Unterwegs - Samariteranstalten Fürstenwalde

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Unterwegs - Samariteranstalten Fürstenwalde
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          Unterwegs            DIE ZEITSCHR
                                            IFT                  DER SAMARITE
                                                                              RAN            S TA LT E N

         Ostern belebt
                                                                          Stefan Heerdegen /
                                                                                             pixelio.de

         Gastkommentar
         Bischof Dr. Christian Stäblein – Ostern belebt

         Titelthema
         Ein evangelisches-katholisches Gespräch zur Fasten- und Osterzeit

         Unterwegs mit...
         ... Andrea Kühn, Leiterin der Kita Arche

                                                                                            01 2020
Unterwegs - Samariteranstalten Fürstenwalde
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         INHALT

         Einblicke
          TITELTHEMA
             4    Gastkommentar:
                  Bischof Dr. Christian Stäblein

             6    Ein evangelisch-katholisches Gespräch
                                                                           4
             8    Sich einlassen. Glauben zulassen.
                  Einfach loslassen.                                                 10

             10 Katharina von Bora-Haus

             12 Christophorus-Werkstätten

             14 Text in Leichter Sprache
                                                                 12
           MITTENDRIN – DIE BEwOHNERSEITEN

             15 Ostern

                                                                      15
             19 Mitarbeitervertretung                                           20
             20 Aus den Bereichen:
                Wichern-Wohnstätte Forst

             22 Burgdorf-Schule                                                      22
             24 So bunt ist unser Glaube

             26 Korczak-Schule
                                                                           24
             28 Gemeinnützige Aufwind GmbH

           uNTERwEGS MIT...

             30 ... Andrea Kühn,
                Leiterin der Kita Arche

                                 30                                        28

         2    uNTERwEGS 1/2020
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                                                                                                                        DIE SEITE DREI

                                                                                                         Ostern belebt
          Liebe Leserin, lieber Leser,
         „Ostern belebt!“ Diesem Thema merken         disch schaut betriebswirtschaftlich hin,    und weitherzig tun, was uns möglich ist,
         Sie die rauchenden Köpfe in der Redak-       findet die Kategorien „Gewinn und Ver-      um Leben zu fördern und mit denen zu
         tionsgruppe nicht an. Wir wussten, wir       lust“ (oder besser andersherum!) in der     teilen, die Not leiden. Nichts kann uns
         wollten der Weihnachtsnummer eine            Ostergeschichte wieder und landet am        von Christus scheiden; er nimmt uns lie-
         Osternummer folgen lassen. Wir wollten       Ende bei Mäusen und Käse – Sie werden       bend gern in sein neues Leben mit, das
         wieder auch Gefühle ansprechen. Wir          staunen, wie das zusammenpasst. Herr        alles Elend überwindet.
         hatten viele Gedanken. Doch der Durch-       Kronberg beleuchtet die verschiedenen
         bruch ließ auf sich warten. Wir trösteten    Perspektiven, die zukünftige und gegen-     Belebende Osterfreude wünscht Ihnen –
         uns damit, dass nach der Lehre von den       wärtige Schülerinnen und Schüler der        auch im Namen von Herrn Hancke, dem
         Phasen kreativer Prozesse der erlösende      Korczak-Schule in der Osterzeit bewe-       kaufmännischen Vorstand
         Geistesblitz nicht weit ist, wenn das Grü-   gen. „Den Himmel auf Erden“ haben Ju-
         beln mühsam wird. Und die Erleuchtung        gendliche aus Bethesda mit ihren            Ihre
         kam. „Ostern belebt!“ Das Thema gefiel       Betreuern in Hirschluch erlebt. Der Be-
         uns allen. Und nun bin ich beeindruckt,      richt über das Aufleben von Frau Hert-
         was Menschen zu unserem Thema an             wig im Katharina von Bora-Haus zeigt
         Gedanken und Erfahrungen mit uns tei-        eine berührende persönliche Auferste-       Pfarrerin Ulrike Menzel
         len.                                         hungserfahrung. Islam wünschen wir
                                                      eine solche Erfahrung neuen Lebens von
         Allen voran danke ich Bischof Dr. Stäb-      Herzen. Noch sitzt das Erschrecken über
         lein, dass er uns trotz seiner vielen Ver-   seine Abschiebung aus der Wichern-
         pflichtungen einen Gastkommentar mit         Wohnstätte in Forst und die Sorge um ihn
         überraschenden Osterblicken geschenkt        in den Knochen. In unserer Kita Arche
         hat. Auch den anderen Mitwirkenden an        wird fröhlich Ostern gefeiert, aber auch
         dieser „Unterwegs“ danke ich herzlich.       die Lebensthemen des Leidens und Ster-
         Denn sie alle haben uns einen bunten         bens Jesu kommen kindgerecht zur Spra-
         Osterstrauß beschert, in dem auch die        che. All das und mehr füllt diese
         dunklen Farben nicht fehlen. Zu Ostern       „Unterwegs“, die Frau Kruschinski in be-
         gehören die sieben Wochen der Passions-      währter Weise in Form gebracht hat.
         oder Fastenzeit dazu, zu unserem Alltag
         Höhen und Tiefen. Herr Müllerskowski         „Ostern belebt“ – ich schreibe diese Zei-
         ist seit dem 1. Januar 2020 bei uns tätig    len in Zeiten großer Aufregung. Das Co-
         und schreibt sehr persönlich, wie er die     rono-Virus sorgt täglich für neue Schlag-
         Karwoche und Ostern erlebt. Frau Le-         zeilen. Die Bilder von den Flüchtlingsla-
         wing und Frau Tiedge sind als evangeli-      gern auf den griechischen Inseln und an
         sche und katholische Christin dazu im        der türkisch-griechischen Grenze er-
         Gespräch. Frau Lüth erklärt Ostern auf       schüttern. Die Lebensbotschaft von
         ihre Weise und erinnert neben der Vor-       Ostern gibt auch da Orientierung. Leben
         freude auf das Frühlingserwachen auch        ist Geschenk, das wir genießen, aber
         an die Osterlämmer. Osterhasen, Oster-       nicht bis ins Letzte absichern können.
         eier, Ostersträuße erfreuen „mittendrin“,    Doch seit Jesus Christus an Ostern von
         und wir werden hineingenommen in auf-        den Toten auferweckt wurde, muss uns
         regende Freizeiterlebnisse. Herr Wür-        nichts mehr schrecken. Wir können klug

                                                                                                                         uNTERwEGS 1/2020   3
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         GASTKOMMENTAR

                                                                                                            Ostern belebt
         „Hallelu, hallelu, hallelu, halleluja, preiset den Herrn“ –
         der alten Kirchenschlager kann sehr belebend sein.

         „Hallelu, hallelu, hallelu, halleluja, prei-   chen Gruß also im Gottesdienst im              bekommt der eine schon in Gedanken
         set den Herrn“ – in diesem alten Kir-          Wechsel gerufen, die Sprechenden stehen        Rückenschmerzen bei dem, was ich vom
         chenschlager wird es manchmal ganz             jeweils kurz auf.                              Lied erzählt habe. Und die andere be-
         gerne so gemacht, dass die Singenden                                                          kommt womöglich Rückenschmerzen im
         wechselseitig in Gruppen aufstehen. Das        Was ein wenig nach Kindergottesdienst          übertragenen Sinne bei den allzu ab-
         klingt jetzt komplizierter als es ist. Dann    klingt – ich ärgere mich im Übrigen stets,     strakten Sätzen über die Auferstehung an
         stehen etwa die Frauen immer bei hal-          wenn das als abwertend gilt: schöne Kin-       und für sich. Wo ist die denn zu sehen, zu
         lelu, halleluja auf, die Männer bei preiset    dergottesdienste sind höchstes und wich-       erleben? Wir sehen doch oft und meist
         den Herren. Oder umgekehrt. Das macht          tigstes Gut der Kirche – lässt sich spie-      zuerst, welche Rückenschmerzen die
         trotz oder wegen seiner Simplizität viel       lend tief deuten. Ostern ist Auferstehung,     Welt und wir selbst haben, sitzen blei-
         Spaß, nicht zuletzt, weil im letzten Teil      im wörtlichen, im leiblichen und natür-        bend zwischen Flüchtlingsdrama und
         des Liedes an einer Stelle preiset den         lich auch im übertragenen Sinn. Jesus          innergesellschaftlichen Ausgrenzungs-
         Herrn zweimal hintereinander kommt,            steht auf – genauer: wird auferweckt –,        kämpfen. Aufstehen, dagegen aufstehen
         wo man es nicht erwartet. Spätestens da        steht auf, vom Tod und gegen den Tod,          ist angesagt und immer wieder dran.
         gerät das wechselseitige Aufstehen und         vom Verderben gegen das Verderben,             Aber ach, der Rücken, der eigene, der ge-
         Hinsetzen zu einem kleinen, fröhlichen         von der Angst gegen die Angst. Gott steht      sellschaftliche, der allgemein-politische
         Durcheinander. Sehr belebend.                  auf und wir mit ihm, werden auferweckt         – „Rücken hat jeder“ heißt es doch gerne.
                                                        aus Resignation, Verzagtheit, Hoffnungs-
         Hier und da habe ich dieses Lied schon         losigkeit und ständigem um uns selbst          Ostern belebt. Weil ich mich mitreißen
         in Ostergottesdiensten erlebt – mit Auf-       kreiseln. Wir werden auferweckt aus den        lassen kann – als allererstes von dem Ge-
         stehen im Wechsel, etwa derjenigen mit         vielen kleinen Toden unseres Lebens.           danken, dass Jesus schon aufgeweckt und
         einer hellen Stimme und derjenigen mit         Und aus dem letzten, eben nur scheinbar        auferstanden ist, dass die Hoffnung dar-
         dunkler Stimme. Aber wer entscheidet           letzten Tod. Ostern verheißt Gott: der         auf sich nicht erst noch erfüllen muss,
         das? Oder derjenigen, die sich jung und        Tod ist nicht das Letzte. Gottes Nähe und      damit ich sie glauben kann. Es ist schon
         derjenigen, die sich alt fühlen – naja,        Liebe, sein Licht und sein Kommen er-          passiert. Die Hoffnung ist Grund der
         dann bleibt auch mal eine Hälfte des Lie-      eignen sich genau da: mit der Auferste-        Feier, nicht ein fernes Ziel! Ostern belebt,
         des stumm, lächelnd mitgedacht. Ein be-        hung.                                          weil ich mich mitreißen lassen kann, dass
         lebendes Gottesdienstdurcheinander mit                                                        mir das zugerufen, zugesprochen, zuge-
         kleinen Selbstvergewisserungsanteilen          Das alles klingt nun zugegeben auch wie-       sagt wird: Der Herr ist auferstanden,
         zum Schmunzeln ergibt sich.                    der abstrakt – irgendwie sicher richtig, je-   komm, steh auch auf.
                                                        denfalls für die, die daran glauben
         Man kann das nun speziell an Ostern            können, aber doch ziemlich wohlgesetzt.        Und das nun ist das Schöne an diesem
         auch mit dem österlichen Ruf so zele-          Es bleibt wenig übrig von dem herrlich         Singspiel: Man sieht, wie eben die ande-
         brieren. Der Herr ist auferstanden – er ist    belebenden Durcheinander des Aufsteh-          ren strahlen und lachen beim Singen und
         wahrhaftig auferstanden. Diesen österli-       liedes. Anders ausgedrückt: vermutlich         Aufstehen. Die Freude der anderen belebt.

         4   uNTERwEGS 1/2020
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         Wie oft hatte ich bei Beginn des Liedes     nicht aufstehen, Sie sitzen womöglich im
                                                                                                      ZUR PERSON
         keine Lust zu singen, aber dann, wenn       Rollstuhl oder liegen dauerhaft im Bett?
         die anderen loslegen … und immer wie-       Die schönsten Momente, die ich bei die-
         der der gleiche Fehler an der gleichen      sem Lied erinnere, sind die, wenn die
         Stelle, vorletzte letzte Zeile, zweimal     Augen aufstehen, nur die Augen. Und
         hintereinander: preiset den Herrn. Man      man sieht, wie das Aufstehen hinter den
         will sich wieder hinsetzen und muss doch    Augen, im Kopf stattfindet. Und dann
         stehen bleiben. Oder umgekehrt, will        erst die Augen bei der Ansage: Jetzt sin-
         schon aufstehen, obwohl man noch mit        gen wir das Lied auf Hebräisch. – Kann
         sitzen dran ist. Herrlich: Durcheinander,   ich nicht. – Nicht? – Aber ja, doch! „Prei-
         Osterlachen. Gott hat die Eindeutigkei-     set den Herrn“ heißt übersetzt „Halle-
         ten der Welt ganz schön durcheinander       luja“. Und wer bleibt dann sitzen? Oder
         gebracht mit seiner Auferstehung – oder,    stehen alle immer auf? Na dann, bele-
         wenn Sie so wollen: hat sie so in Ord-      bende Auferstehung, hebräisch. Im Sin-
         nung gebracht, in seine Ordnung.            gen. Vor und hinter den Augen. Gott, wie
                                                     ist deine Welt so heilsam anders mit
         Jetzt sagen Sie: Sie können das Lied        Ostern. Also auf wunderbare Weise in
         nicht mehr mitmachen, Sie können gar        Ordnung. Amen.
                                                                     Bischof Dr. Christian Stäblein

                                                                                                      Bischof Dr. Christian Stäblein,
                                                                                                      geb. 1967. Seit November 2019 Bischof der
                                                                                                      Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-
                                                                                                      schlesische Oberlausitz (EKBO). Studium
                                                                                                      der evangelischen Theologie, Judaistik,
           Gott hat die Eindeutigkeiten der welt ganz schön                                           Philosophie, Geschichte und Rechtswissen-
           durcheinander gebracht mit seiner Auferstehung –                                           schaften in Göttingen, Berlin und Jerusa-
                                                                                                      lem. Promotion 2002. Gemeindepfarrer in
           oder, wenn Sie so wollen: hat sie so in Ordnung                                            Lengede und Nienburg an der weser;
           gebracht, in seine Ordnung.                                                                2008–2015 Studiendirektor des Predigerse-
                                                                                                      minars der Evangelisch-lutherischen Lan-
                                                                                                      deskirche Hannovers im Kloster Loccum;
                                                                                                      2015–2019 Propst im Konsistorium der
                                                                                                      EKBO.

                                                                                                                              uNTERwEGS 1/2020    5
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         TITELTHEMA

         Alexandra Lewing                              Dana Tiedge

                                     Ein evangelisch-katholisches Gespräch
         Ein Gespräch zur Fasten- und Osterzeit zwischen Alexandra Lewing (evangelisch),
         Bereichsleiterin des Erwachsenenwohnens der Samariteranstalten und
         Dana Tiedge (katholisch), Standortleiterin der Erwachsenenwohnstätten
         Posen/ Bethanien und Emmaus/ Marienheim.

                                                     A    lexandra Lewing: Wir sitzen heute
                                                          zusammen und sprechen über das
                                                     Thema „Ostern belebt“. Sie sind seit nun-
                                                                                                   wichtiger Abschnitt im kirchlichen Jahr
                                                                                                   darstellen. Es hat deshalb für mich eine
                                                                                                   große Bedeutung, weil es eine Zeit ist, in
                                                     mehr einem Jahr bei uns in den Samari-        der ich meine Beziehung zu Gott vertie-
                                                     teranstalten tätig, ich seit etwas mehr als   fen kann. Und in der ich mir ganz be-
                                                     zwei Jahren. Heute haben wir die              wusst Gedanken darüber mache, wie ich
                                                     Chance, uns in der „Unterwegs“ über           so leben kann, wie Jesus es mir aufgetra-
                                                     dieses spannende Thema intensiver zu          gen hat. Ich nenne das „innere Stopp-
                                                     unterhalten. Schon vor diesem Treffen         schilder aufstellen“. Und das bezieht sich
                                                     haben wir uns immer wieder über Ostern        nicht nur auf meinen privaten Bereich,
                                                     als Feier der Auferstehung Jesu Christi,      sondern auch auf die Arbeit. Ich nehme
                                                     aber auch über Agape – die göttliche          mir Auszeiten, gehe ins Gebet und ver-
                                                     Liebe – und die Fastenzeit ausgetauscht       suche, eine wirkliche Einkehr und Um-
                                                     und was diese Zeit mit uns macht. Für         kehr in den Wochen der Fastenzeit bis
                                                     mich als evangelische Christin ist der        hin zum Osterfest zu leben. Ich stelle mir
                                                     Karfreitag einer der höchsten kirchlichen     die Fragen: Wie gehe ich mit meinen
                                                     Feiertage, für Sie als Katholikin die         Mitmenschen um? Mit meiner Familie
                                                     Osternacht als Feier der Auferstehung.        und meinen Freunden, den Kollegen, den
                                                                                                   Bewohnern, aber auch mit Menschen, die
                                                     Dana Tiedge: Ich bin sehr froh darüber,       ich vielleicht nicht mag? Und wie kann
                                                     dass wir uns heute darüber unterhalten,       ich Nächstenliebe im Alltag, in der all-
                                                     weil das Osterfest und insbesondere die       täglichen Arbeit zeigen? Das bedeutet für
                                                     vorgelagerte Fastenzeit für mich ein sehr     mich konkret, dass ich in der Fastenzeit

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         nicht nur auf bestimmte Lebensmittel         wichtig zu sagen, warum ich faste. Und        AL: Ich kann sagen, dass ich einen sehr
         oder Dinge verzichte, sondern mich           dass es, wenn man über christlichen           diversen Freundeskreis habe und nicht
         frage, ob ich durch schlechte Angewohn-      Glauben spricht, ein fester Bestandteil       alle christlich geprägt sind, viele davon
         heiten oder Verhaltensweisen vielleicht      des Glaubens und des Kirchenjahres ist,       aber auch fasten. Meine Erfahrung ist,
         Menschen verletze und wo ich Buße tun        der aus meiner Sicht etwas verlorenge-        dass ich jedes Jahr faste, darüber rede
         kann. Die eigentliche Umkehr besteht für     gangen ist. Ich schätze die Fastenzeit        und immer mehr Menschen sagen: das
         mich darin, mich darum zu bemühen,           sehr wert, da es neben der körperlichen       mache ich dieses Jahr auch mal. Auch im
         diese Dinge bewusst wahrzunehmen und         Reinigung auch eine seelische Reinigung       Arbeitskontext oder bei Freunden, die
         ihnen zu entsagen.                           sein kann. Und darüber zu reden, ist ein      nicht religiös sind, nimmt das Thema an
                                                      Teil der Fastenzeit. Das ist für mich ein     Bedeutung zu. Wir diskutieren dann über
         AL: Für mich persönlich ist die Fasten-      Interdependenzunterbrecher. Man unter-        Sinn und Form des Fastens oder die
         und Osterzeit die allerwichtigste Zeit des   bricht seine Routinen, das ist aus meiner     Frage, was jede/jeder nur schwer loslas-
         Kirchenjahres. Ich nehme diese Fasten-       Sicht ein ganz wichtiger Aspekt in der        sen kann. Das ist für mich das Urbild von
         zeit schon lange intensiv wahr. Und ich      Fastenzeit, dass ich einen neuen Blick        Ostern: Jesus ist am dritten Tage aufer-
         finde, dass das eine Zeit ist, gerade wenn   auf Situationen, auf Menschen habe. Und       standen. Wir mussten (ihn) loslassen,
         wir davon reden, dass Ostern belebt, die     Erneuerung ist Leben, Leben ist Liebe,        dann ist uns etwas wiedergegeben wor-
         mir sagt: halt mal kurz an und sieh mal      und Liebe ist Verzeihen. Sprechen Sie         den, das größer ist als alles zuvor und
         in Ruhe auf Dinge. Guck in Liebe auf         über Ihr Fasten?                              womit wir nicht gerechnet haben. In der
         Dinge und verzichte. Verzichte im Sinne      DT: Ja, mit der Familie und Freunden,         Fastenzeit können wir loslassen, ohne zu
         von „Genieße, was du hast.“. Wir rennen      aber auch mit Kollegen spreche ich über       wissen, was daraus entsteht. Das in dem
         so durch den Alltag, sind uns gar nicht      das Fasten. Für viele meiner christlichen     Vertrauen und der Hoffnung und der
         bewusst, was wir alles haben. Wir sind       Freunde ist das Fasten ein wichtiges          Liebe, dass es uns etwas Neues bringt
         uns meist schnell bewusst darüber, was       Thema. Das Fasten ist einem Wandel un-        oder zeigt, zu tun, empfinde ich als ein
         wir NICHT haben, aber das Bewusstsein        terlegen – Kinder fasten anders als Ju-       starkes und tröstliches Bild. Das teile ich
         darüber, was scheinbar selbstverständlich    gendliche oder Erwachsene – daher ist es      in Freude, gerade in Gesprächen über den
         da ist, zeigt sich mir nochmal anders in     mir wichtig, darüber mit meinen Kindern       Grund meines Fastens. Was immer ein
         der Fastenzeit. Nächstenliebe – oder auch    zu sprechen und ihnen zu zeigen, dass         Thema in den Gesprächen ist: Was fastest
         Agape – ist für mich so vielschichtig.       das Fasten auch für Erwachsene kein           du? Man kann alles Mögliche fasten.
         Liebe ist so groß und so komplex, und        Selbstläufer, sondern manchmal Mühsal         Schlechte Gedanken oder Reden, Süßig-
         mit Liebe auf Dinge gucken heißt für         ist. Die Fastenzeit ist für mich aber nicht   keiten, Alkohol usw. Ich faste zum Bei-
         mich auch Loslassen im Sinne von Los-        nur eine Zeit des Verzichts oder der Um-      spiel jedes Jahr Kaffee. Für mich geht
         lassen von schlechten Gedanken und           kehr, sondern birgt auch Momente der          normalerweise ohne Kaffee gar nichts.
         Vorstellungen. Im Alltag passiert es         Hoffnung und der Zuversicht und somit         Das ist immer eine echte Herausforde-
         schnell, dass wir unseren schlechten Ge-     des Lebens in sich. An Laetare gestalte       rung. Ich weiß, ich habe diese sieben Wo-
         danken freien Lauf lassen, Ereignisse        ich z.B. gemeinsam mit Freunden aus           chen im Jahr, die hart werden.
         verknüpfen und falsche Rückschlüsse          der Kirchengemeinde einen besonderen
         ziehen. Und eben auf diese Situationen       Gottesdienst, bei dem wir die Mitte der       DT: Na, da bin ich froh, katholisch zu
         mit Liebe zu gucken, ist ein großer Be-      Fastenzeit feiern. Diese Feier ist durch-     sein. In der katholischen Kirche dauert
         standteil der Fastenzeit und von Leben       zogen vom tröstlichen Gedanken, dass          die Fastenzeit 40 Tage, die Sonntage wer-
         und Lebendigkeit, weil das auch mit Los-     die Osterzeit und damit die Hoffnung auf      den nicht zur Fastenzeit dazugerechnet.
         lassen und Verzeihen zu tun hat. Und         Auferstehung und das Leben naht. Und          Schließlich ist jeder Sonntag ein kleines
         Verzeihen ist aus meiner Sicht ein ver-      am Ende der Fastenzeit steht für meine        Osterfest. Da kann ich auch mal nach-
         bindendes Element, sowohl in der evan-       Familie, meine Freunde und mich die           sichtig mit mir sein und in Vorfreude auf
         gelischen als auch in der katholischen       längste Messe des Kirchenjahres: begin-       das eigentliche Osterfest den Verzicht be-
         Kirche. Verzeihen können ist ein Teil von    nend an Gründonnerstag mit der Fuß-           stimmter Lebensmittel aussetzen.
         „Gut und lebendig miteinander umge-          waschung und einer anschließenden
         hen“.                                        Agapefeier, über Karfreitag bis hin zur       AL: Da bin ich ganz ich selbst, die sie-
                                                      Osternacht, in der die Auferstehung des       ben Wochen ziehe ich konsequent durch.
         DT: Nimmt Ihr Umfeld wahr, dass Sie fa-      Herrn gefeiert wird.                          Entweder ganz oder gar nicht. Und ich
         sten? Sagen Sie Ihrem Umfeld, dass Sie       Die Gespräche mit Kollegen, die wenig         freue mich schon auf weitere Fasten- und
         fasten?                                      mit der Kirche oder kirchlichen Ritualen      Ostergespräche.
                                                      zu tun haben, finde ich sehr spannend.
         AL: In meinem Umfeld mache ich das           Ich wünschte mir, das Thema Fasten und        DT: In diesem Sinne: „Ostern belebt
         bekannt. Ich habe Tage vor Beginn der        Ostern bei meinen Kollegen präsenter          (uns)“.
         Fastenzeit gesagt: „Ab Aschermittwoch        gestalten zu können. Vereinzelte Gesprä-
         faste ich.“ Darüber komme ich mit ande-      che über das Wie und Warum des Fastens
         ren ins Gespräch. Warum fastet man?          gab es bereits. Ich finde es auch wichtig,
         Wie fastet man? Was ist dieses Jahr das      christliche Feste und Rituale bei den Kol-
         Fastenthema? Das sind Fragen, die dann       legen ins Bewusstsein zu heben, schließ-
         aufkommen. Es gibt die verschiedensten       lich sind die Samariteranstalten ein
         Arten und Wege zu fasten. Ich finde es       christlicher Arbeitgeber.

                                                                                                                             uNTERwEGS 1/2020   7
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         TITELTHEMA

         Sich einlassen. Glaube zulassen. Einfach loslassen.
         Zu Ostern gehört für mich mein persönlicher weg durch die Karwoche.
         So düster, so undurchsichtig, so unverständlich sie scheinen mag
         und so sehr die Karwoche ihrem wesen nach darauf anlegt ist eine
         eher dunkle Phase zu sein, ist sie für mich die schönste woche des
         Kirchenjahres.

                                                     A    ll die Gedanken, Gefühle und Er-
                                                          fahrungen dieser Zeit suchen, über
                                                     den Rest des Jahres hinweg, ihresglei-
                                                                                                 Jubel bei seinem Einzug in Jerusalem
                                                                                                 nimmt mich in Besitz. Doch wohlwis-
                                                                                                 send, was nun unausweichlich folgen
                                                     chen und am Ende kommt schließlich          wird, kündigt sich der Abschied aus der
                                                     alles zusammen, was den christlichen        Ferne an und schickt seine Vorboten in
                                                     Glauben für mich ausmacht.                  Form eines sich hinterrücks anschlei-
                                                                                                 chenden Gefühls von Einsamkeit. Ich
                                                     Fast unmerklich gleitet mein Inneres        ziehe mich zunehmend zurück in mich
                                                     jedes Jahr mit dem Beginn der Karwoche      selbst und harre der Dinge, die da nun
                                                     in einen ganz besonderen Wesenszustand      kommen werden.
                                                     über. Allmählich trübt sich mein Befinden
                                                     und eine alles umhüllende Schwere           Ganz so wie in unserer täglichen Arbeit
                                                     nimmt meine Seele in Besitz. Die Gedan-     habe ich mich auch im Glauben mit der
                                                     ken schweifen ab und verlieren sich ein     Zeit daran gewöhnt zu funktionieren.
                                                     ums andere Mal in sich selbst. Das Kreuz    Dabei ist es nur menschlich, dass ich
                                                     scheint mir in diesen Tagen unter die       ständig Gefahr laufe in Automatismen zu
                                                     Brust, direkt auf das Herz tätowiert und    verfallen, die den Blick für die Indivi-
                                                     wenn es eine passende Erklärung für den     dualität von Menschen und deren Le-
                                                     Begriff „mystisch“ gäbe, so würden die      benssituationen oder auf meinen eigenen
                                                     Stunden von Palmsonntag bis zum Oster-      Glauben versperren. Professionalität im
                                                     morgen die gelebte Definition dafür sein.   Sozialbereich zeichnet sich daher heut-
                                                                                                 zutage in besonderem Maße dadurch aus,
                                                     Es kommt mir einerseits vor, als wäre es    dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
                                                     erst gestern gewesen, dass wir gemein-      der Lage sind sich selbst und ihr Handeln
                                                     sam in den Kirchen ausgelassen die Ge-      zu reflektieren, um so dem eigenen Au-
                                                     burt Jesu feierten. Überall waren           tomatisierungsprozess entgegenzuwir-
                                                     fröhliche Gesichter, strahlende Menschen    ken. Nun fällt mir die Anwendung des
                                                     und offene Herzen. Die entsprechenden       Begriffes der Professionalität in Bezug
                                                     Bilder habe ich noch vor Augen. Ande-       auf den Glauben äußerst schwer, denn
                                                     rerseits merke ich, wie sich meine Seele    was soll das sein: Eine professionell
                                                     im Laufe dieser einen Woche vor Ostern      Gläubige bzw. ein professionell Gläubi-
                                                     zunehmend verschließt. Es wird eng in       ger? Eine Pfarrerin oder ein Pfarrer? Eine
                                                     meinem Inneren. Die wärmenden Weih-         Theologin oder ein Theologe? Eine Or-
                                                     nachtsbilder verschwimmen, verblassen       densschwester oder ein Ordensbruder?
                                                     und verschwinden gänzlich im Halbdun-       Der Papst vielleicht?
                                                     kel meiner Erinnerungen. Das Ende naht.
                                                     Der Tod kommt ins Spiel.                    Die Anwendung des Begriffs der Profes-
                                                                                                 sionalität auf den Glauben scheint also
                                                     Noch einmal wird die Strahlkraft der Per-   wenig zielführend. Umso verheißungs-
                                                     son Jesu an Palmsonntag erlebbar. Ein       voller wirkt für mich an dieser Stelle das
                                                     Funke springt über und der freudige         Prinzip der Selbstreflektion und nun wird

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Unterwegs - Samariteranstalten Fürstenwalde
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         mir klar, was während der Karwoche mit        eben nur so weit, wie ich ihn zulasse bzw.   durchzukehren. Der Frühjahrputz für die
         mir passiert. Ich reflektiere meinen eige-    zulassen kann. Oder zulassen will? Und       Seele ist vollbracht. Auf dem Weg nach
         nen Glauben. Ich setze mich in Bezug zu       so ist es für mich keineswegs selbstver-     Hause wundere ich mich noch kurz, über
         Leben und Sterben von Jesus, zu seinem        ständlich an Christus zu glauben. Mein       diese mystische Eigendynamik der vor-
         Vermächtnis und seinem Auftrag, die er        Glaube wird vielmehr im Zuge der             angegangenen Woche. Wobei ich merke,
         uns hinterlassen hat, um uns nicht allein     Selbstreflektion aus mir selbst heraus       dass mir die einzelnen Erinnerungen
         zurückzulassen. Ich frage nach meinem         verständlich.                                daran gar nicht mehr wirklich gegenwär-
         eigenen Tun und Unterlassen, hier und                                                      tig sind. Es scheint, als sei nun kein Platz
         heute. Ich suche nicht länger nach etwas,     In dieser Form etwa schwirren verschie-      mehr für sie in meinem frisch aufge-
         das ich bereits in mir trage, sondern un-     denste Gedanken diese eine Woche im          räumten Seelenhaus. Etwas in mir ist neu
         ternehme den Versuch mich auf meinen          Kopf umher. Sie wirken dabei unwill-         geboren worden und selbst wenn ich
         Glauben ein- und ihn mit all seinen Fa-       kürlich der bedrückenden Melancholie         diese ganze Sache mit der Auferstehung
         cetten zuzulassen.                            der Karwoche kraftvoll entgegen. Grün-       nie ganz begreifen werde, ist mir in die-
                                                       donnerstag genieße ich es dann meine         sem Moment eines klar: Ich muss es auch
         An dieser Stelle scheint es mir von Be-       Gedanken einmal kurz beiseite zu schie-      nicht, solang meine Gefühle mir erklären,
         deutung zu erwähnen, dass ich mich erst       ben, mit anderen Menschen zusammen           was Worte allein nicht ausdrücken kön-
         mit Anfang Zwanzig habe taufen lassen.        zu kommen, zusammen zu sein und aus          nen. Alles, was ich muss, ist mich darauf
         Aufgewachsen in einem nicht gerade            der Gemeinschaft heraus Kraft für diese      einzulassen meinen Glauben zuzulassen,
         kirchlich orientierten Umfeld und ohne        letzten, entscheidenden Stunden der Kar-     um so einfach mal wieder loslassen zu
         wesentliche Bezüge zum christlichen           woche zu sammeln. Ist das Licht dann er-     können.
         Leben, hatte ich erstmals als Kind im         loschen, das Kreuz verdeckt und jeder für                             Marc Müllerskowski,
         Alter von sieben oder acht Jahren das Ge-     sich mit Christus wieder allein, heißt es                 Stabsstelle Kinderwohnbereiche
         fühl einen Glauben in mir zu tragen.          erneut die Gefühle und den Glauben zu-
         Wobei dieses Gefühl und der damit ein-        zulassen. Von Karfreitag bis zum Oster-
         hergehende Glaube seit jeher zwei Seiten      morgen verbringe ich möglichst viel Zeit
                                                                                                     ZUR PERSON
         ein und derselben Medaille sind. Etwas        in der Natur, da sie meiner Seele den nö-
         später, vielleicht so im Alter von elf oder   tigen Halt und meinen Gedanken den
         zwölf Jahren, war mir dann klar, dass         ihnen gebührenden Freiraum gibt, um
         mein Weg mich irgendwann zum Tauf-            loslassen zu können.
         becken führen würde. Ich wusste damals
         noch nicht wann und wie, wollte und           Und am Ostermorgen ist es so weit: Die
         musste es aber nicht wissen. Ich hatte ja     ausgelassene Stimmung, die fröhlichen
         meinen Glauben. Obwohl im Kindesalter         Gesichter, strahlenden Menschen und of-
         sicher eher unbewusst, war es für mich        fenen Herzen sind zurück. Sachte ent-
         dabei von entscheidender Bedeutung den        schwindet die alles umhüllende Schwere
         eigenen Glauben überhaupt zuzulassen.         aus meinem Inneren in Richtung Son-
         Heute würde ich sogar sagen: Christus in      nenaufgang und mit ihr verschwinden die
         mir zuzulassen, ihm Raum zu geben und         Narben, die das Kreuz unter der Brust
         mich auf die Wirkung des Glaubens ein-        hinterlassen hat. Sie verheilen mit jedem
         zulassen. Also: Die Einladung zum Glau-       neuen Lied, dass wir an diesem Morgen         Marc Müllerskowski
         ben vorbehaltlos anzunehmen!                  anstimmen.                                    Geb. 1983 in Bad Saarow
                                                                                                     Sozialarbeiter/Sozialpädagoge (B.A.)
         Scheint als Christ alles ganz logisch,        Äußerlich fast unmerklich hat die Re-         wohnort ist (im Moment) Storkow
         ganz selbstverständlich, oder? Aber ist es    flektion der vergangenen Tage innerlich       Taufspruch: Matthäus 7:7-8
         das wirklich? Also ist es aus sich selbst     dazu beigetragen mal wieder richtig
         heraus verständlich?

         Wieder würde ich die Parallele zu unse-
         rer täglichen Arbeit vor Ort ziehen, denn
         gleich der Arbeit am, mit und für den
         Menschen ist auch am eigenen Glauben               Obwohl im Kindesalter sicher eher unbewusst,
         nichts selbstverständlich. Und wo es uns
         das Gebot der Professionalität im beruf-
                                                            war es für mich dabei von entscheidender Bedeutung
         lichen Handeln verbietet Menschen, die             den eigenen Glauben überhaupt zuzulassen.
         uns anvertraut sind, in ihrem Dasein als
         allzu selbstverständlich, mit anderen
         Worten einfach nur als gegeben hinzu-
         nehmen, führt mich die Reflektion mei-
         nes Glaubens zu der Einsicht, dass auch
         dieser nicht einfach als gegeben hinge-
         nommen werden kann. Ja, er ist da. Aber

                                                                                                                              uNTERwEGS 1/2020   9
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         KATHARINA VON BORA-HAUS

                                                                                                                  Aufgelebt
         Anfang Mai 2018 kam Frau Edith Hertwig aus dem
         Krankenhaus zu uns. Nach wiederholten Stürzen wurde
         von den Angehörigen die Entscheidung getroffen,
         dass ein Leben zu Hause nicht mehr möglich sei.
         Damals war sie 79 Jahre alt.

                                                    F   rau Hertwig wohnte seit dem Tod
                                                        ihres Mannes alleine in ihrem Haus
                                                    in Seelow. In letzter Zeit wurde sie
                                                                                                   sie erhielt aufgrund ihrer zunehmenden
                                                                                                   Immobilität einen Pflegerollstuhl. Der
                                                                                                   Medizinische Dienst stufte sie in den
                                                    immer unselbständiger, stürzte oft und         Pflegegrad 5 ein. Nach einer weiteren
                                                    auch ihre Vergesslichkeit wurde stärker.       Krankenhauseinweisung im Juni kamen
                                                    Auch in ihrer neuen Umgebung stürzte           noch starke Schluckstörungen und ein
                                                    sie sehr oft. Besonders, weil sie nachts       Dekubitus an einer Ferse hinzu. Die Si-
                                                    keine Hilfe beim Toilettengang anfor-          tuation war sehr kritisch. Nur mit sehr
                                                    derte. Vielleicht, weil sie vergessen hatte,   viel Zeit, Geduld und Freundlichkeit war
                                                    dass sie alleine nicht mehr laufen konnte      es möglich, ihr etwas zu essen und zu
                                                    und wie man um Hilfe klingelt.                 trinken zu geben.

                                                    Ihre Situation verschlechterte sich rapide.    Nach etwa zwei Wochen Bettlägerigkeit
                                                    Nach einem erneuten Krankenhausauf-            wollte Frau Hertwig wieder aufstehen.
                                                    enthalt, aufgrund eines Sturzes, reagierte     Sie freute sich sehr über eine Stunde auf
                                                    sie bei Pflegemaßnahmen mit starker            dem Balkon oder im Garten und hatte
                                                    Angst und Abwehrverhalten, zudem war           wieder etwas mehr Appetit.
                                                    ihr Hörgerät weg und die Kommunika-
                                                    tion dadurch sehr erschwert. Ende Mai          Die Nächte waren weiterhin unruhig.
                                                    benötigte Frau Hertwig vollständige            Manchmal wurde sie vom Nachtdienst
                                                    Hilfe beim Essen und der Körperpflege,         unter ihrem Tisch angetroffen, oft lag sie

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         vor ihrem Bett auf der Auffangmatte, wo     Für alle Mitarbeitenden ist es etwas Tol-
         sie auch mal die ganze Nacht schlafen       les, solch ein Aufleben zu erleben. Daran
         wollte. Auch am Tag war Frau Hertwig        haben viele Mitarbeitenden der Pflege
         oft beunruhigt. So wollte sie häufig un-    und Betreuung mit ihrer Geduld, ihrer
         bedingt und sofort nach Seelow oder         Zuwendung, ihrem Optimismus und
         hatte andere Sorgen und Ängste. In sol-     ihrer Kompetenz einen Anteil. Den größ-
         chen Situationen brauchte sie eine Ein-     ten Anteil hat Frau Hertwig selber mit
         zelbetreuung, jemand, der nur für sie da    ihrem großem Lebenswillen und ihrer
         war, ihr zuhörte, mit ihr in den Garten     Hoffnung.
         fuhr oder zu den Kitakindern der Arche.
         Doch das war nicht immer möglich.           Heute geht es Frau Hertwig immer noch
                                                     gut. Seit ihrem Einzug hat sie 30 kg zu-
         Ein weiteres Problem war ihre Wunde an      genommen. Irgendwann wollte sie nicht
         der Ferse, die nur langsam etwas besser     mehr in der Wohngruppe bleiben und lie-
         wurde und sie in ihrer Mobilität beein-     ber mit anderen Bewohnern essen. Es ist
         trächtigte. Auch auf das neue Hörgerät      nicht ausgeschlossen, dass ihre neue
         musste sie noch immer warten.               Freundschaft mit einem Bewohner dabei
                                                     eine wesentliche Rolle spielte.
         Im Sommer konnten wir auch im Dach-
         geschoss eine Tagesbetreuung für Be-        Sie freut sich schon sehr auf den Früh-
         wohner mit einer dementiellen Erkran-       ling.
                                                                                                 Frau Hertwig beim Ausflug nach Seelow
         kung anbieten. Das war für Edith Hert-                                  Reinhard weiß
         wig genau das Richtige, denn sie ist ein
         Mensch, der Geselligkeit mag, gerne
         singt und erzählt. Jetzt war sehr oft je-
         mand da, der Zeit hatte, der verschiedene
         Angebote für die Tagesgestaltung mach-
         ten konnte, der Bedürfnisse erkannte und
         Ressourcen fördern konnte. Frau Hertwig
         war jetzt wieder so mobil, dass die Teil-
         nahme an kleineren Ausflügen in den
         Tierpark oder nach Bad Saarow möglich
         war. Den Pflegerollstuhl brauchte sie
         nicht mehr und konnte sich in ihrem
         Standardrollstuhl wieder selbst fortbe-
         wegen. Endlich konnte sie auch ein neues
         Hörgerät bekommen. Die Schwierigkei-
         ten beim Essen und Trinken waren über-
         wunden. Es war für alle toll zu erleben,
         wie ihre Selbstständigkeit immer besser
         wurde, sie strahlte, weil sie beim Tische
         abräumen helfen konnte und zufrieden,
         ja an manchen Tagen auch glücklich war.

         In der Osterzeit fuhren Mitarbeiterinnen
         der Betreuung mit ihr (und anderen Be-
         wohner/innen) nach Seelow und auch zu
         ihrem Haus. Frau Hertwig war begeistert,
         sie erkannte alle Straßen und Häuser und
         natürlich alles von ihrem Haus, Garten
                                                                   In einem Jahr gab eine Entwicklung von
         und Hof. Seitdem äußerte sie nicht mehr                   völliger unselbstständigkeit hin zu großer
         den Wunsch, nach Seelow zu fahren, of-
         fenbar konnte sie Abschied nehmen.
                                                                   Selbstständigkeit, von großer unruhe und
                                                                   Verzweiflung hin zu Zufriedenheit.
         Die Lebenssituation von Frau Hertwig
         im Sommer 2019 ist mit der vom Som-
         mer 2018 nicht mehr zu vergleichen. In
         einem Jahr gab eine Entwicklung von
         völliger Unselbstständigkeit hin zu gro-
         ßer Selbstständigkeit, von großer Unruhe
         und Verzweiflung hin zu Zufriedenheit.

                                                                                                                         uNTERwEGS 1/2020   11
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         CHRISTOPHORUS-WERKSTÄTTEN

                                                                                   www.JenaFoto24.de / pixelio.de

                                                                             who moved my cheese
         wie wir mit dem Verlust (des Käses) umgehen erzählt die Mäusestrategie
         für Manager, wobei wir alle Manager unseres Lebens sind.

                                                     N    achdem Frau Polinsky und Frau
                                                          Zock in der letzten Ausgabe der Un-
                                                     terwegs so wunderbar über die Verkaufs-
                                                                                                                    Gründonnerstag feiert Jesu mit seinen
                                                                                                                    Jüngern das Abendmahl, wird von Sol-
                                                                                                                    daten gefangen genommen und Karfrei-
                                                     veranstaltungen der Werkstätten zur                            tag gekreuzigt. Wieder ein Sinnbild der
                                                     Weihnachtszeit berichteten, ist die Frage                      Veränderung - diesmal des Verlustes, des
                                                     nach einem interessanten Osterthema aus                        Scheiterns – das Sterben. Ostersonntag
                                                     den Christophorus-Werkstätten für die                          dann die Auferstehung, die positive Um-
                                                     aktuelle Ausgabe der Unterwegs leider                          deutung des Todes. Aus der Verlusterfah-
                                                     nicht mehr so einfach zu beantworten.                          rung wird ein Gewinn. Wir dürfen hoffen
                                                     Ein Bericht zum Verkauf von Osterpro-
                                                     dukten scheint erschöpft und es bleibt
                                                     nichts Anderes übrig, als die Ebene von
                                                     Ostereiern und Dekoartikeln zu verlassen
                                                     und auf die hinter dem Osterfest liegende
                                                     Geschichte zu schauen. Was erzählt mir
                                                     das Osterfest hinsichtlich meiner Arbeit
                                                     in den Christophorus-Werkstätten?

                                                     Die Ostergeschichte beginnt am Palm-
                                                     sonntag mit dem Einzug Jesu in die Stadt
                                                     Jerusalem. Der Einzug als Synonym für
                                                     etwas Neues, eine neue Wohnung, ein
                                                     neues Haus, eine neue Arbeit, ein Auf-
                                                     bruch, wenn ich den Terminus vom ver-
                                                     gangenen Samariterfest (…Wer auf-
                                                                                                                     Einzug Jesu in Jerusalem –
                                                     brichtder kann hoffen) noch einmal be-
                                                                                                                     Altarbild in der Samariterkirchein der Passionzeit
                                                     mühe.

         12   uNTERwEGS 1/2020
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                                                                                                       CHRISTOPHORUS-WERKSTÄTTEN

         und selbst im größten Verlust ein Wun-      · Sei auf Veränderungen vorbereitet –
         der erwarten? Begründet die Osterge-          Mach Dich darauf gefasst, dass der
         schichte für uns eine Kultur die Fehler,      Käse verschwindet!
         Scheitern, Verlust und Tod zum Bestand-
         teil des Lebens macht?                      · Beobachte die Veränderungen – Je
                                                       schneller Du alten Käse sausen lässt,
         Kurz nach meiner Einstellung als Werk-        desto eher kannst Du neuen Käse ge-
         stattleiter in den Samariteranstalten         nießen!
         bekam ich vom Direktor ein Buch ge-
         schenkt: Spencer Johnson „Die Mäuse-        · Verändere Dich – Folge dem Käse!
         strategie für Manager – Veränderungen
         erfolgreich begegnen“. Das Buch erzählt     · Genieß die Veränderung – Koste das
         eine Parabel von Mäusen und Menschen          Abenteuer aus und lass Dir den neuen
         in einem Labyrinth in welchem vier            Käse schmecken!
         Mäuse nach Käse suchen und was diese
         tun, wenn der Käse weniger wird.            Wie wir mit dem Verlust (des Käse) um-
                                                     gehen erzählt die Mäusestrategie für Ma-
         Dabei steht der Käse als Synonym für        nager, wobei wir alle Manager unseres
         alles was uns im Leben wichtig ist – Ar-    Lebens sind. Das Verluste zum Leben
         beit, Beziehung, Liebe, Geld, ein Haus,     dazu gehören, erzählt uns hingegen das
         Freiheit, Gesundheit, … Jeder hat seine     Osterfest mit seiner Geschichte. Für mich
         eigenen Bilder, was der Käse symboli-       ist sie eine Geschichte der Veränderung.
                                                                                                       VON UNS GEGANGEN SIND
         siert. Wir jagen den Dingen hinterher,      Suchen wir also rechtzeitig nach neuen
         nehmen sie in Besitz und gewöhnen uns       Geschäftsfeldern, neuer Arbeit und                im Katharina von Bora-Haus
         an ihre Existenz. Der Verlust des Käses     neuem Käse. Gewöhnen wir uns nicht an
         wird zur traumatischen Erfahrung, wenn      das IST. Die nächste Veränderung kommt              Anneliese Maretzki (96)
         wir Veränderungen nicht zulassen. Fol-      mit Sicherheit.                                     am 09. Dezember 2019
         gerichtig gibt es im Labyrinth also ver-
         schiedene Motto an der Wand:                Passend dazu – die Fastenaktion der                 Marga Maaß (83)
                                                     Evangelischen Kirche in diesem Jahr –               am 17. Dezember 2019
         · Es wird sich etwas ändern – der Käse      Zuversicht! Sieben Wochen ohne Pessi-
           bleibt nicht für immer!                   mismus.                                             Elvira Rittwag (86)
                                                                            Frank-Michael würdisch       am 25. Dezember 2019

                                                                                                         Gisela Preschel (81)
                                                                                                         am 29. Dezember 2019

                                                                                                         Christel Gasa (81)
         Gewöhnen wir uns nicht an das IST.                                                              am 31. Dezember 2019
         Die nächste Veränderung kommt mit Sicherheit.
                                                                                                         Herbert Krüger (92)
                                                                                                         am 14. Januar 2020

                                                                                                         Gerda Thieme (88)
                                                                                                         am 02. Februar 2020

                                                                                                         Ingeborg Härtel (91)
                                                                                                         am 29. Februar 2020

                                                                                                         ulrich Lumbée (92)
                                                                                                         am 10. März 2020

                                                                                                         Else Neumann (98)
                                                                                                         am 16. März 2020

                                                                                                       aus den Erwachsenenwohnbereichen

                                                                                                         Hans ullrich Hahn (77)
                                                                                                         am 09. Dezember 2019
                                                     Artikel in Leichter Sprache siehe nächste Seite

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         IMPRESSUM

      „Who moved my cheese“, das ist Englisch und ist der Titel von einem Buch.

      Das Buch heißt „Die Mäuse-Strategie für Manager“            Die Geschichte meint,
      Herr Würdisch hat sich überlegt was er für die              dass jeder Mensch etwas anderem hinterher rennt.
      UNTERWEGS schreiben kann.                                   Verlieren die Mäuse den Käse, dann sind sie traurig.
      Das Thema der UNTERWEGS ist Ostern.                         So wie wir Menschen.
      Herr Würdisch möchte mit der Oster-Geschichte               Wenn wir etwas Wichtiges verlieren,
      beginnen.                                                   sind wir auch traurig.
                                                                  Deshalb ist es wichtig zu wissen,
     Die kurze Oster-Geschichte:                                  dass sich auch manchmal Dinge ändern.
     Die Oster-Geschichte fängt am Palm-Sonntag an.               Das heißt wir verlieren wichtige Dinge.
     An diesem Tag zog Jesus Christus in die Stadt                Aber das ist nicht schlimm.
     Jerusalem ein.                                               Denn wenn wichtige Dinge weg sind,
     Einzug bedeutet etwas Neues.                                 kommen andere wichtige Dinge.
     Zum Beispiel:
     • eine neue Wohnung                                          In dem Buch wird das so geschrieben:
     • ein neues Haus,                                            „Es wird sich etwas ändern –
     • eine neue Arbeit,                                          der Käse bleibt nicht für immer!“
     • ein Aufbruch.                                              Man soll auf Veränderungen vorbereitet sein.
                                                                  Das bedeutet, man weiß, dass wichtige Dinge gehen
     Am Grün-Donnerstag feiert Jesus                              aber auch wieder kommen.
     mit seinen Jüngern das Abend-Mahl.
     Dabei wird Jesus von römischen Soldaten                      Je schneller man die alten wichtigen Dinge loslässt,
     gefangen genommen.                                           desto schneller hat man wieder neue wichtige Dinge.
     Kar-Freitag wird Jesus gekreuzigt.                           Man soll nicht so lange traurig sein, weil alte wichtige
     Dabei stirbt Jesus.                                          Dinge weg sind.
     Am Oster-Sonntag ist dann die Auf-Erstehung.
     Das bedeutet, dass Menschen Jesus wieder                     Denn die Veränderung kann auch was sehr Gutes sein.
     bei sich spüren.                                             Im Buch wird erzählt wie wir mit der Veränderung
     Deshalb können die Menschen immer hoffen.                    umgehen können.
     Deshalb verstehen die Menschen,                              Im Buch heißt das Verlust.
     dass auch Verlust etwas Gutes haben kann.                    Das Buch und die Oster-Geschichte erzählen eine
                                                                  gleiche Geschichte.
     Die Mäusestrategie für Manager                               Beide Geschichten erzählen von Verlusten
     Als Herr Würdisch in der Werkstatt angefangen hat,            und Neuanfang.
     hat der Direktor ihm ein Buch geschenkt.                     Beide Geschichten erzählen von Veränderung.
     Das Buch heißt „Die Mäusestrategie für Manager“.             Das bedeutet für Herrn Würdisch immer offen
     Im Buch steht eine Geschichte von 4 Mäusen.                  für etwas Neues zu sein.
     Diese Mäuse suchen im Labyrinth nach Käse.
     In der Geschichte steht auch was die Mäuse                   In der Werkstatt neue Aufgaben suchen.
     dann mit dem Käse machen.                                    In der Werkstatt nicht nur immer das Alte machen.
                                                                  Denn Herr Würdisch weiß,
     Die Mäuse und der Käse haben aber eine Bedeutung.            dassVeränderungen wichtig sind.
     Die Mäuse sollen Menschen sein.                              Her Würdisch weiß,
     Der Käse soll für wichtige Dinge im Leben stehen.            dass Veränderungen immer wieder kommen.
     Zum Beispiel:
     • Arbeit                                                     Dazu passt: Die Fasten-Aktion der evangelischen
     • Familie                                                    Kirche in diesem Jahr.
     • Liebe                                                      „Zuversicht – 7 Wochen ohne Pessimismus“
     • Geld                                                       Das bedeutet 7 Wochen lang Hoffnung und Zuversicht.
     • Freiheit                                                                                                     Mario Stein
     • Gesundheit
     Für jeden bedeutet der Käse etwas anderes.
         14   uNTERwEGS 1/2020
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                                                                  Ostern 2020

         Ostern

            Ei bemalt von                                   Ei ausgemalt von
           Steven Conrad                                  Bernd Pintschavius

                                                                                Bild von Bärbel Schröder

                                                                                 Bild von Andrea Richter

                                                                                Bild von Christina Gläser
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                                                                                      Bild von Heike Kube

                                                                                    Bild von Jürgen Balzer

                                                   Bild von Günter Kaufmann          Bild von Phillipp Graf

                                                      Bild von Renate Petzold     Bild von Thomas Kitzrow
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                                                                                                         mittend
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                                                              Text von Alexander Teske          Bild von Steven Conrad

                                                                                         Bild von Klaus-Dieter Schwalbe

                                                                                               Bild von waltraud Diehr

                       Text von wolfgang Flegel

                                          Bild von wolfgang Flegel
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                                                                   Ostern
                 rin
         mittend                                                   Ich stelle mir vor, dass man zur Kirche gehen kann.
                                                                   Man kann auch Osterwasser holen.
                                                                   Mit den Kindern kann man Eier suchen gehen.
                                                                   Oder einen Spaziergang machen und an Christus denken,
                                                                   dass er für uns ans Kreuz geht.
                                                                   Oder man geht auch mal zu Ostern auf den Friedhof.
                                                                   Eine schöne Tasse Kaffee trinken möchte ich auch.

                                                                   Ein schönes Osterfest wünscht
                                                                   Eure Ilse Prüfer

                                           Bild von Fred Kusatz

                                                      Bild von Dieter Becker

         HALLO LIEBE LESER DER MITTENDRIN ,

         AM 13.02.2020 HATTE ICH MEINEN 30. GEBuRTSTAG GEHABT
         uND HABE EINEN RuNDFLuG GEMACHT. uND wIR wAREN
         wIE GEwÜNSCHT 10000 FuSS HOCH GEwESEN.
         DAS SIND uMGERECHNET 3048 METER HOCH,
         DIE FLuG GESCHwINDIGKEIT wAR 240 KNOTEN PRO STuNDE,
         DAS SIND uMGERECHNET 444 KILOMETER PRO STuNDE.

         ICH BIN DAS ERSTE MAL VON NEuHADENBERG ABGEFLOGEN,
         wIR HATTEN GROSSES GLÜCK MIT DEM wETTER uND
         KONNTEN SCHÖN wEIT RuNTER SCHAuEN, ICH HOFFE
         MEINE BILDER GEFALLEN EuCH, MIT GEFLOGEN SIND
         HENRY HOPF, BODO wITT, REINER HEMPE uND FLuG LOTSE .

         GRuSS HENRY HOPF
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                                                                                                         MITARBEITERVERTRETUNG

                                   was für ein Thema in der heutigen Zeit.
         Ostern belebt… In unzähligen theologischen Schriften, Büchern und Auslegungen
         wurde und wird der Bedeutung von Ostern nachgegangen. Es werden ursprünge
         und Verbindungen zwischen verschiedenen Bräuchen und Traditionen ergründet,
         Thesen aufgestellt und verworfen, Glaubensvorstellungen verglichen.

         E    s scheint eine nicht endende Suche
              nach Beweisen für die Osterge-
         schichte im Gange zu sein. Welche Bräu-
                                                      Herausforderungen stellen wollen, indem
                                                      sie sich für die Arbeit in einem anderen
                                                      Bereich interessieren oder sich weiter-
                                                                                                 meinschaft sind wir gebunden an gesetz-
                                                                                                 liche Grundlagen, innerhalb dessen Rah-
                                                                                                 men Einrichtungsleitung, MAV und Sie,
         che sich heutzutage auch damit ver-          bilden möchten. Diesbezügliche Mitar-      liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
         binden, die österliche Tradition geht weit   beiterwünsche werden durchaus mit          entscheiden und handeln müssen. Den-
         zurück in die vorchristliche Zeit. So un-    Wohlwollen von der Einrichtungsleitung     noch gibt es oft Spielraum für Entschei-
         terschiedlich manche Glaubensansätze         betrachtet und ermöglicht, wenn es die     dungen. Ein Gespür dafür zu entwickeln,
         auch sein mögen, einig ist man sich heute    betrieblichen und organisatorischen Be-    wann Entscheidungsräume ausgeschöpft
         darüber, dass das Osterfest etwas zu tun     dingungen zulassen. Liebe Mitarbeiter      werden können, macht uns flexibel und
         hat mit Glauben, Hoffnung, Vertrauen,        und Mitarbeiterinnen, lassen Sie sich      gibt uns im Miteinander ein menschli-
         Lebensfreude, Wandlung, Abschied, Auf-       nicht von gegenteiligen Meinungen und      cheres Antlitz. Diese Flexibilität wie-
         bruch und Erneuerung. Das mag sich für       Äußerungen irritieren. Gern unterstützen   derum ermöglicht und erhält Stabilität,
         den Einzelhandel ganz anders darstellen,     wir Sie dahingehend, wenn wir bei die-     die wir in unserer Arbeit dringend benö-
         als für Menschen in der Dienstleistungs-     sen Vorhaben von Ihnen mit beteiligt       tigen.
         branche, im Bildungswesen oder bei uns       werden. Das Gleiche gilt übrigens auch
         in den Samariteranstalten, als eine von      für den Wunsch nach Stundenreduzie-        Ostern und MAV haben also doch etwas
         vielen diakonischen Einrichtungen.           rung oder -erhöhung.                       gemein. Wir als MAV, wie alle anderen
                                                                                                 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der
         Wie aber bringe ich „Ostern belebt“ mit      Die Samariteranstalten sind ein lebendi-   Diakonie auch, arbeiten nach dem Prin-
         MAV-Arbeit zusammen? Es macht mich           ger Organismus. Um bestehen zu kön-        zip Hoffnung. Wenn wir keine Hoffnung
         betroffen und wütend, wenn wir im Gre-       nen, müssen sie sich immer wieder neuen    hätten, könnten wir unsere Arbeit nicht
         mium hören, mit welcher Hartherzigkeit       Bedingungen anpassen. Als Dienstge-        ausführen.
         oder auch Ignoranz manchmal mit Mit-                                                               Im Auftrag der MAV Gerd Gesche
         arbeitern umgegangen wird. Dann, so
         scheint es, sind Erneuerung, oder österli-
         che Freude sehr weit entfernt – Mitarbei-
         terpflege verkommt zur Floskel. An
         dieser Stelle kann ersichtlich werden, das
         wir als Mitarbeitervertretung grundle-
         gend nach einem bestimmten österlichen
                                                                        Ein Gespür dafür zu entwickeln, wann
         Prinzip arbeiten: Es geht um das Prinzip                       Entscheidungsräume ausgeschöpft werden
         Hoffnung. Hoffnung, dass sich etwas
         zum Besseren wandelt. Vertrauen darauf,
                                                                        können, macht uns flexibel und gibt uns im
         dass den Mitarbeitern mit ihrem Anlie-                         Miteinander ein menschlicheres Antlitz.
         gen geholfen werden kann, so dass diese
         gestärkt und mit neuer Lebenskraft wei-
         ter ihren Dienst versehen können.
         Manchmal gelingt uns das.

         Ein anderes österliches Prinzip kann zum
         Tragen kommen, wenn es darum geht,
         Veränderungen zuzulassen. Wir können
         froh sein, wenn sich Mitarbeiter neuen

                                                                                                                        uNTERwEGS 1/2020   19
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         AUS DEN BEREICHEN

                                                                                                    Islam, geboren am 03. März 2006
                                                                                                    – 13 Jahre alt.

                                                                                   Islam – Du fehlst uns
         Islam kam am 15. Oktober 2018 zu uns in die Einrichtung. wir holten ihn aus
         der Klinik in Arnsdorf/Dresden. Seine Eltern suchten für Islam dringend eine
         Einrichtung. Islam kam mit seinen Eltern und zwei jüngeren Geschwistern
         aus Georgien. Islam musste dann 2018 mehrmals in die Klinik auf Grund seiner
         Verhaltensauffälligkeiten und seiner Epilepsie.

                                                     A    m Anfang war es für Islam sehr
                                                          schwer, sich zu integrieren. Auch
                                                     eine Kommunikation war kaum möglich,
                                                                                                 Der erste Fortschritt, der uns verzauberte,
                                                                                                 war: als er liebevoll ins Bett gebracht
                                                                                                 wurde, winkte er uns zu und sagte „Gute
                                                     da er unsere Sprache nicht kannte. Er       Nacht – bis morgen“. Islam war sehr
                                                     zeigte täglich heftige Selbst- und Fremd-   wissbegierig, lernte schnell. Einige Zeit
                                                     aggressionen. Nach und nach integrierte     später sprach er schon Wortgruppen und
                                                     er sich in die Gruppe und wurde von         kurze Sätze. Viele Gegenstände benannte
                                                     allen akzeptiert. In Begleitung ging er     er auf Deutsch. Er hat es gelernt, seine
                                                     sehr gern in die Schule. Immer wieder       Zeit sinnvoll zu nutzen, das konnte er am
                                                     zeigte er neue Fortschritte. Durch sehr     Anfang nicht.
                                                     enge Begleitung, Förderung und viele
                                                     Übungen verstand er uns immer mehr.         Der Kontakt zu Eltern und Familie ging
                                                     Nun rief er uns schon bei unseren Namen     zu Anfang nur telefonisch, das war sehr
                                                     (Bewohner und Betreuer).                    schwierig. Aus Liebe zu ihrem Sohn

                                                     Die Kinder und Betreuer waren geschockt, traurig,
                                                     entsetzt und fassungslos. Die ungewissheit plagte uns,
                                                     wo kommt er hin, wie geht es ihm und seiner Familie?

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         Islam zogen die Eltern und Geschwister         Nachtrag:
         von Pirna nach Forst. So konnten sie           Das Gespräch mit der Ausländerbehörde       2020 rief der Leiter der Ausländerbe-
         ihrem Sohn nah sein. Jeden Sonntag be-         kam so zustande, dass ich den Leiter an-    hörde mich gegen 19.30 Uhr an, um mir
         suchten sie ihn in der Wohnstätte.             rief, um ihm unsere Bestürzung und          zu sagen, dass sie Islam leider nicht ge-
                                                        unser Unverständnis über die Abschie-       funden haben. Ich sagte ihm, dass unsere
         Dann kam der Tag, der alles veränderte.        bung von Islam weiterzugeben. Leider        Wichern-Wohnstätte längst Kontakt zu
         Am 26. November 2019 frühmorgens               war Islam mit seiner Familie am Tag der     Islam hat. Er staunte, dass unsere Mitar-
         wurde Islam ohne Vorankündigung ab-            Abschiebung nach Georgien ausgeflogen       beitenden besser sind als das Auswärtige
         geholt. Vor der Tür standen Mitarbeiter        wurde, so dass an der Abschiebung nichts    Amt, das er eingeschaltet hatte. Außer-
         der Ausländerbehörde, eine Ärztin, Poli-       mehr zu ändern war. Ein bisschen be-        dem betonte er noch einmal, dass er in
         zei in Zivil, der Vater und seine Schwe-       wegte sich dennoch: Der Leiter der Aus-     dem Gespräch mit unseren Mitarbeiten-
         ster. Um 05:30 Uhr stand für die dienst-       länderbehörde erschrak, als er unsere       den in Forst viel gelernt habe.
         habenden Mitarbeiter die Zeit still. Islam     Sicht erfuhr. Er versprach, in Zukunft
         war schon wach, musste aber noch ange-         solche Abschiebungen sensibler vorzu-       Die Abschiebung von Islam bleibt wei-
         kleidet werden. Alles ging so schnell,         bereiten. Außerdem bot er an, unseren       terhin unerträglich. Doch dass der Leiter
         ohne Emotionen. Ohne persönliche Sa-           Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für       der Ausländerbehörde selbstkritisch
         chen musste Islam die Einrichtung ver-         ihre Wut und ihre Fragen zur Verfügung      damit umging, weil unsere Mitarbeiten-
         lassen.                                        zu stehen. Im Gespräch, das am 11. De-      den ihm klarmachten, was die unange-
                                                        zember 2019 in der Wichern-Schule           kündigte Abschiebung am frühen
         Die Kinder und Betreuer waren ge-              Forst stattfand, entschuldigte sich der     Morgen für Islam, den einen dienstha-
         schockt, traurig, entsetzt und fassungslos.    Leiter der Ausländerbehörde. Er sagte zu,   benden Mitarbeiter und die Bewohner
         Die Ungewissheit plagte uns, wo kommt          sich um einen Kontakt zu Islam und sei-     bedeutete, hilft hoffentlich anderen.
         er hin, wie geht es ihm und seiner Fami-       ner Familie zu kümmern. Am 3. Februar                                    ulrike Menzel
         lie?

         Mit dieser ganzen Situation waren wir
         alle überfordert. Und wir hatten viele
         Fragen. Deshalb kam es zu einem Ge-
         spräch mit der Ausländerbehörde, an dem
         auch Lehrer von Islam und Mitarbeiter
         der Wohnstätte teilnehmen konnten. Dort
         wurde uns vermittelt, warum es zu dieser
         Abschiebung kam. Wir können es bis
         heute nicht verstehen und denken so oft
         an Islam.

         Verwandte von Islams Familie meldeten
         sich bei einer Kollegin und erzählten, wie
         es der Familie geht. So kam heraus, dass
         es Islam gesundheitlich nicht gut geht,
         auch die Familie leidet. Eine ärztliche
         Versorgung bei Islams speziellen Be-
         dürfnissen ist sehr schwierig.

         Für uns war es ein wenig beruhigender,
         dass wir über diese Verwandten die Kon-
         taktadresse von Islams Familie bekamen.
         So konnten wir endlich etwas tun. Wir
         packten zwei Pakete mit persönlichen
         Sachen, Arztberichten, Medizinplan und
         süßen Sachen zu Weihnachten. Nach 15
         Tagen kamen die Pakete in Georgien an,
         die Eltern waren überglücklich und lob-
         ten unsere Einrichtung.

         Den Kontakt wollen wir aufrechterhalten
         und zwei weitere Pakete mit tollen Sa-
         chen sind in Arbeit. Wenn wir helfen
         können, dann ist die Situation leichter zu
         verarbeiten.
             Mitarbeiter der wichern-wohnstätte Forst

                                                                                                                            uNTERwEGS 1/2020   21
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         BURGDORF-SCHULE

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                                                    Ostern, ein Fest, worauf sich wohl jeder von uns freut.
                                                    Bedeutet es doch, dass die dunkle Jahreszeit vorbei ist,
                                                    der Frühling steht in den Startlöchern oder
                                                    hat schon begonnen.

                                                     D    ie Christen feiern zu Ostern jedes
                                                          Jahr die Auferstehung Jesu Christi,
                                                     denn nach dem Neuen Testament ist er
                                                                                                   in Italien spricht man von „Pasqua“ und
                                                                                                   die Isländer feiern „Pasen“, was Rück-
                                                                                                   schlüsse auf das jüdische Pessach-Fest
                                                     als Sohn Gottes drei Tage nach seiner         zulässt – so hat sich die Ostergeschichte
                                                     Kreuzigung wiederauferstanden.                zur Zeit des Pessachfestes in der jüdi-
                                                                                                   schen Umgebung von Palästina abge-
                                                     Die Herkunft des Namens Ostern ist um-        spielt.
                                                     stritten, vielleicht leitet er sich von den
                                                     althochdeutschen Wörtern „Ostara“,            Wenn auch die Bedeutung des Namens
                                                     „Eostre“ oder „Eostrae“ ab. Dies sind die     nicht endgültig geklärt werden kann, so
                                                     Namen der Göttin der Morgenröte, des          umgibt das Osterfest doch der Mythos
                                                     Frühlings und der Fruchtbarkeit. Mögli-       des Neubeginns. „Im Frühling gibt es in
                                                     cherweise jedoch hat der Name auch            allen Kulturen ähnliche Feste, bei denen
                                                     etwas mit der Himmelsrichtung Osten zu        das Erwachen der Natur und damit das
                                                     tun, hierfür spricht auch die englische       Leben gefeiert wird“, erklärt Ludwig
                                                     Bezeichnung für dieses Fest: Easter. Die      Mödl, Professor für Pastoraltheologie an
                                                     Franzosen nennen dieses Fest „ Pâques“,       der Universität in München. Dazu passt

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