Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung

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Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
Plus
Eine Verlagsbeilage der
                          Schule 20/21
                                  Mittwoch, 29. April 2020
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
S2   Plus                                             Schule 20/21                                                                     Mittwoch, 29. April 2020

                                                                                                                                                   Karikatur: Sinisa Pismestrovic

       IMPRESSUM:
       „Plus Schule 20/21“ ist eine Verlagsbeilage der Wiener Zeitung.
       Erscheinungstag: 29.04.2020
       Herausgeber: Die Republik Österreich, Ballhausplatz 2, 1014 Wien;
       Medieninhaber, Redaktion (der Wiener Zeitung), Verlagsort, Redaktions- und Verwaltungsadresse: Wiener Zeitung GmbH,
       Media Quarter Marx 3.3, Maria-Jacobi-Gasse 1, 1030 Wien;
       Realisierung: Abteilung Content Production;
       Leitung Corporate Publishing & Content Production: Nadja James; Autorinnen dieser Beilage: Alexandra Hochwarter,
       Monika Jonasch-Lykourinos, Sabina König, Lisa Lumesberger, Katharina Schmidt; Lektorat: Clemens Stachel;
       Art Direktion: Richard Kienzl; Cover: Judit Fortelný; Anzeigen: Ramona Hammermüller, Lena Nesic, Alexander Palaschke,
       Manfred Svec (Ltg.);
       Geschäftsführer: Martin Fleischhacker, MSc.; Chief Commercial Officer: Mag. Markus Graf; Produktion: Manfred Rohrbacher,
       Christian Simulak; Vertrieb: Dr. Alexandra Kauer; Druck/Herstellungsort: Herold Druck & Verlag AG, Faradaygasse 6, 1030 Wien;
       Offenlegung gem. §25 Abs. 2 & 3 Mediengesetz: www.wienerzeitung.at/unternehmen/impressum/95_Impressum.html
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
Mittwoch, 29. April 2020                                                             Schule 20/21                                                                         Plus                    S3

                       RESPEKT & DISZIPLIN
                           in der Schule: Wie kann das gelingen?
                                            Wurden Schülerinnen und Schüler früher noch mit autoritären Maßnahmen
                                              zurechtgewiesen, so heißt es heute oft, dass sich Lehrpersonen nicht
                                                mehr durchsetzen könnten. Dass es an Respekt und Disziplin im
„Wiener Zeitung“: Wie erlangt man als             Unterricht mangle. Doch wie kann ein respektvoller Umgang                                                         sehr aktiv auf sozialen Netzwer-
Lehrkraft Respekt und Disziplin?                                                                                                                                    ken sind und auch Privates mit der
   Michael Fessl: Es ist wichtig,                     in der Schule gelingen? Ein Lehrer und eine Schülerin                                                         Schülerschaft teilen, könnte die
seine Schülerinnen und Schüler                               des BG/BRG Pichelmayergasse in Wien                                                                    Distanz verloren gehen. Man sollte
ernst zu nehmen. Sie in ihrer Rol-                                                                                                                                  schon noch als Lehrperson wahr-
le, in ihren Bedürfnissen wahrzu-
                                                                       im Doppelinterview.                                                                          genommen werden, sonst könnte
nehmen und fair zu behandeln.                                         Von Lisa Lumesberger                                                                          das den Respekt gefährden, auch
Ich versuche ihnen Empathie ent-                                                                                                                                    wenn ich hier nicht zu pauschal
gegenzubringen und mit ihnen auf                                                                                                                                    sprechen möchte.
Augenhöhe zu kommunizieren.
Die Klassen spüren auch aus eige-                                                                                                                                   Denken Sie, dass sich Respekt und
ner Erfahrung, wenn man weniger                                                                                                                                     Disziplin in der Schule durch die
Konzentration in den Unterricht                                                                                                                                     Digitalisierung verändern werden?
einbringt. Sie bemerken das Feh-                                                                                                                                    Braucht es hier neue Maßnahmen?
len eines roten Fadens schnell                                                                                                                                         Chiara-Alicia: Ich denke nicht,
und brauchen aber, vor allem in                                                                                                                                     dass sich die Bedeutung von Re-
der Unterstufe, Konsequenz und                                                                                                                                      spekt durch die Digitalisierung
Orientierung. Zu Beginn meiner                                                                                                                                      stark verändern wird. Ich bin seit
Lehrlaufbahn – ich unterrichte seit                                                                                                                                 2017 in einer „Laptopklasse“ und
2012 Deutsch und Geografie – war                                                                                                                                    kann nicht weniger Respekt oder
das eine Herausforderung. Ich war                                                                                                                                   Disziplin im Unterricht erkennen.
in meinem zweiten Lehrjahr Klas-                                                                                                                                    Es gibt aber durchaus mehr Mög-
senvorstand, hatte mehrere Ämter                                                                                                                                    lichkeiten, sich selbst abzulenken,
sowie eine volle Lehrverpflichtung      und Respekt einfordern. In der               Chiara-Alicia:     Wenn      eine      Muss eine respektable Lehrperson        beispielsweise mit Onlinespielen.
inne. Dies war mental sehr for-         siebenten Klasse, in der ich mich          Lehrperson uns wenig entgegen-           digital versiert sein? Würde es den     Es ist einfacher, nicht erwischt zu
dernd. Ich kann aber sagen, dass        befinde, sollte man auch schon             kommt, tun wir es umgekehrt              Respekt gefährden, wenn zu viel Pri-    werden, für die Lehrkräfte wird
ich in diesem Jahr sehr viel, auch      Selbstdisziplin besitzen.                  auch weniger. Es gibt Lehrende,          vates auf sozialen Netzwerken mit der   die Kontrolle schwieriger. Hier
über mich, lernen durfte.                  Michael Fessl: Bis zu einem ge-         die sehr disziplinierend sind. Man       Schülerschaft geteilt wird?             bekommt vor allem Selbstdiszip-
   Chiara-Alicia*: Eine gewisse         wissen Punkt auf jeden Fall. Die           macht zwar, was sie einfordern,            Chiara-Alicia: Ein digitales          lin eine größere Bedeutung. Die
Fachkompetenz ist nötig, damit die      Frage ist nur, welches Maß notwen-         aber man respektiert sie nicht.          Grundwissen sollte man als Lehr-        Lehrenden müssen sicherlich
Lehrperson in ihrem Fach von den        dig ist. In meiner Schulzeit hatten        Negativbeispiele sind für mich hier      person sicherlich haben. Ich er-        auch konsequentere Maßnahmen
Schülern respektiert wird. Auch         Respekt und Disziplin noch sehr            auch jene Lehrkräfte, die offen-         achte es aber nicht als wichtig,        durchsetzen, als nur zu ermahnen.
die Beliebtheit ist ein Faktor, aber    viel mit Autoritär-Sein zu tun. Die        sichtlich Lieblinge haben und            dass sie auf Social Media vertre-          Michael Fessl: Es wird Ver-
nicht zu 100 Prozent. Ich stimme        beiden Begriffe müsste man hier            diese deshalb auch „sanfter“ beur-       ten ist. Ich denke aber wiederum        änderungen geben. Das Face-to-
dem zu, es kommt auch darauf            sicherlich neu definieren. Heute           teilen.                                  auch nicht, dass es den Respekt         Face-Unterrichten wird durch die
an, wie die lehrende Person das         wird es immer wichtiger, auf Au-             Michael Fessl: Schwierig wird          verletzt, wenn man Privates in          Digitalisierung weniger und somit
Fach unterrichtet und ob sie uns        genhöhe zu interagieren. Auch ich          es, wenn sich eine Lehrperson            sozialen Netzwerken über die            nehmen Lehrkräfte mehr die Rol-
respektiert. Hier fallen mir zwei       denke, dass die Schulstufe eine            nicht auf die Lernenden einlässt.        Lehrperson erfährt. Eine gewisse        le des Begleiters ein, wenn es um
Lehrkräfte ein, die das sehr gut        Rolle spielt. In der Unterstufe ist es     Wenn sie ihr Programm fährt und          Distanz sollte aber schon vorhan-       eigenständiges Lernen geht. Res-
umsetzen. Sie respektieren die          für manche noch schwerer, Diszip-          nicht auf die Stimmungslage der          den sein.                               pekt und Disziplin muss man sich
Klassen, hören sich ihre Sorgen an      lin an den Tag zu legen, dies fällt        Klasse eingeht. Auch, wenn sie die         Michael Fessl: Das ist vielleicht     hier neu erarbeiten. Etwa durch
und behandeln alle fair. Das führt      in der Oberstufe schon leichter.           Kontrolle verliert, emotional wird       meine Achillesferse, da ich nicht       mehr Schülerinnen- und Schüler-
zu einem guten und respektvollen                                                   oder die Schülerschaft persönlich        wirklich digital versiert bin, auch     orientierung. Man muss sich die
Arbeitsklima. Sie verstehen aber        Wann wird es schwierig, eine Lehr-         angreift. Hier muss man als Lehr-        wenn ich mit den Medien im Un-          Frage stellen, wie man den Unter-
auch Spaß und gestalten den Un-         kraft zu respektieren und diszipliniert    kraft sehr aufpassen und mit einer       terricht gut zurechtkomme. Ge-          richtsstoff an die Lebenswelt der
terricht lustiger. Man ist gerne in     zu sein?                                   gewissen Ruhe agieren.                   nerell denke ich, wenn Lehrende         Schülerschaft anpassen kann. Im
ihrem Unterricht, wodurch es uns                                                                                                                                    aktuellen digitalen Homelearning
auch leichter fällt, sie zu respek-                                                                                                                                 versuche ich beispielsweise, die
tieren und diszipliniert zu bleiben,                                                                                                                                Lernenden per E-Mail zu motivie-
auch wenn sie mal ernster sind.
                                                                                           Beratung und Tipps                                                       ren, sie nicht mit Materialien zu
                                         schulpsychologie.at: Hier finden Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte und Eltern Beratungsmöglichkeiten zu                    überhäufen und kreative Arten
Sind Respekt und Disziplin im Unter-     verschiedenen schulischen Themen auch wertvolle Tipps für das Homeschooling. Gut zu wissen: Telefonische                   der Mitarbeit einzufordern. Ich
richt heutzutage noch wichtig?           Beratungsangebote können auch während der Corona-Krise in Anspruch genommen werden.                                        lasse sie zum Beispiel eine Mind-
   Chiara-Alicia: Das kommt auf          Schulservicestellen: Weiterführende Infos und Kontakte zu Beratungsmöglichkeiten finden Sie auch bei den Schul-            map über einen Dokumentarfilm
jede einzelne Klasse, das Fach und       servicestellen in der Bildungsdirektion des jeweiligen Bundeslandes. Die Kontaktdaten zu den Schulservicestellen           gestalten oder Referate mit dem
auch die Schulstufe an. In der ers-      finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (www.bmbwf.gv.at).              Handy aufnehmen, um sie später
ten Klasse ist es sicherlich noch                                                                                                                                   in der Schule gemeinsam ansehen
wichtig, dass Lehrende Disziplin        *Aus Gründen des Datenschutzes wird der volle Name der Schülerin nicht angeführt.                                           zu können.

                                                                                                                                Für die Zukunft
                                                                                                                                unserer Kinder und Jugendlichen

                                                                                                                                                                    www.goed.at

                                                                                                                                                                              Gemeinsam jeden Tag
                                                                                                                                                                               für Fairness
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
S4                                      Plus                                                 Schule 20/21                                                                                       Mittwoch, 29. April 2020

                                                            „LÄNDERVERGLEICHE
                                                                                     sind grober Unsinn“
 Foto: stock.adobe.com/Ingo Bartussek

                                                                                            Warum die Pisa-Studie nichts über die Qualität des Bildungssystems aussagt,
                                                                                           dafür aber unseren Umgang mit der Corona-Krise erklärt. Ein Interview mit dem
                                                                                                        Bildungswissenschafter Stefan Hopmann. Von Katharina Schmidt

„Wiener Zeitung“: Sie haben immer wie-                 kann man keine Rückschlüsse auf die          Gibt es bessere Methoden als Pisa, um                                    Wissensdistributionsfunktion zulas-
der die Teilnahme Österreichs an Pisa                  Qualität des gesamten Systems zie-           Leistungen in der Schule festzustellen?                                  ten der anderen Funktionen gebracht.
kritisiert. Ist es nicht auch sinnvoll, die            hen. Da werden oft Bildungssysteme              Die Frage ist: Was will ich vom Schul-                                Besser wäre es gewesen, für diese drei
Leistungen der Schüler international ver-              lobend hervorgehoben, die in vielen          system? Ist es primär ein Mechanis-                                      Monate auf den Leistungsdruck zu
gleichen zu können?                                    anderen Parametern deutlich schlech-         mus zur Verteilung von Wissen oder                                       verzichten. Genügend andere Länder
   Stefan Hopmann: Nein. Aber ich                      tere Leistungen vorweisen können als         geht es darum, zu lernen, in Beruf und                                   machen das so. Auch hier sieht man
muss zunächst etwas richtigstellen:                    das österreichische.                         Gesellschaft einzutreten? Diese Strei-                                   übrigens direkt die Pisa-Folgen: Jene
Ich kritisiere nicht die Teilnahme an                                                               tigkeiten gibt es seit Aristoteles. Und                                  Länder, die an Pisa glauben, tun sich
Pisa. Das Problem ist, welche Schlüs-                  Bei der letzten Pisa-Testung 2018 haben      Pisa hat dazu geführt, dass sich bei                                     jetzt schwer damit, auf die Leistungs-
se daraus gezogen werden. Pisa-Daten                   zum Beispiel Estland und Finnland beson-     den Beteiligten der Glaube festfrisst,                                   fixierung zu verzichten.
werden nicht nur bei uns, sondern in                   ders gute Ergebnisse erzielt. Heißt das,     dass die Menge der Wissensdistributi-
vielen Ländern für Dinge verwendet,                    dass die Schulsysteme in diesen Ländern      on das Entscheidende ist. Das stimmt
die sie rein den Regeln der empiri-                    gar nicht so gut sind, wie die Studie ver-   aber nicht. Vielmehr geht es darum,                 Stefan Hopmann
schen Forschung nach gar nicht herge-                  muten lässt?                                 gemeinsam mit anderen Menschen                      Der gebürtige Göttinger
ben können.                                              Sind sie nicht. Meine skandinavi-          sinnvolle Lösungen für Aufgaben zu                  studierte in Deutschland
                                                       schen Kollegen pflegten immer zu             finden, die man sich nicht ausgesucht               und Norwegen, bevor er
Können Sie Beispiele dafür nennen?                     sagen: „Wenn der Preis für Pisa-Erfolg       hat. Die Schule ist der einzige Ort, wo             2005 als Professor an die
  Zum Beispiel diese grob unsinnigen                   das finnische Schulmodell ist, dann          man das lernen kann, während man                    Universität Wien kam. Der
Ländervergleiche. Die Frage, welche                    wären wir gerne Letzter.“                    Wissen auch zu einem späteren Zeit-                 Bildungswissenschafter
Schulgliederung und welche Unter-                                                                   punkt nachholen kann.                               forscht und lehrt im In- und
richtsform optimal ist, kann man mit                   Ist unser Schulsystem also doch in Ord-                                                          Ausland – unter anderem zu
einer solchen Querschnittsuntersu-                     nung?                                        Das würde auch heißen, dass sich die sozi-          Pisa, zur PädagogInnenbil-
chung rein technisch gar nicht sinnvoll                   Das österreichische Schulsystem hat       ale Ungleichheit während des Heimunter-             dung Neu und zahlreichen
beantworten. Pisa ist von vornherein                   historisch gewachsene Stärken und            richts in der Corona-Krise nicht nur durch          weiteren bildungspolitischen
nicht als wissenschaftliche Forschung,                 Schwächen wie jedes andere auch. Es          einen Mangel an Ressourcen verstärkt,               Themen. Im Gespräch mit            Foto: Foto Wilke
sondern als politische Maßnahme ge-                    gibt sehr viele unterschiedliche Bil-        sondern auch durch fehlende Klassenka-              der „Wiener Zeitung“ ärgert er
dacht gewesen.                                         dungswege. Dabei stellt sich heraus,         meraden.                                            sich auch darüber, dass man in
                                                       dass diese Vielfalt zwar manchmal               Natürlich braucht man auch einen                 der Corona-Krise an der Matura
Aber grundsätzlich ist es ja nicht verkehrt,           verwirrend ist und auch viele soziale        Computer zu Hause, aber jene, die zu                festhält. Dies sei „Sozialdarwi-
das bildungspolitische Thema immer wie-                Probleme beinhaltet, aber immerhin           Hause mit anderen lernen können, ha-                nismus der übelsten Sorte, denn
der einmal auf die Agenda zu heben.                    dazu führt, dass ein Großteil der Ju-        ben einen signifikanten Vorteil. Denn               das prämiert wieder die Res-
  Ja, aber nicht, wenn die meisten Leu-                gendlichen tatsächlich vernünftige           Informationsmanagement ist eine                     sourcenstarken, wo Einkommen
te glauben, dass das Pisa-Ranking et-                  Übergänge zustande bekommt. In Sys-          soziale Erfahrung, keine individuelle               und Wohnung gesichert sind
was über die Qualität eines Schulsys-                  temen, wo der Übertritt ins Gymnasi-         Leistung: Ich muss lernen, wem ich                  und niemand in der Familie zur
tems aussagt. Pisa ist aber beschränkt                 um schon bestimmt, ob ich auf die Uni        wie vertrauen kann. Pisa hat uns aber               Risikogruppe gehört“.
auf die Wissensdistribution, daraus                    gehen kann, ist das anders.                  ein völlig einseitiges Übergewicht der

                                                                   GEHÄLTER im Fokus
                                          Seit diesem Semester werden Lehrer verpflichtend nach dem Gehaltssystem des neuen Lehrerdienstrechts entlohnt.
                                                                   Das hat einige Vorzüge, aber auch Tücken. Von Sabina König

I n der Zeit zwischen dem Beschluss des
  neuen Lehrerdienstrechts im Jahr 2013
und Herbst 2019 konnten Junglehrer zwi-
                                                                                          Die Gehaltssysteme im Vergleich
                                                                                                                                                                         Die Nachteile des neuen Systems betref-
                                                                                                                                                                       fen etwa Quereinsteiger, die aufgrund des
                                                                                                                                                                       Lehrermangels aus anderen Berufen re-
                                                                    Euro
schen altem und neuem Gehaltssystem                                                                                                                                    krutiert werden. Höflehner: „Für Hoch-
wählen. Nun erfolgt die Bezahlung automa-                        6000                                                                                                  schulabsolventen, die rund 20 Jahre in ei-
tisch nach dem neuen Schema. Die wesent-                                                                                                                               nem gut dotierten Job gearbeitet haben, ist
lichen Änderungen in Kürze: Waren es zu-                         5500                                                                                                  es unattraktiv, als Lehrer in der ersten Ge-
vor sechs Entlohnungsgruppen, gibt es im                                                                                                                               haltsstufe einzusteigen.“ Die Vorgaben zu
neuen Dienstrecht nur ein Schema für das                         5000                                                                                                  diesen Einstufungen vonseiten der Regie-
Grundgehalt aller Lehrer. Statt 18 gibt es                                                                                                                             rung seien kompliziert, der Vollzug in den
nur mehr sieben Entlohnungsstufen. Eine                          4500                                                                                                  Bildungsdirektionen daher häufig falsch.
Vorrückung erfolgt nicht mehr alle zwei,                                                                                                                               Vielfach seien diese neuen Mitarbeiter zu
                                                                 4000
sondern alle fünf bzw. sechs Jahre.                                                                                                                                    hoch eingestuft und Fehler erst nach Mo-
   Positiv ist, dass sich Junglehrer über                                                                                                                              naten korrigiert worden. „Hier braucht es
                                                                 3500
höhere Einstiegsgehälter freuen dürfen.                                                                                                                                klare Vorgaben. Das Ministerium hat uns
Ihr Lohn wird dafür nicht mehr so stark                          3000
                                                                                                                                                                       zugesagt, dass es zu einer Vereinfachung
wie bisher ansteigen. „Gerade als junger                                                                                                                               kommen wird“, gibt sich der Gewerkschaf-
Mensch braucht man Geld, daher optierten                         2500                                                                                                  ter zuversichtlich. Außerdem kämen viele
die neu eintretenden Lehrer schon in den                                                                                                                               Direktoren in Kleinstschulen am Land nicht
letzten Jahren mehrheitlich für das neue                         2000                                                                                                  in den Genuss brauchbarer Zulagen, kriti-
Dienstrecht“, sagt Martin Höflehner, Vor-                                                                                                                              siert Höflehner. Diese werden nur an Stand-
                                                                                                                                  Altes Schema I 1
sitzender-Stellvertreter der Gewerkschaft                        1500                                                             Altes Schema I 2a 2                  orten mit mehr als fünf vollbeschäftigten
Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschul-                                                                                         Neues Schema                         Lehrern vergeben.
lehrer. Pflichtschullehrer hätten sich mehr-                     1000                                                                                                    Grundsätzlich hält Höflehner aber fest,
heitlich für das neue Dienstrecht entschie-                                                                                                                            dass nicht das Gehalt, sondern die struk-
den, AHS-Lehrer für das alte. „Wenn man                           500                                                                                                  turellen Missstände viele junge Lehrer das
auf die Pension blickt, haben es jene Kolle-                                                                                                                           Handtuch werfen lassen. Er stellt klar: „Das
gen am besten erwischt, die heute 65 sind                            0                                                                                        Jahre    Bildungssystem ist ein Fass ohne Boden.
und in L1 eingestuft waren, also in einer                                0                 10                  20                  30                    40            Baustellen gibt es viele, das Gehalt ist die
AHS unterrichtet haben“, erklärt Höflehner.                                                                                                                            kleinste.“
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
Mittwoch, 29. April 2020                                                       Schule 20/21                                                                        Plus                         S5

E
     lf Jahre, sechs Bundesregierungen, fünf                                                                                                       sionsalter, gleichzeitig kommen aber weni-
     Ministerinnen und vier Minister – wohl                                                                                                        ger Junge nach – etwa fällt im Bereich der
     kaum ein politisches Projekt kann auf                                                                                                         NMS ein ganzer Absolventenjahrgang aus.
eine derart lange und kontinuierliche Um-                                                                                                          Wie viele Lehrkräfte tatsächlich fehlen, wird

                                                                       „In 10
setzungsgeschichte zurückblicken wie die                                                                                                           laut Ministerium erst erhoben. Ein erhöhter
PädagogInnenbildung Neu. Auf den Weg                                                                                                               Bedarf sei nur in einzelnen Unterrichtsge-
gebracht wurde sie 2009 von der damali-                                                                                                            genständen und regional unterschiedlich zu
gen Unterrichtsministerin Claudia Schmied                                                                                                          erwarten.
(SPÖ) und ihrem ÖVP-Gegenüber im Wis-                                                                                                                 Durch die neuen Eignungsprüfungen

                                                                      JAHREN
senschaftsressort, Johannes Hahn. Nach                                                                                                             kommt es auch zu einem Rückgang der Stu-
umfangreichen Gesetzesänderungen und                                                                                                               dienanfänger um zehn Prozent. Allerdings
teils zähen Verhandlungen zwischen Uni-                                                                                                            dürfte es sich nach Meinung der Experten
versitäten und Pädagogischen Hochschulen                                                                                                           hierbei um Personen handeln, die das Studi-
konnten im Studienjahr 2015/16 die ers-                                                                                                            um ohnehin irgendwann abgebrochen hät-
ten Lehrkräfte nach neuen Studienplänen                                                                                                            ten. Denn die Eignungsverfahren sind der-

                                                                     läuft alles
ausgebildet werden. Seit dem laufenden                                                                                                             zeit nicht als Auswahlverfahren konzipiert,
Schuljahr unterrichtet der erste Absolven-                                                                                                         sondern eher als Möglichkeit zur Selbstein-
tenjahrgang österreichweit an den Schulen.                                                                                                         schätzung. Nach einem Online-Selbsttest
Doch wird die neue Ausbildung den an sie                                                                                                           gibt es zwar auch eine schriftliche Testung,
gesetzten Erwartungen gerecht? Und kann                                                                                                            diese fällt aber harmlos aus: Nur wer weni-

                                                                       rund“
die neue Generation an Lehrkräften auch                                                                                                            ger als 30 Prozent der Punkte erzielt, wird
besser mit der neuen Generation an Heraus-                                                                                                         zu einem Gespräch geladen – und darf un-
forderungen in den Schulen – von Digitali-                                                                                                         abhängig von dessen Ergebnis trotzdem
sierung über Inklusion bis hin zu sozioöko-                                                                                                        studieren. Es gibt allerdings Überlegun-
nomischen Problemen – umgehen?                                                                                                                     gen, die Aufnahmebedingungen auf Basis
  Die Grundidee war neben einer Bologna-                                                                                                           gemeinsam entwickelter österreichischer
konformen Umstellung auf Bachelor und                                                                                                              Standards anzupassen. Genauso besteht
Master ein Paradigmenwechsel im Ausbil-                                                                                                            laut Maria-Luise Braunsteiner noch Weiter-
dungssystem für Lehrkräfte: Die Lehrerbil-                                                                                                         entwicklungsbedarf in den Studienplänen,
dung orientiert sich nun nicht mehr an den                                                                                                         etwa bei den Themen Digitalisierung oder
Schultypen, sondern am Alter der Schüler.                                                                                                          Mehrsprachigkeit. Diese Punkte sind im Re-
Wurden zuvor beispielsweise Lehrpersonen                                                                                                           gierungsprogramm erwähnt und – ebenso
für die Neue Mittelschule (NMS) an Pädago-        Die neue Lehrerausbildung ist ein Langzeitprojekt, das oft nicht ganz                            wie die Induktionsphase – Gegenstand der
gischen Hochschulen (PH) ausgebildet und           einfach zu durchschauen ist. Ein Wegweiser durch den Dschungel                                  derzeit laufenden Evaluierungen der neuen
jene für das Gymnasium an den Universitä-                                                                                                          Ausbildung.
ten, so gibt es jetzt eine einzige gemeinsame               der Vor- und Nachteile. Von Katharina Schmidt                                             Die Bildungsexpertin ist grundsätzlich
Ausbildung für die Sekundarstufe I, also die                                                                                                       zufrieden mit der PädagogInnenbildung
10- bis 14-Jährigen.                              dings nicht ausreichend für die Praxis. „Die    dem Ressort von Bildungsminister Heinz           Neu: „Das Projekt ist auf Schiene und jetzt
                                                  Pädagogik, die wir im Studium lernen, ist       Faßmann heißt es dazu, es sei „nicht vor-        geht es um die Weiterentwicklung“, sagt sie.
         Schwierige Kooperation                   wertlos für die Klasse, das sagen alle“, er-    gesehen, das Unterrichtspraktikum wieder         Auch der Gewerkschafter, nach Eigendefini-
Zu diesem Zweck wurden PHs und Unis               läutert der junge Mann, der vergangenes         einzuführen“. Dieses sei auch nur für Leh-       tion „nicht der größte Fan, aber Zweckop-
österreichweit zu vier Entwicklungsver-           Jahr als einer der ersten den Abschluss „Ba-    rer an Höheren Schulen vorgesehen gewe-          timist“, plädiert noch für eine Schonfrist:
bünden zusammengeschlossen, die jeweils           chelor of Education“ (BEd) erworben hat.        sen, während die Induktionsphase auch für        „Zehn Jahre dauert es sicher, bis alles rund
gemeinsam Curricula ausarbeiteten. Dabei          Auch eine andere Lehrperson, die eine Aus-      Lehrpersonen an Pflichtschulen gelte.            läuft, man kann nicht erwarten, dass das
sind zwei völlig unterschiedliche Kulturen        bildung in psychoanalytischer Pädagogik           Nachbesserungsbedarf gibt es wohl auch         von heute auf morgen geht,“ sagt Quin.
aufeinandergeprallt, was bis heute die Ko-        hat und an einer Pflichtschule unterrich-       bei der Studiendauer. Lag die Mindeststu-
operation erschwert, wie Eckehard Quin,           tet, findet, dass „zu viel in die klassischen   diendauer für Volksschul- und NMS-Lehrer
zum Zeitpunkt der Einführung Vorsitzender         schulischen Schwerpunkte investiert wird“.      früher bei sechs Semestern, jene für Gym-        Buchtipp
der AHS-Lehrergewerkschaft, berichtet. Das        Sinnvoller wäre ein professioneller Fokus       nasiallehrer bei acht, so liegt sie jetzt zwi-
Betreuungsverhältnis sei auf den Pädago-          auf den psychosozialen Bereich, meint sie.      schen zehn und zwölf Semestern – die In-
gischen Hochschulen aufgrund niedrigerer            Die Gewerkschaft macht für die Unsicher-      duktionsphase noch gar nicht eingerechnet.
Studierendenzahlen wesentlich besser als          heit der Berufsanfänger eine weitere Neue-      Das liegt daran, dass zunächst einmal alle
auf großen Unis wie etwa der Universität          rung in der Ausbildung verantwortlich: die      einen vierjährigen Bachelor absolvieren
                                                                                                                                                                       Maria-Luise Braunsteiner,
Wien, gleichzeitig könnten aber kleine PHs        Abschaffung des Unterrichtspraktikums           müssen. Voraussetzung für einen unbefris-
                                                                                                                                                                       Christiane Spiel (Hg.):
gar nicht alle Fächer anbieten, meint Quin.       zugunsten der Induktionsphase. Denn wäh-        teten Dienstvertrag ist aber ein Abschluss
                                                                                                                                                                       PädagogInnenbildung.
  Auch Maria-Luise Braunsteiner, stell-           rend auf das alte Unterrichtspraktikum ein      des Masterstudiums innerhalb der ersten
                                                                                                                                                                       Festschrift für
vertretende Vorsitzende des Qualitäts-            Rechtsanspruch bestand, die Junglehrer          fünf Jahre nach dem BEd. „Irgendwann
                                                                                                                                                                       Andreas Schnider
sicherungsrates für Pädagoginnen- und             in ihren beiden Fächern von einem erfah-        möchte man auch Geld verdienen“, sagt der
                                                                                                                                                                       Be&Be Verlag, 2019,
Pädagogenbildung, verweist auf den Kultur-        renen Betreuungslehrer begleitet wurden         Wiener Junglehrer. Auch Braunsteiner sieht
                                                                                                                                                                       529 Seiten, 29,90 Euro
unterschied zwischen Unis und PHs. „An            und dessen Stunden in einer Klasse über-        hier noch Handlungsbedarf, insbesondere
den Unis war das Lehramt oft marginali-           nehmen konnten, wurde dieses System nun         im Bezug auf berufsbegleitendes Studieren.       Zum zehnjährigen Jubiläum der neuen
siert“, meint sie. Durch die PädagogInnen-        abgespeckt. Quin kritisiert, dass nun weder                                                      Lehrerausbildung 2019 ist eine Festschrift
bildung Neu rücke das Lehramt an den Unis         ein Rechtsanspruch auf einen Platz besteht             Gefahr eines Lehrermangels                für den geistigen Vater des Projekts,
mehr ins Zentrum. Das zeigt sich auch im          noch die eigenen Fächer unterrichtet wer-       Denn die Verlängerung der Ausbildung be-         Andreas Schnider, erschienen. In dem um-
Studienplan: Die Zahl der Pädagogikstunden        den müssen. Dazu kommt, dass der Ausbil-        feuert ein anderes Problem, mit dem der-         fassenden Werk sind Beiträge aller mit der
wurde auf 60 Punkte nach dem European             der gar nicht das gleiche Fach unterrichten     zeit der gesamte deutschsprachige Raum           Materie befassten Minister und zahlreicher
Credit Transfer System (ECTS) verdoppelt.         muss wie man selbst, also keine fachdi-         zu kämpfen hat: einen Lehrermangel. Viele        Experten gesammelt.
Laut einem Wiener Junglehrer ist das aller-       daktische Hilfestellung geben könne. Aus        Lehrer erreichen in diesen Jahren das Pen-

                                                    Lehrer auf UMWEGEN
    Mit der PädagogInnenbildung Neu sollten auch alternative Einstiegswege in den Lehrerberuf geschaffen werden. Noch gibt es aber nicht viele Angebote.

B   achelor, Induktionsphase, Master – der
    Weg vom Studienbeginn bis zu dem Mo-
ment, in dem eine Lehrperson fertig ausge-
                                                  1000 Absolventen unterschiedlicher Studi-
                                                  enrichtungen auf einen der rund 80 Aus-
                                                  bildungsplätze. Nach einem mehrstufigen
                                                                                                  flügeln damit die traditionell ausgebildeten
                                                                                                  Lehrpersonen. Wie ist das möglich?
                                                                                                                                                   Kontrollgruppe ist laut Abs die hohe Kohä-
                                                                                                                                                   renz der Lerninhalte. Anders als an der Uni
                                                                                                                                                   sei das Teach-for-Austria-Programm „aus ei-
bildet vor der Klasse steht, ist lang. So lang,   Auswahlverfahren und einer elfwöchigen                        Strenge Auswahl                    nem Guss“ konzipiert, wodurch der Lerner-
dass ihn wohl kaum jemand beschreiten             Intensivausbildung unterrichten die Fel-        Studienleiter Hermann Josef Abs, Professor       folg höher sei.
wird, der schon ein Studium abgeschlossen         lows zwei Jahre lang an Brennpunktschu-         für Erziehungswissenschaften an der Uni
hat und voll im Berufsleben steht.                len. Finanziert wird das Programm zu 80         Duisburg-Essen, erläutert der „Wiener Zei-                      Mehr Feedback
  Dennoch ist es das Ziel der Bildungspolitik,    Prozent von der Privatwirtschaft, die restli-   tung“ die Gründe für diesen „merkwürdi-          Und schließlich „bekommen die Fellows
„alternative Zugangswege“ in das Berufsfeld       chen Kosten sowie die Gehälter der Fellows      gen Befund“, wie er sagt. Ein wesentlicher       deutlich mehr Feedback von Mentoren und
zu öffnen, heißt es aus dem Bildungsministe-      trägt die öffentliche Hand.                     Aspekt sei der strenge Auswahlprozess zu         Peers als die Kontrollgruppe, das ist sehr
rium. Bisher sind die Angebote für Querein-         Dass die Idee aufgeht, legen die Ergeb-       Beginn des Programms: Während es im              vorteilhaft“, erläutert Abs.
steiger jedoch noch recht limitiert. Für die      nisse einer von der EU-Kommission finan-        Untersuchungszeitraum (2016 bis 2018)               Das Programm zeitigt Erfolge: Die Hälfte
Sekundarstufe II (also die Oberstufe) besteht     zierten Studie aus dem Jahr 2019 nahe.          bei der traditionellen Lehrerausbildung gar      jedes Jahrgangs bleibt zumindest noch ein
die Möglichkeit, eine Masterausbildung für        Unter dem Titel „A New Way for Talents          keine bis sehr milde Zulassungsvorausset-        weiteres Jahr an den Schulen, heißt es von
eine Fachrichtung anzubieten – allerdings         in Teaching“ haben Forscher der Uni Duis-       zungen gab, werden bei Teach for Austria         Teach for Austria. Und mittlerweile gibt es
nur dann, wenn es einen Bedarf für Pädago-        burg-Essen zwei Jahre lang die Entwick-         nur sehr wenige Kandidaten aufgenommen.          auch eine dienstrechtliche Lösung für die
gen in diesem Fach gibt. Derzeit ist das nur      lung traditionell ausgebildeter Lehrkräfte      „Das garantiert, dass nur leistungsfähige,       ehemaligen Fellows. Sie können einen un-
in der Musikerziehung der Fall.                   mit jener von Teilnehmern am Teach-for-         intelligente, motivierte und affine Leute das    befristeten Dienstvertag erhalten. Die Vor-
                                                  All-Programm in fünf EU-Staaten, darunter       Programm beginnen“, sagt Abs. Vor diesem         aussetzungen dafür sind allerdings streng:
      Lehramt im Schnelldurchlauf?                Österreich, verglichen. Das Ergebnis: Teach-    Hintergrund hält er es für zielführend, auch     Neben den zwei Jahren als Fellow gehören
Abseits der Hochschulen hat sich seit 2012        for-All-Fellows verfügen bereits zu Beginn      im Regelstudium strengere Auswahlkriteri-        dazu eine dreisemestrige berufsbegleitende
der Verein Teach for Austria etabliert, der       des Programms über hohe Kompetenzen in          en anzudenken: „Damit könnte man Studi-          Ausbildung und eine Empfehlung der jewei-
nach internationalem Vorbild bisher 324           relevanten Bereichen wie Pädagogik. Wäh-        um und Beruf aufwerten.“                         ligen Bildungsdirektion.
Lehrkräfte für benachteiligte Kinder ausge-       rend der zweijährigen Laufzeit können sie         Ein weiterer Grund für das bessere Ab-            Einfach ist der Einstieg in den Lehrerbe-
bildet hat. Jedes Jahr bewerben sich bis zu       ihr Wissen sogar noch steigern und über-        schneiden der Fellows im Vergleich zur           ruf also auf keinem Weg. ks
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
S6              Plus                                                           Schule 20/21                                                                        Mittwoch, 29. April 2020

FAKE NEWS
Schüler brauchen
Medienkompetenz
Die Flut an Fake News zwingt das
Lehrpersonal zum Handeln.
Immer mehr Lehrkräfte integrieren
Medienerziehung in den Lehrplan.
Von Alexandra Hochwarter

„A
          ufgedeckt: Bill Gates hat das   „sehr oft“ nicht, ob es sich bei einer
          Coronavirus      synthetisch    Nachricht um Fake News handelt
          herstellen lassen, um mit       oder nicht.
dem Impfstoff dagegen Geld zu ver-
dienen.“ So oder so ähnlich lauten            Schule schafft Bewusstsein
unzählige Falschnachrichten, die seit     Um in der Informationsflut zwischen
Beginn der Corona-Krise durch die         wahren und falschen Meldungen zu
sozialen Medien und über Messen-          unterscheiden, spielen laut Umfrage
ger von Smartphone zu Smartphone          Lehrkräfte eine wichtige Rolle, um
geistern.                                 notwendige Kompetenzen zu vermit-
  Fake News, also „gefälschte Nach-       teln.
richten“, verbreiten unwahre, mani-         Fake News gab es schon immer,
pulative Inhalte in der Öffentlichkeit    nur der Begriff ist neu. Im Wandel
– meist auf Onlineplattformen. In         der Digitalisierung hat das Phäno-
diesem Zusammenhang erinnert sich         men an Bedeutung gewonnen. Die
Matthias Leichtfried, Deutschlehrer       Schule als Institution kann in diesem
am Wiener Gymnasium Geblergasse,          Sinne Verantwortung übernehmen              das jeweilige soziale Netzwerk und                            begonnen, im Klassenverband ge-
an seine eigene Schulzeit: „Es gab        und Bewusstsein schaffen. Schülerin-        hofft auf eine Entfernung“, empfiehlt                         meinsam Nachrichten anzusehen und
damals das Projekt ‚Zeitung in der        nen und Schüler sollten die kritische       Urban.                                                        im Nachhinein darüber zu sprechen.“
Schule‘. Wir haben dabei die Frage        Kompetenz vermittelt bekommen,
behandelt, welche Medien vertrau-         um Falschnachrichten in sozialen                       Zugang schaffen                                                Kooperationen
enswürdig sind und faktenbasiert          Medien und Zeitungen zu erkennen,           Auch Wolfgang Irbinger, Deutschleh-                           Vereine wie ZARA oder Mimikama
berichten. Es hieß zwar noch nicht        meint Leichtfried.                          rer an der Neuen Mittelschule Kopp-                           bieten relevante Medienworkshops
Fake News, Falschmeldungen er-              „Falschmeldungen arbeiten außer-          straße in Wien-Ottakring, geht der                            für Lernende und Lehrende an. Neben
schienen trotzdem in den Medien. In       dem stark mit Emotionen, um ihrer           Aufgabe nach, in der Schule Bewusst-                          Fake News werden in diesen Kursen
der schnelllebigen Zeit des Internets     Verbreitung mehr Klicks zu verschaf-        sein für Medien und deren Inhalte zu                          auch Themen wie Hass im Netz oder
haben genau diese Fake News eine          fen“, ergänzt Johanna Urban. Sie ist        schaffen: „Oft fehlt es Jugendlichen an                       Phishing-Mails behandelt. Bei Fortbil-
viel größere Bedeutung. In diesem         am Zentrum für LehrerInnenbildung           Zugriff zu Qualitätsmedien. Im Zuge                           dungsveranstaltungen für Lehrkräfte
Kontext gibt es viele interessante        der Universität Wien im Arbeitsbe-          meiner Magisterarbeit habe ich ver-          Im deutsch-      ist nicht nur eine Vertiefung des Wis-
Maßnahmen und Angebote externer           reich Didaktik der Politischen Bil-         sucht herauszufinden, wie sich Kinder        sprachigen       sens, sondern auch der didaktische
Vereine. Es ist nämlich wichtig, zu       dung tätig. „Die Tonalität der Sprache      über aktuelle Themen – wie etwa das                           Ansatz relevant. Johanna Urban: „Es
beleuchten, wie Journalistinnen und       spielt hier eine sehr wichtige Rolle:       Coronavirus – informieren. Es stell-            Raum          geht natürlich auch darum, Strategi-
Journalisten arbeiten und welche Rol-     Je emotionaler und je fehlerhafter die      te sich schnell heraus, dass sie nicht     werden Falsch-     en und Unterrichtsbeispiele zu über-
le Informationen einnehmen.“              Meldung, desto mehr Klicks werden           wussten, ob WhatsApp oder Messen-                             legen und zu erproben. Wichtig ist,
                                          generiert. Dabei ist es wichtig, zu         ger auch unter den Begriff „Nachrich-      informationen      welche Vorgehensweise für welche
        Falschnachrichten im              bedenken, was man selbst machen             tenquelle“ fallen. Die „Zeit im Bild“       auf Facebook      Zielgruppe am geeignetsten ist. Dabei
      deutschsprachigen Raum              kann: Das Weiterleiten von Fake             oder ähnliche Formate waren den                               kann ein klassischer Quellencheck
Im deutschsprachigen Raum werden          News sollte unterlassen werden. Am          Kindern meist gänzlich unbekannt.             sechsmal        durchgeführt werden. Oder Lehrer
Falschinformationen auf Facebook          besten meldet man den Beitrag an            Aufgrund dieser Erkenntnis habe ich          öfter geteilt,   stellen unterschiedliche Falschmel-
sechsmal öfter geteilt, kommentiert                                                                                                                 dungen korrekten Nachrichten ge-
oder geliket als Meldungen von ver-
                                                                                                                                  kommentiert       genüber und analysieren die Unter-
lässlichen Quellen. Das ergaben die                                                                                                oder geliket     schiede.“
Auswertungen einer Studie des Ox-           Fake News und Qualitätsjournalismus
ford Internet Institute im Rahmen
                                                                                                                                 als Meldungen                  Zivilcourage
                                            ·   Mit dem Begriff Fake News bezeichnet man die Verbreitung falscher Nachrich-            von          Auch das Erlernen von digitaler Zi-
des Projekts „Computational Propa-
                                                ten meist in Onlinemedien, die keine faktische Grundlage besitzen und zur                           vilcourage und der korrekte Umgang
ganda“ aus dem Jahr 2019.
                                                bewussten Manipulation eingesetzt werden.                                         verlässlichen     mit Fake News ist regelmäßig The-
   Laut einer Eurobarometer-Umfrage
vom März dieses Jahres stoßen fast          ·   Qualitätsjournalismus, im Vergleich dazu, informiert faktenbasiert, erklärt          Quellen.       ma bei Fortbildungen. Die österrei-
60 Prozent der Österreicher täglich             Zusammenhänge, bietet unterschiedliche Meinungen zu diesen Inhalten an                              chische Initiative Saferinternet.at
auf Fake News. Auch Österreichs Ju-             und fördert eine informierte öffentliche Debatte.                                                   unterstützt beim richtigen Umgang
gend zweifelt dabei an Inhalten im          ·   Zu den Merkmalen des Qualitätsjournalismus gehören die Richtigkeit, Sach-                           mit digitalen Medien und bietet eine
Netz. Laut einer Studie des Instituts           lichkeit sowie Genauigkeit der Berichte. Er berücksichtigt dabei die Würde und                      Reihe von Workshops für Kinder, Ju-
für Jugendkulturforschung aus dem               die Intimsphäre aller Personen.                                                                     gendliche, Eltern und Lehrpersonal
Jahr 2017 zum Thema „Gerüchte                                                                                                                       an. Dabei soll auch die Fähigkeit ver-
im Netz: Jugendliche verunsichert                                                                                                                   mittelt werden, Fake News in ihren
durch Fake News“ gab ein Großteil                                                                                                                   unterschiedlichen Formen zu erken-
der Befragten an, Schwierigkeiten zu        Inhalte für den Unterricht                                                                              nen. Manche Fake News können als
haben, wahre von falschen Meldun-                                                                                                                   harmlos eingestuft werden, andere
gen zu unterscheiden. Mehr als die          ·   Das Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Wien bietet auf seiner                           wiederum, etwa betrügerische E-
Hälfte (61 Prozent) der Jugendlichen            Website lehrerinnenbildung.univie.ac.at (Forschungsprojekt „Digital Resis-                          Mails, können auch zu finanziellem
sahen die Informationsbewertung im              tance“) eine Linksammlung mit Unterrichtsmaterialien zum Thema Fake News                            Schaden führen. In diesem Sinne ist
Internet als große Herausforderung.             zum Download an.                                                                                    es wichtig, digitale Zivilcourage zu
86 Prozent der Befragten gaben an,          ·   Hilfreiche Arbeitsblätter, Artikel oder Videos rund um Medienkompetenz                              erlernen, zweifelhafte Beiträge nicht
manchmal nicht sicher zu sein, ob               finden Lehrende und Lernende zum Beispiel auf der Website Saferinternet.at,                         zu teilen oder zu kommentieren,
die Informationen, die sie lesen, rich-         beim Verein Mimikama oder auf dem Webportal „So geht Medien“ des                                    nicht auf zu stark gefühlsbasierte In-
tig oder falsch sind. Vier von zehn             Bayerischen Rundfunks.                                                                              halte hereinzufallen, kurz: den Fake
Jugendlichen wissen sogar „oft“ oder                                                                                                                News den Kampf anzusagen.
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
Mittwoch, 29. April 2020                                                      Schule 20/21                                                   Plus                          S7

                                      Von allen Berufsgruppen haben Lehrer neben Spitalsärzten
                                   die höchste Belastung am Arbeitsplatz. Woran das liegt und was
                                       Schulen und Lehrer tun können. Von Katharina Schmidt

                           AUSGEBRANNT
                  N
                         ennen wir ihn Herrn Müller.        Lehrers quantitativ und qualitativ       die flächendeckende Digitalisierung
                         Herr Müller ist Lehrer mit Leib    gesteigert“. Während der relative        der Schulen als Ziel ausgerufen. In
                         und Seele, doch schon seit ei-     Anteil des Unterrichts an der Arbeit     der Belastungsstudie, die noch vor
                   nigen Monaten fürchtet er sich vor       kleiner werde, „explodieren Verwal-      der Corona-Krise durchgeführt wur-
                   den Montagen, an denen er nach ei-       tung und Bürokratie“, so Kimberger.      de, meinten mehr als 60 Prozent der
                   nem kaum erholsamen Wochenende           Das kann auch Studienautor Hotter        Befragten, dass dies mit den vorhan-
                   an seinen Arbeitsplatz zurückkeh-        bestätigen: „Wie Moden werden            denen Personal- und Zeitressourcen
                   ren muss. Ständig ist er müde, aber      ständig neue Konzepte ausprobiert.       „nicht“ oder „eher nicht“ umgesetzt
                   kaum legt er sich abends ins Bett, ist   Das ist sehr viel Schreibarbeit, die     werden könne. Und immer noch
                   an Schlaf nicht mehr zu denken. Er       aber folgenlos bleibt und daher als      mehr als die Hälfte hält die vorhan-
                   starrt an die Decke, seine Gedanken      sinnlos empfunden wird.“ Kimber-         dene Ausstattung für nicht ausrei-
                   kreisen um die aufsässigen Schüler;      ger fordert in diesem Zusammen-          chend. Neben dem positiven Effekt
                   die Eltern, die jeden seiner Schritte    hang mehr Unterstützungspersonal         der Digitalisierung, der sich vor al-
                   kritisieren; und die Kollegen, mit       – denn an den meisten Schulen feh-       lem in der Zeit des Heimunterrichts
                   denen er sich nicht versteht. In den     le es nach wie vor an Psychologen,       zeigt, sieht die Gewerkschaft auch
                   Ferien wird Herr Müller regelmäßig       Sozialarbeitern und administrati-        negative Auswirkungen wie die stei-
                   krank, seinen Hobbys kann und will       ven Kräften.                             gende Gewalt in sozialen Netzwer-
                   er nicht mehr nachgehen. Auch von                                                 ken. „Der Lehrberuf ist ein enormer
                   seiner Familie zieht er sich immer               Anstieg der Gewalt               Stressberuf“, resümiert Kimberger.
                   weiter zurück. Vor Herrn Müller          Dazu kommen tiefgreifende ge-
                   liegt vermutlich ein längerer Kran-      sellschaftliche      Veränderungen,             Kassen bieten Hilfe an
                   kenstand oder auch eine Versetzung       die fast ungefiltert in die Schulen      All diese Belastungen führen dazu,
                   in den frühzeitigen Ruhestand. Herr      weitergetragen werden. Kimberger         dass immer mehr Junglehrer nach
                   Müller ist an einem Burnout er-          und Hotter beobachten etwa einen         einiger Zeit im Schulbetrieb fest-
                   krankt.                                  Anstieg der Gewalt – sowohl jener        stellen, dass der Job nicht ihren
                      Damit ist er nicht allein: „Ne-       zwischen den Schülern als auch           Erwartungen entspricht und das
                   ben Klinikärzten haben Lehrer die        jener gegen die Lehrkräfte, und          Berufsfeld wechseln. Auf der ande-
                   höchsten Belastungen am Arbeits-         zwar quer durch alle Schultypen.         ren Seite geraten immer mehr ältere
                   platz“, sagt Erich Hotter, Leiter        Der Gewerkschafter wünscht sich          Lehrpersonen in Gefahr, auszubren-
                   der Arge Burnout. Er hat 2019 be-        hier eine Null-Toleranz-Politik mit      nen und frühzeitig in den Ruhe-
                   reits zum dritten Mal im Auftrag         spürbaren Konsequenzen für Ge-           stand zu gehen.
                   der Pflichtschullehrergewerkschaft       walttäter, zum Beispiel in Form von        Hilfestellung für Schulen, die
                   eine Belastungsstudie unter mehr         Verwaltungsstrafen oder befristeten      dieser Entwicklung etwas entge-
                   als 7200 Pflichtschullehrern durch-      Ausschlüssen aus dem Unterricht.         gensetzen wollen, bietet die Versi-
                   geführt. Hotter unterscheidet dabei      Auch „die verhaltensauffälligen El-      cherungsanstalt öffentlich Bediens-
                   vier Gruppen: Normal belastet, er-       tern sind mehr geworden“, so Kim-        teter, Eisenbahnen und Bergbau
                   holungsfähig (also jene, die nach        berger, also etwa „Helikoptereltern,     (BVAEB) an. Derzeit nehmen laut
                   dem Wochenende wieder völlig             die die Kinder zur Projektionsfläche     BVAEB mehr als 350 Schulen mit
                   normal leistungsfähig sind), nicht       für die eigenen Wünsche machen“,         rund 9500 Dienstnehmern ös-
                   mehr erholungsfähig (der Stress          aus Ehrgeiz den falschen Schultyp        terreichweit an Programmen zur
                   der vergangenen Woche wird in die        für sie auswählen und dann auch          Förderung von körperlicher und
                   nächste mitgeschleppt) und schließ-      noch jede Maßnahme an der Schule         seelischer Gesundheit teil. Die Ös-
                   lich die Risikogruppe, die bereits       kritisch hinterfragen. Gleichzeitig      terreichische      Gesundheitskasse
                   Symptome einer schweren Depres-          müssten die Lehrer aber viele der        (ÖGK) gibt in einer Broschüre allge-
                   sion aufweist. Während sich 45           Erziehungsaufgaben übernehmen,           meine Tipps wie etwa das Beachten
                   Prozent der Befragten zur norma-         die früher das Elternhaus erledigt       der Work-Life-Balance, regelmäßige
                   len Gruppe zählen, fühlen sich 24        hat.                                     Bewegung an der frischen Luft und
                   Prozent belastet. 16 Prozent fühlen        Schließlich trägt auch die Digitali-   Treffen mit Freunden. Gleichzeitig
                   sich überlastet und immerhin noch        sierung dazu bei, dass der Druck auf     müssten aber auch in der Schule die
                   14 Prozent der Befragten zählen zur      Lehrpersonen steigt. Vergangenes         Strukturen geschaffen werden, die
                   Risikogruppe. Das sind um vier Pro-      Jahr hat das Bildungsministerium         ein Ausbrennen verhindern. Dazu
                   zentpunkte mehr als in der ersten                                                 zählen ausreichende Ressourcen,
                   Studie im Jahr 2014.                                                              positives Feedback und wechselsei-
                                                              Hilfsangebote                          tige Unterstützung im Lehrerkolle-
                         Immer mehr Bürokratie                                                       gium.
                   Zum Vergleich: Laut der Gesund-            Hilfe bei Burnout-Gefährdung und         Letzteres ist auch für Erich Hot-
                   heitsbefragung der Statistik Austria       Informationen zur Prävention sowie     ter ein zentraler Punkt. Er führt
                   aus 2014 litten damals 5,7 Prozent         zur Lehrergesundheit im Allgemei-      im Auftrag der BVAEB immer wie-
                   der Gesamtbevölkerung an einer             nen bietet die Servicestelle für Ge-   der Seminare zum Thema „Happier
                   ärztlich diagnostizierten Depressi-        sundheitsförderung an Österreichs      Teaching“ durch und hat dabei fest-
                   on. Zwar sind die Zahlen aufgrund          Schulen (unter www.give.or.at)         gestellt, dass im Lehrberuf „eine
                   der unterschiedlichen Definitionen         an. Dort finden sich auch Tipps zu     große Individualität vorherrscht“.
                   nicht direkt vergleichbar. Aber sie        den Themen Zeitmanagement und          Der Grazer Forscher bricht eine
                   legen zumindest nahe, dass die             Life-Skills sowie Links zu Lehrer-     Lanze für mehr Teambuilding im
                   Profession des Lehrers – entgegen          beratungsstellen in den einzelnen      Lehrkörper. Man müsste allerdings
                   dem überkommenen Klischee vom              Bundesländern. Die Beamtenver-         früher ansetzen als bisher – denn
                   gemütlichen Halbtagsjob mit langen         sicherung (BVAEB) bietet auf ihrer     oft hört er an den Schulen, dass die
                   Ferienzeiten – ein Hochrisikoberuf         Website (www.bvaeb.sv.at) meh-         Lehrer, die die Teilnahme an seinen
                   für Burnout ist.                           rere Broschüren und Handbücher         Seminaren am dringendsten not-
                                                                                                                                               Foto: stock.adobe.com/RRF

                     Die Gründe dafür sind vielfältig,        zum Thema Gesundheitsförderung         wendig hätten, gar nicht teilneh-
                   wie der Vorsitzende der Pflicht-           am Arbeitsplatz Schule an, ebenso      men: „Die sind dann meist schon in
                   schullehrergewerkschaft,       Paul        die Service Stelle gesunde Schule      der Burnout-bedingten Selbstisola-
                   Kimberger, der „Wiener Zeitung“            der Österreichischen Gesundheits-      tion.“ In diesem Stadium der Krank-
                   erläutert. So hätten sich die „Her-        kasse (www.gesundheitskasse.at).       heit ist wohl auch schon Lehrer Mül-
                   ausforderungen im Berufsfeld des                                                  ler gelandet.
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
S8               Plus                                                              Schule 20/21                                                                                             Mittwoch, 29. April 2020

                                                                                                                                                                                                                 Foto: stock.adobe.com/gaihong
In der heimischen IT-Branche herrscht
Fachkräftemangel. In den Schulen wird
zu wenig Begeisterung für Technik geweckt
und Universitätsabsolventen sind rar.
TU-Wien-Rektorin Sabine Seidler hat
dazu einige Ideen.
Von Monika Jonasch

„Verstehen,
wie INFORMATIK tickt“
„Wiener Zeitung“: Österreich beklagt, dass   Im OECD-Bericht „The Future of Education       Es gibt einen komplexen Maßnah-                                                  Ich kann mit dem Begriff „Role-
Zigtausende IT-Stellen nicht besetzt wer-    and Skills 2030“ heißt es: „Die Schüler      menfahrplan mit unterschiedlichen                                                Model“ wenig anfangen, weil ich in
den können. Universitäten und Fachhoch-      von heute müssen auf noch nicht existie-     Angeboten, beginnend beim Kindergar-                                             dem, was ich tue, nichts Besonderes
schulen kommen nicht hinterher, diese        rende Berufe mit noch nicht erfundenen       ten, weiter über die „KinderuniTechnik“                                          sehe. Ich werde mit diesem Prädikat
Lücken zu füllen. Warum?                     Technologien vorbereitet werden, um noch     und „TUForMath“ oder die Ausstellung                                             von außen versehen und weiß, dass
   Sabine Seidler: Es fehlt nicht nur        nicht erwartete Probleme zu lösen.“          „Abenteuer Informatik“ bis zu Mento-                                             damit eine Verantwortung verbun-
an Absolventen aus dem tertiären                Ich stimme dieser Aussage zu!             ringprogrammen für Studienanfänger.                                              den ist. Dieser versuche ich gerecht
Sektor, sondern aus allen Qualifikati-       Umso wichtiger ist es, Lernen von Be-        Alles davon ist stark nachgefragt.                                               zu werden.
onsstufen. Deshalb unterstütze ich die       ginn an nicht nur auf Fakten, sondern
Forderung nach einem Gesamtkonzept           auch auf Verstehen und Methodiken            Welche Altersgruppe ist am besten                                                Was hat Sie persönlich motiviert, die Tech-
– von der Lehre bis hin zum Universi-        auszurichten. Außerdem ist es wich-          ansprechbar?                                                                     nik zu Ihrem Umfeld zu machen?
tätsabschluss. Es gibt zu wenige Aus-        tig, kreative Potenziale zu fördern und        Den größten Wissensdurst und auch                                                Vielseitiges Interesse an Naturwis-
bildungsplätze, zu wenige Interessier-       Kinder zu lehren, wie sie diese selbst       die größte Unvoreingenommenheit be-                                              senschaften und Mathematik und ein
te an diesen Berufen.                        an sich entdecken und weiterentwi-           obachten wir bei der KinderuniTech-                                              wenig der Zufall.
Auch hohe Drop-out-Quoten an den             ckeln können.                                nik, zu der jährlich rund 3000 Kinder
Universitäten bremsen den „Nachschub“,                                                    im Alter zwischen sechs und zwölf                                                Was sind Erkenntnisse aus Ihrer eigenen
wie kommt es dazu?                           Der Informatikunterricht in Schulen kon-     Jahren strömen.                                                 „Den größten     Karriere, die Sie an junge Frauen weiterge-
   Die Gründe dafür sind vielschich-         zentriert sich auf Hardware- und Software-                                                                                    ben möchten?
tig. Gerade im IT-Bereich steigen vie-       Nutzung. Ist das ausreichend?                Gibt es auch etwas für Lehrer, die ihr Wis-                      Wissensdurst      Ich bin in der ehemaligen DDR auf-
le Studierende frühzeitig ins Berufs-          Bezogen auf Informatik muss die            sen auffrischen wollen?                                         und die größte   gewachsen und habe dort unter ganz
leben ein und haben schlicht keine           Ausbildung über Kenntnisse im Um-              Mit Vorträgen und Workshops spre-                                              anderen Rahmenbedingungen stu-
Zeit mehr, ihr Studium zu beenden.           gang mit Software hinausgehen. Es            chen wir bei „TUForMath“ neben den                               Unvoreinge-     diert. Aus dieser Zeit habe ich mit-
Um frühe, unnötige Drop-outs zu re-          muss darum gehen, zu verstehen,              Schülern auch sehr stark deren Lehr-                             nommenheit      genommen, dass Berufstätigkeit von
duzieren, helfen Aufnahmeverfahren,          wie Informatik tickt. Wir wünschen           kräfte an. Die Initiative bietet auch                                            Frauen selbstverständlich ist. Sie sol-
kombiniert mit Begleitung in den             uns natürlich auch junge Menschen,           ihnen die Möglichkeit, sich weiter-                              beobachten      len tun, was sie für richtig halten und
Studieneinstieg. Informatikstudenten         die selbstorganisiertes Lernen und lö-       zubilden, sich über den State of the                             wir bei Kin-    sich nicht davon beeindrucken lassen,
studieren dann schneller, haben bes-         sungsorientiertes, kritisches Denken         Art zu informieren und sich so zu                                                was das Umfeld dazu meint.
sere Noten und auch der Frauenanteil         beherrschen. Das ist wichtig für jedes       motivieren.                                                     dern zwischen
bleibt stabil. Außerdem sinkt so der         universitäre Studium.                                                                                          sechs und      Wie begegnet man männlichen Kollegen
Anteil der Studienabbrecher nach dem                                                      Wissen Sie von Studierenden, die auf-                                            in einem männerdominierten Umfeld am
ersten Semester von ungefähr einem           Brauchen wir Informatikunterricht ab         grund der TU-Initiativen ein Technikstudi-
                                                                                                                                                          zwölf Jahren.“   besten?
Viertel auf unter zehn Prozent.              dem Kindergarten? Wie könnte dieser          um begonnen haben?                                                                 Authentisch und selbstbewusst.
                                             aussehen?                                      Die gibt es mit Sicherheit. Es ist nur                                         Erfolgreiche Forschergruppen an
Wie könnten Schüler besser auf technische      Trotz aller Erkenntnis, dass wir ganz      schwer zu tracken. Bei unseren Erst-                                             Universitäten zeichnen sich dadurch
Studien und Berufe vorbereitet werden?       früh, also bei Kleinkindern, anset-          semestrigen-Befragungen fragen wir                                               aus, dass sie gemeinsam an Lösun-
  Bereits vor 150 Jahren haben sich          zen müssen, um das MINT-Interesse            auch nach der Quelle für die Studien-                                            gen arbeiten und dabei Respekt und
Professoren der Technischen Hoch-            (Anm.: Mathematik, Informatik, Na-           entscheidung. Es zeigt sich, dass ein                                            Achtung vor der Leistung der anderen
schule über mangelnde Mathematik-            turwissenschaft, Technik) zu fördern         Großteil über Beratungsmessen und                                                herrscht.
kenntnisse der Studierenden beklagt.         oder zu wecken, sollte im Kindergar-         über die KinderuniTechnik, die wir
Auch wir sehen heute vor allem dort          ten spielerisches Vermitteln von Inhal-      seit zwölf Jahren veranstalten, an die                                           Wo waren für Sie die größten Hürden
unterschiedliche Niveaus bei Studi-          ten im Vordergrund stehen. Ein Unter-        TU Wien gefunden hat.                                                            beim Zusammenspiel von Karriere und
enanfängern, egal ob sie von der HTL         richt im klassischen Sinn ist also zu                                                                                         Mutterschaft?
oder der AHS kommen. Hier bieten             hoch gegriffen.                              Als erste weibliche Rektorin der TU Wien                                           Es geht immer um organisatorische
wir einen Angleichungskurs an, der                                                        sind Sie ein Role-Model für Frauen in                                            Belange. Mit einer Kinderbetreuungs-
grundlegende Kapitel der Schulma-            Welche Initiativen setzt die TU Wien, um     technischen Berufen – wie gehen Sie                                              einrichtung kann man viel leichter
thematik wiederholt. Auch ein Pro-           Interesse an Technik zu wecken?              damit um?                                                                        Familie und Beruf vereinbaren als
grammierkurs soll unterschiedliche                                                                                                                                         ohne. Wenn man etwas wirklich möch-
Voraussetzungen in der Informatik                                                                                                                                          te – und ich konnte mir nie vorstellen,
abfedern.                                                                                                                                                                  nicht berufstätig zu sein – findet man
                                              O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Dr.-Ing. h. c. Sabine Seidler                                                           einen Weg, das umzusetzen. In diesem
Wie wichtig ist „Computational Thinking“?     Geboren 1961 in Sangerhausen (ehemals DDR).                                                                                  Sinn gibt es auch kein Rezept.
  In einer von Digitalisierung durch-         Studium der Polymerwerkstofftechnik, Technische Hoch-
drungenen Arbeitswelt braucht es in           schule Leuna-Merseburg, Promotion 1989. Wechsel an                                                                           Gehen Frauen anders mit Technik um als
allen Fächern Grundkompetenzen in             die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 1996                                                                         Männer? Wie würde z. B. „weibliche“ Soft-
Informatik, um eine Kommunikation             o. Univ.-Prof. für Nichtmetallische Werkstoffe, TU Wien.                                                                     ware aussehen?
                                                                                                                                 Foto: TU/Raimund Appel

zwischen Wissenschaftern verschie-            1997 Habilitation. 2000 – 2007 Leiterin des Instituts                                                                          Ich weiß nicht, wie weibliche Soft-
denster Fachrichtungen zu ermögli-            für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie,                                                                          ware aussieht, aber dass Frauen auch
chen. Digitalisierung erfordert trans-        TU Wien. 2007 – 2011 Vizerektorin für Forschung, TU                                                                          andere Lösungen finden, ist evident.
und interdisziplinäres Arbeiten und           Wien. Seit 2011 Rektorin der TU Wien. Sabine Seidler ist                                                                     Nicht umsonst ist der Erfolg divers zu-
damit zumindest Grundkenntnisse der           verheiratet und hat zwei Kinder.                                                                                             sammengesetzter Teams nachgewiese-
„Fremdsprache Informatik“ bei allen.                                                                                                                                       nermaßen ein größerer.
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
Mittwoch, 29. April 2020                                                      Schule 20/21                                                                                    Plus                   S9

 Ohne FEEDBACK
        keine Fortbildung
  Lehren und Lernen
  gehören zusammen, auch
  für das Lehrpersonal. Die
  richtige Grundeinstellung

                                                                                                            “
  zum Beruf und Kompetenz
  bei der Wissensvermittlung
  können – und müssen –
  erlernt werden.
  Von Alexandra Hochwarter                                                                    F E E D BA C K                                   ss ein
                                                                                                                    m a n d e m anzeigt, da o. Ä.
                                                                                                              ie je                          ng
                                                                                                Reaktion, d erhalten, eine Äußeru nden
                                                                                                      m m te s V                    e r ve rsta
                                                                                                besti                          artn
                                                                                                                unikationsp                   ltensweise
                                                                                                  vom Komm er bestimmten Verha

                                                                                              „
                                                                                                              ein                          at];
                                                                                               wird [und zu r -änderung geführt h ng

 B
        enjamin Hadrigan ist der zurzeit                                                                 ode                         m ue ld
                                                                                                                        lung, Rück
        wahrscheinlich bekannteste Schüler                                                               Rückkoppe
        Österreichs. Er entwickelte die App
  „Lernsieg“, mit der Schülerinnen und
  Schüler Lehrkräfte in unterschiedlichen        Auch Benjamin Hadrigan kann die-
  Bereichen wie Vorbereitung oder Pünkt-       ser Analyse nur zustimmen und fügt an:
  lichkeit bewerten können. Der Jungunter-     „Aus der Perspektive der Schülerinnen
  nehmer ist sich sicher: Ein guter Lehrer     und Schüler ist es so: Es ist das Gesamt-
  sollte immer an sich arbeiten und mit        paket, das bei einer Lehrperson zählt.
  der Zeit gehen. Voraussetzung dafür sei      Viele einzelne Faktoren müssen passen,
  das Einholen von Feedback der eigenen        wie bei einem Puzzle. Es muss eine Per-
  Klasse. Auch John Hattie, Pädagoge und       son sein, die die Leidenschaft des Unter-
  Professor für Erziehungswissenschaften       richtens ausleben möchte und nicht eine,
  an der Universität Melbourne, schreibt       die den Lehrerjob als Fluchtplan sieht,
  in seinem Buch „Kenne deinen Einfluss“       weil Plan A nicht funktioniert hat. Eine
  über erfolgreiche Lehrpersonen und die       notwendige Voraussetzung ist auch die
  damit verbundenen effektiven Unter-          Passion, mit Jugendlichen zu arbeiten.
  richtsmethoden. „Erachte Schülerleistun-     Man muss damit umgehen können, regel-
  gen als eine Rückmeldung für dich über       mäßig unterbrochen zu werden. Genauso
  dich“ und „Gib und fordere Rückmel-          wie bei einem Unternehmer, der vor Pro-
  dung“ sind zwei seiner Kernbotschaften.      blemen nicht zurückschreckt, sondern
                                               Herausforderungen interessant findet,
       Feedback durch Schulklassen             sich diesen gegenüberstellt und passen-
  Laut TALIS, einer international verglei-     de Lösungsansätze findet.“
  chenden Studie der OECD aus dem Jahr
  2018 über Lernumfelder, meinen über 60                     Richtig lernen
  Prozent der österreichischen Lehrperso-      Was nicht außer Acht gelassen werden
  nen, dass regelmäßiges Feedback einen        darf, ist der didaktische Ansatz. Den
  positiven Effekt auf den Wissenstrans-       Schülerinnen und Schülern sollte bei-
  fer zwischen Lehrenden und Lernenden         gebracht werden, wie man richtig lernt.
  habe. Ihre pädagogischen Kompeten-           Lehrkräfte können dabei an ihre Weiter-
  zen würden dadurch genauso steigen           bildung denken. „Nicht für alle ist es ein-
  wie ihr Wissen im Fachgegenstand und         fach, Lerninhalte richtig aufzunehmen         Anna-Lena Lock-Raudaschl, Lehrerin an der                     Benjamin Hadrigan, der 18-jährige Entwickler
  ihre Kompetenzen bei der Verwendung          und gute Noten zu schreiben“, merkt           Neuen Mittelschule Dirmhirngasse in Wien-Liesing.             der Smartphone-App „Lernsieg“.
  der Beurteilung durch die Schülerinnen       Hadrigan an. „Besonders dann, wenn sie        Foto: Markus Sepperer                                         Foto: Lukas Beck
  und Schüler. Laut der Umfrage werden         keine Ahnung haben, wie man am effek-
  in Österreich 25 Prozent der Lehrperso-      tivsten lernt. Effektive Lernmethoden zu
  nen mindestens einmal jährlich von der       vermitteln ist das A und O des Wissens-
  Schulleitung beurteilt. Damit liegt Öster-   transfers. Es gibt Lerntechniken und
  reich weit hinter dem EU-Durchschnitt        unzählige wissenschaftliche Ansätze zu
  (60 Prozent). Schülerumfragen zum            diesem Thema, aber nur wenige Lehrper-
  Lehrpersonal finden laut Schulleitungen      sonen bringen den Kindern bei, wie man
  bei 70 Prozent der österreichischen Lehr-    richtig lernt. Viele müssen dann Nach-
  personen statt.                              hilfe nehmen oder schreiben schlechte
                                               Noten, was finanzielle Folgen hat und
    Anna-Lena Lock-Raudaschl, Lehrerin an      eventuell zu Druck und Hass gegen das
  der Neuen Mittelschule Dirmhirngasse in      Lernen und die Schule führt. Aus diesen
  Wien-Liesing, sieht in den Rückmeldun-       Gründen ist es wichtig, richtiges Lernen
  gen ihrer Klassen einen wertvollen Input,    zu lernen.“
  um ihr Unterrichtsniveau zu heben: „Für
  mich ist es unabdingbar, sich Feedback                      Fortbildung                      Grundhaltungen erfolgreicher Lehrpersonen laut Bildungsexperte John Hattie
  von Lernenden einzuholen, immerhin           Laut der Studie TALIS liegt die Fortbil-
  geht es doch um ihren Lernprozess! Wo-                                                       •     Rede über Lernen, nicht über Lehren
                                               dungsrate von Lehrkräften in Österreich
  her soll ich sonst wissen, welche Lern-      bei knapp 99 Prozent und ist somit höher        •     Betrachte Lernen als harte Arbeit
  formen am meisten bringen, was Spaß          als im EU-Schnitt (92,5 Prozent). Fort-         •     Entwickle positive Beziehungen
  macht und welcher Workshop interessant       bildungen erfolgen dabei beispielsweise         •     Verwende Dialog statt Monolog
  war? Negative Rückmeldungen nehme ich        durch die Teilnahme an Kursen zu The-
  dabei nicht persönlich, sondern bin dank-                                                    •     Gib und fordere Rückmeldung
                                               men wie „Individualisiertes Lernen“ oder
  bar, dass man sich traut, Kritik zu üben.    „Unterrichten von Schülerinnen und              •     Erachte Schülerleistungen als eine Rückmeldung für dich über dich
  Solange das auf wertschätzende Art pas-      Schülern mit besonderem Förderbedarf“           •     Kooperiere mit anderen Lehrpersonen
  siert, nehme ich das gerne an.“              sowie durch das Lesen von Fachliteratur.
                                                  In Österreich gibt es bereits eine Viel-
                  Motivation                   zahl von Maßnahmen zur Fortbildung
  Neben dem Feedback spielt auch Leiden-       von Lehrenden, etwa die Initiative „Inno-       Wie man sich als gute Lehrkraft etabliert:
  schaft für das Unterrichten eine essen-      vationen Machen Schulen Top!“ des Bil-
  zielle Rolle. „Wichtig ist die Freude, mit
                                                                                               Fünf Ratschläge von Lehrerin Anna-Lena Lock-Raudaschl
                                               dungsministeriums, die es Lehrkräften
  jungen Menschen zusammenzuarbei-             ermöglicht, sich regional zu vernetzen          1. Freude daran haben, mit jungen Leuten an ihren Potenzialen zu arbeiten;
  ten“, betont Lock-Raudaschl. „Das mag        und innovative Unterrichtsansätze und              die Schülerinnen und Schüler spüren lassen, dass sie hier richtig sind.
  für viele selbstverständlich klingen, al-    Lehrmaterialien auszutauschen. Zudem
                                                                                               2. Vorbild und Wegbegleiter sein; in der Klasse eine Atmosphäre schaffen,
  lerdings fordert die Arbeit mit Kindern      wurden die österreichweiten Kompe-
                                                                                                  in der Fehlermachen den Lernprozess ergänzt und nicht verzögert.
  und Jugendlichen – und vor allem mit so      tenzzentren für Fachdidaktik, die Aus-
  vielen gleichzeitig auf einem Fleck – viel   trian Educational Competence Centers            3. Erfolge feiern; Fleiß, Hilfsbereitschaft und Verlässlichkeit belohnen.
  Geduld, Einfühlungs- und Durchhalte-         (AECC), an den Universitäten Wien und           4. Offen sein gegenüber Kindern und Jugendlichen; gemeinsam persönliche Ziele erarbeiten;
  vermögen. Die Leidenschaft, mit jungen       Klagenfurt gegründet. Diese sind neben             darauf achten, dass Regeln und Abmachungen eingehalten werden.
  Menschen an ihrer Entwicklung zu arbei-      der Forschung im Bereich des Lehrens            5. Wichtige Eigenschaften kultivieren: Geduld, gute Kommunikationsfähigkeiten, Einfühlungsver-
  ten, muss wirklich ein Hauptmotivator        und Lernens auch im Bereich der Weiter-            mögen, Transparenz, Konsequenz und eine ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstreflexion.
  sein.“                                       bildung tätig.
Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
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