Smart City - " Nr. 144 - Die nächste Stufe der Evolution? - Der bdvb
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» Nr. 144 Entgelt bezahlt bei Postamt 1 / 40210 Düsseldorf / Vertriebskennzeichen G 13904 / ISSN Nr. 1611-678X Smart City Die nächste Stufe der Evolution? „Jede Stadt muss ihren eigenen Weg finden“ 08 Gemeinsam weiterkommen: Mentoring im bdvb 37 Der MBA für Neumacher 40
WirtschaftsWoche Club Event W i l l ko m men zu I n s p i rat io n , B egeg nun g un d I n n ovat io n . Als bdvb-Mitglied steht Ihnen die ganze Welt des WirtschaftsWoche Clubs zur Verfügung. Im Netzwerk sind Sie hautnah am Mittelstand, treffen die Redaktion und können sich mit anderen Leserinnen und Dr. Wladimir Klitschko Lesern vernetzen. Boxlegende und Initiator des Challenge Managements Als Neudenker lassen Sie sich faszinieren von Themen und Ideen, die unsere Gegenwart bereichern und unsere Zukunft prägen werden. Investment und wie man mehr aus dem eigenen Vermögen macht: Profitieren Sie persönlich vom Finanzwissen unserer Experten. In unserer Lounge erleben Sie aktuelle Kunstausstellungen, unentdeckte Weinregionen und mit unserem Reiseservice gleich die ganze Welt. Mit Best-Price-Garantie. Beat Balzli Chefredakteur WirtschaftsWoche Alles Weitere erfahren Sie unter club.wiwo.de Einfach Mitglied werden: club.wiwo.de/anmeldung SXSW 2017 in Austin, Texas Konferenz und Festival
EDITORIAL Liebe Mitglieder und Freunde des bdvb, » Die Digitalisierung spielt immer eine Rolle. « die Digitalisierung gehört zu den größten Her wir uns für ein Gründerklima einsetzen, das ausforderungen, denen sich unsere Gesell Start-ups keine Steine in den Weg legt. Dass schaft zu stellen hat. Sie verlangt von uns al wir uns für eine Gesetzgebung engagieren, len Willen zur Anpassung. Sei es im Privaten die unseren innovativen Mittelstand entfes oder am Arbeitsplatz, sei es in unserer Rolle selt. Und dass wir nicht müde werden, die als Arbeitnehmer oder als Unternehmens nötigen Anstrengungen des Bundes in puncto lenker. digitale Infrastruktur einzufordern. Wie sehr das Thema bereits alle Bereiche des An dieser Stelle sei kurz darauf hingewiesen: Lebens durchdringt, lässt sich sogar am bdvb Die digitale Welt verlangt von ihren Bürgern aktuell ablesen. Wir haben über die Digitali wirtschaftliche Kompetenzen. Auch deshalb sierung selbst berichtet und über einzelne Fa haben wir uns frühzeitig für die Einführung cetten wie Mobilität oder Industrie 4.0. Und des Schulfachs Wirtschaft in Nordrhein-West selbst bei Recherchen zu eigentlich anders falen eingesetzt und begleiten die Landespoli gelagerten Themenkomplexen wie Weihnach tik bei seiner Einführung konstruktiv und kri ten, Tourismus, Gründung oder Familienunter tisch. Falls Sie unser gemeinsam mit vielen nehmen mussten wir feststellen: Die Digitali anderen Verbänden und Institutionen entwi sierung spielt immer eine Rolle. ckeltes Positionspapier zum Schulfach Wirt schaft in NRW noch nicht gelesen haben, sei Nun fügen wir dem Mosaik ein weiteres es Ihnen hiermit sehr ans Herz gelegt! Steinchen hinzu: Ausgabe 144 widmet sich der Smart City. Noch scheint die intelligente, Nun aber wünsche ich Ihnen eine anregende vernetzte Stadt vielen als reines Zukunftssze Lektüre dieser neuen Ausgabe des bdvb aktu nario. Doch wenn man sich anschaut, wie ra ell! send schnell sich Technologien entwickeln und wie weit Vorzeigestädte wie Singapur Herzlichst, sind, wird klar: So weit entfernt ist die Zukunft nicht – ein Befund, den die Beiträge unserer Fachautoren ebenso stützen wie die Inter Ihr views, die unsere Redaktion führen konnte. Malcolm Schauf Aus bdvb-Perspektive betrachtet gewinnt die Digitalisierung zusätzliche Relevanz. Denn als Sprachrohr von tausenden Ökonomen ist es unsere Aufgabe, dazu beizutragen, dass wir die Chancen der Digitalisierung nutzen. Dass Präsident » bdvb aktuell Nr. 144 « 3
Nr. 144 INHALT Editorial3 Interview Jede Stadt muss ihren eigenen Weg finden 8 In Zukunft werden Gebäude autonome Entscheidungen treffen 12 Wir bleiben soziale, emotionale und empathische Wesen 14 Aus Wirtschaft und Gesellschaft Keine Smart City ohne digitale Fitness der Stakeholder 6 Morgenstadt-Initiative: Den Wandel in die richtige Richtung lenken10 Mitmachen ist Vorsprung – auch bei der Smart City 16 Smart City Berlin 17 Digitalstadt Darmstadt 17 6 8 10 Impressum bdvb aktuell Ausgabe 144 April bis Juni 2019 ISSN 1611-678X Herausgeber Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte e.V. Florastraße 29, D-40217 Düsseldorf Tel. +49 211 371022, Fax +49 211 379468 Der Bezugspreis von 7,50 Euro ist im www.bdvb.de, info@bdvb.de Mitgliedsbeitrag enthalten. Nachdruck – auch auszugsweise – nur in Redaktionelle Mitarbeit in dieser Ausgabe Absprache mit dem Herausgeber gestattet. Dr. Matthias Meyer-Schwarzenberger (V.i.S.d.P.), Birgit Schoerke-Zitz, Florian Ries Für den Inhalt der Artikel sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Anzeigen, Layout, Herstellung, Druck Köllen Druck + Verlag GmbH Ernst-Robert-Curtius-Str. 14 Bildnachweise 53117 Bonn-Buschdorf Titel: 123rf/ Teoh Chin Leong Tel. +49 228 989820, Fax +49 228 9898255 Inhalt: Soweit nicht anders gekennzeichnet, verlag@koellen.de alle Bilder/Grafiken © 123rf.com 4 » bdvb aktuell Nr. 144 «
Die Rolle von Augmented Reality in der Stadt der Zukunft 18 Brexit – Jahrhundertschritt mit Megafolgen 21 Das Präsidentengespräch mit Prof. Dr. Michael Hüther 24 28 Wie werden Security Tokens 28 die Unternehmensfinanzierung verändern? Warum wir bereit sind, Steuern zu zahlen 30 Studium und Karriere Wissenswerke32 Eine Schule für Korase 34 34 Gelesen und notiert 36 Mentoring im bdvb 37 Arbeiten im Schlafanzug – Home Office wird immer beliebter 38 Der MBA für Neumacher 40 Digitale Kompetenz – Mehr als Skills für Führungskräfte 42 Verbandsleben 47 Schulfach Wirtschaft: 44 „Ökonomische Bildung fachkundig vermitteln“ Inkubator der Digitalisierung im Gesundheitswesen 45 Aus den Fachgruppen 46 Bezirks- und Hochschulgruppen 48 Unsere Kontakte 52 Veranstaltungshighlights53 Wir gratulieren herzlich 56 Das Mitglied hat das letzte Wort 58 58 » bdvb aktuell Nr. 144 « 5
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT „Jede Stadt muss ihren eigenen Weg finden“ Im Juni 2018 veröffentlichte das McKinsey Global Institute eine Studie über die Lebensbedingun- gen in der Smart City. Unter dem Titel „Smart cities: Digital solutions for a more livable future“ nahm sie 50 Städte unter die Lupe und fand heraus: In der Smart City lässt es sich gesünder und sicherer leben und schneller zur Arbeit kommen – wenn alle nötigen Faktoren zusammenkommen. bdvb aktuell sprach mit Co-Autor Gernot Strube. bdvb aktuell: Herr Strube, war- Es gibt zwei wichtige Ergebnisse. Verspätungen viele Umstiegsbezie Das entlastet doch sicherlich um hat das MGI diese Studie Zum einen haben wir eine Struktur hungen, das zieht die Wegezeiten auch die öffentlichen Kassen … eigentlich durchgeführt? erarbeitet, mit der man sich dem unnötig in die Länge. Auch im Indivi Auf jeden Fall, zumal vor allem in Gernot Strube: Das McKinsey Thema Smart City aus planerischer dualverkehr gibt es Potenziale. Mit diesem Bereich eigentlich keine Global Institute beschäftigt sich Sicht nähern kann. Im Grunde geht Hilfe von „Smart Lanes“ etwa kann riesigen Investitionen nötig sind. seit vielen Jahren mit den Themen es dabei um drei Punkte: erstens man mehrspurige Straßen flexibel Gerade in den entwickelten Län Urbanisierung und Technologie. Be die technische Basis mit allen Lei nutzen und mehr Spuren in Richtung dern, denn hier sind die benötigten völkerungswachstum findet heute tungen, Portalen oder Sensoren, des Stoßverkehrs freigeben. Und Sensoren bereits im Markt verfüg in den Städten statt. 60 % der die eine Stadt braucht; zweitens dann gibt es natürlich noch komple bar und finden schon Anwendung. Menschen leben in Städten, wobei die Frage, wie man die beispiels xeres Traffic Management und Na Allerdings sind gerade hier viele das größte Wachstum in den Ent weise durch Sensoren gesammel vigationssysteme, die individuelle Anwender skeptisch – es geht bei wicklungsländern stattfindet. Doch ten Informationen für Anwendun Routen zukünftig mit Hilfe von Echt Gesundheitsdaten ja auch um be auch Städte wie Hamburg, Berlin gen bereitstellt. Und drittens gibt zeitdaten aus WLAN-Sensoren und sonders persönliche Informatio oder München werden in den kom es da noch die tatsächliche Nut Kameras an die aktuelle Verkehrssi nen. menden Jahren signifikantes Ein zung durch die Bürger. Denn selbst tuation anpassen können. Schließ wohnerwachstum verbuchen. Die die beste Infrastruktur mit den lich ist das Thema Parken extrem Sie schreiben in Ihrer Studie, Frage ist also: Wie gestaltet man tollsten Apps bringt mir nichts, wichtig. Ein großer Teil des Innen dass die Smart City zu 15 % eine Stadt, die ein gutes, gesundes wenn die Bürger das Angebot nicht stadtverkehrs geht auf das Konto weniger CO2-Emissionen, 30 % Umfeld, ordentliche Arbeitsplätze annehmen. Dieser Dreiklang aus der Parkplatzsuche. Auch hier kann weniger Wasserverbrauch und Mobilität gleichermaßen be Infrastruktur, Anwendung und Ak die Smart City punkten. und 20 % weniger Abfall bei- reitstellt? Mit unseren Studien wol zeptanz ist absolut erfolgskritisch. trägt. Wie das? len wir einen Beitrag leisten, die Die zweite wichtige Erkenntnis lau Weniger Verkehr bedeutet ge- 70 % der weltweiten Treibhausga Antwort auf diese Frage zu finden. tet: Selbst die am weitesten entwi ringere Umweltbelastung und se werden in Städten generiert. ckelten Smart Cities, Städte wie wirkt sich positiv auf die Ge- Umgekehrt kann man hier natürlich Für Ihren Report haben Sie San Francisco und Singapur, ste sundheit aus … viele Einsparungen erzielen. Den sich 50 Städte genau angese- hen noch am Anfang. Ja, und nicht nur das. Generell pro größten Effekt realisiert man mit hen. Nach welchen Kriterien gnostiziert unsere Studie, dass sich einem entsprechenden Gebäude haben Sie diese ausgewählt? Ihre Studie hat die Lebensqua- die Krankheitslast in den Städten management. Mehr als die Hälfe Die Städte, die Sie in der Studie lität in der Smart City in den um 15 % reduzieren könnte. Zum der CO2-Emissionen entstehen im finden, stehen im Ruf, in Sachen Fokus gerückt. Was haben Sie einen, weil sich aufgrund der be Haus – etwa für das Heizen oder Smart City fortschrittlich unter herausgefunden? reits angesprochenen Mobilitäts Kühlen. Mit einer effektiven Steue wegs zu sein. Sie haben das Thema Wichtig ist, dass wir uns auf An themen die Zeit, bis ein Rettungs rung und frühzeitigen Planung lässt auf ihrer Agenda und ein Interesse wendungen fokussiert haben, die wagen am Zielort eintrifft, um bis zu sich wesentlich effizienter heizen daran, dieses Thema voranzubrin zumindest im Pilotstadium bereits 35 % verringern kann – ein massi oder kühlen, denn man kann die gen. Außerdem haben wir darauf existieren. Und dabei haben wir un ver Effekt vor allem in den Schwel Wärmespeicherkapazität der Ge geachtet, dass wir einen guten ter anderem herausgefunden, dass lenländern. Zum anderen, weil es bäude nutzen. Ähnlich ist es mit geografischen Mix abbilden, statt sich die Pendelzeiten durch die Digi Anwendungen gibt, die Menschen dem Licht. Wenn ich weiß, wie und nur Nordamerika und Asien im Fo talisierung um bis zu 20 % verkürzen helfen, ihren Gesundheitsstatus wann Gebäude und Räume genutzt kus zu haben. Und nicht zuletzt ha könnten. Mehrere Faktoren spielen besser einzuschätzen und im Zwei werden, muss ich nicht alles dauer ben wir Wert darauf gelegt, eine hier eine Rolle. Beispielsweise im felsfall Hilfe zu rufen. Ebenso denk haft beleuchten. Eine weitere An Mischung aus Megastädten und Öffentlichen Personennahverkehr, bar ist, Menschen gezielt Gesund wendung im Umweltbereich be normalen Städten zu analysieren. wo Sensoren eine vorausschauende heitsinformationen zu schicken, die trifft den Komplex Abfall, Abfall Instandhaltung ermöglichen, was zu ihrer Lebenssituation passen – trennung und Recycling. Hier lassen Wenn Sie die Ergebnisse der sich positiv auf Einsatzbereitschaft, eine junge Mutter etwa könnte man sich Abfahrrouten an den tatsächli Studie in wenigen Worten zu- Pünktlichkeit und folgerichtig die über wichtige Vorsorgeuntersu chen Bedarf anpassen, statt stupi sammenfassen müssten – wie Attraktivität des ÖPNV auswirkt. chungen und Gesundheitsangebote de immer die gleiche Route abzu würden Sie das tun? Heute stören einzelne Ausfälle oder auf dem Laufenden halten. klappern. Viele Städte nutzen heu 8 » bdvb aktuell Nr. 144 «
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Interview te schon Sensoren in Mülltonnen. Man muss die Möglichkeiten ver Das ist ein gutes Beispiel für vor Hier wird nach Gewicht abgerech stehen, Bürger und Industrie ein ausschauende Planung. net. Außerdem gewinnt man Da binden. Ein Bürgermeister, mit dem ten, mit denen man zyklisch planen ich gesprochen haben, hat gesagt, Gibt es solche Beispiele auch kann. In den Sommerferien etwa dass es für ihn das Wichtigste ist, im deutschsprachigen Raum? muss nicht zwingend jede Woche auf die Bürger zuzugehen, sie mit Wien ist eine Stadt, die sich sehr die Müllabfuhr kommen, vielleicht entscheiden zu lassen. Aber dann aktiv mit solchen Fragen befasst. In reicht es jede zweite Woche. geht es auch um ganz pragmati Deutschland stehen wir vor einer sche Dinge. Wenn man überlegt, besonderen Situation: Zwar ist viel Kommen wir zur Frage nach wie viele Sensoren in der Zukunft Geld für die Entwicklung der Infra der Kriminalität. Worauf ha- gebraucht werden – WLAN, Traffic struktur eingeplant, die Mittel sind ben Sie hier genau geachtet? Lights, Verkehrsleitsysteme – also prinzipiell vorhanden. Aber Der wesentliche Begriff lautet wenn wir da für jede Anwendung wenn wir auf die drei Dimensionen „Smart Policing“. Also voraus die Straßen und Gehwege separat schauen, über die wir eingangs ge schauender Polizeieinsatz bzw. vo aufgraben, haben wir in den sprochen haben – technische Ba rausschauende Polizeipräsenz. Wir nächsten 50 Jahren viel zu tun. Die sis, Anwendungen, Akzeptanz – konnten mit unserer Studie zeigen, Städte brauchen einen Master dann tun wir uns doch wahnsinnig dass datenbasierte Kriminalitäts plan, um diese Veränderungen um schwer damit, offene Datenplatt vorhersagen und Sicherheitssyste zusetzen. formen zu schaffen. Das liegt unter me in Wohnhäusern die Kriminali anderem daran, dass wir wesent tätsrate um 30 bis 40 % verringern Rechnet sich dieser Aufwand lich technologieskeptischer sind. können. Hier geht es unter ande denn überhaupt? Die Angst, dass etwas missbraucht DER INTERVIEWPARTNER rem um das Erfassen potenziell Ja, durchaus. Ein weiteres Ergeb werden kann, schwingt immer mit. gefährlicher Menschenansamm nis unserer Studie lautet: Viele Wir investieren also in Infrastruk lungen oder die Ermittlung von Smart-City-Anwendungen machen tur und haben Anwendungen am Gernot Strube ist Seniorpartner im Wahrscheinlichkeiten, wann wo sich sogar privatwirtschaftlich be Start. Aber in puncto Akzeptanz Münchener Büro der Unterneh- ein Verbrechen begangen wird. zahlt. Für eine Stadt oder den Bund sind wir deutlich schlechter als die mensberatung McKinsey & Man kann Bürgern auch Bescheid gilt es also, ein Umfeld für privat anderen europäischen Städte in Company. Er berät Klienten im geben, wenn diese einen Bereich wirtschaftliches Engagement zu der Studie. Infrastruktur-, Luft- und Raumfahrt-, aufgrund eines Einsatzes meiden schaffen, damit die Kosten niedrig Eisenbahn- und Maschinenbau- sollen. Zu diesem Thema gehört gehalten werden können. Nehmen Von welchen Städten können sektor zu digitalen Transformati- auch, dass Polizisten Körperkame Sie beispielsweise die bereits an wir lernen? onen, operativen Strategien und ras tragen, um Vorgänge aufzu gesprochene Smart Policing Soft Singapur ist eine Stadt, die viele Leistungssteigerungen. zeichnen. Bereits das Vorhanden ware in New York. Sie wurde von Anregungen bietet. Aber dort gibt Er leitet die Capital Projects & sein solcher Kameras führt zu we einem großen Softwareanbieter es natürlich ein anderes Regie Infrastructure Practice in West niger Straftaten. gemeinsam mit der Stadt entwi rungssystem. Über Jahrzehnte europa und ist einer der Leiter der ckelt und New York erhält als Dank wurde hier geplant vorgegangen, Operations Practice. Viele wittern spätestens an für sein Engagement einen Teil des mit Fokus auf den Nutzen für die dieser Stelle den Überwa- Umsatzes, den das Unternehmen Bürger, aber kontroversen Diskus Die vollständige Studie des MGI chungsstaat … mit der Lösung in anderen Städten sonen. Auch China treibt das The steht auf www.mckinsey.com zum Ja, das ist ein äußerst sensibles macht. Umgekehrt ist wichtig, die ma in Städten wie Peking, Shang Download bereit. Thema, nicht nur bei uns in kritische Distanz zu wahren. Es gibt hai und Shenzhen massiv voran. Deutschland. Aber man kann diese Städte, in denen viel Geld dafür Aber auch hier haben wir eine Gratwanderung schaffen. New ausgegeben wird, dass überall komplett andere politische Kultur, York beispielsweise hat sehr posi WLAN bereitsteht. Das ist an sich und die Menschen wissen, dass tive Erfahrungen mit dem Thema nicht falsch, doch für sich alleine der Staat ohnehin alles über sie Smart Policing gemacht. Dort hat hilft es nicht viel, wenn gleichzeitig weiß. Deshalb macht man sich we man sich aber bewusst gegen Ge die Anwendungen vernachlässigt sentlich weniger Sorgen über Da sichtserkennung entschieden. Man werden. Industriepartner sind häu tensicherheit. Ansonsten lohnt nutzt andere Sensoren. China da fig mehr am Verkauf etwa von sich immer ein Blick nach New York gegen wendet die Gesichtserken Hotspots interessiert als daran, die und San Francisco. Aber noch ein nung intensiv an. optimale, ganzheitliche Lösung für mal: Das Wichtigste, was wir von die Stadt zu finden. all diesen Städten lernen können Was müsste passieren, damit – das hat unsere Studie gezeigt – all diese Potenziale, über die Man muss also möglichst weit ist: Es kommt darauf an, seine ei wir gerade gesprochen haben, und vorausschauend denken? gene Lösung zu finden. Eine Lö wirklich ausgeschöpft wer- Genau. Nehmen Sie beispielsweise sung, die zur Stadt passt. Und man den? Tel Aviv. Dort wird eine neue Metro muss die Bürger auf dem Weg Wichtig ist: Jede Stadt ist verant geplant. Mit ihr sollen gleichzeitig mitnehmen und für breite Akzep wortlich für ihre Bürger, ihr Klima, Schacht- und Tunnelsysteme einge tanz sorgen. ihre Industrie. Aber keine Stadt richtet werden, in denen später kann all das auf einmal realisieren. Leitungen für eine Smart-City-Infra Herr Strube, vielen Dank für Man muss sich Prioritäten setzen struktur gelegt werden können. dieses Interview! « und Schwerpunktthemen definie Schließlich läuft die Metro entlang ren, die man genau analysiert: lebenswichtiger Adern der Stadt. » bdvb aktuell Nr. 144 « 9
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Interview Im Gespräch mit Prof. Dr. Klaus Mainzer „Wir bleiben soziale, emotionale und empathische Wesen“ In der Smart City ist alles vernetzt und die Menschen geben viele Aufgaben an Maschinen und Algorithmen ab. Wird das die Menschen verändern? Werden wir unser Leben noch in die eigene Hand nehmen können? Das wollten wir von Prof. Dr. Klaus Mainzer wissen. bdvb aktuell: Herr Mainzer, Interaktion stattfand. Heute sind was verbinden Sie mit der wir global vernetzt und leben bald Smart City? in intelligenten Städten. Trotzdem Klaus Mainzer: Das Internet wird bleiben wir soziale, emotionale, universell und ubiquitär. Denn das empathische Wesen, die den Aus Konzept Smart City ist nichts ande tausch mit anderen suchen. Das ist res als das Konzept des Internets eine anthropologische Konstante. der Dinge, angewendet auf die ur Die sozialen Medien haben es ent bane Infrastruktur. Das Internet der gegen negativer Vorhersagen nicht Dinge bedeutet im Gegensatz zum geschafft, dass wir nur noch über gewöhnlichen Internet: Es kommu das Netz kommunizieren. Wir brau nizieren nicht mehr nur Menschen chen die soziale Berührung, deshalb miteinander, sondern Dinge, etwa gehen wir nach wie vor in Kneipen Sensoren, technische Anlagen, und auf Konzerte oder schauen uns Maschinen, Gebäude und vieles Fußballspiele im Stadion an. Doch mehr. Außerdem kommunizieren natürlich wird es massive Verände Menschen mit Maschinen, bei rungen geben, aber eher auf dem spielsweise mit Bots. Feld der Verantwortung. Was bedeutet das für die Wie ist das zu verstehen? Kommunikation von Mensch Es entfallen immer mehr zwischen zu Mensch? gelagerte Institutionen, insbeson Es verändert die Kommunikation in dere im kommunalen Sektor und in dem Sinne, dass Menschen über der Dienstleistung. Das ist keine neue Medien miteinander kommu neue Entwicklung: Die hohen Bank nizieren. Früher gab es die Familie, gebühren zwingen viele Menschen die Dorfgemeinschaft, das Stadt bereits heute dazu, ihre Bankge viertel, in denen die meiste soziale schäfte online zu führen – ohne
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Interview Bankfiliale und den Berater am technologischen Möglichkeiten Mensch in eine künstliche Intelli Schalter, dem man vertraut, der ei entstehen neue Wünsche. Etwa genz verliebt. Wir sind aber noch nen berät und der im Zweifelsfall eine effiziente Verwaltung mit ei lange nicht so weit, dass Men dafür verantwortlich ist, wenn et nem Online-Angebot oder eine in schen Bots bei einer Unterhaltung was schiefläuft. An seine Stelle telligente Mobilität. Dazu gehört nicht als solche erkennen. Wenn treten Algorithmen, die Prozesse übrigens auch, dass sich Unmut ich einen Dialog führen oder ver automatisieren und Bankkunden über soziale Medien viel schneller trauliche Dinge besprechen will, Produkte anbieten. Wie so oft hat artikuliert. Und, dass die Nutzer stoße ich recht schnell an die Gren eine solche Entwicklung zwei Sei gnadenlos ablehnen, was nicht zen der künstlichen Intelligenz. ten: Auf der einen Seite sehen wir nach Wunsch funktioniert. Aber Bots können heute schon bei den Vorteil in puncto Komfort, auf der Verbreitung falscher Informati der anderen Seite tragen wir als Sind sich die Menschen be- onen unbemerkt tätig sein. Udo Keller Stiftung (Hamburg) Nutzer mehr Verantwortung. Die wusst, wie viel sie in der Verantwortlichkeit wird für Normal Smart City von sich preisge- Warum brauchen wir die Digi- bürger komplizierter und kleinteili ben – Stichwort Daten? talisierung und die Smart City ger und wir dürfen uns Algorithmen Das ist tatsächlich ein kritischer überhaupt? nicht blind anvertrauen. Letztlich Punkt. Die Antwort fällt für unter Unser Leben ist zu komplex und sind auch sie von Menschen ge schiedliche Generationen unter unsere Wirtschaft zu vernetzt. Die macht und fehleranfällig. Deshalb schiedlich aus. Auch Herkunft und klassischen intermediären Institu müssen wir etwa unserer Bank er Kulturen spielen da eine Rolle. tionen können das alles nicht mehr hebliches Vertrauen entgegenbrin Jüngere Altersgruppen gehen viel managen. Deshalb brauchen wir gen, dass sie schon alles richtig freizügiger und offener mit ihren die Hilfe von Maschinen und Algo DER INTERVIEWPARTNER macht. Ähnliche Entwicklungen Daten um. Die Digital Natives wis rithmen, die schneller und effekti sind im Kommunalwesen und in vie sen zwar, dass sie mit Daten für ver sind als wir, die größere Daten len anderen Bereichen zu erwarten. Dienste bezahlen, es ist ihnen am mengen überblicken können. Die Prof. Dr. Klaus Mainzer (Jahrgang Ende aber auch egal. Deshalb hal logistischen Ketten in der Wirt 1947) forscht als Wissenschaftsphi- Sie haben eben gesagt, das te ich die Vermittlung von Medien schaft können heute auch nicht losoph über Grundlagen und Internet ist ubiquitär. Aber kompetenz beinahe für wichtiger mehr von einer Kaufmannsbörse in Zukunftsperspektiven von Wissen- nicht jede City muss Smart als die Vermittlung der Technik. Hamburg organisiert werden. Da schaft und Technik. Er studierte werden, oder? her werden sie in Zukunft auf den Mathematik, Physik und Philoso- Doch, meiner Ansicht nach schon. Die Datensicherheit ist eine Algorithmen von Blockchain abge phie an der Universität Münster, Wir haben in Deutschland zwar Sache. Wie steht es um die bildet. Oder ein anderes Beispiel: promovierte dort über Philosophie erhebliche Probleme mit unserer allgemeine Sicherheit in der Die Verkehrsflüsse in einer Mega und Grundlagen der Mathematik IT- und TK-Infrastruktur und sind im Smart City? city zu regeln, übersteigt menschli und habilitierte sich in Philosophie. Vergleich mit anderen europäi Da muss man differenzieren. Tat che Fähigkeiten, deshalb ist die An der Universität Konstanz wirkte schen Ländern – etwa Estland – sächlich sehe ich einen Gewinn an Mobilität eines der wichtigsten er als Professor und Prorektor, an Mittelmaß. Und wir erinnern uns Sicherheit etwa durch Predictive Themen in der Smart City. Ich bin der Universität Augsburg als Lehr- an die unglückliche Formulierung Analytics oder Pre-Criming. Mit der überzeugt, in 50 Jahren wird man stuhlinhaber für Philosophie und einer Bundesministerin, dass die gleichen Technologie, die Amazon sich darüber wundern, dass Men Wissenschaftstheorie und Grün- IT-Versorgung ja nicht bei jeder erlaubt, heute schon zu wissen, schen trotz ihrer begrenzten kogni dungsdirektor des Instituts für Inter- Milchkanne ankommen müsse. was ich morgen kaufen möchte, tiven Fähigkeiten und trotz der vie disziplinäre Informatik, bis er 2008 Dem würde ich entschieden wider lässt sich die Versorgungssicher len Verkehrstoten einmal PS-strot auf den Lehrstuhl für Philosophie sprechen. Das Internet muss an heit erhöhen oder die Sicherheit zenden Maschinen selber gelenkt und Wissenschaftstheorie an der jeder Milchkanne ankommen, al etwa von Fortbewegungsmitteln, haben. Die übernächste Generati Technischen Universität München lein schon, um die Lebensmittel weil diese effizienter gewartet on wird den Verkehr automatisiert (TUM) berufen wurde und Direktor qualität und die komplexe Lebens werden können. In Großstädten haben und darauf nicht mehr ver der Carl von Linde-Akademie mittellogistik zu verbessern. Oder können Sie den Wahrscheinlich zichten wollen. wurde. Er war Gründungsdirektor ein anderes Beispiel: Warum soll keitsgrad von Einbruchsdiebstäh des Munich Center for Technology man nicht von zuhause aus den len vorhersagen. Alles, was Sie Professor Mainzer, vielen in Society (MCTS) und ist seit 2016 Pass oder Führerschein beantra dafür brauchen, sind genug Daten. Dank für dieses Interview! « TUM Emeritus of Excellence, seit gen können? Das sind Dinge, die Aber umgekehrt fallen in der Smart 2019 Seniorprofessor an der Eber- andere Länder bereits praktizieren. City auch extrem viele Daten an, hard Karls Universität Tübingen. In diesem Sinne: Nicht nur Metro die geschützt werden müssen. polen wie Frankfurt oder München müssen smarter werden, sondern Wie kompatibel sind Mensch auch die hintersten Regionen im und Maschine? Wird es auf Bayerischen Wald. Dauer so kommen, dass wir mit Maschinen kommunizie- Steigt die Anspruchshaltung ren, ohne es zu merken? der Bürger gegenüber ihrer Wir sind bereits auf dem Weg. Stadt? Alexa ist weit verbreitet, und viele Ja, das tut sie – das lässt sich so Menschen nutzen Apps, mit denen gar empirisch belegen. So etwas sie sich unterhalten können. Am beobachten wir aber bei allen Zivi Ende steht dann die Vision des Ki lisationsschüben. Mit steigenden nofilms „Her“, in dem sich ein » bdvb aktuell Nr. 144 « 15
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Die Rolle von Augmented Reality in der Stadt der Zukunft “AR is going to take a while, because there are some really hard technology challenges there. But it will happen, it will happen in a big way, and we will wonder when it does, how we ever lived without it. Like we wonder how we lived without our phone today.” – Tim Cook Die Digitalisierung zieht in all un Sensoren verbaut, sere Lebensbereiche ein – Social z.B. Tiefenkameras, Media, smarte Leuchtmittel, Navi mit welchen die gationssysteme, WhatsApp, Ale Umwelt in Echtzeit xa und Co. sind nur einige der aufgezeichnet und Beispiele, die uns im täglichen mittels Algorith Privatleben begegnen. Auch Un men interpretiert ternehmen und Kommunen wer wird. Dies ermög den mit den Anforderungen an die licht die realitäts Digitalisierung konfrontiert. Insbe nahe Integration sondere im urbanen Umfeld bie virtueller Elemente ten die Digitalinnovationen enor in die wahr mes Potenzial, um Städte effizien genomme ter, umweltfreundlicher, sozialer ne Realität. und schöner zu gestalten und so Ein Beispiel mit in „Smart Cities“ zu verwan aus dem priva deln. Hierzu werden neue Techno ten Umfeld verdeutlicht dies: logien in verschiedensten Berei Mittels der IKEA Place-App kön Augmented Reality chen eingesetzt; beispielsweise in nen Konsumenten bereits Mö und Smart Cities der Mobilität (Share Economy), belstücke virtuell zu Hause aus In unseren Forschungsarbeiten ha der Verwaltung (smarte Bürgerbe probieren. Ein einmal virtuell ben wir zahlreiche Use Cases von teiligungen) oder auch im Bereich platziertes Element ist noch Jah AR in smarten Städten identifiziert. Umwelt (smarte Mülleimer). An re später am selben Ort. Das Ziel Exemplarisch stellen wir sieben Smarter der Universität der Bundeswehr neuster Entwicklungen ist es, dieser Szenarien hier vor. Zudem Architekt forschen wir interdisziplinär an diese digitalen Objekte so le präsentieren wir Ergebnisse einer Vor dem Start des ei diesen Entwicklungen. bensecht wie möglich zu gestal Onlinebefragung innerhalb der Uni genen Bauvorhabens ten und für eine Vielzahl an Men versität der Bundeswehr München bietet eine AR-App die Für smarte Cities bietet Augmen schen über AR-Clouds sichtbar (N = 125, überwiegend Studieren Möglichkeit, sich als Bauherr ted Reality enormes Einsatzpo zu machen. Daraus ergeben sich de; Frühjahr 2019), in welcher Pro oder Architekt das Endprodukt tenzial. Darunter wird die com zahlreiche Potenziale für das banden gebeten wurden, die Sze (z.B. das fertige Haus) oder wei putergestützte Anreicherung der Management smarter Städte. narien anhand verschiedener Krite terführende Ideen (z.B. andere Realität durch Darstellung von Ziel dieses Beitrags ist es, einige rien (z.B. Nutzungsabsicht oder Fassadengestaltung) visualisieren virtuell eingeblendeten Informa AR Use Cases für smarte Städte Zahlungsbereitschaft) auf 7er-Ska zu lassen. Der Nutzer sieht also tionen verstanden. AR-Brillen exemplarisch vorzustellen und len zu bewerten. In der Abbildung virtuell, wie das fertige Produkt (z.B. Google Glass oder Micro Einblicke zu geben, welche Ent werden die Prozentwerte der vol aussehen soll. Dieses Anwen soft Hololens) und AR-fähige wicklungen auf uns zukommen len Zustimmung (d.h. Skalenwert = dungsszenario erfuhr unter unse Smartphones haben zahlreiche können. 6 bzw. 7; Top2-Boxes) dargestellt. ren Befragten die meiste Zustim 18 » bdvb aktuell Nr. 144 «
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Hausverwalter könnten diese 44 % der Befragten für eine sol Problemstellen durch eine AR- che App interessieren. Bei gro App sehen. Sie könnten – meta ßen Bauprojekten, welche „auf phorisch beschrieben – „in die der grünen Wiese“ realisiert Wand schauen“. Dies würde es werden, ist meist enorme Vor auch Laien ermöglichen, mittels stellungskraft gefragt, um die handelsüblichen Technologien Ausmaße des fertigen Gebäudes im wahrsten Sinne des Wortes zu erahnen. Hier kann durch eine Einblicke in ihre Wände zu erhal AR-App Abhilfe geschaffen wer ten. Die sehr hohe alltägliche den. Die öffentliche Hand kann Relevanz dieses Szenarios für in Zusammenarbeit mit dem Ar unsere Befragten wird bei der chitekturbüro die Möglichkeit potenziellen Nutzungsrate anbieten, mit Hilfe dieser App deutlich. Über 77 % der Be das fertige Gebäude realitäts fragten würden eine solche nah auf der Wiese zu betrach App nutzen. Der höchste in ten. Hierzu wird das Gebäude der Befragung gemessene Wert auf den Bildschirm eines Tablets an Bereitschaft, dafür Geld aus oder Smartphones in die reale zugeben, nämlich über 50 %, Umgebung eingebunden und verdeutlicht dies. projiziert. Damit gewinnen Nut zer vor Baubeginn einen Ein Tourismus druck über die Ausmaße des Stadtverwaltungen könnten eine Bauprojektes. AR-App anbieten mit deren Hilfe Nutzer sich Informationen Hochwasser zu öffentlichen Gebäuden Eine AR-App kann – unter Zuhil (z.B. Bauart, Baujahr, Histo fenahme entsprechender öffentli rie) anzeigen lassen. Die cher Datenbanken – notwendige Nutzer schauen dazu Informationen über die Beschaf „durch“ ihr Smartphone fenheit eines Baugrundes direkt oder Tablet auf ein existie im Sichtfeld projizieren. Bei rendes Gebäude; die AR- spielsweise können das vorherr App zeigt ihnen dann In schende hypothetische Hochwas formationen zum serniveau (d.h. bis wohin bei Gebäude oder be Hochwasser das Wasser stehen stimmten Gebäudetei würde), Bodendenkmaldaten (wie len. Erste Städte testen nah liegt die Baustelle am nächs mung (über 78 %). Mit diese Ansätze bereits und sto ten schützenswerten Bodendenk über 45 % war auch die Be ßen auf hohes Interesse. Hier mal) oder auch die Entfernung reitschaft, für einen solchen zeigt sich deutlich, dass solche zum nächsten Naturschutzgebiet Service zu zahlen, relativ groß. Angebote von Touristinnen und angezeigt werden. Dieses sehr Ein Anwendungsbereich von AR, Touristen mit zunehmender Ver spezielle Szenario zeigt, wie spe welcher höchstwahrscheinlich breitung wohl vorausgesetzt zifisch Anwendungsbereiche von Einzug in das tägliche Geschäft werden würden. Eine sehr gerin AR sein können. Wenn man sich von städtischen Bauplanern, Ar ge Zahlungsbereitschaft mit für Themen wie Umwelt- oder chitekten, Bauzeichnern und 10,4 % unterstreicht dies (bei ei Denkmalschutz interessiert, er Bauträgern halten wird. ner Nutzungstendenz von 46,4 %). höht sich dadurch wahrscheinlich die Bereitschaft eine solche App Röntgenblick mittels AR Grüne Wiese zu nutzen (43,4 % der Befragten). Bei klassischen Heim Ein ähnliches Bild wie im voran Jedoch wären nur 20 % der Um werkerarbeiten kommt gegangenen Szenario zeichnen frageteilnehmer bereit, hierfür zu es gelegentlich vor, die Befragen auch hinsichtlich bezahlen. dass man in eine Lei der Möglichkeit, mit AR-Apps tung oder ein Rohr noch nicht entstandene Gebäu Rathaus bohrt. Viele dieser In de zu visualisieren. Lediglich Bei bereits begonnenen Baustel formationen liegen bei 14,4 % der Befragten wären len der öffentlichen Hand (z.B. modernen Bauten be hierfür bereit zu bezahlen. Je bei Verwaltungsgebäuden), bei reits digital vor. doch würden sich immerhin denen beispielsweise bisher le » bdvb aktuell Nr. 144 « 19
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT AUTOREN Architekt Architekt 45,60% 45,60% 78,40% 78,40% Röntgen Röntgen 50,40% 50,40% 77,60% 77,60% Tourismus 10,40% Tourismus 10,40% 46,40% 46,40% Gruene Wiese 14,40% Gruene Wiese 14,40% 44,00% 44,00% Hochwasser Hochwasser 20,00% 20,00% 43,20% 43,20% Rathaus 10,40%Rathaus 10,40% 36,00% 36,00% Wallame 10,40%Wallame 10,40% 35,20% 35,20% 0% 10% 20%0% 30%10% 40%20% 50%30% 60%40% 70%50% 80%60% 90%70% 80% 90% Ich wäre bereit, für eine solche App sogar Ich wäre einen bereit, (kleinen) für eine Betrag solche zu bezahlen App sogar einen (kleinen) Ich würde Betrag so etwas zu bezahlen nutzen. Ich würde so etwas nutzen. Prof. Dr. Thomas Braml, Professor für Massivbau an der Universität der Bundeswehr München diglich der erste Stock von mehreren Etagen fertig in Bau- und Städteentwicklungsprojekte stärker in gebaut ist, können Bürgerinnen und Bürger einen tegriert werden. Wobei dies auch mehr mündige Eindruck über das finale Aussehen des Baus gewin Bürger und höhere Kommunikationsanstrengungen nen. Beispielsweise lässt sich so erahnen, wie sich erfordern könnte. Auch für den einzelnen Bürger das fertige Gebäude mit seinen finalen Ausmaßen bietet AR enormes Potenzial, z.B. bei der Planung in das Stadtbild einbringt. Hierfür wird der bereits der eigenen vier Wände. Der private Bauherr ge gefertigte Teil des Gebäudes mit den bisher nur di winnt durch AR-Apps an Mündigkeit, da es ihm gital vorhandenen restlichen Bauabschnitten zu leichter fällt, Fehler zu erkennen und zu beseitigen. sammen in die reale Umgebung eingebunden und auf den Bildschirm des Tablets bzw. des Smartpho Die Herausforderung besteht daher darin, Städte nes projiziert. Diese Anwendung bietet enorme komplett digital zu planen. Alle dargestellten Use Möglichkeiten im Bereich der Bürgerbeteiligung bei Cases basieren auf der Annahme, dass alle rele Bauprojekten. Ein aus unserer Sicht überraschen vanten Informationen digital vorliegen, verfügbar bdvb-Mitglied Prof. Dr. Philipp A. Rauschnabel, Professor für Digitales der vorletzter Platz im Ranking, sollte doch die sind und entsprechenden physischen Orten zuge Marketing und Medieninnovation an der Möglichkeit, sich bei öffentlichen Bauprojekten ak ordnet werden können. Die Anforderungen an das Universität der Bundeswehr München tiv einbringen zu können, für eine gewisse Attrakti Tracking der Umwelt sind daher enorm. Technologi vität der App sorgen. Lediglich etwas mehr als ein en von morgen müssen anhand aller verfügbaren Drittel (36 %) der Umfrageteilnehmer würden eine Informationen Objekte in kürzester Zeit erkennen, solche App nutzen wollen. Weniger überraschend: verstehen und zuordnen können. 5G, neue Positio Nur jeder zehnte Befragte würde für diese App et nierungsalgorithmen der Satellitennavigation, was bezahlen. selbstlernende Objekterkennungsalgorithmen und zusätzliche Sensoren an Geräten werden diese He Virtuelle Städteverschönerung mit AR rausforderungen angehen können. Im Umkehr Das Schlusslicht aus Sicht der Befragten stellt eine schluss bedeutet dies nicht nur enorme infrastruk virtuelle Städteverschönerung dar. Nur rund jeder turelle Investitionen von Städten und neue Anfor Dritte kann sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt vor derungen an die Städteplaner von morgen. Auch für stellen, eine solche App zu nutzen – und nur jeder die Bürger bedeutet dies, Überwachung im öffentli Zehnte würde dafür bezahlen. Ein Kernnutzen von chen Raum und damit Einschränkung der Privat M.Sc. Martin Rochi, wissenschaftlicher Augmented Reality ist das Potenzial, die Wahrneh sphäre. « Mitarbeiter und Doktorand an der mung der Realität zu „verbessern“. In der Forschung Universität der Bundeswehr München nennen wir dieses Potenzial „Desired Enhancement of Reality“. In Bezug auf Smart Cities könnten Nut zer beispielsweise Kommentare und Bilder an jedes beliebige Gebäude „schreiben“ – ähnlich wie Gra fittis. Unliebsame (Hass-)Kommentare oder „AR-Shitstorms“ könnten die Folgen sein. Funkti onsfähige Apps mit einer starken Anzahl an Early Adopters gibt es noch nicht. Die kostenlose App Wallame zeigt aber, wohin die Reise gehen könnte. Fazit und Ausblick Augmented Reality wird die Welt enorm verändern. Auch die Baubranche und das Management smar ter Städte werden um diese Entwicklung nicht her M.Sc. Michael Kraus, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der umkommen. Städte der Zukunft können individuell Universität der Bundeswehr München auf den Nutzer angepasst werden, Bürger können 20 » bdvb aktuell Nr. 144 «
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT BREXIT Jahrhundertschritt mit Megafolgen In Sachen BREXIT sind sinnvolle Analyseperspektiven zu wählen. Auch im Februar 2019, Wochen vor dem Plan-Austrittsdatum 29.3. war noch unklar, ob es einen harten No-Deal-BREXIT, also Aus- tritt ohne Vertrag gegeben würde, oder gar ein zweites Referendum – womöglich mit Pro-EU-Mehr- heit. Harter BREXIT hieße, dass UK als WTO-Mitglied die üblichen Zollsätze an die EU zu entrichten hätte. Grundsätzlich entstehen Handels-, Direktinvestitions- und Einkom Premierministerin May meint mit ihrem Hinweis BREXIT means BREXIT, mens- sowie Leistungsbilanzeffekte. 45 % der britischen Exporte dass die Volksbefragung von 2016 mit ihrer 51,9 %-Mehrheit einen gehen in die EU, während die EU-Importe aus UK etwa 4 % der Ge klaren Wählerauftrag bedeutet, dass UK aus der EU austreten soll. Das samtimporte der EU ausmachen. Die britischen Importe aus der EU kann man aber auch als Fehlwahrnehmung sehen, da informationssei stehen für etwa 60 % der UK-Importe. Folgt man den Simulationser tig – mit Blick auf die Info-Broschüre der Cameron-Regierung – gar kein gebnissen der Bank of England vom Dezember 2018, dann wird das ordnungsgemäßes Referendum durchgeführt wurde: Während beim UK-Realeinkommen binnen fünf Jahren nach BREXIT bis zu 10,5 % – Schottland-Unabhängigkeitsreferendum 2014 die Cameron-Regierung im Fall eines No Deals – geringer ausfallen als sonst. Die Investitio in einer Info-Broschüre vorrechnete, dass jeder Schotte 1.400 Pfund nen in UK fielen schon Ende 2018 erheblich, das Pfund steht vor einer Einkommensverlust im Fall einer Schottland-Unabhängigkeit erleiden starken BREXIT-bedingten Abwertung. Die Bank von England erwar werde und für jeden gelte, dass er bzw. sie alle EU-Mitgliedschaftsvor tet bei einem BREXIT einen deutlichen Anstieg der Inflationsrate und teile verliere, gab es in der Cameron-Broschüre von 2016 beim EU-Re auch der Arbeitslosenquote. ferendum keinerlei entsprechende Info: Obwohl doch ein Gutachten » bdvb aktuell Nr. 144 « 21
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT des Finanzministeriums vorlag, das besagte, dass im BREXIT-Fall mit sektoralen Risikoprämien im Bankensektor und einigen Industriesek Verhandlungseinigung UK–EU etwa 10 % Einkommensdämpfungsef toren in UK beiträgt, wobei diese Prämie als Unterschied zwischen fekt kommen (zu Details: Welfens, P., BREXIT aus Versehen, 2. A). dem Unternehmensanleihezins und dem Staatsanleihezins definiert ist. Im Übrigen: Ein Anstieg des UK-Zinssatzes um 0,3 % erhöhte die Welches Referendumsergebnis hätte sich ergeben, wenn die Wähler staatlichen Zinsausgaben so, dass die Zusatzbelastung dem EU-Net schaft die Info über einen zu erwartenden 10 %-Einkommensrückgang tobeitrag von UK entspricht. Ein Anstieg der Risikoprämie im Banken gehabt hätte? Ein Blick auf eine Standard-UK-Popularitätsfunktion, die sektor erhöht die Kapitalkosten der Banken und trägt daher zu einer den Zusammenhang von realem Einkommenswachstum und Regie Zinserhöhung bei Unternehmenskrediten bei, was wiederum Investi rungspopularität abbildet, ergibt das „Normalergebnis“ 52,1 % pro EU. tionen und Wachstum dämpft. UK hat also ein vermindertes Wachs tum zu erwarten, auf eine May-Regierung wohl mit einer Minderung In Sachen Fakten gab es schon im Referendums-Wahlkampf im Früh der Körperschaftssteuersätze und einer Banken-Deregulierungswelle jahr 2016 erhebliche Probleme, da eine häufige Behauptung von reagieren dürfte. Damit gäbe es eine UK-Parallelpolitik zu den USA BREXIT-Befürwortern hieß: Nach dem EU-Austritt werde man den unter Präsident Trump. britischen Wochenbeitrag von 350 Millionen Pfund an die EU dem nächst ins Nationale Gesundheitssystem NHS stecken. Die Zahl ist UK will, dem May-Vorschlag eines Projektes Global Britain folgend, jedoch grob falsch, da ja nur der weniger als halb so große Nettobei auch vermehrte Verhandlungen mit anderen Ländern zwecks Ab trag für das NHS verfügbar wäre. Denn jede britische Regierung wird schluss neuer Freihandelsabkommen durchführen. Allerdings wird ja aus der nationalen Regierungskasse künftig, nach dem EU-Aus dies, vom wohl einfachen UK-USA-Fall abgesehen, schwierig wer tritt, die bisherigen EU-Zahlungen an britische arme Regionen, be den, da im Fall von Konfliktfällen eine funktionsfähige Welthandels stimmte Universitäten und forschende Unternehmen ersetzen. Der organisation WTO benötigt wird – denn wie sollte etwa ein Handels Chef des Statistikamtes, Sir David Norgrove, schrieb in dieser Sache konflikt UK–China gegebenenfalls sonst vernünftig gelöst werden. einen kritischen offenen Brief an Außenminister Johnson am 17. Aber die USA unter Trump sind darauf aus, den Multilateralismus und September 2017, nachdem Johnson die falsche Zahl von 350 Millio die Rolle internationaler Organisationen zu schwächen. nen in einem Zeitungsbeitrag wiederholt hatte. Hat UK besondere Reformoptionen? Zu den BREXIT-Analysen beige Zu den großen Impulsthemen beim EU-Referendum gehörten Fragen tragen hat hier auch Felbermayr, der im Ifo-CGE-Modell unter ande der Zuwanderung. May selbst schrieb als Premierministerin im White rem die Wirkung eines Importzollsatzes 0 für UK untersucht und den Paper zum BREXIT in 2017, dass die EU-Zuwanderung eine langfristi sich ergebenden britischen Konsumrückgang von nur 0.5 % für die ge Bürde für UK gewesen sei. OECD-Analysen zeigen das klare Ge sen Fall als günstige Option bei einem No-Deal-BREXIT einstuft genteil: hoher positiver Netto-Budgeteffekt für UK. („hard but smart“). Der Rückgang des Konsums in der EU wird für den Fall einer solchen britischen Politik mit 0,6 % angegeben, so dass der Aus Europäisches Institut für Internationale Wirtschaftsbeziehungen BREXIT für UK und die EU etwa gleich schlecht wirkt – anders als in (EIIW)-Analysen geht hervor, dass der BREXIT zu einem Anstieg der vielen Standard-Analysen, wo etwa der reale Einkommensrückgang 22 » bdvb aktuell Nr. 144 «
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT „In Sachen Fakten gab es schon im Referendums- Wahlkampf erhebliche Probleme“ eren nachteilig: etwa Staus in beide Handelsrich tungen, auch Vorprodukte für den Export in die EU betreffend. BREXIT-bedingt steigende Risikoprämi en in einigen Sektoren der britischen Wirtschaft wirken als Kostenerhöhung, was die Exporte dämpft. Demgegenüber wäre eine Null-Importzoll politik in UK ein Dämpfungseffekt beim Preisniveau, allerdings auch ein Schock für den Strukturwandel. Die EU27 bzw. die Eurozone hat einen Leistungs bilanzüberschuss gegenüber UK, während UK nur in der Dienstleistungs-Bilanz einen Überschuss gegen über der EU hat. Da der Zugang britischer Banken zum EU-Markt sich aber bei jeder Art von BREXIT verschlechtert, wird sich der britische Dienstleis tungsbilanzüberschuss nach dem BREXIT vermin AUTOR dern, die Leistungsbilanzposition von UK gegebenen Prof. Dr. Paul J. J. Welfens falls verschlechtern. UK hatte 2017/18 ein Handels- Vorsitzender des bdvb Forschungsinstituts und Leistungsbilanzdefizit und wird nach dem BREXIT und Präsident des EIIW/Universität daher – und erst recht bei einer Null-Zollsatz-Politik Wuppertal, Lehrstuhl Makroökonomik und – ein erhöhtes Leistungsbilanzdefizit haben. Jean-Monnet-Lehrstuhl für Europäische Integration Negative Einkommens- und Wohlfahrtseffekte des BREXIT sind in mehreren Modellierungen für UK berechnet worden. Die EU27-Wirtschaft hätte auch einen Dämpfungseffekt. Da die EU 1/5 des ökono in UK stets deutlich größer ausfällt als für die EU. mischen Gewichtes durch den BREXIT verliert und Die Ifo-Zahlen basieren allerdings auf einem Mo da hier überhaupt erstmalig ein EU-Austritt erfolgt, dell mit gegebenem Einsatz an Kapital und Arbeit in ist die Europäische Union gut beraten, ein durch UK, was gerade für die ersten Jahre nach BREXIT dachtes Reformprogramm zu entwickeln. Das sollte sehr unplausibel ist: Wenn die Arbeitslosenquote u.a. durch ein Mehr an Mitgliedernutzen durch eine deutlich ansteigt, sinkt der gesamtwirtschaftliche bessere Aufgaben-Verteilung sowie eine erhöhte Konsum um weit mehr als 0,5 %, und es besteht Intensität des politischen Wettbewerbs zu errei kein Zweifel, dass der BREXIT kein kleiner, margi chen sein. Ein eigenes Eurozonen-Budget wäre naler Schock für Angebots- und Nachfrageseite nützlich, besonders wenn hier ein Teil der Infra wäre. Ein UK-Importzollsatz 0 heißt zudem für UK struktur- und Verteidigungsausgaben finanziert massiven Strukturwandel, der sicherlich auch keine würde – dann wäre die EU für Wähler sichtbarer, Vollbeschäftigungswelt wäre. der politische EU-Wettbewerb stärker; und die Nei gung zum Wählen kleiner radikaler Parteien gerin Das Ifo-CGE-Modell erlaubt keine belastbaren BRE ger, worauf die Forschungsgruppe Wahlen hin XIT-Schlussfolgerungen. Null-Import-Zoll für UK bei weist. Ein intensivierter Politikwettbewerb heißt einem No-Deal-BREXIT ist technisch und von den höhere Politikeffizienz in Brüssel, was im Sinn ei WTO-Regeln her möglich, aber da die UK-Exporte zu nes dynamischen Subsidiaritätsprinzips ist. Die 45 % in die EU gehen und dort ab 2020/2021 bis auf Stärkung des politischen Wettbewerbs in der Mitte Weiteres Importzölle zu zahlen sind, dürfte sich ein ist zudem in Zeiten des Populismus ein stabilisie hohes UK-Leistungsbilanzdefizit ergeben. Zudem render Pluspunkt. Zu viel EU zu früh, etwa bei einer sind für UK-Exporteure Richtung EU Nicht-Zollbarri EU-Einlagensicherung, wäre wiederum unklug. « » bdvb aktuell Nr. 144 « 23
AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT GESPRÄCH „Ökonomen müssen wieder mutiger werden“ Wie geht es der deutschen Wirtschaft und welche Rolle müssen Ökonomen in der heutigen Gesellschaft spielen? Was bringt der Brexit, wie ist Deutschland in Europa vertreten und was ist von einem „KI-Airbus“ zu halten? Themen gab es zur Genüge, als sich bdvb-Präsident Malcolm Schauf und Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, in Köln zum Meinungsaustausch trafen. bdvb aktuell: Es gibt vieles, worüber Ökonomen dieser Tage te, weil die Aufträge überhaupt nicht mehr abgearbeitet werden können. sprechen können. Aber vielleicht beginnen wir einfach mit einer Den Brexit sehe ich kritisch, er ist ein unkalkulierbares Risiko und könnte Einschätzung der wirtschaftlichen Lage? uns in die Rezession führen. Ich fürchte manchmal, die Menschen haben Michael Hüther: Zum Jahreswechsel 2017 auf 2018 hatten alle Vorlauf nur deshalb noch Vertrauen in die Lage, weil ihnen nicht bewusst ist, wie indikatoren den Höhepunkt erreicht. Seitdem beobachten wir eine Ni ernst es ist. Man mag sich nicht vorstellen, was im Falle einer Rezession veaurückbildung im Einkaufsmanagerindex, im Geschäftsklima, in den passieren würde – denn die Mittel der Geldpolitik sind ausgereizt. Auftragseingängen und im Konsumentenvertrauen. Das äußert sich in ei ner geringeren konjunkturellen Dynamik. Erstaunlich ist, dass der Konsum Michael Hüther: Sicherlich ist die Wahrscheinlichkeit einer Rezession den schwächelnden Faktor darstellt – und das trotz einer stabilen Be gestiegen. Doch die schlechte Stimmung ist von den tatsächlichen Fakten schäftigungslage und einem durchschnittlichen Reallohnwachstum von entkoppelt. Das Geschäftsklima ist im Vorjahresvergleich stark abgesun zwei Prozent in den letzten drei Jahren. Wir gehen aber nicht von einer ken, während Investitions- und Beschäftigungsabsichten sich nach wie Rezession aus, auch wenn Donald Trump und der Brexit zusätzliche Unsi vor auf einem hohen Level bewegen. Meine These ist, dass Unternehmen cherheitsfaktoren darstellen. Investitionen im Zuge der digitalen Transformation nicht aufschieben kön nen, weil sie sonst ins Hintertreffen geraten. Und die Beschäftigung Malcolm Schauf: Wir dürfen aber nicht übersehen, dass sich Rahmen bleibt stabil wegen des Fachkräftemangels. Ergo: Die Gefahr einer Rezes bedingungen verändern. Ich weiß von Unternehmen, die quasi jeden ein sion ist gegeben, aber die schlechte Stimmung kann sich wieder verflüch stellen, der einigermaßen auf das Stellenprofil passt, und zur Not diesen tigen. Und auf den Brexit sind die großen Unternehmen bereits gut vorbe eben nachqualifizieren. Handwerker unterbreiten bereits Abwehrangebo reitet. 24 » bdvb aktuell Nr. 144 «
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