Zeit Zeichen - KAB Österreich
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Zeit Zeichen NUMMER 4 | NOVEMBER 2020 | Magazin der Kath. ArbeitnehmerInnen Bewegung Österreich | 65. Jahrgang | 5 Euro | Jahresabo 17 € systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant Systemwandel Systemfehler systemrelevant 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Systemfehler #democratizingwork 4 8 10 Ein Manifest liefert Antworten auf die akute Krise der Arbeitsgesellschaft Seite 4 Die Pandemie als Antrieb einer Systemtrans- formation? Hindernisse auf dem Weg zu Alternativen in politischer Praxis, Wissenschaft und Lehre Seite 8 „Zeit“ lautet die Währung Es geht auch anders: 30 Stunden bei vollem Lohnausgleich und nachhaltigem Erfolg Seite 10
EDITORIAL ZUR PERSON Elisabeth Ohnemus ist Germanistin, Theologin und diplomierte Sozialarbeiterin. Sie ist der- zeit tätig als Pressereferentin der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, als freie Journa- listin und in der Erwachsenenbildung mit Schwerpunkt „politische Bildung“. FOTO: P. SCHREIBER Die Corona-Pandemie hat uns in der öffentlichen Debatte u.a. Mitglied des Cardijn-Vereins in Linz, präsentiert das Kon- eine neue Vokabel beschert – „systemrelevant“. „System- zept der „Convivialität“, ein Konzept zum „Verstehen sozialer relevant“, so lehrt uns die Krise, sind Menschen – in den Wirklichkeit“, und eine Alternative zu „marktradikalen Politi- meisten Bereichen überwiegend Frauen -, die die Versor- ken“. Der Theologe Wolfgang Palaver legt die Perspektive von gung einer Gesellschaft mit dem Lebensnotwendigen sicher- Papst Franziskus dazu, der in seiner jüngsten Sozialenzyklika stellen, ob Nahrung, Medizin, Pflege, Transport, Energie. Die festhält, dass es keine Utopie sei, in einer Welt, die sich und Krise lehrt uns auch: wo es um die Sicherstellung des Lebens- ihre Wirtschaftspolitik am Grundsatz einer universalen Ge- notwendigen geht, hapert es an vielen Stellen enorm. „Sys- schwisterlichkeit ausrichtet, allen Menschen den Zugang zu temrelevant“ Tätige verdienen oft wenig – oder gar nichts, Arbeit zu sichern (S. 7). Und der Arbeitsrechtler Martin Gru- wenn man die private Sorgearbeit hernimmt -, haben häufig ber-Risak erklärt, warum der berühmte Ökonom John May- schlechte Arbeitsbedingungen, sind vielfach überfordert, weil nard Keynes – anders als kürzlich von Finanzminister Blümel Personal systematisch knapp gehalten wird oder – im Bereich erklärt – langfristig Recht haben sollte mit seinem Aufruf zu der privaten Sorgearbeit – Männer den Frauen überwiegend einem Wertewandel – weg vom Geiz, weg von der Geld- und das Feld überlassen. Und das eigentlich immer schon. Das Profitgier, hin zur „maßvollen Weisheit“. System, so legt die Krise schonungslos offen, hat seine Fehler. In Bad Leonfelden liefert das Unternehmen „eMagnetix“ ein Und: es hat System, das System fehlerhaft zu halten. in Österreich bisher einmaliges Beispiel dafür, wie Lebens- Wir leben in einer Gesellschaft, deren Prioritäten einer kapi- qualität und erfolgreiches Wirtschaften Hand in Hand gehen talistischen, patriarchalen Logik unterworfen sind. Die Coro- können, wie es möglich ist, dass Mitarbeiter*innen bei vollem na-Pandemie stellt uns die Rute ins Fenster: weitermachen Lohnausgleich nur 30 Stunden die Woche arbeiten und der wie bisher und auf Kosten der einen das Wohl der anderen Betrieb trotzdem oder gerade deswegen floriert (S. 10 – 12). mehren oder - den Wandel wagen und Wirtschaft, Arbeit und Den Wandel vorantreiben: die KAB tut dies nicht nur, in- Gesellschaft so organisieren, dass ein gutes Leben für alle ge- dem sie mit diesem Magazin die Debatte darum befördert, währleistet ist. Diese Ausgabe von ZeitZeichen versammelt der notwendige Systemwandel war auch Thema der jüngs- Beiträge, die den notwendigen „Systemwandel“, insbesondere ten Bundeskonferenz (S. 13 – 14) und liegt den Überlegungen im Blick auf die Bewertung und Organisation von Arbeit, ins zugrunde, die derzeit in der KAB Steiermark auf dem Weg Auge fassen, Perspektiven auftun, Modelle debattieren und zu einer neuen Verortung von Arbeitsweise und Inhalten an- auch Praxisbeispiele einer anderen Ordnung liefern. gestellt werden – wie der stellvertretende Vorsitzende Martin Der Sozialwissenschafter Jörg Flecker stellt uns das Manifest Hochegger berichtet. Die große Stärke der KAB bei der Ent- von der „Demokratisierung der Arbeit“ vor, das kürzlich Tau- wicklung von Utopien und Perspektiven ist dabei ihre enge sende von Wissenschafter*innen weltweit unterzeichnet ha- Verbundenheit mit den arbeitenden Menschen, die Pflege von ben, und beschreibt seine Relevanz für die Debatte um Mas- Gespräch und Begegnung, wie sie etwa in der Betriebsseel- senarbeitslosigkeit und die notwendige sozial-ökologische sorge gelebt wird: Georg Salvenmoser schreibt davon, gibt ein Transformatin in Österreich (S. 4 – 6). Sebastian Thieme, Beispiel vom „Gehen in den Schuhen anderer“ (S. 16). Volkswirt, fordert wirtschaftstheoretische Ansätze, „die die Es ist der Mensch, um den es geht beim Wandel zum Anderen, Selbsterhaltung und Existenzsicherung als Wirtschaftsmotiv zum Besseren, es ist seine Würde. Die Bundesvorsitzende der angemessen berücksichtigen, … die ethische Motive beach- KAB, Anna Wall-Strasser, bringt es in ihrem Kommentar (S.3) ten und der Sorgearbeit endlich die basale Bedeutung ein- auf den Punkt: „Die Orientierung der Systemtransformation räumen, die ihr real auch zukommt“ (S. 8 – 9 ). Tony Addy, an einer universalen Menschenwürde ist alternativlos.“ 2 ▪ ZeitZeichen
KOMMENTAR ZUR PERSON Anna Wall-Strasser, Theologin, Betriebsseelsorgerin, langjährig tätig im Bereich mensch&arbeit der Diözese Linz, ist Vorsitzende der Katholischen ArbeitnehmerInnen Bewegung Österreich. FOTO: JAKOB LEHNER Menschenwürde als Richtschnur für den Systemwandel [Sys-tem] - ein Gebilde, etwas Zusammengehöriges, ein ab- Staatsschulden aufgenommen, der Sozialstaat als große Res- grenzbares Ganzes, das aus verschiedenen Teilen besteht, die source zur Lösung akuter Probleme erkannt. Die entschei- irgendwie geordnet miteinander vernetzt sind - so wird dieser dende Frage ist jedoch: in welche Richtung soll und muss sich Begriff beschrieben. Zwischen den Teilen eines Systems gibt es unsere Gesellschaft verändern? Soll es wieder so werden, wie immer eine Beziehung – sonst ist das kein System, sondern ein es war? Oder geht es um mehr Nachhaltigkeit, mehr Gerech- zufälliger Haufen, eine Menge. Je mehr Beziehung und Wech- tigkeit, um eine bessere Verteilung zugunsten derer, die unser selwirkung untereinander, desto komplexer ist ein System. System am Laufen halten? Was folgt aus der Erkenntnis, dass Warum diese Begriffserklärung? Nun, unser gesamtes Leben das vor allem die Frauen sind, die bisher un- und unterbe- spielt sich in verschiedenen sozialen Systemen ab, in kleineren zahlt die Versorgung, Pflege und Betreuung leisten, oder viele und größeren. Gesellschaften sind immer Systeme mit sehr Migrant*innen in prekären Arbeitsverhältnissen? hoher Komplexität. Beziehung und Wechselwirkung sind ihr Strukturelle Veränderungen orientieren sich immer an Wer- immanent, und das bedeutet auch, dass jede Bewegung und ten. Im Slogan der globalisierungskritischen Bewegung Attac Veränderung eines Teiles das Ganze beeinflusst und bewegt. ‚Eine andere Welt ist möglich‘ steckt die klare Wertung, dass Das ist der Kern der systemischen Theorie: wenn ich mich be- es so, wie es jetzt ist, nicht gut ist. Es braucht eine andere, eine wege, muss und wird sich wer anderer auch bewegen, wie bei alternative Globalisierung. Das postuliert auch Papst Fran- einem Mobile. Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann, so ziskus in der neuen Sozialenzyklika. Und er formuliert auch die These, auf der anderen Seite der Erde einen Tsunami aus- eine klare ethische Vorgabe für die nötigen Systemänderun- lösen. Das halte ich mir immer vor Augen wenn ich mich nach gen: „Die Zerbrechlichkeit der weltweiten Systeme angesichts der Wirksamkeit meines Engagements frage. Allerdings: da- der Pandemie hat gezeigt, dass nicht alles durch den freien mit sich gesellschaftlich etwas bewegt, braucht es zur indivi- Markt gelöst werden kann und dass – über die Rehabilitie- duellen auch die strukturelle Veränderung. Und das geht nicht rung einer gesunden Politik hinaus, die nicht dem Diktat der mit einem Flügelschlag. Finanzwelt unterworfen ist – wir die Menschenwürde wieder Unser Gesamtsystem ist gerade stark in Bewegung, ja, es rüt- in den Mittelpunkt stellen müssen. Auf diesem Grundpfeiler telt geradezu einiges durcheinander. Jahrzehntelange Res- müssen die sozialen Alternativen sein, die wir brauchen“ (Fra- sourcenausbeutung hat das Klima aus dem Lot gebracht, telli tutti 168). weltweite Ungleichheit und politische Spannungen bringen Die Orientierung der Systemtransformation an einer univer- Radikalismen hervor, die auch in den europäischen Gesell- salen Menschenwürde ist alternativlos. schaften aufschlagen, und die Pandemie wirft uns in Bedro- Die Redaktion wünscht= hungen und Unsicherheiten auf allen Ebenen: menschlich, ge- < sundheitlich, sozial, wirtschaftlich und politisch. Wozu können wir diese Erschütterung nützen? Welche Er- kenntnisse ziehen wir aus dieser Krise? Sind weiter reichende Veränderungen unter diesen so anderen Bedingungen viel- leicht leichter möglich, weil deren Dringlichkeit so klar vor Augen steht? Schon jetzt hat sich gezeigt, dass viel mehr mög- lich ist als bisher, fast im Sinne von ‚anything goes, alles geht, UeinL frohes allen Leser*innen und gesegnetes N < S Weihnachtsfest ; < koste es was es wolle…‘. Riesige Rettungspakete für die Wirt- schaft und zur Rettung von Arbeitsplätzen werden geschnürt, November 2020 3
#democratizingwork Ein Manifest liefert Antworten auf die akute Krise der Arbeitsgesellschaft Mehr als 6.200 Wissenschafter*innen von hunderten Universitäten weltweit haben anlässlich der Corona-Pandemie ein Manifest unter dem Titel #democratizingwork unterschrieben: Wie wir arbeiten, soll einer gründlichen Neubewertung unterzogen werden. Das Ziel: die Arbeit „demokratisieren“ und „dekommodifizieren“. Zu den österreichischen Unter- zeichner*innen des Manifests gehört der Sozialwissenschafter JÖRG FLECKER, Gründungsmitglied und Vereinsobmann von FORBA (Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt, Wien) und Professor am Institut für Soziologie der Universität Wien. Für ZeitZeichen beschreibt JÖRG FLECKER die wesentlichen Inhalte und Ziele der Erklärung und ihre Relevanz für die Debatte um Massenarbeitslosigkeit und die notwendige sozial-ökologische Transformation in Österreich. I sabelle Ferreras aus Belgien, Ju- eine Initiative engagierter Wissen- wichtige Form der Anerkennung wäre, lie Battalina aus den USA und schafter*innen, den Aufruf in die Me- sollte der höchst ungleiche Einfluss auf Dominique Méda aus Frankreich dien gebracht. Entscheidungen in den Unternehmen nahmen die Krise, welche von der Co- zum Thema werden. Nicht nur Aktio- ronavirus-Pandemie und den dagegen Arbeit „demokratisieren“ näre und Aktionärinnen sollten über ergriffenen Maßnahmen ausgelöst Warum demokratisieren? Erinnern Sie Strategien und Gewinnverteilungen wurde, zum Anlass für die Initiative zu sich an die Diskussion über die „sys- entscheiden. Diejenigen, die dem Un- einem „Manifest zur Demokatisierung temrelevanten Tätigkeiten“ der Han- ternehmen ihre Arbeit widmen und oft und Dekommodifizierung von Arbeit“. delsangestellten, der Pflegekräfte und ihre Gesundheit opfern, müssten bei Ihre Überlegung war, dass Gesell- Ärzt*innen, der Arbeitenden in der solchen Entscheidungen gemeinsam schaften mehr Widerstandsfähigkeit, Lebensmittelversorgung u.v.a., die ein Vetorecht haben. ökologische Nachhaltigkeit, Gleich- mehr Anerkennung bekommen soll- heit, Gesundheit und Gerechtigkeit ten? Dazu das Manifest: „Wenn man Arbeit „dekommodifizieren“ brauchen – gerade nach der aktuellen sich ernsthaft fragt, wie die Unterneh- Warum „de-kommodifizieren“? Der Krise. Diese Idee hat enorme Resonanz men und die Gesellschaft als Ganzes Begriff meint, dass der Warencharak- in der Wissenschaft gefunden, und diese Beiträge ihrer Mitarbeitenden in ter der Arbeitskraft, der kennzeich- sehr viele Medien weltweit haben das Krisenzeiten anerkennen könnten, ist nend für die kapitalistische Gesell- Manifest veröffentlicht. In Österreich die Antwort: Demokratisierung.“ Auch schaft ist, abgemildert wird. Das wird hat „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“, wenn eine Erhöhung der Löhne eine in Ansätzen konkret durch Kranken- AUS DEM MANIFEST: „Diese Krise zeigt auch, dass Arbeit nicht als Ware behandelt werden darf, dass nicht Marktmechanismen allein das Sagen über die Entscheidungen haben können, die für unsere Gesellschaften so zentral sind. Seit Jahren unterliegen die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Beschaffung von Material im Gesund- heitssektor dem Prinzip der Profitabili- tät; heute zeigt die Pandemie, wie sehr dieses Prinzip uns blind gemacht hat.“ Mit Verweis auf das Recht auf Arbeit, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgehalten ist, fordert das Manifest eine „Arbeitsplatzgarantie“. FOTO: ALEXANDER-HAUK.DE_PIXELIO.DE 4 ▪ ZeitZeichen
versicherung, Arbeitslosengeld und nachkommen. Gerade demokratisch bestehende Arbeitsmarktkrise wurde Pensionen erreicht, durch die Men- geführte Unternehmen wären in der also massiv verschärft und bewirkt für schen ohne Besitz auch dann über- Lage, von der Umweltzerstörung zur alle Betroffenen große Einkommens- leben, wenn sie keiner Erwerbsarbeit Umweltsanierung umzusteigen. „Wir verluste und Risiken ausgegrenzt zu werden. Personen, denen es auf dem Arbeitsmarkt immer schon besonders ERINNERN SIE SICH AN DIE DISKUSSION ÜBER DIE „SYSTEMRELEVAN- schwer gemacht wird, stellt die Situ- TEN TÄTIGKEITEN“ DER HANDELSANGESTELLTEN, DER PFLEGEKRÄFTE ation vor unlösbare Probleme: junge UND ÄRZT*INNEN, DER ARBEITENDEN IN DER LEBENSMITTELVERSOR- Menschen, die erstmals ins Berufsle- ben einsteigen wollen, Personen im Al- GUNG U.V.A., DIE MEHR ANERKENNUNG BEKOMMEN SOLLTEN? DAZU ter von 55 Jahren und darüber sowie DAS MANIFEST: „WENN MAN SICH ERNSTHAFT FRAGT, WIE DIE UNTER- bereits längere Zeit erwerbsarbeitslose NEHMEN UND DIE GESELLSCHAFT ALS GANZES DIESE BEITRÄGE IHRER Menschen. Sie gehen bei einer stark MITARBEITENDEN IN KRISENZEITEN ANERKENNEN KÖNNTEN, IST DIE gestiegenen Konkurrenz um Jobs meist leer aus. ANTWORT: DEMOKRATISIERUNG.“ Arbeitskraft als Ware nachgehen können. Dazu heißt es hatten mehr als genug Zeit, um zu se- Immer wieder wurde die Forderung er- im Manifest: „Diese Krise zeigt auch, hen, was passiert, wenn Arbeit, unser hoben, die Folgen der Arbeitsmarkt- dass Arbeit nicht als Ware behandelt Planet und Kapitalgewinne unter dem krise durch eine deutliche Erhöhung werden darf, dass nicht Marktmecha- gegenwärtigen System gegeneinan- des Arbeitslosengeldes wenigstens ein nismen allein das Sagen über die Ent- der ausgespielt werden: Arbeit und der bisschen zu mildern. Das wäre ein klei- scheidungen haben können, die für Planet verlieren immer.“ ner Schritt in Richtung De-Kommodi- unsere Gesellschaften so zentral sind. fizierung und würde den Zwang, eine Seit Jahren unterliegen die Schaffung Manifest als wichtiger Beitrag Arbeitsstelle zu finden, etwas zurück- von Arbeitsplätzen und die Beschaf- zur Debatte um Massenarbeits- nehmen, weil es ja ohnehin kaum freie fung von Material im Gesundheits- losigkeit und sozial-ökologische Stellen gibt. Die Arbeitgeberseite und sektor dem Prinzip der Profitabilität; Transformation die mit ihnen verbundenen politischen heute zeigt die Pandemie, wie sehr Eine Kerngruppe der Initiative, beste- Parteien wehren sich mit Händen und dieses Prinzip uns blind gemacht hat.“ hend aus 12 Wissenschafter*nnen, Füßen dagegen – wie sie auch für wei- Mit Verweis auf das Recht auf Arbeit, bringt derzeit ein Buch heraus, in dem tere Verschärfungen der Zumutbar- das in der Allgemeinen Erklärung der die Ideen des Manifests ausführlicher keitsbestimmungen für die Annahme Menschenrechte festgehalten ist, for- dargestellt werden. Die Debatte geht von Arbeitsstellen durch Erwerbsar- dert das Manifest eine „Arbeitsplatz- also weiter. Für Österreich sind die dis- beitslose eintreten: Arbeitskraft ist für garantie“. Damit ist gemeint, dass kutierten Inhalte angesichts der aktu- sie eine Ware wie jede andere und soll allen Bürger*innen Zugang zu men- ellen Auseinandersetzungen über die es auch bleiben; Arbeitsuchende sollen schenwürdiger Arbeit gesichert wird. sozial-ökologische Transformation und in möglichst großer Konkurrenz zuei- Konkret kann das durch das Schaf- die Massenarbeitslosigkeit höchst rele- nander stehen, damit Arbeit billiger fen von Arbeitsplätzen für Erwerbs- vant. Im Folgenden möchte ich etwas wird, und sie sollen keine Alternativen arbeitslose im gemeinnützigen und ausführlicher auf die Krise auf dem Ar- zu den angebotenen Arbeitsstellen öffentlichen Bereich erfolgen. Damit beitsmarkt und die vorgeschlagene Ar- haben, mögen die Bedingungen auch können zugleich gesellschaftliche beitsplatzgarantie eingehen. menschenunwürdig und gesundheits- Ziele, wie ausreichende Kinderbe- gefährdend sein. treuung, Hilfe für alte Menschen und Die Arbeitsmarktkrise in Österreich Ökologisierung, erreicht werden. In Österreich war die Erwerbsarbeits- Arbeitsplatzgarantie für alle losigkeit im Jahrzehnt vor der CO- zur Wahrung der Menschenwürde Nachhaltig wirtschaften VID-19-Pandemie kontinuierlich ange- Diese interessengeleitete Perspektive Warum „nachhaltig“? Wenn die Nati- stiegen und hatte damals schon neue tritt die Menschenwürde mit Füßen, onalstaaten Unternehmen auffangen, Rekordwerte erreicht. Die Kündigun- denn Menschenwürde bedeutet nach so das Manifest, sollten von diesen Ge- gen, die von den Maßnahmen gegen Immanuel Kant, dass der Mensch sei- genleistungen verlangt werden, insbe- die Pandemie ausgelöst wurden, mach- nen Zweck in sich trägt und nicht wie sondere, dass sie ihrer Verantwortung ten weitere hunderttausende Men- ein Ding zu einem Mittel gemacht für unser Überleben auf dem Planeten schen erwerbsarbeitslos. Eine bereits werden darf. Etwas Menschenwürde November 2020 5
auf einem kapitalistischen Arbeits- Aber für andere kämen die Schat- markt zurückzugewinnen, das hat die tenseiten des Konzepts stärker zum arbeitsmarktpolitische Maßnahme der Tragen: Soziale Teilhabe und gesell- „Arbeitsplatzgarantie“ zum Ziel: Al- schaftliche Anerkennung ist mit dem len Bürger*innen, die von Unterneh- Einkommen allein nämlich noch nicht men und Organisationen im üblichen verbunden. Ja, es könnte sogar zu einer Prozess der Personalvermittlung und ähnlichen Stigmatisierung kommen, -rekrutierung aus welchen Gründen wie wir sie derzeit im Bezug auf die auch immer nicht aufgenommen wer- Bezieher*innen von Arbeitslosengeld den, soll eine öffentlich geförderte, ge- oder Sozialhilfe kennen. In unserer Ar- meinnützige Beschäftigung angeboten beitsgesellschaft werden Leistung und werden. Nun hat es auch bisher schon Beiträge zur Gemeinschaft überwie- recht erfolgreiche Beschäftigungspro- gend in Form von Erwerbsarbeit gefor- gramme im zweiten Arbeitsmarkt ge- dert. Da wird es zum Problem, will man geben, mit denen Langzeitarbeitslose die Überflüssigen des Kapitalismus mit Jörg Flecker: „Wir hatten mehr als genug Zeit, wieder in Beschäftigung gebracht wur- Geldzahlungen abspeisen. um zu sehen, was passiert, wenn Arbeit, unser den. Das Neue an der „Arbeitsplatz- Planet und Kapitalgewinne unter dem gegen- garantie“ ist, dass die Personen, die in Dagegen soll die Arbeitsplatzgarantie wärtigen System gegeneinander ausgespielt den Genuss der Maßnahme kommen, im Idealfall zugleich ein angemessenes werden: Arbeit und der Planet verlieren immer.“ nicht extra für das Beschäftigungs- Einkommen, eine sinnvolle Tätigkeit FOTO: PRIVAT programm ausgewählt werden – und und soziale Wertschätzung aufgrund dadurch immer welche übrig bleiben. der Arbeitsleistung erreichen. Und Auch die weiteren Ziele der Initiative Vielmehr ist es das Ziel, tatsächlich alle wenn es gelingt, den Personen einen #democratizingwork können im Klei- langzeitarbeitslosen Bürger*innen z.B. Einfluss auf die Wahl der Tätigkeit zu nen bei der Umsetzung der Arbeits- einer Gemeinde oder eines Bezirks in ermöglichen, dann ist der Unterschied platzgarantie zur Geltung kommen: eine menschenwürdige und nach Kol- zu einem Grundeinkommen (in güns- Demokratisierung durch Partizipa- lektivvertrag bezahlte Beschäftigung tiger Konstellation - Beispiel: Künst- tion der Teilnehmer*innen an der Ge- zu bringen. ler*innen) gar nicht mehr groß. Nur staltung der arbeitsmarktpolitischen wird die Gefahr der sozialen Isolierung Maßnahmen und dadurch, dass Ge- Arbeitsplatzgarantie versus Bedin- und Ausgrenzung bei der Arbeitsplatz- meinden und Vereine beeinflussen gungsloses Grundeinkommen garantie durch die Einbeziehung in ein können, wofür Arbeitsstellen einge- Nun lebte während der Corona-Krise Projekt, durch Unterstützung bei der richtet werden; Nachhaltigkeit, indem nicht überraschend und durchaus zu Wahl einer Tätigkeit und durch die an- Arbeitsleistung dem Umweltschutz Recht die Diskussion über das Bedin- gebotene Erwerbstätigkeit selbst sys- und der Bewältigung der Klimakrise gungslose Grundeinkommen wieder tematisch vermieden. gewidmet wird. auf. Denn gerade viele Selbständige, allen voran die Kunstschaffenden, WEITERE INFOS: standen plötzlich ohne Einkommen da https://democratizingwork.org und hatten nicht einmal Zugang zum Arbeitslosengeld. Gäbe es ein Bedin- gungsloses Grundeinkommen, hieß es, kämen sie nicht in eine solche Situa- IMPRESSUM tion. Warum also die Forderung nach Medieninhaberin (Verlegerin): Katholische Arbeitnehmer - Bildungs- und Hilfswerk Ös- einer „Arbeitsplatzgarantie“ und nicht terreich, 1010 Wien, Spiegelgasse 3/2/6 Herausgeberin: Katholische ArbeitnehmerInnen nach dem Bedingungslosen Grund- Bewegung Österreich, Spiegelgasse 3/2/6, 1010 Wien; 0664/6217198, kab.office@kaoe.at einkommen? Für Kunstschaffende und Geschäftsführerin: Mag.a Gabriele Kienesberger Chefredakteurin: Mag.a Elisabeth Ohnemus andere Personen, die gesellschaftlich Redaktionsteam: Martin Hochegger, Mag.a Gabriele Kienesberger, Mag.a Anna Wall-Strasser Verwaltung/Anzeigen: Mag.a Gabriele Kienesberger Layout: Karin Weiß, weisskarin@gmx.at gut vernetzt sind und, auch ohne ir- Lektorat: Mag.a Wilhelmine Deschberger, Brigitte Helm Hersteller und Expedit: Druckerei gendwo angestellt zu sein, sinnstif- Wograndl/Mattersburg, Verlagsort Mattersburg Bankverbindung: Schelhammer & Schat- tende Arbeit leisten können, würde tera, BIC: BSSWATWW IBAN: AT93 1919 0000 0012 0659 ein Grundeinkommen – eine ausrei- Hinweis: Interessiert an einer Anzeige in ZeitZeichen? chende Höhe vorausgesetzt – tatsäch- Informationen über Anzeigengrößen und Anzeigepreise erhalten Sie im Büro der KABÖ. lich große Vorteile bringen. 6 ZeitZeichen
Eine Welt, in der es Arbeit für alle gibt, ist möglich Perspektiven von Papst Franziskus in der Sozialenzyklika „Fratelli tutti“ Es sei keine Utopie, in einer Welt, die sich am Grundsatz einer universalen Geschwisterlichkeit ausrichtet, allen Menschen den Zugang zu Arbeit zu sichern, so Papst Franziskus in seiner jüngsten Sozialenzyklika „Fratelli tutti“. Eine Analyse von, WOLFGANG PALAVER, Universitätsprofessor für christliche Gesellschaftslehre am Institut für Systematische Theologie der Universität Innsbruck. F ratelli tutti, die jüngste Sozialenzy- die Arbeitskosten reduziert und damit Brot zu verdienen, sondern auch ein klika von Papst Franziskus, betont Arbeitslosigkeit und in Folge Armut Weg zum persönlichen Wachstum, um nicht nur die Tatsache, dass der nach sich zieht (Nr. 20). Auch an ei- gesunde Beziehungen aufzubauen, um Traum von einer Welt universaler Ge- ner anderen Stelle zählt er das Fehlen sich selbst auszudrücken, um Gaben zu schwisterlichkeit möglich ist, sondern von Arbeit und die Verweigerung von teilen, um sich mitverantwortlich für die verbindet ihn mit einem zentralen An- Arbeitsrechten zu den wesentlichen Vervollkommnung der Welt zu fühlen liegen der katholischen Soziallehre, das Ursachen von Armut (Nr. 116). Ein Ver- und um schließlich als Volk zu leben.“ allen Menschen ein Anrecht auf Selbst- ständnis wirtschaftlicher Freiheit, das (Nr. 162) verwirklichung durch Arbeit zuspricht den Zugang zur Arbeit verschlechtert, (vgl. Laborem exercens). Konkret geht widerspricht aber der Grundforderung Zahl der Arbeitsplätze erhöhen es Papst Franziskus um die Bekämp- nach universaler Geschwisterlichkeit, Konkret befürwortet Papst Franziskus fung der Arbeitslosigkeit. In seiner am die es nicht hinnehmen darf, dass „auch deshalb eine Wirtschaftspolitik, die die Beginn der Enzyklika stehenden Kritik nur eine Person ausrangiert wird“ (Nr. Zahl der Arbeitsplätze erhöht. Gegen einer Welt, die Teile der Menschheit 110). Franziskus‘ Traum von einer ge- den vorherrschenden Neoliberalismus einfach zum „Ausschuss“ werden lässt, schwisterlichen Welt umfasst ausdrück- fordert er eine „aktive Wirtschaftspolitik kritisiert er eine Wirtschaft, die ohne lich das Ziel, allen Menschen Arbeit zu …, die darauf ausgerichtet ist ‚eine Wirt- Rücksicht auf mögliche Konsequenzen ermöglichen. „Allen Menschen Land, schaft zu fördern, welche die Produkti- Heimat und Arbeit“ (Nr. 127) zu bieten, onsvielfalt und die Unternehmerkreati- ist keine unerreichbare Utopie. vität begünstigt‘, damit es möglich ist, die Anzahl von Arbeitsplätzen zu erhö- Von der „Würde der Arbeit“ hen, anstatt sie zu senken“ (Nr. 168). Wo Das Kernstück zum Thema Arbeit fin- der Papst zwischen gefährlichen For- det sich im Abschnitt 162, in dem der men von ausschließenden Populismen Papst betont, dass arme Menschen für und der notwendigen Einbeziehung ein würdiges Leben vor allem Arbeits- des Volkes unterscheidet, betont er im möglichkeiten brauchen und alle fi- Blick auf das Problem der Arbeitslosig- nanzielle Hilfe nur provisorisch bleiben keit auch die Bedeutung der Volksbe- müsse: „Auch wenn sich die Produkti- wegungen. Diese versammeln „Arbeits- onssysteme verändern, darf die Politik lose, Arbeitnehmer*innen in prekären nicht auf das Ziel einer Gesellschaftsor- Arbeitsverhältnissen und viele andere, ganisation verzichten, die es jeder Per- die nicht einfach in die vorgegebenen son ermöglicht, sich mit ihren Fähigkei- Kanäle passen“ (Nr. 169). Durch die Be- Wolfgang Palaver: „Gegen den vorherrschenden ten und Initiativen einzubringen. Denn teiligung der Volksbewegungen wird Neoliberalismus fordert der Papst eine ‚aktive es ‚existiert keine schlimmere Armut als jener „Strom moralischer Energie“ be- Wirtschaftspolitik …, die darauf ausgerichtet ist die, welche dem Menschen die Arbeit lebt, „der der Miteinbeziehung der Aus- ‚eine Wirtschaft zu fördern, welche die Produk- und die Würde der Arbeit nimmt‘. In ei- geschlossenen“ entspringt. Hier knüpft tionsvielfalt und die Unternehmerkreativität be- ner wirklich entwickelten Gesellschaft der Papst an sein Einstandsschreiben günstigt‘, damit es möglich ist, die Anzahl von ist die Arbeit eine unverzichtbare Di- Evangelii gaudium von 2013 an, in dem Arbeitsplätzen zu erhöhen, anstatt sie zu sen- mension des gesellschaftlichen Lebens, er schon betonte, dass niemand ausge- ken“. FOTO: PRIVAT weil sie nicht nur eine Art ist, sich das schlossen werden dürfe. November 2020 7
Die Pandemie als Antrieb einer Systemtransformation? Hindernisse auf dem Weg zu Alternativen in politischer Praxis, Wissenschaft und Lehre Klima- und Umweltprobleme, ungleich verteilte Einkommen und damit verbundene Vermögenskonzentrationen oder aktuell die Corona-Pandemie stellen die bisherige, westliche Art des Wirtschaftens in Frage. Gemeint ist damit eine stark auf internationale Arbeitsteilung konzentrierte Marktwirtschaft, in der alle Beteiligten unter permanentem Verwertungsdruck und im steten globalen Wettbewerb gegeneinander stehen und der Umgang mit der Natur eine untergeordnete Rolle spielt. Dies wird zunehmend als ursächlich für viele ökologische und soziale Probleme angesehen. Und so verwundert es nicht, wenn deshalb zahlreiche Forscher*innen sowie Bewegungen wie Fridays for Future oder Economists for Future eine sozial-ökologische Transformation „unseres“ Wirtschaftens einfordern. Was es für die Umsetzung dieser Forderung braucht, auch auf Ebene von Wissenschaft und Lehre, erörtert der Volkswirt SEBASTIAN THIEME. E s mag die Dringlichkeit, die in Wohnraums (zum Beispiel bei Sozial- den ökologischen und sozia- leistungen) niederschlagen müsste. len Problemen liegt, den Ein- druck erweckt haben, dass sich ein Systemanpassung statt Fenster geöffnet hat für eine echte Systemtransformation sozial-ökologische Transformation. Deshalb sollte nicht unterschätzt wer- Die Corona-Pandemie, so ließe sich den, wie beharrlich alte Denkmuster argumentieren, unterstreiche das in sind und welche Hindernisse einer besonderer Weise mit der Wertschät- sozial-ökologischen Transformation zung gegenüber den „systemrele- im Weg stehen. Hierfür können si- vanten“ Berufen oder dadurch, dass cher verschiedene Ursachen benannt Leitbilder wie der sparsame Staat werden. Aber eine wesentliche Ursa- (Schwarze Null, Schuldenbremse che dürfte im etablierten wirtschafts- usw.) zunehmend wanken. Auf ein- wissenschaftlichen Denken zu finden mal ist Homeoffice möglich und es sein. Statt dazu zu befähigen, neue werden sozialpolitische Maßnahmen Möglichkeiten zu denken, agieren wie das (bedingungslose) Grundein- viele – meist marktliberal gefärbte – kommen, das Helikoptergeld oder die Ökonom*innen eher als Verhinderer, Jobgarantie diskutiert. die alte Denkkonzepte allenfalls auf- Homeoffice ja, Abgeltung nein Doch dieser optimistische Blick wird bereits durch die Schnelligkeit ein- getrübt, in der sich der euphorische Applaus für systemrelevante Be- Sebastian Thieme ist promovierter Volkswirt rufe verflüchtigte. Ernüchternd wirkt und Publizist mit Schwerpunkt Wirtschafts- ebenfalls, wenn das Homeoffice wäh- ethik und Subsistenzethik, Lehrverpflichtungen rend Corona an Popularität gewinnt, führten ihn u.a. an die Universitäten Hamburg aber bislang keine Diskussion darü- und Kassel sowie die Fachhochschule Harz in ber stattfindet, dass Homeoffice zu- Halberstadt. 2015-2016 war Sebastian Thieme sätzlichen Raum, zusätzliche Aus- Schasching-Fellow an der Katholischen Sozial- stattung usw. erfordert und dieses akademie Österreichs sich selbstverständlich in der Entloh- (s. auch Buchhinweis auf S. 20 in diesem Heft) nung und in der Angemessenheit des FOTO: PRIVAT 8 ZeitZeichen
hübschen und Alternativen abseits sichernden Arbeitsplatz anbieten soll. retische Zugänge, die integrativ-in- einer verklärten Marktwirtschaft ab- Diese klingt im ersten Moment gut, terdisziplinär ausgerichtet sind und werten. Dann ist vom „grünen“ oder aber: Es sind dann zwingend Klar- dazu befähigen, systemtransforma- „progressiven Kapitalismus“ die Rede, stellungen notwendig, wie sich diese tive Alternativen zu denken. Konkret womit hilflos versucht wird, jener Jobgarantien zu einem Arbeitszwang bräuchte es Ansätze, die die Selbst- Wirtschaftsweise, die vielen Menschen verhalten. Bislang gilt hier der Grund- erhaltung und Existenzsicherung als als verantwortlich für ökologische und satz, dass gemeinschaftlich organi- Wirtschaftsmotiv angemessen be- soziale Probleme gilt, einen neuen sierte Tätigkeiten die Privatwirtschaft rücksichtigen, die Wirtschaft als wech- Anstrich zu geben. Im Kern ist das le- nicht bedrängen dürfen. Damit ist ein selwirkendes Sozial- und Kulturphä- diglich eine konservative Anpassung: Konflikt zwischen Privatwirtschaft und nomen begreifen, ethische Motive Nur so viel Änderung, wie insgesamt gemeinschaftlichen (gemeinnützigen) beachten und der Sorgearbeit endlich nichts geändert werden muss. Damit Tätigkeiten vorprogrammiert, der aber die basale Bedeutung einräumen, die werden Systeme angepasst, aber nicht nicht ausbuchstabiert wird. Und wäre ihr real auch zukommt. Die gute Nach- transformiert – und Systemprobleme nicht auch über andere – genossen- richt ist, dass entsprechende Kon- laufen Gefahr verschleppt zu werden. schaftliche und solidarische, aber auch zepte bereits existieren, zum Beispiel gesellschaftlich organisierte – Wirt- verschiedene Wirtschaftsethiken oder Wertfragen nur oberflächlich schaftsformen nachzudenken, die im Ansätze aus dem Bereich der sozial- behandelt Zweifel sogar gegen marktwirtschaft- wissenschaftlichen Ökonomik (Sozial- Doch es wäre verkürzt, die Hinder- liche Interessen zu schützen sind? ökonomik, feministische Ökonomiken, nisse für systemtransformatives Den- Hauswirtschaft etc.). ken einzig in der Dominanz marktli- Mit der Jobgarantie wird weiterhin der beraler Ökonom*innen zu sehen. Die Erwerbsmythos (sich die eigene Exis- Dem gegenüber ist aber bislang nicht vielen damit verbundenen Wertfra- tenz durch Erwerbsarbeit sichern zu zu erkennen, dass solch eine Exper- gen im ökonomischen Kontext werden müssen) sowie das Ideal einer Voll- tise gepflegt und ermöglicht wird. auch unter kritischen Ökonom*innen – zeittätigkeit forciert. Warum das ein Nach wie vor scheint an Hochschulen wenn überhaupt dann – oberflächlich Problem ist, das zeigt Teresa Bücker kaum Platz zu sein für (echte) Wirt- behandelt. Das gilt zum Beispiel für eindrucksvoll in ihrem Essay „Zeit, die schaftsethik und sozialwissenschaft- Debatten zur Verteilung von Einkom- es braucht: Care-Politik als Zeit-Poli- liche Ökonomik. Auch Arbeitneh- men und Vermögen, wenn sie auf sta- tik“: „Die Vollzeitberufstätigkeit aller mer*innen-Vertretungen, Stiftungen, tistische Erhebungen reduziert sind. Menschen als Ideal zu setzen, igno- Forschungsinstitute usw. leisten sich Denn Verteilungsfragen sind selbst- riert, dass Care-Arbeit eine Konstante im Grunde keine solche Expertise. Und verständlich Gerechtigkeitsfragen, die ist und nicht weniger wird, sobald im Bereich der Pluralen Ökonomik, auch normativ, wirtschaftsethisch gut Menschen mehr Stunden mit Erwerbs- die eigentlich ganz anders als die for- analysiert werden müssen. Ohne diese arbeit verbringen.“ Deshalb „müsste mal-mathematische Mainstream-Öko- Expertise gibt es kein Fundament, um anerkannt werden, dass der zeitliche nomik sein will, dominiert eine hetero- zum Beispiel solide über die Forde- Aufwand von privater Care-Arbeit es doxe Modellökonomik mit ebenfalls rung nach einer Vermögenssteuer zu schon jetzt erfordert, den zeitlichen formal-mathematischer Ausprägung. diskutieren, was diese Forderung der Umfang von Erwerbsarbeit so neu zu Gefahr aussetzt, im politischen Pro- verteilen, dass eine Vollzeiterwerbstä- Wer dagegen ernsthaft über Mög- zess bis zur Unwirksamkeit herunter- tigkeit deutlich weniger als 40 Stun- lichkeiten für eine sozial-ökologi- gehandelt zu werden. Das zeigt sich den umfasst.“ Unter diesem Vorzei- sche Transformation nachdenken will, bereits am Mindestlohn in Deutsch- chen liest sich die Debatte um eine braucht aber mit Blick auf Wirtschafts- land, der seinen zentralen Funktionen Jobgarantie ganz anders und müsste fragen echte integrativ-interdiszipli- – insbesondere die der Existenzsiche- im Sinne einer sozial-ökologischen näre Alternativen. Das wiederum er- rung – nur schwer nachkommt. Transformation auch ganz anders ge- fordert einen geistigen Wandel, für führt werden. den Räume geschaffen werden müs- Jobgarantie im Sinne einer sozial- sen, an Hochschulen, in Forschungs- ökologischen Transformation Es braucht wirtschaftstheoretische instituten, NGOs und anderen gesell- debattieren Zugänge, die Systemtransformation schaftlichen Institutionen. Bislang hält Ähnlich schwierig ist die Idee einer denkbar machen sich das jedoch in sehr überschauba- Jobgarantie zu sehen, bei der er- All das ist mit normativen Fragestel- ren Grenzen. werbslosen Menschen im Zweifel der lungen verbunden. Was es deshalb Staat/die Gesellschaft einen existenz- bräuchte, das sind wirtschaftstheo- November 2020 9
„Zeit“ lautet die Währung Es geht auch anders: 30 Stunden bei vollem Lohnausgleich und nachhaltigem Erfolg Als das oberösterreichische Online-Marketing-Unternehmen „eMagnetix“ im Oktober 2018 Ernst machte mit dem - u.a. von der Katholischen ArbeitnehmerInnen Bewegung vertretenen - Konzept der Einführung einer 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich (#30sindgenug), war es allein auf weiter Flur. Heute, zwei Jahre später, ist es das noch immer. Kein österreichischer Betrieb in vergleichbarer Größe folgte dem Prototypen, obgleich der für enormes Aufsehen und einen anhaltenden medialen Hype sorgte. Zum Zwei-Jahres-Jubiläum der Betriebs-Umstellung am ersten Oktober zieht der Geschäftsführer von „eMagnetix“, KLAUS HOCHREITER, eine positive Bilanz: „Wir haben unser Ziel erreicht: nachhaltig erfolgreich zu sein“. KH: Konkrete Zahlen kann ich nicht erreichen da im Durchschnitt 4 von 5 nennen, aber klar ist: so eine Umstel- Punkten. Wir haben in den vergange- lung ist eine langfristige Investition in nen zwei Jahren nicht nur unsere Be- zufriedene Mitarbeiter*innen, und das legschaft verdoppelt, wir haben unser macht auch zufriedene Kund*innen. know-how vervielfacht, haben einen Schauen wir auf die Bewerber*innen- zweiten Standort eröffnet und vor ei- quote: vor fünf Jahren haben sich auf nem Jahr eine Digitalisierungsoffensive Einstiegsjobs bei uns durchschnitt- gestartet, die Infrastruktur neu organi- lich 10 Personen beworben, auf Jobs, siert: mobile Arbeitsplätze für alle, di- die Erfahrung vorausgesetzt haben, gitale Kommunikationstools, ein Vi- oft über Monate hinweg gar niemand. deokonferenzsystem… Das hat uns im Das liegt am Fachkräftemangel. Mit Lockdown während des Frühjahrs sehr Klaus Hochreiter, Geschäftsführer von unserem Betriebsstandort in Bad Le- genutzt. Ohne unsere Entscheidung für „eMagnetix“, hat das online-Marketing- onfelden sind wir nur 30km von Linz das 30-Stunden-Modell hätten wir die Unternehmen 2008 gegründet entfernt, dort gibt es eine rege start- Möglichkeiten für derlei infrastruktu- FOTO: EMAGNETIX up-Szene. Die Fachkräfte, die wir benö- relle Änderungen nicht gehabt. Wir ha- tigen, kommen aus Fachhochschulen ben also unser Ziel erreicht: nachhaltig ZZ: Am 1. Oktober feierte „eMagne- und Universitäten, aus den Bereichen erfolgreich zu sein. tix“ in Bad Leonfelden das „Zwei-Jah- e-commerce, e-business, digitales ZZ: Welche Erfahrungen haben Sie mit res-Jubiläum“ als ein Betrieb, in dem Marketing. Wir hatten ein leicht ange- der Verlagerung von Arbeit in den digi- mittlerweile 30 Mitarbeiter*innen ge- staubtes Image und mussten uns pro- talen Raum gemacht? treu dem Motto „30 Stunden sind ge- filieren. Heute bewerben sich auf den KH: Zum home-office: die Nachteile nug“ nur noch 30 Stunden in der Wo- gleichen Job, der früher niemanden an- liegen auf der Hand – es fehlt die Kör- che arbeiten, aber den Lohn für eine zog, bis zu 80 Personen. persprache in der Kommunikation, der Vollzeitanstellung erhalten. Wie schaut ZZ: Die Umstellung hat seinerzeit auch Austausch mit den Kolleg*innen fällt Ihre Erfolgs-Bilanz nach zwei Jahren ein großes Medien-Echo ausgelöst… weg. Nach acht Wochen home-office Feldversuch aus? KH: Ja, wir haben eine hohe Medi- in diesem Frühjahr haben wir eine Um- KH: Trotz detaillierter Planung gab en-Präsenz, eine große Reichweite mit frage unter unseren Mitarbeiter*innen es einige offene Fragen bis zuletzt. Es unserer Idee erreicht. Wir können nun gemacht, wie sie es mit home-office hat Herausforderungen gegeben, und Schlüsselfunktionen doppelt besetzen. künftig halten wollen. Es gibt da sehr wir haben immer wieder nachgebes- Unsere Mitarbeiter*innen sind nicht unterschiedliche Positionen, auch auf- sert. Der Hintergrund: wir sind stark einfach „Mitarbeiter*innen“, wir spre- grund von unterschiedlichen Voraus- gewachsen, haben uns als Belegschaft chen von „eMagneten“. Die Zufrieden- setzungen – z.B. Unterschiede in der mehr als verdoppelt. Insgesamt hat heit am Arbeitsplatz hat sich enorm er- Wohnungsgröße daheim oder der Sta- sich gezeigt: die Vorteile des Modells höht, 83% der Menschen, die bei uns bilität des Internet. Daher braucht es überwiegen eindeutig. arbeiten, fühlen sich gesünder seit sie flexible Lösungen. Schlussendlich ha- ZZ: Ist eine Umstellung, wie Sie sie vor- im 30-Stunden-Modell arbeiten. Ein- ben wir uns jetzt für ein geringes Kon- genommen haben, nicht mit hohen mal im Monat machen wir unter ih- tingent an home-office entschieden: Kosten verbunden? nen eine „happiness-Umfrage“, und wir man kann das einen Tag lang im Mo- 10 ZeitZeichen
nat machen. Flexibilität beruht bei uns sich also was in diese Richtung. Es wird auf einem ganzen Maßnahmenpaket: deutlich, dass die work-life-balance ge- wir bieten die 30-Stunden-Woche, ho- fördert gehört, egal wie. Die Währung me-office wie oben beschrieben, fle- lautet „Zeit“. Die Jungen wollen das. xible Arbeitszeiten, also Gleitzeit, und Wenn ich nichts anzubieten habe, hab seit kurzem die Möglichkeit, die 30 ich keine Chance, gute Arbeitskräfte zu Stunden pro Woche auf lediglich vier finden: wo Fachkräftemangel ist, stel- statt bisher fünf Tage pro Woche zu len die Jungen Forderungen. Mir ha- verteilen. Flexibel sein ist DIE Lösung. ben manche Bewerber schon den Satz ZZ: Wie erleben Sie die Unterneh- geklaut, den klassischerweise die Ge- mens-Szene in Ihrem Umfeld? Gibt es schäftsführung für den Bewerber be- in Sachen „Arbeitszeitverkürzung“ eine reit hält: „Ich werde es mir überlegen Entwicklung? und melde mich.“ Heute lebt man nicht KH: Vor zwei Jahren waren wir die ers- mehr, um zu arbeiten, sondern man ar- ten in Österreich, die bei dieser Un- beitet, um zu leben. ternehmensgröße auf 30 Stunden bei ZZ: Was raten Sie Unternehmen, die vollem Lohnausgleich umgestellt ha- Schritte in Richtung des Modells über- FOTO: EMAGNETIX ben. Es gab und gibt andere Firmen, legen, das „E-Magnetix“ umgesetzt hat? die auch mit der Stundenzahl herun- KH: Man muss solche Modelle gut vor- tergegangen sind, aber nicht so weit. bereiten. Und vor allem: die Mitarbei- CARINA, 29, Dann gibt es Betriebe, wie etwa der ter*innen miteinbeziehen. Auf unseren seit fünf Jahren bei „eMagnetix“ im Baumarkt Hornbach, die eine sechste Start 2018 haben wir uns zwei Jahre Content Marketing tätig, master-Stu- Urlaubswoche eingeführt haben. Es tut lang vorbereitet. dium der Kommunikationswissen- Interview: Elisabeth Ohnemus schaft an der Universität Salzburg. Ich habe alles miterlebt bei „eMa- gnetix“: Den Testlauf mit zuerst 34 CLAUDIA, 29, Stunden, dann mit 30 Stunden. Das Projektmanagerin und Kundenbe- Modell jetzt – 30 Stunden-Woche raterin bei „eMagnetix“, Absolventin in Kombination mit Gleitzeit - bietet des Studiengangs „Marketing und extrem viele Vorteile. Mein Freund e-business“ an der Fachhochschule z.B. ist Schichtarbeiter. Die Flexibilität in Steyr, master-Studium w-Wissen- an meinem Arbeitsplatz ermöglicht schaft an der Universität Linz. uns viel mehr gemeinsame Freizeit. Es ist einfach ein „Mehr an Freizeit“, Hobbies, Weiterbildung – auch un- was dieses Modell abwirft. Selbst im ter der Woche: das ist möglich. Auf Winter hat man vom Tag noch was. diese Idee wäre ich nie gekommen. Ich hab viel mehr Zeit für Freund*in- Auch für Freund*innen und Fami- nen und Familie, hab Zeit, täglich lie ist mehr Zeit. Und was auch ganz frisch zu kochen. Ich fühl mich da- wichtig ist: im Winter bleibt mir Zeit mit einfach ausgeglichener und ge- für mich bei Tageslicht – wenn ich sünder, war auch schon länger nicht z.B. schon um 14 Uhr aus der Arbeit mehr krank. Man geht mit einer ganz gehe. Ich fühle mich viel gesünder anderen Motivation in die Arbeit. Und und erholter. Oft gehe ich vor der Ar- jetzt, wo ich schwanger bin, fühle ich beit noch ins Fitness-Studio, ich kann mich einfach gut aufgehoben für die meine Einkäufe auch außerhalb der Zukunft. Die Möglichkeiten, Beruf Stoßzeit erledigen und meine Arzt- und Familie zu vereinbaren, sind gut. termine besser einteilen. Das Team von eMagnetix, mittlerweile 30 Mitarbeiter*innen stark. Geschäftsführer Klaus Hochreiter: „Flexibilität beruht bei uns auf einem ganzen Maßnahmenpaket: wir bieten die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, home-office, flexible Arbeitszeiten, also Gleitzeit, und seit kurzem die Möglich- keit, die 30 Stunden pro Woche auf lediglich vier statt bisher fünf Tage pro Woche zu verteilen. Flexi- bel sein ist DIE Lösung.“ FOTO: EMAGNETIX November 2020 11
Transformation gestalten Bundeskonferenz der KABÖ diskutiert drängende Themen der Zeit Vertreter*innen der Katholischen ArbeitnehmerInnen Bewegung aus fünf Diözesen trafen sich am 9. und 10. Oktober zu einer Bundeskonferenz im slowenischen Bildungshaus Sodalitas im kärntnerischen Tinje/Tainach, um – Corona bedingt - nach einem Jahr wieder die gemeinsame Arbeit zu reflektieren und zu planen. B ei der Tagung ging es in erster sinnvoll verteilt und gerecht bezahlt? Linie um die Auseinanderset- Wie kann das Sozialsystem weiterent- zung mit den sozialen Aus- wickelt werden, um allen Menschen in wirkungen der Pandemie. Diskutiert Österreich eine ausreichende existen- wurden steigende Existenzängste und zielle Grundsicherung zu gewähren? – Armut durch hohe Arbeits- und Ein- Wie gelingt eine nachhaltige Transfor- kommenslosigkeit, die hohe und kom- mation unserer Wirtschaftsweise? Im plexe Belastung von Frauen, die Gefahr Hinblick auf das Jubiläum zu „130 Jahre der gesellschaftlichen Spaltung durch Katholische Soziallehre“ soll es im Mai die stärkere Betroffenheit von armen 2021 einen Aktionsmonat geben, der und benachteiligten Menschen und die sich mit diesen Fragen auseinander- Gottesdienst mit dem Kärntner Diözesanbischof Sorge um die Einhaltung demokrati- setzt. In allen Diözesen laufen dazu be- Josef Marketz FOTO: ANNA WALL-STRASSER scher Grundrechte. reits Vorbereitungen. Thema war aber auch das angesichts Das Treffen in Kärnten wurde auch Sozialakademie. Wie man aufseiten der Krise gestiegene Bewusstsein vom zu einer Begegnung mit dem neuen der KABÖ betonte, braucht eine glaub- Wert des Sozialstaats und von der Not- Kärntner Diözesanbischof Josef Mar- würdige Verkündigung des Evangeli- wendigkeit, das Wirtschaftssystem ketz genützt. Debattiert wurde die so- ums sozialethische Kompetenz, wie sie grundlegend zu ändern. Wesentliche ziale Frage, auch als Sorge der Gesamt- die ksoe stets zur Verfügung gestellt Fragen werden nach Ansicht der KABÖ kirche, und im Zusammenhang damit habe, auch einer KABÖ. Das sei auch dabei sein: Wie wird Arbeit in Zukunft u.a. die Schließung der Katholischen weiterhin notwendig. Bischof Mar- ketz wurde dieses dringliche Anliegen in einem ausführlichen Gespräch zur Übermittlung an die Bischofskonferenz mitgegeben. Die Wahl des Tagungsortes der Bun- deskonferenz orientierte sich dieses Mal am 100-Jahr-Jubiläum der Kärnt- ner Volksabstimmung, das am 10. Ok- tober begangen wurde. Die KABÖ be- grüßte dazu den Historiker Marjan Die sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie und notwendige Transformationen in Wirtschaft, Sturm als Referenten (s. nachfolgender Arbeitswelt und Sozialstaat standen bei der Bundeskonferenz der KABÖ in Tainach/Tinje zur Debatte Bericht von Martin Hochegger). FOTO: ANNA WALL-STRASSER Aussöhnung mit der Geschichte hundert Jahre Volksabstimmung in Kärnten: Just an dem Tag, an dem das offizielle Österreich in Klagenfurt im Rahmen eines großen Festaktes der Volksabstimmung vor Hundert Jahren gedachte, konnten wir am Morgen dieses denkwürdigen Tages im Rahmen unserer Bundestagung mit Marjan Sturm einen sehr prominenten Vertreter der KärntnerSlowen*innen als Referenten begrüßen. VON MARTIN HOCHEGGER 12 ZeitZeichen
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