Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 - Wiener Zeitung
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S2 Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 Karikatur: Sinisa Pismestrovic IMPRESSUM: „Plus Schule 20/21“ ist eine Verlagsbeilage der Wiener Zeitung. Erscheinungstag: 29.04.2020 Herausgeber: Die Republik Österreich, Ballhausplatz 2, 1014 Wien; Medieninhaber, Redaktion (der Wiener Zeitung), Verlagsort, Redaktions- und Verwaltungsadresse: Wiener Zeitung GmbH, Media Quarter Marx 3.3, Maria-Jacobi-Gasse 1, 1030 Wien; Realisierung: Abteilung Content Production; Leitung Corporate Publishing & Content Production: Nadja James; Autorinnen dieser Beilage: Alexandra Hochwarter, Monika Jonasch-Lykourinos, Sabina König, Lisa Lumesberger, Katharina Schmidt; Lektorat: Clemens Stachel; Art Direktion: Richard Kienzl; Cover: Judit Fortelný; Anzeigen: Ramona Hammermüller, Lena Nesic, Alexander Palaschke, Manfred Svec (Ltg.); Geschäftsführer: Martin Fleischhacker, MSc.; Chief Commercial Officer: Mag. Markus Graf; Produktion: Manfred Rohrbacher, Christian Simulak; Vertrieb: Dr. Alexandra Kauer; Druck/Herstellungsort: Herold Druck & Verlag AG, Faradaygasse 6, 1030 Wien; Offenlegung gem. §25 Abs. 2 & 3 Mediengesetz: www.wienerzeitung.at/unternehmen/impressum/95_Impressum.html
Mittwoch, 29. April 2020 Schule 20/21 Plus S3 RESPEKT & DISZIPLIN in der Schule: Wie kann das gelingen? Wurden Schülerinnen und Schüler früher noch mit autoritären Maßnahmen zurechtgewiesen, so heißt es heute oft, dass sich Lehrpersonen nicht mehr durchsetzen könnten. Dass es an Respekt und Disziplin im „Wiener Zeitung“: Wie erlangt man als Unterricht mangle. Doch wie kann ein respektvoller Umgang sehr aktiv auf sozialen Netzwer- Lehrkraft Respekt und Disziplin? ken sind und auch Privates mit der Michael Fessl: Es ist wichtig, in der Schule gelingen? Ein Lehrer und eine Schülerin Schülerschaft teilen, könnte die seine Schülerinnen und Schüler des BG/BRG Pichelmayergasse in Wien Distanz verloren gehen. Man sollte ernst zu nehmen. Sie in ihrer Rol- schon noch als Lehrperson wahr- le, in ihren Bedürfnissen wahrzu- im Doppelinterview. genommen werden, sonst könnte nehmen und fair zu behandeln. Von Lisa Lumesberger das den Respekt gefährden, auch Ich versuche ihnen Empathie ent- wenn ich hier nicht zu pauschal gegenzubringen und mit ihnen auf sprechen möchte. Augenhöhe zu kommunizieren. Die Klassen spüren auch aus eige- Denken Sie, dass sich Respekt und ner Erfahrung, wenn man weniger Disziplin in der Schule durch die Konzentration in den Unterricht Digitalisierung verändern werden? einbringt. Sie bemerken das Feh- Braucht es hier neue Maßnahmen? len eines roten Fadens schnell Chiara-Alicia: Ich denke nicht, und brauchen aber, vor allem in dass sich die Bedeutung von Re- der Unterstufe, Konsequenz und spekt durch die Digitalisierung Orientierung. Zu Beginn meiner stark verändern wird. Ich bin seit Lehrlaufbahn – ich unterrichte seit 2017 in einer „Laptopklasse“ und 2012 Deutsch und Geografie – war kann nicht weniger Respekt oder das eine Herausforderung. Ich war Disziplin im Unterricht erkennen. in meinem zweiten Lehrjahr Klas- Es gibt aber durchaus mehr Mög- senvorstand, hatte mehrere Ämter lichkeiten, sich selbst abzulenken, sowie eine volle Lehrverpflichtung und Respekt einfordern. In der Chiara-Alicia: Wenn eine Muss eine respektable Lehrperson beispielsweise mit Onlinespielen. inne. Dies war mental sehr for- siebenten Klasse, in der ich mich Lehrperson uns wenig entgegen- digital versiert sein? Würde es den Es ist einfacher, nicht erwischt zu dernd. Ich kann aber sagen, dass befinde, sollte man auch schon kommt, tun wir es umgekehrt Respekt gefährden, wenn zu viel Pri- werden, für die Lehrkräfte wird ich in diesem Jahr sehr viel, auch Selbstdisziplin besitzen. auch weniger. Es gibt Lehrende, vates auf sozialen Netzwerken mit der die Kontrolle schwieriger. Hier über mich, lernen durfte. Michael Fessl: Bis zu einem ge- die sehr disziplinierend sind. Man Schülerschaft geteilt wird? bekommt vor allem Selbstdiszip- Chiara-Alicia*: Eine gewisse wissen Punkt auf jeden Fall. Die macht zwar, was sie einfordern, Chiara-Alicia: Ein digitales lin eine größere Bedeutung. Die Fachkompetenz ist nötig, damit die Frage ist nur, welches Maß notwen- aber man respektiert sie nicht. Grundwissen sollte man als Lehr- Lehrenden müssen sicherlich Lehrperson in ihrem Fach von den dig ist. In meiner Schulzeit hatten Negativbeispiele sind für mich hier person sicherlich haben. Ich er- auch konsequentere Maßnahmen Schülern respektiert wird. Auch Respekt und Disziplin noch sehr auch jene Lehrkräfte, die offen- achte es aber nicht als wichtig, durchsetzen, als nur zu ermahnen. die Beliebtheit ist ein Faktor, aber viel mit Autoritär-Sein zu tun. Die sichtlich Lieblinge haben und dass sie auf Social Media vertre- Michael Fessl: Es wird Ver- nicht zu 100 Prozent. Ich stimme beiden Begriffe müsste man hier diese deshalb auch „sanfter“ beur- ten ist. Ich denke aber wiederum änderungen geben. Das Face-to- dem zu, es kommt auch darauf sicherlich neu definieren. Heute teilen. auch nicht, dass es den Respekt Face-Unterrichten wird durch die an, wie die lehrende Person das wird es immer wichtiger, auf Au- Michael Fessl: Schwierig wird verletzt, wenn man Privates in Digitalisierung weniger und somit Fach unterrichtet und ob sie uns genhöhe zu interagieren. Auch ich es, wenn sich eine Lehrperson sozialen Netzwerken über die nehmen Lehrkräfte mehr die Rol- respektiert. Hier fallen mir zwei denke, dass die Schulstufe eine nicht auf die Lernenden einlässt. Lehrperson erfährt. Eine gewisse le des Begleiters ein, wenn es um Lehrkräfte ein, die das sehr gut Rolle spielt. In der Unterstufe ist es Wenn sie ihr Programm fährt und Distanz sollte aber schon vorhan- eigenständiges Lernen geht. Res- umsetzen. Sie respektieren die für manche noch schwerer, Diszip- nicht auf die Stimmungslage der den sein. pekt und Disziplin muss man sich Klassen, hören sich ihre Sorgen an lin an den Tag zu legen, dies fällt Klasse eingeht. Auch, wenn sie die Michael Fessl: Das ist vielleicht hier neu erarbeiten. Etwa durch und behandeln alle fair. Das führt in der Oberstufe schon leichter. Kontrolle verliert, emotional wird meine Achillesferse, da ich nicht mehr Schülerinnen- und Schüler- zu einem guten und respektvollen oder die Schülerschaft persönlich wirklich digital versiert bin, auch orientierung. Man muss sich die Arbeitsklima. Sie verstehen aber Wann wird es schwierig, eine Lehr- angreift. Hier muss man als Lehr- wenn ich mit den Medien im Un- Frage stellen, wie man den Unter- auch Spaß und gestalten den Un- kraft zu respektieren und diszipliniert kraft sehr aufpassen und mit einer terricht gut zurechtkomme. Ge- richtsstoff an die Lebenswelt der terricht lustiger. Man ist gerne in zu sein? gewissen Ruhe agieren. nerell denke ich, wenn Lehrende Schülerschaft anpassen kann. Im ihrem Unterricht, wodurch es uns aktuellen digitalen Homelearning auch leichter fällt, sie zu respek- versuche ich beispielsweise, die tieren und diszipliniert zu bleiben, Lernenden per E-Mail zu motivie- auch wenn sie mal ernster sind. Beratung und Tipps ren, sie nicht mit Materialien zu schulpsychologie.at: Hier finden Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte und Eltern Beratungsmöglichkeiten zu überhäufen und kreative Arten Sind Respekt und Disziplin im Unter- verschiedenen schulischen Themen auch wertvolle Tipps für das Homeschooling. Gut zu wissen: Telefonische der Mitarbeit einzufordern. Ich richt heutzutage noch wichtig? Beratungsangebote können auch während der Corona-Krise in Anspruch genommen werden. lasse sie zum Beispiel eine Mind- Chiara-Alicia: Das kommt auf Schulservicestellen: Weiterführende Infos und Kontakte zu Beratungsmöglichkeiten finden Sie auch bei den Schul- map über einen Dokumentarfilm jede einzelne Klasse, das Fach und servicestellen in der Bildungsdirektion des jeweiligen Bundeslandes. Die Kontaktdaten zu den Schulservicestellen gestalten oder Referate mit dem auch die Schulstufe an. In der ers- finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (www.bmbwf.gv.at). Handy aufnehmen, um sie später ten Klasse ist es sicherlich noch in der Schule gemeinsam ansehen wichtig, dass Lehrende Disziplin *Aus Gründen des Datenschutzes wird der volle Name der Schülerin nicht angeführt. zu können. Für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen www.goed.at Gemeinsam jeden Tag für Fairness
S4 Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 „LÄNDERVERGLEICHE sind grober Unsinn“ Foto: stock.adobe.com/Ingo Bartussek Warum die Pisa-Studie nichts über die Qualität des Bildungssystems aussagt, dafür aber unseren Umgang mit der Corona-Krise erklärt. Ein Interview mit dem Bildungswissenschafter Stefan Hopmann. Von Katharina Schmidt „Wiener Zeitung“: Sie haben immer wie- kann man keine Rückschlüsse auf die Gibt es bessere Methoden als Pisa, um Wissensdistributionsfunktion zulas- der die Teilnahme Österreichs an Pisa Qualität des gesamten Systems zie- Leistungen in der Schule festzustellen? ten der anderen Funktionen gebracht. kritisiert. Ist es nicht auch sinnvoll, die hen. Da werden oft Bildungssysteme Die Frage ist: Was will ich vom Schul- Besser wäre es gewesen, für diese drei Leistungen der Schüler international ver- lobend hervorgehoben, die in vielen system? Ist es primär ein Mechanis- Monate auf den Leistungsdruck zu gleichen zu können? anderen Parametern deutlich schlech- mus zur Verteilung von Wissen oder verzichten. Genügend andere Länder Stefan Hopmann: Nein. Aber ich tere Leistungen vorweisen können als geht es darum, zu lernen, in Beruf und machen das so. Auch hier sieht man muss zunächst etwas richtigstellen: das österreichische. Gesellschaft einzutreten? Diese Strei- übrigens direkt die Pisa-Folgen: Jene Ich kritisiere nicht die Teilnahme an tigkeiten gibt es seit Aristoteles. Und Länder, die an Pisa glauben, tun sich Pisa. Das Problem ist, welche Schlüs- Bei der letzten Pisa-Testung 2018 haben Pisa hat dazu geführt, dass sich bei jetzt schwer damit, auf die Leistungs- se daraus gezogen werden. Pisa-Daten zum Beispiel Estland und Finnland beson- den Beteiligten der Glaube festfrisst, fixierung zu verzichten. werden nicht nur bei uns, sondern in ders gute Ergebnisse erzielt. Heißt das, dass die Menge der Wissensdistributi- vielen Ländern für Dinge verwendet, dass die Schulsysteme in diesen Ländern on das Entscheidende ist. Das stimmt die sie rein den Regeln der empiri- gar nicht so gut sind, wie die Studie ver- aber nicht. Vielmehr geht es darum, Stefan Hopmann schen Forschung nach gar nicht herge- muten lässt? gemeinsam mit anderen Menschen Der gebürtige Göttinger ben können. Sind sie nicht. Meine skandinavi- sinnvolle Lösungen für Aufgaben zu studierte in Deutschland schen Kollegen pflegten immer zu finden, die man sich nicht ausgesucht und Norwegen, bevor er Können Sie Beispiele dafür nennen? sagen: „Wenn der Preis für Pisa-Erfolg hat. Die Schule ist der einzige Ort, wo 2005 als Professor an die Zum Beispiel diese grob unsinnigen das finnische Schulmodell ist, dann man das lernen kann, während man Universität Wien kam. Der Ländervergleiche. Die Frage, welche wären wir gerne Letzter.“ Wissen auch zu einem späteren Zeit- Bildungswissenschafter Schulgliederung und welche Unter- punkt nachholen kann. forscht und lehrt im In- und richtsform optimal ist, kann man mit Ist unser Schulsystem also doch in Ord- Ausland – unter anderem zu einer solchen Querschnittsuntersu- nung? Das würde auch heißen, dass sich die sozi- Pisa, zur PädagogInnenbil- chung rein technisch gar nicht sinnvoll Das österreichische Schulsystem hat ale Ungleichheit während des Heimunter- dung Neu und zahlreichen beantworten. Pisa ist von vornherein historisch gewachsene Stärken und richts in der Corona-Krise nicht nur durch weiteren bildungspolitischen nicht als wissenschaftliche Forschung, Schwächen wie jedes andere auch. Es einen Mangel an Ressourcen verstärkt, Themen. Im Gespräch mit Foto: Foto Wilke sondern als politische Maßnahme ge- gibt sehr viele unterschiedliche Bil- sondern auch durch fehlende Klassenka- der „Wiener Zeitung“ ärgert er dacht gewesen. dungswege. Dabei stellt sich heraus, meraden. sich auch darüber, dass man in dass diese Vielfalt zwar manchmal Natürlich braucht man auch einen der Corona-Krise an der Matura Aber grundsätzlich ist es ja nicht verkehrt, verwirrend ist und auch viele soziale Computer zu Hause, aber jene, die zu festhält. Dies sei „Sozialdarwi- das bildungspolitische Thema immer wie- Probleme beinhaltet, aber immerhin Hause mit anderen lernen können, ha- nismus der übelsten Sorte, denn der einmal auf die Agenda zu heben. dazu führt, dass ein Großteil der Ju- ben einen signifikanten Vorteil. Denn das prämiert wieder die Res- Ja, aber nicht, wenn die meisten Leu- gendlichen tatsächlich vernünftige Informationsmanagement ist eine sourcenstarken, wo Einkommen te glauben, dass das Pisa-Ranking et- Übergänge zustande bekommt. In Sys- soziale Erfahrung, keine individuelle und Wohnung gesichert sind was über die Qualität eines Schulsys- temen, wo der Übertritt ins Gymnasi- Leistung: Ich muss lernen, wem ich und niemand in der Familie zur tems aussagt. Pisa ist aber beschränkt um schon bestimmt, ob ich auf die Uni wie vertrauen kann. Pisa hat uns aber Risikogruppe gehört“. auf die Wissensdistribution, daraus gehen kann, ist das anders. ein völlig einseitiges Übergewicht der GEHÄLTER im Fokus Seit diesem Semester werden Lehrer verpflichtend nach dem Gehaltssystem des neuen Lehrerdienstrechts entlohnt. Das hat einige Vorzüge, aber auch Tücken. Von Sabina König I n der Zeit zwischen dem Beschluss des neuen Lehrerdienstrechts im Jahr 2013 und Herbst 2019 konnten Junglehrer zwi- Die Gehaltssysteme im Vergleich Die Nachteile des neuen Systems betref- fen etwa Quereinsteiger, die aufgrund des Lehrermangels aus anderen Berufen re- Euro schen altem und neuem Gehaltssystem krutiert werden. Höflehner: „Für Hoch- wählen. Nun erfolgt die Bezahlung automa- 6000 schulabsolventen, die rund 20 Jahre in ei- tisch nach dem neuen Schema. Die wesent- nem gut dotierten Job gearbeitet haben, ist lichen Änderungen in Kürze: Waren es zu- 5500 es unattraktiv, als Lehrer in der ersten Ge- vor sechs Entlohnungsgruppen, gibt es im haltsstufe einzusteigen.“ Die Vorgaben zu neuen Dienstrecht nur ein Schema für das 5000 diesen Einstufungen vonseiten der Regie- Grundgehalt aller Lehrer. Statt 18 gibt es rung seien kompliziert, der Vollzug in den nur mehr sieben Entlohnungsstufen. Eine 4500 Bildungsdirektionen daher häufig falsch. Vorrückung erfolgt nicht mehr alle zwei, Vielfach seien diese neuen Mitarbeiter zu 4000 sondern alle fünf bzw. sechs Jahre. hoch eingestuft und Fehler erst nach Mo- Positiv ist, dass sich Junglehrer über naten korrigiert worden. „Hier braucht es 3500 höhere Einstiegsgehälter freuen dürfen. klare Vorgaben. Das Ministerium hat uns Ihr Lohn wird dafür nicht mehr so stark 3000 zugesagt, dass es zu einer Vereinfachung wie bisher ansteigen. „Gerade als junger kommen wird“, gibt sich der Gewerkschaf- Mensch braucht man Geld, daher optierten 2500 ter zuversichtlich. Außerdem kämen viele die neu eintretenden Lehrer schon in den Direktoren in Kleinstschulen am Land nicht letzten Jahren mehrheitlich für das neue 2000 in den Genuss brauchbarer Zulagen, kriti- Dienstrecht“, sagt Martin Höflehner, Vor- siert Höflehner. Diese werden nur an Stand- Altes Schema I 1 sitzender-Stellvertreter der Gewerkschaft 1500 Altes Schema I 2a 2 orten mit mehr als fünf vollbeschäftigten Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschul- Neues Schema Lehrern vergeben. lehrer. Pflichtschullehrer hätten sich mehr- 1000 Grundsätzlich hält Höflehner aber fest, heitlich für das neue Dienstrecht entschie- dass nicht das Gehalt, sondern die struk- den, AHS-Lehrer für das alte. „Wenn man 500 turellen Missstände viele junge Lehrer das auf die Pension blickt, haben es jene Kolle- Handtuch werfen lassen. Er stellt klar: „Das gen am besten erwischt, die heute 65 sind 0 Jahre Bildungssystem ist ein Fass ohne Boden. und in L1 eingestuft waren, also in einer 0 10 20 30 40 Baustellen gibt es viele, das Gehalt ist die AHS unterrichtet haben“, erklärt Höflehner. kleinste.“
Mittwoch, 29. April 2020 Schule 20/21 Plus S5 E lf Jahre, sechs Bundesregierungen, fünf sionsalter, gleichzeitig kommen aber weni- Ministerinnen und vier Minister – wohl ger Junge nach – etwa fällt im Bereich der kaum ein politisches Projekt kann auf NMS ein ganzer Absolventenjahrgang aus. eine derart lange und kontinuierliche Um- Wie viele Lehrkräfte tatsächlich fehlen, wird „In 10 setzungsgeschichte zurückblicken wie die laut Ministerium erst erhoben. Ein erhöhter PädagogInnenbildung Neu. Auf den Weg Bedarf sei nur in einzelnen Unterrichtsge- gebracht wurde sie 2009 von der damali- genständen und regional unterschiedlich zu gen Unterrichtsministerin Claudia Schmied erwarten. (SPÖ) und ihrem ÖVP-Gegenüber im Wis- Durch die neuen Eignungsprüfungen JAHREN senschaftsressort, Johannes Hahn. Nach kommt es auch zu einem Rückgang der Stu- umfangreichen Gesetzesänderungen und dienanfänger um zehn Prozent. Allerdings teils zähen Verhandlungen zwischen Uni- dürfte es sich nach Meinung der Experten versitäten und Pädagogischen Hochschulen hierbei um Personen handeln, die das Studi- konnten im Studienjahr 2015/16 die ers- um ohnehin irgendwann abgebrochen hät- ten Lehrkräfte nach neuen Studienplänen ten. Denn die Eignungsverfahren sind der- läuft alles ausgebildet werden. Seit dem laufenden zeit nicht als Auswahlverfahren konzipiert, Schuljahr unterrichtet der erste Absolven- sondern eher als Möglichkeit zur Selbstein- tenjahrgang österreichweit an den Schulen. schätzung. Nach einem Online-Selbsttest Doch wird die neue Ausbildung den an sie gibt es zwar auch eine schriftliche Testung, gesetzten Erwartungen gerecht? Und kann diese fällt aber harmlos aus: Nur wer weni- rund“ die neue Generation an Lehrkräften auch ger als 30 Prozent der Punkte erzielt, wird besser mit der neuen Generation an Heraus- zu einem Gespräch geladen – und darf un- forderungen in den Schulen – von Digitali- abhängig von dessen Ergebnis trotzdem sierung über Inklusion bis hin zu sozioöko- studieren. Es gibt allerdings Überlegun- nomischen Problemen – umgehen? gen, die Aufnahmebedingungen auf Basis Die Grundidee war neben einer Bologna- gemeinsam entwickelter österreichischer konformen Umstellung auf Bachelor und Standards anzupassen. Genauso besteht Master ein Paradigmenwechsel im Ausbil- laut Maria-Luise Braunsteiner noch Weiter- dungssystem für Lehrkräfte: Die Lehrerbil- entwicklungsbedarf in den Studienplänen, dung orientiert sich nun nicht mehr an den etwa bei den Themen Digitalisierung oder Schultypen, sondern am Alter der Schüler. Mehrsprachigkeit. Diese Punkte sind im Re- Wurden zuvor beispielsweise Lehrpersonen gierungsprogramm erwähnt und – ebenso für die Neue Mittelschule (NMS) an Pädago- Die neue Lehrerausbildung ist ein Langzeitprojekt, das oft nicht ganz wie die Induktionsphase – Gegenstand der gischen Hochschulen (PH) ausgebildet und einfach zu durchschauen ist. Ein Wegweiser durch den Dschungel derzeit laufenden Evaluierungen der neuen jene für das Gymnasium an den Universitä- Ausbildung. ten, so gibt es jetzt eine einzige gemeinsame der Vor- und Nachteile. Von Katharina Schmidt Die Bildungsexpertin ist grundsätzlich Ausbildung für die Sekundarstufe I, also die zufrieden mit der PädagogInnenbildung 10- bis 14-Jährigen. dings nicht ausreichend für die Praxis. „Die dem Ressort von Bildungsminister Heinz Neu: „Das Projekt ist auf Schiene und jetzt Pädagogik, die wir im Studium lernen, ist Faßmann heißt es dazu, es sei „nicht vor- geht es um die Weiterentwicklung“, sagt sie. Schwierige Kooperation wertlos für die Klasse, das sagen alle“, er- gesehen, das Unterrichtspraktikum wieder Auch der Gewerkschafter, nach Eigendefini- Zu diesem Zweck wurden PHs und Unis läutert der junge Mann, der vergangenes einzuführen“. Dieses sei auch nur für Leh- tion „nicht der größte Fan, aber Zweckop- österreichweit zu vier Entwicklungsver- Jahr als einer der ersten den Abschluss „Ba- rer an Höheren Schulen vorgesehen gewe- timist“, plädiert noch für eine Schonfrist: bünden zusammengeschlossen, die jeweils chelor of Education“ (BEd) erworben hat. sen, während die Induktionsphase auch für „Zehn Jahre dauert es sicher, bis alles rund gemeinsam Curricula ausarbeiteten. Dabei Auch eine andere Lehrperson, die eine Aus- Lehrpersonen an Pflichtschulen gelte. läuft, man kann nicht erwarten, dass das sind zwei völlig unterschiedliche Kulturen bildung in psychoanalytischer Pädagogik Nachbesserungsbedarf gibt es wohl auch von heute auf morgen geht,“ sagt Quin. aufeinandergeprallt, was bis heute die Ko- hat und an einer Pflichtschule unterrich- bei der Studiendauer. Lag die Mindeststu- operation erschwert, wie Eckehard Quin, tet, findet, dass „zu viel in die klassischen diendauer für Volksschul- und NMS-Lehrer zum Zeitpunkt der Einführung Vorsitzender schulischen Schwerpunkte investiert wird“. früher bei sechs Semestern, jene für Gym- Buchtipp der AHS-Lehrergewerkschaft, berichtet. Das Sinnvoller wäre ein professioneller Fokus nasiallehrer bei acht, so liegt sie jetzt zwi- Betreuungsverhältnis sei auf den Pädago- auf den psychosozialen Bereich, meint sie. schen zehn und zwölf Semestern – die In- gischen Hochschulen aufgrund niedrigerer Die Gewerkschaft macht für die Unsicher- duktionsphase noch gar nicht eingerechnet. Studierendenzahlen wesentlich besser als heit der Berufsanfänger eine weitere Neue- Das liegt daran, dass zunächst einmal alle auf großen Unis wie etwa der Universität rung in der Ausbildung verantwortlich: die einen vierjährigen Bachelor absolvieren Maria-Luise Braunsteiner, Wien, gleichzeitig könnten aber kleine PHs Abschaffung des Unterrichtspraktikums müssen. Voraussetzung für einen unbefris- Christiane Spiel (Hg.): gar nicht alle Fächer anbieten, meint Quin. zugunsten der Induktionsphase. Denn wäh- teten Dienstvertrag ist aber ein Abschluss PädagogInnenbildung. Auch Maria-Luise Braunsteiner, stell- rend auf das alte Unterrichtspraktikum ein des Masterstudiums innerhalb der ersten Festschrift für vertretende Vorsitzende des Qualitäts- Rechtsanspruch bestand, die Junglehrer fünf Jahre nach dem BEd. „Irgendwann Andreas Schnider sicherungsrates für Pädagoginnen- und in ihren beiden Fächern von einem erfah- möchte man auch Geld verdienen“, sagt der Be&Be Verlag, 2019, Pädagogenbildung, verweist auf den Kultur- renen Betreuungslehrer begleitet wurden Wiener Junglehrer. Auch Braunsteiner sieht 529 Seiten, 29,90 Euro unterschied zwischen Unis und PHs. „An und dessen Stunden in einer Klasse über- hier noch Handlungsbedarf, insbesondere den Unis war das Lehramt oft marginali- nehmen konnten, wurde dieses System nun im Bezug auf berufsbegleitendes Studieren. Zum zehnjährigen Jubiläum der neuen siert“, meint sie. Durch die PädagogInnen- abgespeckt. Quin kritisiert, dass nun weder Lehrerausbildung 2019 ist eine Festschrift bildung Neu rücke das Lehramt an den Unis ein Rechtsanspruch auf einen Platz besteht Gefahr eines Lehrermangels für den geistigen Vater des Projekts, mehr ins Zentrum. Das zeigt sich auch im noch die eigenen Fächer unterrichtet wer- Denn die Verlängerung der Ausbildung be- Andreas Schnider, erschienen. In dem um- Studienplan: Die Zahl der Pädagogikstunden den müssen. Dazu kommt, dass der Ausbil- feuert ein anderes Problem, mit dem der- fassenden Werk sind Beiträge aller mit der wurde auf 60 Punkte nach dem European der gar nicht das gleiche Fach unterrichten zeit der gesamte deutschsprachige Raum Materie befassten Minister und zahlreicher Credit Transfer System (ECTS) verdoppelt. muss wie man selbst, also keine fachdi- zu kämpfen hat: einen Lehrermangel. Viele Experten gesammelt. Laut einem Wiener Junglehrer ist das aller- daktische Hilfestellung geben könne. Aus Lehrer erreichen in diesen Jahren das Pen- Lehrer auf UMWEGEN Mit der PädagogInnenbildung Neu sollten auch alternative Einstiegswege in den Lehrerberuf geschaffen werden. Noch gibt es aber nicht viele Angebote. B achelor, Induktionsphase, Master – der Weg vom Studienbeginn bis zu dem Mo- ment, in dem eine Lehrperson fertig ausge- 1000 Absolventen unterschiedlicher Studi- enrichtungen auf einen der rund 80 Aus- bildungsplätze. Nach einem mehrstufigen flügeln damit die traditionell ausgebildeten Lehrpersonen. Wie ist das möglich? Kontrollgruppe ist laut Abs die hohe Kohä- renz der Lerninhalte. Anders als an der Uni sei das Teach-for-Austria-Programm „aus ei- bildet vor der Klasse steht, ist lang. So lang, Auswahlverfahren und einer elfwöchigen Strenge Auswahl nem Guss“ konzipiert, wodurch der Lerner- dass ihn wohl kaum jemand beschreiten Intensivausbildung unterrichten die Fel- Studienleiter Hermann Josef Abs, Professor folg höher sei. wird, der schon ein Studium abgeschlossen lows zwei Jahre lang an Brennpunktschu- für Erziehungswissenschaften an der Uni hat und voll im Berufsleben steht. len. Finanziert wird das Programm zu 80 Duisburg-Essen, erläutert der „Wiener Zei- Mehr Feedback Dennoch ist es das Ziel der Bildungspolitik, Prozent von der Privatwirtschaft, die restli- tung“ die Gründe für diesen „merkwürdi- Und schließlich „bekommen die Fellows „alternative Zugangswege“ in das Berufsfeld chen Kosten sowie die Gehälter der Fellows gen Befund“, wie er sagt. Ein wesentlicher deutlich mehr Feedback von Mentoren und zu öffnen, heißt es aus dem Bildungsministe- trägt die öffentliche Hand. Aspekt sei der strenge Auswahlprozess zu Peers als die Kontrollgruppe, das ist sehr rium. Bisher sind die Angebote für Querein- Dass die Idee aufgeht, legen die Ergeb- Beginn des Programms: Während es im vorteilhaft“, erläutert Abs. steiger jedoch noch recht limitiert. Für die nisse einer von der EU-Kommission finan- Untersuchungszeitraum (2016 bis 2018) Das Programm zeitigt Erfolge: Die Hälfte Sekundarstufe II (also die Oberstufe) besteht zierten Studie aus dem Jahr 2019 nahe. bei der traditionellen Lehrerausbildung gar jedes Jahrgangs bleibt zumindest noch ein die Möglichkeit, eine Masterausbildung für Unter dem Titel „A New Way for Talents keine bis sehr milde Zulassungsvorausset- weiteres Jahr an den Schulen, heißt es von eine Fachrichtung anzubieten – allerdings in Teaching“ haben Forscher der Uni Duis- zungen gab, werden bei Teach for Austria Teach for Austria. Und mittlerweile gibt es nur dann, wenn es einen Bedarf für Pädago- burg-Essen zwei Jahre lang die Entwick- nur sehr wenige Kandidaten aufgenommen. auch eine dienstrechtliche Lösung für die gen in diesem Fach gibt. Derzeit ist das nur lung traditionell ausgebildeter Lehrkräfte „Das garantiert, dass nur leistungsfähige, ehemaligen Fellows. Sie können einen un- in der Musikerziehung der Fall. mit jener von Teilnehmern am Teach-for- intelligente, motivierte und affine Leute das befristeten Dienstvertag erhalten. Die Vor- All-Programm in fünf EU-Staaten, darunter Programm beginnen“, sagt Abs. Vor diesem aussetzungen dafür sind allerdings streng: Lehramt im Schnelldurchlauf? Österreich, verglichen. Das Ergebnis: Teach- Hintergrund hält er es für zielführend, auch Neben den zwei Jahren als Fellow gehören Abseits der Hochschulen hat sich seit 2012 for-All-Fellows verfügen bereits zu Beginn im Regelstudium strengere Auswahlkriteri- dazu eine dreisemestrige berufsbegleitende der Verein Teach for Austria etabliert, der des Programms über hohe Kompetenzen in en anzudenken: „Damit könnte man Studi- Ausbildung und eine Empfehlung der jewei- nach internationalem Vorbild bisher 324 relevanten Bereichen wie Pädagogik. Wäh- um und Beruf aufwerten.“ ligen Bildungsdirektion. Lehrkräfte für benachteiligte Kinder ausge- rend der zweijährigen Laufzeit können sie Ein weiterer Grund für das bessere Ab- Einfach ist der Einstieg in den Lehrerbe- bildet hat. Jedes Jahr bewerben sich bis zu ihr Wissen sogar noch steigern und über- schneiden der Fellows im Vergleich zur ruf also auf keinem Weg. ks
S6 Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 FAKE NEWS Schüler brauchen Medienkompetenz Die Flut an Fake News zwingt das Lehrpersonal zum Handeln. Immer mehr Lehrkräfte integrieren Medienerziehung in den Lehrplan. Von Alexandra Hochwarter „A ufgedeckt: Bill Gates hat das „sehr oft“ nicht, ob es sich bei einer Coronavirus synthetisch Nachricht um Fake News handelt herstellen lassen, um mit oder nicht. dem Impfstoff dagegen Geld zu ver- dienen.“ So oder so ähnlich lauten Schule schafft Bewusstsein unzählige Falschnachrichten, die seit Um in der Informationsflut zwischen Beginn der Corona-Krise durch die wahren und falschen Meldungen zu sozialen Medien und über Messen- unterscheiden, spielen laut Umfrage ger von Smartphone zu Smartphone Lehrkräfte eine wichtige Rolle, um geistern. notwendige Kompetenzen zu vermit- Fake News, also „gefälschte Nach- teln. richten“, verbreiten unwahre, mani- Fake News gab es schon immer, pulative Inhalte in der Öffentlichkeit nur der Begriff ist neu. Im Wandel – meist auf Onlineplattformen. In der Digitalisierung hat das Phäno- diesem Zusammenhang erinnert sich men an Bedeutung gewonnen. Die Matthias Leichtfried, Deutschlehrer Schule als Institution kann in diesem am Wiener Gymnasium Geblergasse, Sinne Verantwortung übernehmen das jeweilige soziale Netzwerk und begonnen, im Klassenverband ge- an seine eigene Schulzeit: „Es gab und Bewusstsein schaffen. Schülerin- hofft auf eine Entfernung“, empfiehlt meinsam Nachrichten anzusehen und damals das Projekt ‚Zeitung in der nen und Schüler sollten die kritische Urban. im Nachhinein darüber zu sprechen.“ Schule‘. Wir haben dabei die Frage Kompetenz vermittelt bekommen, behandelt, welche Medien vertrau- um Falschnachrichten in sozialen Zugang schaffen Kooperationen enswürdig sind und faktenbasiert Medien und Zeitungen zu erkennen, Auch Wolfgang Irbinger, Deutschleh- Vereine wie ZARA oder Mimikama berichten. Es hieß zwar noch nicht meint Leichtfried. rer an der Neuen Mittelschule Kopp- bieten relevante Medienworkshops Fake News, Falschmeldungen er- „Falschmeldungen arbeiten außer- straße in Wien-Ottakring, geht der für Lernende und Lehrende an. Neben schienen trotzdem in den Medien. In dem stark mit Emotionen, um ihrer Aufgabe nach, in der Schule Bewusst- Fake News werden in diesen Kursen der schnelllebigen Zeit des Internets Verbreitung mehr Klicks zu verschaf- sein für Medien und deren Inhalte zu auch Themen wie Hass im Netz oder haben genau diese Fake News eine fen“, ergänzt Johanna Urban. Sie ist schaffen: „Oft fehlt es Jugendlichen an Phishing-Mails behandelt. Bei Fortbil- viel größere Bedeutung. In diesem am Zentrum für LehrerInnenbildung Zugriff zu Qualitätsmedien. Im Zuge dungsveranstaltungen für Lehrkräfte Kontext gibt es viele interessante der Universität Wien im Arbeitsbe- meiner Magisterarbeit habe ich ver- Im deutsch- ist nicht nur eine Vertiefung des Wis- Maßnahmen und Angebote externer reich Didaktik der Politischen Bil- sucht herauszufinden, wie sich Kinder sprachigen sens, sondern auch der didaktische Vereine. Es ist nämlich wichtig, zu dung tätig. „Die Tonalität der Sprache über aktuelle Themen – wie etwa das Ansatz relevant. Johanna Urban: „Es beleuchten, wie Journalistinnen und spielt hier eine sehr wichtige Rolle: Coronavirus – informieren. Es stell- Raum geht natürlich auch darum, Strategi- Journalisten arbeiten und welche Rol- Je emotionaler und je fehlerhafter die te sich schnell heraus, dass sie nicht werden Falsch- en und Unterrichtsbeispiele zu über- le Informationen einnehmen.“ Meldung, desto mehr Klicks werden wussten, ob WhatsApp oder Messen- legen und zu erproben. Wichtig ist, generiert. Dabei ist es wichtig, zu ger auch unter den Begriff „Nachrich- informationen welche Vorgehensweise für welche Falschnachrichten im bedenken, was man selbst machen tenquelle“ fallen. Die „Zeit im Bild“ auf Facebook Zielgruppe am geeignetsten ist. Dabei deutschsprachigen Raum kann: Das Weiterleiten von Fake oder ähnliche Formate waren den kann ein klassischer Quellencheck Im deutschsprachigen Raum werden News sollte unterlassen werden. Am Kindern meist gänzlich unbekannt. sechsmal durchgeführt werden. Oder Lehrer Falschinformationen auf Facebook besten meldet man den Beitrag an Aufgrund dieser Erkenntnis habe ich öfter geteilt, stellen unterschiedliche Falschmel- sechsmal öfter geteilt, kommentiert dungen korrekten Nachrichten ge- oder geliket als Meldungen von ver- kommentiert genüber und analysieren die Unter- lässlichen Quellen. Das ergaben die oder geliket schiede.“ Auswertungen einer Studie des Ox- Fake News und Qualitätsjournalismus ford Internet Institute im Rahmen als Meldungen Zivilcourage · Mit dem Begriff Fake News bezeichnet man die Verbreitung falscher Nachrich- von Auch das Erlernen von digitaler Zi- des Projekts „Computational Propa- ten meist in Onlinemedien, die keine faktische Grundlage besitzen und zur vilcourage und der korrekte Umgang ganda“ aus dem Jahr 2019. bewussten Manipulation eingesetzt werden. verlässlichen mit Fake News ist regelmäßig The- Laut einer Eurobarometer-Umfrage vom März dieses Jahres stoßen fast · Qualitätsjournalismus, im Vergleich dazu, informiert faktenbasiert, erklärt Quellen. ma bei Fortbildungen. Die österrei- 60 Prozent der Österreicher täglich Zusammenhänge, bietet unterschiedliche Meinungen zu diesen Inhalten an chische Initiative Saferinternet.at auf Fake News. Auch Österreichs Ju- und fördert eine informierte öffentliche Debatte. unterstützt beim richtigen Umgang gend zweifelt dabei an Inhalten im · Zu den Merkmalen des Qualitätsjournalismus gehören die Richtigkeit, Sach- mit digitalen Medien und bietet eine Netz. Laut einer Studie des Instituts lichkeit sowie Genauigkeit der Berichte. Er berücksichtigt dabei die Würde und Reihe von Workshops für Kinder, Ju- für Jugendkulturforschung aus dem die Intimsphäre aller Personen. gendliche, Eltern und Lehrpersonal Jahr 2017 zum Thema „Gerüchte an. Dabei soll auch die Fähigkeit ver- im Netz: Jugendliche verunsichert mittelt werden, Fake News in ihren durch Fake News“ gab ein Großteil unterschiedlichen Formen zu erken- der Befragten an, Schwierigkeiten zu Inhalte für den Unterricht nen. Manche Fake News können als haben, wahre von falschen Meldun- harmlos eingestuft werden, andere gen zu unterscheiden. Mehr als die · Das Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Wien bietet auf seiner wiederum, etwa betrügerische E- Hälfte (61 Prozent) der Jugendlichen Website lehrerinnenbildung.univie.ac.at (Forschungsprojekt „Digital Resis- Mails, können auch zu finanziellem sahen die Informationsbewertung im tance“) eine Linksammlung mit Unterrichtsmaterialien zum Thema Fake News Schaden führen. In diesem Sinne ist Internet als große Herausforderung. zum Download an. es wichtig, digitale Zivilcourage zu 86 Prozent der Befragten gaben an, · Hilfreiche Arbeitsblätter, Artikel oder Videos rund um Medienkompetenz erlernen, zweifelhafte Beiträge nicht manchmal nicht sicher zu sein, ob finden Lehrende und Lernende zum Beispiel auf der Website Saferinternet.at, zu teilen oder zu kommentieren, die Informationen, die sie lesen, rich- beim Verein Mimikama oder auf dem Webportal „So geht Medien“ des nicht auf zu stark gefühlsbasierte In- tig oder falsch sind. Vier von zehn Bayerischen Rundfunks. halte hereinzufallen, kurz: den Fake Jugendlichen wissen sogar „oft“ oder News den Kampf anzusagen.
Mittwoch, 29. April 2020 Schule 20/21 Plus S7 Von allen Berufsgruppen haben Lehrer neben Spitalsärzten die höchste Belastung am Arbeitsplatz. Woran das liegt und was Schulen und Lehrer tun können. Von Katharina Schmidt AUSGEBRANNT N ennen wir ihn Herrn Müller. Lehrers quantitativ und qualitativ die flächendeckende Digitalisierung Herr Müller ist Lehrer mit Leib gesteigert“. Während der relative der Schulen als Ziel ausgerufen. In und Seele, doch schon seit ei- Anteil des Unterrichts an der Arbeit der Belastungsstudie, die noch vor nigen Monaten fürchtet er sich vor kleiner werde, „explodieren Verwal- der Corona-Krise durchgeführt wur- den Montagen, an denen er nach ei- tung und Bürokratie“, so Kimberger. de, meinten mehr als 60 Prozent der nem kaum erholsamen Wochenende Das kann auch Studienautor Hotter Befragten, dass dies mit den vorhan- an seinen Arbeitsplatz zurückkeh- bestätigen: „Wie Moden werden denen Personal- und Zeitressourcen ren muss. Ständig ist er müde, aber ständig neue Konzepte ausprobiert. „nicht“ oder „eher nicht“ umgesetzt kaum legt er sich abends ins Bett, ist Das ist sehr viel Schreibarbeit, die werden könne. Und immer noch an Schlaf nicht mehr zu denken. Er aber folgenlos bleibt und daher als mehr als die Hälfte hält die vorhan- starrt an die Decke, seine Gedanken sinnlos empfunden wird.“ Kimber- dene Ausstattung für nicht ausrei- kreisen um die aufsässigen Schüler; ger fordert in diesem Zusammen- chend. Neben dem positiven Effekt die Eltern, die jeden seiner Schritte hang mehr Unterstützungspersonal der Digitalisierung, der sich vor al- kritisieren; und die Kollegen, mit – denn an den meisten Schulen feh- lem in der Zeit des Heimunterrichts denen er sich nicht versteht. In den le es nach wie vor an Psychologen, zeigt, sieht die Gewerkschaft auch Ferien wird Herr Müller regelmäßig Sozialarbeitern und administrati- negative Auswirkungen wie die stei- krank, seinen Hobbys kann und will ven Kräften. gende Gewalt in sozialen Netzwer- er nicht mehr nachgehen. Auch von ken. „Der Lehrberuf ist ein enormer seiner Familie zieht er sich immer Anstieg der Gewalt Stressberuf“, resümiert Kimberger. weiter zurück. Vor Herrn Müller Dazu kommen tiefgreifende ge- liegt vermutlich ein längerer Kran- sellschaftliche Veränderungen, Kassen bieten Hilfe an kenstand oder auch eine Versetzung die fast ungefiltert in die Schulen All diese Belastungen führen dazu, in den frühzeitigen Ruhestand. Herr weitergetragen werden. Kimberger dass immer mehr Junglehrer nach Müller ist an einem Burnout er- und Hotter beobachten etwa einen einiger Zeit im Schulbetrieb fest- krankt. Anstieg der Gewalt – sowohl jener stellen, dass der Job nicht ihren Damit ist er nicht allein: „Ne- zwischen den Schülern als auch Erwartungen entspricht und das ben Klinikärzten haben Lehrer die jener gegen die Lehrkräfte, und Berufsfeld wechseln. Auf der ande- höchsten Belastungen am Arbeits- zwar quer durch alle Schultypen. ren Seite geraten immer mehr ältere platz“, sagt Erich Hotter, Leiter Der Gewerkschafter wünscht sich Lehrpersonen in Gefahr, auszubren- der Arge Burnout. Er hat 2019 be- hier eine Null-Toleranz-Politik mit nen und frühzeitig in den Ruhe- reits zum dritten Mal im Auftrag spürbaren Konsequenzen für Ge- stand zu gehen. der Pflichtschullehrergewerkschaft walttäter, zum Beispiel in Form von Hilfestellung für Schulen, die eine Belastungsstudie unter mehr Verwaltungsstrafen oder befristeten dieser Entwicklung etwas entge- als 7200 Pflichtschullehrern durch- Ausschlüssen aus dem Unterricht. gensetzen wollen, bietet die Versi- geführt. Hotter unterscheidet dabei Auch „die verhaltensauffälligen El- cherungsanstalt öffentlich Bediens- vier Gruppen: Normal belastet, er- tern sind mehr geworden“, so Kim- teter, Eisenbahnen und Bergbau holungsfähig (also jene, die nach berger, also etwa „Helikoptereltern, (BVAEB) an. Derzeit nehmen laut dem Wochenende wieder völlig die die Kinder zur Projektionsfläche BVAEB mehr als 350 Schulen mit normal leistungsfähig sind), nicht für die eigenen Wünsche machen“, rund 9500 Dienstnehmern ös- mehr erholungsfähig (der Stress aus Ehrgeiz den falschen Schultyp terreichweit an Programmen zur der vergangenen Woche wird in die für sie auswählen und dann auch Förderung von körperlicher und nächste mitgeschleppt) und schließ- noch jede Maßnahme an der Schule seelischer Gesundheit teil. Die Ös- lich die Risikogruppe, die bereits kritisch hinterfragen. Gleichzeitig terreichische Gesundheitskasse Symptome einer schweren Depres- müssten die Lehrer aber viele der (ÖGK) gibt in einer Broschüre allge- sion aufweist. Während sich 45 Erziehungsaufgaben übernehmen, meine Tipps wie etwa das Beachten Prozent der Befragten zur norma- die früher das Elternhaus erledigt der Work-Life-Balance, regelmäßige len Gruppe zählen, fühlen sich 24 hat. Bewegung an der frischen Luft und Prozent belastet. 16 Prozent fühlen Schließlich trägt auch die Digitali- Treffen mit Freunden. Gleichzeitig sich überlastet und immerhin noch sierung dazu bei, dass der Druck auf müssten aber auch in der Schule die 14 Prozent der Befragten zählen zur Lehrpersonen steigt. Vergangenes Strukturen geschaffen werden, die Risikogruppe. Das sind um vier Pro- Jahr hat das Bildungsministerium ein Ausbrennen verhindern. Dazu zentpunkte mehr als in der ersten zählen ausreichende Ressourcen, Studie im Jahr 2014. positives Feedback und wechselsei- Hilfsangebote tige Unterstützung im Lehrerkolle- Immer mehr Bürokratie gium. Zum Vergleich: Laut der Gesund- Hilfe bei Burnout-Gefährdung und Letzteres ist auch für Erich Hot- heitsbefragung der Statistik Austria Informationen zur Prävention sowie ter ein zentraler Punkt. Er führt aus 2014 litten damals 5,7 Prozent zur Lehrergesundheit im Allgemei- im Auftrag der BVAEB immer wie- der Gesamtbevölkerung an einer nen bietet die Servicestelle für Ge- der Seminare zum Thema „Happier ärztlich diagnostizierten Depressi- sundheitsförderung an Österreichs Teaching“ durch und hat dabei fest- on. Zwar sind die Zahlen aufgrund Schulen (unter www.give.or.at) gestellt, dass im Lehrberuf „eine der unterschiedlichen Definitionen an. Dort finden sich auch Tipps zu große Individualität vorherrscht“. nicht direkt vergleichbar. Aber sie den Themen Zeitmanagement und Der Grazer Forscher bricht eine legen zumindest nahe, dass die Life-Skills sowie Links zu Lehrer- Lanze für mehr Teambuilding im Profession des Lehrers – entgegen beratungsstellen in den einzelnen Lehrkörper. Man müsste allerdings dem überkommenen Klischee vom Bundesländern. Die Beamtenver- früher ansetzen als bisher – denn gemütlichen Halbtagsjob mit langen sicherung (BVAEB) bietet auf ihrer oft hört er an den Schulen, dass die Ferienzeiten – ein Hochrisikoberuf Website (www.bvaeb.sv.at) meh- Lehrer, die die Teilnahme an seinen für Burnout ist. rere Broschüren und Handbücher Seminaren am dringendsten not- Foto: stock.adobe.com/RRF Die Gründe dafür sind vielfältig, zum Thema Gesundheitsförderung wendig hätten, gar nicht teilneh- wie der Vorsitzende der Pflicht- am Arbeitsplatz Schule an, ebenso men: „Die sind dann meist schon in schullehrergewerkschaft, Paul die Service Stelle gesunde Schule der Burnout-bedingten Selbstisola- Kimberger, der „Wiener Zeitung“ der Österreichischen Gesundheits- tion.“ In diesem Stadium der Krank- erläutert. So hätten sich die „Her- kasse (www.gesundheitskasse.at). heit ist wohl auch schon Lehrer Mül- ausforderungen im Berufsfeld des ler gelandet.
S8 Plus Schule 20/21 Mittwoch, 29. April 2020 Foto: stock.adobe.com/gaihong In der heimischen IT-Branche herrscht Fachkräftemangel. In den Schulen wird zu wenig Begeisterung für Technik geweckt und Universitätsabsolventen sind rar. TU-Wien-Rektorin Sabine Seidler hat dazu einige Ideen. Von Monika Jonasch „Verstehen, wie INFORMATIK tickt“ „Wiener Zeitung“: Österreich beklagt, dass Im OECD-Bericht „The Future of Education Es gibt einen komplexen Maßnah- Ich kann mit dem Begriff „Role- Zigtausende IT-Stellen nicht besetzt wer- and Skills 2030“ heißt es: „Die Schüler menfahrplan mit unterschiedlichen Model“ wenig anfangen, weil ich in den können. Universitäten und Fachhoch- von heute müssen auf noch nicht existie- Angeboten, beginnend beim Kindergar- dem, was ich tue, nichts Besonderes schulen kommen nicht hinterher, diese rende Berufe mit noch nicht erfundenen ten, weiter über die „KinderuniTechnik“ sehe. Ich werde mit diesem Prädikat Lücken zu füllen. Warum? Technologien vorbereitet werden, um noch und „TUForMath“ oder die Ausstellung von außen versehen und weiß, dass Sabine Seidler: Es fehlt nicht nur nicht erwartete Probleme zu lösen.“ „Abenteuer Informatik“ bis zu Mento- damit eine Verantwortung verbun- an Absolventen aus dem tertiären Ich stimme dieser Aussage zu! ringprogrammen für Studienanfänger. den ist. Dieser versuche ich gerecht Sektor, sondern aus allen Qualifikati- Umso wichtiger ist es, Lernen von Be- Alles davon ist stark nachgefragt. zu werden. onsstufen. Deshalb unterstütze ich die ginn an nicht nur auf Fakten, sondern Forderung nach einem Gesamtkonzept auch auf Verstehen und Methodiken Welche Altersgruppe ist am besten Was hat Sie persönlich motiviert, die Tech- – von der Lehre bis hin zum Universi- auszurichten. Außerdem ist es wich- ansprechbar? nik zu Ihrem Umfeld zu machen? tätsabschluss. Es gibt zu wenige Aus- tig, kreative Potenziale zu fördern und Den größten Wissensdurst und auch Vielseitiges Interesse an Naturwis- bildungsplätze, zu wenige Interessier- Kinder zu lehren, wie sie diese selbst die größte Unvoreingenommenheit be- senschaften und Mathematik und ein te an diesen Berufen. an sich entdecken und weiterentwi- obachten wir bei der KinderuniTech- wenig der Zufall. Auch hohe Drop-out-Quoten an den ckeln können. nik, zu der jährlich rund 3000 Kinder Universitäten bremsen den „Nachschub“, im Alter zwischen sechs und zwölf Was sind Erkenntnisse aus Ihrer eigenen wie kommt es dazu? Der Informatikunterricht in Schulen kon- Jahren strömen. „Den größten Karriere, die Sie an junge Frauen weiterge- Die Gründe dafür sind vielschich- zentriert sich auf Hardware- und Software- ben möchten? tig. Gerade im IT-Bereich steigen vie- Nutzung. Ist das ausreichend? Gibt es auch etwas für Lehrer, die ihr Wis- Wissensdurst Ich bin in der ehemaligen DDR auf- le Studierende frühzeitig ins Berufs- Bezogen auf Informatik muss die sen auffrischen wollen? und die größte gewachsen und habe dort unter ganz leben ein und haben schlicht keine Ausbildung über Kenntnisse im Um- Mit Vorträgen und Workshops spre- anderen Rahmenbedingungen stu- Zeit mehr, ihr Studium zu beenden. gang mit Software hinausgehen. Es chen wir bei „TUForMath“ neben den Unvoreinge- diert. Aus dieser Zeit habe ich mit- Um frühe, unnötige Drop-outs zu re- muss darum gehen, zu verstehen, Schülern auch sehr stark deren Lehr- nommenheit genommen, dass Berufstätigkeit von duzieren, helfen Aufnahmeverfahren, wie Informatik tickt. Wir wünschen kräfte an. Die Initiative bietet auch Frauen selbstverständlich ist. Sie sol- kombiniert mit Begleitung in den uns natürlich auch junge Menschen, ihnen die Möglichkeit, sich weiter- beobachten len tun, was sie für richtig halten und Studieneinstieg. Informatikstudenten die selbstorganisiertes Lernen und lö- zubilden, sich über den State of the wir bei Kin- sich nicht davon beeindrucken lassen, studieren dann schneller, haben bes- sungsorientiertes, kritisches Denken Art zu informieren und sich so zu was das Umfeld dazu meint. sere Noten und auch der Frauenanteil beherrschen. Das ist wichtig für jedes motivieren. dern zwischen bleibt stabil. Außerdem sinkt so der universitäre Studium. sechs und Wie begegnet man männlichen Kollegen Anteil der Studienabbrecher nach dem Wissen Sie von Studierenden, die auf- in einem männerdominierten Umfeld am ersten Semester von ungefähr einem Brauchen wir Informatikunterricht ab grund der TU-Initiativen ein Technikstudi- zwölf Jahren.“ besten? Viertel auf unter zehn Prozent. dem Kindergarten? Wie könnte dieser um begonnen haben? Authentisch und selbstbewusst. aussehen? Die gibt es mit Sicherheit. Es ist nur Erfolgreiche Forschergruppen an Wie könnten Schüler besser auf technische Trotz aller Erkenntnis, dass wir ganz schwer zu tracken. Bei unseren Erst- Universitäten zeichnen sich dadurch Studien und Berufe vorbereitet werden? früh, also bei Kleinkindern, anset- semestrigen-Befragungen fragen wir aus, dass sie gemeinsam an Lösun- Bereits vor 150 Jahren haben sich zen müssen, um das MINT-Interesse auch nach der Quelle für die Studien- gen arbeiten und dabei Respekt und Professoren der Technischen Hoch- (Anm.: Mathematik, Informatik, Na- entscheidung. Es zeigt sich, dass ein Achtung vor der Leistung der anderen schule über mangelnde Mathematik- turwissenschaft, Technik) zu fördern Großteil über Beratungsmessen und herrscht. kenntnisse der Studierenden beklagt. oder zu wecken, sollte im Kindergar- über die KinderuniTechnik, die wir Auch wir sehen heute vor allem dort ten spielerisches Vermitteln von Inhal- seit zwölf Jahren veranstalten, an die Wo waren für Sie die größten Hürden unterschiedliche Niveaus bei Studi- ten im Vordergrund stehen. Ein Unter- TU Wien gefunden hat. beim Zusammenspiel von Karriere und enanfängern, egal ob sie von der HTL richt im klassischen Sinn ist also zu Mutterschaft? oder der AHS kommen. Hier bieten hoch gegriffen. Als erste weibliche Rektorin der TU Wien Es geht immer um organisatorische wir einen Angleichungskurs an, der sind Sie ein Role-Model für Frauen in Belange. Mit einer Kinderbetreuungs- grundlegende Kapitel der Schulma- Welche Initiativen setzt die TU Wien, um technischen Berufen – wie gehen Sie einrichtung kann man viel leichter thematik wiederholt. Auch ein Pro- Interesse an Technik zu wecken? damit um? Familie und Beruf vereinbaren als grammierkurs soll unterschiedliche ohne. Wenn man etwas wirklich möch- Voraussetzungen in der Informatik te – und ich konnte mir nie vorstellen, abfedern. nicht berufstätig zu sein – findet man O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Dr.-Ing. h. c. Sabine Seidler einen Weg, das umzusetzen. In diesem Wie wichtig ist „Computational Thinking“? Geboren 1961 in Sangerhausen (ehemals DDR). Sinn gibt es auch kein Rezept. In einer von Digitalisierung durch- Studium der Polymerwerkstofftechnik, Technische Hoch- drungenen Arbeitswelt braucht es in schule Leuna-Merseburg, Promotion 1989. Wechsel an Gehen Frauen anders mit Technik um als allen Fächern Grundkompetenzen in die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 1996 Männer? Wie würde z. B. „weibliche“ Soft- Informatik, um eine Kommunikation o. Univ.-Prof. für Nichtmetallische Werkstoffe, TU Wien. ware aussehen? Foto: TU/Raimund Appel zwischen Wissenschaftern verschie- 1997 Habilitation. 2000 – 2007 Leiterin des Instituts Ich weiß nicht, wie weibliche Soft- denster Fachrichtungen zu ermögli- für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie, ware aussieht, aber dass Frauen auch chen. Digitalisierung erfordert trans- TU Wien. 2007 – 2011 Vizerektorin für Forschung, TU andere Lösungen finden, ist evident. und interdisziplinäres Arbeiten und Wien. Seit 2011 Rektorin der TU Wien. Sabine Seidler ist Nicht umsonst ist der Erfolg divers zu- damit zumindest Grundkenntnisse der verheiratet und hat zwei Kinder. sammengesetzter Teams nachgewiese- „Fremdsprache Informatik“ bei allen. nermaßen ein größerer.
Mittwoch, 29. April 2020 Schule 20/21 Plus S9 Ohne FEEDBACK keine Fortbildung Lehren und Lernen gehören zusammen, auch für das Lehrpersonal. Die richtige Grundeinstellung “ zum Beruf und Kompetenz bei der Wissensvermittlung können – und müssen – erlernt werden. Von Alexandra Hochwarter F E E D BA C K ss ein m a n d e m anzeigt, da o. Ä. ie je ng Reaktion, d erhalten, eine Äußeru nden m m te s V e r ve rsta besti artn unikationsp ltensweise vom Komm er bestimmten Verha „ ein at]; wird [und zu r -änderung geführt h ng B enjamin Hadrigan ist der zurzeit ode m ue ld lung, Rück wahrscheinlich bekannteste Schüler Rückkoppe Österreichs. Er entwickelte die App „Lernsieg“, mit der Schülerinnen und Schüler Lehrkräfte in unterschiedlichen Auch Benjamin Hadrigan kann die- Bereichen wie Vorbereitung oder Pünkt- ser Analyse nur zustimmen und fügt an: lichkeit bewerten können. Der Jungunter- „Aus der Perspektive der Schülerinnen nehmer ist sich sicher: Ein guter Lehrer und Schüler ist es so: Es ist das Gesamt- sollte immer an sich arbeiten und mit paket, das bei einer Lehrperson zählt. der Zeit gehen. Voraussetzung dafür sei Viele einzelne Faktoren müssen passen, das Einholen von Feedback der eigenen wie bei einem Puzzle. Es muss eine Per- Klasse. Auch John Hattie, Pädagoge und son sein, die die Leidenschaft des Unter- Professor für Erziehungswissenschaften richtens ausleben möchte und nicht eine, an der Universität Melbourne, schreibt die den Lehrerjob als Fluchtplan sieht, in seinem Buch „Kenne deinen Einfluss“ weil Plan A nicht funktioniert hat. Eine über erfolgreiche Lehrpersonen und die notwendige Voraussetzung ist auch die damit verbundenen effektiven Unter- Passion, mit Jugendlichen zu arbeiten. richtsmethoden. „Erachte Schülerleistun- Man muss damit umgehen können, regel- gen als eine Rückmeldung für dich über mäßig unterbrochen zu werden. Genauso dich“ und „Gib und fordere Rückmel- wie bei einem Unternehmer, der vor Pro- dung“ sind zwei seiner Kernbotschaften. blemen nicht zurückschreckt, sondern Herausforderungen interessant findet, Feedback durch Schulklassen sich diesen gegenüberstellt und passen- Laut TALIS, einer international verglei- de Lösungsansätze findet.“ chenden Studie der OECD aus dem Jahr 2018 über Lernumfelder, meinen über 60 Richtig lernen Prozent der österreichischen Lehrperso- Was nicht außer Acht gelassen werden nen, dass regelmäßiges Feedback einen darf, ist der didaktische Ansatz. Den positiven Effekt auf den Wissenstrans- Schülerinnen und Schülern sollte bei- fer zwischen Lehrenden und Lernenden gebracht werden, wie man richtig lernt. habe. Ihre pädagogischen Kompeten- Lehrkräfte können dabei an ihre Weiter- zen würden dadurch genauso steigen bildung denken. „Nicht für alle ist es ein- wie ihr Wissen im Fachgegenstand und fach, Lerninhalte richtig aufzunehmen Anna-Lena Lock-Raudaschl, Lehrerin an der Benjamin Hadrigan, der 18-jährige Entwickler ihre Kompetenzen bei der Verwendung und gute Noten zu schreiben“, merkt Neuen Mittelschule Dirmhirngasse in Wien-Liesing. der Smartphone-App „Lernsieg“. der Beurteilung durch die Schülerinnen Hadrigan an. „Besonders dann, wenn sie Foto: Markus Sepperer Foto: Lukas Beck und Schüler. Laut der Umfrage werden keine Ahnung haben, wie man am effek- in Österreich 25 Prozent der Lehrperso- tivsten lernt. Effektive Lernmethoden zu nen mindestens einmal jährlich von der vermitteln ist das A und O des Wissens- Schulleitung beurteilt. Damit liegt Öster- transfers. Es gibt Lerntechniken und reich weit hinter dem EU-Durchschnitt unzählige wissenschaftliche Ansätze zu (60 Prozent). Schülerumfragen zum diesem Thema, aber nur wenige Lehrper- Lehrpersonal finden laut Schulleitungen sonen bringen den Kindern bei, wie man bei 70 Prozent der österreichischen Lehr- richtig lernt. Viele müssen dann Nach- personen statt. hilfe nehmen oder schreiben schlechte Noten, was finanzielle Folgen hat und Anna-Lena Lock-Raudaschl, Lehrerin an eventuell zu Druck und Hass gegen das der Neuen Mittelschule Dirmhirngasse in Lernen und die Schule führt. Aus diesen Wien-Liesing, sieht in den Rückmeldun- Gründen ist es wichtig, richtiges Lernen gen ihrer Klassen einen wertvollen Input, zu lernen.“ um ihr Unterrichtsniveau zu heben: „Für mich ist es unabdingbar, sich Feedback Fortbildung Grundhaltungen erfolgreicher Lehrpersonen laut Bildungsexperte John Hattie von Lernenden einzuholen, immerhin Laut der Studie TALIS liegt die Fortbil- geht es doch um ihren Lernprozess! Wo- • Rede über Lernen, nicht über Lehren dungsrate von Lehrkräften in Österreich her soll ich sonst wissen, welche Lern- bei knapp 99 Prozent und ist somit höher • Betrachte Lernen als harte Arbeit formen am meisten bringen, was Spaß als im EU-Schnitt (92,5 Prozent). Fort- • Entwickle positive Beziehungen macht und welcher Workshop interessant bildungen erfolgen dabei beispielsweise • Verwende Dialog statt Monolog war? Negative Rückmeldungen nehme ich durch die Teilnahme an Kursen zu The- dabei nicht persönlich, sondern bin dank- • Gib und fordere Rückmeldung men wie „Individualisiertes Lernen“ oder bar, dass man sich traut, Kritik zu üben. „Unterrichten von Schülerinnen und • Erachte Schülerleistungen als eine Rückmeldung für dich über dich Solange das auf wertschätzende Art pas- Schülern mit besonderem Förderbedarf“ • Kooperiere mit anderen Lehrpersonen siert, nehme ich das gerne an.“ sowie durch das Lesen von Fachliteratur. In Österreich gibt es bereits eine Viel- Motivation zahl von Maßnahmen zur Fortbildung Neben dem Feedback spielt auch Leiden- von Lehrenden, etwa die Initiative „Inno- Wie man sich als gute Lehrkraft etabliert: schaft für das Unterrichten eine essen- vationen Machen Schulen Top!“ des Bil- zielle Rolle. „Wichtig ist die Freude, mit Fünf Ratschläge von Lehrerin Anna-Lena Lock-Raudaschl dungsministeriums, die es Lehrkräften jungen Menschen zusammenzuarbei- ermöglicht, sich regional zu vernetzen 1. Freude daran haben, mit jungen Leuten an ihren Potenzialen zu arbeiten; ten“, betont Lock-Raudaschl. „Das mag und innovative Unterrichtsansätze und die Schülerinnen und Schüler spüren lassen, dass sie hier richtig sind. für viele selbstverständlich klingen, al- Lehrmaterialien auszutauschen. Zudem 2. Vorbild und Wegbegleiter sein; in der Klasse eine Atmosphäre schaffen, lerdings fordert die Arbeit mit Kindern wurden die österreichweiten Kompe- in der Fehlermachen den Lernprozess ergänzt und nicht verzögert. und Jugendlichen – und vor allem mit so tenzzentren für Fachdidaktik, die Aus- vielen gleichzeitig auf einem Fleck – viel trian Educational Competence Centers 3. Erfolge feiern; Fleiß, Hilfsbereitschaft und Verlässlichkeit belohnen. Geduld, Einfühlungs- und Durchhalte- (AECC), an den Universitäten Wien und 4. Offen sein gegenüber Kindern und Jugendlichen; gemeinsam persönliche Ziele erarbeiten; vermögen. Die Leidenschaft, mit jungen Klagenfurt gegründet. Diese sind neben darauf achten, dass Regeln und Abmachungen eingehalten werden. Menschen an ihrer Entwicklung zu arbei- der Forschung im Bereich des Lehrens 5. Wichtige Eigenschaften kultivieren: Geduld, gute Kommunikationsfähigkeiten, Einfühlungsver- ten, muss wirklich ein Hauptmotivator und Lernens auch im Bereich der Weiter- mögen, Transparenz, Konsequenz und eine ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstreflexion. sein.“ bildung tätig.
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