Spannungsklassen in der Elektromobilität - Ausgabe 2021 - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie - ZVEI
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Spannungsklassen in der Elektromobilität Ausgabe 2021 Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie
Spannungsklassen in der Elektromobilität Ausgabe 2021 Impressum Herausgeber: ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie e.V. Fachverband Electronic Components and Systems Fachverband PCB and Electronic Systems Lyoner Straße 9 60528 Frankfurt am Main Telefon: +49 69 6302-276 Fax: +49 69 6302-407 E-Mail: zvei-be@zvei.org www.zvei.org Verantwortlich: Hans-Martin Fischer, ZVEI Autoren: ZVEI-Task Force Spannungsklassen: Bertrandt Coroplast Fritz Müller Delphi Deutschland Heraeus Materials Technology Huber & Suhner Infineon Technologies Kostal Kontakt Systeme Leopold Kostal Lenze Schmidhauser Leoni Kabel Robert Bosch Schweizer Electronic TE Connectivity Germany Tyco Electronics AMP Webasto SE Webasto Thermo & Comfort SE Vancom ZF Friedrichshafen Juli 2021 Trotz größtmöglicher Sorgfalt übernimmt der ZVEI keine Haftung für den Inhalt. Alle Rechte, ins- besondere die zur Speicherung, Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, sind vorbehalten.
1 Adressatenkreis und Zielsetzung Die Elektromobilität befindet sich in einer dynami- schen Entwicklung. Dabei treffen neue technologi- sche Ansätze auf klassisch bewährte, sowohl was Elektrotechnik und Elektronik, als auch was ihre Verbindung mit der klassischen Verbrennungsmo- torentechnik betrifft. Dieses Dokument soll einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik und die Harmoni- sierung bzw. Standardisierung der erforderlichen Spannungsklassen geben. Es richtet sich an die Berufs- und Interessengruppen, die in Entwick- lung, Technik, Produktion und Service mit der Elektrifizierung des Antriebsstrangs konfrontiert werden. Zudem soll es ZVEI-Arbeitsgremien und -Mitgliedern, die in Teilbereichen komponenten- spezifisch arbeiten, dazu dienen, ihre Kenntnisse der Zusammenhänge aus Gesamtsystemsicht zu vertiefen. 3
Inhaltsverzeichnis 1 Adressatenkreis und Zielsetzung 3 Inhaltsverzeichnis 4 2 Editorial 6 3 Technische Einleitung 8 4 48 V-Spannungsebene 11 5 Hochvolt 12 6 Anbindung an die Ladeinfrastruktur 12 7 Zusammenspiel verschiedener Spannungsebenen 13 8 Batterien 14 9 Leistungselektronik 16 10 Schütze 17 11 Energieverteilung 18 11.1 Hochvolt-Leitungen für Straßenfahrzeuge – Spannungsklassen 18 11.2 Hochvolt-Leitungen für Straßenfahrzeuge – Aufbaumerkmale 19 11.3 Hochvolt-Leitungen für Straßenfahrzeuge – Deratingdefinition 20 11.4 Hochvolt-Leitungen für Str aßenfahrzeuge – Anforderungen 23 12 Hochvolt-Steckverbinder 25 12.1 Steckverbinder mit Sicherheitsverriegelung 26 13 Laderegler und DC/DC-Wandler 27 13.1 Laderegler 27 13.2 DC/DC-Wandler 28 14 Spannung der Antriebsmaschinen 29 15 Thermisches Management 30 16 Regularien, Normung & Standardisierung 30 17 Sicherheit: Gefährdungspotentiale im Umgang mit HV-Spannungen 31 17.1 Wirkung des elektrischen Stroms auf den Körper 31 17.2 Elektrische Sicherheit im Unternehmen 31 17.2 Elektrische Sicherheit im Unternehmen 31 17.3 Schutzkonzept 32 17.4 Schutzmaßnahmen 32 4
18 Lebensdauer 34 19 Offene Fragen 37 19.1 Weitere Optimierungsgrößen 37 20 Zukunftsausblick und Fazit 38 21 Literaturhinweise 39 22 Abkürzungsverzeichnis 40 5
2 Editorial Ein Blick in die Automobilgeschichte zeigt, dass Im April 2019 haben die EU-Staaten neue, noch- viele der ersten nicht von Pferden bewegten mals stark reduzierte CO2-Grenzwerte für Neuwa- Kutschen mit einem Elektroantrieb ausgestat- gen beschlossen. Bis 2030 muss der Kohlendio- tet waren. Dass in den folgenden Jahrzehnten xid-Ausstoß von Neuwagen um 37,5 Prozent im die Historie von Verbrennungsmotoren geprägt Vergleich zu 2021 reduziert werden. Dies ist nur wurde, ist auf die erhebliche Entwicklungsarbeit mit einem starken Ausbau des E-Fahrzeuganteils zurückzuführen, die dazu führte, dass der Ver- erreichbar. brennungsmotor seine anfängliche Pannenanfäl- ligkeit und Bedienungsunfreundlichkeit überwand Hybridantriebe haben sich mittlerweile etabliert. und praxis- und langstreckentauglich wurde. Marktgerechter Wettbewerb führte zum Einzug Heute aber, nach intensiver Forschung und Ent- dieser Technik in europäische und andere Fahr- wicklung auf dem Gebiet der Elektromobilität, zeuge. Der damit einhergehende Entwicklungs- erfahren wir, dass mit dieser innovativen Technik boom traf auf eine Verfügbarkeit von Hochvolt nicht nur unter gewissen Gesichtspunkten wie (HV)-Komponenten, die zwar in der Militär- und Feinstaub- und CO2-Reduzierung bei entsprechen- der Flugzeugtechnik sowie in der Industrie und den Strommix, dem Umweltschutz genüge getan der Traktion (Straßenbahn und Züge etc.) Ver- werden kann, sondern wesentlich erhöhte Fahr- wendung finden, aber die automobiltechnischen dynamik und Fahrfreude damit einhergehen. Das Anforderungen weit überschritten und nicht den lässt erwarten, dass zukünftig die Elektrifizierung preislichen Vorstellungen der Automobilhersteller des Antriebsstrangs weiter zunehmen wird und bei entsprachen. Diese Komponenten fanden trotz- einer wachsenden Käuferschicht Interesse finden dem zunächst in den frühen nichtasiatischen Hyb- wird. ridfahrzeugen Anwendung, wurden aber sukzes- sive durch geeignetere Komponenten ersetzt, die Das wieder erwachte Interesse an der E-Mobilität erst einmal spezifiziert, entwickelt und hergestellt oder der Hybridtechnologie – und damit an elek- werden mussten. trischen Antrieben – hat seinen Ausgangspunkt an umweltpolitischen Zielsetzungen. Mit der Heute steht uns eine Vielzahl von HV-Komponen- Markteinführung von allradgetriebenen Hybrid- ten zur Verfügung, die die technischen Anforde- fahrzeugen wurde jedoch deutlich, dass sich im rungen erfüllen und preislich im automobilen Parallelbetrieb zweier unterschiedlicher Antriebs- Umfeld akzeptabel erscheinen. Es ist zu erwar- technologien (thermischer Motor plus elektrische ten, dass in der Zukunft der Hybridantrieb und Maschine) beträchtliche Drehmomentwerte und insbesondere der rein elektrische Antrieb neben damit beeindruckende Beschleunigungswerte den fahrdynamischen Vorteilen auch preislich an erreichen ließen, bei gleichzeitiger Optimierung Attraktivität gewinnen werden. des Arbeitsbereichs der Verbrennungskraftma- schine. Damit wurde im Sinne der Technologieof- Angesichts der Evolution der Hybridmechanisie- fenheit eine weitere Möglichkeit der schrittweisen rungen bei Pfz und Nkw ist davon auszugehen, Erhöhung der elektrischen Fahranteile angebo- dass sich in naher Zukunft die folgenden Archi- ten. Ein sich änderndes Umweltbewusstsein auf tekturen in den meisten Fahrzeugen wiederfinden der einen, und einem politischen Druck auf der werden, anschließend schematisch mit den zurzeit anderen Seite haben dazu geführt, dass es bei den möglichen Optionen dargestellt (Abb. 1 – Abb. 3). Automobilherstellern eine grundlegende Neuaus- richtung bei der Entwicklung von Elektrofahrzeu- Die nachfolgenden Abhandlungen konzentrieren gen etabliert hat. Die Akzeptanz von elektrisch sich auf den aktuellen Stand der verschiedenen betriebenen Fahrzeugen hat stark zugenommen. Spannungsebenen und deren Einsatz in Pkw und Der hohe Anschaffungspreis gegenüber Verbren- Nkz. Näher untersucht werden zudem die techni- nungsmotoren und die psychologisch nicht zu schen Auswirkungen auf die in Hybridfahrzeugen unterschätzende Reichweitenangst stellen noch eingesetzten Komponenten. Nicht betrachtet wer- Hemmnisse dar, welche aber erwartungsgemäß den die Spannungsebenen innerhalb der E-Mobi- durch den Zuwachs neuer Fahrzeugmodelle und litätsinfrastruktur. den Ausbau der Ladeinfrastruktur reduziert wer- den. 6
Abb. 1: 14 V – 48 V Basis-Architektur Herausforderungen und Lösungen zur Einführung von 48V Basis – Architektur Micro / Mild Hybrid Funktionalität E - Boost Erweiterte 14V – 48V Leistungs- pro Funktion Basis Architektur anforderung etwa 5-12 kW 0,5 kW bis 5 kW DC / DC Inverter 12 V Batterie 14V Verbraucher 48 V M/G Batterie Aktives Fahrwerk ASC Klima - Elektrische Lenkung Kompressor FSH BdSG Heiz. I Klimakompressor Motor - Lüfter Motor S G Kühlerlüfter Inverter DC / DC EPS 48V Beheizte Frontscheibe 12V Batterie Batterie Elektrische Heizung Quelle: Delphi Deutschland Abb. 2: 24 V – HV – E/E-System, Hybrid-Nkz NKW Hybrid Architektur 24 V – HV – E/E System Hybrid-NKW DC / DC Inverter Inverter AC Lader 24 V Batterie HV M M/G Kühler Lüfter Batterie 24 V Verbraucher Gebläse Klimaanlage Druckluftpumpe M Beheizte Frontscheibe Klima - Elektrische Lenkung M Kompressor FSH AC Lader Klimakompressor M Motor- DC / DC Lüfter Motor- HV Motor Generator Batterie Inverter Heiz. Elektrische Heizung EPS 24 V Batterie Quelle: Delphi Deutschland Abb. 3: 14 V – 48 V – HV – E/E-System Herausforderungen und Lösungen zur Einführung von 48 V 48 V im Hybrid – Fahrzeug 14 V – 48 V – HV – E/E System Hybrid-Fahrzeug Integrierte LE DC / DC DC / DC Inverter 12 V Batterie 14V Verbraucher 48 V HV M/G Batterie Batterie Aktives Fahrwerk ASC Klima- Elektrische Lenkung Kompressor FSH Heiz. DC / DC Klimakompressor Motor- Lüfter Motor- HV Motor Generator Batterie Inverter Kühlerlüfter DC / DC EPS 48V Beheizte Frontscheibe 12 V Batterie Batterie Elektrische Heizung Quelle: Delphi Deutschland 7
3 Technische Einleitung Hinsichtlich intensiven Engagements der Automo- Hinzu kommt die Notwendigkeit, Funktionen, bilindustrie, die Elektrifizierung des Antriebsstran- die beim Betrieb thermischer Antriebsmaschinen ges Wirklichkeit werden zu lassen, stellt sich im heute mechanisch und weitestgehend perma- Hinblick auf die dazu notwendigen Anwendungen nent angetrieben werden, zukünftig losgelöst von die Frage nach der technischen Umsetzbarkeit mit Drehzahl und Drehmoment elektrisch und damit Fokus auf die zu verwendenden Spannungsebe- unabhängig vom Zustand und Verhalten der Ver- nen. brennungsmaschine (sofern vorhanden) zu betrei- ben. Waren bisher Spannungen größer 12/24 Volt und oberhalb der Kleinspannung Industrie- und Haus- Während die gängigen Spannungsebenen weit- haltsapplikationen vorbehalten, so erfordert die gehend durch den VDE standardisiert sind, fehlt elektrische Antriebsleistung in Pkz und Nkw bis zum jetzigen Zeitpunkt ein allgemein gültiger hin zu einigen hundert Kilowatt höhere Spannun- Standard für Abb. 6 Spannungsbereiche > 60 VDC gen, um die stromstärkenbedingten Leitungsquer- im Automobil. schnitte noch handhabbar zu gestalten (Abb. 4). Abb. 4: Motor- und Batteriestrom – Systemspannung Motor- und Ba�erie-Strom 60V in Abhängigkeit der Systemspannung 10000 A 3 kW 10 kW 1000 A 50 kW 100 kW 150 kW 100 A 200 kW 250 kW 10 A 1A 0V 100 V 200 V 300 V 400 V 500 V 600 V 700 V 800 V 900 V 1000 V Quelle: Lenze Schmidhauser Abb. 5: Die Spannungen im 12 Volt-Bordnetz 12 Volt Specifica�on 0V 9V 11 V 14,3 V 16 V 20 V Reverse Min. Voltage Min. voltage Max Voltage Max. Max. dynamic Polarity Engine Start engine off engine con�nious overvoltage not allowed running overvoltage Load dump 24 Volt Specifica�on 0V 8-12 V 12-16 V 16-18 V 18-32 V 32-36 V 36-58 V Reverse Min. Dynamic Min. Sta�c Limited Regular opera�ng Voltage Sta�c Dynamic Polarity Voltage Voltage con�nuous Overvoltage Overvoltage not allowed Engine Start Engine Start Voltage Quelle: ZVEI 8
Abb. 6: Low Voltage-Bereich der Spannungen Spannungsbereiche Quelle: LV 148 (VW 82148 Ausgabe 2011-09) Quelle: Delphi Deutschland Hinzu kommt die Notwendigkeit, Funktionen, Bei den unterschiedlichen Elektro- und Hybridan- die beim Betrieb thermischer Antriebsmaschinen trieben orientiert sich die Wahl der Spannungse- heute mechanisch und weitestgehend perma- benen an den jeweiligen Applikationen innerhalb nent angetrieben werden, zukünftig losgelöst von des elektrischen Antriebsstrangs, und der Neben- Drehzahl und Drehmoment elektrisch und damit aggregate, was zu einer gewissen Individualität unabhängig vom Zustand und Verhalten der Ver- und Vielfalt führt. brennungsmaschine (sofern vorhanden) zu betrei- ben. Die elektrischen Architekturen und deren physi- kalische Realisierung sind den jeweiligen Anfor- Während die gängigen Spannungsebenen weit- derungen des Antriebsstranges angepasst. Eine gehend durch den VDE standardisiert sind, fehlt Vereinheitlichung (Standardisierung) an dieser zum jetzigen Zeitpunkt ein allgemein gültiger Stelle würde im Hinblick auf die Kosten den ent- Standard für die Spannungsbereiche > 60 VDC im scheidenden Beitrag leisten. Automobil. Höhere Spannungen - und damit niedrigere Ströme – Stand der Technik: bewirken tendenziell Kostenvorteile im Bereich Die zurzeit gängigen 12/24 Volt-Ebenen dienen der Energieverteilung (Steckverbinder, Kabelquer- nach wie vor der Versorgung der meisten Fahr- schnitte etc.). In der Batterietechnik wiederum zeug- und Komfortfunktionen. Sie werden im werden aus Kostengründen niedrigere Spannun- Automobil auch weiterhin dafür Verwendung fin- gen bevorzugt, weil dadurch die Zahl der seriellen den. Zellen und deren Verbindungen reduziert werden 9
und der Aufwand für das Batteriemanagement sinkt. Die Wahl der (kosten-)optimalen Spannung ist ein übergreifendes Systemthema und kann allein aus Komponentensicht nicht zufriedenstellend beant- wortet werden. Während die elektrischen Antriebskomponenten in den Industrieanwendungen kostenintensive Reserven in der Auslegung auch in Bezug auf ihren Bauraum und die Dauerbelastbarkeit haben, ist dies im kostensensiblen und hochvolumigen Automobilbau nicht hinnehmbar. Zurzeit sind die elektrischen Architekturen und deren physikali- sche Realisierung individuell auf den jeweiligen Fahrzeugtyp zugeschnitten. Die Kostenoptimie- rung durch die mögliche Vereinheitlichung wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bevor sich in der Automobilentwicklung basierend auf posi- tiven Erfahrungswerten vorteilhafte Strukturen und Komponenten durchsetzen werden. Einige Hersteller gehen verstärkt zu Plattformentwick- lungen über und ermöglichen damit eine schnelle Skalierung, wobei die Integration von Mechanik und Elektronik eine zunehmende Funktionsver- dichtung und damit eine Reduzierung der Varian- tenvielfalt und damit im ersten Schritt eine Qua- sistandardisierung ermöglichen. Sicher ist, dass man hohe Spannungen benötigt, um Leistungen in der 100 kW-Liga zu transpor- tieren, die die Stromwerte im Rahmen der phy- sikalischen Realisierung in automobiltechnisch sinnvollen Grenzen halten. Zu übertragende elektrische Leistungen in dieser Größenordnung bei stationären oder mobilen Anwendungen wie Bahnen oder Gabelstaplern setzten bislang die Bedienung und Wartung durch elektrotechnisch geschultes Fachpersonal voraus. Bei der Nutzung von Pkzs wird diese Technik aber auch ungeschultem Personal und Endkunden zugänglich. Daher muss sichergestellt sein, dass diese vor unbeabsichtigtem Berühren von gefähr- lichen Spannungen geschützt sind. Das gilt für den normalen Betrieb des Fahrzeugs sowie beim Ser- vice in Werkstätten. Selbst im Falle eines Unfalls muss diese Sicherheit gegeben sein. Auf diesen Punkt wird an anderer Stelle noch eingegangen. 10
4 48 V-Spannungsebene Bereits heute hat sich neben den beiden Ebenen Technisch gesehen spiegelt die 48 V-Spannungs- 12/24 V und HV eine dritte Spannungsebene von ebene im Wesentlichen wider, was um die Jahr- 48 V etabliert. Sie ist u. a. für elektrische Aggre- tausendwende im Hinblick auf die 42 V-Techno- gate bis zu 20 kW vorgesehen. Zu nennen sind logie erarbeitet wurde. Das ist aus heutiger Sicht zum Beispiel Start-Stopp-Funktion (Boost und zu begrüßen, da die damaligen Erkenntnisse zum Rekuperation), Klimakompressoren, elektrische großen Anteil übernommen werden können und Heizer, Pumpen, Lenkungsantriebe und in Zukunft man sich weiterhin unterhalb der VDE-Klein- sicherlich noch einige Funktionen (Audio u. a.) spannungsgrenze (< 30 VAC, < 60 VDC) bewegt, mehr. In manchen Kleinfahrzeugen z. B. im asi- was aufwendige Personenschutzmaßnahmen wie atischen Raum wird eine 48 V Spannungsklasse Berührschutz, Potentialausgleich und Isolations- auch für den Hauptantriebsstrang genutzt. Ähnli- überwachung obsolet erscheinen lassen. Trotzdem che Tendenzen sind auch in Europa und den USA wird optional im Bereich der Steckverbinder ein denkbar. Überwachungskontakt vorgesehen, der das soge- nannte „Hot Plugging“ verhindern soll. Im Gegen- satz zum 12 V-Netz können im 48 V-Netz Lichtbö- gen auftreten, wenn eine bestromte Verbindung getrennt wird. Abb. 7: 48 V – Betriebsmodi Quelle: Kostal Kontakt Systeme Abb. 8: 48 V-Stecker Quelle: Kostal Kontakt Systeme 11
5 Hochvolt Mit dem 12 V-Spannungsnetz ist man an die Die HV-Ebene beträgt max. 60 < U ≤ 1500 VDC; Leistungsgrenze für Verbraucher im automobilen 30 < U ≤ 1000 VAC rms. Bereich gekommen. Um die elektrische Versor- gungssicherheit zu gewährleisten, wird die Span- nung entsprechend den Anforderungen erhöht. In der Pkz-Hybrid-Technik sind Batteriespannun- gen bis zu 400 Volt üblich, bei Nkz hingegen Spannungen bis zu 850 Volt. Diese Spannungen liegen in der Spannungsklasse B. 6 Anbindung an die Ladeinfrastruktur Bei der Anbindung an die Ladeinfrastruktur unter- In der Praxis haben sich marktseitig vor allem scheidet man grundsätzlich zwischen der Mög- zwei Spannungsklassen etabliert: 200-500 V und lichkeit eines Wechsel- oder eines Gleichstroman- 200-920 VDC. Ladespannungen > 1.000 VDC sind schlusses. denkbar und könnten zukünftig vor allem vom schweren Nutzlastverkehr getrieben werden. Beide Varianten sind in Ihren verschiedenen Aus- führungsformen in der Normenreihe IEC 61851-x Im Interesse der Verfügbarkeit bieten Elektrofahr- näher beschrieben. Im Falle der Einspeisung von zeuge, die an sich eine Ladespannung > 500 V Wechselstrom stehen je nach Land Nennspannun- erfordern mittels eines Hochsetzstellers auch die gen zwischen 100 V und 240 V im ein-, zwei- oder Möglichkeit an Ladepunkten mit DC-Spannung < dreiphasigen Betrieb zur Verfügung. Die Nennfre- 500 V geladen zu werden. quenzen betragen 50 HZ oder 60 Hz. Der Wech- selstrom wird mittels eines Onboard-Ladegerätes Die gesamte Ladeinfrastruktur unterliegt im Gel- (OBC) oder eines speziellen, dafür ausgelegten tungsbereich der Europäischen Union der Ver- Motorinverters in Gleichstrom umgewandelt und pflichtung einer herstellerseitigen Erklärung der an die Erfordernisse der Fahrzeugbatterie bzw. EU-Konformität. Dazu sind eine Reihe von EU-Di- des HV-Bordnetzes angepasst. Dabei wird häu- rektiven zu erfüllen, beispielhaft seien hier die fig zugleich eine galvanische Trennung zwischen 2014-35 EU (Niederspannungsrichtlinie), 2014- dem speisenden, in der Regel geerdeten Wech- 30-EU (EMV) und die 2014-94-EU (Infrastruktur) selstromnetz und dem als IT-Netz ausgeführten genannt. Im Rahmen der Konformitätserklärung HV-Bordnetz herbeigeführt. Unter Berücksichti- werden für die Bewertung i. d. R. die einschlägi- gung spezifischer Schutzvorkehrungen kann diese gen harmonisierten Normen herangezogen. galvanische Trennung während des Ladevorgangs ggf. auch entfallen. Die fahrzeugseitigen Anforderungen an die Lade- schnittstelle sind in der ISO 17409 definiert. Das Laden mit Gleichstrom umfasst einen wesent- lich größeren Spannungsbereich, da sich die Ladespannungen direkt nach der jeweiligen Fahr- zeugbatterie richten. Die IEC 61851-23 deckt demzufolge den gesamten Niederspannungsbe- reich (im Sinne der Niederspannungsrichtlinie) bis 1.500 VDC ab. 12
7 Zusammenspiel verschiedener Spannungsebenen Die in einem Fahrzeug zur Anwendung kom- menden unterschiedlichen Spannungsebenen müssen voneinander getrennt, unabhängig und gleichzeitig arbeiten können. Für die einzelnen Spannungsebenen sind die gängigen Absiche- rungsverfahren anzuwenden, um den Leitungs- und Kurzschlussschutz sicher zu stellen. Das kann mittels Schmelzsicherungen oder durch elektro- nische Sicherungsverfahren erfolgen. Bei Auftre- ten von Fehlern zwischen zwei unterschiedlichen Spannungsebenen, erfordern Schutzbeschaltung und Detektion besondere technische Beachtung und eventuell zusätzliche Maßnahmen. Idealer- weise sollten unterschiedliche LV-Spannungsebe- nen galvanisch getrennt sein. Zwischen HV- und LV-Netz(en) muss eine galvanische Trennung erfolgen. Höchstmögliche Sicherheit kann hier durch räumliche Trennung der Beschaltung in der Weise gewährleistet werden, dass diese möglichst wenige physikalische Berührungspunkte haben und damit der Spannungsschluss nahezu ausge- schlossen werden kann. HV-Kabel und -Stecker sind bevorzugt in der Sig- nalfarbe Orange zu kennzeichnen. 13
8 Batterien An dieser Stelle wird lediglich ein kurzer Überblick Wichtige Kriterien für die Auslegung einer Batterie zur Batterietechnologie gegeben. Detaillierte Aus- sind: führungen hierzu sind beispielsweise im Buch von • Gravimetrische Energie (Wh/kg) Dr. Reiner Korthauer (Herausgeber) „Handbuch • Volumetrische Energie (Wh/l) Lithium-Ionen-Batterien“, Springer Verlag, zu fin- • Peak-Leistung (W/kg) den. • Leistung bei Kaltstart (W/kg) • Preis (Euro/kWh) In konventionellen Automobilen werden seit vie- len Jahrzehnten Blei-Akkumulatoren als Speicher Die gesetzten Bedingungen bezüglich Lebens- elektrischer Energie eingesetzt. Sie arbeiten mit dauer, Qualität und Sicherheit sind dabei unab- einer Nominalspannung von 12 V bis 14 V (Pkz) dingbare Voraussetzungen, die ebenfalls zu erfül- bzw. 24 V (Nkz). len sind. Bei Elektro- und Hybridfahrzeugen werden heute Aufbau und Funktionsweise meist Lithium-Ionen-Batterien (Li-Ion, LIB) ein- Mechanisch werden die Batterie-Zellen zunächst gesetzt. Haupttreiber für den Einsatz der Li-Io- zu einem Block aus mehreren Einzelzellen zusam- nen-Speicher ist ihre gegenüber dem Blei-Spei- mengefasst. Mehrere solcher Blöcke bilden dann cher um ein Vielfaches höhere Energiedichte (Wh/ die Batterie. Hierbei ergibt sich die Gesamt-Batte- kg), durch die erst ein rein elektrisches Fahren in riespannung aus der Anzahl der in Reihe geschal- einem für den Alltagsgebrauch ausreichendem teten Batteriezellen multipliziert mit der Zellspan- Maße ermöglicht wird. Allerdings sind auch die nung einer Einzelzelle. Preise für solche Speicher deutlich höher. Maß- geblich hierfür sind zum einen die Kosten zur Die Zellspannung selbst bestimmt sich aus den Herstellung der Batteriezellen und zum anderen verwendeten Kathoden- und Anodenmaterialien. auch der regelungstechnische Aufwand, um einen Welche Materialien für die Elektroden zum Einsatz Li-Ionen-Speicher für den Fahrzeugeinsatz nutzbar kommen, hängt auch von den Anforderungen hin- zu machen. sichtlich Temperaturstabilität, elektrischer Kapa- zität, möglicher Lade- und Entladeströme und Die im Fahrzeug sinnvollerweise mitgeführte elek- Anzahl der Lade/Entladezyklen ab. Darüber hinaus trische Energiemenge (Kapazität der Batterie) spielt die Wahl von Elektrolyt und Separator eben- hängt maßgeblich von der angestrebten elektri- falls eine wichtige Rolle. schen Reichweite, dem Fahrzeuggewicht und dem dynamischen Verhalten (Beschleunigungsvermö- Als Einzelzellenbauform kommen heutzutage gen, Bremsen mit oder ohne Rekuperation) ab. zylindrische, prismatische und Pouch-Zellen zum Grundsätzlich ist zwischen dem reinen Elektro- Einsatz. fahrzeug und Hybrid-angetriebenen Fahrzeugen zu unterscheiden. Elektrofahrzeuge haben häufig Bei Li-Ionen-Batterien liegen die Zellspannun- Kapazitäten im Bereich von gen im Bereich von 3 V bis 4 V, so dass für eine Gesamtbatteriespannung von beispielsweise 500 16 kWh bis 100 kWh, die mit parallel geschalteten V schon eine Vielzahl von Zellen in Reihe zu schal- Zellen oder Zellmodulen erreicht werden. Hyb- ten ist. ride Fahrzeuge haben hingegen meist eine stark begrenzte rein elektrische Reichweite, so dass hier „Elektrisch“ besteht die Batterie aus den Batterie- Batterien mit deutlich geringerer Kapazität, meist zellen, der Blocküberwachung, dem sogenannten im einstelligen kWh-Bereich, verwendet werden. Batterie-Management-System und den Abschal- telementen, die eine elektrische Freischaltung Darüber hinaus besteht ein Unterschied wie die der Batterie vom Rest des Fahrzeugs gewährleis- Batteriezellen optimiert werden. Reine BEV haben ten müssen. Darüber hinaus ist häufig noch eine meist energieoptimierte Zellen während HEV leis- mechanische Trennmöglichkeit der HV-Batterie im tungsoptimierte Zellen nutzen. Service/Wartungsfall bzw. bei einem Unfall vorge- sehen. 14
Die Blocküberwachung übernimmt die Aufgabe, die Zellen so auszubalancieren, dass jede Zelle möglichst viel Energie aufnehmen bzw. abgeben kann. In Reihe geschaltete Batteriezellen haben nämlich das Verhalten, dass die „schwächste“ Zelle innerhalb der Reihe den Zeitpunkt für die Beendigung des Ladens- bzw. Entladens bestimmt. Der Ladevorgang ist dann beendet, wenn die schwächste Zelle voll ist bzw. vice versa im Entla- defall die erste leer ist, obwohl die anderen Zellen noch Reserven hätten. Um auch die anderen Zel- len möglichst gut laden bzw. entladen zu können, wird ein sogenanntes Cell-Balancing vorgenom- men. Hierbei wird zwischen aktivem und passivem Balancing unterschieden. Beim aktiven Balancing wird Energie von einer Zelle in die andere aktiv umgeladen, während beim passiven Balancing lediglich überschüssige Energie in Wärme umge- wandelt wird. Das Batterie-Management-System (BMS) regelt den Entlade-bzw. Ladevorgang der Batteriezellen, d. h. es bestimmt, wie viel Strom in welcher Zeit von der Batterie bereitgestellt bzw. abgenommen werden kann. Li-Ionen-Batterien haben einen gegenüber dem Fahrzeug-Betriebstemperaturbereich einge- schränkten Temperaturbereich. Niedrige Tempe- raturen erschweren das Aufnehmen bzw. Abgeben von Energie. Hohe Temperaturen lassen die Zellen schneller altern. Mithilfe von Kühlung bzw. Hei- zung muss das BMS dafür sorgen, dass die Batte- rietemperatur innerhalb des geeigneten Tempera- turbereiches geregelt wird. Das BMS übernimmt die Kommunikation inner- halb der Batterie-Submodule als auch gegenüber anderen Steuergeräten, wie der Lade-Einheit, dem DC/DC-Wandler und natürlich dem Inverter. Es bestimmt dabei auch Batteriekenndaten, wie bei- spielsweise State-of Charge, Depth-of-Discharge, State-of-Health), die auch anderen elektronischen Steuergeräten zur Verfügung gestellt werden. 15
9 Leistungselektronik In Wechselrichtern und DC/DC-Wandlern werden durch eine Reduktion der DC-Spannung die über- Halbleiter eingesetzt, mit denen durch periodi- tragbare Leistung proportional verkleinert und die sches Ein- und Ausschalten die ausgangseitigen Kosten pro kW erhöht. Spannungen mit geringen Verlusten verändert werden können. Damit können sowohl DC- als In leistungselektronischen Komponenten wird auch AC-Spannungsformen erzeugt und je nach die Blindleistung in Kondensatoren zwischenge- Anwendung das Drehmoment oder die Drehzahl speichert. Diese als Elektrolyt- oder Folienkon- von E-Maschinen oder die DC-Ausgangsspannung densatoren aufgebauten Kapazitäten gibt es fein eines Wandlers geregelt werden. abgestuft für verschiedene DC-Spannungen, so dass diese auch für mittlere Stückzahlen optimiert Sowohl das Schalten selbst als auch der zu schal- beschaffbar sind. tende Strom führen zu thermischen Verlusten, die über die Kühlflächen abgeführt werden müs- Auch bei Leiterplatten und bei der internen Ver- sen. Je höher die Umgebungstemperatur und je schaltung der Leistungskomponenten eines Wech- höher der Strom, desto größere Chipflächen sind selrichters gilt, dass eine Erhöhung der Spannung notwendig. Allerdings unterscheiden sich die ver- die Kosten reduziert, weil damit die notwendigen wendeten Halbleiter und die eingesetzten Schal- Ströme verkleinert werden können. Bei Leiter- tungskonzepte in Bezug auf die stromabhängigen platten und vor allem in den Halb-leitern selbst Durchlass- und die Schaltverluste. Insbesondere müssen die auftretenden Maximalströme beson- bei Wandlern führen höhere Schaltfrequenzen ders beachtet werden, weil deren feine Strukturen zu einer Reduktion der induktiven Bauteile; aber bereits nach kurzer Zeit (0,1 sek. bis 10 sek.) die auch bei schnell drehenden elektrischen Maschi- zulässigen Maximaltemperaturen erreichen. Im nen sind hohe Schaltfrequenzen von Vorteil, weil Gegensatz zu Motoren, Steckern oder Kabeln müs- damit die Verluste im Motor und Lärmemissionen sen daher Leistungshalbleiter oft für eine Dauer- reduziert werden. belastung bei den geforderten Maximalströmen ausgelegt werden, so dass durch eine Reduktion Die heute verfügbaren Leistungshalbleiter wie der Maximalströme erhebliche Kosteneinsparun- IGBT’s, MOSFET’s oder SiC-Dioden wurden für gen möglich sind. stationäre und netzgebundene Anwendungen entwickelt und optimiert. Die in Anwendungen Bei Wechselrichtern und DC/DC-Wandlern ist die oberhalb 200V dominierenden IGBT’s verfügen Beherrschung intelligenter Schaltungskonzepte über Sperrspannungen von 600 V und 1200 V, eine wichtige Voraussetzung, um die Gesamtver- so dass diese in allen Energieversorgungsnetzen luste und die EMV-Störungen niedrig zu halten. der Welt eingesetzt werden können. Die Versor- gungsnetze sind in zwei vorherrschende Span- nungsstufen einzuordnen, die meist einphasige 220 V- bis 240 V-Stufe und die meist dreiphasige genutzte 380 V- bis 440 V-Stufe. Daraus ergeben sich Spannungsamplituden, die zu den genannten Sperrspannungen der IGBT führen. Aufgrund einer technisch bedingten Spannungsreserve können diese Halbleiter nicht bis zur Sperrspannung aus- genutzt werden. Es zeigt sich, dass diese Halbleiter für maximale DC-Spannungen von 420 V und 920 V geeignet sind. Je höher nun die DC-Spannung gewählt wird, desto kleiner sind die für gleiche Leistung not- wendigen Ströme, so dass diese Halbleiter an ihrer oberen Maximalspannung die maximale Leistung übertragen können. Umgekehrt werden 16
10 Schütze Im Bereich der elektromechanischen Kompo- Daher müssen die Schaltelemente der Schütze nenten wie z. B. Stecker und Schütze spielt die in eine Umgebung eingebracht werden, die die HV-Spannungsform und Höhe des Stromes bezo- Abrisslichtbögen minimieren, aber diese noch gen auf die damit verbundenen Kosten eine ausreichend lang wirken können, um eine zu hohe wesentliche Rolle. Abschaltspannungsspitze durch Induktion im Last- kreis vermeiden zu können, wie das z. B. durch har- Die technische Anforderung an die Schütze tes Schalten mit Halbleitern eintreten könnte. Das besteht darin, die unter Spannung stehenden erreicht man durch Vakuum oder durch spezielle Komponenten im Bedarfsfall zu schalten (galva- Gasfüllungen und zusätzlich durch magnetische nisch zu trennen). Wesentliche Kenngrößen sind Umlenkelemente im Bereich der Schaltkontakte, die Stromtragfähigkeit, die Maximalspannung und die die Lichtbögen von den Lastschaltkontakten die Schaltleistung unter den maximal möglichen ablenken. (Abb. 9: Lichtbogenhandling im Schütz Lastbedingungen. abhängig von der Stromrichtung). Um Stromspitzen während des Einschaltvorganges Diese magnetische Lichtbogen-Ablenkung ist zu reduzieren, bedient man sich meist sogenann- physikalisch bedingt stromrichtungsabhängig, ter Vorladerelais, die über einen Widerstand die weshalb beim Einsatz von Schützen die Höhe Zwischenkreiskapazitäten der Leistungselektronik des Stromflusses in Lade- und Entladerichtung aufladen. Erst danach werden die Hauptschütze der Batterie berücksichtigt werden muss. Diese zeitlich versetzt sequentiell zugeschaltet. technischen Maßnahmen tragen zu signifikant höheren Kosten im Vergleich zu 12 V-Relais bei. Schütze übernehmen innerhalb von chemischen Eine technische Ergänzung im Sicherheitskonzept Energiespeichern gemeinsam mit HV-Sicherun- können pyrotechnische Trennstellen sein, die im gen auch die Aufgabe des Kurzschluss-Schut- Notfall (Kurzschluss oder Unfall) einen Leiter mit- zes und müssen daher in der Lage sein, die bei tels eines Sprengsatzes irreversible durchtrennen. einem Kurzschluss auftretenden Gleichströme Die Abstimmung der sicherheitsrelevanten Zusam- sicher übertragen bzw. abzuschalten zu können. menarbeit zwischen HV-Schütz, HV-Sicherung und Die dabei auftretenden Schaltleistungen der Last- HV-Pyro-Trenner ist eine im Batterie Management schütze errechnen sich durch das Strom-Span- System (BMS) angesiedelte Aufgabe, welche im nungsprodukt im Lastabschaltfall und können Abschnitt Schutzmaßnahmen weiter erläutert wird. Leistungen bis hin zu mehreren 100 kW betragen. Abb. 9: Lichtbogenhandling im Schütz abhängig von der Stromrichtung Quelle: TE Connectivity Germany 17
11 Energieverteilung 11.1 Hochvolt-Leitun- sollten HV-Leitungen auch direkt an der Nomen- gen für Straßenfahr- klatur der Meterwaren erkennbar sein. zeuge – Spannungs- klassen Die Namengebung „Hochvolt“ bezeichnet im Automobilsektor Nennspannungen oberhalb von 30 VAC und 60 VDC. Offiziell eingeführt wurde die Bezeichnung der HV-Leitungen mit der letzten Überarbeitung der DIN 76722 „Straßenfahrzeuge – Elektrische Leitungen – Regel für den Aufbau der Kurzbezeichnungen“ (Ausgabe Dez 2013) Tabelle 1. Auf Wunsch der fünf deutschen Fahrzeugsteller Tabelle 1: Auszug DIN 76722 Bezeichnung Bedeutung FL Spannungsklasse A nach ISO 6469-3 „Fahrzeug-Leitung“ Nennspannung max. 30 / 60 Volt (AC / DC) FHL Spannungsklasse B nach ISO 6469-3 „Fahrzeug-Hochvolt-Leitung“ Nennspannung max. 1.000 / 1.500 Volt (AC / DC) FZL Nach ISO 3808 „Fahrzeug-Zünd-Leitung“ Zündspannungen 15.000 Volt bis ca. 50.000 Volt Quelle: DIN 76722 Die Beschreibung der Spannungsklassen im Fahr- Die Spannungsklassen im Fahrzeug können in zeug mit die Unterteilung NV und HV erscheint Anlehnung ISO 6469-3 wie folgend dargestellt aus Gründen der elektrischen Sicherheit sinn- werden. voll. Sie verdeutlicht auch dem Laien das erhöhte Gefahrenpotential in Verbindung mit der höheren Spannung. Daher wird bei den unter HV-Span- nung stehenden Komponenten die Signalfarbe „Orange“ verwendet. HV-Leitungen verbinden im sogenannten HV-Bordnetz unterschiedlichste Komponenten, die für elektrische Antriebe und weitere Funktionen von Straßenfahrzeugen notwendig sind bzw. künf- tig notwendig werden. Tabelle 2: Spannungsklassen für Fahrzeugleitungen Spannungsklassen AC DC Ueff (URMS) USS UDC Niedervolt ≤ 30 V ≤ 42 V ≤ 60 V Hochvolt ≤ 600 V ≤ 849 V ≤ 1.000V ≤ 1.000 V ≤ 1.414 V ≤ 1.500 V Quelle: Entwurf LV 216-2: 5. Mai: Hochvolt-Mantelleitungen geschirmt für Kraftfahrzeuge und deren elektrische Antriebe 18
Die Definition der Spannungsklassen gemäß von 2,5 mm² bis 120 mm² im Einsatz. Aus Gründen Tabelle 2 entspricht dem Standard der fünf deut- der höheren elektrischen Leitfähigkeit überwiegt schen Fahrzeughersteller. Leicht abweichend zu der aktuell der Einsatz von Kupfer als Leiterwerkstoff. o. g. Tabelle reduziert der internationale Standard Die potenzielle Gewichtseinsparung des Leiterwerk- für Fahrzeugleitungen ISO 19642 die zulässige. stoffes Aluminium wird grundsätzlich immer mit dem dadurch notwendigen Einsatz größerer Leiter- DC Nennspannung von ≤ 1.000 V auf ≤ 900 V mit nennquerschnitte und dem dadurch resultierenden folgenden Definitionen: höheren Bauraumbedarf abgestimmt. 60 V cable cable intended for use in road vehicle applications Grundsätzlich kommen abgeschirmte HV-Leitun- where the nominal system voltage is ≤ 30 VAC or gen zum Einsatz. Die Abschirmtechnologie wird aus 60 VDC Gründen der elektromagnetischen Abstrahlung und Verträglichkeit notwendig. In der Praxis sind abge- 900 V cable schirmte HV-Leitungen mit einer doppelten Abschir- cable intended for use in road vehicle applications mung (Abschirmgeflecht und Abschirmfolie) oder where the nominal system voltage is ≤ 600 VAC or einfacher Schirmung (Abschirmgeflecht) ausge- 900 VDC rüstet. Die Schirmungs-anforderungen sind global nicht standardisiert. EMV-Anforderungen, wie z. B. 1.500 V cable Transferimpedanz (f < 2 MHz) und Schirmdämp- cable intended for use in road vehicle applications fung (f > 2 MHz), müssen zwischen Fahrzeug- und where the nominal system voltage is ≤1 000 VAC or Meterwarenhersteller vereinbart werden. Zudem ist 1.500 VDC zu beachten, dass der Kupferquerschnitt der Schir- mung eine angepasste Größe haben sollte, da bei Die spezifische Nennung der gültigen Spannungs- AC-Anwendung durch elektromagnetische Effekte klasse von HV-Leitungen ist ebenso in der Nomen- residente Schirmstrombelastungen generiert wer- klatur für Fahrzeugleitungen gemäß DIN 76722 den können. definiert. Die Angabe der Nennspannung (AC und DC) sollte im Mantelbedruckungstext der jeweiligen Nicht geschirmte HV-Leitungen werden in Architek- Leitungen enthalten sein. turen verwendet, deren HV-Bordnetze mit gesonder- ten EMV-Filtermaßnahmen ausgestattet sind. 11.2 Hochvolt-Leitun- Abb. 10: HV-Leitung, einadrig gen für Straßenfahr- geschirmt zeuge – Aufbaumerk- male Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Leitun- gen zur Verteilung hoher elektrischer Lasten und Leitungen für den Betrieb weiterer HV-Applikatio- nen. Der Laststrang im HV-Bordnetz stellt in der Regel die elektrischen Verbindungen • Ladeanschlussdose – Batterie (beispielhaft für Quelle: Coroplast Fritz Müller DC-Laden) • Batterie – Leistungselektronik • Leistungselektronik – eMotoren dar. Zum Einsatz kommen hier einadrige HV-Leitun- gen, die vergleichend hohe Strombelastungen über- tragen. Je nach Applikation sind Leiterquerschnitte 19
Mehradrige HV-Leitungen werden benötigt um Einheitliche HV-Leitungsdimensionen, als geome- elektrische Aggregate, wie z. B. Klimakompres- trische Schnittstelle zu den HV-Steckverbindern, soren und elektrische Zusatzheizer zu betreiben. wurden erstmalig im deutschsprachigen Raum Im Ladeanschlussstrang stellen die mehradrigen mit den fünf deutschen Fahrzeugherstellern ver- HV-Leitungen die AC-Verbindung zwischen der einbart und in deren Werksnormen überführt. Ladeanschlussdose und dem Wechselrichter dar. Unverbindliche Richtwerte bzw. Richtlinien zur Der Leiterwerkstoff Kupfer wird weiterhin als Festlegung von Leitungsdimensionen sind in der Standard für mehradrige HV-Leitungen gesehen. ISO 19642 definiert. Grundsätzlich sind zwei- bis fünfadrige HV-Leitun- gen im Serieneinsatz. Für einzelne Anwendungen kann diese Aderanzahl variieren. Abb. 11: HV-Leitungen, mehradrig geschirmt Quelle: Coroplast Fritz Müller 11.3 Hochvolt-Leitun- gen für Straßenfahr- zeuge – Deratingdefi- nition Die Wahl der Nennquerschnitte von HV-Leitun- gen muss in erster Ableitung von der applikati- onsseitigen Strombelastung abhängig gemacht werden. Die Strombelastungsfähigkeit elektrischer Leitungen wiederum ist u. a. auch abhängig von der jeweiligen Umgebungstemperatur und von der thermischen Performance der gewählten Iso- lier- und Mantelwerkstoffe. Das jeweilige Fenster zwischen der Umgebungstemperatur und der thermischen Belastungsfähigkeit der HV-Leitung definiert in erster Ableitung die Strombelastungs- fähigkeit dieser HV-Leitung. In folgenden Gren- zwertkurven sind zur Erläuterung zwei beispiel- hafte Nennquerschnitte 16 mm² und 50 mm² dargestellt. 20
Abb. 12: Grenzwertkurven HV-Leitung Kupfer 50 mm² / T180 (Y-Achse mit 100 Prozent und 80 Prozent Angabe der zulässigen thermischen Dauerbelastungsgrenze) Quelle: Coroplast Fritz Müller Abb. 13: Grenzwertkurven HV-Leitung Kupfer 16 mm² / T180 (Y-Achse mit 100 Prozent und 80 Prozent Angabe der zulässigen thermischen Dauerbelastungsgrenze) Quelle: Coroplast Fritz Müller 21
Die oben gezeigte Darstellung der Grenzwertkurve Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auf stellt Strombelastungsfähigkeiten im statischen, den Umstand hingewiesen, dass o. g. Strombe- also im eingeschwungenen Zustand dar. Praxiso- lastungskurven ausschließlich unendliche lange rientiert und eher praktikabel ist sehr häufig die HV-Leitungen ohne angeschlossene Kontaktie- technische Diskussion zur Auswahl von Nennquer- rungen und ohne mechanische Schutzsysteme schnitten in Abhängigkeit von s. g. dynamischen darstellen. Die Einflüsse z. B. von Übergangswi- Bestromungsprofilen. Folgende Kurvenschar stellt derständen der elektrischen Kontaktierungen oder das dynamische Stromerwärmungsverhalten von von thermisch isolierenden Luftanteilen innerhalb drei HV-Leitungen mit unterschiedlichen Nenn- von mechanischen Schutzsystemen muss individu- querschnitten 25 mm², 35 mm² und 50 mm² an ell für die jeweilige Applikation anhand von Simu- einem dynamischen Bestromungsprofil dar. lationen oder Messungen ermittelt werden. In Abhängigkeit der resultierenden Leitertem- Weitergehende Erläuterungen können im Kapitel peraturen und weitergehenden Applikationsan- 15 „Thermisches Management“ nachgelesen wer- forderungen besteht mit dieser Darstellung des den. dynamischen Stromerwärmungsverhalten eine Möglichkeit, Nennquerschnitte zur weiteren Erpro- bung zu wählen. Zur Einsparung von notwendigen Bauräumen, Leitungssatzgewichten und resultierenden Kosten empfiehlt es sich in erster Abhängigkeit Leiter- nennquerschnitte auf ein Minimum zu reduzieren bzw. zu optimieren. Abb. 14: Dynamisches Stromerwärmungsverhalten HV-Leitungen Kupfer 25 mm² bis 50 mm² (Y1-Achse: Strombelastung, X-Achse: zeitlicher Verlauf der Strombelastung, Y2-Achse: resultierende Leitertemperatur) Quelle: Coroplast Fritz Müller 22
In Abhängigkeit der resultierenden Leitertem- Definition statische Verlegung: peraturen und weitergehenden Applikations- • Die Verlegung der Leitung, inklusive Befesti- anforderungen besteht mit dieser Darstellung gungen, erfolgt auf einer Bewegungsebene. des dynamischen Stromerwärmungsverhalten • Es sind keine Relativbewegungen zwischen eine Möglichkeit, Nennquerschnitte zur weiteren den verschiedenen Befestigungspunkten der Erprobung zu wählen. Leitung zugelassen. • Der kleinste zulässige Biegeradius für stati- Zur Einsparung von notwendigen Bauräumen, sche Verlegung im Fahrzeug entspricht als Leitungssatzgewichten und resultierenden Kosten Sollanforderung z. B. Rmin = 3 x D (maximal empfiehlt es sich in erster Abhängigkeit Leiter- spezifizierter Außendurchmesser der Leitung). nennquerschnitte auf ein Minimum zu reduzieren • Die Prüfung dieser Sollanforderung erfolgt bzw. zu optimieren. im Rahmen von thermischen Alterungen der HV-Leitungen im gewickelten Zustand. Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auf den Umstand hingewiesen, dass o. g. Strombe- Definition dynamische Verlegung: lastungskurven ausschließlich unendliche lange • Die Verlegung der Leitung, inklusive Befes- HV-Leitungen ohne angeschlossene Kontaktierun- tigungen, erfolgt auf verschiedenen Bewe- gen und ohne mechanische Schutzsysteme dar- gungsebenen im Biegebereich. stellen. Die Einflüsse z. B. von Übergangswider- • Relativbewegungen zwischen den verschiede- ständen der elektrischen Kontaktierungen oder nen Befestigungspunkten der Leitung können von thermisch isolierenden Luftanteilen innerhalb auftreten. von mechanischen Schutzsystemen muss individu- • Für den Anwendungsfall im Fahrzeug ist der ell für die jeweilige Applikation anhand von Simu- minimale Biegeradius mit den jeweiligen lationen oder Messungen ermittelt werden. Fachabteilungen abzustimmen. • Als Richtlinie gilt z. B. Rmin = 6 x D (maximal Weitergehende Erläuterungen können im Kapitel spezifizierter Außendurchmesser der Leitung). 15 „Thermisches Management“ nachgelesen wer- • Aufgrund komplexer Applikationsabhängig- den. keiten sind standardisierte Prüfungsmethoden aktuell noch nicht verfügbar. 11.4 Hochvolt-Leitun- gen für Str aßenfahr- Der Trend zu minimalen Biegeradien ist weiterhin ungebrochen. Als Voraussetzung kann gesehen zeuge – Anforderun- werden, dass im Leitungssatz entstehende Vibra- tionsbelastungen und biegedynamische Momente gen wenn möglich nicht direkt in HV-Steckkontakten Basisanforderungen für HV-Leitungen sind in weitergeleitet werden sollten. den einschlägigen nationalen und internationa- len Standards beschrieben. Folgend beschrieben Kontaktierung der elektrischen Leiter: werden drei beispielhafte normative und weiter- Das mechanische Crimpverfahren ist seit vielen gehende Anforderungen von HV-Leitungen. Jahren in der Herstellung von Leitungssätzen für Straßenfahrzeuge als Standard etabliert. Bedingt Biegeradien durch steigende Kurz- und Langzeitstrombelas- Bedingt durch fehlende Bauräume im Fahrzeug tungen erhöht sich die Wichtigkeit von redu- ist die Bedeutung der zulässigen Biegeradien von zierten Übergangswiderständen zwischen den HV-Leitungen als hoch anzusehen. elektrischen Leitern der HV-Leitungen und den HV-Steckkontakten. Daher ist als weiterer Stan- Unterschieden wird in der Definition zwischen dard heute ein Trend zur intermetallischen Ver- zulässigen Biegeradien für die statische Verle- bindungstechnologie des Leiters zum Terminal gung und der dynamischen Verlegung. des Steckkontaktes erkennbar. 23
Nach Stand der aktuellen Entwicklungen werden Im Rahmen der Produktion von HV-Leitungen wer- Aluminiumleiter der größeren Querschnitte nur den die elektrischen Isolierungen mit Prüfspan- intermetallisch verbunden. Als industrieller Stan- nungen von bis zu 8.000 V a.c. inline auf eventu- dard kristallisiert sich hier das Ultraschallschweiß- elle Beschädigungen geprüft. verfahren heraus. Einen wichtigen Beitrag zur elektrischen Sicher- Elektrische Sicherheit: heit von HV-Leitungen im HV-Bordnetz stellt das Die elektrische Sicherheit beschreibt Anforderun- Abdichtungsverhalten gegen Feuchtigkeit dar. gen an HV-Leitungen im HV-Bordnetz über den HV-Leitungen werden größtenteils mit montierten vollständigen Lebenszyklus der Straßenfahrzeuge. Gehäuseabdichtungen (Seals) gegen potenzielle Feuchtigkeitseinbrüche in HV-Steckern abgedich- Elektrische Eigenschaften von HV-Leitungen wer- tet. Die Seals pressen sich dauerhaft gegen die den im Rahmen der Qualifizierung sowohl im elektrische Aderisolierung oder dem Außenmantel Anlieferzustand als auch nach bekannten Alte- der HV-Leitungen. Das Zusammenspiel zwischen rungskonditionen, wie z. B. der resultierenden Flächenpressung und den ver- • Langzeitalterung 3.000 h @ TO bleibenden Deformierungen der HV-Leitung stellt • Kurzzeitalterung 240 h @ TO + 25 °C und das Abdichtungsverhalten im System dar. • Thermische Überlast 6 h @ TO + 50 °C geprüft. TO stellt dabei die Temperaturklasse der jeweiligen HV-Leitung dar. Die elektrischen Prüf- spannungen sind in der Regel wesentlich höher als aktuelle Nennspannungen der HV-Bordnetze: • 240 Minuten: 1.000 V a.c. und anschließend • 5 Minuten: 5.000 V a.c. Abb. 15: Abdichtung von HV-Leitungen zu HV-Steckern mit montierten Gehäuseabdichtungen Flächenpressung der Gehäuseabdichtung auf die Hochvolt- Leitung Resultierende Deformation der Hochvolt-Leitung (Aderisolierung oder Außenmantel) Quelle: Kostal Kontakt Systeme 24
12 Hochvolt-Steckverbinder Um die Nutzung unter den vielen möglichen Ladesteckdose: Einsatzbedingungen zu gewährleisten, wurden Die standardisierten Ladesteckdosen nach IEC mehr als 50 Produktanforderungen festgelegt 62196-1/-2 [6, 7] unterscheiden drei Typklassen. z. B. maximale Betriebsspannung 850 V, Berühr- Alle Typen werden mit 10.000 Steckzyklen unter schutz nach IPX2B (VDE-Finger), voreilender Sig- Verschmutzungsbedingungen getestet. Die maxi- nalkontakt (HVIL), EMV-Anforderung mit hohen male Umgebungstemperatur beim Ladevorgang applikationsbedingten Schirmströmen. Zusätzlich ist mit 50 Grad Celsius spezifiziert. Die Glühdraht- wurde eine Einteilung der HV-Steckverbinder in beständigkeit der Ladesteckdose erfordert beson- verschiedene Leistungsklassen über Leitungsquer- dere Materialzusätze, die die Verarbeitbarkeit und schnitt und Stromtragfähigkeit definiert. Viele die mechanischen Eigenschaften verschlechtern. dieser Produktanforderungen haben auf die kon- Steckverbinder im Fahrzeug-HV-System haben struktive Auslegung der HV-Steckverbinder einen diese Anforderung außerhalb der Batterie nicht. großen Einfluss und wurden bisher in dieser Kom- bination noch nicht gefordert [1 bis 6]. Bei der Ladesteckdose Typ 2 beträgt die maxi- male Spannung 500 VAC. Der dargestellte Aufbau Der Pfad der Ladesteckdose bei Batterie und ermöglicht die Übertragung von bis zu 70 A ein- Plug-In Fahrzeugen stellt eine Besonderheit phasig oder bis zu 63 A dreiphasig. Eine gleich- bezüglich der normativen Auslegung dar. Die zeitige Bereitstellung einer DC-Lademöglichkeit Trennung des fahrzeuginternen HV-Kreises vom mit bis zu 200A wurde durch den Combined Char- Versorgungsnetz findet bei AC-Ladung meist im ging Standard (CCS) geschaffen, der mit der High internen Ladegerät statt, bei DC-Ladung inner- Power Charging (HPC) Erweiterung unter senso- halb der Batterie. risch kontrollierten thermischen Bedingungen nunmehr eine Leistung bis zu 350 kW übertragen kann (Abb. 18). Der Dreiphasenstecker (Abb. 16) verbindet die Typ 2 Ladesteckdose mit dem internen Ladegerät und somit das HV-Bordnetz mit dem Energiever- sorgungsnetz. Abb. 16: Dreiphasenstecker für den Ladewandler im Fahrzeug Quelle: TE Connectivity Germany 25
Abb. 17: Typ 2 Ladesteckdose Abb. 18: Typ 2 Combined Charging System (CCS), Ladesteckdose, IEC 62196-3 Quelle: TE Connectivity Germany Quelle: TE Connectivity Germany Um zukünftige HV-Steckverbinder und Terminals 12.1 Steckverbinder weiter für die Anforderungen des HV-Bordnetzes mit Sicherheitsverrie- zu optimieren, muss ein ganzheitlicher Systeman- satz gewählt werden. Dieser Ansatz betrachtet den gelung Steckverbinder nicht mehr allein als verbindendes Innerhalb der Vielzahl unterschiedlicher HV-Ste- Glied zwischen den Komponenten, sondern bezieht cker gibt es Lösungen, die das schnelle Öffnen der ihn in die Auslegung des Gesamtsystems mit ein. Steckerkontakte mittels einer speziellen Verriege- Heutige Derating-Kurven stellen Laborwerte zur lung verhindern. Hintergrund ist die Entladezeit Verfügung, die nur eine Indikation der Strom- der Kondensatoren der Leistungselektroniken auf tragfähigkeit unter realen Fahrzeugbedingungen einen ungefährlichen Spannungswert. Um dies zu geben. Weiterführende Systembetrachtungen gewährleisten, bevor die Kontakte berührt werden erlauben z. B. geringere Leitungsquerschnitte können, besitzen diese Stecker eine Verriegelung, und somit Gewichts- und Kosteneinsparungen im die nur einen zeitverzögerten Zugang zu den Kon- Gesamtsystem. Hierzu gibt es eine im ZVEI ange- takten zulässt. Diese Sicherheitsmaßnahme kann siedelte Initiative, die mittels thermisch-elektri- aber auch systemisch verschieden gelöst werden. scher Äquivalenzmodelle eine dynamische Simu- lation der elektrischen Belastungsfälle ermöglicht Abb. 19: HV-Steckverbinder mit und frühzeitig die richtige systemische Auslegung Sicherheitsverriegelung von Komponenten im HV-Bordnetz ermöglicht. Quelle: Kostal Kontakt Systeme 26
13 Laderegler und DC/DC-Wandler Abb. 21: Vergleich zweier Wandler-To- 13.1 Laderegler pologien Neben der sich etablierenden DC-Ladefunktion werden Elektrofahrzeuge als auch Plug-In-Hyb- ridfahrzeuge mit On-Board-Ladegeräten ausge- stattet, die dem Benutzer eine flächendeckende Versorgung mit elektrischer Energie garantie- ren sollen. Für diese Ladegeräte entwickeln sich die Leistungsklassen von 7,2 kW bis 11 kW zum Standard. Daneben existieren aber auch 3,6 kW Geräte, die sicherlich für Plug-In-Hybride ihre Berechtigung haben, sowie 22 kW-Ladegeräte, mit Quelle : Leopold Kostal denen ein deutlich performanteres Laden möglich ist. Es ergibt sich also ein Spannungsfeld, da sämt- Abb. 20: Laderegler 11 kW liche Anforderungen unmittelbar miteinander verknüpft sind. Dies muss zwischen den Fahrzeug- herstellern und der Zulieferindustrie ständig neu abgestimmt werden, da sich mit sich ändernden Technologien wie z. B. III-V-Halbleiter die Schwer- punkte verschieben werden und sich andere Lösungsräume eröffnen. Bei diesen Diskussionen muss dem Thema „Kosten“ ein hoher Stellenwert eingeräumt werden, da heute die Elektromobili- tät – sicherlich vorrangig getrieben durch die ver- fügbaren Batterietechnologien – im Vergleich mit konventionellen Fahrzeugen noch vergleichsweise Quelle : Leopold Kostal teurer ist. Eine besondere Anforderung an die Ladegeräte Da das Ladegerät direkt mit der Netz-Infrastruk- ist die Einhaltung der elektrischen Sicherheit. tur verbunden ist, bietet es sich natürlich an, über Herausfordernd ist dabei, dass die Ladegeräte diese Verbindung mittels Power-Line-Communica- weltweit an beliebigen Installationen und Netzfor- tion (PLC) weitere Dienste darzustellen. Speziell men funktionieren sollen, wobei die Verfügbarkeit die Funktion Plug & Charge stellt dabei für den durch die Sicherheitsfunktion jedoch möglichst Endbenutzer einen deutlichen Komfortgewinn nicht eingeschränkt werden soll. Aus dem Grund dar, da mit dem Stecken des Fahrzeugs an eine werden heute galvanisch trennende Ladegeräte Ladesäule direkt die Abrechnungsprozedur gestar- verbaut, die eine sichere Trennung des Versor- tet wird, wofür allerdings durch das Fahrzeug gungsnetzes vom HV-Bordnetz des Fahrzeugs eine Autorisierung zu erfolgen hat. Das Fahrzeug gewährleisten. fungiert also als Kreditkarte, wobei natürlich alle Sicherheitsfeatures, die heute gelten, auch von Bei allen Leistungsklassen ist der Ruf nach hohen dieser im Ladegerät integrierten Funktion zu erfül- Wirkungsgraden zu vernehmen, da dadurch die len sind. Neben dieser Funktion gehören auch die CO2-Bilanz der Fahrzeuge besser ausfällt und sich im asiatischen Raum verwendeten Standards wie so ein wirtschaftlicher Vorteil für den OEM ergibt. z. B. CHAdeMO und GB/T zum Funktionsumfang Dieser Mehrwert kann allerdings zu höheren Gerä- heutiger Ladegeräte. tekosten führen, wenn nicht an anderer Stelle wie zum Beispiel Bauraum, Leistungsdichte oder Betriebsbereiche Abstriche gemacht werden. 27
Sie können auch lesen