Statistik und Informationsmanagement Monatshefte - Stadt ...

Die Seite wird erstellt Thorben Schütte
 
WEITER LESEN
Statistik und Informationsmanagement Monatshefte - Stadt ...
Statistik und
Informationsmanagement
Monatshefte

Herausgeberin:
Landeshauptstadt Stuttgart

     Themen                                           4/2020

     Informelle Bürgerbeteiligung in Zeiten zunehmender
     Individualisierung: Erkenntnisse aus der Stuttgarter
     Bürgerumfrage 2019

     Die Meinung der Bürger zur Zukunft der Stadtentwicklung
     Stuttgarts 2019

     Zusammensetzung und Behandlung kommunaler
     Abfälle in Stuttgart 2018

     Kultur und Freizeit in der Landeshauptstadt Stuttgart –
     ein besucherreiches Jahr 2019

     Arbeitsmarkt in Stuttgart: Die Zahl der Arbeitslosen und
     der Kurzarbeiter steigt im ersten Quartal 2020 deutlich an

                                                      79. Jahrgang
Themen                                                            Seite

Statistik und            Aktuelle Grafik:
Informationsmanagement
Monatsheft 4/2020        Die Meinung der Bürger zur Zukunft der
79. Jahrgang             Stadtentwicklung Stuttgarts 2019                                     79

                         Kurzberichte:

                         Zusammensetzung und Behandlung kommunaler
                         Abfälle in Stuttgart 2018                                            80

                         Kultur und Freizeit in der Landeshauptstadt Stuttgart –
                         ein besucherreiches Jahr 2019                                        83

                         Arbeitsmarkt in Stuttgart: Die Zahl der Arbeitslosen und
                         der Kurzarbeiter steigt im ersten Quartal 2020 deutlich an           86

                         Hauptbeitrag:

                         Informelle Bürgerbeteiligung in Zeiten zunehmender
                         Individualisierung: Erkenntnisse aus der Stuttgarter
                         Bürgerumfrage 2019                                                   88

                         Veröffentlichungen zu den Themen                               Rückseite

                         Impressum:

                         Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

                         Herausgeberin:

                         Landeshauptstadt Stuttgart
                         Statistisches Amt, Eberhardstraße 37, 70173 Stuttgart
                         Telefon 0711 216-98587, Telefax 0711 216-98570
                         E-Mail: poststelle.12@stuttgart.de
                         Internet: www.stuttgart.de/statistik

                         Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Thomas Schwarz

                         Preis pro Monatsheft: 4 €
Aktuelle Grafik                                                                                    Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

Die Meinung der Bürger zur Zukunft der Stadtentwicklung Stuttgarts 2019
Matthias Strauß

Trotz zuletzt stagnierender Einwoh-       am wenigsten Zuspruch. Auch sehen                            Wohnhäuser sollten zukünftig mehr
nerzahlen bleiben Immobilien in           nur sehr wenige Befragte, dass in                            Geschosse haben und bestehende
Stuttgart ein teures Gut. Die Bautä-      ihrem direkten Wohnumfeld noch be-                           Wohngebiete sollten dichter bebaut
tigkeit hat zwar in den vergangenen       baubare Grundstücke zu finden sind.                          werden. Die Aussage zur Zahl der Ge-
Jahren an Volumen zugelegt, kann                                                                       schosse in Wohngebäuden hat dabei
aber nicht die hohe Nachfrage nach        Dennoch hat es seit der Befragung                            am meisten Zustimmung hinzuge-
Wohnraum decken, weil es unter an-        aus dem Jahr 2017 durchaus Verän-                            wonnen. Eine eindeutige Mehrheit
derem an Baugrundstücken mangelt.         derungen gegeben. Der Vergleich                              für diese Strategie innerhalb der Bür-
Dieser Mangel an Bauflächen sorgt         der Zustimmungswerte beider Be-                              gerschaft ist aber nach wie vor nicht
dafür, dass weiterhin hohe Mieten         fragungen zeigt, dass die Stuttgarter                        zu erkennen.
und steigende Immobilienpreise den        Bevölkerung gegenüber der Verdich-
Stuttgarter Wohnungsmarkt prägen.         tungsstrategie der Stadt inzwischen
                                          positiver eingestellt ist. Darauf deuten                     11 Schmitz-Veltin, Ansgar (2017): Zukünftige
Vor diesem Hintergrund wurden die         die Zunahme der Anteile der Anga-                               Stadtentwicklung aus der Perspektive der
Bürgerinnen und Bürger in der Bür-        ben „Stimme voll und ganz zu“ und                               Bevölkerung – Ergebnisse der Bürgerum-
                                                                                                          frage 2017. In: Statistik und Informations-
gerumfrage 2017 erstmalig nach            „Stimme eher zu“ bei den Schlüssel-                             management, Monatsheft 12/2017,
ihrer Meinung zu möglichen zukünf-        aussagen dieser Strategie, nämlich                              S. 349-356.
tigen Stadtentwicklungsmaßnahmen
befragt. Die dazu abgefragten zehn
                                          Abbildung 1: Zustimmung zu Stadtentwicklungsmaßnahmen 2017 und 2019
Items konnten zu drei stadtplaneri-
schen Hauptstrategien zusammenge-
                                                                                                                                                             79
fasst werden.¹ Eine dieser Strategien          &GTÒHHGPVNKEJG0CJXGTMGJTOWUUCWUIGDCWVYGTFGP                                               80   2019
sieht das Wachstum der Stadt durch        FCOKVFKGYCEJUGPFG(CJTICUV\CJNDGYÀNVKIVYGTFGPMCPP                                               79   2017
Erschließung neuer, bisher unbebau-
                                                         5VWVVICTVUQNNYKGFGTOGJT9QJPIGDKGVG                                       61
ter Flächen vor. Eine andere entspricht
                                                 KO4CPFDGTGKEJCWUYGKUGPWOYGKVGT\WYCEJUGP                                      59
der bisher in Stuttgart verfolgten
Strategie, nämlich der Verdichtung               5VWVVICTVKUVUEJQPJGWVGFKEJVDGDCWV
Kurzberichte                                                                               Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

     Zusammensetzung und Behandlung kommunaler Abfälle in Stuttgart 2018
     Matthias Strauß

     In Deutschland hat sich die Einstel-      Zusammensetzung des kommuna-                     sonstigen Abfällen zusammen. Nicht
     lung zum Abfall in den vergangenen        len Abfallaufkommens                             in den kommunalen Abfällen enthalten
     Jahrzehnten grundlegend gewandelt.                                                         sind Baumassenabfälle, asbesthaltige
     Nachdem es früher nur darum ging,         Als Basis für die Infrastrukturplanung           Abfälle, Problemstoffe und Elektroalt-
     wie angefallener Müll beseitigt wer-      der Kreise und des Landes braucht es             geräte beziehungsweise Lampen (vgl.
     den kann, wird Abfall mittlerweile als    Zahlen zu den Abfallmengen und                   Abbildung 1).
     wertvoller Rohstoff betrachtet, der       deren Verarbeitung. Aus diesem
     möglichst wiederverwertet oder um-        Grund veröffentlichte im Jahr 1990               Haus- und Sperrmüll hat mit 40 Pro-
     weltschonend behandelt werden soll.       das erst drei Jahre zuvor neu geschaf-           zent den größten Anteil am kommu-
                                               fene Umweltministerium des Landes                nalen Abfallaufkommen, von dem
     Erst in den 1970er-Jahren war die         Baden-Württemberg seine erste Ab-                118 000 Tonnen in Stuttgart einge-
     Frage nach dem Umgang mit Abfäl-          fallbilanz. Damit war der Grundstein             sammelt wurden. Mit 70 500 Tonnen
     len in den öffentlichen Fokus gerückt.    für die regelmäßige Berichterstattung            (24 %) die zweitgrößte Fraktion sind
     Damals verwendete Begriffe wie            über die Entwicklung der Abfallwirt-             die Wertstoffe und Wertstoffgemi-
     „Mülllawine“ oder „Müllnotstand“          schaft in Baden-Württemberg und                  sche. An Grün- und Biomüll fielen in
     machen deutlich, dass die angefalle-      damit auch in Stuttgart gelegt.                  Stuttgart 2018 insgesamt 56 500
     nen Abfallmengen, die bis dahin zum                                                        Tonnen an, der Anteil am Gesamtab-
80
     großen Teil lediglich auf kleinen und     Im Jahr 2018 betrug das Aufkommen                fall beträgt 19 Prozent.
     wild angelegten Müllkippen gelagert       an kommunalen Abfällen in Stuttgart
     wurden, in Deutschland zu einem           296 600 Tonnen. Jeder Stuttgarter                Unter Hausmüll versteht man neben
     enormen Problem geworden waren.           Einwohner verursachte somit 483 kg               den in privaten Haushalten anfallen-
                                               Abfall. Kommunale Abfälle werden                 den festen Abfällen auch hausmüll-
     Auf Bundesebene trat im Jahr 1972         durch die öffentlich-rechtlichen Ent-            ähnliche Gewerbeabfälle aus Gewer-
     mit dem Abfallbeseitigungsgesetz die      sorgungsträger, in der Regel die Land-           bebetrieben. Sperrmüll sind alle festen
     erste abfallrechtliche Basis in Kraft.    und Stadtkreise, gesammelt und                   Abfälle, die aufgrund ihrer Größe nicht
     Sie enthielt Regelungen für die Über-     entsorgt. Sie setzen sich aus Haus-              über die üblichen Müllbehälter ent-
     lassung von Abfällen an die öffentlich-   und Sperrmüll, Grün- und Bioabfällen,            sorgt werden können und die deshalb
     rechtlichen Entsorgungskörperschaften.    Wertstoffen und Wertstoffgemischen,              getrennt vom Hausmüll gesammelt
     Erst im nachfolgenden Abfallgesetz von    Gewerbe- und Baustellenabfällen und              und transportiert werden müssen.
     1986 wurde neben der Verwertung
     und Beseitigung von Abfall erstmalig
                                               Abbildung 1: Anteile der Abfallarten am kommunalen Abfallaufkommen in Stuttgart 2018
     der Begriff der Vermeidung genannt.
     1996 folgte das Kreislaufwirtschafts-
     und Abfallgesetz (KrW-/AbfG), in dem
     die Abfallvermeidung durch eine stär-                       11 %
     kere Verpflichtung der Verursacher
     von Abfällen als vorrangiges Ziel for-              6%
                                                                                                    Haus- und Sperrmüll
     muliert wurde.                                                                                 Wertstoffe und Wertstoffgemische
                                                                                         40 %
                                                                                                    Grün- und Bioabfälle
     Seit 2012 ist das Gesetz zur Förde-            19 %           296 600 t
     rung der Kreislaufwirtschaft und Si-                                                           Gewerbe- und Baustellenabfälle
     cherung der umweltverträglichen                                                                Sonstige Abfälle
     Bewirtschaftung von Abfällen (Kreis-
     laufwirtschaftsgesetz, KrWG) die zen-
     trale Vorschrift für die Behandlung                                24 %                    Quelle: Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS)
     von Abfällen, mit dem die seit 2008
     gültige EU-Abfallrahmenrichtlinie in
                                               Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
     nationales Recht umgesetzt wurde.
Kurzberichte                                                                                        Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

Abbildung 2: Entwicklung der Abfälle aus Privathaushalten in Stuttgart seit 1990
                                                                                                    Bioabfälle im Jahr 2009. Seit 2015 ist
                                                                                                    sie für alle Stuttgarter Haushalte
   kg/ Einwohner                                                                                    Pflicht. Ebenso gestiegen sind die
                                                                                                    Wertstoffe und -gemische, nämlich
   500
                                                                                                    von 86 auf 115 kg/Einwohner. Aus-
                                                                                                    schlaggebend hierfür war die erste
                                                                                                    Verpackungsverordung 1991 und die
   400                                                                                              Gründung der Firma „Der Grüne
                                                                                                    Punkt – Duales System Deutschland
                                                                                                    GmbH“ zwei Jahre später.
   300
                                                                                                    Verwertung und Behandlung des
                                                                                                    kommunalen Abfalls

   200                                                                                              Nach der Reduzierung des Abfallauf-
                                                                                                    kommens beziehungsweise dessen
                                                                                                    Vermeidung ist der umweltschonende
   100                                                                                              Umgang mit den angefallenen Müll-
                                                                                                    mengen das wichtigste Ziel der Kreis-
                                                                                                    laufwirtschaft. Dazu schreibt das KrWG
                                                                                                    den Umgang mit Abfällen in einer
     0
                                                                                                    fünfstufigen Abfallhierarchie vor, die
         1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018
                                                                                                    zu den Stufen Vermeidung, Verwertung
               Haus- und Sperrmüll      Wertstoffe und Wertstoffgemische     Grün- und Bioabfälle   und Beseitigung zusammengefasst
                                      Quelle: Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), eigene Berechnung   werden können. Die Verwertung be-
                                                                                                    inhaltet neben der Wiederverwendung
 Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt                                                      von Stoffen und deren Recycling auch
                                                                                                    die energetische Verwertung von Ab-
                                                                                                                                                              81
Wertstoffe eignen sich zur Wiederver-                   kommens im Jahr 2018 aus. An sons-          fällen. Dabei gilt der Grundsatz, dass
wertung oder für die Herstellung ver-                   tigen Abfällen fielen 33 300 Tonnen         bei der Abfallbehandlung immer die
wertbarer Zwischen- und Endprodukte                     (11 %) an. Diese beinhalten beispiels-      am wenigsten umweltbelastende Vor-
(z.B. Altglas, Altpapier, Altmetall,                    weise verunreinigten Bodenaushub            gehensweise zur Anwendung kommt
Kunststoffe, Textilien). Erfasst werden                 und Straßenkehricht.                        (vgl. Abbildung 3). Die Beseitigung
sie entweder in Wertstoffbehältern,                                                                 von Abfällen erfolgt ausschließlich
über die Abholung im „gelben Sack“                      Seit 1990 hat sich das Gesamtauf-           durch Ablagerung auf Deponien.
oder auch bei Vereinssammlungen.                        kommen an kommunalen Abfällen               Nach den hierfür maßgeblichen Ver-
Wertstoffgemische werden gemein-                        deutlich verringert. Die pro-Kopf-          waltungsvorschriften (Technische An-
sam mit Wertstoffen gesammelt, ent-                     Menge sank von 709 auf 483 kg je            leitung Abfall beziehungsweise Sied-
halten aber auch nicht verwertbare                      Einwohner, hauptsächlich aufgrund           lungsabfall), die 1991 beziehungs-
Bestandteile.                                           der Reduzierung der sonstigen Abfälle       weise 1993 in Kraft traten, durften
                                                        und der Gewerbe- und Baustellenab-          unbehandelte Siedlungsabfälle aber
Biomüll sind biologisch abbaubare                       fälle. Die Abfälle aus Privathaushal-       nur noch bis Juni 2005 auf Deponien
organische Abfallanteile wie z.B. or-                   ten, bestehend aus den Fraktionen           entsorgt werden.
ganische Küchenabfälle oder Garten-                     Haus- und Sperrmüll, Wertstoffe/
abfälle. Bei Grünabfällen handelt es                    Wertstoffgemische sowie Grün- und           Von dem in Stuttgart im Jahr 2018
sich um überwiegend um Gartenab-                        Bioabfälle, sind im Zeitverlauf trotz       angefallenen kommunalen Abfallauf-
fälle wie Baum-, Strauch- und Rasen-                    einiger Schwankungen mit rund 400           kommen wurden 99,2 Prozent ent-
schnitt aus privaten Haushalten, die                    kg/Einwohner auf ähnlichem Niveau           weder verwertet oder behandelt.
separat und nicht über die Biotonne                     geblieben (vgl. Abbildung 2).               Lediglich 0,8 Prozent des Abfalls
miterfasst werden. Dazu gehören auch                                                                mussten auf Deponien entsorgt wer-
die in öffentlichen Parkanlagen, auf                    Deutlich verschoben haben sich dage-        den, da sie hoch schadstoffbelastet
Friedhöfen sowie als Straßenbegleit-                    gen die Anteile innerhalb dieser            sind. 1990 lag die Verwertungsquote
grün anfallenden pflanzlichen Abfälle.                  Gruppe. Die Haus- und Sperrmüll-            des Abfalls noch bei 82,5 Prozent, die
                                                        menge je Einwohner nahm vom 292             restlichen 17,5 Prozent wurden Depo-
Ebenfalls zu den kommunalen Abfäl-                      auf 192 kg ab. Gleichzeitig hat sich        nien zugeführt.
len gehören hausmüllähnliche Ge-                        das Aufkommen an Grün- und Bioab-
werbe- und Baustellenabfälle. Sie                       fällen von 26 auf 92 kg/Einwohner           Bei der Verwertung/Behandlung wird
machten mit 18 300 Tonnen sechs                         mehr als verdreifacht, besonders seit       zwischen drei möglichen Vorgehens-
Prozent des kommunalen Abfallauf-                       der Einführung der braunen Tonne für        weisen unterschieden. Die stoffliche
Kurzberichte                                                                                                                                Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

                                                                                                                                                 handelt (54 %), 28,4 Prozent werden
     Abbildung 3: Leitbild der Kreislaufwirtschaft
                                                                                                                                                 stofflich verwertet, 17 Prozent biolo-
                                                                                                                                                 gisch behandelt (vgl. Abbildung 4).
                                                                                                                                                 Die Anteile der stofflich verwerteten
                                                               tion
                                                                                                                                                 und die biologisch behandelten Müll-
                                                            duk
                                                         Pro                                     Ha                                              mengen haben seit 1990 stark zuge-
                                                                                                   nd
                                                                                                     el                                          nommen. Sie lagen damals bei 13,5

                                                                                       fe
                                                                                                                                                 beziehungsweise 3,7 Prozent. Abge-

                                                                              äu
                                                              In t                sl
                                                                     er ne Krei
                                                                                                                                                 nommen hat der Anteil der thermisch

                                                                                                  Rü c k n a h me
                                                                                                                                                 behandelten Abfallmengen, der 1990

                                                                                                                                Kon
                                                                                                              sy                                 noch 65,3 Prozent betrug.
                                                                                                                    ste

                                                                                                                                   sum
                                                                                                                           m
                                    n
                                   rc e

                                                                                                                                                 Fazit
                               ou

                                                                                                                             dung
                                                                                                                           en
                              ss

                              Re                                                                                                                 Seit 1990 hat sich in Stuttgart sowohl

                                                                                                                Wie verw
                         re
                     imä

                                                                                                                   der
                Pr                                                                                                                               beim Aufkommen als auch bei der
                                                                                                                                                 Behandlung von Abfällen viel getan.
                                          Se s s o
                                           Re
                                            ku u r

                                                              Abfallvermeidung                                                                   Das Pro-Kopf- Aufkommen an kom-
                                               nd c

                                                  är
                                                 en
                                                     e                                                                                           munalen Abfällen ist seit 1990 gesun-
                                                               Vorbereitung zur
                                                              Wiederverwendung                                                                   ken. Die Abfallmengen aus Privat-
                                                                                                                                                 haushalten stagnieren zwar, dafür
                                                                        Recycling
                                                                         andere
                                                                                                                                                 werden Wertstoffe und Bioabfälle in
                                                                       Verwertung                                                                immer stärkerem Maße dem Haus-
                                                                                                 Stand August 2018
                                                                          Beseiti-
                                                                           gung                  Quelle: Bundesministerium
                                                                                                                                                 und Sperrmüll entzogen. Ebenso ge-
                                                                                                 für Umwelt, Naturschutz und                     stiegen ist der Anteil an wiederver-
                                                                                                 nukleare Sicherheit                             werteten beziehungsweise behandel-
      Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt                                                                                              ten kommunalen Abfällen. Dennoch
                                                                                                                                                 sind weitere Anstrengungen nötig,
     Verwertung hat die Gewinnung von                                      tierung) oder anaerobem Weg (Ver-                                     z.B. bei der Erfassung von Bioabfällen
82
     Sekundärrohstoffen aus den Abfall-                                    gärung) abgebaut. Abfälle können                                      und auch der Vermeidung von Abfäl-
     fraktionen zum Ziel. Hierzu gehört die                                aber auch thermisch behandelt wer-                                    len, um das Ziel einer Kreislaufwirt-
     getrennte Sammlung von Papier, Glas                                   den. Die dabei entstehende Energie                                    schaft zu erreichen.
     oder Metallen. Die Abfallbehandlung                                   kann dann zur Stromversorgung oder
     kann zum einen biologisch erfolgen.                                   als Wärmequelle genutzt werden.
     Abfälle mit hohem organischen Anteil
     werden dabei durch Mikroorganis-                                      Der größte Teil des kommunalen Ab-
     men entweder auf aeroben (Kompos-                                     falls in Stuttgart wird thermisch be-

     Abbildung 4: Behandlung des kommunalen Abfallaufkommens in Stuttgart 1990 und 2018

                                                                                                                                                 Literatur
                                                                                                                     1%
              1990                                                                     2018                                                      Bilitewski, Bernd; Härdtle, Georg (2013):
                                                                                                                                                 Abfallwirtschaft: Handbuch für Praxis und
                        17 %                 14 %                                                                                                Lehre. 874 S.; Berlin.

                                                         4%                                                                              28 %    Landeshauptstadt Stuttgart [Hrsg.] (2016):
                                                                                                                                                 125 Jahre AWS Stuttgart: kompetent – zuver-
                                                                                                                                                 lässig – umweltbewusst. 56 S.; Stuttgart.
                               403 200 t                                               54 %
                                                                                                    296 600 t                                    Ministerium für Umwelt, Klima und Energie-
                                                                                                                                                 wirtschaft Baden-Württemberg [Hrsg.] (2019):
                                                                                                                                                 Abfallbilanz 2018. 123 S.; Stuttgart.

                                                                                                                                         17 %    Schmidt, Katharina (2016): Was leistet die
                                                                                                                                                 öffentliche Abfallentsorgung in Baden-
                                     65 %                                                                                                        Württemberg? In: Statistisches Monatsheft
                                                                                                                                                 Baden-Württemberg 11/2016. S. 45-48;
                                                                                                                                                 Stuttgart.
              stofƃKEJG                     DKQNQIKUEJG                    VJGTOKUEJG                                       #DNCIGTWPICWH
              VGTYGTVWPI                     $GJCPFNWPI                      $GJCPFNWPI                                        &GRQPKGP

                                                                                       Quelle: Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS)

      Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
Kurzberichte                                                                                      Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

Kultur und Freizeit in der Landeshauptstadt Stuttgart –
ein besucherreiches Jahr 2019
Carmen Söldner

Auch 2019 erhielten Stuttgarts zahl-       Stuttgart-Ulm, das Ende Juli 2019,                     beziehungsweise 16 Prozent. Beson-
reiche Kultur- und Freizeitangebote        wegen des Umbaus des Bonatzbaus,                       ders letztere sind teilweise abhängig
wieder einen hohen Zuspruch von            geschlossen wurde. Die Wiedereröff-                    von der Mitwirkung ehrenamtlicher
einer Vielzahl an Stuttgartern und Be-     nung der Ausstellung war im „Info-                     Helfer und haben nur begrenzte Öff-
suchern von außerhalb. Besonders für       TurmStuttgart“ (ITS) für März 2020                     nungszeiten. Ein neues Mitglied dieser
die Museen, die Wilhelma, sowie für        geplant. Durch die Coronakrise wurde                   Museumsfamilie ist das im November
Musik- und Sportveranstaltungen war        diese jedoch auf später verschoben.                    2018 eröffnete Hotel Silber, welches
das vergangene Jahr erneut vielver-                                                               sich als Ort des Gedenkens mit der
sprechend.                                 Ein gutes Jahr hat das im April 2018                   Geschichte des NS-Terrors auseinan-
                                           eröffnete StadtPalais hinter sich. Im                  dersetzt. Es wird als Außenstelle des
Nach dem Besucherrekordjahr 2018           ersten vollständigen Jahr seit der Er-                 Hauses der Geschichte Baden-Württem-
ging es für die Stuttgarter Museen im      öffnung konnte es eine viertel Million                 berg betrieben und begrüßte im Jahr
Jahr 2019 ähnlich erfolgreich weiter.      Besucher anziehen. Mit abwechslungs-                   2019 36 000 Besucher in seinen
Mit insgesamt 3 091 934 Besuchern          reichen Programmen wie beispiels-                      Räumlichkeiten.
lag die Zahl lediglich 3267 unter der      weise Stuttgart am Meer, „Troy“ –
des Vorjahres. Zur beliebtesten Kate-      eine Ausstellung zu den Fantastischen                  Während die Zahlen der Museumsbe-
gorie zählten nach wie vor die natur-      Vier oder aber „Mein erstes Wahl“,                     sucher stetig wachsen, sehen sich die
wissenschaftlichen und technischen         ein Wissensparcours für Erstwähler                     Kinos der Stadt sinkenden Besucher-
                                                                                                                                                            83
Museen, darunter die Spitzenreiter         zur Kommunalwahl, gab es für die                       zahlen gegenüber. Zum Ende der
Mercedes-Benz Museum (mit Veran-           verschiedensten Interessengruppen                      90er- und zu Beginn der 2000er-Jahre
staltungen wie Open Air Kino, Konzert-     einen Grund diese Einrichtung aufzu-                   konnten die Stuttgarter Kinos noch
sommer etc.), Porsche Museum und           suchen.                                                einen Höchststand von fast drei Milli-
die staatlichen Museen für Natur-                                                                 onen Besuchern verzeichnen. Seitdem
kunde. Sie können knapp mehr als           Sowohl die historischen Museen als                     sinken die Zahlen stetig und fielen im
die Hälfte aller Museumsbesucher für       auch die Heimat- und Regionalmu-                       Jahr 2014 zum ersten Mal unter die
sich verbuchen. Auch die Stuttgarter       seen vermerken insgesamt einen                         zwei Millionen Marke. 2019 wurden in
Kunstmuseen durften sich insgesamt         leichten Besucherrückgang von sechs,                   18 Kinotheatern mit insgesamt 11 215
über Besucherzahlen von etwas mehr
als einer halben Million freuen. Spit-
zenreiter ist darunter die Staatsgalerie
mit einem Wachstum von 48 Prozent          Abbildung 1: Besucheranteile der Stuttgarter Museen im Jahr 2019
auf knapp 300 000 Besucher. Über
diesen spektakulären Anstieg kann
sich die Galerie vor allem dank Street
Art-Künstler Banksy freuen, dessen            0,3 %        18 %
Kunstwerk „Love is in the Bin“ einen                                                                    Naturwissenschaftliche und
                                                                                                        technische Museen
wahren Publikumshype auslöste.
Diese Stuttgarter Top-Besuchermag-                                                                      Kunstmuseen
nete profitieren insbesondere von                 14
                                                   4%             3 091 934                51 %         Historische beziehungsweise
ihren überregionalen Ausstellungen,                                                                     archäologische Museen
von einem hohen Personaleinsatz,                                                                        Heimat- und Regionalmuseen
langen Öffnungszeiten und zum Teil                                                                      Kulturgeschichtliche Spezialmuseen
von ihrer Innenstadtlage.                                  17 %

Die Besucherzahlen der kulturge-
schichtlichen Spezialmuseen gingen
hingegen um acht Prozent zurück.                               Quelle: Selbstauskünfte der Museen und museumsähnlichen Einrichtungen
Ausschlaggebend hierfür ist haupt-
sächlich das Turmforum Bahnprojekt         Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
Kurzberichte                                                                                        Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

     Abbildung 2: Besucherinnen und Besucher der Kultur- und Freizeiteinrichtungen
                  in Stuttgart 2019                                                                      Event oder dem Christmas Garden
                                                                                                         zieht es bereits seit dem Jahr 2018
                                                                                                         auch in der kälteren Jahreszeit mehr
                                                                                                         Menschen in die Wilhelma. Ebenso
               Carl-Zeiss-Planetarium        117 032                                                     erwiesen sich der Einzug des größten
                                                                                                         Krokodils Deutschlands sowie reich-
                         Fernsehturm             343 278                                                 lich tierischer Nachwuchs als große
                                                                                                         Publikumsmagneten. Auch für die
                        Mineralbäder            851 965
                                                                                                         Jahre 2020 und 2021 hat die Wilhelma
                                                                                                         zahlreiche Neuerungen geplant. Das
                Frei- und Hallenbäder                      1 463 710
                                                                                                         Highlight darunter: die Terra Australis,
                                                                                                         ein Haus mit Außenanlage für meh-
                                  Kino                       1 589 000
                                                                                                         rere australische Tierarten.
                             Wilhelma                          1 680 000
                                                                                                         Daneben gab es ebenso einen An-
         Veranstaltungen städtische
                                                                           2 330 237
                                                                                                         stieg von Besuchern der zahlreichen
                      Sportanlagen                                                                       Veranstaltungen auf den acht größ-
                              Museen                                                   3 091 934         ten Stuttgarter Sportanlagen. Von ins-
                                                                                                         gesamt mehr als 2,3 Millionen Zu-
                                         0             1 000 000        2 000 000           3 000 000    schauern und Besuchern kommen al-
                                                       Besucher und Besucherinnen                        lein eine Millionen Zuschauer auf die
                                                                                                         Mercedes-Benz Arena, knapp 900 000
                                                                                                         davon auf Fußballspiele. Auch die
                                                              Quelle: Eigene Angaben der Einrichtungen
                                                                                                         Hanns-Martin-Schleyer-Halle sowie
                                                                                                         die Porsche Arena konnten mit ver-
      Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
                                                                                                         schiedensten Veranstaltungen aus
                                                                                                         den Bereichen Sport, Musik und son-
                                                                                                         stigem Entertainment, insgesamt mehr
84
     Sitzplätzen nur noch etwas über 1,5                     Hoch hinaus geht es auf das Wahrzei-        als eine Million Zuschauer anziehen.
     Millionen Kinobesucher gezählt. Pro                     chen Stuttgarts, den Fernsehturm.           Insgesamt erreichten die Sportanla-
     Einwohner in Stuttgart sind das durch-                  343 000 Gäste genossen 2019 die             gen ein Besucherplus von sechs Pro-
     schnittlich 2,5 Kinobesuche im Jahr,                    Aufsicht auf Stuttgart und das Um-          zent.
     halb so viele, wie noch vor 20 Jahren.                  land, wobei die Besuchszahl seit der
     Großer Beliebtheit erfreuen sich                        Wiedereröffnung im Jahr 2016 um 35          Einen Ausblick auf das Jahr 2020 zu
     weiterhin die Stuttgarter Freibäder,                    Prozent gesunken ist. Auch das Carl-        geben, ist angesichts der aktuellen Si-
     Hallen- sowie Mineralbäder. Zwar                        Zeiss-Planetarium im Mittleren Schloss-     tuation schwierig. Sicher ist aber, dass
     konnten die Freibäder nie mehr den                      garten eröffnete nach einjährigem           alle hier genannten Institutionen,
     Besucherrekord von über einer Million                   Umbau seine Tore im April 2016 wie-         seien sie kultureller oder freizeitlicher
     im Hitzesommer 2003 knacken, den-                       der und kann seitdem stabile Besu-          Natur, besonders in der ersten Jahres-
     noch verbuchen sie stetig Zahlen von                    cherzahlen der Sternenvorführungen          hälfte mit massiven Einbrüchen der
     circa einer dreiviertel Million, so auch                von circa 120 000 Besuchern jährlich        Besuchszahlen rechnen müssen, da
     im Sommer 2019. Leicht rückläufig                       verbuchen. Die Gesamtzahl der Besu-         aktuell alle Einrichtungen aufgrund
     sind die Besucherzahlen der Hallen-                     cher kann seit einer technischen Än-        der Corona-Pandemie geschlossen
     und Mineralbäder mit rund 702 000,                      derung im Jahr 2013 nicht mehr              sind. Wie lange diese Situation noch
     beziehungsweise 852 000 Zählungen.                      ausgewiesen werden.                         anhält, ist momentan unklar. Es ist zu
     Das liegt jedoch maßgeblich daran,                                                                  hoffen, dass die Museen und kulturel-
     dass die Hallenbäder in Bad Cannstatt,                  Große Freude an Affe, Tiger und Co.         len Einrichtungen diese schwere Zeit
     Feuerbach und Vaihingen im vergan-                      hatten die vielen Besucher der Wil-         glimpflich überstehen, damit auch in
     genen Jahr zeitweise zwecks Um-                         helma im letzten Jahr. Trotz Erhöhung       Zukunft möglichst viele Menschen am
     bauten geschlossen waren. Dies gilt                     der Eintrittspreise konnte der Stutt-       vielfältigen und bunten Programm in
     ebenso für wie das Mineral-Bad Berg,                    garter Zoo einen Anstieg der Besu-          Stuttgart teilhaben können.
     welches bereits seit September 2016                     cherzahlen um 0,9 Prozent verbuchen,
     wegen Generalsanierung nicht im Ba-                     was rund 14 000 zusätzlichen Gästen
     debetrieb ist und zuvor jährlich über                   entspricht. Besonders durch Sonder-
     100 000 Besucher angezogen hat.                         veranstaltungen wie dem Halloween-
Kurzberichte                                                                                           Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

Tabelle 1: Gesamtübersicht der Besucherinnen
und Besucher in Museen und museumsähn-                                          Museum                                      Besucher im Jahr 2019
lichen Einrichtungen in Stuttgart 2019
                                                Naturwissenschaftliche und technische Museen
                                                Mercedes-Benz Museum1                                                                  850 954
                                                Porsche Museum                                                                         447 271
                                                Staatliche Museen für Naturkunde                                                       247 736
                                                Deutsches Landwirtschaftsmuseum                                                         12 013
                                                Straßenbahnwelt Stuttgart                                                               14 500
                                                Gottlob Auwärter Museum                                                                  3 450
                                                Zoolog. u. Tiermedizinisches Museum der Univers. Hohenheim                                   -
                                                Stuttgarter Feuerwehrmuseum                                                              1 831
                                                                                                                                     1 577 755
                                                Kunstmuseen
                                                Staatsgalerie                                                                          295 141
                                                Kunstmuseum                                                                            180 400
                                                „Weißenhofmuseum im Haus Le Corbusier“                                                  38 513
                                                ifa-Galerie                                                                             15 000
                                                Museum Fritz von Graevenitz                                                              2 480
                                                                                                                                       531 534
                                                Historische beziehungsweise archäologische Museen
                                                Landesmuseum Württemberg2                                                              201 578
                                                Haus der Geschichte Baden-Württemberg
                                                Grabkapelle Rotenberg                                                                   47 272
                                                Theodor-Heuss-Haus                                                                      10 500
                                                Museum zur Geschichte Hohenheims                                                         9 000
                                                Städtisches Lapidarium                                                                   3 497
                                                Hegel-Haus                                                                               8 309
                                                „Hotel Silber“                                                                          36 200
                                                Stauffenberg-Erinnerungsstätte                                                               -                   85
                                                                                                                                       421 817
                                                Heimat- und Regionalmuseen
                                                Heimatmuseum der Deutschen aus Bessarabien                                                1 900
                                                Stadtmuseum Bad Cannstatt                                                                 3 363
                                                MUSE-O                                                                                    1 850
                                                Heimatmuseum Stammheim                                                                       …
                                                Weilimdorfer Heimatstube                                                                  1 040
                                                Heimatmuseum Möhringen                                                                      379
                                                Heimatgeschichtliche Ausstellung Untertürkheim-Rotenberg                                    550
                                                Heimatmuseum Plieningen                                                                     220
                                                                                                                                          9 302
                                                Kulturgeschichtliche Spezialmuseen
                                                Turmforum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm3                                                   120 000
                                                Linden-Museum                                                                           71 327
                                                Haus des Waldes                                                                         39 050
                                                Schweinemuseum                                                                          36 431
                                                Weinbaumuseum Stuttgart                                                                 17 115
                                                Stuttgarter Bibelmuseum                                                                  8 647
                                                StadtPalais (Stadtmuseum Stuttgart)4                                                   258 956
                                                                                                                                       551 526
                                                    Gesamt                                                                           3 091 934
                                                1
                                                    Inklusive Besucher von Museumsveranstaltungen (z. B. Open Air Kino, Konzertsommer) und seit 2010
                                                    inkl. Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte.
                                                2
                                                    Landesmuseum Württemberg, Kindermuseum Junges Schloss, Stuttgarter Fruchtkasten und Römisches
                                                    Lapidarium.
                                                3
                                                    Besucherzahlen der vier Ausstellungsebenen, Aussichtsplattform, Bar-Lounge Bonatz. Seit 29.07.2019
                                                    geschlossen. Wiedereröffnung als InfoTurm Stuttgart (ITS) war im März 2020 geplant, ist durch die
                                                    aktuelle Corona Pandemie nun unklar.
                                                4
                                                    Seit Eröffnung des StadtPalais im April 2018 inkl. StadtLabor.
                                                                               Quelle: Selbstauskünfte der Museen und museumsähnlichen Einrichtungen

                                               Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
Kurzberichte                                                                                                                  Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

     Arbeitsmarkt in Stuttgart: Die Zahl der Arbeitslosen und der Kurzarbeiter steigt im
     ersten Quartal 2020 deutlich an
     Carmen Söldner

     Seit März 2013 sind die jährlichen                             wirkt. Denn betrachtet man die                                 Auch mit Blick auf Baden-Württem-
     Arbeitslosenquoten in der Landes-                              Arbeitsmarktzahlen in den Monaten                              berg und die übrigen Bundesländer
     hauptstadt Stuttgart kontinuierlich                            zuvor, so fällt auf, dass bereits im Ja-                       verstärkt sich dieses Bild. Während
     gesunken und erreichten im März                                nuar die Zahl der Arbeitslosen um 6,8                          Baden-Württemberg im März 2020
     2019 einen Tiefststand von 4,0 Pro-                            Prozent im Vergleich zum Vorjahr ge-                           eine Erhöhung der Arbeitslosenquote
     zent. Betrachtet man die monatlichen                           stiegen war. Dieses Bild setzt sich                            um 0,3 Prozentpunkte auf 3,4 Pro-
     Zahlen, so konnten nur Juni und Juli                           auch im Februar und März mit einer                             zent aufweist, ist eine derartige Erhö-
     2019 eine noch geringere Arbeitslo-                            Erhöhung von jeweils 11,4 Prozent                              hung in den übrigen deutschen
     sigkeit von 3,9 Prozent aufweisen. Im                          fort. Hintergrund hierfür ist die sich                         Bundesländern, mit Ausnahme des
     März 2020 ist die Arbeitslosigkeit in                          schwächer entwickelnde Südwestin-                              Saarlandes, nicht festzustellen. Bei
     Stuttgart auf 4,4 Prozent und damit                            dustrie, insbesondere die Automobil-                           exakt der Hälfte aller Länder ist eine
     um 0,4 Prozentpunkte gestiegen. Ob-                            hersteller sowie deren Zulieferer, die                         Verbesserung oder eine gleichbleiben-
     wohl der Gedanke naheliegt, spielt                             einen enormen Anteil der Wirtschafts-                          de Arbeitslosenquote der Fall. Nach
     die Corona-Krise in diesen Zahlen                              kraft ausmachen. Damit einherge-                               Bayern hat Baden-Württemberg zwar
     weitestgehend noch keine Rolle. Viel-                          hend ist auch ein nachlassender                                noch immer die niedrigste Quote an
     mehr können sie als Ausdruck einer                             Arbeitskräftebedarf. In Stuttgart fiel                         Arbeitslosen in Deutschland, jedoch
     sich abschwächenden Weltkonjunk-                               die Zahl der gemeldeten Stellen im                             ist derzeit kaum ein anderes Bundes-
     tur und drohender internationaler                              März 2020 auf 6318, das sind 27 Pro-                           land so stark von der Erhöhung der
     Handelskonflikte gesehen werden,                               zent weniger als noch im März 2019.                            Quote betroffen (vgl. Abbildung 2).
     was sich bereits auf die stark export-                         Die Unterbeschäftigungsquote steigt                            Auch der Deutschlandschnitt liegt wie
     abhängige Stuttgarter Industrie aus-                           damit auf 6,7 Prozent (+0,5 %).                                bereits im März 2019 bei 5,1 Prozent.
86

     Abbildung 1: Arbeitslose und Arbeitslosenquoten in Stuttgart und Baden-Württemberg seit März 2008

       Personen                                                                                                                                                                       %

         35 000                                                                                                                                                                       7
                                            6,9

         30 000                                                                   6,3                                                                                                 6
                                6,1
                                                        5,8                                    5,8         5,7
                    5,4                           5,4                 5,5                                              5,5
         25 000                                                                                                                                                                       5
                                      5,0                                                                                            5,0

                          4,3                                 4,4                       4,3                                                       4,3                     4,4
         20 000                                                                                      4,1                                                                              4
                                                                            4,0                                  4,0         3,9                              4,0
                                                                                                                                           3,7
                                                                                                                                                        3,3                     3,4
         15 000                                                                                                                                                     3,1               3

         10 000                                                                                                                                                                       2

          5 000                                                                                                                                                                       1

              0                                                                                                                                                                       0
                   März 08      März 09     März 10     März 11       März 12     März 13      März 14     März 15     März 16      März 17       März 18     März 19     März 20

                      Arbeitslosenquote Stuttgart in %                                  Arbeitslose gesamt in Stuttgart
                      Arbeitslosenquote Baden-Württemberg in %                          Arbeitslose nach Rechtskreis SGB II

                                                                                        Arbeitslose nach Rechtskreis SGB III                     Quelle: Bundesagentur für Arbeit

     Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
Kurzberichte                                                                                          Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

Abbildung 2: Zu- und Abnahme der Arbeitslosenquoten der Bundesländer (März 2019/März 2020)

                         Saarland                                                                                                              +0,4

               Baden-Württemberg                                                                                                 +0,3

                        Hamburg                                                                                    +0,2

                   Rheinland-Pfalz                                                                                 +0,2

                          Bremen                                                                                   +0,2

           Nordrhein-Westfalen                                                                       +0,1

                            Berlin                                                                   +0,1

                           Bayern                                                                    +0,1

                           Hessen                                                            0

                    Niedersachsen                                                            0

                Schleswig-Holstein                                                 -0,1

                        Thüringen                                                  -0,1

                          Sachsen                              -0,3

                     Brandenburg                   -0,4

                   Sachsen-Anhalt      -0,5

     Mecklenburg-Vorpommern            -0,5

                                     -0,5        -0,4        -0,3      -0,2      -0,1       0,0         0,1            0,2           0,3          0,4 %

                                                                                                    Quelle: Bundesagentur für Arbeit, März 2020

 Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
                                                                                                                                                                87

Betrachtet man die Zahlen der Kurz-                       über 640 000 angezeigte Kurzarbei-           krise, besonders stark betroffen sind.
arbeit, dann fällt der Zusammenhang                       ter. Somit kommt das Land bereits im         Bereits jetzt übersteigen die angezeig-
mit der Corona-Krise unmittelbar ins                      März 2020 auf ein Drittel der Ge-            ten Kurzarbeiterzahlen der Branchen
Auge. Im Jahr 2019 war die ange-                          samtzahl aus dem Jahr 2009. Dieser           Gastgewerbe (I), Grundstücks- und
zeigte Personenzahl für Kurzarbeit in                     massive Anstieg geht einher mit den          Wohnungswesen (L), Erziehung und
Stuttgart so gering, dass diejenigen,                     aufgrund der schwerwiegenden Co-             Unterricht (P), Gesundheits- und Sozi-
für die das konjunkturelle Kurzarbei-                     rona-Pandemie geltenden neuen recht-         alwesen (Q), Kunst, Unterhaltung, Er-
tergeld (§ 96 SGB III) beantragt                          lichen Regelungen bis einschließlich         holung (R) sowie die Erbringung von
wurde, aus datenschutzrechtlichen                         Dezember 2020, die es Unternehmen            sonstigen Dienstleistungen (S) die des
Gründen nicht zu unterscheiden sind                       vereinfachen, Kurzarbeit anzumelden.         gesamten Jahres 2009. Besonders das
von denjenigen, die für das Transfer-                     Die neuesten Sonderauswertungen              Gastgewerbe ist extrem stark betrof-
Kurzarbeitergeld (§ 111 SGB III) ge-                      der Bundesagentur für Arbeit zeigen          fen und weist schon jetzt zehnmal so
meldet waren. Für beide Fälle                             im April erneut einen enormen An-            viele angemeldete Kurzarbeiter auf.
zusammen, lagen die Anzeigen bei                          stieg. Bis zum 20. April 2020 melde-         Auch andere Branchen wie beispiels-
insgesamt 70, mit einer Personenzahl                      ten deutschlandweit fast eine drei-          weise der Handel (G) werden die Zah-
von knapp 600 Beschäftigten. Im                           viertel Million Betriebe Kurzarbeit an,      len von 2009 vermutlich in Kürze
März 2020 beträgt die Zahl der be-                        jedoch flacht die Kurve der Anmel-           übertreffen. In diesem Zusammen-
trieblichen Anzeigen für das konjunk-                     dungen langsam ab. Auch in Baden-            hang ist anzumerken, dass es sich
turelle Kurzarbeitergeld bereits 1070                     Württemberg ist die Anzahl der An-           dabei nur um bereits geprüfte Anzei-
mit einer Personenzahl von knapp                          zeigen noch einmal gestiegen. Insge-         gen der Agentur für Arbeit handelt.
19 000. Der Blick auf Baden-Würt-                         samt haben hier 31,9 Prozent aller           Aufgrund der enormen Anzahl an
temberg zeigt ein ähnliches Bild. Mit                     Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Neben        Anzeigen für die Kurzarbeit, ist es
bereits 186 213 Personen übersteigt                       dem Gastgewerbe und dem Einzel-              wahrscheinlich, dass die Erfassung
die angezeigte Personenzahl der                           handel stehen im Land auch beson-            mit zeitlichem Verzug erfolgt und die
Kurzarbeiter die Gesamtzahl von                           ders die Automobilindustrie sowie der        tatsächlichen Anzeigen bereits in hö-
2019 um mehr als das 2,5-fache.                           Metallbau im Fokus.                          herem Maße erfolgt sind, als angege-
Setzt man das Jahr der Wirtschafts-                                                                    ben.
und Finanzkrise (2009) zum Vergleich                      Auf Bundesebene ist zu sehen, welche
an, kamen auf Baden-Württemberg                           Branchen, verglichen mit der Finanz-
Hauptbeitrag                                Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

                                               Dr. Till Heinsohn

                                               Informelle Bürgerbeteiligung in Zeiten
                                               zunehmender Individualisierung:
                                               Erkenntnisse aus der Stuttgarter
                                               Bürgerumfrage 2019

                                               Einleitung

     Unterschied zwischen formeller            Bürgermitwirkung bei kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen hat in Baden-
     Bürgermitwirkung und informeller          Württemberg eine lange Tradition. Seit Bestehen des Landes ist die Mitwirkung der
     Bürgerbeteiligung
                                               Bürgerinnen und Bürger in der Verfassung verankert und wird in vielfältiger Weise
                                               praktiziert. Die formell geregelte Bürgermitwirkung umfasst dabei in erster Linie
                                               das aktive und passive Wahlrecht sowie die Instrumente der direkten Demokratie
                                               (Bürgerbegehren und Bürgerentscheid). Sie folgt gesetzlich vorgeschriebenen Ab-
                                               läufen. Neben der formellen Mitwirkung steht die informelle Bürgerbeteiligung.
                                               Diese beinhaltet das Einbringen von Zeit, Ressourcen und Kompetenzen im bürger-
                                               schaftlichen Engagement, in Arbeitskreisen und Planungsgruppen. Die informelle
                                               Mitwirkung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Mit dem Ziel, dass die Bürgerinnen
                                               und Bürger einer Gemeinde oder einer Stadt miteinander über ein Thema ins Gespräch
                                               kommen, werden Argumente und Ideen ausgetauscht und so gemeinsame Lösun-
                                               gen auf kommunaler Ebene entwickelt. Die Verwaltung übernimmt dabei häufig nur
88
                                               eine hintergründige, beratende Funktion. In der Exekutive vorhandenes Fachwissen
                                               wird neutral eingebracht, ohne dabei den Dialog inhaltlich zu bestimmen.1

     Individualisierung der Gesellschaft und   Der Rahmen, in welchem sich formelle wie informelle Bürgermitwirkung vollzieht,
     deren Folgen                              ist einem stetigen Wandel unterworfen. Dieser Wandel hat zuletzt deutlich an Fahrt
                                               aufgenommen und wirkt sich nicht nur auf die Beteiligungsverfahren selbst, sondern
                                               zunehmend auch auf das Verständnis von Demokratie aus. Bürgerinnen und Bürger
                                               fühlen sich heute weniger an politische Parteien und deren Meinungen und Posi-
                                               tionen gebunden. Gut ausgebildet, durch moderne Medien informiert und räumlich
                                               weniger stark gebunden schreitet die Individualisierung der Gesellschaft stetig
                                               voran. Nach Wahrnehmung des Deutschen Städtetages geht damit nicht selten ein
                                               Vertrauensverlust gegenüber der Politik einher. Desinteresse, Zurückhaltung oder
                                               gar Ablehnung des Politischen sind eine häufig zu beobachtende Folge und stellen
                                               eine Herausforderung für die formelle wie informelle Mitwirkung der Bürgerinnen
                                               und Bürger dar.2

     In Aussicht gestellte Erkenntnisse        Die fortschreitende Individualisierung der Gesellschaft und die damit verbundenen
                                               Auswirkungen auf die Bürgermitwirkung erfordern Antworten. Vor der Entwicklung
                                               eigentlicher Strategien stehen jedoch empirische Erkenntnisse über die Teilnehme-
                                               rinnen und Teilnehmer an solchen Verfahren. Denn aus Sicht der Stadtverwaltungen
                                               und der Gemeinderäte dürfte zunächst von Interesse sein, mit was für Bürgerinnen
                                               und Bürger sie es im Rahmen von formeller und informeller Bürgerbeteiligung zu
                                               tun haben. Darauf aufbauend ließe sich in einem zweiten Schritt über etwaige An-
                                               sätze nachdenken, wie sich die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in Zeiten
                                               zunehmender Individualisierung für alle Seiten gewinnbringend gestalten lässt.

     Methodisches Vorgehen, Datengrund-        Erkenntnisse über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den informellen Verfahren
     lage und Relevanz der Fragestellung       der Bürgerbeteiligung in Stuttgart liefert die nachfolgende Analyse. Unter Zuhilfe-
                                               nahme multipler logistischer Regressionsmodelle werden vorhergesagte Wahr-
                                               scheinlichkeiten einer Mitwirkung in Abhängigkeit individueller Merkmale und unter
                                               Konstanthaltung alternativer Einflüsse geschätzt. Ein solches inferenzstatistisches
Hauptbeitrag                                                                            Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

                                          Verfahren erfordert quantitative Daten. Diese liefert die repräsentative Bürger-
                                          umfrage der Landeshauptstadt Stuttgart aus dem Jahr 2019. Die in Aussicht gestell-
                                          ten Einblicke dienen dabei aber nicht nur als empirische Grundlage für etwaig zu
                                          entwickelnde Strategien in Reaktion auf eine veränderte Ausgangslage. Auch aus
                                          demokratietheoretischer Sicht birgt die in dieser Studie aufgeworfene Fragestellung
                                          eine große Relevanz. Denn es ist davon ausgehen, dass diejenigen, die im Zuge
                                          kommunaler Entscheidungsprozesse gehört werden und aktiv daran partizipieren,
                                          die spätere Letztentscheidung der Gemeinderäte oder des Oberbürgermeisters auch
                                          in ihrem Sinne beeinflussen. Jene, die an solchen Verfahren nicht partizipieren, wer-
                                          den nicht gehört werden und es steht zu befürchten, dass deren Interessen eher
                                          unter den Tisch fallen.

Transparenter Rahmen für die infor-       Mit Blick auf die Landeshauptstadt Stuttgart spiegelt sich die wachsende Bedeutung
melle Bürgerbeteiligung in Stuttgart      von Mitwirkung in der seit Oktober 2017 gültigen Leitlinie für informelle Bürgerbe-
                                          teiligung wider. Diese Selbstverpflichtung legt die Spielregeln fest, wie Einwohner-
                                          schaft, Gemeinderat und Verwaltung in Austausch treten um die künftige
                                          Entwicklung der Stadt gemeinsam zu gestalten. Mit Verabschiedung dieser Leitlinie
                                          hat die Stadt der informellen Bürgerbeteiligung in Stuttgart einen verbindlichen und
                                          transparenten Rahmen geschaffen.3 Entsprechend blickt Stuttgart auf zahlreiche
                                          Beispiele für die gelungene Einbindung der Einwohnerschaft über informelle Betei-
                                          ligungsverfahren zurück. Jüngste Beispiele stellen etwa das Bürgerbeteiligungsver-
                                          fahren zum Rosensteinpark oder zum neuen Stadtraum B14 dar.

                                          Mögliche Erklärungen politischer Partizipation und deren Messung

Rückgriff auf die politische              Welche Faktoren könnten nun aber einen Einfluss darauf haben, ob eine Bürgerin
Partizipationsforschung                   oder ein Bürger an einem Verfahren der informellen Bürgerbeteiligung partizipiert?
                                          In Anlehnung an die Erkenntnisse der politischen Partizipationsforschung werden
                                                                                                                                                  89
                                          nachfolgend vier Bereiche unterschieden. Hierzu gehören soziodemografische
                                          Merkmale, die kommunale Identifikation, die Wahrnehmung der Verwaltung und
                                          die Bedeutung des Politischen sowie das individuelle Engagement in der Stadtge-
                                          sellschaft. Die in der Folge diskutierten theoretischen Argumente werden von Infor-
                                          mationen über die Messung der in den statistischen Modellen berücksichtigten
                                          Variablen flankiert.

                                          Soziodemografische Merkmale

Randständigkeitshypothese                 Soziodemografischen Merkmalen wird bei der Erklärung politischer Partizipation
                                          von jeher eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt. Dalton (2014: 66-67) verweist in
                                          einer länderübergreifenden Studie zum Beispiel auf die Bedeutung der Bildung und
                                          kann zeigen, dass mit zunehmendem Bildungsstand auch die Wahrscheinlichkeit
                                          ansteigt, an informellen Verfahren zu partizipieren. Die theoretische Grundlage dieser
                                          Beobachtung bildet die Randständigkeitshypothese. Diese besagt, dass es insbeson-
                                          dere die sozial wenig Integrierten und gesellschaftlich Randständigen sind, die dazu
                                          neigen, politischen Mitwirkungsverfahren fern zu bleiben (Bohne 2010: 255). His-
                                          torisch gesehen fallen darunter Frauen, Jüngere, Menschen mit geringerer Bildung
                                          und Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

Geschlecht, Lebensalter, Bildungsstand,   In der nachfolgenden Analyse werden diese Gruppen daher gesondert berücksichtigt.
Staatsangehörigkeit                       Die Variable Geschlecht unterscheidet zwischen männlichen (N=1811) und weiblichen
                                          (N=1999) Befragten. Das Lebensalter wird in vier Gruppen abgebildet: Unterschieden
                                          werden Befragte zwischen 18 bis 29 Jahren (N=562), zwischen 30 bis 44 Jahren
                                          (N=997), zwischen 45 bis 64 Jahren (N=1308) und befragte Personen ab 65 Jahren
                                          (N=927). Der Bildungsstand umfasst drei Ausprägungen: Befragte mit Haupt- oder
                                          Volksschulabschluss (N=443) bilden die erste Gruppe. Die zweite Gruppe beinhaltet
                                          Befragte mit mittlerer Reife oder Realschulabschluss (N=724). Die dritte Gruppe
                                          umfasst schließlich alle befragten Personen mit Abitur oder Fachhochschulreife
                                          (N=2362). Dazu kommt die Variable Staatsangehörigkeit. Hier wird zwischen Perso-
                                          nen ohne (N=515) und mit deutscher Staatsangehörigkeit (N=3348) unterschieden.
Hauptbeitrag                                                                             Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

                                               Kommunale Identifikation

     Identifikationshypothese                  Neben soziodemografischen Merkmalen dürfte bei der Entscheidung, ob eine Person
                                               an einem informellen Verfahren der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene par-
                                               tizipiert, eine Rolle spielen, in wie weit sich die Person mit der entsprechenden
                                               Kommune identifiziert. Denn es ist davon auszugehen, dass bei einer hohen Identi-
                                               fikation auch das Interesse daran steigt, politischen Einfluss zu nehmen und das
                                               Zusammenleben vor Ort aktiv mitzugestalten. Fällt die Identifikation mit der Kom-
                                               mune hingegen gering aus, so ist nicht zu erwarten, dass die Person ein gesteigertes
                                               Interesse an informellen Beteiligungsverfahren offenbart, um sich aktiv in den Ge-
                                               staltungsprozess einer Kommune einzubringen.

     Wohndauer, Verwurzelung, Lebens-          Der explorativen Anlage dieser Studie folgend, wird die kommunale Identifikation
     qualität, Zufriedenheit                   durch vier Aspekte beschrieben. Die Variable Wohndauer unterscheidet zwischen
                                               Befragten, die seit weniger als 6 Jahren (N=529), zwischen 6 und 10 Jahren (N=352),
                                               zwischen 11 und 20 Jahren (N=578), zwischen 21 und 30 Jahren (N=580) und bereits
                                               seit über 30 Jahren (N=1599) in Stuttgart leben. Die Verwurzelung in Stuttgart
                                               bildet ab, ob eine befragte Person gern in Stuttgart lebt (N=3082) oder lieber wo-
                                               anders wohnen würde (N=712). Für die Beurteilung der Lebensqualität wird auf
                                               eine Skala mit ursprünglich fünf Ausprägungen zurückgegriffen. Aufgrund der mit-
                                               unter geringen Fallzahl müssen einzelne Kategorien jedoch zusammengefasst werden.
                                               Befragte Personen, die die Lebensqualität in Stuttgart alles in allem sehr schlecht bis
                                               schlecht bewerten, bilden eine erste Gruppe (N=88). Personen, die die Lebensqua-
                                               lität in Stuttgart als mittelmäßig wahrnehmen, sind in einer zweiten Gruppe zusam-
                                               mengefasst (N=700). Wird die Lebensqualität hingegen als gut bewertet, so
                                               begründet dies die Zugehörigkeit zur dritten Gruppe (N=2347). Eine vierte Gruppe
                                               beinhaltet diejenigen befragten Personen, die die Lebensqualität in Stuttgart als sehr
90
                                               gut bezeichnen (N=626). Die Zufriedenheit mit Stuttgart insgesamt bildet darüber
                                               hinaus ab, ob befragte Personen sehr unzufrieden bis unzufrieden (N=222), teils
                                               zufrieden bis teils unzufrieden (N=896), zufrieden (N=2141) oder sehr zufrieden
                                               (N=540) mit der Stadt sind. Auch hier müssen die ursprünglich im Fragebogen vor-
                                               handenen fünf Kategorien auf vier Ausprägungen reduziert werden.

                                               Wahrnehmung der Verwaltung und die Bedeutung des Politischen

     Wirksamkeitshypothese                     Ein weiterer potentieller Einfluss auf die Teilnahme an einem informellen Mitwir-
                                               kungsverfahren wird der Wahrnehmung der Verwaltung und der Bedeutung des
                                               Politischen zugeschrieben. So ist in Anlehnung an die politische Wirksamkeitsfor-
                                               schung davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit zu partizipieren mit zuneh-
                                               mendem Ansehen der Stadtverwaltung ansteigt, da Menschen dazu tendieren ihre
                                               Zeit, Ressourcen und Kompetenzen nur dort einzubringen, wo sie auch auf frucht-
                                               baren Boden fallen (external efficacy).4 Steht trotz Mitwirkung zu vermuten, dass
                                               die Umsetzung gemeinsam entwickelter Strategien schließlich an der Stadtverwal-
                                               tung scheitert, so dürfte die Motivation sich zu beteiligen entsprechend gering aus-
                                               fallen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die Bereitschaft sich einzubringen vom
                                               jeweiligen kommunalpolitischen Interesse und der Informiertheit einer Person abhängt
                                               (internal efficacy). Für Personen, deren Interesse an der Kommunalpolitik hoch ist
                                               und die sich umfassend über das kommunalpolitische Geschehen informieren, darf
                                               angenommen werden, dass diese nicht nur mit einem größeren Selbstverständnis,
                                               sondern auch mit einem höheren Selbstbewusstsein an informellen Bürgerbeteili-
                                               gungsverfahren partizipieren. Fällt das Interesse jedoch gering aus und lässt die In-
                                               formiertheit zu wünschen übrig, so ist tendenziell nicht davon auszugehen, dass sich
                                               eine Person in einem Bürgerverfahren engagieren wird.

     Ansehen der Stadtverwaltung, kommu-       Die Wahrnehmung der Verwaltung wird über die persönliche Einschätzung des An-
     nalpolitisches Interesse, kommunalpoli-   sehens der Stadtverwaltung Stuttgart auf einer Skala mit fünf Ausprägungen ge-
     tische Informiertheit
                                               messen. In Reaktion auf die geringe Fallzahl derjenigen, die das Ansehen der Stadt-
                                               verwaltung als sehr schlecht beurteilen, bündelt eine erste Gruppe all jene Befrag-
Hauptbeitrag                                                                    Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

                                  ten, deren Urteil über die Stadtverwaltung sehr schlecht bis schlecht ausfällt
                                  (N=404). Befragte, in deren Einschätzung sich Positives und Negatives die Waage
                                  hält, bilden die zweite Gruppe (N=1299). Die dritte Gruppe beinhaltet die befragten
                                  Personen, die eine gute Meinung von der Verwaltung der Stadt Stuttgart haben
                                  (N=1717). In einer vierten Gruppe finden sich schließlich jene wieder, die in höchs-
                                  ten Tönen über die Stadtverwaltung sprechen (N=205). Die Variable kommunalpo-
                                  litisches Interesse differenziert zwischen Personen, die angeben überhaupt nicht
                                  interessiert (N=173), schwach interessiert (N=529), mittel interessiert (N=1164), in-
                                  teressiert (N=1441) oder stark interessiert (N=405) zu sein. Die Messung der kom-
                                  munalpolitischen Informiertheit baut auf einer Fragestellung mit fünfzehn zur
                                  Auswahl stehenden Informationsquellen auf, bei der die Befragten aufgefordert
                                  werden alles Zutreffende anzukreuzen.5 Diese Information wird zu einem additiven
                                  Index mit einer Obergrenze von fünf Informationsquellen gebündelt. Entsprechend
                                  ergeben sich sechs Gruppen: Diese reichen von Personen, die keine der angegebe-
                                  nen Quellen zur Information heranziehen (N=128), über Befragte, die Informationen
                                  aus ein (N=210), zwei (N=452), drei (N=689) oder vier (N=823) Quellen beziehen,
                                  bis hin zu Bürgerinnen und Bürgern, die ihr kommunalpolitisches Wissen aus fünf
                                  oder mehr Informationsquellen speisen (N=1561).

                                  Engagement in der Stadtgesellschaft

Sozialkapitalhypothese            In Anlehnung an die Sozialkapitalforschung und die dem Sozialkapital zugeschrie-
                                  bene Wirkung auf demokratische Bürgertugenden wird in der Folge ein positiver
                                  Effekt formeller Netzwerke auf individuelle politische Partizipation angenommen
                                  (Ackermann und Freitag 2016: 7). So bezeichnete Alexis de Tocqueville (1985
                                  [1835]) Vereine bereits im Jahr 1835 als „Schulen der Demokratie“ und machte
                                  darauf aufmerksam, dass Vereine Orte sind wo sich Menschen begegnen. In derlei
                                  Netzwerken wird über Satzungen abgestimmt und es werden gemeinsame Tätigkei-
                                                                                                                                          91
                                  ten ausgeführt. Im Zuge dessen werden Verfahrensregeln und Verhaltensweisen
                                  demokratischer Politik eingeübt und trainiert (Simon 1983: 243). Zudem geht die
                                  Forschung inzwischen von einer Art Selbstselektionsprozess aus. Demnach haben
                                  Menschen, welche in Vereinen aktiv sind, aufgrund ihrer Einstellungen und Werte
                                  auch eine höhere Wahrscheinlichkeit an informellen Verfahren der Bürgerbeteili-
                                  gung zu partizipieren (van der Meer und van Ingen 2009; van Ingen und van der
                                  Meer 2016).

Mitgliedschaft in Vereinen und    Die Erhebung der Mitgliedschaft in Vereinen und Organisationen erfolgt über
Organisationen, ehrenamtliche     eine Fragestellung zu den vielfältigen Möglichkeiten, sich außerhalb von Beruf und
Tätigkeit, Meinung zu Projekten
und Einrichtungen
                                  Familie zu engagieren. Zur Auswahl stehen 14 Bereiche.6 Die Befragten werden dazu
                                  aufgefordert für jeden Bereich anzugeben, ob sie in den vergangenen zwölf Monaten
                                  in einem Verein oder einer Organisation aktiv waren. Aus den 14 Bereichen entsteht
                                  ein additiver Index mit einer Obergrenze von vier Bereichen. Daraus ergeben sich fünf
                                  Gruppen: Diese erstrecken sich über Personen, die in keinem Verein oder einer Orga-
                                  nisation Mitglied sind (N=834), über Befragte, die entweder eine (N= 855), zwei
                                  (N=760) oder drei (N=582) Mitgliedschaften aufweisen, bis hin zu Bürgerinnen und
                                  Bürgern, die sich im angegebenen Zeitraum in vier und mehr Vereinen oder Organi-
                                  sationen engagieren (N=832). Die Variable Ehrenamtliche Tätigkeit greift auf die
                                  Angabe hinsichtlich einer derzeitigen ehrenamtlichen Tätigkeit zurück. Dabei spielt
                                  keine Rolle ob eine solche Tätigkeit unentgeltlich oder gegen geringe Aufwandsent-
                                  schädigung erfolgt. Entscheidend ist, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit ausgeführt wird
                                  (N=959) oder nicht (N=2854). Schließlich wird die persönliche Meinung zu Projek-
                                  ten und Einrichtungen abgebildet. Dabei ist nicht ausschlaggebend, ob die Mei-
                                  nung der Befragten positiv oder negativ ausfällt. Für die Bildung des auf 21 Projekten
                                  und Einrichtungen basierenden additiven Indexes wird lediglich berücksichtigt ob die
                                  befragten Personen überhaupt eine Meinung haben.7 Diese Informationen werden
                                  in drei Gruppen überführt. Personen, die eine Meinung zu maximal sieben Projekten
                                  und Einrichtungen haben bilden die erste Gruppe (N= 241), Personen mit einer Mei-
                                  nung zu mehr als sieben aber maximal 14 die zweite (N= 979) und Person mit einer
                                  Meinung zu 15 und mehr Projekten und Einrichtungen die dritte Gruppe (N=2643).
Hauptbeitrag                                                                         Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 4/2020

                                           Stuttgarter Bürgerumfrage, abhängige Variable und methodisches Vorgehen

     Rücklaufquote                         Im Zuge der alle zwei Jahre stattfindenden Bürgerumfrage der Landeshauptstadt
                                           Stuttgart wird auf Grundlage der Einwohnermeldedatei eine Zufallsstichprobe aus
                                           den mindestens 18 Jahre alten Bürgerinnen und Bürgern mit Hauptwohnsitz in
                                           Stuttgart gezogen. Die zufällig Ausgewählten werden mit der Bitte um Teilnahme
                                           an der Bürgerumfrage kontaktiert. Diese kann schriftlich oder online erfolgen. Im
                                           Frühjahr 2019 wurden 9415 Stuttgarterinnen und Stuttgarter postalisch kontaktiert
                                           – 3863 Personen haben sich an der freiwilligen Umfrage beteiligt. Die Rücklaufquote
                                           lag bei 41 Prozent. Dies entspricht in etwa dem Rücklauf, der auch bei den vergan-
                                           genen Befragungen erzielt werden konnte.

     Zusammensetzung der Stichprobe        Die Zusammensetzung der Stichprobe lässt sich mit der amtlichen Einwohnermel-
                                           destatistik (Gesamtbevölkerung in Stuttgart) hinsichtlich Alter, Geschlecht und
                                           Staatsangehörigkeit vergleichen. Hier zeigt sich, dass die gezogene Stichprobe die
                                           Stuttgarter Gesamtbevölkerung mit zwei Einschränkungen zufriedenstellend abbil-
                                           det. Eine der Einschränkungen betrifft die Abbildung jüngerer Personen (18 bis 29
                                           Jahre). Mit einem Anteil von 15 Prozent in der Stichprobe und einem Anteil von 21
                                           Prozent in der Gesamtbevölkerung sind jüngere Personen in der Befragung leicht
                                           unterrepräsentiert. Zum anderen liegt der Anteil der Personen ohne deutsche Staats-
                                           angehörigkeit in der Gesamtbevölkerung mit 27 Prozent um 15 Prozentpunkte
                                           höher als in der Befragung. Beide Einschränkungen entsprechen denen anderer
                                           Bürgerumfragen im kommunalen Kontext. Gleichwohl gilt es sie im Fortgang im
                                           Auge zu behalten.

     Abhängige Variable und Vorteile der   Die zu erklärende Variable wird über ein Item im Fragebogen gemessen, bei wel-
     multiplen Regression                  chem die Befragten angeben sollen, an wie vielen Verfahren der informellen Bürger-
                                           beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart sie bereits teilgenommen haben. Es wird
92
                                           keine zeitliche Einschränkung vorgenommen und es stehen drei Antwortoptionen
                                           zur Auswahl. Befragte Personen die bislang an keinem Verfahren partizipiert haben
                                           machen mit annähernd 80 Prozent den Regelfall aus (N=2982; codiert mit 0). Die
                                           verbleibenden Befragten (1 bis 2 Verfahren; 3 und mehr Verfahren) werden auf-
                                           grund der geringen Fallzahl derjenigen, die bereits schon an drei und mehr Verfah-
                                           ren teilgenommen haben (N=115) zu einer Gruppe zusammengefasst (N=854;
                                           codiert mit 1). Die daraus resultierende dichotome Ausprägung der zu erklärenden
                                           Variable erfordert ein multiples logistisches Regressionsmodell (vgl. Tabelle 1). Im
                                           Unterschied zu einer bivariaten Analyse (Kreuztabellierung, Korrelation) besteht der
                                           Vorteil einer multiplen (logistischen) Regression darin, dass sie den Einfluss eines
                                           erklärenden Merkmals (z.B. des Lebensalters) auf eine zu erklärende Variable (z.B.
                                           Beteiligung an informellen Bürgerverfahren) unter Konstanthaltung der anderen im
                                           Modell berücksichtigten Einflussgrößen (z.B. Bildungsstand, kommunalpolitisches
                                           Interesse etc.) schätzt.

     Analytisches Vorgehen                 Die nachfolgende Analyse wählt einen schrittweisen Zugang. Zunächst werden se-
                                           parate Modelle für die soziodemografischen Merkmale (Modell A), für die kommu-
                                           nale Identifikation (Modell B), für die Wahrnehmung der Verwaltung und die
                                           Bedeutung des Politischen (Modell C) und für das Engagement in der Stadtgesell-
                                           schaft (Modell D) berechnet. Die in den Modellen A bis D separat überprüften Fak-
                                           toren werden dann in ein gemeinsames Gesamtmodell überführt. Da sich logistische
                                           Regressionskoeffizienten einer zugänglichen Interpretation verschließen, werden für
                                           all jene Faktoren, die ihre statistische Signifikanz im Gesamtmodell unter Beweis
                                           stellen, vorhergesagte Wahrscheinlichkeiten mit 95%-Konfidenzintervallen ausge-
                                           geben. Diese lassen sich hinsichtlich der Effektstärke wesentlich besser interpretieren
                                           (vgl. Abbildung 1).
Sie können auch lesen