängig zu sein und immer einen Plan B beziehungsweise überhaupt einen Plan für die Zeit nach dem Sport zu haben. 2/2019 KVJS aktuell 17
INTEGRATION Auf der REHAB präsentieren die Aussteller Was haben Sie in nächster Zeit persönlich und sowohl marktreife Produktneuentwicklungen als Sportlerin noch vor? als auch Forschungsprojekte, wie beispiels- weise einen treppensteigenden Rollstuhl. Ich glaube, ich bin immer voll von Ideen und freue Welches Hilfsmittel fehlt Ihrer Meinung nach mich auf weitere Herausforderungen. Zunächst noch auf dem Markt? Was sollte in den nächs- werde ich im März 2019 mein Studium an der Uni ten Jahren entwickelt werden? abschließen, heiraten und ein Haus bauen. Als Sportlerin ist es für mich gerade gut, wie es ist. Ich Puuh .... schwierig .... wenn ich das so genau muss nichts mehr beweisen und kann einiges pro- wüsste, wäre ich an der intensiven Planung! Ich bieren und riskieren. Grundsätzlich sehe ich mich habe einige Verbesserungsvorschläge, was ein aktuell weiter am Start und das ist für mich gerade Handbike beispielsweise für die Berge betrifft. das Wichtigste. Ganz allgemein würde ich mich im Sommer oder auch Winter gerne noch freier in der Natur der Berge bewegen. Ob man irgendwann einmal als Rollstuhlfahrer auf Skitouren gehen kann ... hmmm ... Was wünschen Sie sich generell von der Gesell- schaft im Umgang mit Menschen mit Behinde- rung? INFO Zur Person: Einfach, dass man ganz normal damit umgeht. Ich persönlich mag es auch immer am liebsten, dass Anna Schaffelhuber wurde am 26. ich gefragt werde, bevor man Berührungsängste Januar 1993 in Regensburg geboren. hat. Ganz grundlegend finde ich aber das Thema Sie ist seit ihrer Geburt auf den Roll- Barrierefreiheit; es ist für mich der Dreh- und stuhl angewiesen und hat bereits als Angelpunkt der Gesellschaft! Wenn ich beispiels- Kind mit dem Monoskifahren begon- weise nicht in ein Kino, ein Rathaus, eine Gast- nen. Seitdem hat sie sich zur erfolg- stätte oder einen Bäcker hineinkomme, kann ich reichsten Monoskifahrerin weltweit ja schon gar nicht ganz normal am Alltagsleben entwickelt: Bei den Paralympischen teilnehmen beziehungsweise auch nicht in der Spielen in Pyeongchang, Sotschi und vollkommenen Mitte der Gesellschaft sein. Lange Vancouver hat sie insgesamt sieben hat man nun in Deutschland über dieses Thema Gold-, eine Silber- und eine Bronze- gesprochen und diskutiert. Das war auch gut so, medaille gewonnen. Bei Weltmeister- schließlich soll man ja zum Nachdenken anregen. schaften holte sie neun Mal Gold. In Jetzt ist aber wirklich der Zeitpunkt gekommen, den Jahren 2011, 2013, 2014 und 2015 an dem man auch handeln muss! Deutschland wurde Schaffelhuber jeweils als Deut- kann hierbei von so vielen anderen Ländern schon sche Behindertensportlerin des Jahres lernen. ausgezeichnet – 2015 wurde sie zur Weltbehindertensportlerin gewählt. Neben ihrer Profisportkarriere studiert Anna Schaffelhuber Lehramt Real- schule für Wirtschaft und Mathematik. 18 KVJS aktuell 2/2019
JUGEND Für mehr Qualität in der Tagesbetreuung Runder Tisch: Betriebserlaubnisverfahren soll effektiver werden Der KVJS hat 2018 einen Runden Tisch zum Betriebserlaubnisverfahren ins Leben gerufen. Ziel ist, sich mit den Beteiligten anderer Aufsichtsbehörden auf transparente, landesweit einheitliche Standards zu verständigen und das Verfahren effektiver zu gestalten. Ob Gesundheitsschutz, Baurecht, Brandschutz, ren nötige Stellungnahme des Gesundheitsamtes Unfallversicherung oder Lebensmittelhygiene: Trä- soll darin beispielsweise die zwingend erforderli- ger von Kindertageseinrichtungen haben einige che Mindestzahl an Waschplätzen, Toiletten und Vorschriften zu beachten, die nicht der KVJS vor- Wickelplätzen dargestellt werden. Auch Vertreter gibt, aber für die Erteilung der Betriebserlaubnis der anderen Behörden wollen nun für ihre Berei- trotzdem maßgeblich sind. „Wir können unsere che Mindeststandards definieren. Zustimmung nicht geben, wenn es aus Sicht des Gesundheitsamtes zu wenig Handwaschbecken Zur Vereinfachung des Betriebserlaubnisverfah- gibt“, nennt Evelyn Samara vom KVJS-Landesju- rens wurde außerdem vereinbart: gendamt ein Beispiel. „Die Mindeststandards, die • 12-Monats-Regel: Wird innerhalb von 12 Mona- wir abfragen, sind in den letzten Jahren hingegen ten nach Erteilung einer Betriebserlaubnis ein unverändert und ganz klar definiert“. Änderungsantrag (zum Beispiel neue Gruppe, Änderung der Angebotsform einer bestehenden Um hier anhaltende Missverständnisse aus dem Gruppe) gestellt, gilt ein vereinfachtes Verfah- Weg zu räumen, hat der KVJS mit den beteiligten ren. weiteren Behörden einen Runden Tisch einge- • Personalangaben: Manchmal kann ein Trä- richtet. Dieser hat inzwischen beschlossen, dass ger erst ein bis zwei Wochen vor der geplan- der KVJS bei den Zusammenkünften der ande- ten Inbetriebnahme die erforderlichen Per- ren aufsichtführenden Stellen das Betriebser- sonalangaben machen. Wenn er dies vorher laubnisverfahren vorstellt und die Auswirkung mitteilt, prüft das Landesjugendamt im Vorfeld ihrer jeweiligen Stellungnahme auf das Verfahren den Antrag bis zur Entscheidungsreife. Sobald verdeutlicht. Schon jetzt ist der KVJS bereit, auf die nötigen Angaben zum Personal (Name Anforderung mit dem Träger und den anderen der Beschäftigten, Qualifikation und Beschäf- aufsichtführenden Stellen vor Ort zeitnah die Vor- tigungsumfang) vorliegen, wird in der Regel aussetzungen für die angestrebte Betriebserlaub- innerhalb einer Woche über den Betriebserlaub- nis zu klären. „Bei komplexen Sachverhalten hat es nisantrag entschieden. sich bewährt, mit uns frühzeitig Kontakt aufzu- • Sukzessive Beantragung: Wenn mit weniger nehmen, um nach Lösungen zu suchen.“, sagt Kindern und Personal gestartet werden soll, Evelyn Samara. kann die Betriebserlaubnis zunächst für eine Kleingruppe beantragt werden. Sobald der Min- Breite Zustimmung gab es zum Vorschlag des Lan- destpersonalschlüssel für die geplante „volle“ desgesundheitsamts, bis zum Juli 2019 landes- Gruppe erreicht ist, kann der Träger einen Ände- weite Mindeststandards für die Gesundheitsämter rungsantrag (beispielsweise vereinfacht mit der zu erarbeiten. Für die im Betriebserlaubnisverfah- 12-Monats-Regel) stellen. add 2/2019 KVJS aktuell 19
JUGEND Große und kleine Steine in verschiedenen Farben stehen für die im Kita-Team gemeinsam erarbeiteten Ziele. Foto: Ulrike Clemens, Kinderhaus Schatzkiste Ebersbach Serie Kita inklusiv Gemeinsam erreicht man mehr Erfolgreiche Konzepte und Strategien in den Landkreisen Inklusion ist Teamarbeit. Auf ein Netzwerk unterschiedlichster Institutionen setzt zum Beispiel der Landkreis Göppingen. Wie lassen sich nicht behinderte und förderbe- Ziel des Modellprojektes war es, die Strukturen dürftige Kinder in Kindertagesstätten am besten sowohl in der Verwaltung als auch in den Einrich- gemeinsam betreuen? Dieser Frage war der Land- tungen der Kindertagesbetreuung zu verbessern, kreis Göppingen im Rahmen eines dreijährigen, um allen Kindern Bildung, Betreuung und Förde- vom KVJS geförderten Modellvorhabens, nach- rung wohnortnah anbieten zu können. Vier Kitas gegangen. In der Projektzeit haben die Göppin- mit Standorten in Göppingen, Adelberg, Geislin- ger verschiedene Bausteine erarbeitet, die seit gen und Ebersbach waren beteiligt. „In verschie- 2017 landkreisweit umgesetzt werden. „Damit denen Arbeitsgruppen haben wir Maßnahmen zur haben wir ein Modell unterstützt, das eine neue Qualitäts- und Strukturverbesserung besprochen und innovative Herangehensweise erprobt hat“, und geplant. Nun sind wir dabei, diese nach und sagt Ulrike Gfrörer vom KVJS-Landesjugendamt. nach umzusetzen“, machen Kita-Fachberaterin „Besonders beeindruckend war, wie engagiert Cordula Schonard und Nicole Heilig, Koordinato- alle Beteiligten im Jugendamt, im Sozialamt und rin des Inklusionsfachdienstes im Kreisjugendamt, in den Einrichtungen nach einer gemeinsamen deutlich. So soll zum Beispiel bis 2020 ein Inklusi- Lösung gesucht haben, um die Inklusion behin- onsfachdienst eingerichtet werden, der die Aufga- derter Kinder voranzubringen“. ben im Sozialamt und im Jugendamt aufeinander 20 KVJS aktuell 2/2019
JUGEND abstimmt. Der Dienst bietet dann Hilfen aus einer als Chance zur Qualitätsentwicklung für die Ein- Hand, denn er ist für alle Belange der Eingliede- richtungen der Kindertagesbetreuung. Inklusion rungshilfe und Inklusion in der Kindertagesbe- kann gelingen, wenn die Rahmenbedingungen treuung im Landkreis Göppingen zuständig. stimmen und alle an einem Strang ziehen“, zieht Einen weiteren wichtigen Baustein haben die Cordula Schonard ein wichtiges Fazit. So besteht Göppinger Akteure mit der Richtlinie zur Ein- inzwischen eine enge Kooperation mit relevanten richtungsfinanzierung realisiert. Sie wurde 2017 Einrichtungen des Landkreises. Aber auch Ins- verabschiedet und bedeutet, dass Einrichtungen titutionen wie etwa die Lebenshilfe, das Sozial- eine Inklusionsfachkraft fest anstellen können. Die pädiatrische Zentrum (SPZ) und der Elternverein Kosten teilen sich der Landkreis zu zwei Dritteln „Gemeinsam Leben Göppingen“ sind mit im Boot. und die Kommune, in der die Kita sich befindet, zu Das Projektteam ist stolz auf das bisher Erreichte: einem Drittel. Der Vorteil dieser Förderung: Dem „Im Landkreis Göppingen hat sich ein Netzwerk Kind muss nicht erst vom Kinderarzt ein Handicap vieler unterschiedlichster beteiligter Ebenen ge- oder Defizit bescheinigt werden, um eine Inklu- bildet, welches erfolgreich den inklusiven Gedan- sionsfachkraft zur täglichen Unterstützung zu ken umzusetzen beginnt“. bekommen, sondern die Fachkraft ist bereits vor add Ort in der Kita. „Elterngespräche, die Kommunika- tion und Zusammenarbeit im Team, aber auch ein fachlicher Austausch der verschiedenen Professio- nen werden zum Gewinn für Eltern und Kinder. INFO Landkreis Göppingen Förderbedürftige Kinder können frühzeitig und (Stand 01.03.2018) niederschwellig Hilfe erhalten“, so Cordula Scho- • 38 Kommunen nard. • 189 Kindertageseinrichtungen, davon knapp 150 betreute Mädchen Offensiv geht der Landkreis in diesem Zusammen- und Jungen mit Assistenzbedarf hang auch die Fortbildung an. Bedarfsorientierte Angebote sollen die Kita-Teams soweit stärken, Inklusions-Kitas dass sie Kinder mit Handicap auch über die Anwe- Kinderhaus Seefried, Göppingen senheit der Integrationskraft hinaus in ihrer Kita Kita Pusteblume, Adelberg betreuen und unterstützen können. Kinderhaus Schatzkiste, Ebersbach Kinderhaus Schmiedefeld, Uhingen Um schnell und passgenau Fachkräfte in die Kitas Kita Kleine Strolche, Heiningen vermitteln zu können und damit Angebot und Nachfrage besser zu koordinieren, arbeiten Cor- Kontakt dula Schonard und Nicole Heilig derzeit inten- Nicole Heilig, siv am Aufbau eines Fachkräfte-Pools: Interes- Telefon 07161 202-4229 sierte, die als Inklusionsfachkraft arbeiten wollen n.heilig@landkreis-goeppingen.de und Kapazitäten haben, und Kitas, die jemanden Koordination Inklusionsfachdienst suchen, treffen aufeinander und werden miteinan- der abgeglichen. Cordula Schonard Telefon 07161 202-4213 Das Göppinger Modell der neuen Wege in Kitas c.schonard@landkreis-goeppingen.de und Verwaltung hat in vielen Städten und Land- Fachberatung Kindertagesbetreuung kreisen Baden-Württembergs Anklang gefunden: (Projektleitung im Modellzeitraum) „Wir sehen die Umsetzung des Modellprojekts 2/2019 KVJS aktuell 21
JUGEND „Kein Missbrauch findet aus Versehen statt“ Wie man in der Kindertageseinrichtung Gefährdungen erkennt, abstellt und vermeidet Der landesweite Fachtag zum Kinderschutz in Kindertageseinrichtungen hat 350 Träger- vertretern, Fach- und Leitungskräften hochkarätige Vorträge und Fachforen geboten. In Baden-Württemberg werden Beschwerden über Besondere Aufmerksamkeit der versammelten Einrichtungen der Kindertagesbetreuung syste- Trägervertreter, Leitungskräften und Fachberatun- matisch erfasst und ausgewertet. So ging der KVJS gen erregte der Vortrag von Heike Völger, Stabs- 2018 insgesamt 264 Meldungen mit Hinweisen stelle des Unabhängigen Beauftragten für Fragen auf Ereignisse nach, die das Wohl von Kindern und des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) bei der Jugendlichen beeinträchtigt haben könnten. Bundesregierung in Berlin. Im Verbandsgebiet gibt es rund 9.000 Einrich- Zum Beispiel wies Heike Völger darauf hin, dass tungen mit mehr als 26.000 Gruppen und knapp Missbrauch immer absichtlich stattfindet und vor- 500.000 betriebserlaubten Plätzen. Insgesamt bereitet wird. Oft haben Täter besonders verletz- waren zirka drei Prozent der Einrichtungen in liche Kinder im Visier, beispielsweise Kinder, die Baden-Württemberg betroffen. Verbandsdirek- von ihren Eltern wenig Unterstützung erfahren torin Kristin Schwarz dazu: „Im Umkehrschluss oder Kinder mit einer Behinderung. Ebenso zeigen bedeutet das, dass es in rund 97 Prozent der Ein- Täter im kollegialen Umfeld auffallende Verhal- richtungen keine Meldungen gab – und das ist die tensweisen wie beispielsweise die ständige Über- positive Seite der Medaille.“ nahme von unbeliebten Diensten. Eine Kinder- tageseinrichtung dürfe nicht zum Tatort werden, Land verstärkt Förderung sondern sollte hingegen Schutzraum bieten, denn: „Kein Kind kann sich alleine schützen.“ So könnte Staatssekretär Volker Schebesta vom Kultusmi- eine Regelung zum Verhaltenskodex etwa sein, nisterium Baden-Württemberg wies in seinem dass kein Mitarbeiter der Einrichtung auch private Beitrag darauf hin, dass sowohl das Land wie der Kinderbetreuung in den Familien anbietet oder Bund weitere Mittel für die Kindertagesbetreuung sein privates Handy dazu nutzt, um in den Einrich- bereitstellen. Seit Januar gibt es in Baden-Würt- tungen Fotos der Kinder zu machen. temberg den Pakt für gute Bildung und Betreu- ung zwischen Landesregierung und Kommunen. Kein Raum für Missbrauch Hierbei werden jährlich Mittel in Höhe von rund 80 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Sie sind Nach Erkenntnissen des Bundesbeauftragten gibt für den Ausbau der Qualität in der frühkindlichen es zwar in allen Kindertagesstätten einzelne Prä- Betreuung, für die Erhöhung der Ausbildungska- ventionsmaßnahmen, aber nur 20 Prozent haben pazitäten von pädagogischen Fachkräften und für ein umfassendes Schutzkonzept. Heike Völger eine zusätzliche Unterstützung von Kindern bei erklärte, dass „ohne Schulung … dieses Thema inklusiver Betreuung vorgesehen. Ferner sollen nicht zu bearbeiten“ ist. die Mittel einer ausdifferenzierten Sprachförde- rung und dem Übergang von der Kindertagesein- Daher hat der Unabhängigen Beauftragten die richtung zur Grundschule zugute kommen. Initiative „Kein Raum für Missbrauch“ für Fragen 22 KVJS aktuell 2/2019
JUGEND des sexuellen Kindesmissbrauchs ins Leben geru- Vormittags aufgegriffen wurden. Wegen der gro- fen. Sie hat zum Ziel, dass alle Einrichtungen und ßen Nachfrage war das Programm so getaktet, Organisationen für Kinder in Deutschland Schutz- das es möglich war, zwei Foren nacheinander zu konzepte zur Prävention und Intervention einfüh- besuchen. ren. Heike Völger wies darauf hin, dass die Initia- tive auf ihrer Homepage dazu Material anbietet. Das Fazit des hochkarätig besetzten, praxisnahen Fachtages kann man so zusammenfassen: Die pra- Austausch in Workshops xisnahen Vorträge weisen darauf hin, dass Miss- brauch in der Regel kein Zufall ist. Die Strategien Am Nachmittag bot der Kinderschutz-Fachtag von Tätern zu kennen, eröffnet praktikable Hand- Gelegenheit zur weiteren Vertiefung in sechs lungsmöglichkeiten, die von den Einrichtungen Fachforen, in denen verschiedene Aspekte des umgesetzt werden können. mok Im Zweifelsfall: UMA-Altersfeststellung künftig zentral Noch unter 18 oder doch schon darüber? Ist das dem KVJS übertragen. Hierzu soll im Landesju- Alter von unbegleiteten minderjährigen Auslän- gendamt unter dem Dach der „Landesverteilstelle dern (UMA) nicht zweifelsfrei festzustellen, soll die UMA“ eine „KVJS-Vermittlungsstelle“ eingerichtet medizinische Altersbestimmung künftig zentral in werden. Heidelberg erfolgen. Ansonsten gilt weiterhin die gesetzlich vorgeschriebene „qualifizierte Inaugen- Hintergrund scheinnahme“, die dezentral von den Fachkräften 2018 kam es zu diversen Straftaten junger Flücht- der örtlichen Jugendämter vorgenommen wird. linge, deren Alter bei ihrem Aufgreifen durch die Auf dieses Gesamtkonzept haben sich Sozial- Polizei zu niedrig angesetzt wurde. Im Sommer ministerium und Innenministerium in Abstim- 2018 fasste die Landesregierung den politischen mung mit den Kommunalen Landesverbänden Beschluss, künftig die Altersfeststellung für Unbe- und dem KVJS-Landesjugendamt verständigt. gleitete minderjährige Ausländer in Heidelberg Am „Ankunftszentrum Heidelberg“ wird in den zu zentralisieren. Außerdem sollte dort auch die nächsten Monaten ein entsprechendes Angebot ausländerrechtliche Behandlung abgeschlossen der Rechtsmedizin eingerichtet. Die anfallenden werden. koordinierenden Aufgaben will das Land zum Teil Grüner/add 2/2019 KVJS aktuell 23
JUGEND Schumacher Werkstatt im Jugendheim Schönbühl. Foto: KVJS Gegen das Vergessen Ausstellung „Heimerziehung in Baden-Württemberg zwischen 1949 und 1975“ steht hoch im Kurs Das Projekt Heimerziehung und ebenso die Arbeit der Anlauf- und Beratungsstelle (ABH) beim KVJS ist Ende 2018 zu Ende gegangen. Nicht so die Wanderausstellung, die seit 2015 die Heimerziehung in Baden-Württemberg zwischen 1949 und 1975 zeigt. Nach wie vor lockt die Schau zahlreiche Besucher an. Mehr als 500 Säuglings-, Kinder- und Jugend- heime gab es zwischen 1949 und 1975 in Baden- INFO Verwahrlost und gefährdet? Württemberg. Schläge und harte Strafen gehörten Heimerziehung in Baden-Württem- zur Erziehung und massive körperliche Gewalt war berg 1949 – 1975 offensichtlich in vielen Heimen erklärtes Erzie- hungsmittel. Seit Juli 2015 zeigt das Landesar- Wanderausstellung des Landesarchivs chiv eine Wanderausstellung über den damaligen Baden-Württemberg Alltag in Einrichtungen. Der KVJS unterstützte die www.landesarchiv-bw.de und Ausstellung mit 15.000 Euro. „Was damals an Leid www.heimerziehung-bw.de und Unrecht geschah, soll nicht in Vergessenheit 24 KVJS aktuell 2/2019
JUGEND geraten“, sagt der Leiter des KVJS-Landesjugend- Die Ausstellung thematisiert auch die Rolle der amtes Reinhold Grüner. „Vor allem möchten wir Jugendämter und der Landesjugendämter. Erst daraus lernen.“ 1961 wurde eine systematische Heimaufsicht durch die vier Regierungspräsidien eingeführt. Ab Auf 22 Stelltafeln beleuchtet die Schau Gewalt 1964 waren die Landesjugendämter der Landes- in Einrichtungen oder erklärt, dass Heimkindern wohlfahrtsverbände Baden und Württemberg- damals kaum Beschwerdewege offenstanden. Hohenzollern zuständig. Zudem listet sie Konsequenzen auf, die man in der heutigen Jugendhilfe aus den damaligen Zustän- Heute sind regelmäßige Hilfeplangespräche unter den gezogen hat. Seit ihrer Eröffnung wurde die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen Stan- Wanderausstellung an 20 verschiedenen Stand- dard. Nach dem Achten Sozialgesetzbuch müs- orten in und außerhalb Baden-Württembergs sen Einrichtungen Ereignisse, die das Kindeswohl gezeigt. Bis Ende April wird sie noch in Villingen- beeinträchtigen, der Aufsicht beim Landesju- Schwenningen zu sehen sein, danach in Rotten- gendamt melden. „Durch strukturelle Mindestvo- burg und Sigmaringen. Das Besondere: An jedem raussetzungen wird zudem ein Rahmen gesetzt, Standort finden mindestens eine Eröffnungsver- der präventiv wirkt“, so Reinhold Grüner. Heime anstaltung und eine Führung statt. „Zunehmend müssen etwa eine bestimmte Zahl an Fachkräften, bieten wir auch Zeitzeugengespräche an, was mit Räumen und Fortbildungen nachweisen. Bei Prob- großem Interesse aufgenommen wird“, freut sich lemen kann das Landesjugendamt Heime beraten, Nina Wohlfarth vom Landesarchiv. Häufig werde Auflagen erteilen, Einzelpersonen die Tätigkeit die Ausstellung für weitere Aufarbeitungsprojekte untersagen oder einem Heim die Betriebserlaub- genutzt und auch um regionale Exponate ergänzt. nis entziehen. add/Rizvi INFO Neues Projekt der Baden-Württem- berg-Stiftung INFO Die Ergebnisse aus der intensiven Auf- Seit Januar 2019 recherchiert das arbeitungsphase hat die Anlauf- und Landesarchiv Betroffene, die zwischen Beratungsstelle zu einem umfangrei- 1949 und 1975 in Einrichtungen der chen Bericht mit dem Titel „Mehr als Behindertenhilfe oder in Psychiatrien Geld und gute Worte“ zusammenge- waren. Auch hier gibt es, vergleichbar fasst, der im November 2018 in Anwe- zum Fonds Heimerziehung, für Betrof- senheit mehrerer hundert Betroffener fene die Möglichkeit Gelder zu bean- der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. tragen. Nähere Informationen auf der Den Bericht können Sie hier herunter- Homepage der Stiftung unter: laden: www.kvjs.de/der-kvjs/service/ www.stiftung-anerkennung-und- publikationen-und-videos hilfe.de 2/2019 KVJS aktuell 25
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