Untersuchung des Einfl usses der Osteopathie auf das obstruktive Schlafapnoesyndrom
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Osteopathische Medizin ORIGINALIA Untersuchung des Einflusses der Osteopathie auf das obstruktive Schlafapnoesyndrom Jörg Dahlke* Einleitung Atemaussetzer oft nicht direkt, jedoch Zusammenfassung kommt es in schweren Fällen zu Schlaf- Die vorliegende kontrollierte, randomisier- Schlafbezogene Atemstörungen (SBAS) störungen, die zu nicht erholsamem te klinische Interventionsstudie im Open- führen zu starken Beeinträchtigungen Schlaf und starken Beeinträchtigungen Box-Verfahren mit Kontrollgruppe unter- der sozialen und beruflichen Leistungs- der sozialen und beruflichen Leis- suchte, ob Osteopathie ein reduzierender fähigkeit und sind mit Angst, Depres- tungsfähigkeit führen, was mit Unru- Effekt auf die Anzahl der nächtlichen Apno- sivität, Erschöpfung und Tagesschläf- hegefühl, Reizbarkeit, Angst, Depressi- en und Hypopnoen ausübt und eine Ver- minderung der Tagesschläfrigkeit erzielt. rigkeit verbunden. Von einem Schlaf- vität, Erschöpfung und Tageschläfrig- Bereits nach zwei osteopathischen Anwen- apnoesyndrom (OSAS) spricht man, keit verbunden ist. dungen unterschieden sich die Anzahl der wenn zusätzlich eine erhebliche Tages- müdigkeit auftritt. Bis zu 15% der Be- Hypopnoen in der totalen Schlafzeit sowie Schlafbezogene die Anzahl der Hypopnoen während der völkerung sind von einem OSAS be- Tiefschlafphase ohne Augenbewegung signi- troffen. Es tritt in allen Altersklassen Atmungsstörungen fikant im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die- auf, jedoch häufiger bei Menschen über Die teilweise oder vollständige Ver- ses Ergebnis bestätigte sich auch bei einem 55 Jahren. Bleibt das OSAS unbehan- legung der oberen Luftwege während Follow-up nach sechs Wochen. Damit zeigte delt, kann es schwere gesundheitliche des Schlafs führt durch den daraus sich, dass Osteopathie einen positiven Effekt Konsequenzen haben, insbesondere resultierenden Mangel an gemesse- auf die obstruktive Schlafapnoe ausübt. kognitive Beeinträchtigungen, Herz- ner alveolärer Ventilation zu einer Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Sauerstoffentsättigung und im Fall Schlüsselwörter frühere Sterblichkeit. von länger andauernden Ereignissen Osteopathie, obstruktives Schlafapnoesyn- Goldstandard der Therapie ist die An- zu einem erhöhten Kohlenstoffdi- drom, Hypopnoe, Apnoe, OSA, OSAS, wendung der nächtlichen Überdruck- oxidgehalt im Blut. Vermindert sich Tagesschläfrigkeit beatmung („continuous positive air- dabei der Atemstrom um weniger als way pressure“, CPAP). Obwohl diese 50%, handelt es sich definitionsge- Abstract wirksam ist, werden die Vorteile in der mäß um eine „stille Flusslimitie- The following pilot study that was executed Praxis wegen geringer Therapieeinhal- rung“ und in Kombination mit as a controlled, randomized clinical inter- tung oft nicht realisiert. Andere Be- Schnarchgeräuschen um ein obst- vention study in open-box design with a handlungsmethoden, wie z.B. orale ruktives Schnarchen. Bei Verminde- control group and follow-up examined Vorrichtungen oder operative Be- rung des Atemstroms um mindes- whether osteopathy can reduce daytime handlung der oberen Atemwege, redu- tens 50% (mit oder ohne Sauerstoff- sleepiness. zieren den Schweregrad der OSAS nur entsättigung ≥4%) spricht man von After only two osteopathic treatments the teilweise und provozieren häufig Ne- einer obstruktiven Hypopnoe und total number of hypopnoeas during total benwirkungen. bei fehlendem Atemstrom von einer sleep time as well as the number of hypop- obstruktiven Apnoe. noeas during the deep sleep phase without eye movement was significantly different. Grundlagen Hypopnoen liegen vor, wenn die Atemaussetzer zehn Sekunden Dauer This was confirmed during follow-up six „Schlafstörung“ wurde in den westli- nicht überschreiten. Hierbei fällt der weeks after the 3rd reading. This showed chen Nationen in den 1990-Jahren in obere Teil der Luftröhre nur teilweise that osteopathy can reduce the number of nightly apnoeas and hypopnoeas and thus etwa 10% der Fälle in der ärztlichen zusammen, wodurch es ebenfalls zu on the obstructive sleep apnoea syndrome. Konsultation als Beschwerdebild an- einer Reduzierung des Atemvolumens gegeben. Neuere Studien zeigen, dass kommt. Auch dabei sinkt letztlich der Keywords 30–48% der Betroffenen die Sympto- Sauerstoffgehalt im Blut, wenngleich Osteopathic treatment, obstructive sleep me des nächtlichen Erwachens ange- nicht so stark wie bei Apnoen. apnoea syndrome, apnoea, hypopnoea, ben oder nicht schlafen können [1–5]. Neben den obstruktiven Apnoen exis- OSA, OSAS, daytime sleepiness. Einer obstruktiven Schlafapnoe geht tieren auch zentrale Apnoen. Bei zent- häufig jahrelanges Schnarchen voraus. ralen Apnoen im Schlaf liegt eine Stö- Zwar bemerken die Betroffenen die rung der Atmungsregulation vor. * Jörg Dahlke M.Sc. D.O. ist Physiotherapeut, Sportphysiotherapeut und Heilpraktiker. Nach Stationen am Niederrhein, an der Uniklinik der RWTH Aachen und Basel ist er seit 1996 in eigener Praxis in Neuwied tätig. Seine berufsbegleitende fünfjährige Ausbildung absolvierte er an der Schule für klassische Osteopathische Medizin (SKOM) in Hamburg und Ulm (1997–2002). BAO-Abschlussprüfung 2006. Masterstudi- engang an der Donau-Universität Krems und der International School of Osteopathy Wien, mit dem M.Sc.-Abschluss 2012. 4 14. Jahrg., Heft 1/2013, S.4–8, Elsevier GmbH – Urban & Fischer, www.elsevier.de/ostmed
Osteopathische Medizin ORIGINALIA Trotz offener oder passiv kollabierter salen Anteile des Gaumensegels und raus resultierenden basalen Sauer- oberer Atemwege besteht dabei kein der lateralen Pharynxwand bei fehlen- stoffsättigung oder ein verminderter Atemfluss. Ha- der oder zu geringer Tonisierung der In der internationalen Nomenklatur ben die Atempausen obstruktive und oropharyngealen Muskulatur entsteht. werden die Atmungsstörungen nach zentrale Anteile, ist also eine Atem- Diese Schwingungen beruhen auf ei- dem AHI in drei Schweregrade einge- pause zuerst zentral bedingt und da- ner Verengung der oberen Luftwege. teilt (Tab. 1). Ein AHI bis 5/h wird als nach durch die Obstruktion der obe- Es werden generell drei Formen des physiologisch angesehen. ren Luftwege ausgelöst, so liegt eine Schnarchens unterschieden: fakultati- gemischte Apnoe vor. ves, habituelles und apnoeisches Diagnostik Alle Apnoen verursachen in der Folge Schnarchen. eine Weckreaktion, die „Arousals“. Differenziert wird das Schnarchen Ambulante Stufendiagnostik Diese Weckreaktionen verursachen ei- quantitativ und qualitativ. Beim fa- Grundsätzlich wird die Diagnostik in ne Störung der physiologischen Schlaf- kultativen Schnarchen fällt die Sau- Abhängigkeit vom Schweregrad abfolge mit einer Verminderung der erstoffsättigung nicht ab, beim habi- durchgeführt, Atmungsstörungen Tiefschlaf- und Rapid-Eye-Movement- tuellen Schnarchen ist sie vermin- (SBAS) werden vor den polysomno- Phasen (REM-Schlafphasen) sowie ei- dert. Dieses Geschehen ist auf einen graphischen Untersuchungen in ei- ne schlechtere Schlafqualität. Führen partiellen Verschluss der Luftwege nem Schlaflabor Voruntersuchungen die Weckreaktionen zu einer erhebli- zurückzuführen. Beim obstruktiven und Screenings durchgeführt. Die chen Beeinträchtigung des Schlafs und apnoeischen Schnarchen hingegen Vorteile sind eine gezielte Diagnostik kommt es infolge dessen zu Tagesmü- kommt es zu einem periodisch auf- und Therapie sowie die Erfassung und digkeit, spricht man von einem obst- tretenden, vollständigen Verschluss Abgrenzung nicht schlafbezogener ruktiven Schlafapnoesyndrom. der oberen Atemwege. Atmungsstörungen wie Insomnien. Faktoren, die das Auftreten von obst- Bei eindeutigen positiven ambulanten ruktiver Schlafapnoe bestimmen, sind Screening-Befunden kann direkt im Klassifikation in erster Linie das Körpergewicht im ambulanten oder stationären Schlafla- Verhältnis zur Körpergröße (BMI), Der Schweregrad der OSA wird durch bor unter polysomnographischer Über- Alter, Geschlecht sowie kraniofasziale Polysomnographie ermittelt und durch wachung eine Therapie mittels kontinu- Besonderheiten. Weitere Faktoren den Wert des Apnoe-Hypopnoe-Index ierlicher nasaler Überdruckbeatmung sind Rauchen, Alkohol, Schwanger- (AHI) angegeben. Der AHI ergibt sich (CPAP) oder anderer Verfahren einge- schaft, Chemosensitivität im Bereich aus der durchschnittlichen Anzahl der leitet werden. Bei nicht eindeutigem der Atmungsregulation sowie vorbe- Apnoen und Hypopnoen pro Stunde Befund – insbesondere der SBAS – oder stehende Erkrankungen wie Rheuma, Schlaf bezogen auf die totale Schlafzeit fehlender differenzialdiagnostischer Akromegalie und Hypothyreose. (TST). Er ist zusammen mit der ermit- Aussagemöglichkeiten, werden eine Bei der Diagnostik von Schlafstörun- telten basalen Sauerstoffsättigung die oder zwei diagnostische Polysomno- gen kommt der ätiologischen Zuord- Grundlage für die Schweregradeintei- graphien zusätzlich durchgeführt. nung der Arousals (z.B. respiratorisch, lung der OSA nach der „International Grundsätzlich empfiehlt sich für Pati- motorisch) eine wesentliche Bedeutung Classification of Sleep Disorders“. Er enten mit mehr als 30 respiratorischen zu. Arousals (Weckreaktionen) im ermittelt sich wie folgt: Auffälligkeiten pro Stunde Nacht- Schlaf sind stimulusabhängig. Sie kön- • Apnoe: Atemaussetzer länger als schlaf oder einer exzessiven Tages- nen enterozeptiv (psychophysisch, sen- 10 s Dauer schläfrigkeit mit häufiger Einschlaf- sorisch-neuronal) oder exterozeptiv • Hypopnoe: Atemaussetzer bis 10 s neigung mit hoher Dringlichkeit eine (akustisch, optisch, taktil, chemosenso- Dauer und 50%ige Reduktion des CPAP-Therapie, da sich in einigen risch) ausgelöst sein. Arousals kommen Atemflusses Studien für diesen Schweregrad ein in allen Altersgruppen vor. Ab dem • Index: Addition der Apnoen und erhöhtes kardiopulmonales Risiko vierten Lebensjahrzehnt nimmt ihre Hypopnoen pro Stunde Schlafzeit zeigte. Als Risikopatienten gelten auch Häufigkeit zu. Männer weisen mehr bezogen auf die totale Schlafzeit Personen mit einer durch die Tages- Arousals auf als Frauen. Der Arousal- (TST), der Sauerstoffentsättigung schläfrigkeit erhöhten Eigen- oder Index gibt Auskunft über die Anzahl pro Stunde Schlafzeit und der da- Fremdgefährdung. der Weckreaktionen pro Stunde Schlaf- zeit und damit über die Fragmentie- Tab. 1: Klassifikation der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) mit dem Apnoe- rung des Schlafes und die Aufhebung Hypopnoe-Index (AHI). Als basale Sauerstoffsättigung ist der Mittelwert über die ganze Nacht angegeben. des physiologischen Schlafzyklus. Das Schnarchen ist ein Leitsymptom AHI [/h] O2-Sättigung (basal) [%] der obstruktiven Schlafapnoe (OSA). Gesund 90 Schlaf gekoppeltes, vorwiegend inspi- Mittelschwere OSA 15–30 80–90 ratorisches Atemgeräusch bezeichnet, Schwere OSA >30
Osteopathische Medizin ORIGINALIA Polysomnographie enten mit schlafbezogenen Atmungs- banden, Statikveränderungen eben- Neben der ambulanten Polygraphie, störungen auf die Altersnorm gesenkt. falls bei 66,67%. Eine Dysfunktion am bei der bereits die durchschnittliche Eine Weiterentwicklung des CPAP ist zervikothorakalen Übergang lag bei Anzahl der respiratorischen Ereignisse das BIPAP („bilevel positive airway 50% vor, thorakale Dysfunktionen (Apnoen/Hypopnoen) pro Stunde und pressure“). BIPAP ist eine Form der ebenfalls bei 50%, Dysfunktionen der die partielle Sauerstoffsättigung (SpO2) druckunterstützten und flowgesteuer- Leber bei 33%, Lunge bei 50%, der mittels Pulsoximeter ermittelt werden, ten Beatmung, bei der in der Einat- Synchondrosis sphenobasilaris bei erfolgt als Erweiterung eine Polysom- mung ein höherer Druck appliziert 83,33 % und des Okziput-Atlas-Axis- nographie, die der Beschreibung des werden kann als bei der Ausatmung. Komplexes und der zervikalen Wir- natürlichen Schlafs dient (stationär Seit Mitte der 1990-Jahre existieren als belsäule mit Os hyoideum bei 66,67% oder ambulant). Gemessen wird dabei Alternative zur konstanten CPAP-The- der behandelten Probanden. die elektrische Aktivität des Gehirns. rapie selbständig druckadaptierende Lehner [19] stellte eine Abhängigkeit Hinzu kommen das Elektroenzephalo- APAP-Systeme („auto-continuous po- des Schweregrads der OSA vom BMI in gramm (EEG), das Elektrookulo- sitive airway pressure“). Diese Geräte Verbindung mit der Stellung des Hyo- gramm (EOG) sowie das Elektromyo- titrieren innerhalb eines vorgegebenen ids fest. Daher kann bei den acht Pati- gramm (EMG). Darüber hinaus wird Druckbereichs den jeweils minimalen enten der Behandlungsgruppe, deren auch das Elektrokardiogramm (EKG) effektiven CPAP-Druck selbsttätig ein BMI größer als 25 war, von einer verän- abgeleitet. Diese Variablen werden im und sollen dem unterschiedlichen derten Position des Hyoids ausgegan- Polysomnographiereport dargestellt. Druckbedarf während der verschiede- gen werden. Die damit verbundene Mit den heutigen digitalen Aufzeich- nen Schlafstadien gerecht werden. Verengung des pharyngealen Schlau- nungsgeräten ist auch ein ambulantes ches begünstigt die Entstehung einer Screening möglich. Abb. 1 zeigt bei- Osteopathie obstruktiven Schlafapnoe. Darüber hi- spielhaft die Auswertung einer nächtli- Ziel der Studie war es, den Einfluss der naus findet sich bei diesen Patienten chen Aufzeichnung. Osteopathie in ihrer Gesamtheit zu das Diaphragma vermehrt in Einat- Im oberen Teil ist im Hypnogramm zeigen, und nicht den Effekt spezieller mungsstellung, wodurch die für die Ru- das Schlafprofil dargestellt. Der Pati- osteopathischer Techniken auf die ob- heatmung notwendige Atemexkursion ent befindet sich im Stadium zwischen struktive Schlafapnoe zu untersuchen. im oberen Teil des Thorax erbracht S1 und REM-Phase. Im unteren Be- Daher erhielten die Probanden dieser werden muss. Die funktionelle Residu- reich sind leichte Augenbewegungen Studie eine individuell auf ihre jeweili- alkapazität der Lunge ist damit deutlich zu erkennen (LOCA2 und ROCA1). ge Dysfunktion abgestimmte osteopa- erhöht. Dies zeigt sich an einem erhöh- Die EEG-Ableitung ist regelgerecht thische Behandlung. Folgende Dys- ten Tonus der Atemhilfsmuskulatur. (C3A2 und C4A1). Zu Beginn ist eine funktionen wurden bei den Proban- Die oft verstärkte Kontraktion des Dia- leichte Kinnmuskelbewegung (Kin- den festgestellt: phragmas in Einatmungsstellung be- nEMG1) sichtbar. In der Atmung Eine veränderte Stellung des Dia- wirkt auf allen Ebenen des Organismus (Flow) sind keine Aussetzer zu sehen, phragmas in Einatmungsstellung fand eine Veränderung der normalen Phy- sie ist im Thorax (Tho) und Abdomen sich bei 66,67% der behandelten Pro- siologie. Es ist anzunehmen, dass auch (Abd) gleichmäßig. Das Mikrofon Veränderungen im neurologischen (Mikro) zeichnete leichte Schnarchge- und vaskulären System stattfinden. räusche auf. Die Sauerstoffsättigung (SpO2) liegt zwischen 95 und 96 %. Methoden Der Patient befindet sich in Linkslage (Lage). Das Schlafstadium (STADI- Studiendesign UM) wird mit S1 angegeben. Für die Studie wurden 24 Patienten mit gesicherter, ärztlich diagnostizier- ter obstruktiver Schlafapnoe oder obs- Therapie truktivem Schlafapnoesyndrom ausge- Der entscheidende Durchbruch zur wählt und im Sinne einer randomisier- Behandlung der OSA gelang 1981 Sul- ten, kontrollierten klinischen Inter- livan mit der Einführung der CPAP ventionsstudie mit Kontrollgruppe zur Offenhaltung der oberen Atemwe- mittels ambulanter Polysomnographie ge im Schlaf. Sie ist bis heute der Gold- untersucht. Ein Follow-up erfolgte standard in der Therapie der obstrukti- Abb. 1: Polysomnographie. Dargestellt sechs Wochen nach Behandlungsende. ven Schlafapnoe. Damit ist die obst- ist ein Zeitraum von 10 min, beginnend um 5:20 Uhr, also kurz vor dem Wach- ruktive Schlafapnoe nicht nur behan- werden. Flow = Atmung; LOCA2, ROCA1 Studienablauf delbar, sondern in ihrer Symptomatik = Augenbewegungen; C3A2, C4A1 = EEG- vollständig reversibel. Unter effektiver Ableitungen; KinnEMG1 = Kinnmuskelbe- Die Patienten wurden in einer ärztli- CPAP-Therapie wird das erhöhte Mor- wegung; Mikro = Mikrophon (Schnarch- chen Facharztpraxis für Innere Medi- geräusche); SpO2 = Sauerstoffsättigung talitätsrisiko des unbehandelten Pati- zin und Pneumologie in Neuwied 6 14. Jahrg., Heft 1/2013, S.4–8, Elsevier GmbH – Urban & Fischer, www.elsevier.de/ostmed
Osteopathische Medizin ORIGINALIA (Deutschland) auf OSA diagnostiziert. Statistische Auswertung ist bei dieser Darstellung die Streuung Es wurden 75 ambulante Polysomno- Es wurden 72 Messungen in die Statis- der Messwerte um den Mittelwert graphiemessungen für diese Studie tik aufgenommen und mithilfe der nicht erkennbar, statistische Tests zei- durchgeführt. Die Konfiguration des Statistiksoftware R 2.12.0. (R Develop- gen aber bei den relevanten Variablen Aufzeichnungsgeräts „Alice PDx“ und ment Core Team, 2010) ausgewertet. einen signifikanten Unterschied zwi- das Anlegen der dazugehörenden Als Signifikanzniveau wurde α=0,05 schen den beiden Gruppen. Elektroden und Messeinrichtungen gewählt. Die Auswertung erfolgte in Bei den Hypopnoen während der wurden ambulant in der Praxis durch- folgenden Schritten: Non-REM-Phase beträgt der p-Wert geführt. Damit die Patienten zur übli- • Überprüfung der Grundvorausset- der Varianzanalyse 0,0027 bzw. 0,014 chen Zeit zu Bett gehen konnten, wur- zungen für die Verwendung ver- (Signifikanzniveau α=0,05). Das be- de eine automatische Startfunktion teilungsabhängiger Tests (Shapiro- deutet bei dieser Variablen, dass sich für diese Zeit konfiguriert. Die Auf- Wilk-Tests, Bartlett-Tests) [18] die Messwerte im zeitlichen Verlauf zeichnungszeit wurde auf sechs bis • Überprüfung der Vergleichbarkeit zwischen den Gruppen signifikant un- maximal acht Stunden festgelegt. Die des Ausgangszustands der beiden terscheiden. Die Anzahl der Hypo- nächtliche Polysomnographie wäh- Gruppen in den abhängigen Vari- pnoen während der Non-REM-Phase rend der Studie erfolgte dann ambu- ablen mittels Wilcoxon-Rangsum- sinkt bei der Behandlungsgruppe von lant im Haus der Patienten. Die Studie mentest bzw. t-Test unabhängiger durchschnittlich 86,0 auf 63,9 (Abb. wurde im Open-Box-Verfahren Stichproben 2). Bei der Anzahl aller Hypopnoen durchgeführt. Dies bedeutet, dass nur • Untersuchung der zeitlichen Ver- (H_n) ist ein signifikanter Abfall nach für die relevanten diagnostizierten änderung in den beiden Gruppen der zweiten Messung festzustellen, der Dysfunktionen der Probanden Osteo- durch Varianzanalyse (ANOVA) nach Ablauf von sechs Wochen gegen- pathie angewandt wurde. mit wiederholten Messungen über der dritten Messung geringer Die 24 Patienten wurden im Losver- • Für eine Vorabuntersuchung, ob es wird (Abb. 3). fahren in eine Behandlungsgruppe innerhalb der Gruppe zu signifikan- Positive Veränderung zeigten sich in und eine Kontrollgruppe eingeteilt. ten Änderungen zwischen den drei der Behandlungsgruppe auch bei Das (konstante) Gewicht der Patien- Messungen gekommen ist, wurde den Apnoen während der REM- ten wurde zur Bestimmung des BMI der Friedman-Test verwendet. Phasen: Die Anzahl an Apnoen sank studienbegleitend mit drei Messungen • Auswahl der möglicherweise durch fast linear. Der Unterschied zwi- ermittelt. Für beide Gruppen wurde Osteopathie beeinflussten Parameter schen beiden Gruppen ist deutlich, eine erste Polysomnographie als Basis- Von einer Untersuchung, ob ein Ef- aber nicht signifikant (Abb. 4). Als messung durchgeführt. Die Behand- fekt der Osteopathie vom Schwere- wichtigster Indikator für die Mes- lungsgruppe erhielt nach der ersten grad des obstruktiven Schlafapnoe- sung der Ergebnisse gilt der AHI. Er Messung zweimal im Abstand von syndroms abhängt, wurde aufgrund ist von der ersten zur zweiten Mes- 14 Tagen eine Intervention durch Os- der geringen Fallzahl und der durch sung in der Interventionsgruppe teopathie, jeweils gefolgt von einer eine weitere Untergruppierung weiter von 28,48 auf 25,27 signifikant ge- weiteren Messung. Eine vierte und ab- reduzierten Aussagekraft abgesehen. sunken. Die Signifikanz hat sich von schließende Messung erfolgte ca. der ersten zur dritten Messung je- sechs Wochen nach der letzten Be- doch nicht bestätigt (Abb. 5). Forschungsfrage handlung. Bei der Kontrollgruppe er- folgte im gleichen Zeitrahmen die Kann Osteopathie bei obstruktivem Tagesschläfrigkeit gleiche Anzahl von Messungen. Schlafapnoesyndrom oder obstruktiver Zur Erhebung der Tagesschläfrigkeit Schlafapnoe während einer Gesamt- Trotz signifikanter Verminderung der wurde ein Kurzfragebogen, angelehnt schlafzeit von sechs Stunden eine Ver- Hypopnoen in der Tiefschlafphase an die validierte Epworth Sleepiness ringerung der Atemaussetzer – Apnoen, wurde bei der Auswertung der Frage- Scale, verwendet, den die Patienten Hypopnoen und Arousals – pro Stunde bögen nur eine geringe Veränderung vor Beginn der ersten Messung und Schlaf und eine Verminderung der sub- des subjektiven Empfindens der Tages- nach der dritten Messung ausfüllten. jektiven Tagesschläfrigkeit bewirken? schläfrigkeit um ca. 20% festgestellt. Dabei stuften sie die Wahrscheinlich- keit ihrer Einschlafneigung in acht ty- Ergebnisse Zusammenfassung der pischen Alltagssituationen auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 3 (hoch) ein. In den Abb. 2 bis 5 sind die arithmeti- Ergebnisse Die Einzelergebnisse wurden zu einem schen Mittelwerte der Probanden bei- Auffällig war, dass bei der Kontroll- Gesamtscore von 0–24 aufsummiert. der Gruppen bezogen auf die unter- gruppe die Messergebnisse der ersten Bis zu einem Score von 7 gilt der Test suchten Variablen dargestellt. Die Messung (im Mittelwert) sehr niedrig als unauffällig [6–17]. Die Auswertung durchgehende Linie zeigt die Ent- lagen. Bei der zweiten und dritten der Daten erfolgte automatisch mittels wicklung in der Behandlungsgruppe Messung waren realistische Mittelwer- Alice 2 Sleepware Version 2.8.78.0 PC (Gruppe A) an, die gestrichelte die te festzustellen, deren Verlauf nach- Direkt 1.9.00 HuL Set: 1.1.1.2. der Kontrollgruppe (Gruppe B). Zwar vollziehbar war. Die Ursache für dieses 7 14. Jahrg., Heft 1/2013, S.4–8, Elsevier GmbH – Urban & Fischer, www.elsevier.de/ostmed
Osteopathische Medizin ORIGINALIA gravierend abweichende Messergebnis Dank der ersten Messung ist nicht erkenn- Hiermit möchte ich mich bei allen Be- bar, vermutlich aber durch einen oder teiligten und Unterstützern, die diese mehrere Ausreißer bei der Messung in Studie ermöglichten, bedanken: Dr. dieser Gruppe zu erklären, die den med. J. Groth, Leiter des Schlaflabors Mittelwert verzerren. Mit statistischen im DRK-Krankenhaus Neuwied Mitteln wurde diese Abweichung im (Deutschland), Dr. med. Uli Branden- Ausgangszustand jedoch rechnerisch burg, Leiter der Forschungsabteilung, egalisiert. Eine Handauswertung der Michael Laux (beide Fa. Heinen & Lö- Schlafnächte hätte vermutlich bessere wenstein Deutschland) für den tech- Werte gebracht. Dies sollte bei Folge- nischen Support und Dr. Gebhard Abb. 2: Hypopnoen während der Non- studien bedacht werden. Woisetschläger, Langenzersdorf (Ös- REM-Phase Ein hoher Effekt zeigt sich in der In- terreich), für die Statistik. terventionsgruppe bereits nach der zweiten osteopathischen Behandlung, Quelle: Auszug aus der Masterthese der sich allerdings im weiteren Verlauf „Untersuchung des Einflusses der Osteo- nicht mehr so signifikant fortsetzte. pathie auf das obstruktive Schlafapnoe- Die der Studie zugrunde liegende Hy- syndrom“, niedergelegt an der Wiener pothese, dass Osteopathie die Anzahl Schule für Osteopathie, Dezember 2011. nächtlicher Apnoen und Hypopnoen www.osteopathic-research.org/paper_ verringert, wurde bestätigt. Es ist ein pdf/Endfassung%20Dahlke%20Jörg.pdf signifikanter Effekt der Osteopathie Korrespondenzadresse: in Bezug auf den Apnoe-Hypopnoe- Index (gesamt, während des gesam- Jörg Dahlke ten Schlafes und während der Tief- Bachstraße 26 schlaf-[Non-REM-]Phasen) erkenn- 56566 Neuwied bar. Somit kann angenommen wer- info@praxis-dahlke.de Abb. 3: Anzahl aller Hypopnoen den, dass Osteopathie sich positiv auf das obstruktive Schlafapnoesyndrom auswirkt und für Patienten, die eine CPAP-Therapie ablehnen, möglicher- weise eine Therapieoption darstellt. Literatur [1] ASDA (American Sleep Disorders Associaton) [11] Lugaresi E, Cirignotta F, Montagna P (1989) Sno- (1995). Practice parameters for the treatment of ring: pathogenic, clinical and therapeutic aspects. snoring and obstructive sleep apnoea with oral ap- In: Kryger M, Roth H, Dement WC (Hrsg.) Princip- pliance. Sleep 18: 511–513 les and Practice of Sleep Medicine. London: Saun- [2] Young T, Finn L, Peppard PE et al. (2008) Sleep dis- ders, pp. 492–500 ordered and mortality: eighteen- year follow-up of [12] Peter JH, Amend G, Faust M, Meizner K, Schneider the Wisconsin sleep cohort. Sleep 31(8):1071–1078. 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