Krankenpflegeschule Rankweil - Dreier Bernhard Rankweil am 25.02.2011
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Musik gegen Depression Fachbereichsarbeit an der Psychiatrischen Gesundheits‐ und Krankenpflegeschule Rankweil. Dreier Bernhard Rankweil am 25.02.2011 0
Abstract Musik gegen Depression: Musik wird bereits seit der Geschichtsschreibung als Heilmittel erwähnt und angewendet. Die Bibel berichtet über den wirkungsvollen Einsatz von Musik, und römische Ärzte setzten später Musik gegen Depressionen ein. Dies ist jedoch schon lange her, wie sieht es in der heutigen Psychiatrie aus? Musik ist so alt, wie die Menschheit selbst, aber was macht sie so besonders? Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, dieses Thema unter die Lupe zu nehmen und folgende Fragen zu beantworten: • Kann rezeptive Musik den Heilungsprozess depressiv erkrankter Menschen positiv beeinflussen? • Wie wirkt sich die Musik psychophysiologisch auf den depressiven Menschen aus? Was sagt die Hirnforschung? • Wie können diese Erkenntnisse in die pflegerische Praxis implementiert werden? Nach dem Beschreiben der Methodik und der Vorgehensweise, definiere ich die Begriffe: Musik, rezeptive Musik, Depression und Emotion. Danach beschreibe ich im allgemeinen Teil einige charakteristische Fassetten der Musik. Im Hauptteil beschreibe ich zu Beginn den physiologischen Ablauf vom menschlichen Hören. Wie gelangt Schall zum Ohr, welche Vorgänge spielen sich im Gehörorgan ab, und wo geschieht die Umwandlung von mechanischen zu bioelektrischen Impulsen. Neue Ergebnisse der Gehirnforschung zeigen, welche Gehirnkerne und Regionen durch Musik stimuliert werden, und was für Vorgänge im Zentralnervensystem getriggert werden. Dazu stelle ich vier verschiedene Studien vor, die belegen, dass rezeptive Musik positiv auf depressiv erkrankte Menschen wirkt. Die letzte und auch aktuellste Studie gilt als Grundlage der Firma Sanoson, die eine speziell für depressiv erkrankte Menschen individuell zugeschneiderte Audio-Kur anbietet. Eine neue und einzigartige Behandlung der Depression, die viele Vorteile mit sich bringt. Ein neues Produkt, das aus wissenschaftlicher Sicht erfolgreich als Mono- oder Komplementärtherapie einzusetzen ist. Im pflegerischen Sinn ist sie ein wichtiger Beitrag in der Psychoedukation und Prävention. Mein Resultat der Recherchen ist eindeutig: Rezeptive Musik kann den Heilungsprozess depressiv erkrankter Menschen positiv beeinflussen. 1
Inhaltsverzeichnis Abstract Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ......................................................................................................................... 1 1.1 Fragestellung dieser FBA ........................................................................................ 2 2. Methodik .......................................................................................................................... 3 2.1 Literatur-Recherche ................................................................................................. 3 2.2 Google Bücher ......................................................................................................... 3 2.3 Google Scholar ........................................................................................................ 4 3. Definitionen ..................................................................................................................... 5 3.1 Musik ....................................................................................................................... 5 3.2 Rezeptive Musik ...................................................................................................... 6 3.3 Depression................................................................................................................ 7 3.4 Emotion .................................................................................................................... 9 4. Musik, ein kleiner Überblick ....................................................................................... 10 4.1 Musik und die Forschung ...................................................................................... 10 4.2 Musik als Medium, das uns bewegt ....................................................................... 10 4.3 Musik und die Mythologie ..................................................................................... 10 4.4 Musik in den Religionen ........................................................................................ 11 4.5 Musik und Stil ........................................................................................................ 11 4.6 Musik und ihr Tempo ............................................................................................ 12 4.7 Musik im Alltag ..................................................................................................... 13 5. Der Physiologische Weg der Musik ............................................................................. 14 5.1 Von der Musik zum Schall .................................................................................... 14 5.2 Das Ohr, Anatomie und Physiologie ..................................................................... 14 5.3 Verarbeitung der bioelektrischen Impulse im Gehirn ............................................ 15 5.4 Molekularbiologische Mechanismen ..................................................................... 16 2
6. Musik in der Forschung ............................................................................................... 17 6.1 Der Mozart Effekt .................................................................................................. 17 6.2 Musik und Emotionen ............................................................................................ 18 6.3 Musik fördert das Wohlbefinden ........................................................................... 20 6.4 Einsatz einer Klangliege bei depressiven Patienten............................................... 21 6.5 Die Wirksamkeit rezeptiver Musiktherapie bei der Behandlung von Depression. 24 7. Sanoson, Musik die wirkt ............................................................................................. 30 8. Resümee ......................................................................................................................... 33 9. Danksagung und Eigenständigkeitsbestätigung ........................................................ 37 10. Literaturnachweis ......................................................................................................... 38 3
1. Einleitung Musik spielt in meinem Leben eine sehr wichtige Rolle. Inspiriert von meinem Vater, der selber lange aktiver Sänger war, habe ich schon als kleiner Junge die Leidenschaft entwickelt, selber Musik zu machen. Ich spielte und sang in verschiedenen Musikgruppen. Die Bandbreite reichte von Klassik bis Rock. Ich merkte sofort, dass Musik ein ganz bestimmter Zauber besitzt, der nicht nur mich als aktiver Musiker zu erfüllen vermochte, sondern auch diejenigen erreichte, die die Musik hörten. Letztere Auswirkung, und die Bestätigung dafür, durfte ich persönlich erfahren. Wir hatten mit meiner damaligen Band eine CD produziert, die auch eine sehr gefühlsvolle Ballade beinhaltete. In diesem Lied wurden die Themen Sehnsucht, Leidenschaft und Trauer in Bezug eines nahestehenden Menschen sehr emotional behandelt. Eines Tages kam ein junger Mann auf mich zu und bedankte sich für dieses Lied, welches ihn durch eine sehr schwere Zeit getragen habe. Das ist nur eines von vielen Beispielen, von denen mir schnell klar wurde, dass Musik mehr ist als nur Schall, oder lediglich ein Aneinanderreihen verschiedener Töne. „Musik hat Auswirkung auf den Menschen!“ Seit Uhrzeiten ist Musik ein elementares, nicht wegzudenkendes Muss bei Ritualen, Festen, religiösen Versammlungen oder Heilungszeremonien. Die Bibel berichtet, um 1000 vor Christus, von König Saul der des öfteren von einem „bösen Geist, der ihn ängstigte“ überfallen wurde (In anderen Übersetzungen wird dieser Geist auch als Schwermut bezeichnet, was als die damalige Bezeichnung von Depression galt). So berichtet die Bibel: „Immer wenn der böse Geist über Saul herfiel, griff David zur Harfe und begann zu spielen. Und immer wieder brachte die Musik Saul Erleichterung. Er fühlte sich besser, und der böse Geist ließ ihn in Ruhe.“ (1. Samuel 16,23) 1
In der Zeit um Christi Geburt wendete der römische Arzt und Gelehrte „Celsus“ Musik bei depressiv erkrankten Menschen an. Seiner Meinung nach helfen dem Depressiven bei seiner Verstimmung am besten Lärm, Zimbelklang und Musikstücke. Gegen Schlaflosigkeit, Geisteskrankheiten und Depressionen setzte auch „Medicus Galen“, ca. 200 nach Christus, Musik ein. Damals schon erkannten viele weise Männer die Wirkung von Musik und setzten diese bei depressiv erkrankten Menschen ein. Aber wie sieht es nun im 21. Jahrhundert aus? Die Wissenschaft macht jährlich Meilensprünge, die Untersuchungen werden immer genauer und die Möglichkeiten vielseitiger. Sind diese antiken Erkenntnisse bereits veraltet, oder sind es wichtige Ressourcen, die wir nur noch zu wenig in Augenschein genommen haben? Ich denke, dass Musik, und dabei speziell die rezeptive Musik eine wichtigere Rolle im Pflegealltag mit depressiv erkrankten Menschen spielen sollte. Durch meine persönlichen Erfahrungen und mein Interesse, stellte ich mich der Herausforderung, herauszufinden, ob und wie dieser verborgene Schatz in der Pflege depressiv erkrankter Menschen zu implementieren sein könnte. Folgende Fragen, möchte ich in dieser Fachbereichsarbeit behandeln: 1.1. Fragestellungen dieser FBA • Kann rezeptive Musik den Heilungsprozess depressiv erkrankter Menschen positiv beeinflussen? • Wie wirkt sich die Musik psychophysiologisch auf den depressiven Menschen aus? Was sagt die Hirnforschung? • Wie können diese Erkenntnisse in die pflegerische Praxis implementiert werden? 2
2. Methodik 2.1. Literatur-Recherche Meine Fachbereichsarbeit wurde anhand einer Literatur-Recherche erstellt. Dazu nahm ich mehrere verschiedene Plattformen in Anspruch. Als erstes kontaktierte ich unsere Musiktherapeutin im LKH Rankweil, die mir gute Literaturtipps gab, aus denen ich auch einiges entnehmen konnte. Als weitere Plattform verwendete ich unser heute wohl meistgebrauchtes Kommunikationsmittel, das Internet. Viele meiner Ergebnisse waren in englischer Sprache, und nur wenige wurden auf Deutsch übersetzt. Ich habe unter einigen Begriffen gesucht, die für meine Fachbereichsarbeit von Wichtigkeit sein könnten. Anhand einer Tabelle möchte ich kurz die Suchergebnisse mit den jeweiligen Suchbegriffen nachvollziehbar darstellen. 2.2. Google Bücher Für diese FBA keine brauchbare Neurobiologie +Musik 1810 Treffer Literatur Für diese FBA keine brauchbare Musik gegen Depression 5170 Treffer Literatur Für diese FBA keine brauchbare Therapie der Depression 76200 Treffer Literatur Therapie der Depression 32.100 Für diese FBA kaum brauchbare +Musik Treffer Literatur Therapie der Depression 68 Treffer 1 brauchbares Buch +rezeptive Musik Für diese FBA keine brauchbare Depression +rezeptive Musik 123 Treffer Literatur 3
2.3. Google Scholar (Seiten auf Deutsch) Musik +Gehirnforschung 1010 Treffer Für diese FBA brauchbare Literatur Für diese FBA kaum brauchbare Musik +Depression 484 Treffer Literatur Für diese FBA keine brauchbare Neurowissenschaft +Depression 8690 Treffer Literatur Neurowissenschaft +rezeptive Für diese FBA kaum brauchbare 74 Treffer Musik Literatur Musikpsychologie 698 Treffer 1 brauchbares Buch Für diese FBA keine brauchbare Musik Psychiatrie 25809 Treffer Literatur Für diese FBA keine brauchbare Musik Psychiatrie +Depression 19500 Treffer Literatur Rezeptive Musik Psychiatrie Für diese FBA keine brauchbare 285 Treffer +Depression Literatur Für diese FBA kaum brauchbare Depression +Musik 18700 Treffer Literatur Da die Suche für eine gut wissenschaftlich fundierte FBA über das Internet zu nur geringfügigen Ergebnissen gelangte, entschied ich mich auch noch für die Suche in der Landesbibliothek in Bregenz, wo ich auch schneller fündig wurde. Ich habe einige Bücher, Fachzeitschriften und wissenschaftliche Forschungsergebnisse durchgearbeitet und habe mich für eine geringe Anzahl an Büchern entschieden, die zur Beantwortung meiner Fragen durchaus hilfreich waren. Zusätzlich habe ich mich mit der Leiterin des Forschungsprogramms „Musik-Medizin“, Frau Vera Brandes, von der Medizinischen Privatuniversität Paracelcus in Salzburg in Verbindung gesetzt. Sie leitet dort die Forschungen an der „Audio-Therapie“, welche aus meiner Sicht, in Bezug auf die Behandlung von depressiven Menschen, ein großes Potential beinhaltet. In meiner Arbeit werde ich diese neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse natürlich auch miteinbeziehen. Viel Spaß beim Lesen. 4
3. Definitionen Zu Beginn der Arbeit möchte ich noch gewisse Begriffe, die für diese Fachbereichsarbeit wichtig sind, definieren. Es ist wichtig zu wissen, welche Bezeichnung die moderne Wissenschaft ihnen gibt, um diese im Kontext richtig zu verwenden. Weiteres werde ich mit einem „allgemeinen“ Teil in meine FBA einstimmen. Damit möchte ich die Bedeutung und Auswirkung von Musik etwas erläutern und somit die Brücke zum Thema schlagen. 3.1. Musik („ musische Kunst") Musik ist ein Wort mit so vielen Bedeutungen, wie es wohl Menschen auf dieser von Gott erschaffenen Erde gibt. Ich erinnere mich an die Zeit, als damals Techno und die ganze Elektronik-Sound Welle uns erreichte, und man von vielen empört sagen hörte: „Das ist ja keine Musik!“. Was ist Musik denn überhaupt? Als Erstes ist wohl zu sagen, dass Musik wenig mit einer bestimmten Musikrichtung zu tun hat. Eine einheitliche Definition gibt es aber auch nicht. Die Wissenschaft gibt je nach Ansatz verschiedene Beschreibungen von Musik. Ihre Definition ist schon seit langem ein Debatten-Thema zwischen Philosophen, Musikern und neuerdings auch verschiedener Sozial- und Naturwissenschaftlern. Ich habe zwei Definitionen gefunden, die ich als sehr ausführlich und als gut zutreffend empfunden habe sowie Platos´ Erklärung von Musik. Musik ist: „die organisierte Form von Schallereignissen. Zu ihrer Erzeugung wird akustisches Material – Töne und Geräusche innerhalb des für den Menschen hörbaren Bereichs –, das einerseits physikalischen Eigengesetzlichkeiten, wie zum Beispiel der Obertonreihe oder Zahlenverhältnissen unterliegt, andererseits durch die Art seiner Erzeugung mit der menschlichen Stimme, mit Musikinstrumenten, elektrischen Tongeneratoren oder anderen Schallquellen gewisse Charakteristika aufweist, vom Menschen geordnet. Aus dem Vorrat eines Tonsystems werden Skalen gebildet; deren Töne können in unterschiedlicher Lautstärke und Klangfarbe erscheinen und Melodien bilden. 5
Aus der zeitlichen Folge der Töne und Geräusche von verschieden langer Dauer entstehen Rhythmen. Aus dem Zusammenklang mehrerer Töne von jeweils anderer Tonhöhe erwächst Mehrstimmigkeit, aus den Beziehungen der Töne untereinander entsteht Harmonik. Die begriffliche Erfassung, systematische Darstellung der Zusammenhänge und deren Deutung leistet die Musiktheorie, die ihrerseits in der Musikpädagogik gelehrt wird.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Musik; Download 4.1.2011 15:10Uhr) Das Institut für theoretische Physik definiert Musik wie folgt: „Musik sind in zeitlicher Abfolge ablaufende Geräusche, welche beim aufmerksamen Zuhörer komplexe Assoziationen bewirken, die einzeln klar trennbar und schlüssig sind, aber ebenso einen konkreten Gesamtbewusstseinseindruck hervorrufen, dessen Stärke mit der wirklichen Größe der Musik skaliert. Dieser entspricht einem starken Strom vom Unterbewusstsein zum Bewusstsein und umgekehrt. Musik versetzt in einen Zustand der eigenen Klarheit mit sich und allem anderen. Der Kanal zu Gott wird freigelegt; man tritt in Dialog mit der Wahrheit.“ (http://www-nonlinear.physik.uni- bremen.de/~nagler/musikdef.html; Download 4.1.2011 15:28Uhr) „Musik ist ein moralisches Gesetz. Sie verleiht dem Universum eine Seele, dem Geist Flügel, der Phantasie Flugkraft, der Traurigkeit einen Zauber, und allen Dingen Freude und Leben. Sie ist der Inbegriff der Ordnung und führt zu allem, was gut, gerecht und schön ist.“ Plato 3.2. Rezeptive Musik „rezeptiv“ = „aufnehmen/empfangen/empfänglich“ Bei der rezeptiven Musik steht das Hören von Musik im Mittelpunkt. Die Musikpsychologie versteht unter dem Begriff Musikrezeption „die verstehende und geistig erfassende Aufnahme von Musikstücken“ (Gembris 1999, 25) Hier wird nicht das aktive Musizieren gemeint, sondern ausschließlich das Aufnehmen von Musik. Dabei ist es egal, ob die Musik von einer CD, MP3 Player, Orchester, Therapeuten oder einer Musikgruppe ausgeht; der Zuhörer ist lediglich der Empfänger und lässt die Musik auf sich wirken. 6
3.3. Depression „deprimere“ = herunter-, niederdrücken Die Depression zählt zu den sogenannten „affektive Störungen“. Hauptmerkmale einer Depression sind verminderter Antrieb und Stimmung. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erleiden 8-11% der Weltbevölkerung eine Depression. „Experten gehen davon aus, dass jeder Vierte in seinem Leben wenigstens einmal eine Depression erfahren hat. 15% der an schweren Depressionen erkrankten Menschen nehmen sich das Leben. Bereits 1997 warnte die WHO davor, die Bedeutung der Depression in den Industrienationen nicht zu unterschätzen. Sie liegt vor allen anderen körperlichen und psychiatrischen Volkskrankheiten, was die Schwere der Beeinträchtigung und die Dauer der Erkrankung betrifft“ (Salvesen & Brandes, 2005, 195). Folgende Symptome begleiten eine Depression: • Körperliche Symptome: Geminderter Antrieb, Schlafstörung, Appetitstörung, Gewichtsverlust, vielfältig Magen-Darm-Beschwerden. Atemenge, Herz- und Kreislauf-Störungen, Kloß im Hals, Muskelschmerzen, Mundtrockenheit und Hitzewallungen. Die Stimme ist eher leise und monoton, die Haltung gebeugt, kraftlos. Dazu kann noch eine Libido- und Potenzstörung kommen. • Psychosoziale Konsequenz: Isolationsneigung, Rückzug aus dem sozialen Umfeld. „Innerliches Erkalten“, was sich auf Partner und Familie negativ auswirken kann. Leistungsabfall und die damit verbundene Gefahr, den Arbeitsplatz zu verlieren. Oft neigen Menschen, die für Depressionen anfällig sind, zu einem übertriebenen Pflichtbewusstsein bis hin zum zwanghaften Perfektionismus. Dabei sind sie freundlich, warmherzig und mitfühlend, wobei es gelegentlich zu unerklärlichen Episoden von Aggressivität kommen kann. 7
• Seelische Symptome: Affektflachheit, Niedergeschlagenheit (nicht zwingend, es gibt auch maskierte, ja lächelnde Depressionen), Freudlosigkeit, Genussunfähigkeit, Interesselosigkeit, Energielosigkeit (meist als Tagesmüdigkeit), unerklärliche Dauer-Mattigkeit oder Kraftlosigkeit. Ein „Innerlich wie Tod“ Gefühl, oder umgekehrt, eine innere Unruhe, Nervosität oder Angespanntheit. Sie sind oft mutlos, voller Angstzustände und Minderwertigkeit, reizbar, oder etwa aggressiv. Auch Merk- und Konzentrationsstörungen, ständiges Gedankenkreisen und Problemgrübeln können Anzeichen sein. Ein Gefühl, als säße man unter einer Glasglocke, aus der man nicht heraus kommen kann, und niemand kommt mehr an einen heran. (Vgl. Salves & Brandes, 2006, 196ff) Der Begriff Depression wird in unserem Sprachgebrauch oft allzu beliebig verwendet. Jeder kennt die Phasen der Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Freudlosigkeit oder innere Erschöpfung. Verstimmung und Trauer sind ganz normale Reaktionen der Psyche auf gewisse Ereignisse wie z.B. eine Trennung, Misserfolg oder etwa den Verlust eines geliebten Menschen. Sie ist jedoch nur vorübergehend und hellt nach einer gewissen Zeit wieder auf. Eine Depression im medizinischen Sinn geht jedoch über diese normale Reaktion hinaus. Sie bedeutet für den Betroffenen eine enorme Einschränkung der Lebensqualität. Kriterien zur Diagnosestellung sind Dauer (mindestens 14 Tage anhaltend), gewisse genau festgelegte Symptomkombinationen, und eine ausführliche Anamnese. Wobei der Antriebsstörung und der Hoffnungslosigkeit eine große Bedeutung zugemessen wird. Die Klassifikation wird nach ICD-10 in leichte, mittelgradige oder schwere Episode eingeteilt. Charakteristisch für eine Depression ist auch, dass sie oft „ohne Grund“ auftritt. Dies kann für die Menschen, welche sich im unmittelbaren Umfeld des Betroffenen befinden zu Unverständnis führen. Unter der Last der Depression leiden die Betroffenen selbst, ihre Familien, Freunde und Arbeitgeber. (Vgl. Kasper et al. 2008, 12) In Europa wurden die jährlichen durch Depression verursachten direkten und indirekten Kosten auf insgesamt 118 Milliarden Euro geschätzt, was 1% des Gesamten BIP der EU- Staaten entspricht. (Sobocki et al. In Brandes, 2010, 17) 8
3.4. Emotion Emotion (v. lat.: ex „heraus“ und motio „Bewegung, Erregung“) Emotion ist ein psychophysiologischer Prozess, der durch die bewusste und/oder unbewusste Wahrnehmung und Interpretation eines Objektes oder einer Situation ausgelöst wird und mit physiologischen Veränderungen, spezifischen Kognitionen, subjektivem Gefühlserleben und einer Veränderung der Verhaltensbereitschaft einhergeht. (http://woerterbuch.babylon.com/emotional/; Download 16.01.2011. 18:53) Primäre Emotionen sind dazu da, in entscheidenden Lebenssituationen das Verhalten zu steuern und entsprechende Energien bereitzustellen. Wenn Emotionen auftreten, dann sind viele körperliche Veränderungen, gleichzeitig oder aufeinander folgend, mitbeteiligt. Emotionale Zustände sind klar beschreibbar durch denjenigen, der sie erlebt und für ihn sind sie sehr bewusst, also ein Zustand besonders großen Selbst-Bewusstseins. Dieses Phänomen nimmt einen überaus bedeutenden Platz im Denken und Fühlen des Menschen ein. Über alle Kulturen hinweg werden zudem einige Emotionen auf gleiche Weise erlebt und ausgedrückt. Emotionen scheinen also nicht erlernt zu sein, sondern zur Biologischen „Grundausstattung“ zu gehören. Bei Freude wird gelacht, bei Ekel wird die Nase gerümpft, bei Trauer die Augenbrauen zusammengeschoben oder geweint. Das sind nur einige Arten, wie Emotionen ausgedrückt werden, diese Reaktionen sind über den Erdball universell. (De la Motte-Haber et al, 2005, 285f) Emotion hat subjektive, physiologische, behaviorale Aspekte und beinhaltet: • Gefühl subjektiver Aspekt der Emotion • Affekt heftige, kurzzeitige Emotion • Stimmung schwache, langandauernde Emotion • Motivation beinhaltet Emotion (Lust/Unlust) Emotionen sind demnach Zustände und keine Persönlichkeitsmerkmale. Dispositionen zu bestimmten Emotionen (z. B. Ängstlichkeit, Eifersucht) können jedoch Persönlichkeitsmerkmale sein. In meiner Fachbereichsarbeit werde ich darauf eingehen, wie, und ob Musik auf die subjektiven und physiologischen Aspekte einwirkt und Emotionsregungen hervorbringt. 9
4. Musik, ein kleiner Überblick 4.1. Musik und die Forschung Die Erforschung der Musik und ihre Auswirkung auf unseren Körper ist ein sehr junges Gebiet, was eigentlich sehr verwunderlich ist, da Musik, und speziell deren Auswirkung schon lange bekannt sind. Es gibt auch empörte Stimmen, die sagen, dass Musik überhaupt nicht erforscht gehöre, da sie eine intime und individuelle Angelegenheit sei, die niemanden etwas angehe. Womöglich ist dies auch ein Grund, warum die Musikforschung noch in den Kinderschuhen steckt. 4.2. Musik als Medium, das uns bewegt Musik bewegt den Menschen sprichwörtlich. Sei es beim Tanzen oder Marschieren, aber auch auf der emotionalen Ebene wirkt sich Musik auf den Organismus Mensch aus. In Begleitung mit Musik heiraten wir und werden beerdigt, wir freuen uns und trauern „mit ihr“. Musik kommt in allen Kulturen vor und es gibt sie, wie Instrumentenfunde eindeutig belegen, spätestens seit der Jungsteinzeit. Musik trägt ein wichtiger Beitrag zu unserem heutigen Stand der Entwicklung und Kultur bei. 4.3. Musik in der Mythologie Viele Mythen und Sagen erzählten schon von der gewaltigen Kraft, welche die Musik in sich trägt. Da war zum Beispiel „Orpheus“, der in der griechischen Mythologie als der Sohn der Muse und des Apollos bezeichnet wurde. Orpheus konnte mit seinem Gesang und dem Lyra-Spiel (sie gilt als Vorgänger der Harfe) Götter, wilde Tiere, Menschen, Pflanzen und Steine „betören“. Der Mythos berichtet, wie er getrieben von der Liebe den Willen der Götter beeinflussen konnte, und das alles nur mit seiner Stimme und dem Spielen der Lyra. Für die Griechen galt er als der Erfinder der Musik und des Tanzes und wurde somit ein wichtiger Teil in deren Kultur, was bis heute auch noch anhält. 10
4.4. Musik in den Religionen Es gibt weltweit kein religiöses Fest, in dem Musik nicht ein wichtiger Teil der Zeremonie darstellt. Manche trommeln sich in Trance, andere tanzen bis zum Umfallen. In Manchen Kulturkreisen ist die „Heilung“ während einer Zeremonie nur möglich, wenn ein bestimmtes Lied gespielt wird. Im Schamanismus wird Musik zum Medium, um in Kontakt mit der übernatürlichen Kraft zu treten. Auch im Christentum spielt Musik eine wichtige Rolle. Nicht nur im Alten Testament, wie anfangs erwähnt, sondern auch heute noch ist sie von großer Bedeutung. In den „Anbetungszeiten“ wird sehr emotionale, melodiöse Musik gespielt, und so mancher berichtet, dass er in dieser Zeit ein Gefühl der Liebe, Freude oder Freiheit spüre. 4.5. Musik und Stil Mein Versuch herauszufinden, wie viel Musikstile es weltweit gibt, ist schon im Ansatz kläglich gescheitert. Ich kann mich erinnern, als mich ein Bekannter fragte, was wir denn für eine Art von Musik als Band spielen? Ich musste lange überlegen, was am treffendsten sein könnte. Dennoch haben ihn meine Antworten mehr verwirrt als aufgeklärt. Von Post- Grunge, Nu-Metall und Independence versuchte ich ihn aufzuklären, als ich sagte: „Moderner Rock“ war alles klar. Es gibt unzählige Musikstile. Jeder Einzelne entsteht aus verschiedenen Einflüssen und Hintergründen und hat seine Berechtigung. Betrachten wir die kulturelle Vielfalt, so ist es nicht verwunderlich, dass es vielfältige Musikrichtungen gibt. Beispielsweise hört sich türkische Musik für den Europäer oft fremdartig an. Kein Wunder, sie ist auch auf einem anderen musikalischen „Schema“ aufgebaut und wiederspiegelt ihren Lebenssinn und ihre Kultur. Das ist aber nur ein Beispiel von vielen. Interessant ist, dass der Großteil der Musikstudien, mittels klassischer Musik durchgeführt wurde. Eine genaue Begründung konnte ich keine herausfinden. Was die klassische Musik jedoch so einzigartig macht, ist das Zusammenspiel vieler unterschiedlicher Instrumente. Harmonie, Dynamik, Klangbild und Frequenzspektrum sind dabei so vielfältig, dass sie wahrscheinlich die beste Voraussetzung für Untersuchungen beinhaltet. 11
4.6. Musik und ihr Tempo Anlässlich des Kongresses „Mozart & Science“ wurde eine Special Edition CD-Reihe veröffentlicht, die hervorragend entweder beruhigend oder anregend wirken soll. Entscheidend für das Aktivitätsniveau des Gehirns sind Tempo, Dynamik und Frequenzspektrum. Die Special Edition beinhaltet klassische Musik, welche teils mit Naturklängen zu neuen Kompositionen arrangiert wurde. Acht verschiedene CD’s mit unterschiedlichen Titeln und Tempi sollen in verschiedenen Situationen eine positive Wirkung hervorrufen. Unterteilt werden sie in bpm (beats per minute), welche die Takt- Schläge pro Minute bezeichnet. • SLOWDOWN Tempo: 30-60 bpm bewirkt intensive Entspannung • MEMORY Tempo: 50-60 bpm hilft zu konzentrieren und stärkt das Gedächtnis • INTUITION Tempo:60-90 bpm weckt die Inspiration und Intuition • ATTENTION Tempo: 70-130 bpm regt Konzentration und Aufmerksamkeit an • BRAINWORK Tempo: 50-60 bpm steigert Denk- und Lernfähigkeit • IMPULSE Tempo: 120-140 bpm gibt Motivation und frischen Antrieb • CREATIVITY Tempo: 50-60 bpm regt kreatives Denken an und inspiriert zu neuen Ideen • RECREATION Tempo: 40-60 bpm wirkt beruhigend und revitalisierend (http://www.mozart-science-cds.at; Download 7.1.2011 18:49) Natürlich trägt das Gesamtbild eines Liedes auch maßgeblich zum emotionalen Erleben bei. Dennoch spielt das Tempo (bpm) eine wichtige Rolle. Denken wir an die berühmte „Chill-out-music“ - sie ist zum Relaxen und Entspannen gut geeignet; oder die „Autofahrer CD“ - auf der schnelle, bekannte Lieder die Wachheit und Aufmerksamkeit steigern, was sie auch können, lässt sich der Zuhörer darauf ein. 12
4.7. Musik im Alltag Kennt nicht jeder diese Momente, die die Wissenschaft als „Thrills“ oder „Chills“ bezeichnet? Gemeint ist die Reaktion unseres Körpers beim Hören eines bestimmten Liedes. Mancher bekommt eine Gänsehaut, einen schnelleren Puls oder ein vertrautes Gefühl, das den Hörer in eine andere Zeit oder eine andere Situation zu versetzen vermag. Das unten angeführte Beispiel dient zu demonstrieren, dass Musik eine besonders starke Kraft hat (ähnlich wie olfaktorische Reize), Erinnerungen an frühere Situationen, in denen diese Musik gehört wurde, auszulösen. „Ein altes Mutterl sitzt in ihrem Zimmer vor dem Radio und hört sich das Sonntags- Wunschkonzert an. Plötzlich beim Lied „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus…“ fängt sie laut zu schluchzen an. Schon viele Jahre lang hat sie nicht mehr so herzzerreißend geweint wie bei dieser Erinnerung an ihren Sohn, den sie das letzte Mal sah, als er unter den Klängen dieses Liedes in den Krieg zog… Kein Bild, kein anderes Informationsmedium wäre imstande gewesen, diesen Gefühlsausbruch in so mächtiger Weise auszulösen wie die Musik“ (Harrer, 1982, 9). In der Musikpsychologie ist dieses Phänomen auch unter dem Namen „Darling, they’re playing our tune“ bekannt. Ein Musikstück, das wir in einem wichtigen Moment unseres Lebens gehört haben – z.B. mit einem geliebten Menschen zu Beginn einer Beziehung – kann ein Leben lang Emotionen, die damit verbunden sind, auslösen, wenn es wieder gehört wird. Die Art und Weise der Reaktionen sind natürlich individuell und von Mensch zu Mensch unterschiedlich, und können zum Teil absolut konträr sein. Emotionale Reaktionen auf Musik sind also sehr unterschiedlich und komplex. Nun, so offensichtlich die Auswirkung von Musik auf das emotionale Befinden für den Großteil der Menschen ist, so gibt es verhältnismäßig nur geringe wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Möglicherweise sind die Zusammenhänge dermaßen offensichtlich, dass es kaum jemand für notwendig hält, diese Auswirkungen mit empirischen Fakten und Daten zu belegen. 13
5. Der Physiologische Weg der Musik In diesem Kapitel möchte ich den Weg, welcher die Musik vom Sender bis zu unserem Gehirn zurücklegt, kurz beschreiben. Ich denke, es ist wichtig zu wissen, wie sich die Musik generell auf unseren Organismus auswirkt, um daraufhin Ansatzpunkte zu finden, die in der Pflege depressiv erkrankter Menschen anzuwenden sein könnten. Außerdem ist dies die Vorgehensweise, die in der modernen Medizin generell praktiziert wird. Ich werde nur einen kurzen und sehr vereinfachten Ausflug in die Physiologie unseres Körpers antreten, da der Umfang, der ja mehrere spezifische Fachgebiete umfasst, sonst den Rahmen dieser FBA komplett sprengen würde. 5.1. Von der Musik zum Schall Von der Schallquelle (zum Beispiel einer Stimme, einer CD, einem Orchester oder einem Lautsprecher) breitet sich der Schall wellenförmig aus. Die Luft dient ihm dabei als „Transportmittel“. Man unterscheidet dabei zwischen dem für die Lautstärke maßgeblichen „Schallpegel“, gemessen in Dezibel, und der die Tonhöhe bezeichnenden „Frequenz“, sie wird gemessen in der Maßeinheit Hertz. 5.2. Das Ohr, Anatomie und Physiologie Anatomisch gliedert sich das Ohr in drei Abschnitte: Außenohr, Mittelohr und Innenohr. Das Außenohr ist unser Schalltrichter. Durch seine asymmetrische Form ermöglicht es uns den Schall zu orten, damit bestimmt werden kann, ob ein Geräusch von vorne oder von hinten kommt. Dies geschieht durch die unterschiedlichen Ohrmuschelwölbungen, welche dem jeweiligen Schall eine andere Klangfarbe geben. Der äußere Gehörgang bietet einen gewissen Schutz für das Trommelfell, einer 0,55cm² großen Membran. Dieses gilt als Trennpunkt vom Außenohr zum Mittelohr. Am Trommelfell ist der Hammer (Malleus), einer der drei Gehörknöchelchen, angebracht. Der Schall erreicht das Trommelfell, bringt dieses und den Hammer zum Schwingen. 14
Der Hammer leitet die Schwingungen weiter über den Amboß (Incus) zum Steigbügel (Stapes), der seinerseits die Schwingungen auf die nächste Membran überträgt. Durch die Hebelwirkung der Gehörknöchelchen-Kette werden die Schwingungen um das rund 20- fache verstärkt. Dieses nächst geschaltete Membran, das „Ovale Fenster“, ist zugleich die Trennung vom Mittelohr zum mit Lymphflüssigkeit gefüllten Innenohr. Ein komplexes Zusammenspiel von Muskeln im Mittelohr und der Eustachischen Röhre bietet einen Schutz gegen großen Schalldruck. Dies hat außerdem den Effekt, dass die Wahrnehmung körpereigener Laute und Geräusche verringert wird. Der Schall wird nun in das Innenohr weitergeleitet. Das Hörorgan wird als Schnecke (Cochlea) bezeichnet, da es Windungen aufweist, welche an ein Schneckenhaus erinnern. Sie ist wiederum in drei Kanäle unterteilt. Die untere Scala tympani wird durch die Basilarmembran von dem mittleren Kanal, der Scala media, getrennt. Der obere Kanal, die Scala vestibuli, wird wiederum durch die Reissner-Membran vom mittleren Kanal getrennt. Der Schall bringt nun die Flüssigkeit in der Schnecke in Bewegung. Die Intensität der Bewegung ist je nach Frequenz unterschiedlich. Auf der Basilarmembran befindet sich das Corti-Organ. Dieser Teil des Innenohrs wandelt die mechanischen Impulse mit Hilfe der Stereocilien (Haarförmige Fortsätze) in bioelektrische Impulse (Nervenimpulse) um. Diese wiederum werden von den Fasern des Hörnervs (8. Hirnnerv = Nervus vestibulocochlearis) aufgenommen und zum Hörzentrum im Gehirn geleitet. (Vgl. de la Motte-Haber, Rötter, 2005, 33f) 5.3. Verarbeitung der bioelektrischen Impulse im Gehirn Mit unterschiedlichen Entladungsfrequenzen und unterschiedlichen Neuronen gelangen diese Impulse zum Hirnstamm. Über die Hörbahn, ein komplexes Verschaltungssystem, in dem die Impulse vorverarbeitet werden, gelangen sie zum akustischen Kortex. Sind im Innenohr ca. 3.500 Neuronen an der Reizweiterleitung beteiligt, so steigt die Zahl im akustischen Kortex auf ca. 100 Mio. Dies belegt die Komplexität der Verarbeitung und Vernetzung akustischer Reize. Die Reize werden weitergeleitet zum primären akustischen Rindenfeld. Daraufhin schalten sich das motorische Sprachzentrum, der Gyros postcentralis, und das Limbische System unter ständigem Abwägen, Bewerten und Assoziieren ein. (Vgl. de la Motte-Haber, Rötter, 2005, 41f) 15
5.4. Molekularbiologische Mechanismen Ein weiterer Aspekt der Beobachtung von den gehirnphysiologischen Prozessen ist die Analyse biochemischer Veränderungen durch äußere Reize. Zum Einen handelt es sich um Hormonveränderungen in gewissen Hirnregionen (z.B. in der Hypophyse und im Hypothalamus), welche durch Musikwahrnehmung ausgelöst werden und Auswirkung auf den gesamten Körper haben können, zum anderen um Aktivierung verschiedener Neurotransmitter. Die Musikpsychologie hat in diesem Bereich erst sehr wenige Untersuchungen durchgeführt. Die meisten konzentrieren sich dabei auf die hormonellen Korrelate der Musikwirkung. Insbesondere sind die Stresshormone ACTH und Prolaktin (werden in der Hypophyse gebildet), sowie das körpereigene Opiat Beta-Endorphin gemessen worden. Für ACTH und das damit abhängige Kortisol können Veränderungen in Abhängigkeit von der affektiven Bedeutung der Musik nachgewiesen werden, z.B. unter Techno-Musik war ein signifikanter Anstieg von ACTH zu beobachten. Beta-Endorphin kann während angenehmer Musik, z.B. chillout-Music, vermehrt ausgeschüttet werden. Veränderungen von Neurotransmittern durch kognitive Vorgänge sind beim Menschen nur sehr schwer zu untersuchen. In einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass affektiv negativ bewertete Musik zu einer erhöhten Ausschüttung von Serotonin führt, das einen anregenden Neurotransmitter im zentralen Nervensystem darstellt. Die Moderne Psychiatrie nimmt als Ursache der Depression ein Ungleichgewicht von Serotonin und Noradrenalin an. Ist womöglich gerade hier ein Ansatzpunkt, um diese wissenschaftlichen Erkenntnisse im Stationären Setting mit depressiv erkrankten Menschen anzuwenden? Natürlich macht es wenig Sinn, einem depressiv erkrankten Menschen affektiv negativ bewertete Musik vorzuspielen, zumal sie ohnehin schon gedrückter Stimmung sind. Dennoch, kann diese Erkenntnis nicht doch ein Schritt in die richtige Richtung sein? Die Wissenschaft hat jedoch zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren spezifischen Untersuchungen vorgenommen, um diese Möglichkeit zu untermauern. Anwendungen finden sich jedoch bereits in der Schmerztherapie, und diese laut Patientenberichten mit gutem Erfolg. (Vgl. de la Motte-Haber, Rötter, 2005, 46) 16
6. Musik in der Forschung 6.1. Der Mozart Effekt Wie bereits erwähnt, steckt die Musikforschung noch in den Kinderschuhen. Das die Musik unser Gehirn stimuliert, haben wir ja bereits gelesen. Dennoch hat die moderne Wissenschaft nur wenige Aspekte herausgehoben, welche untersucht wurden. Ende der 90er- Jahre erlangte der Komponist und Musikpsychologe Don Campbell in den USA mit „The Mozart Effect“ (Auf Deutsch “Die Heilkraft der Musik“) einen Bestseller. Basierend auf den Erkenntnissen des französischen Arztes Alfred A. Tomatis gibt Campbell an, dass beim Hören von Mozart die Intelligenz und Kreativität gesteigert wird. Verantwortlich dafür sei die rhythmische Variabilität, die spielerisch fließenden Melodien, die klare Struktur der Form und der bevorzugte Einsatz heller Klänge, die die Musik von Mozart prägt. Eine Studie der Universität Kalifornien in Irvine belegte, dass sich nach 10 Minuten Mozart-Musik (D-Dur-Sonate für zwei Klaviere, KV 448) bei 36 Probanden der räumliche IQ-Test um etliche Punkte verbessert habe. Grund dafür sei, dass die Musik von Mozart das Gehirn anregt, und viele neue Kontakte zwischen Neuronen bildet. Der amerikanische Psychologe und Komponist Joshua Leeds meinte sogar, dass der Klang für das Nervensystem ebenso wichtig wie Nahrung für den Körper sei. Diese Weltneuheit löste einen „Boom“ aus und die Musikwissenschaft erwachte, wenn auch nur zaghaft, aus dem Dornröschenschlaf. Mozarts Musik wurde als Gehirntraining gewertet. Hans- Ulrich Balzer, Forscher am Salzburger Mozarteum analysierte, dass beim Hören von Mozarts Musik es zu einer erstaunlich schnellen Synchronisation mit den körpereigenen Rhythmen kommt. Ein Orchester besteht aus ca. 65 Instrumenten, die exakt zusammenspielen und eine enorme Bandbreite an Frequenz, Rhythmik und Melodie hervorbringt. Ein komplexes Konstrukt eben. Betrachtet man unser Gehirn, so weiß man, dass es ebenfalls ein Komplexes, exakt zusammenspielendes Konstrukt ist (natürlich um einiges komplexer), womöglich ist dies der Grund, warum Mozarts Musik eine solche Auswirkung auf den Menschen hat. (Vgl. Salvesen und Brandes, 2006, 124ff) 17
Ab jenem Ereignis, dem „Mozart Effekt“, wurden neue Türen geöffnet, die Musikpsychologie begann zu florieren. Es entstanden z.B. eigene „Kaufhaus-Musik“ Labels, diese versprachen mit ihrer Musik die Kaufkraft der Kunden zu steigern, was jedoch noch sehr umstritten ist. Die Werbungsindustrie setzte gezielt Musik ein, und auch in Kinofilmen wird eine eindrückliche Szene erst mit der richtigen Musik intensive. Die CD-Produktionen mit dem Titel „Hallo, Erdling!“ mit speziellen Klängen für Schwangere, sie sollen den Neuen Erdenbürger begrüßen und auf Herz und Atemfrequenz positiv wirken. Es gibt Musik „vor der Geburt“ und „nach der Geburt“, Musik gegen Schlafstörung, Musik zur Entspannung und Musik gegen Liebeskummer. Die Palette ist variabel weiterzuführen. Musik wird in vielen Bereichen bereits erfolgreich eingesetzt, aber wo findet die moderne Psychiatrie ihren Platz? 6.2. Musik und Emotionen „Musik verändert Stimmungen. Die Musik hilft dem Individuum, aus einem weniger erwünschten psychischen Zustand in einen erwünschteren zu wechseln. Dies zeigt sich in Antworten wie: „Musik entspannt mich, wenn ich angespannt und ängstlich bin“, oder: „Musik bringt mich wieder zu mir selbst, wenn meine Gefühle durch Stress unterdrückt werden oder unzugänglich sind“ (Schönberger, 2006, 11f) So beginnt Jörg Schönberger sein Buch „Musik und Emotionen“. Laut seinen Recherchen gibt es kein Zweifel, dass Musik unsere Emotionen positiv und nachhaltig beeinflusst. In den meisten Büchern, die ich gelesen habe, wird vor allem dieses Thema „Musik und Emotionen“ genauer unter die Lupe genommen. Im Allgemeinen ist Musik, in Verbindung mit Emotionen, auch mehr oder weniger an den Zeitgeist gebunden. Die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft hat auch nicht vor der Musikindustrie halt gemacht. Neue Trends und Hits erklimmen den Musikmarkt fast monatlich. Sie erzählen Geschichten, die Emotionen freisetzen. Oft können sich die Hörer mit dem Lied identifizieren, fühlen sich verstanden. Lieder der Sehnsucht oder des Ausbrechens aus dem normalen Leben sprechen die Menschen an, und versetzen sie in eine neue, aufregende Welt, denn: Musik spielt sich im Kopf ab. 18
Eine der nur wenigen w emppirischen Untersuchun U ngen bezügllich der em motionalen Reaktion R bei Musik M hat der engliscche Musik--Psychologee Professorr John A. Sloboda vo orgelegt. 83 Musikhörer M aus Großßbritannien mussten einen e Frageebogen in Hinblick auf a ihre körperlichen Reeaktionen auuf Musik auusfüllen. Beteiligt warren 34 proffessionelle Musiker, M 33 Amateure A unnd 16 Laienn, die im Allter von 16 bis 70 Jahrren lagen. G Gefragt wurrden sie, ob und wenn jaa, welche köörperlichenn Reaktionen n auf Musiik während der letzten n 5 Jahre bei ihnen aufgeetreten seienn. Zusätzlicch sollten die d Testperssonen bis zuu drei Mussikstücke angeben, bei deenen sie siich erinnernn konnten, eine oder mehrere soolcher körp perlichen Reakktionen versspürt zu haaben. Die Ergebnisse E sind s in der unten angeeführten Taabelle zu sehenn. Die Probanden konnten diie Häufigkeeit auf eineer fünfstufiggen Skala einschätzen n. In der Tabeelle ist linkss der Mittelw wert der anngegebenen Häufigkeit für das jew weilige Ereig gnis und rechtts die Häufiigkeit (in Prrozent) angeegeben, die das Erlebniis in den veergangenen 5 Jahren erlebbt haben. Diie damit häuufigste emootionale-körrperliche Reeaktion auf M Musik ist so omit das (posiitive) „eiskaalt über-denn-Rücken-Laufen von Gänsehaut“ G (Spitz tzer et al, 20005) 19
6.3. Musik fördert das Wohlbefinden Ende der 90er Jahre wurde eine bildgebende Untersuchung mittels Positronen- Emissionstomographie (PET) zur emotionalen Begleiterscheinung des Musikhörens von Anne J. Blood und Robert J. Zatorre durchgeführt. Sie hatten als spezielles Hauptaugenmerk dieses Gefühl der Gänsehaut im Rücken, welches sie genauer erforschten. Die Auswertungen der PET-Daten ergaben, dass mit zunehmender Gänsehaut die Aktivität in einigen Arealen zunahmen, in anderen dagegen abnahmen. Eine Zunahme der Aktivität fand sich unter anderem im dopaminergen Belohnungs- bzw. „Bedeutungsgebungs-System“, d.h. im ventralen tegmentalen Bereich, im Nucleus accumbens (eine Kernstruktur im unteren basalen Vorderhirn) und im orbitofrontalen Kortex. Dieses System ist bekanntermaßen zuständig für die positive Bewertung und beispielsweise auch dann aktiv, wenn ein Suchtstoff wie Kokain eingenommen wird. Andererseits wurde eine Abnahme der Aktivität beim Hören angenehmer Musik im Bereich der Amygdala (Mandelkern) beobachtet, also dem System, das für das Erleben von Angst im Rahmen von Angstkonditionierungen von besonderer Bedeutung ist. Musik bewirkt damit prinzipiell das Gleiche wie andere biologisch außerordentlich wichtige Reize wie beispielsweise Nahrung oder soziale Signale. Sie stimuliert das körpereigene Belohnungssystem, was mit der Ausschüttung von Dopamin aus Neuronen der Area A10 im Nucleus accumbens einhergeht, sowie mit der Ausschüttung von endogenen Opioiden aus Neuronen des Nucleus accumbens in weite Teile des Frontalhirns. Umgekehrt wird durch angenehm empfundene Musik die Aktivierung zentralnervöser Strukturen, die für unangenehme Emotionen, wie Angst und Aversion zuständig sind, vermindert. Durch das Experiment kamen sie zum Ergebnis, dass sich Musik in doppelter Weise positiv auf den emotionalen Zustand des Menschen auswirkt. „Wir haben hiermit gezeigt, dass Musik neuronale Systeme für Belohnung und Emotionen aktiviert, die denen entsprechen, die auf spezifische biologische relevante Stimuli - wie beispielsweise Nahrung oder Sex - antworten, bzw. künstlich durch Rauschdrogen aktiviert werden. 20
Dies ist bemerkenswert, denn Musik ist streng genommen weder für das Überleben noch zur Reproduktion notwendig, ebenso wenig ist Musik eine Substanz im pharmakologischen Sinn. Die Tatsache, dass Musik die Eigenschaft besitzt, solch intensive Glücksgefühle zu bewirken und körpereigene Belohnungssysteme zu stimulieren, legt nahe, dass Musik, wenn sie auch nicht für das Überleben der Art Mensch unbedingt notwendig ist, doch einen deutlichen Beitrag zu unserem geistigen und körperlichen Wohlbefinden leisten könnte“ (Blood & Zatorre, 2001, 11823). 6.4. Einsatz einer Klangliege bei depressiven Patienten Jene zwei Untersuchungen nahmen Wissenschaftler des Universitätsklinikum Ulm als Grundlage ihrer Studie „Erste Ergebnisse zum Einsatz einer Klangliege bei depressiven Patienten“. Diese Untersuchung empfinde ich interessant und für diese Fachbereichsarbeit von Bedeutung. Die Pilotuntersuchung begann 2004 an der Ulmer Abteilung für Psychiatrie mittels einer Klangliege, welche die Schweizer Firma Sonodynamic bereitstellte. Diese Klangliege fand Verwendung, um das „Therapeutikum“ Musik zu untersuchen. Die Anordnung der Lautsprecher an der Klangliege versprach dem Probanden vollkommen von Musik umgeben zu sein, und diese nicht nur zu hören, sondern auch körperlich zu spüren. Dazu wurden speziell niederfrequente Tieftöne im Bassbereich hinzu geführt, welche das Musik-Erleben zusätzlich positiv beeinflussen sollten. In einem randomisierten Prä-post-Untersuchungsdesign sollte die Auswirkung des Musikhörens auf subjektive Befindlichkeit, Zustandsängstlichkeit und vegetative Parameter untersucht werden. Untersucht wurden 15 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 41,5 Lebensjahren, welche unter einer Major Depression (DSM-IV: 259.XX) litten, und sich in offener stationärer Behandlung befanden. Vor der Untersuchung wurden die Probanden bezüglich Ablauf und Zielsetzung der Untersuchung aufgeklärt. 21
Studiendesign: Die 15 Patienten wurden zufällig auf jede der insgesamt acht Experimentalsitzungen verteilt. Zu den Bedingungen Musikhören mit und ohne zusätzliche niederfrequente Vibration erfolgten jeweils eine Prä- und Post-Messung. Eine Stimulationseinheit mit Musik umfasste 20 Minuten. Die Dauer der musiktherapeutischen Intervention war für die Bedingungen mit und ohne Vibration gleich lang. Als Musikstück zur jeweiligen Intervention wurde ein eher ruhiges Musikstück nach Wahl des Patienten verwendet. Zu jedem der acht Untersuchungstermine wurden vor und nach der musiktherapeutischen Intervention Skalen zur subjektiven Befindlichkeit vorgegeben, sowie vegetative Parameter bestimmt (Herzfrequenz, systolischer und diastolischer Blutdruck). Unter der Bedingung mit Vibration erfolgte zusätzlich zum Musikhören eine niederfrequente Vibrationsstimulation im Bereich bis 20 Hz, die mittels Basslautsprecher unter dem liegenden Patienten appliziert wurde. Die Vibrationsdauer entsprach der Länge der musiktherapeutischen Intervention. Erhebungsinstrumente: Subjektive Befindlichkeit Skalen: Zur Messung der emotionalen Befindlichkeit vor und nach der jeweiligen Intervention wurden eigens analog-visuelle subjektive Beurteilungsskalen entwickelt. Zu den Dimensionen „Gefühl der Entspanntheit“, „Gefühl des Gelöstseins“ und „Gefühl des allgemeinen Wohlbefindens“ konnten die Versuchspersonen auf einer Skala von 100 Millimetern durch Markierung den jeweiligen subjektiven Eindruck markieren. Die Skalen wurden vor und nach den einzelnen Untersuchungen den Probanden vorgelegt mit jeweils vertauschter Reihenfolge. Die Angaben der Probanden wurden digital erfasst. Hohe Werte repräsentierten die „negative“ Ausrichtung des jeweils erfassten subjektiven Eindrucks, die Richtung war für alle der Skalen gleich. (Spitzer in Nervenheilkunde 3/2005, 200) 22
Psychopathologische Skalen: Zum Beurteilen des psychopathologischen Zustandes wurden die Skalen der „State-Trait- Anxiety-Inventory“ in deutscher Übersetzung verwendet. Die Stata-Skala erhebt das momentane Befinden des Probanden, die Trait-Skala das situationsunabhängige Allgemeinbefinden. Für diese Untersuchung wurde nur die Stata-Skala verwendet, wegen den vergleichsweise kurzfristigen Zustandsänderungen. Die Intensitätsangabe zum momentanen Befinden wurde auf einer vierstufigen Ratingskala dargestellt. Je höher der Summenscore der Skala, desto höher ist die Zustandsangst des jeweiligen Patienten. Ergebnis: Wie in der graphischen Darstellung deutlich zu erkennen ist, gab es bei der Prä- und Post Messung markante Unterschiede. Wobei die Graphik zeigt, dass die Interventionen mit dem Faktor Vibration (MV = Mit Vibration) keinen Unterschied gegenüber dem Faktor ohne Vibration (OV = Ohne Vibration) brachten. Was mich sehr verwunderte, da ich dachte, dass die Intensität des Musikhörens dadurch um einiges größer sei, und dass sich dies im Ergebnis auswirken müsse, was aber nicht geschah. 23
Signifikante Veränderungen in der Selbsteinschätzung nach den musiktherapeutischen Interventionen sind jedoch in den Bereichen „Gefühl der Entspanntheit“, „Gefühl des Gelöstseins“ und „Gefühl des allgemeinen Wohlbefindens“ zu erkennen. Dies bedeutet, dass die Patienten nach der musiktherapeutischen Intervention eine klare, subjektive Verbesserung ihres Gefühlslebens verspürten. Dieses Ergebnis ist aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Untersuchung hat in diesem Setting generell positive Ergebnisse aufgezeigt. Diskussion: Was mir bei dieser Untersuchung fehlt, ist, ob und wie lange dieses subjektiv positive „Gefühl“ anhielt, und ob dadurch der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst wurde. Auch wurden keine Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Auf Grund des Settings und „widriger Umstände“ (Umbau der Klinik) war leider keine Kontrolluntersuchung innerhalb derselben Patientengruppe durchzuführen. Weiters empfinde ich die Anzahl der Probanden (15 Patienten) sehr gering und deswegen nicht als ausreichend aussagekräftig. Diese Erkenntnis ist also noch nicht Beweis genug, um Musik als wirkungsvolles Behandlungsinstrument im stationären Alltag einzusetzen. 6.5. Dir Wirksamkeit rezeptiver Musiktherapie bei der Behandlung von Depressionen Mit dem Ziel, die Evidenz der potentiellen Wirksamkeit von rezeptiver Musik bei der Behandlung von depressiv Erkrankten zu untermauern, führte die Medizinische Privatuniversität Paracelcus in Salzburg eine randomisierte und placebokontrollierte Pilotstudie durch. Frau Vera Brandes, Leiterin der Privatuniversität, schreibt in ihrer Einleitung: „Aktuelle Behandlungsansätze für Depression besteht in verschiedenen Formen psychosozialer Therapie und dem Einsatz antidepressiver Medikamente. Metaanalysen ergaben im Wesentlichen ähnliche Erfolgsraten für beide Behandlungseinsätze, wobei am häufigsten eine Symptomreduktion, jedoch keine vollständige Remission erreicht wurde. Bei einem vollen Drittel der monotherapeutischen behandelten Patienten wird weniger als 50% Symptomreduktion erzielt“. (Brandes, 2010, 17) 24
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