Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL

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Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL
Unwetterschäden in der Schweiz 2020
Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse

Katharina Liechti, Alexandre Badoux

                                                                                                von Gemeinden, Kantonen und vom Bund
                                    Zusammenfassung                                             beigezogen. In den Schadenskosten wer-
 Im Jahr 2020 verursachten Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse                  den sowohl versicherte Sach- und Per­so­
 schweizweit Schäden von knapp 40 Mio CHF. Damit rangiert das Jahr 2020 in der                  nen­schäden (Gebäude- und Privatver­siche­
 49-jährigen Datenreihe unter den zehn schadenärmsten Jahren. Die meisten                       rungen) als auch nicht versicherte und nicht
 Schaden­skosten entstanden durch Hochwasser infolge Gewitter oder Dauerregen                   versicherbare Schäden berücksichtigt. In­
 während der Sommermonate. Insbesondere die Region Luzern und das Tessin                        direkte Schäden, spätere Sanierungsmass­
 waren mehrfach von beträchtlichen Unwetterschäden betroffen. Die verhältnis-                   nahmen und Folgeprojekte, Betriebsaus­
 mässig geringe Schadenssumme für das Jahr 2020 ist einerseits witterungsbedingt,               falls­kosten sowie ideelle Schäden (z.B. ir­
 doch es zeigte sich auch bei mehreren Ereignissen, dass die getroffenen Schutz­                reparable Schäden an Natur und Umwelt)
 massnahmen und erarbeiteten Schutzkonzepte greifen und sich damit die Inves­ti­                werden hingegen nicht aufgenommen. Die
 tio­nen in den Schutz vor Naturgefahren auszahlen.                                             seit vielen Jahren in dieser Fachzeitschrift
                                                                                                publizierten jährlichen Unwetterschadens­
                                                                                                zahlen werden jeweils unter Berücksichti­
1. Einleitung                                    2.1 Schadenskosten                             gung der Teuerung normalisiert.
                                                 Abschätzungen zu Sach-, Infrastruktur-,             Für das Jahr 2020 wurden Schäden
Medien berichten regelmässig von Schä­           Wald- und Landwirtschaftsschäden sowie         von knapp 40 Mio. CHF verzeichnet. Damit
den, welche durch Naturgefahren­prozesse         zu Interventionskosten beruhen grundsätz­      ist die Schadenssumme des Jahres 2020
verursacht werden. An der Eidgenös­si­schen      lich auf Informationen aus den Medien.         halb so hoch wie 2019 (Liechti et al., 2020)
Forschungsanstalt für Wald, Schnee und           Erfolgen dort keine monetären Angaben,         und rangiert in der 49-jährigen Datenreihe
Landschaft, WSL, werden diese Schadens­          werden die Schadenskosten auf Basis von        unter den zehn schadenärmsten Jahren.
informationen seit 1972 in einer Datenbank       Erfahrungswerten abgeschätzt. Im Falle         Der arithmetische Mittelwert über die ge-
systematisch erfasst und analysiert. Diese       von folgenschweren Ereignissen werden          samte teuerungsbereinigte Datenreihe von
lange Zeitreihe ermöglicht einen Vergleich       zu­sätzliche Informationen von Versiche­run­   1972 bis 2019 liegt bei 299 Mio. CHF, der
der Schäden in den letzten 49 Jahren. Im         ­gen, Krisenstäben und amtlichen Stel­len      Median bei 95 Mio. CHF.
vor­liegenden Bericht werden die Auswer­
tungen der Ereignisse aus dem Jahr 2020
prä­sentiert (Kapitel 2) und die schaden­
reichs­­ten Ereignisse in einem chronolo­gi­
schen Jah­res­­rückblick kurz beschrieben
(Kapitel 3).

2. Erfassung und Auswertung von
    Unwetterschadensdaten

Basierend auf Meldungen von rund 3400
Schweizer Printmedien sowie zusätzlichen
Informationen aus dem Internet werden
Schäden durch natürlich ausge­löste Hoch­
wasser, Murgänge, Rutschun­gen und (seit
2002) Sturzprozesse in die Datenbank auf­
genommen und analysiert. Schäden als
Folge von Lawinen, Schnee­druck, Erd­be­
ben, Blitzschlag, Hagel, Sturm und Trocken­
heit werden in den Auswer­tun­gen nicht be­
rücksichtigt. Im letzten Ab­schnitt des Ar­ti­
kels werden einige dieser Schadens­er­eig­       Bild 1: Jährliche Schadenssummen der verschiedenen Prozesse für die Periode
nisse aus dem Jahr 2020 ohne Anspruch            1972 – 2020 (teuerungs­bereinigt, Basis 2020). Arithmetisches Mittel (grün, 299 Mio.
auf Vollständigkeit kurz beschrieben.            CHF) und Median (rot, 95 Mio. CHF) sind mit horizontalen Linien gekennzeichnet.

«Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                       79
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2.2 Meteorologische Ursachen der
     Schadensprozesse
Die Ursachen für die jeweiligen Schadens­
pro­zesse werden gemäss den vorherr­
schen­den Witterungsverhältnissen in vier
verschiedene Gruppen aufgeteilt (Bild 2,
Bild 4 unten).

Gewitter und intensive Regen:
Rund 58 Prozent (23 Mio. CHF) der gesam-
ten Scha­dens­kosten des Jahres 2020 sind
auf Gewitter und intensive Regenfälle zu­
rückzuführen. Dieser Anteil ist leicht grös-
ser als der lang­jährige Durchschnitt (1972–
2019) von 46 Prozent. Die grössten Un­wet­
­ter­­schäden infolge Ge­witter ereigneten sich
 2020 im Raum Luzern (26. Juni und 2. Juli).

Dauerregen:
Lang andauernde Niederschläge führten
2020 zu Schäden von gut 13 Mio. CHF. Dies
ist gut dreimal so viel wie im Jahr 2019 und
entspricht 33 Prozent der Gesamt­scha­dens­
­sum­me 2020 (langjähriges Mittel 48 Pro­         Bild 2: Anteile der verschiedenen Ur­-          Bild 3: Anteile der verschiedenen
 zent). Der grösste Teil davon entstand zwi-      sachen der Schadensprozesse an den              Schadensprozesse an den Gesamt­
 schen dem 28. und 30. August im Tessin           Gesamtkosten für die Periode 1972–              kosten für die Periode 2002– 2019
 und am östlichen Alpennordhang.                  2019 (teuerungsbereinigt) und für 2020.         (teuerungsbereinigt) und für 2020 (bis
                                                                                                  2001 wurden Sturzprozesse in der
Schneeschmelze und Regen:                         zuge­ordnet werden. Der Anteil liegt 11         Datenbank nicht erfasst).
Die Kombination von Schneeschmelze                Prozent unter dem langjährigen Mittel­wert
und Regen verursachte 2020 nur wenig              (1972–2019). Eine Differenzierung der Schä­       2.4 Räumliche Verteilung und
Scha­den. Die 1,3 Mio. CHF entsprechen gut        den verursacht durch Oberflächen­ab­fluss               Ausmass der Schäden
3 Pro­zent der Gesamtschäden. Dieser An­          und Gerinneausuferungen auf der Basis             Falls ein Unwetterereignis mehrere Ge­mein­
teil liegt leicht über dem langjährigen Mittel.   von Medienberichten ist sehr schwie­rig.          ­den betrifft, wird jeweils für jede Ge­meinde
                                                  Ober­flächenabfluss spielt aber vor allem          ein Datensatz erstellt. Für den Schadens­
Unbekannte oder andere Ursachen:                  in Sied­lungsgebieten bei intensiven Nie­der­      schwer­punkt, beziehungsweise den Ort
Rund 6 Prozent der Gesamtkosten konn-             ­schlagsereignissen eine wichtige Rolle.           des am besten lokalisierbaren Schadens
ten nicht eindeutig einem bestimmten Wit­          Ei­ne grobe Abschätzung für das Jahr 2020         jeder betroffenen Gemeinde, werden die
te­rungs­ver­hältnis zugeordnet werden. Da­        ergab, dass Oberflächenabfluss für 45–50          Koordinaten ermittelt. In Bild 4 (oben) sind
bei handelt es sich zu einem Drittel um            Prozent der Schadenskosten der Kate­go­rie        die Schadensorte, -prozesse und -ausmas­
Rut­schun­gen und zu zwei Drittel um Sturz­        Hoch­wasser/Murgänge verantwortlich und           se gemäss der in Tabelle 1 beschrie­be­nen
ereignisse.                                        bei weiteren 15 – 20 Prozent als Neben­pro­       Kategorien für das Jahr 2020 dargestellt.
                                                   zess beteiligt war.                               Bild 4 (unten) veran­schau­licht die damit ver­
2.3 Schadensprozesse                                                                                 bundenen meteo­ro­logischen Ur­sa­chen.
Die erfassten Schadensprozesse werden in          Rutschungen:                                           Eine Häufung der Unwetterschäden gab
drei Kategorien eingeteilt, wobei die Gren­       In dieser Kategorie werden sämtliche Ar­ten        es im Jahr 2020 hauptsächlich im Raum
zen zwischen diesen Kategorien fliessend          von Rutschungsprozessen erfasst, die sich          Luzern und im Kanton Tessin. Beide Regio­
sein können (Bild 3 und Bild 4 oben).             ausserhalb des unmittelbaren Ge­wäs­­ser­          nen waren mehrfach betroffen. In der Re­
                                                  be­reichs ereignen. Der Anteil der Schä­den        gion Luzern sorgten die heftigen Ge­witter
Hochwasser /Murgänge:                             dieser Kategorie liegt mit knapp 4 Mio. CHF        am 26. Juni und 2. Juli für zahlreiche Über­
In dieser Ereigniskategorie werden finan-         bei 10 Prozent der Jahres­scha­den­­s­summe.       schwemmungen mit vereinzelt massiven
zielle Schäden erfasst, die durch stehen-         Dies ist leicht mehr als der lang­­jährige         Schäden. Die grössten wurden in der Stadt
des oder fliessendes Wasser hervorge­             Durch­schnitt (7 Prozent).                         Luzern, in Emmen LU und Ruswil LU ver-
rufen werden. Sie umfasst Murgänge so­                                                               zeichnet. Im Kanton Tessin beliefen sich die
wie durch Oberflächenabfluss und über             Sturzprozesse:                                     Schadenskosten 2020 auf gut 10 Mio. CHF.
die Ufer getretene Gewässer verursachte           Dieser Kategorie werden Schäden zuge­              Davon entstanden 20 Prozent durch die Ge­
Überschwemmungen. Solche Ereignisse               ordnet, die durch Steinschlag, Fels- oder          witterniederschläge vom 7. Juni und 60 Pro­
können Geschiebe und/oder Schwemm­                Bergsturz entstehen. Rund 8 Prozent der            zent durch den mit Gewittern durch­setz­ten
holz mitführen und zu Übersarungen und            Ge­samt­­schäden wurden 2020 von Sturz­            Dauerregen vom 28. und 29. Au­gust. Ver­hält­
Übermurungen führen. Mit 33 Mio. CHF              pro­zessen verursacht, das ist bedeutend        ­­nismässig geringe Scha­dens­kosten wa­­ren
konnte der grösste Teil der Schäden des           mehr als der langjährige Mittelwert (2002 –        bei den sehr ausgie­bigen Nieder­schlä­­gen
Jahres 2020 (82 Prozent) dieser Kategorie         2019) von 1 Prozent.                               im Tessin Anfang Oktober zu ver­zeichnen.

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Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL
2.5 Jahreszeitliche Verteilung der
                                                                                                        Schäden
                                                                                                   Die Schadenskosten entstanden im Jahr
                                                                                                   2020 hauptsächlich in den drei Som­mer­
                                                                                                   monaten (82 Prozent), wie dies auch im Vor­
                                                                                                   jahr (97 Prozent) der Fall war. Am stärksten
                                                                                                   betroffen war dabei der Monat Juli, gefolgt
                                                                                                   vom Au­gust und vom Juni (Bild 5). Schä­den
                                                                                                   entstanden auch im Oktober (11 Prozent),
                                                                                                   während in den restlichen Monaten nur ge-
                                                                                                   ringe Kos­ten zu verzeichnen waren.

                                                                                                   Bild 5: Monatliche Anteile der Scha­dens-
                                                                                                   ­­kosten für das Jahr 2020 (Gesamt­kos­
                                                                                                   ten ca. 40 Mio. CHF). Die Kreuze geben
                                                                                                   die monatlichen Anteile der teuerungs­
                                                                                                   bereinigten Schäden (alle Prozesse) für
                                                                                                   die Periode 1972–2019 an.

                                                                                                   Im Juni entstand der grösste Teil der Schä­
Bild 4: Oben: Ort, Ausmass und Prozesstyp der Schadensereignisse im Jahr 2020.                     den am 26. durch die Überschwem­mun­
Unten: Ort, Jahres­zeit und meteorologische Ursache der Schadensereignisse im                      gen infolge Gewitter im Raum Luzern und
Jahr 2020 (Karten­grund­lage: BFS GEOSTAT / Bundes­amt für Landestopographie).                     am 7. durch Überflutungen nach Stark­­regen
                                                                                                   im Tessin, insbesondere im Malcan­tone
                                                                                                   und der Region Lugano. Auch im Juli sorg­
Ereigniskategorie   Beschreibung                                                 Schadenskosten
                                                                                                   ten überwiegend Überschwem­mun­gen in-
Geringes Ausmass Einzelne lokale Schäden, deren Wirkung vorübergehend ist und < 0,4 Mio. CHF       folge Gewitter für Schäden. So traf es am 2.
                 die unschwer behoben werden können
                                                                                                   erneut die Region Luzern, insbe­sondere
Mittleres Ausmass Grössere, möglicherweise über längere Zeit wirksame Schäden 0,4 bis 2 Mio. CHF   die Stadt Luzern, Ruswil LU und Emmen
                  oder mehrere geringe Schäden                                                     LU. Durch dieses Unwetter­er­eig­nis ent-
Starkes Ausmass     Schwer und nachhaltig beschädigte oder gar zerstörte Objekte > 2 Mio. CHF      standen fast 60 Prozent der Schäden im
                    und Kulturflächen bzw. viele geringe und/oder mittlere Schäden                 Juli und 20 Prozent der Gesamtscha­dens­­
                    sowie Ereignisse mit Todesfällen                                               summe 2020. Am 22. waren vor allem das
Tabelle 1: Ereigniskategorien und deren geschätzte Schadenskosten pro                              westli­che Wallis sowie die Kantone Frei­burg
Gemeinde (vgl. Bild 4).                                                                            und Bern betroffen. Im August entstanden
                                                                                                   die grössten Schäden Ende des Monats
Von den fast 460 Einträgen in der Unwet­           hatten ein starkes Ausmass. Dies waren          durch die anhaltenden mit Gewittern durch­
terschadens-Datenbank für das Jahr 2020            die Schäden, welche in der Stadt Lu­zern        setz­ten Regenfälle, die am 28. und 29. das
wa­ren gut 94 Prozent mit geringen Schä­           am 2. Juli entstanden und ein tragischer        ge­samte Tessin erfassten und dann am
den ver­bunden (0,01–0,4 Mio. CHF), gut 5          Unglücksfall in Finhaut VS am 14. Oktober,      30. und 31. auf den östlichen Alpennord­hang
Pro­zent wie­sen mittlere Schäden auf (0,4 –       wo eine Person in ihrem Auto von einem          übergriffen. Am 3. Oktober brachte das
2 Mio. CHF) und lediglich zwei Ereignisse          Steinschlag tödlich getroffen wurde.            Tief «Brigitte» enorme Regenmengen und

«Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                           81
Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL
Orkan­böen über die Schweiz. Im west­li­chen     3.1 Januar                                      war sehr mild und im letzten Mo­nats­drittel
Tessin fielen zum Teil mehr als 400 mm Re­       Der Januar 2020 war geprägt von mehre-          brachte die Bise eine starke Ab­kühlung und
gen in 24 Stunden. Auch im Kanton Uri und        ren Hochdrucklagen, welche oberhalb von         Tagesmitteltemperaturen unter dem Ge­
Wallis fielen grosse Regenmengen. In An­         1000 m ü. M. für viele Sonnenstunden und        frier­punkt. Die Niederschlags­men­gen be-
betracht der Niederschlagsmengen hiel­           den drittwärmsten Januar seit Mess­be­          fanden sich verbreitet bei 60 – 90 Prozent
ten sich die Schäden allerdings in Gren­zen.     ginn sorgten. Der Monat war in der ganzen       der Norm, erreichten gebietsweise aber
                                                 Schweiz sehr niederschlagsarm und auf           100 –150 Pro­zent.
3. Chronologischer Jahres­                      der Alpennordseite gebietsweise der son-             Im März wurde eine Handvoll Ereig­nis­
    rückblick über die Ereignisse                nigste seit über 100 Jahren. Er endete al-      se mit geringen Schäden registriert. So trat
                                                 lerdings stürmisch.                             in Schüpfen BE am 1. der Chuelibach we­
Witterung des Jahres 2020:                           Schäden waren im Januar nur für die         gen einer Schwemmholzverklausung über
Im Jahr 2020 waren zehn Monate über­             Gemeinde Glarus zu verzeichnen, wo sich         die Ufer. Eine grössere Rutschung ereig­
durch­schnittlich warm. Im landesweiten          am 31. im Klöntal aus den Hängen des            nete sich am 4. im Lorzentobel bei Baar
Mittel lag die Temperatur 1,5 °C höher als       Löntschborts ein Steinschlag löste und          ZG. Am orographisch linken Ufer der Lorze
in der Normperiode 1981–2010 und somit           zur mehrmonatigen Sperrung eines Ab­            rutschte ein Hang ins Bachbett und ver-
war es 2020 gleich warm wie 2018, dem            schnittes des Löntschwanderwegs führte.         sperrte es. Mit Baggern wurde der Fliess­
wärmsten Jahr seit Messbeginn 1864. Die                                                          querschnitt wieder frei gemacht und ein
Jahres­nie­derschläge lagen verbreitet bei       3.2 Februar                                     Schutzdamm für den Lorzentobelweg er-
80–100 Prozent der Normwerte.                    Die Februartemperatur lag in der ganzen         richtet. Eine weitere Rutschung am 6. ver-
       Das Jahr 2020 begann mit dem mil-         Schweiz über dem Durchschnitt. Auf der          sperrte die Strasse zwischen Rumeling
desten Winter seit Messbeginn 1864 und           Alpensüdseite wurde mit einem Monats­           und Inden VS. Da der Hang nicht zur Ruhe
lag mit einem landesweiten Durchschnitt          mittel von 8,1 °C ein deutlicher Februar­       kam, musste der Abschnitt bereits am 9.
von 0,7 °C knapp 3 °C über der Norm 1981–        rekord verzeichnet, welcher 4 °C über der       erneut gesperrt werden. Leukerbad VS war
2010. Auf der Alpensüdseite waren zudem          Norm von 1981 – 2010 lag. Die anhal­ten­de,     währenddessen via Albinen erreichbar. In
der Januar und Februar sehr niederschlags­       ausgeprägte Niederschlagsarmut, mit             Davos GR ereignete sich am 19. ein Fels­
arm. Auf der Alpennordseite war der Feb­         Sum­men von verbreitet unter 10 Prozent der     sturz am Seehorn. Dabei lösten sich etwa
ruar mit drei Winterstürmen turbulent und        Norm, führte hier zu grosser Wald­brand­ge­     10000 m3 Geröll und Erdmaterial und ent-
so lagen die Niederschlagsmengen hier            fahr. Im Norden lag die Nieder­schlags­­sum­    wurzelten dutzende Bäume des Schutz­
bei 150–200 Prozent gegenüber der Norm.          me da­ge­gen verbreitet über dem Durch­­        waldes. Der verschüttete Forstweg blieb
Der Frühling 2020 war ausgesprochen son-         schnitt. Am 3./4., 10. und 13. /14. Februar     das ganze Jahr gesperrt.
nig, mild und trocken. Die Niederschlags­        zogen Winter­stürme über die Schweiz, wo­
­sum­men erreichten verbreitet nur 50 – 70       bei der Sturm «Sabine» zur Monatsmitte          3.4 April
 Pro­zent der Norm und lagen gebietsweise        am stärks­ten war.                              Anhaltendes Hochdruckwetter führte im
 sogar bei 30 Prozent und weniger. Der Som­           Im Zusammenhang mit dem Winter­            April zu einem Niederschlagsdefizit von 50
 mer 2020 endete, nach zwei moderaten            sturm «Petra» kam es zu einigen Unwet­ter­      Pro­zent gegenüber der Norm und verbrei­tet
 Hitzewellen Ende Juli und Anfang August,        schäden. Am 3. ereignete sich nach inten-       zu Temperaturen und Sonnenschein­dauern
 mit einem Unwetter am 28. und 29. August.       siven Regenfällen in Eischoll VS eine Hang­     im Rekordbereich.
 Dabei fielen im Tessin und den angren­zen­      mure, welche auf eine Strasse und die                Gemeldet wurden zwei Sturzereig­nisse,
 den Gebieten vielerorts 200 bis 250 mm          Steuerungskabine der Skiliftstation nieder­     die geringen Schaden verursachten, aber
 Nie­derschlag, was an einigen Stationen         ging. Gleichentags kam es im Wallis in den      zu längeren Verkehrsunterbrüchen führten.
 über der durchschnittlichen Augustmenge         Regionen Saas- und Mattertal zu Stein­          Ein Steinschlag einige hundert Meter nach
 lag. Am 29. und 30. breiteten sich die Stark­   schlägen, was zu Strassensperrungen führ­       der Ausfahrt des Bahnhofs Göschenen UR
 ­nie­derschläge auf den östlichen Alpen­nord­   te. Ebenfalls aufgrund der Regenfälle lös-      führte am 4. zu einem zweitägigen Unter­
  ­hang aus. Mildes, sonniges und trockenes      ten sich am 4. in Ergisch VS ca. 100 m3 Fels    bruch des Bahnbetriebs von und nach
   Wetter herrschte über grosse Teile des        und gingen auf eine Strasse nieder, die         Ander­matt UR. Am Morgen des 9. ereig­
   Septembers und im November. Dagegen           da­raufhin für zwei Tage gesperrt blieb. In     ne­te sich in der Gemeinde Bagnes VS zwi-
   war der Oktober geprägt durch die Stark­      Jenaz GR trafen am 4. Regen- und Schmelz­       schen Sembrancher und Vens ein Stein­
   niederschläge zum Monatsbeginn. In den        wasser auf gefrorene Böden, was an ver-         schlag/Rutsch von ca. 150 m3. Obwohl die
   Alpen verzeichneten mehrere Messsta­tio­      schiedenen Orten zu flachgründigen Rut­         Sturzmasse die Strasse dank dem Schutz­
   nen die zweit- bis vierthöchsten Tages­       schungen und kleineren Überschwem­              wald nicht erreichte, blieb die Strecke bis
   sum­men seit über 100 Jahren. Der Winter      mun­gen führte. In Eschenbach SG wurde          zum 14. gesperrt. Betroffen war auch der
   startete An­fang Dezember mit Schnee bis      Mitte Monat im Aabachtobel der kantona-         Bahnverkehr.
   ganz in den Süden (25 cm in Lugano) und       le Wanderweg wegen Felsabbrüchen ge-
   40– 100 cm in den Alpen. Nach weiteren        sperrt. Weitere Abbrüche später im Jahr         3.5 Mai
   Nie­derschlägen lag die Schneehöhe Mitte      liessen bisher keine Öffnung zu.                Der Mai war der zwölfte Monat in Folge
   De­zember in weiten Teilen der Alpen über                                                     mit einer Monatsmitteltemperatur über
   der Norm (MeteoSchweiz, 2021).                3.3 März                                        der Norm (1981–2010). Die Nieder­schlags­
       Die Beschreibungen des monatlichen        Im ersten Monatsdrittel fiel in weiten Teilen   summen lagen in weiten Teilen des Lan­
   Wettergeschehens, jeweils zu Beginn der       des Landes täglich Niederschlag. Die            des bei 70 –100 Prozent des üblichen Wer­
   folgenden Abschnitte, basieren auf den mo­    Schnee­fälle bis in tiefe Lagen Anfang des      tes.
   natlichen Klimabulletins von Meteo­Schweiz    Monats beendeten im Tessin eine 70-tägige            Am Abend des 4. löste sich aufgrund
   (MeteoSchweiz, 2020).                         Trockenperiode. Das zweite Monats­drittel       der Schneeschmelze und der ergiebigen

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Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL
Regenfälle der Vortage in Evolène VS kurz          für Überschwemmungen und Rutschun­             die Strassen standen kniehoch unter Was­
vor dem Tunnel de la Garde ein Felspaket           gen. Besonders betroffen waren mehrere         ser (Bild 6). Auch in Ruswil waren die Schä­
von 200 m3 und blockierte die Strasse mit          Ortsteile in der Gemeinde Sigriswil BE. Die    den erheblich. Hier sorgten mehrere aus-
Felsmaterial und Bäumen. Das Felspaket             schwersten Verwüstungen ereigneten sich        ufernde Bäche für 35 Einsätze der Feuer­
zerbrach beim Aufprall auf die Strasse in          in Gunten, wo der Alebach über die Ufer trat   wehr. Betroffen waren unter anderem Kel­
Stücke und beschädigte die talseitige Fahr­        und viel Schutt und Geröll ins Dorf brachte.   ler, Parterrewohnungen und Gewerbe­be­
­bahn schwer. Ein Block von der Grös­se            Dies führte zu grossen Schäden an einem        triebe. Weitere Schadensmeldungen ka­men
 ei­nes kleinen Chalets stürzte weiter den         Mehrfamilienhaus und zur Blockierung der       unter anderem aus Emmen, Neuenkirch,
 Ab­hang hinunter, zerriss auf seinem Weg          Kantonsstrasse.                                Rothenburg und Eschenbach.
 ei­ne Hochspannungsleitung und räumte                  Am Nachmittag des 26. zog ein hefti-           In Schiers GR im Schraubachtobel
 Schutz­netze und Bäume aus dem Weg.               ges Gewitter über die Region Luzern und        lös­ten sich Anfang des Jahres 15000 bis
 Zwei Blöcke von 30 und 60 t mussten vor           das angrenzende Aargauer Freiamt. Bei          20000 m3 Fels, worauf der Forstweg /Sagen­
 dem Abtransport auf der Fahrbahn ge-              der Kantonspolizei Luzern gingen 130 Not­      weg gesperrt wurde. Am 14. Juli kam es
 sprengt werden. Die Stelle wird seit Jah­ren      ­rufe ein, vor allem aus Emmen, Rothen­burg,   zu einem weiteren Felssturz von 3000 bis
 beobachtet und das installierte Warn­sys­          Luzern, Malters, Hohen­rain und Hämikon.      5000 m3 Material, welcher die Sagenweg­
 tem funktionierte einwandfrei. Die In­stand­       Es handelte sich hauptsächlich um über-       brücke komplett zerstörte.
 ­­stel­lung belief sich auf über 1 Mio. CHF. In    flutete Keller, Tief­garagen und Strassen­         Am 22. zogen erneut heftige Gewitter
 Sisikon UR löste ein Murgang im Gumpisch­          unterführungen. Die Gebäudeversicherung       über die Schweiz und sorgten vor allem in
 tal am 5. die Sperrung der Axen­strasse aus.       Luzern verzeich­ne­te kantonsweit über 500    den Regionen Bern, Berner Oberland,
 Mehrere hundert Kubikmeter Material waren          betroffene Ge­bäude und eine Schadens­        Gant­risch, Schwarzsee, Unter- und Mittel­
 in Bewegung und beschä­digten den Ab­lenk­         summe von mehr als 4 Mio. CHF.                wallis sowie vereinzelt in der Ostschweiz
 damm, das Rückhalte­netz und die Warn­an­                                                        für Schäden. In Jaun FR wurde eine Fa­milie
 lage. Da die Strasse keinen Schaden nahm,         3.7 Juli                                       in ihrem Auto vom hochgehenden Ober­
 konnte die Ver­bin­dung nach der Reparatur        Der Juli war wechselhaft, aber trotz meh-      bach überrascht. Das Fahrzeug wur­de von
 der Warnanlage bereits tags darauf wie-           rerer Störungen und Gewitterlagen in vie-      den mitgeführten Geschiebe­mas­sen einge­
 der freigegeben werden. In Melano TI kam          len Gebieten niederschlagsarm und über-        schlossen aber glücklicherweise nicht mit­
 es am 9. und 17. und im benachbarten              durchschnittlich sonnig. So fielen in Basel-   gerissen. Die REGA brachte die Familie un­
 Maroggia TI am 17. zu Rutschungen.                Binningen im ganzen Monat nur 5,6 mm           verletzt ins Tal. Im Kanton Wallis rückten
                                                   Regen, was ein neuer Rekord darstellt.         die Feuerwehren zu 46 Einsätzen aus. Ge­
3.6 Juni                                           Deutlich mehr Niederschlag fiel am zen­        meldet wurden Unterbrüche von Verkehrs­
Die ersten beiden Monatsdrittel waren tief­        tralen und östlichen Alpennordhang. Hier       wegen aufgrund von Stein­schlä­gen, Mur­
druckbestimmt und es fiel verbreitet reich-        betrug die Niederschlagssumme 70 –100          gängen und Hochwasser. Über­schwemmte
lich Niederschlag. Im letzten Monatsdrittel        Prozent der Norm.                              Keller gab es vor allem in Fully, Charrat,
setzte der Hochsommer ein. Am 28. und                  Heftige Gewitter am 1. und 2. führten      Vétroz, Sion und Les Agettes. In der Ge­
29. brachte eine weitere Kaltfront noch-           vor allem im Kanton Luzern zu erheblichen      mein­de Salvan VS kam es zu einem Mur­
mals ergiebige Niederschläge. So lag die           Problemen. Am 2. kam es unter anderem          gang im Torrent de la Meude, welcher die
Durchschnittstemperatur im Bereich der             im Würzenbachquartier in Luzern zu Hoch­       Kantonsstrasse des Vallon de Van unter
Norm und die Niederschlagssummen ver-              wasserschäden, weil der Gerlisbergbach         150 m3 Schutt begrub. Drei Per­so­nen, wel-
breitet deutlich darüber.                          ausuferte. In einem Mehrfamilienhaus wur-      che von den Massen eingeschlos­sen wur-
     Im Kanton Tessin verursachten am 7.           den mehrere Wohnungen verwüstet und            den, konnten unbeschadet geret­tet werden.
mehrere Gewitter beträchtliche Schäden.
An einigen Messstationen betrugen die
Tagessummen des Niederschlags deutlich
über 100 mm. Es gingen 400 Anrufe bei der
kantonalen Alarmzentrale ein, 350 davon
kamen aus dem Malcantone und dem Valle
del Vedeggio. So war die Feuer­wehr von
Caslano unterstützt von den um­lie­gen­den
Feuerwehren 15 Stunden an 90 Ein­satz­
orten beschäftigt. Es handelte sich vor allem
um überschwemmte Keller und Stras­sen
sowie um einige Rutschungen. In Paradiso
TI beschädigte eine Hangmure ein Wohn­
gebäude und versperrte dessen Zugang.
Eine Person wurde deshalb evakuiert.
     Am 13. führten Gewitter vor allem im
Raum Freiburg und im Raum St. Gallen /
Rheintal zu überschwemmten Kellern und
Strassen. In Tafers FR rutschte Material
eines Seitenhangs in den Gottéron, wurde           Bild 6: Heftige Gewitter am 1. und 2. Juli 2020 führten in der Region Luzern zu
mobilisiert und beschädigte eine Fisch­            erheblichen Problemen, so auch an der Haldenstrasse beim Verkehrshaus in
zucht. Heftige Regenfälle sorgten am 17.           Luzern. (Foto: Feuerwehr Stadt Luzern).

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Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL
Über den südlichen Teil des Kantons Genf
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                                                                                                 mit sehr starkem Wind. Grosser Schaden
                                                                                                 entstand vor allem durch Wind­wurf, aber
                                                                                                 auch durch Überschwem­mun­gen infolge
                                                                                                 Oberflächenabfluss und überlasteter Ka­
                                                                                                 na­lisationen. So leisteten die Feuerwehren
                                                                                                 der Stadt Genf und von zwölf weiteren um­
                                                                                                 liegenden Gemeinden über 240 Ein­sätze.
                                                                                                 Auch am 16. und 17. sorgte Gewitterregen
                                                                                                 vor allem in den Kantonen Bern und Solo­
                                                                                                 thurn für Schäden. Die grössten entstan­
                                                                                                 den in Kandersteg BE am Abend des 16.,
                                                                                                 als sich im Bereich Zilfuri ein Murgang er-
                                                                                                 eignete und den Sulgraben und das Zilfuri­
                                                                                                 bächli über die Ufer treten liess. Dabei
                                                                                                 kam es zu Überschwem­mun­gen in Wohn­
                                                                                                 quar­tieren. In einem Ferien­haus wurden vier
                                                                                                 Personen von den Was­sermassen über-
                                                                                                 rascht. Die Parterre­woh­nung erlitt einen
                                                                                                 Total­schaden, die Ferien­gäste kamen mit
                                                                                                 dem Schrecken davon.
                                                                                                       Am 28. und 29. fielen im Tessin und in
                                                                                                 den angrenzenden Gebieten des Kantons
                                                                                                 Graubünden massive mit Ge­wittern durch­
                                                                                                 setzte Niederschläge. In weiten Teilen des
                                                                                                 Tessins kam es zu Über­schwem­mungen,
                                                                                                 Rutschungen und Stein­schlägen. In Bissone
                                                                                                 mussten am 28. drei Häuser evakuiert
                                                                                                 werden, nachdem sich eine Hang­mure er-
                                                                                                 eignete. Weitere Rut­schun­gen sowie über­
                                                                                                 schwemmte Keller und Strassen gab es
                                                                                                 auch in der Region Lugano, hier waren vor
                                                                                                 allem die Dörfer entlang des Vedeggio be-
                                                                                                 troffen. In Avegno wurde am 29. aufgrund
Bild 7: Hangmure in Alabardia (Gemeinde Gambarogno) am 29. August 2020.                          der starken Re­gen­fälle das Trinkwasser ver­
(Foto: Ufficio dei corsi d’acqua, Dipartimento del territorio, TI).                              ­schmutzt. Auch in Gordola waren am 29.
                                                                                                  erhebliche Schäden zu verzeichnen. Meh­
3.8 August                                        strasse in Guttannen BE von einem Mur­          re­re Bäche traten über die Ufer. Ein Stras­
Die Niederschlagsmengen blieben in vie-           gang aus dem Karlistutzchälen verschüttet.      sen­stück wurde dabei mitgerissen, wo-
len Gebieten, trotz gelegentlich heftiger         Sie konnte nach Räumungsarbeiten am 4.          durch etwa zwei Dutzend Personen von
Ge­wit­ter, bis ins letzte Monatsdrittel unter-   wieder freigegeben werden.                      der Um­welt abgeschnitten wurden. Etliche
durchschnittlich. Die massiven Regenfälle              Starke Regenfälle am Nachmittag des 3.     Häuser wa­ren von Überschwem­mungen
zum Monatsende führten jedoch verbrei­tet         führten in der Stadt Luzern erneut zu über­     betroffen und Zufahrten durch Rut­schun­
zu einem deutlichen Nieder­schlag­über­           ­schwemmten Strassen. Auf einigen Stras­        gen blockiert. Im Valle del Carcale beschä­
schuss.                                            senabschnitten im Würzenbach­quar ­tier        digten Rutschungen eine wichtige Quell­
    Am Abend des 1. verursachte ein hef-           reichte das Wasser den Autos bis zur Küh­      fassung und Zufahrtswege. Ein weiterer
tiges Gewitter Schäden in mehreren Dör­            lerhaube. Die Schäden hielten sich jedoch      Schwer­punkt der Unwetterschäden be-
fern der Ajoie. In Vendlincourt JU fielen          verglichen mit jenen im Juli stark in Gren­    fand sich in der Gemeinde Gambarogno
innert 20 Minuten 50 mm Regen, worauf              zen. In der Nacht auf den 4. lösten die an-    TI (Bild 7). Hier mussten sieben Häuser eva­
die Rue de l’Eglise im Ortszentrum 30 cm           dauernden Regenfälle im Klöntal (Gemein­       kuiert wer­­den. Darunter eine stattliche alte
unter Wasser stand und Keller überflutet           de Glarus) zwei Murgänge aus, welche die       Villa am Lago Maggiore, deren Funda­ment
wurden. Daneben hinterliess das Unwetter           Pragel­passstrasse meterhoch verschüt­te­      von ei­nem Bach unterspült und dadurch
auch abgedeckte Dächer und verwüstete              ten. In Ennetbürgen NW ereig­nete sich         unbe­wohn­bar wurde. Bei der Ort­schaft
Kulturen.                                          eben­falls am 4. eine Hangmure und ver-        Piaz­zogna brachte ein Bach viel Geschiebe
    Am 2. zog ein starkes Gewitter über            fehlte ein Haus nur knapp. Aus der Nord­       und Schwemm­holz, sodass ein Durchlass
die Ostschweiz. Es kam zu Erdrutschen,             flanke des Ort­stocks ob Braunwald GL          un­ter den Bahngeleisen verklauste. Ein Zug
Bäche traten über die Ufer und Strassen            löste sich auf dem Gemeindegebiet von          fuhr daraufhin in die auf den Geleisen ab-
wurden überflutet. Besonders betroffen             Muotathal SZ ein Felspaket von rund            gelagerten Massen aus Schlamm, Schutt
waren Abtwil (Gemeinde Gaiserwald SG),             15000 m3. Schä­den gab es keine, doch der      und Schwemmholz und musste abge­
St. Gallen Stadt und Goldbach SG. Am               Wanderweg Rieter-Ort-Bergeten wurde            schleppt werden. Der Bahn­betrieb konnte
selben Tag wurde auch die Grimselpass­             für 2020 geschlossen.                          am 31. wieder aufgenommen werden.

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Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL
Bild 8: Die hochgehende Reuss wurde am 3. Oktober über die Entlastungsanlage bei Altdorf auf die Autobahn A2 abgeleitet.
(Foto: Valentin Luthiger).

3.9 September                                  Gebieten gab es zu Monatsbeginn massi-         standen keine grossen Schäden. In Realp
Der September war mild und sonnig. Die         ve Starkniederschläge mit 1-Tages­sum­men      UR wurde die Zuleitung zu einem Trink­
ersten beiden Monatsdrittel blieben in         von verbreitet 100 bis 250 mm. Gegen Ende      wasser­reservoir an mehreren Stellen durch
wei­ten Teilen der Schweiz sehr nieder­        Oktober brachte ein Wintereinbruch in den      einen Murgang beschädigt. Die Instand­
schlags­arm. Gegen Ende Monat erfolgte         Ostalpen lokal mehr als 50 cm Schnee bis       stel­lungsarbeiten waren aufwendig und
ein markanter Wetterumschwung, beglei­         in mittlere Lagen.                             dauerten an, sodass die Bewohner noch
tet von kräftigen Regenfällen und Schnee            Das Tief «Brigitte» brachte bis am Vor­   Mitte Oktober das Wasser abkochen muss­
bis auf 1000 m ü. M.                           mittag des 3. Rekordregen und Orkan­böen       ten. Auch im Kanton Glarus führten viele
     Im September wurden nur wenige Un­        über die Schweiz. Im westlichen Tessin         Gewässer Hochwasser. So erreichte der
wetterschäden registriert. Der Monat be-       fielen zum Teil mehr als 400 mm Regen in       Diesbach in Diesbach und Bett­schwanden
gann jedoch am 1. nicht unspektakulär mit      24 Stunden, und auch im Südwallis und im       einen Pegel vier Meter über der Norm. Er
einem Felssturz in Sils im Engadin GR.         Kanton Uri fielen grosse Regenmengen.          brachte enorm viel Geschiebe, wovon
Etwa 10 000 m3 Gestein stürzten aus dem        Die Schäden hielten sich jedoch ange-          20 000 m3 im Bereich der Kantonsstrasse
Gratbereich des Piz Lagrev. Während der        sichts der riesigen Niederschlagssummen        abgelagert wurden. Das rasche Handeln
grösste Teil der Sturzmasse in den Ge­         in Gren­­zen. In Gudo TI und Cugnasco TI       der Feuerwehr verhinderte, dass sich die
röllhalden liegenblieb, sprangen und roll-     füllten hochgehende Bäche Rückhalte­           Geschiebemassen durch die Dörfer wälz-
ten drei Blöcke bis ins Tal hinunter. Ein      becken mit Geschiebe. Mehrere zehn-            ten und Personen oder Häuser zu Scha­
rund 22 m3 grosser Block kam kurz vor der      tausend Kubikmeter Kies und Geröll mus­s­      den kamen. Vorsorglich wurden 13 Per­so­
Malojastrasse zu stehen, zwei etwa 1 m3        ten weggeräumt werden. In Bellinzona TI        nen evakuiert. Die meisten Alpen­pässe in
grosse Blöcke überquerten die Strasse und      wurde unter anderem eine Entsorgungs­          den Kantonen Tessin, Uri und Wallis blie­
landeten im Bachbett der Ova da la Roda.       stelle überflutet. Öl, welches das Wasser      ben, meist aufgrund von Rut­schungen
Die Malojastrasse blieb zwischen Plaun         verschmutzte, wurde von der Feuerwehr          oder Stein­schlägen, vorübergehend ge-
da Lej und Sils Baselgia aus Sicher­heits­     abgesaugt. Der Pegel des Lago Maggiore         sperrt. Bei Camedo (Gemeinde Borgnone
gründen bis am Abend des 2. gesperrt.          stieg innert weniger Stunden um zwei Me­       TI), wo am 3. mit 421 mm die grösste Nie­
Ein weiterer Felssturz beschädigte am 9.       ter an. Dadurch wurden in Locarno TI die       der­schlags­summe gemessen wurde, lös-
die Bahninfrastruktur zwischen Pon­tre­sina    Seepromenade und Strassen in Seenähe           ten sich am 7. etwa 2000 m3 Gesteins- und
GR und Bernina Suot, die Strecke war je-       überschwemmt. Da das Gebiet aber schon         Erdmaterial, wovon die Hälf­te auf die Tran­
doch nur kurz unterbro­chen. Geringe Schä­     am Vortag geräumt wurde, gab es keine          sitstrasse des Centovalli niederging (Titel­
den infolge Über­  schwemmungen nach           grossen Schäden. Im Kanton Uri bewähr­         bild). Die Instandstellungs- und Siche­rungs­
Gewitterregen gab es am 16. in Vissoie VS      ten sich die Investitionen in den Hoch­was­    arbeiten waren aufwendig und eine teil-
und am 23. in St. Gallen.                      ser­schutz. Die hochgehende Reuss zwi-         weise Öffnung mit alternie­ren­dem Verkehr
                                               schen Attinghausen und Flüelen wurde           war erst am 29. wieder möglich. Die Bahn­
3.10 Oktober                                   über die Autobahn A2 abgeleitet (Bild 8).      verbindung durchs Cento­valli war hinge­
Der Oktober war in weiten Teilen des Lan­      Dadurch kam es zu Verkehrsunterbrüchen,        gen nicht betroffen.
des kühl und sehr niederschlagsreich. Auf      grossflächige Überschwemmungen konn-           In Finhaut VS löste sich am 14., wohl durch
der Alpensüdseite und den angrenzenden         ten jedoch verhindert werden und es ent-       eine Kombination der ergiebigen Regen­

«Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 2, CH-5401 Baden                                                                      85
Unwetterschäden in der Schweiz 2020 - Hochwasser, Murgänge, Rutschungen und Sturzprozesse - WSL
fälle der Vortage und der ersten bei­den                   am 8. ein Steinschlag die Morschacher­                grössten Schäden. Die Böenspitzen lagen
Frostnächte, ein 0,5 m3 grosser Fels­block                 strasse. Um die Strasse während den Räu­              auch im Flachland verbreitet zwischen 110
und traf auf der Kantonsstrasse kurz vor                   mungs- und Instandstellungsarbeiten we-               und 130 km/h und sorgten für abgedeckte
der Ortschaft Finhaut einen Personen­wa­                   nigstens einspurig wieder freigeben zu                Dächer und Verkehrsunterbrüche wegen
gen. Der Autolenker, der alleine unterwegs                 können, wurde eine 25 m lange Galerie mit             Windwurfs. Ende Februar sorgte schliess-
war, wurde dadurch getötet. Weitere Sturz­                 Ablenkwirkung erstellt. Eine weitere Rut­             lich das Sturmtief «Bianca» in der Ost­
ereignisse ereigneten sich gegen En­de                     schung in Schwanden GL am 9. versperr­                schweiz für weitere Schäden.
Mo­nat. So kollidierte am 26. in Sils im                   te die Niederentalstrasse und somit die                    Die Unwetter vom 21. und 22. Juli sor­g­
Dom­leschg GR ein Personenzug mit Stein­                   Zufahrt zur Luftseilbahn Kies-Mettmen.                ten nicht nur für Hochwasserschäden. Im
blöcken, welche sich aus einem Hang ge-                    Aufgrund der anhaltenden Geländebe­we­                Meschlerwald bei Susten VS entfachte am
löst und auf den Schienen abgelagert hat­                  gungen wurde mit einer längeren Sper­                 21. ein Blitz einen Waldbrand. Die Air Zer­
ten. Die Lok und zwei Passagierwagen ent­                  rung gerechnet. In Eschenbach SG kam                  matt flog mehrere Rotationen, um das
­gleisten. Die etwa 30 Fahrgäste konnten                   es im Aabachtobel schon im Februar zu                 Feuer zu löschen. Auch am 22. verur­sach­
 alle unverletzt evakuiert werden.                         Felsabbrüchen von gut 200 m3. Am 10.                  ten Blitzschläge grosse Schäden. So ge-
                                                           brachen dann an derselben Stelle weitere              riet in Signau BE ein Bauernhof in Brand,
3.11 November                                              3000 bis 5000 m3 Fels los und stürzten auf            in Emmetten NW kam es zu einem Dach­
Der November war in der ganzen Schweiz                     den gesperrten Wander­weg und in den                  stockbrand in einem Einfamilienhaus und
sehr mild und sonnig. Weit unter dem lang­                 darunter fliessenden Bach.                            in Ramsen SH brannte ein Dachstock ei­
jährigen Durchschnitt blieben auch die                                                                           nes unbewohnten Hauses.
Niederschlagssummen.                                       4. Schäden durch weitere                                  Das Gewitter am Abend des 13. Au­
    Im November wurde einzig in der Ge­                        Naturgefahrenprozesse                             gust brachte in Genf fast 100 Bäume zu
meinde Berg SG ein Hangrutsch regist-                                                                            Fall. Viele Pärke waren auch Tage später
riert. Dieser verschüttete einen Wander­                   Der Winter 2019 /20 war ein ruhiger La­wi­            noch geschlossen und die Aufräum­arbei­
weg auf einer Länge von 8 m. Das Material                  nen­winter. Insgesamt wurden 124 Scha­                ten dauerten mehrere Wochen. Am 22./23.
konnte weggeräumt und der Weg instand                      den­lawinen verzeichnet. Drei davon gin-              September zogen zwei starke Gewitter­
gestellt werden.                                           gen auf geöffnete Skipisten nieder und                zellen über die Region St. Gallen, wobei
                                                           erfass­ten neun Personen, wovon drei Per­             es am 22. abends auf einem Fussballplatz
3.12 Dezember                                              sonen Verletzungen davontrugen. 27 Sach­              in Abtwil zu einem Blitzeinschlag kam, bei
Gleich mit dem meteorologischen Winter­                    ­schaden­lawinen führten zu 18 verschüt­              dem 14 Personen verletzt wurden.
beginn kam der erste Schnee. Einige Orte                    teten Verkehrswegen (Skipisten, Strassen,                 Die Schweizerische Hagel-Versiche­
verzeichneten für den Dezember neue                         Brücke), zehn Such- oder Räumungs­aktio­             rungs-Gesellschaft vermeldete 2020 ein
Höchstwerte der 2-Tages-Neuschnee­sum­                      nen ohne Personenschaden und einem                   ha­gelarmes Schadenjahr. Lokale Hagel­
men. Im Gegensatz zum November war                          kleinen Waldschaden. Gebäudeschäden                  ge­witter ereigneten sich erst Mitte bis Ende
der Dezember sehr sonnenarm.                                wurden gar keine registriert (Trachsel et al.,       Juni (VD, BE, JU, BL, AG, LU, TG). Weitere
     Im Dezember ereigneten sich einige                     2020).                                               Hagelschäden kamen in der zweiten Juli­
Sturzereignisse und Rutschungen. In Gudo                        Das Jahr 2020 war von mehreren Stür­             hälfte (VD, NE, FR, BE, LU, ZH, SG) dazu.
TI lösten sich am 5. im Bereich Sasso                       men gekennzeichnet. Am 28. Januar zog
Grande Fels- und Erdmassen. Die Blöcke                      das Sturmtief «Lolita» über die Schweiz              Danksagung
erreichten die Via Mondò und eine Trink­                    und sorgte für zahlreiche Feuerwehr­ein­
was­serversorgung wurde beschä­digt. Grös­                  sätze und Verkehrsunterbrüche haupt-                 Wir bedanken uns beim Bundesamt für
­sere Gebäudeschäden gab es keine, aus                      sächlich wegen umgestürzter Bäume. Der               Umwelt, BAFU, für die langjährige und
 Sicherheitsgründen wurden jedoch vor-                      Februar zeigte sich besonders stürmisch.             massgebliche Unterstützung bei der Er­
 sorglich zwei Häuser evakuiert und die                     In der ersten Monatshälfte fegten die                fassung der Unwetterschäden und für die
 Strasse bis auf Weiteres gesperrt. Unter­                  Stürme «Petra» (3. / 4.), «Sabine» (10. / 11.)       wertvollen Kommentare zum Manuskript
 halb von Morschach SZ auf dem Gemein­                      und «Tomris» (13.) über die Schweiz. Das             sowie Norina Andres für die fachliche Be­
 degebiet von Ingenbohl SZ verschüttete                     Orkantief «Sabine» hinterliess dabei die             ratung.

Quellen:                                                   Autoren:
Liechti K., Badoux, A. 2019: Unwetterschäden in der        Dr. Katharina Liechti, Eidg. Forschungsanstalt WSL,
Schweiz 2019. Rutschungen, Murgänge, Hochwasser            Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf,
und Sturzereignisse. Wasser Energie Luft, 112.             kaethi.liechti@wsl.ch
Jahrgang, 2020, Heft 2: 85–92                              Dr. Alexandre Badoux, Eidg. Forschungsanstalt WSL,
MeteoSchweiz 2020: Klimabulletin Januar bis Dezember       Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf,
2020. Zürich                                               alexandre.badoux@wsl.ch
MeteoSchweiz 2021: Klimabulletin Jahr 2020. Zürich
Trachsel J., Zweifel B., Techel F., Marty C., Stucki, T.
2020: Schnee und Lawinen in den Schweizer Alpen.
Hydrologisches Jahr 2019/20. WSL Ber. 101: 76 S
Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft
2021: Schweizer Hagel, Geschäftsbericht 2020

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