Steuer Update 2018 - VISCHER

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Steuer Update 2018
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Inhalt

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I    Einleitung                                                       2

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II	Unternehmenssteuerrecht/Verrechnungssteuer/
    Stempelabgaben                                                    3

A    Steuervorlage 17 und Base Erosion and Profit Shifting            3

B    Neuerungen in der Gesetzgebung und in der Verwaltungspraxis      6

C    Entscheide                                                       8

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III Natürliche Personen                                              10

A    Kreisschreiben Nr. 42 zu Aus- und Weiterbildungskosten          10

B	Geplante Änderungen der Quellenbesteuerung von Erwerbseinkommen   10

C	Vereinfachtes Abrechnungsverfahren                                11

D    Wichtiges in Kürze                                              12

E	Entscheide                                                        12

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IV   Steuern im Zusammenhang mit Liegenschaften                      16

A    Ausblick auf die totalrevidierte Liegenschaftskostenverordnung16

B	Entscheide                                                        16

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Steuer Update 2018    Inhalt
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V    Mehrwertsteuer                                      20

A    Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG)20

B	Aktuelle Entscheide23

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VI   Internationale Steuern                              25

A    Neue und revidierte Staatsverträge                  25

B    Amtshilfe und automatischer Informationsaustausch   26

C    Quellensteuerabkommen                               27

D    Entwicklungen in der EU                             29

E    Entwicklungen in den USA                            31

F    Entscheide                                          34

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Kontaktpersonen                                          37

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Steuer Update 2018    Inhalt
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I      Einleitung

Die Kanzlei VISCHER verfügt über ein kompetentes
Steuerteam mit zehn Mitgliedern. Die Steuerexper­
ten und Steueranwälte beraten nationale sowie
internationale Unternehmen und Unternehmer in
­
allen Bereichen des Steuerrechts, sei es bei An­
siedlungen, Umstrukturierungen, Finanzierungen,
Übernahmen oder bei der Gestaltung von Nachfol­
geregelungen.

Auch die Unterstützung von vermögenden Privat­
personen ist Teil der täglichen Aufgaben.

Nebst den typischen Steuerberatungsdienstleistun­
gen nimmt das Steuerteam auch Compliance-Auf­
gaben, wie Steuerrückstellungsberechnungen oder
in komplexeren Fällen das Erstellen von Steuer­
erklärungen, wahr. Schliesslich führen die Team­
mitglieder auch Steuerprozesse, sofern im Vorfeld
keine angemessene Lösung mit den Behörden ge­
funden werden kann. Dies ist vermehrt im Bereich
der internationalen Amts- und Rechtshilfe der Fall.

Mit dem neunten Steuer Update nutzt das Steuer­
team von VISCHER wiederum die Gelegenheit, ei­
nem steuerlich interessierten Publikum verschie­
dene Neuerungen in den wesentlichen Bereichen
des Steuerrechts vorzustellen, welche sich im ver­
gangenen Jahr ergeben haben und/oder im Jahr
2018 von Bedeutung sein werden.

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Steuer Update 2018    Einleitung                      2
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II	Unternehmenssteuerrecht/Verrechnungssteuer/
    Stempelabgaben
Christoph Niederer, Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte
Martin Dubach, Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte

A                                                      –	Senkung der kantonalen Gewinnsteuersätze
                                                             sowie ggf. der Kapitalsteuer;
Steuervorlage 17                                       –	Einführung eines einheitlichen Systems zur
                                                             Aufdeckung von stillen Reserven auf Bun­
und Base Erosion and                                         des- und Kantonsebene.

Profit Shifting                                        Nach derzeitigem Stand nicht mehr vorgesehen ist
                                                       – im Unterschied zur USR III – die Einführung einer
                                                       zinsbereinigten   Gewinnsteuer    auf   überdurch­
1      Stand der Steuervorlage 2017                    schnittlichem Eigenkapital. Neu sollen als Kompen­
                                                       sationsmassnahmen die Dividendenbesteuerung
Am 12. Februar 2017 hat das Schweizer Stimmvolk        auf Ebene der Anteilsinhaber auf mindestens 70 %
bekanntlich die erste Vorlage für eine Unterneh­       erhöht, die minimale Qualifikationsquote von 5 %
menssteuerreform (Unternehmenssteuerreform III,        bei der Umqualifikation von steuerfreiem Kapital­
USR III) abgelehnt, so dass nun mit der Steuervor­     gewinn in steuerbaren Vermögensertrag infolge
lage 17 (SV 17) ein zweiter Anlauf genommen wird.      Transponierung aufgehoben und die Mindestan­
Ziele auch der neuen Vorlage bleiben die Stärkung      sätze für Familienzulagen erhöht werden (indem
der Attraktivität des Steuerstandortes Schweiz, die    ein Beitrag vonseiten der Unternehmen geleistet
Wiederherstellung der internationalen Akzeptanz        werden soll, der den natürlichen Personen zugute­
der   schweizerischen   Unternehmensbesteuerung        kommt). Im Übrigen sollen die Patentbox und die
und die Sicherung der Steuereinnahmen des Bun­         erhöhten Abzüge für Forschungs- und Entwick­
des sowie der Kantone und ihrer Städte und Ge­         lungsaufwendungen (F&E-Aufwendungen) bereits
meinden. Falls die zweite Vorlage alle Hürden          auf Gesetzes- anstatt nur auf Verordnungsstufe
(wozu gegebenenfalls auch wieder eine Volksab­         geregelt werden, um die Rechtssicherheit zu erhö­
stimmung gehört) nimmt, ist mit der Inkraftset­        hen und damit das Vertrauen in die neue Vorlage zu
zung der ersten Massnahmen Anfang 2019 und des         stärken. Alternativ wird auch darüber diskutiert,
Hauptteils der SV17 auf den 1. Januar 2020 zu          die Rückzahlung aus Kapitaleinlagen einzuschrän­
rechnen. Die aktuelle Gesetzesvorlage sieht ge­        ken. Wie die Vorlage aber am Ende im Detail ausge­
mäss Eckwerten des Bundesrates im Wesentlichen         staltet sein wird, ist aktuell noch nicht abschlies­
folgende Massnahmen vor, welche sich inhaltlich        send bekannt. Insbesondere erwarten wir, dass
eng an die USR III anlehnen:                           das Instrument der zinsbereinigten Gewinnsteuer
–	Abschaffung der kantonalen Steuerprivile­           doch noch in die Vorlage eingefügt wird.
       gien (Holding-, Domizil- und gemischte Ge­
       sellschaften), inkl. der Praxis zu Prinzipal­   Im Folgenden wird auf die wichtigsten Massnah­
       gesellschaften und Finance Branch;              men kurz eingegangen:
–	Einführung einer auf dem aktuellen interna­
       tionalen Standard (modifizierter Nexusan­         Aufhebung der kantonalen Steuerprivi-
                                                       –	
       satz) basierenden Patentbox auf kantonaler            legien – Behandlung der unter dem Son-
       Ebene;                                                derstatus entstandenen stillen Reser-
–	Ermächtigung der Kantone, erhöhte Steuer­                 ven: Die steuerliche Vorzugsbehandlung von
       abzüge für Forschungs- und Entwicklungs­              Holding-, Domizil- und gemischten Gesell­
       kosten vorzusehen;                                    schaften wird abgeschafft. Ebenso sollen die
                                                             Praxisregelungen zur speziellen Steueraus­

Steuer Update 2018    Unternehmenssteuerrecht/Verrechnungssteuer/Stempelabgaben                          3
scheidung bei Prinzipalgesellschaften und              nung gebracht werden können. Der Vorteil
      zur Swiss Finance Branch aufgehoben wer­               der altrechtlichen Step up-Lösung liegt v. a.
      den. Damit stellt sich die Frage, wie die stil­        darin, dass die Abschreibung der aufgewer­
      len Reserven, die während des Sonderstatus             teten Assets die ordentliche Gewinnsteuer
      angefallen sind, im Rahmen des Statuswech­             auf     kantonaler   und   kommunaler     Ebene
      sels steuerlich behandelt werden sollen. Un­           grundsätzlich über 10 Jahre reduziert, womit
      ter dem geltenden Recht ist es je nach kan­            unter Umständen eine grössere Steuerer­
      tonaler Praxis möglich, die stillen Reserven,          sparnis erreicht werden kann, als mit der
      einschliesslich selber geschaffenem Good­              Sondersatzlösung. Weiter müssen die stillen
      will, vor dem Statuswechsel in der Steuer­             Reserven nicht wie bei der Sondersatzlösung
      bilanz gewinnsteuerfrei aufzudecken und                innert 5 Jahren realisiert werden, um privile­
      nach dem Statuswechsel über einen be­                  giert behandelt zu werden. Gesellschaften,
      stimmten Zeitraum – i. d. R. 10 Jahre – abzu­          welche aktuell von kantonalen Steuerstati
      schreiben (altrechtlicher Step up). In gewis­          profitieren, ist zu empfehlen, rechtzeitig,
      sen Kantonen werden teilweise auch andere              das heisst vor Inkrafttreten der SV 17, abzu­
      Lösungen, bspw. die gewinnsteuerwirksame               klären, welche Methode für sie vorteilhafter
      Aufdeckung unter Beibehaltung der Verlust­             ist. Sobald die SV 17 in Kraft tritt, wird nur
      vorträge, zugelassen. Alternativ steht der             noch die Sondersatzlösung möglich sein.
      betreffenden Gesellschaft die im Rahmen
      der SV 17 vorgesehene «Sondersatzlösung»            Kantonale Gewinnsteuersatzsenkungen:
                                                        –	
      offen. Gemäss dieser unterliegen die stillen        Um die durch die Aufhebung der kantonalen
      Reserven (inkl. Goodwill), die unter dem               Steuerprivilegien resultierende Mehrbelas­
      Sonderstatus als privilegierte Gesellschaft            tung auszugleichen, sollen Unternehmen vor
      steuerfrei bzw. reduziert besteuert worden             allem mit tieferen kantonalen Gewinnsteu­
      wären, im Zeitpunkt ihrer Realisation innert           ern entlastet und somit auch zum Verbleib in
      5 Jahren einer gesonderten Besteuerung.                der Schweiz bzw. im betreffenden Kanton
      Die Kantone können die Höhe des Sonder­                bewegt werden. Zahlreiche Kantone haben
      satzes selber festlegen, die Tendenz dürfte            die künftige Höhe der effektiven Gewinn­
      bei einem Satz von ca. 2 % liegen. Diejeni­            steuersätze bereits anlässlich der Debatte
      gen stillen Reserven, welche nicht innerhalb           um die USR III definiert, teilweise sind diese
      der Frist realisiert werden, unterliegen bei           erst angekündigt, teilweise bereits beschlos­
      ihrer Realisation dem ordentlichen Gewinn­             sen. Es ist zu erwarten, dass im Schnitt eine
      steuersatz. Welche Methode – Aufdeckung                Senkung des aktuellen Steuersatzes um
      der stillen Reserven nach altem Recht oder             rund einen Viertel erfolgen wird. Einige Kan­
      Offenlegung    und   Inanspruch­
                                     nahme       des         tone, so etwa Basel-Stadt und Schaffhau­
      Sondersatzes im Rahmen der Realisation in­             sen, haben aber auch viel weitergehende
      nert Frist – für die Gesellschaft vorteilhafter        Senkungen angekündigt.
      wird, ist im Einzelfall zu prüfen. Der Vorteil
      der Sondersatzlösung liegt darin, dass keine        Einführung Patentbox: Mittels der soge­
                                                        –	
      Steuerbilanz erstellt werden muss, sondern             nannten     Patentbox      sollen   Erträge   aus
      die Höhe der beim Statuswechsel bestehen­              Immate­rialgüter- und vergleichbaren Rech­
      den stillen Reserven durch die Veranla­                ten auf kantonaler und kommunaler Ebene
      gungsbehörde mittels Verfügung festgesetzt             von den übrigen Erträgen eines Unterneh­
      wird. Damit sind die aufgedeckten stillen              mens getrennt und reduziert besteuert wer­
      Reserven nicht Bestandteil des steuerbaren             den. Nicht mehr unter die «vergleichbaren
      Eigenkapitals. Weiter ist eine Gesellschaft,           Rechte» ­s ollen – im Gegensatz zur USR III –
      die ihre Jahresrechnung nach IFRS oder US              nicht    patentgeschützte     Erfindungen     von
      GAAP erstellen muss, nicht verpflichtet, ein           kleinen und mittleren Unternehmen und ur­
      latentes Steuerguthaben zu buchen. Die                 heberrechtlich geschützte Software fallen.
      ­G ewährung der Sondersatz­lösung soll – da            Weiter wird nur derjenige Erfolg aus Paten­
      im StHG normiert – für die Kantone bindend             ten und vergleichbaren Rechten privilegiert
      sein, während die altrechtliche Step up-­              besteuert, der auf F&E-Aufwendungen der
      Lösung auf der jeweiligen kantonalen Praxis            steuerpflichtigen Person im Inland beruht.
      beruht   und   gemäss     bundesgerichtlicher          Damit wird der modifizierte Nexus-Ansatz
      Rechtsprechung nicht gewährt wird, wenn                berücksichtigt, welcher besagt, dass Erträge
      unter dem Privileg entstandene Verlustvor­             aus qualifizierenden Rechten nur im Verhält­
      träge nach dem Statuswechsel zur Verrech­              nis der dem Inland zurechenbaren F&E-Auf­

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Steuer Update 2018    Unternehmenssteuerrecht/Verrechnungssteuer/Stempelabgaben                              4
wendungen zum gesamten Aufwand in die­                      Abzug    für   F&E-Aufwendungen      70 %   des
      sem Bereich privi­
                       legiert besteuert werden                   steuerbaren Gewinns vor Verlustverrech­
      dürfen. Mit anderen Worten wird in einem                    nung, unter Ausklammerung des Nettobetei­
      ersten Schritt ein Nexus-Faktor im Verhält­                 ligungsertrages und vor Abzug der Ermässi­
      nis Inland- zum g
                      ­ esamten F&E-Aufwand be­                   gungen nicht übersteigen darf.
      rechnet, mit welchem die in einem zweiten
      Schritt ermit­
                   telten Einkünfte, die von der            Alles in allem ermöglicht der Gesetzesentwurf
      reduzierten B
                  ­esteuerung im Rahmen der                 zur SV 17 die Attraktivität des Steuerstandortes
      ­Patentbox profitieren dürfen, «korrigiert»           Schweiz trotz Abschaffung der privilegierten Steu­
      werden. Nur der daraus resultierende sog.             erstati beizubehalten. Dies vor allem durch die
      Boxengewinn unterliegt einer reduzierten              Senkung der ordentlichen Gewinnsteuern auf kan­
      Besteuerung. Um die Finanzierung und Kon­             tonaler Ebene und die Patentbox. Mit den vorgese­
      trolle von F&E-Aufwendungen im Ausland                henen Massnahmen erhält die Schweiz ein zu­
      abzugelten, ist zudem ein Zuschlag («uplift»)         kunftsfähiges, international kompetitives Unter­
      der F&E-Aufwendungen im Inland vorgese­               nehmenssteuerrecht. Es bleibt zu hoffen, dass die
      hen, sofern im Ausland tatsächlich entspre­           tiefen Gewinnsteuersätze aufgrund der in letzter
      chende Investi­
                    t ionen in diesem Umfang                Zeit vermehrt in anderen Ländern unilateral einge­
      ­getätigt wurden. Im Ergebnis wird dadurch            führten Missbrauchsbestimmungen (z. B. Lizenz­
      eine privilegierte Besteuerung von Einkünf­           schranke in Deutschland) nicht ins Leere fallen.
      ten angestrebt, welche tatsächlich auf For­
      schungs- und Entwicklungsanstrengungen in
      der Schweiz zurückzuführen sind. Die Höhe             2     Informationsaustausch auf
      der steuer­lichen Entlastung des Boxenerfol­                ­Unternehmensebene, insbesondere
      ges wird den Kantonen überlassen, darf aber                 länderbezogene Berichte (CbCR)
      gemäss Eckwerten des Bundesrates nicht
      mehr als 90 % betragen. Es bleibt abzuwar­            Mit Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über den
      ten, wie attraktiv dieses Modell auch unter           internationalen automatischen Austausch länder­
      Berücksichtigung des erheblichen adminis­             bezogener     Berichte   multinationaler   Konzerne
      trativen Aufwands von den betroffenen Un­             (ALBAG) und deren Verordnung (ALBAV) am 1. De­
      ternehmen beurteilt wird, zumal inzwischen            zember 2017 ist nun einer der globalen Mindest­
      diverse Länder über vergleichbare Lösungen            standards des OECD BEPS-Projekts (Base Erosion
      verfügen.                                             and Profit Shifting), nämlich derjenige des Informa­
                                                            tionsaustausches (Aktionspunkt 13) zwischen den
–     A bzug von F&E-Aufwendungen: Die Eck­                zuständigen Behörden, innerstaatlich umgesetzt.
      werte des Bundesrates sehen weiter vor,               Nach Massgabe von Art. 6 ALBAG in Verbindung mit
      dass die Kantone F&E-Aufwendungen (vor                Art. 3 ALBAV sind multinationale Konzerne, deren
      allem Personalaufwand) über den tatsäch­              Konzernobergesellschaft in der Schweiz ansässig
      lichen Aufwand hinaus bis max. 150 % zum              ist und deren konsolidierter Jahresumsatz in der
      Abzug zulassen können, soweit diese der               Steuerperiode unmittelbar vor der Berichtssteuer­
      steuerpflichtigen Person unmittelbar selbst           periode einen Schwellenwert von CHF 900 Mio.
      oder    mittelbar    durch   Dritte    (Auftrags­     überschreitet, dazu verpflichtet, ab dem Steuer­
      forschung) entstanden sind. Welche Aufwen­            jahr 2018 einen CbCR zu erstellen und termin­
      dungen im Einzelnen abzugsfähig sein sol­             gerecht einzureichen. Die Schweiz und ihre Part­
      len, ist noch nicht definiert, verlangt wird          nerstaaten werden somit planmässig ab 2020 die
      aber, dass diese im Inland entstanden sind.           länderbezogenen Berichte austauschen. Von der
      In jedem Fall sind die nach dieser Massnah­           Einführung einer Master- resp Local-File-Doku­
      me abzugsfähigen F&E-Aufwendungen nicht               mentation, wie dies teilweise in anderen Staaten
      auf die Kosten für Forschung und Entwick­             bereits heute Standard ist, wird im schweizeri­
      lung eines Immaterialgutes beschränkt, wie            schen Recht bisher abgesehen. Für mehr Details
      es für die Patentbox der Fall ist. Damit steht        verweisen wir auf VI.D.1.
      diese Massnahme deutlich mehr Unterneh­
      men zur Verfügung als die Patentbox.

–     E ntlastungsbegrenzung:        Die     Eckwerte
      des    Bundesrates    beinhalten      schliesslich,
      dass die gesamte steuerliche Ermässigung
      aus dem Step up, der Patentbox und dem

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B                                                                    der Fall war. Die damit verbundene Liberalisierung
                                                                     des Verbots des Mittelrückflusses in die Schweiz
Neuerungen in der                                                    durch Einführung dieser Freigrenze bringt somit im
                                                                     Bereich der Aussenfinanzierung eine Flexibilisie­
­Gesetzgebung und in                                                 rung im Verrechnungssteuerrecht mit sich.

 der Verwaltungspraxis
                                                                     2     Erleichterung bei der Rückerstattung
1         Flexibilisierung bei der                                         der Verrechnungssteuer
          ­Konzernfinanzierung
                                                                     Gemäss Art. 23 VStG verwirkt der Anspruch auf
Gegenstand der Verrechnungssteuer sind bekannt­                      Rückerstattung der mit der Verrechnungssteuer
lich sämtliche Erträge der von einem Inländer aus­                   belasteten Einkünfte, wenn diese entgegen der
gegebenen Obligationen, soweit sie vom Schuldner                     gesetzlichen Vorschrift der Steuerbehörde nicht
                                                                     ­
geleistet werden, gleichgültig ob in Form von pe­                    rechtzeitig angegeben werden. Das entsprechende
riodischen Zinszahlungen oder als Einmalentschä­                     Kreisschreiben Nr. 40 vom 11. März 2014 präzisiert
digungen (Art. 4 Abs. 1 Bst. a des Bundesgesetzes                    gestützt auf zwei Bundesgerichtsurteile 1 die Vor­
über die Verrechnungssteuer [VStG]). Die Steuer­                     aussetzungen, die zur Verwirkung des Anspruches
forderung entsteht im Zeitpunkt, in dem die steu­                    von natürlichen Personen auf Rückerstattung der
erbare Leistung fällig wird (Art. 12 Abs. 1 VStG).                   Verrechnungssteuer führen sollen. Es unterschei­
                                                                     det dabei zwischen ordnungsgemässer und nicht
Nicht unter den Obligationenbegriff fallen Gutha­                    ordnungsgemässer Deklaration, wobei nur die ord­
ben zwischen Konzerngesellschaften, unabhängig                       nungsgemässe Deklaration zu keiner Verwirkung
von ihrer Laufzeit, ihrer Währung und ihrem Zins­                    des Anspruches führt. Wurden die mit der Verrech­
satz (sog. Konzernprivileg). Von der Verrechnungs­                   nungssteuer belasteten Einkünfte nicht in der
steuer erfasst sind hingegen nach Praxis der Eidge­                  Steuererklärung deklariert, aber spontan von der
nössischen        Steuerverwaltung       (ESTV)     Anleihen         steuerpflichtigen Person nach Einreichung der
ausländischer Konzerngesellschaften mit Garantie                     Steuererklärung, spätestens jedoch bis zum Ein­
einer verbundenen schweizerischen Konzernober­                       tritt der Rechtskraft der ordentlichen Veranlagung,
gesellschaft, wenn der Anleihensbetrag direkt oder                   der Einschätzungsbehörde mitgeteilt, verwirkt der
indirekt an eine schweizerische Konzerngesell­                       Anspruch nicht und die Deklaration gilt als ord­
schaft zurückfliesst. In der Verwaltungspraxis wird                  nungsgemäss – ausser, wenn vorsätzlich oder in
darunter eine Weiterleitung von Geldmitteln mit­                     Hinterziehungsabsicht gehandelt wurde oder der
tels Darlehen oder anderweitiger Forderung an die                    Umstand bzw. die nicht deklarierten Erträge durch
inländische Garantin oder eine verbundene, inlän­                    die Steuerbehörden entdeckt worden sind.
dische Gesellschaft verstanden. Als Folge davon ist
die Auslandanleihe als inländische Anleihe umzu­                     Trotz der strengen buchstabengetreuen Praxis ver­
qualifizieren, womit deren Erträge ebenfalls der                     schiedener kantonaler Steuerbehörden setzte das
Verrechnungssteuer unterliegen.                                      Bundesgericht (BGer) dieser überbordenden Praxis
                                                                     in einem kürzlich ergangenen Leitentscheid 2 Gren­
Am 1. April 2017 ist nun der neue Art. 14a der Ver­                  zen. In besagtem Entscheid war die vereinnahmte
ordnung über die Verrechnungssteuer (VStV) in                        Dividende zwar ebenfalls nicht im Wertschriften­
Kraft getreten, welcher den Anwendungsbereich                        verzeichnis angegeben, jedoch aus anderen Unter­
des Konzernprivilegs erweitert. Neu ist ein Mittel­                  lagen (in casu Kontokorrentposition) ersichtlich.
rückfluss ins Inland steuerlich zulässig, wenn und                   Das BGer urteilte, dass die Steuerbehörde die
solange die von der ausländischen Konzerngesell­                     Rückerstattung der Verrechnungssteuer nicht ver­
schaft (Emittentin) an die inländische Konzern­                      weigern dürfe, wenn die streitige Dividende offen­
gesellschaft weitergeleiteten Mittel per Bilanz­                     sichtlich und unmittelbar ersichtlich ist, weshalb
stichtag den Umfang des Eigenkapitals der aus­                       der Rückerstattungsanspruch in besagtem Fall
ländischen Konzerngesellschaft nicht übersteigen.                    trotz der nicht erfolgten expliziten Deklaration be­
Mit anderen Worten ist der Mittelrückfluss in die                    jaht wurde. Die Steuerbehörden sind demnach
Schweiz nicht mehr per se schädlich, wie das vor                     verpflichtet, alle eingereichten Unterlagen genau
dem 1. April 2017 bei durch eine Schweizer Gesell­                   zu prüfen. Sie dürfen sich nicht alleine auf die in der
schaft garantierten Auslandemissionen von Bonds                      Steuererklärung gemachten Angaben abstützen.

1   BGE 2C_95/2011 und 2C_80/2012, 10. Oktober 2011 und 16. Januar 2013.
2   BGE 2C_637/2016, 17. März 2017.

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Dies gilt gemäss Auffassung der Lehre selbst im                        3      Gewinnbesteuerung von juristischen
Massenveranlagungsverfahren, wo sich die Steuer­                              Personen mit ideellem Zweck
verwaltung grundsätzlich auf die deklarierten Ver­
mögenswerte verlassen darf und muss. Sinn und                          Seit dem 1. Januar 2018 ist das Bundesgesetz über
Zweck von Art. 23 VStG ist nämlich die Sanktionie­                     die Gewinnbesteuerung von juristischen Personen
rung einer Verletzung der Mitwirkungspflichten                         mit ideellen Zwecken für die direkte Bundessteuer
gemäss Art. 124 Abs. 2 und Art. 125 Abs. 1 des                         inklusive Anpassung im DBG (Art. 66a) in Kraft. Die
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer                           entsprechenden Bestimmungen des Bundesgeset­
(DBG). Der Steuerpflich­t ige soll die Steuerfaktoren                  zes über die Harmonisierng der direkten Steuern
selbständig deklarieren. Der Sinn der Bestimmung                       der Kantone und Gemeinden (StHG) (Art. 26a) tra­
liegt aber nicht in der «Bestrafung» derjenigen                        ten hingegen bereits auf Anfang 2016 in Kraft,
Steuerpflichtigen,        die    ihrer   Deklarationspflicht           wobei den Kantonen eine zweijährige Anpassungs­
nicht oder nur unvollständig nachgekommen sind.                        frist eingeräumt wurde. Bis anhin durften sich
Vielmehr dient Art. 23 VStG gemäss der bundesrät­                      juristische Personen nur dann auf eine Steuer­
                                                                       ­
lichen Botschaft zum VStG nur der Bestrafung für                       befreiung berufen, wenn sie öffentliche oder ge­
«verheimlichtes Einkommen». Dies ergibt sich aus                       meinnützige Zwecke verfolgten. Für ideelle Zwecke
dem Hauptzweck der Verrechnungssteuer selber,                          konnten juristische Personen dagegen keine gene­
nämlich die Steuerhinterziehung von in der Schweiz                     relle Steuerbefreiung beanspruchen, wobei gewis­
domizilierten Steuerpflichtigen einzudämmen. Die                       se Kantone Spezialbestimmungen zur Besteuerung
vom Kreisschreiben definierten Regeln der ord­                         von Vereinen mit ideellen Zwecken kannten.
nungsgemässen Deklaration und dem vermeint­
lichen      Rechtsverlust       bei   deren   Nichteinhalten           Die Gesetzesänderung privilegiert sämtliche juris­
schiessen weit über das Ziel hinaus. Die unvollstän­                   tischen Personen, welche ausschliesslich und unwi­
dige Deklaration der Beträge darf nicht mit einer                      derruflich ideelle Zwecke wahrnehmen. Als ideeller
Hinterziehungsabsicht gleichgestellt werden. Das                       Zweck im Sinne dieser Bestimmungen gilt gemäss
BGer überdehnte bisher den Sinngehalt von Art. 23                      Botschaft jeder nicht wirtschaftliche Zweck. Juris­
VStG aufgrund seiner Interpretation im Lichte vom                      tische Personen, welche auf die Erzielung eines
KS 40, indem es im offensichtlichen Widerspruch                        geldwerten Vorteils für sich selbst oder für die ihrer
zum Zweck urteilte, dass «kein Defraudationswil­                       Interessensphäre angehörigen Personen bedacht
le» 3 für die Verwirkung erforderlich sei.                             sind, fallen nicht darunter. Wirtschaftliche Tätig­
                                                                       keiten von bloss untergeordneter Bedeutung (z. B.
Nicht zuletzt unterstrich die eingereichte Motion                      Kioskbetrieb     eines    Fussballclubs)        sollen   nicht
«Keine Verwirkung der Verrechnungssteuer» von                          schädlich sein. Der steuerbare Gewinn dieser juris­
Nationalrätin Daniela Schneeberger vom 29. Sep­                        tischen Personen soll nicht besteuert werden, so­
tember 2016 den Willen des Gesetzgebers, die                           fern er den Betrag von CHF 20 000 (auf Bundes­
fehlgeleitete Interpretation von Art. 23 VStG zu                       ebene) bzw. eine festzulegende Freigrenze (auf
korrigieren. Demnach sollte der «Anspruch auf                          Kantonsebene) nicht übersteigt. Mit der neuen Re­
Rückerstattung der Verrechnungssteuer trotz feh­                       gelung ist mit anderen Worten nur bei Gewinnen
lender Deklaration in der Steuererklärung nicht                        unterhalb der Freigrenze relevant bzw. abzuklären,
mehr verwirken, wenn nachdeklariert wird oder                          ob die betreffende juristische Person ideelle Zwe­
die Steuerbehörde die Leistung aufrechnet» 4.                          cke verfolgt. Wird diese Freigrenze überschritten,
Zwar lehnte der Bundesrat die Motion ab, weil der                      so ist der gesamte steuerbare Gewinn unabhängig
Motionstext nicht explizit festhielt, dass nur für                     von der Zweckverfolgung der steuerpflichtigen,
noch nicht rechtskräftige Veranlagungen die Ver­                       juristischen Person steuerbar – sofern nicht ein
wirkung nicht eintreten soll, gab aber gleichzeitig                    Grund für eine Steuerbefreiung vorliegt. Nicht zu­
an seiner Sitzung vom 28. Juni 2017 eine Vorlage                       letzt sind freiwillige Leistungen von Geld oder an­
in der Vernehmlassung zur Änderung des Ver­                            deren Vermögensvorteilen an diese juristischen
rechnungssteuergesetzes die eine grössere Kulanz                       Personen mit ideellem Zweck nicht als geschäfts­
bei der Rückerstattung der Verrechnungssteuer                          mässig begründeter Aufwand und auch nicht als
vorsieht. Die Vernehmlassungsfrist dauerte bis                         steuerlich abzugsfähige gemeinnützige Zuwendun­
19. Oktober 2017.                                                      gen zu qualifizieren, wie dies sonst für solche Leis­
                                                                       tungen (bis zu 20 Prozent des Reingewinns) an
                                                                       steuerbefreite juristische Personen gilt.

3   BGE 2C_500/2016, 27. Oktober 2016.
4   Übersicht, erläuternder Bericht zum Vernehmlassungsverfahren zum Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer; VStG.

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C                                                       aus Sicht irgendeiner Konzerngesellschaft eine be­
                                                        triebliche Natur aufweisen.
Entscheide
                                                        Das Steuerrekursgericht lehnte sich bei seinem
1         Steuerneutrale Übertragung von                Entscheid ziemlich eng an den Gesetzestext bzw.
          ­A nlagevermögen im Konzern                   an das Kreisschreiben, ohne dass die Lehrmeinun­
                                                        gen in das Urteil Eingang fanden. Es erwog, dass
Im Juni 2017 erging am Steuerrekursgericht des          die gewählte Formulierung darauf schliessen lasse,
Kantons Zürich 5 folgender Entscheid: Die A AG          dass der Gesetzgeber von der Vorstellung einer
­verfügte über einen Betrieb, welcher auch Liegen­      unmittelbaren Einbindung der übertragenen Ver­
schaften mit vier Stockwerkeinheiten umfasste. Im       mögenswerte in einen Betrieb der übernehmenden
Jahr 2011 übertrug die Steuerpflichtige ihren ge­       Gesellschaft ausgehe, indem entweder der über­
samten Immobilienkomplex zu Buchwerten auf ihre         nommene Vermögenskomplex für sich allein be­
Schwestergesellschaft B AG. Der Steuerkommissär         reits einen solchen darstelle, oder das übernom­
führte mit Bezug auf die Steuerperiode 2011 eine        mene Vermögen in der übernehmenden Gesell­
Untersuchung zu dieser Transaktion durch, in de­        schaft wiederum Teil eines solchen werde. Bei ei­
ren Verlauf er die Voraussetzungen für eine steuer­     nem vereinbarten Mietertrag von rund CHF 300 000
neutrale Vermögensübertragung im Konzern als            pro Jahr erfülle im vorliegenden Fall der übertra­
nicht erfüllt betrachtete und die Differenz zwischen    gene Liegenschaftenbestand die quantitativen Vor­
dem Buchwert der Liegenschaften und dem von             aussetzungen eines Immobilienbetriebs bzw. Teil­
ihm ermittelten Verkehrswert beim steuerbaren           betriebs (zwanzigfache des marktüblichen Per­
Gewinn aufrechnete.                                     sonalaufwands einer Vollzeitstelle gemäss dem
                                                        einschlägigen Kreisschreiben) nicht. Entsprechend
Art. 61 Abs. 3 DBG bzw. das gleichlautende kanto­       führe auch die B AG nach der Übernahme keinen
nale Steuergesetz lassen die konzerninterne Über­       Betrieb. Somit würden die übertragenen Grund­
tragung von Gegenständen des betrieblichen Anla­        stücke bei ihr auch kein betriebliches Anlagever­
gevermögens zu Buchwerten unter Einhaltung ei­          mögen darstellen, womit eine steuerneutrale Über­
ner fünfjährigen Sperrfrist steuerneutral zu. Als       tragung zum Buchwert innerhalb des Konzerns
Gegenstände des betrieblichen Anlagevermögens           ausgeschlossen sei.
gelten gemäss Kreisschreiben Nr. 5 vom 1. Juni
2004 solche, die dem Betrieb unmittelbar oder           Der Entscheid ist rechtskräftig und verdeutlicht
­mittelbar dienen; Umlaufvermögen und finanzielles      (einmal mehr), dass – trotz einhelliger abweichen­
Anlagevermögen bilden hingegen nicht Gegen­             der Auffassung der Lehre – in erster Linie der Ge­
stand des betrieblichen Anlagevermögens. Streitig       setzestext und meist auch die Kreisschreiben für
ist, ob Kapitalanlageliegenschaften, die allein durch   die Praxis der Steuerbehörden massgebend sind.
ihren Ertrag dem Unternehmen dienen, ebenfalls
als betrieblich gelten. Wie bereits erwähnt, erach­
tet die ESTV solche nicht als betrieblich, da sie       2     Abschreibungen, Rückstellungen und
nicht unmittelbar zur Erfüllung des Leistungs­                Wertberichtigungen
zwecks der Gesellschaft erforderlich sind. Die Leh­
re nimmt dagegen an, dass solche finanzielles           Im Oktober 2017 hatte sich das BGer 6 mit folgen­
­A nlagevermögen darstellen und zum betrieblichen       dem Fall auseinanderzusetzen: Die A AG bezweckt
Anlagevermögen zu zählen sind. Ebenfalls kontro­        u. a. den Kauf, Verkauf und die Verwaltung von
vers ist die Frage, aus wessen Sicht die Qualifika­     Liegenschaften. Für die Steuerperioden 2010 und
tion des betrieblichen Anlagevermögens vorzuneh­        2011 wurden u. a. die Abschreibungen auf den bei­
men ist. Dazu hält das entsprechende Kreisschrei­       den vermieteten Wohnliegenschaften nicht zuge­
ben fest, dass die Beurteilung aus der Sicht der        lassen und der steuerbare Reingewinn höher als
übernehmenden Gesellschaft vorzunehmen ist. Es          deklariert festgesetzt. Zur Begründung der Auf­
ist mit anderen Worten erforderlich, dass die über­     rechnungen führte die Steuerkommission aus, der
nehmende inländische Gesellschaft nach der Über­        Buchwert beider Liegenschaften liege unter dem
tragung einen Betrieb weiterführt. In der Lehre         Steuerwert für beide Liegenschaften, weshalb pra­
wird dem einhellig widersprochen und eine kon­          xisgemäss keine Abschreibungen mehr möglich
zernmässige Betrachtung vertreten, wonach es            seien. Dagegen erhob die Steuerpflichtige ein
genügt, dass die übertragenen Vermögenswerte            Rechtsmittel und begründete ihre Meinung damit,

5   StRG ZH DB.2015.174, ST.2015.211, 27. Juni 2017.
6   BGE 2C_814/2016, 2C_815/2016, 26. Oktober 2017.

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dass sich die Abschreibungen im Rahmen der Ab­
schreibungssätze bewegen würden, wie sie in den
Merkblättern der ESTV vorgesehen seien. Nach
diesen Normalsätzen vorgenommene Abschreibun­
gen gälten als geschäftsmässig begründet, auch
wenn der sich ergebende Buchwert offensichtlich
unter den wirklichen Wert sinke.

Sowohl vor dem kantonalen Gericht als auch vor
dem BGer bekam die Steuerpflichtige Recht. Letz­
teres erwog, dass die Auffassung der Steuerkom­
mission zu weit gehe, indem diese bei Unterschrei­
ten des Steuerwerts keine Abschreibung mehr zu­
lassen wolle. Es möge zwar sein, dass der tatsäch­
liche Wert einer Wohnimmobilie sehr häufig höher
liege als der Steuerwert; doch das allein genüge
nicht, um anzunehmen, die vorgenommene Ab­
schreibung führe zusammen mit den bereits früher
und mit den noch in Zukunft vorzunehmenden or­
dentlichen Abschreibungen, zu einem konstant zu
tiefen Buchwert, welcher steuerlich nicht zuzulas­
sen sei bzw. Aufrechnungen der Abschreibungen
erlauben würden.

Der Entscheid des BGers unterstreicht klar, dass
die zeitlich weitgehend freie Vornahme ordent­
licher Abschreibungen zur Bildung stiller Reserven
führen darf, selbst wenn die jeweiligen Abschrei­
bungen in einzelnen Perioden keinen realen Wert­
verlust abbilden; gegebenenfalls kann einer Ab­
schreibung sogar eine reale Wertzunahme (bspw.
landpreisbedingt) gegenüberstehen. Diese gele­
gentliche Bildung stiller Reserven stellt nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Prinzip
keinen Grund für die Verweigerung der Anerken­
nung der Geschäftsmässigkeit einer Abschreibung
dar, d. h. eine Verweigerung der steuerlichen Aner­
kennung rechtfertigt sich nur dann, wenn erstellt
ist, dass der Abschreibungssatz konstant zu hoch
ausfällt oder die Liegenschaft langfristig keine
Wertminderung erfährt.

Der Entscheid ist zu begrüssen. Gleiche Überlegun­
gen sollten unseres Erachtens auch für die Bildung
stiller Reserven durch Rückstellungen und Wert­
berichtigungen Anwendung finden. Davon zu un­
terscheiden sind hingegen die Abschreibungen,
Rückstellungen und Wertberichtigungen auf Kapi­
talanlageliegenschaften von gewerbsmässigen Im­
mobilienhändlern, welche aufgrund der bundes­
gerichtlichen Rechtsprechung trotz Kritik in der
Lehre (u. a. Ungleichbehandlung zwischen natür­
lichen und juristischen Personen) nicht mehr zum
Abzug zugelassen sind.

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Steuer Update 2018    Unternehmenssteuerrecht/Verrechnungssteuer/Stempelabgaben   9
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III Natürliche Personen
Eric Flückiger, Advokat
Nora Heuberger, Advokatin
Indira Mahmutovic, Betriebsökonomin FHNW

A                                                                   abzugs­
                                                                          f ähig. Ebenso sind sämtliche berufsorien­
                                                                    tierte Aus- und Weiterbildungskosten nicht abzugs­
Kreisschreiben Nr. 42                                               fähig, die vor Vollendung des 20. Lebensjahres an­
                                                                    fallen, sofern (noch) kein Abschluss auf Sekundar­
zu Aus- und                                                         stufe II vorliegt.

Weiterbildungs­kosten                                               Arbeitgeber können die von ihnen getragenen Kos­
                                                                    ten der berufsorientierten Aus- und Weiterbildung
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat                      für das eigene Personal grundsätzlich ohne Be­
am 30. November 2017 das Kreisschreiben Nr. 42                      grenzung in Abzug bringen. Diese Kosten sind vom
(KS 42) betreffend die steuerliche Behandlung der                   Arbeitgeber – sofern die Rechnung auf den Arbeit­
berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten                    nehmer lautet – im Lohnausweis zu bescheinigen.
publiziert. Das KS 42 erläutert die neuen gesetz­                   Die vom Arbeitgeber bezahlten berufsorientierten
lichen Regelungen gemäss dem Bundesgesetz                           Aus- und Weiterbildungskosten stellen dabei nach
über die steuerliche Behandlung der berufsorien­                    Art. 17 Abs. 1bis des Gesetzes über die direkte Bun­
tierten Aus- und Weiterbildungskosten, welches                      dessteuer (DBG) keine steuerbaren Einkünfte dar.
am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist.

Nach der neuen gesetzlichen Regelung sind die                       B
Kosten einer berufsorientierten Aus- und Weiter­
bildung bis zu einem Gesamtbetrag von höchstens                     Geplante Änderungen
CHF 12 000 pro Steuerperiode abziehbar. Berufs­
orientierte Aus- und Weiterbildung beinhaltet da­                   der Quellenbesteuerung
bei, durch organisiertes Lernen bestehende beruf­
liche Qualifikationen zu erneuern, zu vertiefen und
                                                                    von Erwerbseinkommen
zu erweitern oder neue berufliche Qualifikationen
zu erwerben, um damit die berufliche Flexibilität zu                Um das im Freizügigkeitsabkommen vorgesehene
unterstützen. Keine berufsorientierten Aus- und                     Gleichbehandlungsgebot zwischen der Europäi­
Weiterbildungskosten sind dagegen Beratungsleis­                    schen Union und der Schweiz einzuhalten und die
tungen wie Karriereberatung und persönliches                        Vereinheitlichung der Quellensteuer voranzutrei­
Coaching sowie Anlässe in den Bereichen Unterhal­                   ben, hat sich das Parlament mit einer Revision der
tung oder Sport, selbst wenn sie ein gewisses Bil­                  Quellensteuerverordnung (QStV) befasst. Die revi­
dungselement aufweisen.                                             dierte QStV wurde im Jahr 2016 vom Parlament
                                                                    angenommen. Das revidierte DBG sowie die QStV
Vom Abzug ausgeschlossen sind auch die Kosten                       sollen voraussichtlich am 1. Januar 2020 in Kraft
für einen ersten Abschluss auf Sekundarstufe II,                    treten. Betroffen sind Quellensteuern auf dem Ein­
wozu bspw. die Matura, die Fachmatura, das eidge­                   kommen. Die finalen Ergebnisse aus der Vernehm­
nössische Fähigkeitszeugnis oder der Fachmittel­                    lassung lagen bei Redaktionsschluss noch nicht
schulausweis zählen. Die entsprechenden Kosten                      vor. Nachfolgend werden die wichtigsten Änderun­
gelten als Lebenshaltungskosten und sind nicht                      gen dargelegt.7

7    undesgesetz über die Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens sowie Entwurf der Verordnung des EFD über die
    B
    ­Q uellensteuer bei der direkten Bundesteuer.

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Steuer Update 2018    Natürliche Personen                                                                                  10
Unter dem heute geltenden Recht haben die Arbeit­      erwirtschaften, gelten für Quellensteuerzwecke als
geber die Möglichkeit, mit nur einem Kanton – typi­    Quasi-Ansässige. Diese Personengruppe von Steu­
scherweise dem Sitzkanton des Arbeitgebers – die       erpflichtigen wird neu explizit in die QStV auf­
Quellensteuer aller Arbeitnehmer abzurechnen. Je       genommen. Quasi-Ansässige können zusätzliche/
nach Wohnkanton des Arbeitnehmers rechnen die          besondere Abzüge geltend machen, wenn sie den
Steuerverwaltungen die Quellensteuer in der Folge      überwiegenden Teil – also 90 % – ihrer Einkünfte in
untereinander ab. Allfällige Differenzen werden        der Schweiz erzielen. Bei Ehegatten ist dafür das
dem Arbeitnehmer direkt von der Steuerverwal­          weltweit erzielte gemeinsame Einkommen massge­
tung seines Wohnkantons in Rechnung gestellt           bend. Der Antrag für die Berücksichtigung zusätz­
bzw. ausbezahlt. Nach Inkrafttreten des neuen          licher Abzüge ist durch den Quellenbesteuerten
Gesetzes wird der vorgenannte Abrechnungsme­           jedes Jahr erneut an die kantonale Steuerbehörde
chanismus nicht mehr möglich sein. Künftig wer­        zu stellen (Frist bis 31. März des Folgejahres). Bis­
den Arbeitgeber die Quellensteuer zwingend mit         her ist noch nicht bekannt, ob die Schweiz künftig
dem Wohnkanton des jeweiligen Arbeitnehmers            auf die 90 % Schwelle verzichten bzw. eine Anpas­
abrechnen müssen. Ein Grossteil der Arbeitgeber        sung an deren Höhe vornehmen wird. Hintergrund
setzt dies bereits heute im Rahmen des einheit­        für diese Neuregelung ist ein Urteil des Europäi­
lichen Lohnmeldeverfahrens (ELM) freiwillig um.        schen Gerichtshofs aus dem Jahre 2012 8. Gemäss
Allen anderen Arbeitgebern ist die Umstellung auf      diesem Urteil sind Quellen­b esteuerte im Erwerbs­
das ELM zu empfehlen, sofern dies aufgrund der         staat dann als Quasi-Ansässige zu behandeln,
Anzahl der Mitarbeiter als verhältnismässig er­        wenn sie im Erwerbsstaat – in welchem sie nur
scheint. Arbeitgeber, für welche dies nicht sinnvoll   beschränkt steuerpflichtig sind – ein Grossteil ihres
ist, werden mit einem etwas höherem administra­        Einkommens erwirtschaften. Die Mitgliedsstaaten
tiven Aufwand konfrontiert sein.                       der Europäischen Union legen die Einkommens­
                                                       grenze, gemäss welcher ein in einem Mitgliedsstaat
Für nicht an der Quelle besteuerte Einkünfte – wie     wohnhafter Steuerpflichtiger im Erwerbsstaat als
zum Beispiel Zinsen und Dividenden – sowie bei         Ansässiger zu behandeln ist, auf 75 % fest.
vorhandenem steuerbarem Vermögen wurde bis­
her eine ergänzende Veranlagung vorgenommen.           Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass
Entsprechend war eine Steuererklärung einzurei­        mit der Revision der Quellenbesteuerung von Er­
chen, auch wenn dies nicht allen Steuerpflichtigen     werbseinkommen eine weitere Angleichung zwi­
bekannt war. Diese ergänzende Veranlagung ent­         schen der ordentlichen und der Quellenbesteue­
fällt nach dem neuen Gesetz und wird durch die         rung vollzogen wurde. Sinnvoll erscheint auch der
nachträglich ordentliche Veranlagung ersetzt. So­      Wechsel von verschiedenen nachträglichen Veran­
bald ein Steuerpflichtiger einmal in dieses Verfah­    lagungen auf die Anwendung eines einzigen Ver­
ren aufgenommen wurde, verbleibt er zwingend           fahrens, welches zudem bis zum Ende der Quellen­
diesem Verfahrenstyp zugeordnet, solange für ihn       steuerpflicht beibehalten wird. Heute empfiehlt es
eine Quellensteuerpflicht besteht.                     sich bei internationalen und komplexen Einkom­
                                                       mensverhältnissen die bestehenden Möglichkeiten
Bis anhin konnten effektive Berufskosten, Pen­         zu prüfen und allenfalls auch gerichtlich durchzu­
sionskasseneinkäufe und Beiträge an die gebunde­       setzen. Nach Inkrafttreten der Änderungen ist vor
ne Vorsorge im Rahmen der sogenannten Tarifkor­        allem zu analysieren, was eine ordentliche Veran­
rektur zusätzlich geltend gemacht werden. Nach         lagung mittel- und längerfristig bedeuten würde,
dem neuen Gesetz soll es die Tarifkorrektur nicht      bevor eine Entscheidung für eine solche getroffen
mehr geben. An ihre Stelle tritt – auf Antrag hin –    wird, da diese Wahl im Anschluss verbindlich ist.
ebenfalls die nachträglich ordentliche Veranlagung.
Die Verwirkungsfrist der Tarifkorrektur (31. März
des Folgejahres) wird übernommen. Sobald ein           C
Steuerpflichtiger einmal die nachträglich ordent­
liche Veranlagung beantragt hat, verbleibt er wie­      Vereinfachtes
derum zwingend diesem Verfahrenstyp zugeord­
net, solange er quellensteuerpflichtig ist.            ­Abrechnungsverfahren
Quellenbesteuerte ohne steuerrechtlichen Wohn­         Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Bekämp­
sitz oder Aufenthalt in der Schweiz, welche einen      fung der Schwarzarbeit (BGSA) sieht unter be­
Grossteil ihres Gesamteinkommens in der Schweiz        stimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vor,

8   EuGH C-39/10 vom 10. Mai 2012.

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Steuer Update 2018    Natürliche Personen                                                                11
Löhne von Arbeitnehmenden im sogenannten ver­                    zu e
                                                                    ­ inem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen
einfachten Abrechnungsverfahren abzurechnen.                     wird.

Für Arbeitgebende ist die vereinfachte Abrechnung
für die Löhne aller Arbeitnehmenden möglich,                     2       Wohnsitzwechsel innerhalb des
­s ofern die einzelnen Löhne die Eintrittsschwelle in                    ­K antons Zürich
die Pen­
       s ionskasse nicht übersteigen (CHF 21 150
im 2018) und die jährliche Gesamtlohnsumme aller                 Ab dem Jahr 2017 erfolgt bei einem Umzug inner­
Arbeitnehmenden nicht über der zweifachen Al­                    halb des Kantons Zürich die Besteuerung durch
tersrente der AHV (CHF 56 400 im 2018) liegt. Die                die Zuzugsgemeinde.9 Für die Veranlagung der
Abrechnung erfolgt über die kantonale Ausgleichs­                gesamten Steuerperiode ist somit die Gemeinde
                                                                 ­
kasse der AHV und berücksichtigt die Sozialversi­                zuständig, in welcher die steuerpflichtige Person
cherungsabgaben sowie die Steuern. Der Gesamt­                   ihren    Wohnsitz   am     Ende   der   Steuerperiode
abzug beträgt 5 % vom Bruttoeinkommen, was sehr                  (31. Dezember) hat. Bisher bestand für das laufen­
günstig ist.                                                     de Jahr die Steuerpflicht in der alten Gemeinde, in
                                                                 welcher die steuerpflichtige Person ihren Wohnsitz
In der Praxis wurde dieses Verfahren teilweise                   am 1. Januar hatte. Die Gesetzesänderung ist eine
zweckentfremdet und zur Umgehung der ordent­                     Angleichung an das Steuerharmonisierungsgesetz
lichen Sozialversicherungsbeiträge und Einkom­                   (StHG), gemäss welchem der Zuzugskanton schon
mensbesteuerung eingesetzt, was zwar bisher le­                  bisher für das ganze abgelaufene Jahr die Steuer­
gal, aber nicht im ursprünglichen Sinn des Geset­                pflicht beanspruchen konnte.10
zes war. Als Reaktion darauf hat der Bundesrat eine
entsprechende        Gesetzesänderung             beschlossen,
welche am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist.                  E

Neu werden Kapitalgesellschaften und Genossen­                   Entscheide
schaften sowie im eigenen Betrieb mitarbeitende
Ehegatten und Kinder vom vereinfachten Abrech­
nungsverfahren ausgeschlossen. Folglich können                   1       Velopauschale und ÖV-Abonnement
beispielsweise Verwaltungsratshonorare von Ein-                          zugleich abziehbar
Mann-Kapitalgesellschaften nicht länger im ver­
einfachten      Abrechnungsverfahren              abgerechnet    Im Urteil vom 21. September 2017 11 hatte das
werden, auch wenn die oben genannten Schwellen­                  ­B undesgericht (BGer) zu beurteilen, ob eine Velo­
werte nicht überschritten werden. Allen übrigen                  pauschale und das Abonnement für den öffent­
Arbeitgebenden steht das vereinfachte Abrech­                    lichen Verkehr kumulativ abziehbar sind. Der Ent­
nungsverfahren unverändert zur Verfügung.                        scheid basierte auf folgendem Sachverhalt:

                                                                 Den täglichen Arbeitsweg legt A. teils mit dem
D                                                                Velo, teils mit der S-Bahn zurück. In seiner Steuer­
                                                                 erklärung hat A. nebst den Kosten seines Abonne­
Wichtiges in Kürze                                               ments für den öffentlichen Verkehr auch den pau­
                                                                 schalen Abzug für die Benützung eines Velos in
                                                                 Abzug gebracht. Daraufhin rechnete das Gemein­
1      Lohnabzugsverfahren der Steuern im                        desteueramt den pauschalen Veloabzug auf und
       Kanton Basel-Stadt                                        begründete dies damit, dass es sich dabei nicht um
                                                                 einen kumulativen, sondern einen alternativen
Dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt wurde                  A bzug handle. Der Fall wurde über zwei weitere
                                                                 ­
eine Motion betreffend den automatischen Direkt­                 Instanzen ans BGer weitergezogen.
abzug der Steuern vom Lohn überwiesen. Der
­G rosse Rat hat in einer längeren Debatte entschie­             Das BGer legte in seinen Erwägungen dar, dass die
den, nicht auf die Vorlage einzutreten. Es kann                  Berufswegkosten gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. a DBG
­allerdings nicht ausgeschlossen werden und wurde                für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte – bis
sogar bereits angekündigt, dass dieses Thema                     zu einem Maximalbetrag von CHF 3000 – abgezo­

9 § 108 Abs. 1 Steuergesetz des Kantons Zürich.
10 Art. 4b StHG.
11 BGer 2C_745/2017 vom 21. September 2017.

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Steuer Update 2018    Natürliche Personen                                                                          12
gen werden können. Nach Art. 5 Abs. 1 der Verord­                      kantonalem Recht vorgesehenen reduzierten Satz
nung über den Abzug der Berufskosten unselbstän­                       zu besteuern. Die kantonalen Steuerbehörden und
dig Erwerbstätiger (BKV) können dabei als notwen­                      das kantonale Steuergericht verweigerten eine pri­
dige Kosten bei Benützung der öffentlichen Ver­                        vilegierte Besteuerung des Liquidationsgewinnes,
kehrsmittel die tatsächlich entstehenden Auslagen                      da ihrer Ansicht nach der kausale Zusammenhang
abgezogen werden. Steht kein öffentliches Ver­                         zwischen der definitiven Geschäftsaufgabe und
kehrsmittel zur Verfügung oder ist dessen Benut­                       bestehender Invalidität mit wachsender Dauer zwi­
zung objektiv unzumutbar, so können die Kosten                         schen Eintritt der Invalidität und Geschäftsaufgabe
des privaten Fahrzeugs abgezogen werden. Das                           – vorliegend 8 Jahre – zu verneinen sei.
BGer hielt dazu fest, dass das Gesetz offenlasse,
wie der Berufsweg zurückgelegt wird und führte                         Das BGer hielt in seinen Ausführungen zunächst
aus, dass es nicht Sache des Steuerrechts sei, Vor­                    fest, dass für die privilegierte Besteuerung von
schriften zur Gestaltung des Berufswegs zu ma­                         ­L iquidationsgewinnen folgende vier Voraussetzun­
chen. Es bestehe zwar eine gewisse Präferenz für                       gen kumulativ erfüllt sein müssen: Der Eintritt ei­
den öffentlichen Verkehr, insofern als die Kosten                      ner Invalidität, die definitive Aufgabe der selbstän­
für ein Privatfahrzeug nur in gewissen Fällen gel­                     digen Erwerbstätigkeit, der Kausalzusammenhang
tend gemacht werden können. Allerdings sehe das                        zwischen Invalidität und Geschäftsaufgabe sowie
Gesetz – bei aller Präferenz – nicht vor, dass der                     die erstmalige Inanspruchnahme der privilegierten
Arbeitsweg «artrein» absolviert werden müsste.                         Besteuerung.
Das BGer kommt daher zum Schluss, dass beide
Abzüge kumulativ gemacht werden dürfen. Leider                         Betreffend die fragliche Kausalität folgte das BGer
lassen aktuell noch nicht alle elektronischen, kan­                    der Ansicht der Vorinstanz nicht, wonach die Auf­
tonalen Steuererklärungsprogramme eine kumula­                         gabe der selbständigen Erwerbstätigkeit unmittel­
tive Geltendmachung zu. Es ist zu hoffen, dass dies                    bar nach dem Eintritt der Invalidität oder zumin­
rasch angepasst wird.                                                  dest zeitnah nach dem Ereignis zu erfolgen habe.
                                                                       Das BGer führte diesbezüglich aus, dass für eine
                                                                       zeitliche Nähe zwischen dem Eintritt der Invalidität
2         Privilegierte Besteuerung bei Aufgabe                        und der Geschäftsaufgabe keine Anhaltspunkte im
          der selbständigen Erwerbstätigkeit                           Gesetzeswortlaut bestünden. Des Weiteren wies
                                                                       das BGer darauf hin, dass es auch unter dem Ge­
Im Urteil vom 5. Oktober 2017 12 beschäftigte sich                     sichtspunkt der Steuerprogression – liegt der Sinn
das BGer mit der Frage der privilegierten Besteue­                     der privilegierten Besteuerung von stillen Reser­
rung von stillen Reserven bei Aufgabe der selb­                        ven bei Geschäftsaufgabe doch in der Vermeidung
ständigen Erwerbstätigkeit. Das BGer hatte sich                        einer erhöhten Steuerprogression – keinen Unter­
insbesondere mit der Frage auseinanderzusetzen,                        schied macht, ob der selbständig Erwerbende bei
ob der Eintritt der Invalidität, welche neben dem                      Geschäftsaufgabe bereits seit etlichen Jahren inva­
Alter eine der zwei möglichen Voraussetzungen für                      lid war oder ob die Invalidität unmittelbar vor der
die privilegierte Besteuerung von Liquidationsge­                      Geschäftsaufgabe eintrat.
winnen nach Art. 37b DBG ist, und die damit ein­
hergehende Geschäftsaufgabe zeitnah aufeinander
folgen müssen. Der Entscheid basierte auf folgen­                      3       Barauszahlung des Vorsorgeguthabens
dem Sachverhalt:                                                               bei Aufnahme einer selbständigen
                                                                               Erwerbstätigkeit
A. erwarb im Jahr 2000 eine Liegenschaft, in der er
im Jahr 2003 eine Hausarztpraxis eröffnete. In­                        Im Urteil vom 9. Dezember 2016 13 hatte das BGer
folge eines im Jahr 2004 erlittenen Hirnschlages                       zu beurteilen, ob im konkreten Fall eine selbständi­
r eduzierte er die selbständige Erwerbstätigkeit.
­                                                                      ge Erwerbstätigkeit vorliegt und die Barauszahlung
Im Jahr 2012 – 8 Jahre nach dem zur Invalidität                        des     Vorsorgeguthabens   rechtmässig    besteuert
geführten medizinischen Ereignis – musste A.                           wurde. Das Urteil basierte auf folgendem Sachver­
schliesslich im Alter von 52 Jahren die selbständige                   halt:
Erwerbstätigkeit als Hausarzt gänzlich aufgeben.
Nach der Geschäftsaufgabe beantragte A. vergeb­                        R. erhielt im Jahr 2009 während dreier Monate
lich, die aus der Praxisaufgabe resultierten stillen                   ­A rbeitslosentaggelder und liess sich anschliessend
Reserven gesondert zu dem nach Bundes- und                             sein Freizügigkeitsguthaben bar auszahlen, dies

12   BGer 2C_40/2017, 2C_41/2017 vom 5. Oktober 2017 (zur Publikation vorgesehen).
13   BGer 2C_204/2016 vom 9. Dezember 2016.

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Steuer Update 2018    Natürliche Personen                                                                                13
mit der Begründung, er werde eine selbständige                       selbständige Erwerbstätigkeit zu betrachten sei.
Erwerbstätigkeit als Vermögensverwalter aufneh­                      Damit liege der gesetzliche Barauszahlungsgrund
men. Das entsprechende Einzelunternehmen hatte                       für eine Kapitalleistung nicht vor und könne keine
er bereits ein paar Monate zuvor im Handelsregis­                    privilegierte Besteuerung des ausbezahlten Vor­
ter eintragen lassen. Die Kapitalauszahlung wurde                    sorgeguthabens erfolgen. Vorbehalten bleibe eine
im Folgenden getrennt vom übrigen Einkommen                          Rückzahlung des Vorsorgeguthabens, damit es
und damit reduziert besteuert.                                       seinem ursprünglichen Zweck wieder zugeführt
                                                                     werden könne.
Mit Veranlagungsverfügung betreffend die Steuer­
periode 2013 qualifizierte die zuständige Steuer­
behörde die Kapitalauszahlung als übriges Ein­                       4       Entschädigungszahlung bei
kommen und besteuerte es zusammen mit dem                                    ­missbräuchlicher Kündigung –
weiteren Einkommen zum ordentlichen Tarif. Die                               ­s teuerbares Einkommen oder
Begründung der Steuerbehörde war die Nichtaner­                              ­s teuerfreier Vermögenszufluss?
kennung der selbständigen Erwerbstätigkeit man­
gels Gewinnabsichten. Gegen diese Veranlagung                        Das Kantonsgericht Basel-Landschaft befasste sich
erhob R. Einsprache und zog den Fall bis ans BGer                    im Urteil vom 10. August 2016 14 mit einer Entschä­
weiter.                                                              digungszahlung, die im Rahmen einer ausgespro­
                                                                     chenen    missbräuchlichen   Kündigung    entrichtet
Die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätig­                       wurde. Das Urteil basierte auf folgendem Sachver­
keit stellt einen gesetzlichen Barauszahlungsgrund                   halt:
dar. In diesem Fall werden die bezogenen Kapital­
leistungen – getrennt vom übrigen Einkommen –                        Die Arbeitgeberin kündigte dem Arbeitnehmer
zum privilegierten Satz besteuert. Eine selbstän­                    ordentlich unter Einhaltung einer dreimonatigen
                                                                     ­
dige Erwerbstätigkeit wird angenommen, wenn                          Kündigungsfrist auf Ende August. Der Arbeitneh­
eine natürliche Person auf eigenes Risiko, unter                     mer erkrankte während der Kündigungsfrist, womit
Einsatz von Arbeit und Kapital, mit der Absicht der                  sich diese nach seiner Auffassung verlängerte.
Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt.                     Dies anerkannte die Arbeitgeberin nicht und hielt
Dabei sind die jeweiligen tatsächlichen Umstände                     an der ordentlichen Kündigungsfrist fest. Im Rah­
umfassend zu würdigen.                                               men eines Schlichtungsverfahrens verglichen sich
                                                                     die Parteien auf eine Zahlung von rund CHF 15 000,
Im vorliegenden Fall wurde die selbständige Er­                      nach Abzug der gesetzlichen Sozialversicherungs­
werbstätigkeit durch das BGer verneint, da einer­                    abgaben. Die Steuerverwaltung Basel-Landschaft
seits gemäss den Jahresrechnungen 2009 bis 2013                      besteuerte diese Zahlung als Einkommen. Gegen
jeweils Verluste erzielt wurden und andererseits                     diese steuerliche Beurteilung wehrte sich der Steu­
der Steuerpflichtige nicht ausreichend Nachweise                     erpflichtige.
dafür beibringen konnte, dass eine Gewinnstrebig­
keit vorliegt, ausreichend Bemühungen um Kun­                        Das Gericht legte die Abgrenzung zwischen steuer­
dengewinnung unternommen worden waren, und                           baren und nicht steuerbaren Einkommenszuflüssen
dass das bezogene Vorsorgekapital wenigstens                         dar. § 23 Abs. 1 des Gesetzes über die Staats- und
teilweise tatsächlich für den Geschäftszweck ein­                    Gemeindesteuern des Kantons Basel-Landschaft
gesetzt wurde. Das BGer hielt fest: Auch wenn zum                    (StG BL) sei im Sinne eines Auffangtatbestands zu
Zeitpunkt der Aufnahme einer selbständigen Er­                       verstehen, der grundsätzlich sämtliche Zuflüsse
werbstätigkeit nicht beurteilt werden könne, ob                      der Einkommenssteuer unterstelle. Von dieser
diese von Erfolg gekrönt werde, so sei nach andau­                   ­G eneralklausel ausgenommen seien schlichte Ver­
ernden Misserfolgen von einer Zwecklosigkeit der                     mögensumschichtungen, worunter Schadenersatz-
Tätigkeit auszugehen und diese aufzugeben. Einem                     und     Genugtuungszahlungen   fielen.   Diese   Ver­
Weiterführen trotz dieser Umstände liege vermut­                     mögensumschichtungen neutralisieren fremdbe­
lich ein anderes Motiv als das der Gewinnstrebig­                    stimmte Vermögensabflüsse (Schadenersatz) und
keit zugrunde. Auch wenn die Tätigkeit als Vermö­                    gleichen immaterielle Unbill (Genugtuung) aus,
gensverwalter nicht mit blosser Liebhaberei oder                     weshalb sie nicht steuerbar sind.
einem Hobby gleichzusetzen sei, so sei im vorlie­
genden Fall von einer mangelnden Gewinnstrebig­                      Eine Entschädigungszahlung bei missbräuchlicher
keit auszugehen, weshalb die Tätigkeit nicht als                     Kündigung kann Elemente einer Strafe (ähnlich

14   StE 2017 B 26.43 Nr. 3; KGer BL 810 16 9 vom 10. August 2016.

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Steuer Update 2018    Natürliche Personen                                                                              14
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