Stadtteildiagnose Essling - Belebung des Ortszentrums Essling Stärken und Handlungsbedarf - Treffpunkt Essling

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Stadtteildiagnose Essling - Belebung des Ortszentrums Essling Stärken und Handlungsbedarf - Treffpunkt Essling
Stadtteildiagnose Essling
Belebung des Ortszentrums Essling
Stärken und Handlungsbedarf

                             Studie im Zuge des Projektes
                             Treffpunkt Essling

                             VerfasserInnen:
                             DI Sabine Gstöttner
                             Michaela Mainer, MA

                             Jänner 2018
Stadtteildiagnose Essling - Belebung des Ortszentrums Essling Stärken und Handlungsbedarf - Treffpunkt Essling
Inhaltsverzeichnis

1.     Ausgangssituation .................................................................................................................... 4
2.     Forschungsinteresse und -frage ............................................................................................... 5
3.     Forschungsdesign ..................................................................................................................... 6
     3.1.     Datenerhebung: Interviewstrategie und -leitfaden ............................................................ 6
     3.2.     Sampling ............................................................................................................................... 9
     3.3.     Auswertung ........................................................................................................................ 10
4.     Ergebnisdarstellung ................................................................................................................ 12
     4.1.     Essling ist irgendwie anders ............................................................................................... 13
       4.1.1.      Essling: nicht Stadt, nicht Land – irgendetwas dazwischen ...................................... 13
       4.1.2.      Lebensqualität im Grünen vs. zunehmende Verbauung ........................................... 14
       4.1.3.      Die Menschen in Essling .............................................................................................. 15
       4.1.4.      Urlaubsfeeling daheim ................................................................................................ 17
       4.1.5.      Essling ist irgendwie anders: Anknüpfungspunkte für Treffpunkt Essling ................ 18
     4.2.     Essling: Stadtteil ohne Zentrum? ....................................................................................... 20
       4.2.1.      Stadtteil ohne Zentrum: Anknüpfungspunkte für Treffpunkt Essling ....................... 22
     4.3.     Soziale Kontakte, Treffpunkte und Aktivitäten .................................................................. 23
       4.3.1.      Soziale Kontakte & Treffpunkte: Anknüpfungspunkte für Treffpunkt Essling.......... 25
     4.4.     Infrastruktur in Essling........................................................................................................ 27
       4.4.1.      Nahversorgung ............................................................................................................ 27
       4.4.2.      Gastronomie ................................................................................................................ 29
       4.4.3.      Kultur- und Freizeitangebot ........................................................................................ 33
       4.4.4.      Bildung ......................................................................................................................... 35
       4.4.5.      ÄrztInnen und Apotheke ............................................................................................. 36
       4.4.6.      Sicherheit ..................................................................................................................... 36
       4.4.7.      Verkehr ......................................................................................................................... 36
       4.4.8.      Infrastruktur: Anknüpfungspunkte für Treffpunkt Essling ........................................ 38
     4.5.     Engagement und Potenziale in der Bevölkerung............................................................... 41
       4.5.1.      Potenziale in der Bevölkerung: Anknüpfungspunkte für Treffpunkt Essling ............ 43
     4.6.     Ein Blick auf Essling aus Sicht der UnternehmerInnen .................................................... 44
       4.6.1.      Stärken und Erfolgsfaktoren ....................................................................................... 44
       4.6.2.      Hindernisse und Herausforderungen ......................................................................... 45

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Stadtteildiagnose Essling - Belebung des Ortszentrums Essling Stärken und Handlungsbedarf - Treffpunkt Essling
4.6.3.       Anregungen und Ideen zur Stärkung Esslings ............................................................ 46
       4.6.4.       UnternehmerInnen: Anknüpfungspunkte für Treffpunkt Essling ............................. 46
5.     Zusammenfassung und Fazit .................................................................................................. 48
     5.1.     Netzwerk stärken & Zielgruppen ansprechen................................................................. 49
     5.2.     Den öffentlichen Raum stärken ...................................................................................... 51
     5.3.     Profil entwickeln: Gesundes Essling................................................................................ 53
     5.4.     UnternehmerInnen ........................................................................................................ 55
6.     Literatur ................................................................................................................................. 57

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Stadtteildiagnose Essling - Belebung des Ortszentrums Essling Stärken und Handlungsbedarf - Treffpunkt Essling
1.     Ausgangssituation

Essling ist ein Bezirksteil des 22. Wiener Gemeindebezirks im Osten Wiens, direkt an der
Stadtgrenze.
Das Ortszentrum Esslings hat kaum Bedeutung als Ort der Begegnung, an dem man sich trifft.
Eine geringe Aufenthaltsqualität erzeugt durch einen starken motorisierten Durchzugsverkehr,
einen hohen Anteil an Leerstand und eine niedrige KundInnenfrequenz charakterisieren den
Stadtraum. Da der Wohnungsbau überwiegt, fehlt eine Nutzungsmischung, die dazu anregen
würde, kurze Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen. All das erzeigt die Situation, dass
es kaum Gelegenheiten gibt, sich (zufällig) auf der Straße zu treffen. Der Bezug zum alten
Ortskern nimmt ab, Treffpunkte und Möglichkeiten, sich auszutauschen, fehlen. Essling ist
darüber hinaus durch einen starken Bevölkerungszuwachs sowie ein erhöhtes Aufkommen an
motorisiertem Individualverkehr gekennzeichnet.

Die Initiative Treffpunkt Essling möchte das Zentrum von Essling reaktivieren, den Ortskern
wieder ins Bewusstsein der Menschen rücken und ihn zu einem Treffpunkt mit
Aufenthaltsqualität machen.
Ziel der Initiative Treffpunkt Essling ist, die BesucherInnenfrequenz und die Verweildauer im Ort
zu erhöhen und das Gebiet für Unternehmen als Wirtschaftsstandort und für Menschen, die in
und um Essling leben, als Ort der Begegnung attraktiv zu machen.
Dabei setzt Treffpunkt Essling auf Begegnung, Beteiligung, Identität. Durch kulturelle und
soziale Impulse soll wieder ein Bezug zum Zentrum geschaffen und dieses zum verlängerten
Wohnzimmer werden, in dem sich FreundInnen und NachbarInnen treffen.
Konkrete Zielsetzungen sind
     die aktive Einbeziehung der BewohnerInnen,
     die Erhöhung der Aufenthaltsqualität im Ortszentrum,
     die Vernetzung der verschiedenen AkteurInnen sowie
     die Entwicklung eines Profils für das Geschäftsgebiet Essling

Im Projekt werden durch gemeinsame, vorwiegend gesundheitsfördernde Aktivitäten
Treffpunkte und öffentliche Räume geschaffen, die die Entstehung von sozialen Netzwerken
und die nachbarschaftliche Teilhabe fördern.
Die Initiative vernetzt Geschäftsleute, PlanerInnen, Kulturschaffende, Einzelpersonen, junge
Familien, SeniorInnen und Jugendliche und bezieht diese als stadtgestaltende AkteurInnen aktiv
in die Zentrumsentwicklung mit ein. Treffpunkt Essling bündelt die Ressourcen in Essling, nutzt
gezielt die vorhandenen Potenziale und testet, wie gemeinsam Verantwortung für Stadtraum
übernommen werden kann.

Die Stadtteildiagnose Essling ist zentraler Bestandteil des Projektes „TREFFPUNKT ESSLING“.

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2.      Forschungsinteresse und -frage

Die vorliegende Forschungsarbeit soll Stärken und Defizite Esslings aufzeigen und damit als
Entscheidungs- und Handlungsgrundlage für alle weiteren Impulse dienen, die im Zuge des
Projektes Treffpunkt Essling gesetzt werden. Wesentlich für den Erfolg und die Nachhaltigkeit
des Projektes ist die Umsetzung von Ideen und Aktionen, die an den Bedarfen und den
vorhandenen Ressourcen, die in der Bevölkerung und im Stadtteil vorhanden sind, ansetzen.
Diese sollen im Zuge der Stadtteildiagnose erhoben und aufgezeigt werden. Ein wesentlicher
Aspekt der Studie ist die Aktivierung der BewohnerInnen, die in weiterer Folge in die
Entwicklung diverser Aktionen eingebunden werden sollen.

Darüber hinaus dient die Studie als Basis für die Entwicklung eines Profils, das im weiteren
Verlauf des Projektes gemeinsam mit UnternehmerInnen Esslings entwickelt und durch das
Essling als Geschäftsgebiet gestärkt werden soll.

Interessierende Teilaspekte der Forschungsfrage:

      Welchen Bezug haben die BewohnerInnen Esslings zum Bezirksteil Essling?
      Welche Defizite zeigen sich, welche Stärken und Besonderheiten?
      Wie gestalten sich die sozialen Beziehungen der EsslingerInnen untereinander? Welche
       sozialen Netzwerke gibt es?
      Welchen Bezug haben die BewohnerInnen Esslings zum Zentrum? Wie oder welche
       Bereiche Esslings werden als Zentrum wahrgenommen?
      Welche Ressourcen, Talente und Fähigkeiten gibt es im Stadtteil. Inwieweit besteht
       Bereitschaft, sich im Rahmen der Initiative Treffpunkt Essling aktiv einzubringen?
      Welche Herausforderungen stellen sich bzw. welche Potentiale bieten sich für Essling als
       Geschäftsgebiet/ für die UnternehmerInnen Esslings?
      Welche Themen sind in der Bevölkerung anschlussfähig und können somit als
       Anknüpfungspunkte für die Initiative Treffpunkt Essling sowie die Entwicklung eines
       zukunftsfähigen Profils für Essling als Geschäftsgebiet dienen?

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3.     Forschungsdesign

Ein wesentliches Ziel der Forschungsarbeit sowie des Projektes insgesamt ist die Aktivierung
und Vernetzung verschiedener AkteurInnen in Essling und damit eine Erweiterung und Stärkung
des Netzwerks innerhalb des Stadtteils Esslings. Die Erhebung wurde daher bereits zu Beginn
des Projektes (Mai bis August 2017) durchgeführt, um zum einen als Grundlage für die weitere
Projektplanung und -durchführung dienen zu können und zum anderen, um vorhandene
Ressourcen und Potenziale im Stadtteil aufzuzeigen und im Sinne des Projektes zu aktivieren.

Forschungspraktisch bedurfte es eines Designs, das eine starke Verflechtung von
Datenerhebung, Auswertung, Netzwerk- sowie Projektarbeit ermöglicht und gleichzeitig einen
von Offenheit geprägten Zugang zur Forschungsfrage sowie größtmögliche Offenheit
gegenüber den Relevanzstrukturen der BewohnerInnen und UnternehmerInnen bietet. Es
wurde daher ein qualitatives Forschungsdesign gewählt, das sich an der von Cornelia Ehmayer
(2012) entwickelten aktivierenden Stadtdiagnose orientiert, einem „Instrument zur Diagnose
zukunftsfähiger Potenziale von Städten und Gemeinden“, das Ehmayer zufolge als „Grundlage
für nachfolgende Veränderungsprozesse“ (ebd.: 135) dienen kann. Die von Ehmayer
vorgeschlagene Vorgehensweise wurde an die (praktischen) Bedürfnisse des Projektes
„Treffpunkt Essling“ sowie an die vorhandenen Ressourcen, die für das Forschungsprojekt zur
Verfügung standen, angepasst. Im Folgenden sind die konkreten Erhebungs- und
Auswertungsmethoden sowie Auswahlstrategien, die im Zuge der Forschung zur Anwendung
kamen, dargestellt.

3.1.   Datenerhebung: Interviewstrategie und -leitfaden

Als Erhebungsinstrument diente das problemzentrierte Leitfadeninterview nach Witzel (1982,
1985). Die Befragten - sowohl BewohnerInnen als auch UnternehmerInnen aus Essling - werden
dabei als ExpertInnen Ihrer Lebenswelt (im vorliegenden Fall Essling) verstanden. Im Interview
wird auf das Erfahrungswissen zugegriffen, das die Befragten durch die Teilhabe an der
interessierenden Lebenswelt gesammelt haben.

Das problemzentrierte Interview nach Witzel sieht zunächst einen Gesprächseinstieg mit einer
offenen Einstiegsfrage vor. Die dadurch angeregte Erzählung des Befragten kann dann durch
Nachfragen (z.B. nach Details) oder durch Zusammenfassungen, Rückmeldungen oder
Verständnisfragen seitens des/r InterviewerIn ergänzt und vertieft werden, sodass sich ein
Dialog entwickeln kann. Im weiteren Verlauf, insbesondere dann, wenn das Gespräch ins
Stocken gerät, werden die weiteren Fragen des Leitfadens gestellt, die ebenfalls wieder als
Erzählanreize dienen. Dabei ist keine besondere Reihenfolge zwingend und es steht dem/der
InterviewerIn frei, an welchen Stellen er/sie durch weiteres immanentes Nachfragen

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ausdifferenziert oder exmanente Fragen stellt, also Fragen zu jenen Themen, die noch nicht
vom/von der InterviewpartnerIn selbst aufgebracht wurden. Ein weiterer Bestandteil des
problemzentrierten Interviews ist ein Kurzfragebogen zur Erhebung sozio-demographischer
Daten. Somit können Daten, die thematisch weniger relevant sind, gesondert – entweder zu
Beginn oder am Ende des thematischen Interviews - erhoben werden. In der Regel werden die
Gespräche auf Tonband aufgezeichnet und anschließend transkribiert. In Fällen, wo dies nicht
möglich war, wurden die Antworten während des Interviews stichwortartig notiert bzw.
paraphrasiert und so für die Auswertung zugänglich gemacht.

Der Leitfaden, der für die Interviews ausgearbeitet wurde, orientiert sich weitgehend an dem
von Ehmayer für die aktivierende Stadtdiagnose entwickelten prototypischen Leitfaden
(Ehmayer 2012: S.147). Der Großteil der Fragen des Leitfadens und insbesondere die
Einstiegsfrage („Wenn Sie an Essling denken, was fällt Ihnen dazu ein?“) ist bewusst als offene
Frage formuliert, um den Befragten die Möglichkeit zu geben, basierend auf den eigenen
Erfahrungen und Lebensumständen jene Themen anzusprechen, die für sie im Hinblick auf das
Forschungsthema besonders relevant sind und einen selbst entwickelten Erzählstrang (Witzel
1985, S.237) anzuregen. In der Analyse kann später anhand der Erzählung herausgearbeitet
werden, wie die Lebenswelt von den Befragten wahrgenommen wird, welche Aspekte dabei im
Vordergrund stehen und wie sie darin agieren. Die weiteren Fragen des Leitfadens dienen dem
gezielten Nachfragen zu spezifischen Themen sowie der Abrundung des Gesprächs.

Im Folgenden ist der Leitfaden sowohl für die Gespräche mit BewohnerInnen als auch für
UnternehmerInnen dargestellt. In der Praxis unterschieden sich die Gespräche dahingehend,
dass die Interviews mit den Esslinger UnternehmerInnen nicht nur mit offenen Fragen zu
Essling, sondern auch zum eigenen Unternehmen eingeleitet wurden. Im Gegensatz zu den
BewohnerInneninterviews wurde bei den dadurch angeregten Eingangserzählungen der
UnternehmerInnen inhaltlich ausführlicher nachgefragt. Dazu wurde die Technik des
immanenten (Nach-)Fragens angewendet. Immanente Fragen setzen an den von der
interviewten Person bereits selbst aufgebrachten Themen an. Erst in weiterer Folge wurden
die zusätzlich vorbereiteten Fragen gestellt (sofern diese nicht bereits im Gespräch thematisiert
wurden), die im Wesentlichen mit den Interviewfragen der BewohnerInnenbefragung
übereinstimmen.

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Leitfaden

   1.    Wenn Sie an Essling denken, was fällt Ihnen dazu ein?
   2.    (Nur für UnternehmerInnen) Ich würde Sie bitten, mir einfach ein wenig über Ihr
         Unternehmen/ über Ihren Betrieb hier in Essling zu erzählen.
   3.    Was ist typisch für Essling?
   4.    Was würden Sie im Falle eines Umzugs vermissen? (mögliche Anschlussfragen: Was
         schätzen Sie an Essling besonders? Und/oder: Was sollte keinesfalls verändert werden?)
   5.    Was stört Sie in Essling? (möglich Anschlussfragen: Was sollte in Essling verändert
         werden? Was fehlt Ihnen in Essling?)
   6.    Hat Essling ein Zentrum? (ggf. Anschlussfrage: Wo liegt für Sie das Zentrum Esslings?)
   7.    Was machen Sie alles in Essling? (zur Erläuterung ggf.: Wie sind Sie eingebunden? –
         Vereine, etc., Welche Einrichtungen nehmen Sie in Anspruch?)
   8.    Wo ist Ihr Lieblingsort in Essling?
   9.    [Wo in Essling halten Sie sich häufig auf (räumlich)? – diese Frage nur stellen, wenn nicht
         unter Frage 7 beantwortet!]
   10.   Welche Kontakte pflegen Sie mit anderen EsslingerInnen?
   11.   Essling in 20 Jahren? // Wie wird es in Essling in 20 Jahren sein?
   12.   Welchen Beitrag können/möchten Sie selbst für ein lebenswertes Essling leisten?
   13.   Möchten Sie uns noch etwas erzählen?
   14.   Kennen Sie jemanden, der eine andere Sichtweise auf Essling hat und den wir
         interviewen sollten?
   15.   Was machen sie beruflich? Wo arbeiten Sie? (Diese Frage ist bei UnternehmerInnen
         durch Frage 2 des Leitfadens abgedeckt).
   16.   Seit wann wohnen Sie in Essling? Bzw. bei UnternehmerInnen: Wohnen Sie auch in
         Essling? Wenn ja, seit wann?
   17.   Wie alt sind Sie?
   18.   Geschlecht?
   19.   Kinder ja/nein, in welchem Alter?

Frage 1 dient als allgemeiner, offener Erzähleinstieg (bei den Interviews mit UnternehmerInnen
ergänzt durch Frage 2 zum Unternehmen/Betrieb). Frage 3, 4 und 5 zielen auf die Bindung zum
Stadtteil und Identität des Stadtteils ab, die Fragen 6, 7, 8 und 9 auf den Stadtteil Essling als
Lebensraum bzw. dessen Qualität, die Frage 10 auf das soziale Gefüge im Stadtteil, Frage 11 auf
Hoffnungen und Befürchtungen der Befragten in Bezug auf die zukünftige Entwicklung des
Stadtteils. Mit Frage 12 wird die Bereitschaft zur Beteiligung abgefragt. Um das Gespräch

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abzurunden, wird mit Frage 13 die Möglichkeit für weitere Ausführungen gegeben. Hier hat
der/die Befragte die Gelegenheit, jene Themen, die im/ihr besonders wichtig sind, nochmals
hervorzuheben oder neue, bisher nicht angesprochene Aspekte einzuführen bzw. zu ergänzen.
Um im Verlauf der Forschung das Prinzip des Theoretical Samplings umsetzen zu können, wird
abschließend Frage 14 gestellt. Die Fragen 15-19 dienen der Erhebung sozio-demographischer
Daten und werden nur gestellt, sofern sie nicht im Laufe des Gesprächs bereits implizit deutlich
wurden.

3.2.   Sampling

Um möglichst unterschiedliche und vielfältige Sichtweisen auf das Forschungsfeld – den Wiener
Bezirksteil Essling – zu erhalten, wurde beim Sampling, d.h. bei der Auswahl der
InterviewpartnerInnen, darauf geachtet, Personen aus den verschiedenen für das Projekt
besonders relevanten Zielgruppen zu befragen. Dazu gehören einerseits Jugendliche, junge
Eltern sowie SeniorInnen, die durch das Projekt beim Aufbau eines Systems sozialer Bindungen
unterstützt werden sollen und andererseits UnternehmerInnen, die in Essling tätig sind und die
durch das Projekt wirtschaftlich gestärkt werden sollen. Im Sinne des Theoretischen Samplings
(Glaser und Strauss 1998) wurden die InterviewpartnerInnen nicht im Voraus ausgewählt,
sondern schrittweise bzw. auf Basis der Erkenntnisse aus den vorangegangenen Interviews
festgelegt. Dabei werden einerseits InterviewpartnerInnen aus vergleichbaren Lebens- und
Arbeitssituationen angesprochen, um bisherige Analyseergebnisse überprüfen und spezifizieren
zu können und andererseits InterviewpartnerInnen aus kontrastierenden Lebens- und
Arbeitssituationen, die bisherige Thesen möglicherweise widerlegen oder konträre Sichtweisen
eröffnen können.

Die ersten Interviews wurden mit EsslingerInnen geführt, die den Forscherinnen entweder über
das dem Projekt „Treffpunkt Essling“ vorangehende Projekt „Aktiv im Stadtteil“ oder über
persönliche Kontakte bereits bekannt waren. Um dem Prinzip des Theoretischen Samplings
Rechnung zu tragen, wurde im Rahmen der Interviews gezielt nach Personen gefragt, die eine
andere Sichtweise als der/die Befragte auf Essling haben könnten und die in weiterer Folge als
InterviewpartnerInnen zur Verfügung stehen könnten. So konnten weitere
InterviewpartnerInnen akquiriert und der Forschungsgegenstand aus unterschiedlichsten
Perspektiven, die sich aufgrund verschiedener Lebens- und Arbeitssituationen und Bezüge zu
Essling ergeben, beleuchtet werden. Innerhalb der Zielgruppe der UnternehmerInnen wurde
beispielsweise auf Empfehlung eines/r InterviewpartnerIn auch ein/e UnternehmerIn
interviewt, der/die zwar in Essling wohnt, sein/ihr Geschäftslokal jedoch in der angrenzenden
niederösterreichischen Gemeinde Groß Enzersdorf betreibt. In die Ergebnisdarstellung

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eingeflossen sind darüber hinaus zahlreiche Informationen, die im Zuge der Projektarbeit bzw.
in nicht als Interview angelegten Netzwerkgesprächen gewonnen werden konnten.

Insgesamt wurden 24 Interviews mit 29 Personen geführt, davon 8 mit Esslinger
UnternehmerInnen (EpUs sowie Klein- und Mittelbetriebe), die in und um den Ortskern von
Essling angesiedelt sind. Die folgende Aufstellung gibt einen Überblick über
soziodemographische Merkmale der Interviewpartnerinnen:

Alter                                      Weiblich           Männlich            Gesamt
Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren      4                  1                   5
Erwachsene zwischen 30 und 45 Jahren 5                        2                   7
mit (Klein-)Kindern
Erwachsene zwischen 30 und 45 Jahren 2                        0                   2
ohne Kinder
Erwachsene zwischen 46 und 59 Jahren       8                  2                   10
SeniorInnen ab 60 Jahren                   2                  3                   5
Gesamt                                     21                 8                   29

3.3.    Auswertung

Die Transkripte und schriftlichen Paraphrasen der Interviews bzw. die damit erhobenen
Perspektiven verschiedener AkteurInnen im Forschungsfeld bilden die Basis für die Auswertung
der Interviews mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2008), bei der in einem
schrittweisen Prozess die Daten reduziert, gebündelt und zu einem Kategoriensystem
verdichtet werden, sodass die Forschungsfrage – Stärken und Defizite des Stadtteils Essling als
Entscheidungs- und Handlungsgrundlage für die weiteren Impulse im Rahmen des Projekts
Treffpunkt Essling aufzeigen – mit all den für die Befragten relevanten Facetten beantwortet
werden kann und daraus konkrete Anknüpfungspunkte für die Initiative abgeleitet werden
können.

Im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring gibt es verschiedene Techniken, die
sich in der Art und Weise, wie das Datenmaterial im Zuge der Analyse behandelt wird,
unterscheiden. Für die vorliegende Arbeit wurde die Technik der zusammenfassenden
Inhaltsanalyse gewählt, mit dem Ziel, das durch die Interviews generierte Datenmaterial auf ein
übersichtliches Ausmaß zu reduzieren und für die Interpretation fruchtbar zu machen. Dabei
bleiben die wesentlichen Inhalte in Form von Kategorien erhalten, jedoch werden die einzelnen
Aussagen der Befragten soweit abstrahiert und gebündelt, dass sie für die weitere Analyse ein
komprimiertes Abbild des Grundmaterials darstellen (Mayring 2008).

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Innerhalb der zusammenfassenden Inhaltsanalyse unterscheidet man zwischen deduktiver und
induktiver Kategorienbildung. Bei ersterer werden die Kategorien vorab theoriegeleitet
definiert und das Material wird anhand des im Vorfeld entwickelten Kategoriensystems
basierend auf der Forschungsfrage durchgearbeitet und zusammengefasst. Bei der induktiven
Kategorienbildung, hingegen, die auch im Rahmen dieser Forschungsarbeit zum Einsatz kam,
werden die Kategorien direkt aus dem Material abgeleitet, um den Forschungsgegenstand
möglichst gegenstandsnah, ohne verzerrende Vorannahmen abbilden zu können (ebd.). Diese
Form der Kategorienbildung ermöglicht es, die Relevanzen und Sichtweisen der Befragten
herauszuarbeiten, ohne vorab thematische oder theoretische Einschränkungen zu treffen. Sie
entspricht damit am ehesten dem in der qualitativen Forschung geforderten Prinzip der
Offenheit und trägt einem wesentlichen Anliegen dieser Forschungsarbeit Rechnung, nämlich
als Basis für den weiteren Projektverlauf dienen und die weiteren Initiativen und Aktionen an
den Bedarfen der Bevölkerung Esslings orientieren zu können.

Das entwickelte Kategoriensystem spiegelt sich in der Ergebnisdarstellung wieder, die jedoch
über eine rein zusammenfassende Beschreibung der Interviewinhalte hinausgeht. Das
Kategoriensystem diente vielmehr als Basis für die tiefergehende Analyse und Interpretation
der Daten (so wurden beispielsweise in einigen Themenbereichen Typologien ausgearbeitet,
um die Dimensionen und Ausprägungen von Handlungs- und Sichtweisen innerhalb einer
Kategorie zu verdeutlichen) sowie für die Ableitung von konkreten Ansatzpunkten für die
Initiative Treffpunkt Essling.

Hervorzuheben ist, dass im Zuge dieser Arbeit keine quantitative Analyse (beispielsweise der
Häufigkeiten der Kategorien) durchgeführt wurde. Dies wäre schon aufgrund der Anzahl der
durchgeführten Interviews unzulässig und entspricht auch nicht der Zielsetzung einer
qualitativen Forschungsarbeit. Es können auf Basis der Analyse daher auch keine Rückschlüsse
auf die Verteilung von Typologien, Merkmalen oder Sichtweisen in der Bevölkerung gezogen
werden. Vielmehr zielt die Analyse darauf ab, das Forschungsfeld aus möglichst verschiedenen
Perspektiven zu beleuchten und verschiedene Meinungen, Sicht- und Handlungsweisen
aufzuzeigen.

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4.     Ergebnisdarstellung

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Forschung dargestellt. Dabei wird zunächst
    das aus Sicht der Befragten Charakteristische und Typische an Essling herausgearbeitet
       (4.1.),
    im Anschluss daran werden Sichtweisen der EsslingerInnen auf das Zentrum Esslings,
       das im Zuge des Projektes besonders interessiert, aufgezeigt (4.2.)
    Kapitel 4.3. widmet sich den sozialen Kontakten, die die EsslingerInnen pflegen, ihren
       Treffpunkten und Aktivitäten
    Kapitel 4.4. beleuchtet die Bewertung der in Essling vorhandenen Infrastruktur und zeigt
       Defizite ebenso wie Potenziale in den Bereichen Nahversorgung, Gastronomie, Kultur-
       und Freizeitangebote, Bildung, Gesundheitsversorgung, Sicherheit und Verkehr auf. Der
       Umfang der Ausführungen zu den jeweiligen Themen vermag dabei eine ungefähre
       Vorstellung zu vermitteln, welche Schwerpunkte und Relevanzen die Befragten in Ihren
       Aussagen gesetzt haben.
    da der Aktivierung der Bevölkerung in dieser Forschungsarbeit eine bedeutende Rolle
       zukommt und ein wesentliches Ziel der Befragung darin liegt, die in Essling vorhandenen
       Potenziale und Ressourcen sichtbar und für das weitere Projekt nutzbar zu machen,
       werden die dahingehenden Ergebnisse in einem eigenen Kapitel (4.5.) dargestellt.
    Während in die Ergebnisdarstellung zu all diesen Themen die Aussagen aller Befragten
       einfließen, ist der Binnensicht der UnternehmerInnen Esslings abschließend ein eigenes
       Kapitel (4.6.) gewidmet, um die spezifischen Herausforderungen und Potenziale dieser
       Zielgruppe und mögliche Ansatzpunkte für die Profilentwicklung Esslings deutlich zu
       machen.

In der Ergebnisdarstellung findet der/die LeserIn zahlreiche wörtliche Zitate aus den Interviews.
Diese sind im Text kursiv und unter Anführungszeichen gesetzt und dienen der
Veranschaulichung der jeweils dargestellten Sichtweise bzw. Thematik. Dazu wurden jeweils
solche Aussagen oder Phrasen ausgewählt, die eine spezifische Perspektive (meist mehrerer
InterviewpartnerInnen, bei abweichenden oder konträren Sichtweisen auch einzelner
InterviewpartnerInnen) besonders treffend beschreiben und auf den Punkt bringen. In den
Interviews wiederkehrende, sprachlich auffällige Formulierungen und Begriffe, die zur
Beschreibung und Charakterisierung Esslings von den Befragten verwendet werden, lassen
Rückschlüsse auf die Besonderheiten des Stadtteils Esslings zu und sind daher ebenfalls im Text
durch Anführungszeichen und Kursivschrift hervorgehoben.

Am Ende jeden Kapitels sind auf Basis der zuvor dargestellten Ergebnisse konkrete
Ansatzpunkte für die Initiative Treffpunkt Essling abgeleitet.

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4.1.   Essling ist irgendwie anders

Was macht Essling aus, was ist typisch für Essling, was sind die Besonderheiten dieses
Stadtteils? Im Folgenden wird Essling in jenen Facetten dargestellt, die sich aufgrund der
Interviews als wesentlich für die Befragten herauskristallisiert haben. Dabei wird auf räumliche
Aspekte ebenso eingegangen wie auf soziale Aspekte.

4.1.1. Essling: nicht Stadt, nicht Land – irgendetwas dazwischen

Essling ist ein Bezirksteil des 22. Wiener Gemeindebezirks (Donaustadt). Es liegt am östlichen
Stadtrand von Wien zwischen den Landschaftsräumen Marchfeld und dem Nationalpark
Donauauen. Östlich an die Grenze Esslings schließt direkt die niederösterreichische Gemeinde
Groß Enzersdorf an.

Diese spezifische Lage macht die Antworten der EsslingerInnen verständlich, wenn Sie Essling
beschreiben bzw. das aus Ihrer Sicht Typische erläutern. Erste Assoziationen zu Essling hängen
häufig mit der räumlichen Struktur und der Lage am Stadtrand zusammen. Essling wird
charakterisiert als kleiner, überschaubarer (Vor-)Ort mit gemütlicher, ländlicher, bäuerlicher
Atmosphäre oder als Mischung zwischen Dorf und Stadt. Dem Stadtteil wird sowohl auf Grund
der vorherrschenden baulichen Strukturen (kleine Häuser, Einfamilienhäuser, Reihenhäuser,
Gartensiedlungen, niedrige Häuser) als auch aufgrund der menschlichen Beziehungen, die
durch diese eher ländlichen Strukturen offenbar ermöglicht werden, Dorfcharakter
zugeschrieben. Es wird als „sehr weitläufig“, zum Teil als „ein bisschen zerstreut“ beschrieben,
als „klein und familiär“. Das Leben hier wird verglichen mit dem Leben auf dem Land, allerdings
– und das ist die Besonderheit - bei gleichzeitiger Nähe zur Stadt, ohne dem Gefühl, allzu sehr
abgeschnitten oder isoliert zu sein. Als EsslingerIn genießt man die Naturnähe und ländliche
Umgebung ebenso wie die Möglichkeit, schnell „in der Stadt drinnen“ zu sein. Formulierung wie
„in die Stadt (rein)fahren“ oder „wenn ich von der Stadt wieder zurück komme“ machen
deutlich, dass sich die EsslingerInnen nicht unbedingt als StädterInnen fühlen, vielmehr ist die
Stadt etwas, das man aufsucht, wenn man etwas Spezifisches unternehmen möchte oder etwas
benötigt, das man hier oder in der unmittelbaren Umgebung nicht findet. Ansonsten fühlt man
sich hier größtenteils eher wie auf dem Land. Essling ist eben (noch) „so ein Zwischending“.

Bezeichnend und von den EsslingerInnen geschätzt ist auch die unmittelbare Nähe zum
„Gemüsegarten Marchfeld“ (Essling als Tor zum Marchfeld) sowie insbesondere zu Groß
Enzersdorf. Die dort vorhandene Infrastruktur (vor allem die Einkaufsmöglichkeiten im
Marchfeldcenter und im Ortskern von Groß Enzersdorf sowie kulturelle Veranstaltungen und
verschiedenste Kurse) wird von EsslingerInnen mitgenutzt und vermag Defizite in Essling
auszugleichen („Ich find dort alles, was ich in Essling nicht hab“). Essling profitiert von der Nähe

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zu Groß Enzersdorf, da die in Essling wahrgenommenen Defizite in der Infrastruktur (fehlende
Einkaufsmöglichkeiten, fehlende höhere Schulen u.ä., s.u.) ohne großen Aufwand erreichbar
und verfügbar sind. Auffallend ist auch, dass der Badeplatz „Elferl“, der z.T. als Lieblingsort auf
die Frage nach dem Lieblingsort in Essling genannt wird, räumlich eigentlich zur Gemeinde Groß
Enzersdorf gehört. Ebenso werden Veranstaltungen in Groß Enzersdorf (z.B. am Gelände des
ehemaligen Autokinos) mit Essling assoziiert. In den Köpfen verlaufen die Grenzen zwischen
Essling und Groß Enzersdorf also fließend, Groß Enzersdorf wird mit Essling, so scheint es, gleich
mitgedacht und die Vorzüge von Groß Enzersdorf färben gleichsam auf Essling ab.

4.1.2. Lebensqualität im Grünen vs. zunehmende Verbauung

Ganz besonders mit Essling verbunden wird neben seinen als dörflich oder ländlich
empfundenen Strukturen vor allem die Natur, das viele Grün. Auf die Frage, was die
InterviewpartnerInnen bei einem Umzug vermissen würden, werden von den meisten die
Lobau sowie die Grünflächen Esslings genannt. Essling, so könnte man es knapp formulieren, ist
Lebensqualität im Grünen. Dabei sind zwei Aspekte relevant:

1. Die Lobau als riesiges, leicht und schnell erreichbares Naherholungsgebiet
Die Lobau wird als weitläufiges Naherholungsgebiet wertgeschätzt und für vielfältige
Freizeitaktivitäten von den EsslingerInnen genutzt. Die Lobau steht für Nähe zum Wasser,
Schwimmen vor der Haustüre, für einen absoluten Grünbereich, für Wald, für die Möglichkeit,
Natur zu erleben. Leben in Essling ermöglicht einen direkten Zugang zur Lobau mit all diesen
Möglichkeiten: „Direkt hinaus in die Natur, ohne ins Auto einsteigen zu müssen“, „dass man
jederzeit schwimmen gehen kann“ und „dass man überall mit dem Rad hinfahren kann“ - so
lauten einige Antworten auf die Frage, was typisch für Essling ist. Zu den Freizeitaktivitäten der
EsslingerInnen in der Lobau zählen spazieren gehen, laufen, Nordic Walking, Ausflüge und
Picknick mit Familie und FreundInnen, Rad fahren, baden bzw. schwimmen bis hin zu
langlaufen. Die Lobau ist DER Lieblingsort der EsslingerInnen. Auf die Frage nach dem
Lieblingsort in Essling werden die Lobau generell oder auch spezifische Plätze in der Lobau (z.B.
Bombenkrater, Esslinger Furt oder der Badeplatz „Elferl“) genannt.

2. Grünflächen direkt im Siedlungsgebiet.
Geschätzt und mit Essling assoziiert wird nicht nur die Lobau, sondern generell das viele Grün in
Essling: Die Grünflächen in und zwischen den Wohnanlagen bzw. Häusern, die vielen Bäume
„und sonstigen Felder“. Bei der Frage nach den Lieblingsorten der EsslingerInnen in Essling
werden neben der Lobau und dem eigenen Heim und Garten (mehr dazu weiter unten)
verschiedene Parks, Spielplätze oder Grünflächen genannt, insbesondere der Platz vor der
Volksschule (Bill Grah Park), der Bereich rund um den Kulturstadl (Jazzpark und
Generationenpark), die Raphael Donner Allee, der Ritterspielplatz, das Grätzl entlang des

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Grosserwegs, die Kirschenallee, der Elefantenspielplatz in der Rosenheimstraße oder auch der
Wald rund um den Himmelteich bzw. das Gelände der beiden Reithöfe. An diesen Orten sowie
in der unmittelbaren Umgebung des jeweiligen Wohnortes halten sich die EsslingerInnen gerne
auf („durch die Siedlung durchgehen ist auch schön“), eben weil es so schön grün ist. Es besteht
auch ein emotionaler Bezug zu diesen Plätzen, was anhand von Formulieren wie „unser Wald“
(gemeint: der Wald rund um den Himmelteich) oder „unser Grätzl“ deutlich wird. Auch die
vorbildliche Pflege der Grünflächen durch die Stadt Wien wird lobend hervorgehoben.

Zwar können die qualitativ hochwertigen Grünräume (noch) als wesentliches Qualitätsmerkmal
und Charakteristikum Esslings bezeichnet werden. Gleichzeitig zeigen sich die befragten
EsslingerInnen in den Interviews jedoch besorgt über die zunehmende Bebauung des Stadtteils
und damit einhergehend über das Schwinden des Anteils an Grünflächen. Das zeigt sich
einerseits an dem hohen Stellenwert, der den Grünflächen Esslings sowie der Lobau als
Erholungsgebiet beigemessen wird, andererseits an den vielen kritischen Äußerungen zum
Ausmaß und zur Art der Bebauung sowie dem damit einhergehenden Verlust von Grünflächen.
Die Befragten bedauern, „dass sie es [Essling] leider extrem zupflastern“, dass es „viel zu viel
Bebauung auf viel zu wenig Grünfläche“ gibt, „dass es kein lockeres Siedlungsgebiet mehr ist,
sondern alles immer enger und kleiner wird“. Besonders kritisiert wird der Abriss von älteren
Einfamilienhäusern zugunsten der Errichtung von Reihenhaussiedlungen oder
mehrgeschossigen Wohnbauten auf gleicher Fläche. Es wird befürchtet, dass die Lebensqualität
bzw. das besondere Flair, die Essling ausmachen, dadurch zunichte gemacht werden. „Essling
wird nimmermehr Essling sein in 10 oder 15 Jahren, das wird genauso verbaut [sein] wie
irgendein anderer Stadtteil“, so die Befürchtung eines/r Befragten. Essling wird, weiteren
Zukunftsprognosen der Befragten zufolge, „auf jeden Fall mehr bebaut [sein], ... es wird sicher
nicht mehr so viele Grünflächen“, „mehr Wohneinheiten auf weniger Raum“ bzw. „zu viele Leute
auf zu engem Raum“ geben. Positiveren Prognosen oder Zukunftsvisionen zufolge besteht die
„Hoffnung, dass so viel Grün bleibt und die Häuser nicht höher werden“, dass „nach wie vor kein
Hochhaus-Flair“ entsteht, „dass man sehr bedacht bleibt mit Bebauungsbestimmungen“, „auf’s
Gesamtbild schaut“ und „die kleinen Strukturen“ (kleine Häuser, kleine Wohnhausanlagen,
ausreichend Grünflächen) erhalten bleiben. Der Erhalt von Grünraum sowie des Dorfcharakters
durch entsprechende Bebauungsbestimmungen ist den EsslingerInnen demzufolge ein
zentrales Anliegen.

4.1.3. Die Menschen in Essling

Das Typische an Essling lässt sich neben den dargestellten räumlichen Aspekten auch anhand
sozialer Aspekte herausarbeiten. Hierfür wurden die Aussagen der Befragten über ihre
Mitmenschen sowie ihre Beziehungen und Kontakte mit anderen EsslingerInnen herangezogen.

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Weiter oben wurde bereits dargelegt, dass Essling häufig mit einem kleinen Dörfchen mit
kleinen, familiären Strukturen, verglichen wird. Dieses Empfinden ergibt sich einerseits durch
die räumlichen, als eher ländlich charakterisierten Strukturen und die lockere Besiedelung,
andererseits auch durch die Art und Weise, wie die Bevölkerung sowie die sozialen
Beziehungen wahrgenommen werden. Als typisch für Essling wird beispielsweise das
„gegenseitige Grüßen auf der Straße“ genannt, dass es „nicht so anonym ist“, „dass man viele
Leute“ oder gar „jeder jeden kennt“, „dass man an jeder Ecke jemanden trifft, den man kennt“
und leichter mit anderen Menschen ins Gespräch kommt. Als gedanklicher Gegenpol schwingt
hier immer die angenommene Anonymität der Großstadt mit, von der man sich als EsslingerIn
abzugrenzen sucht. Allerdings gibt es auch die Einschätzung, dass zwar „jeder von jedem weiß,
dass es aber keine Berührungspunkte geben soll“ und jeder doch „sein eigenes Supperl kocht“
oder auch, dass die Kommunikation im öffentlichen Raum eher gering ist.

Einige InterviewpartnerInnen sprechen von einem spürbaren Zusammengehörigkeitsgefühl,
von einem Zusammenhalt, von einem gegenseitigen aufeinander Aufpassen. In diesem Kontext
wird mehrmals die Facebook Gruppe Essling thematisiert, die offenbar durch die dort
behandelten      Themen     und     die   untereinander     geteilten    Beiträge    das
Zusammengehörigkeitsgefühl unterstützt.

Essling wird assoziiert mit „angenehmen Leuten“, mit „lieben Menschen“, mit „engagierten,
eigentlich netten EinwohnerInnen“. Auch hier gibt es natürlich Einschränkungen und
gegenteilige Meinungen. So wird der persönliche Bezug zwischen den Menschen teils als
geringer als früher wahrgenommen („es ist weniger persönlich als früher“) und dies dem
vermehrten Zuzug zugeschrieben oder den hier lebenden Menschen werden negative Attribute
zugeschrieben („so viele Proleten und viele verbitterte alte Leute“, „ältere Menschen, die haben
sich schon abgekapselt“, ältere Nachbarn, die sich „einkesseln“).

Interessant ist auch die Wahrnehmung der Befragten hinsichtlich der Altersstruktur der
Menschen Esslings. Es kristallisieren sich die beiden Pole „viele junge Familien, viele Kinder“ und
„viele alte Leut“ heraus. Diese beiden Bevölkerungsgruppen werden vorrangig mit Essling
verbunden. Hingegen scheinen Menschen mittleren Alters (etwa zwischen 40-50 Jahren) eher
weniger aufzufallen, weniger präsent zu sein („die sieht man untertags nicht. Die hätten auch
ihre freien Tage, wo man sie sehen könnte“).

Darüber hinaus ist auffallend, dass in manchen Aussagen ein möglicher Zwiespalt mitschwingt
bzw. generell die Beziehungsqualität thematisiert wird zwischen den alteingesessenen („die
alten Esslinger leben halt noch in dem Jahrhundert, wo Essling noch ein Dorf war“) und den neu
zugezogenen EsslingerInnen (den jungen Familien - und damit verbunden die zumeist kritisch
betrachtete, veränderte Bebauungsstruktur, die entstehenden mehrgeschossigen

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Wohnhausanlagen und Reihenhaussiedlungen). Ein/e InterviewpartnerIn stellt sich für die
Zukunft Esslings die Frage, „welche Menschen nachkommen“ und „ob's die Uresslinger schaffen,
dass die nächsten Generationen bleiben; ich bin gespannt auf die Neu-Esslinger“.

Für die Initiative Treffpunkt Essling wird es wichtig sein, eine Verbindung zwischen den älteren,
möglicherweise schon lange hier lebenden EinwohnerInnen Esslings und den neu hierher
ziehenden jungen Menschen zu schaffen und die Angebote so zu gestalten, dass ein
generationenübergreifender Kontakt, ein gegenseitiges Kennenlernen und möglicher Abbau
von gegenseitigen Vorbehalten möglich wird. Daneben darf natürlich auch die Zielgruppe der
Jugendlichen nicht außer Acht gelassen werden, denn hier wird sowohl seitens der
Jugendlichen selbst als auch von Müttern und Vätern von Jugendlichen oder jungen
Erwachsenen auf einen Handlungsbedarf hingewiesen, Treffpunkte, Bildungs- und
Freizeitangebote für Jugendliche in Essling zu schaffen.

4.1.4. Urlaubsfeeling daheim

All die dargelegten Faktoren tragen dazu bei, dass Essling insgesamt eine hohe Lebensqualität
zugeschrieben wird. Essling wird beschrieben als „idealer Ort zum Leben“, als „sehr lebenswert“,
als „ein angenehmes Fleckerl einfach“, aber auch als „Oase“, als „Rückzugsort“ oder gar
„Kraftort“. Essling ist ein Ort, an dem man sich wohlfühlt, und ein Umzug scheint für einige
InterviewpartnerInnen unvorstellbar, wenngleich eine Steigerung der Lebensqualität durch eine
verbesserte Infrastruktur für die Befragten noch vorstellbar ist.

Neben den bereits erwähnten Faktoren, die Essling lebenswert machen, wird an Essling – mit
Ausnahme der Hauptstraße und einigen Seitenstraßen in den Stoßzeiten – auch die Ruhe
geschätzt. Essling wird im Vergleich mit anderen Stadtteilen als ruhiger empfunden.

Darüber hinaus gibt es aber noch etwas, das Essling besonders macht, das typisch für Essling ist:
Ein spezielles Lebensgefühl, eine gewisse Unbeschwertheit, ein Urlaubsfeeling zu Hause. Hier
kann man „tun und lassen, was man will“, hier kann man „im Pyjama im Garten Kaffe trinken
oder im Morgenmantel hinaus gehen die Zeitung holen“, „im Pyjama auf die Straße gehen“ oder
sich „so, wie man im Garten ist, aufs Rad setzen und eine Runde Rad fahren“, ohne sich erst
stylen zu müssen. Eine Interviewpartnerin fasst diese besondere Eigenschaft, den
Wohlfühlfaktor Esslings so zusammen: „Sommerfeeling, ich kann irgendwie rausschlapfen, hier
fühl ich mich wie im Urlaub. Ich glaub, das ist hier besonders, dieses Freiheitsgefühl,
Urlaubsfeeling, ich glaub nicht, dass es das in einem anderen Wiener Stadtteil gibt.“

Die EsslingerInnen haben einen starken Bezug zu Ihrem eigenen Heim und Garten. Neben der
Lobau und einigen spezifischen Grünflächen werden als Lieblingsorte „zu Hause“, daheim“,

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„meine Wohnung“, „meine Terrasse“ oder „mein Garten“ genannt; auch auf die Frage, was im
Falle eines Umzugs vermisst werden würde, kommen das eigene Heim oder die eigene
Wohnung immer wieder in den Antworten vor. Die EsslingerInnen sind gerne daheim, fühlen
sich heimelig in den eigenen vier Wänden oder ihrem Garten und verbringen viel Zeit hier. Auch
als Location für persönliche Begegnungen spielt der private Raum eine vorrangige Rolle: man
besucht sich gegenseitig, grillt und sitzt gemeinsam mit Freunden und/oder Familie im Garten.

Hier zeigt sich die besondere Herausforderung, vor der UnternehmerInnen ebenso wie die
Initiative Treffpunkt Essling stehen: Wie kann es gelingen, die EsslingerInnen aus ihrem trauten
Heim hinaus in den öffentlichen Raum zu locken, insbesondere in den Ortskern von Essling?

Neben dem starken Bezug zum eigenen Heim zeigt sich insgesamt ein starker Bezug zu Essling
als Wohnort, als Heimat. Einige InterviewpartnerInnen sind hier bereits aufgewachsen, haben
hier die Schule besucht oder in der Kindheit die Ferien hier bei Verwandten verbracht und
haben nun selbst hier eine Familie gegründet. Auch einige der befragten Jugendlichen können
sich vorstellen, in Zukunft hier zu wohnen bzw. zu leben.

4.1.5. Essling ist irgendwie anders: Anknüpfungspunkte für Treffpunkt Essling

Leben wie auf dem Land aber mit Nähe zur Stadt bringt eigene Strukturen hervor
Die spezifische Lage Esslings zwischen Stadt und Land, die Wahrnehmung als überschaubarer,
familiärer Ort mit gemütlicher, ländlicher Atmosphäre und Naturnähe bei gleichzeitiger Nähe
zur Stadt bringt besondere räumliche und gesellschaftliche Strukturen hervor.
Nachbarschaftliche und freundschaftliche Kontakte werden überwiegend im privaten Raum
gepflegt, umgekehrt wird Privates, wie etwa mit dem Pyjama die Zeitung holen in den
öffentlichen Raum transportiert. Treffpunkte bzw. Orte der Kommunikation im öffentlichen
Raum gibt es jedoch kaum.
     Treffpunkte im öffentlichen Raum könnten über private Aktivitäten geschaffen werden.

Verbindende neue Strukturen schaffen
Essling ist ein Stadtteil mit einem sehr hohen Zuzug und unterliegt daher einer starken
räumlichen und gesellschaftlichen Veränderung. Besonders Alteingesessene beklagen die
räumliche und gesellschaftliche Veränderung. Für Essling sollten daher neue Strukturen
geschaffen werden, die sowohl von Alteingesessenen als auch von Neuhinzugezogenen
angenommen werden.
     Treffpunkte für beide Gruppen schaffen als verbindendes Element.

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Essling, ein Stadtteil für einen gesunden Lebensstil
Der direkte Kontakt zur Natur (Lobau und grünflächendurchzogene Siedlungsgebiete) regt stark
dazu an, Bewegung zu machen und ermöglicht spontane fitnessorientierte Freizeitaktivitäten,
wie etwa Spazieren gehen oder Joggen.
Die Lage Esslings mitten im „Gemüsegarten Marchfeld“ macht die Ernährung mit regionalen
und saisonalen Produkten ohne hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand möglich.
     Das Thema Gesundheit durch Bewegung und gesunde Ernährung kann für verschiedene
        Maßnahmen zur Netzwerkbildung und für die Entwicklung eines Profils aufgegriffen
        werden.

Soziale Netzwerke vorhanden
Essling ist nicht anonym, die Menschen kennen sich, man grüßt einander auf der Straße.
Familiäre und gesellschaftliche Netzwerke direkt im Wohnumfeld existieren.
     Bereits vorhandene nachbarschaftliche Netzwerke können für die Belebung des
        Ortskerns genutzt werden.

Schwer erreichbare Zielgruppen ansprechen
Präsent im Stadtteil sind jene Gruppen, die wenig mobil sind, etwa Kinder, junge Familien und
SeniorInnen. Menschen mittleren Alters sind kaum wahrnehmbar in Essling. Die sichtbaren
Zielgruppen können gut erreicht werden und werden aktiv in das Projekt Treffpunkt Essling
eingebunden.
Für Jugendliche gibt es nur wenig Treffpunkte und Angebote, Jugendliche sind daher eine
schwer erreichbare, jedoch wichtige Zielgruppe für die Initiative Treffpunkt Essling, da sie eine
eingeschränkte Mobilität haben und sollten mobilisiert werden.
     Jugendliche sollten als Zielgruppen angesprochen und mobilisiert werden.

Mittendrin und doch daheim
Die EsslingerInnen haben eine hohe Wohnzufriedenheit, wiederkehrend wird das
Urlaubsgefühl, das in Essling herrscht, erwähnt. Familiäre Bezüge zu Essling, da man in Essling
aufgewachsen ist bzw. die Familie hier wohnt, sind häufig vorhanden. Nachbarschaft wird
gelebt. Der Austausch untereinander und freundschaftliche und nachbarschaftliche Treffen
finden häufig im privaten Raum statt.
Die Menschen aus dem privaten Raum herauszulocken ist daher eine Herausforderung für
Initiativen wie Treffpunkt Essling und für die Gastronomie.
      Unter dem Motto „Mittendrin und doch daheim!“ könnten Maßnahmen entwickelt
         werden, die die Menschen dazu bringen, Angebote außerhalb des privaten
         Raums/Gartens anzunehmen mit dem Vorteil, rasch und vor allem ohne Auto daheim zu
         sein.

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4.2.   Essling: Stadtteil ohne Zentrum?

Wenngleich Essling insgesamt als Wohnort, als Ort zum Leben sehr positiv eingeschätzt und ihm
eine hohe Lebensqualität zugemessen wird, so zeichnet sich für den Ortskern ein völlig anderes
Bild ab.

Ob und wo es in Essling überhaupt einen Ortskern oder ein Zentrum gibt, darüber sind die
EsslingerInnen geteilter Ansicht. Einige InterviewpartnerInnen verorten das Zentrum ganz
spontan an einem spezifischen Ort (Gebäude oder Park). Hier werden entweder die Kirche bzw.
das gegenüberliegende Schloss als Ortskern bezeichnet oder der Bereich rund um die
Volksschule Essling sowie den Kulturstadl mit den beiden dazugehörigen Parks. Einige nennen
auch die Esslinger Hauptstraße in einem bestimmten Bereich als Zentrum, wobei es auch hier
unterschiedliche Definitionen bezüglich der räumlichen Ausdehnung des Ortskerns gibt. Die
Angaben schwanken zwischen „fängt beim Pozis an und hört beim Billa auf“ (d.h. Lannesstraße
bis Seefeldergasse) und „vom Billa bis zur Queen oder Pagro“ (d.h. Kirschenallee bis
Seefeldergasse).

Die typische Reaktion auf die Frage nach dem Zentrum ist jedoch entweder ein klares „Nein,
Essling hat kein Zentrum“, ein vages „nein, eigentlich nicht“ bzw. „so direkt eigentlich nicht“
oder ein zögerliches Eingrenzen auf in Frage kommende Bereiche, z.B. „vielleicht bei der Kirche
da vorn, aber Zentrum in dem Sinn nicht“. Die Esslinger Hauptstraße entspricht aufgrund des
starken Verkehrsaufkommens, des geringen Straßenquerschnitts (Gehsteig, Parkspur,
Fahrstreifen jeweils mit Mindestbreite), der leerstehenden Geschäftslokale und mangelnden
Parkmöglichkeiten offenbar nicht den klassischen Vorstellungen eines Zentrums. Sie wird als
lange, wenig belebte, aber stark befahrene Durchzugsstraße bezeichnet und empfunden, auf
der ein zentraler Platz, ein klares Zentrum, ein Treffpunkt fehlt: „Die Esslinger Hauptstraße ist
eine Straße, kein Zentrum“. Als positive Vergleichsbeispiele, die offenbar die Ansprüche und
Erwartungen an ein Zentrum eher erfüllen, werden andere Stadtteile oder Orte genannt, die
tatsächlich auch räumlich über einen zentralen Platz verfügen, z.B. Groß Enzersdorf, Aspern
(„da weiß man, da ist das Zentrum“) oder Leopoldau.

Bezeichnend ist die morbide Wortwahl, mit der das Zentrum Esslings typischerweise
beschrieben wird und die den Handlungsbedarf für eine notwendige Aufwertung des Ortskerns
als Geschäftsgebiet und für eine positive Imagebildung des Ortszentrums unterstreicht. Da wird
gesprochen von „Leichen von Gebäuden“, vom „sterbenden Ortskern“, von „toten Geschäften“
und dem „Geschäftesterben“, manch einer charakterisiert Essling insgesamt als „tot“. Neben
den leerstehenden Geschäftslokalen und den über längere Zeiträume brachliegenden
Bauflächen (z.B. am Grundstück des ehemaligen Gasthofs Müllner) wird generell das desolate,
düstere Erscheinungsbild der Häuser und Geschäftslokale entlang der Esslinger Hauptstraße

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kritisiert. Die EsslingerInnen bedauern, „dass die Hauptstraße so verwahrlost“, „dass alles
verfällt“, „dass der Ortskern so versandelt“, dass die Fassaden bröckelig und die Häuser
renovierungsbedürftig sind, sprechen von einzelnen „Schandflecken“ und finden, dass selbst
einige der derzeit betriebenen Geschäftslokale oder Gastronomiebetriebe wenig einladend
wirken.

Auffallend ist, dass bestimmten Bereichen abseits der Esslinger Hauptstraße das Potenzial
zugeschrieben wird, sich zu einem möglichen Zentrum entwickeln zu können, gerade weil sie
nicht auf der Hauptstraße liegen bzw. als besonders atmosphärisch empfunden werden, denn –
so bringt es eine Interviewpartnerin auf den Punkt – „Essling ist mehr als die Hauptstrasse“.
Dazu gehören der Bereich Simonsgasse hinter dem Schloss, der Bereich hinter der Volksschule
Essling (beim Kreisverkehr), die Raphael-Donner Allee mit dem Ritterspielplatz und dem
Generationenpark in der Colerusgasse sowie der langgezogenen Park in der Kirschenallee im
Bereich der Volksschule. Es wird auch auf Brachflächen hingewiesen, „wo nichts passiert“, z.B.
die Wiese hinter dem Einkaufskomplex Lidl/Admiral/Pagro.

Es lässt sich in Essling demzufolge räumlich kein klares Zentrum lokalisieren. Stattdessen
kristallisieren sich mehrere potentielle Zentren heraus, die aber erst durch entsprechende
Belebung und/oder optische Aufwertung tatsächlich als Zentrum empfunden werden würden:
„Möglichkeiten gibt’s schon, ... wir hätten die Möglichkeit, etwas daraus zu machen“.
Besonderes Potential für Belebung im Bereich der Esslinger Hauptstraße scheinen insbesondere
das Areal rund um die Kirche sowie der Bill Grah Park vor der Volksschule Essling und der
Jazzpark/ Fatty George Park rund um das Kulturfleckerl zu bieten: „also dort könnte eventuell
auch ein Zentrum entstehen“, „den Bereich vor dem Kulturstadl sollte man wiederbeleben“.
Diese Bereiche könnten sich trotz des starken Verkehrs als mögliche „Dorfplätze“ etablieren, da
sie auch jetzt schon stark mit Essling assoziiert werden (oder, wie weiter oben bereits
dargelegt, sogar zu den Lieblingsplätzen der EsslingerInnen zählen), aber die vorsichtige
Wortwahl der InterviewpartnerInnen lässt darauf schließen, dass hier noch einige
Veränderungen notwendig wären, um einen Ort zum sozialen Treffpunkt werden zu lassen.
Neben den beiden Parks und der Achse Kirche/Schloss könnten wie bereits angedeutet auch
abseits der Hauptstraße neue Treffpunkte entstehen bzw. belebt werden.

Als Orte der Begegnung fungieren derzeit im Zentrum Esslings vor allem die Apotheke mit der
angeschlossenen Post (Ecke Raphael-Donner Allee/ Esslinger Hauptstraße) sowie die Billa-Filiale
(Ecke Seefeldergasse/ Esslinger Hauptstraße). Auch der Verkaufsstand des Biobauernhofs der
Familie Mader in der Auernheimergasse ist ein solcher Treffpunkt, wo man bekannte Gesichter
trifft und ins Gespräch mit anderen BewohnerInnen kommen kann. Hier fehlt jedoch überall die
Möglichkeit, länger zu verweilen oder gemütlich zusammenzusitzen.

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