URLAUB DAHEIM IN LINZ - 2 Euro - Arge für Obdachlose
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Arge für Obdachlose Stra enzeitung von Randgruppen und sozial Benachteiligten Ausgabe 213 ı JULI/AUGUST 2020 ı 1 Euro bleibt den VerkäuferInnen ı Achten Sie auf den Verkaufsausweis 2 Euro URLAUB DAHEIM IN LINZ
IMPRESSUM Die Straßenzeitung Kupfermuckn ist ein Angebot zur Selbsthilfe für Wohnungslose und für Menschen an oder unter der Armutsgrenze. Unsere Zeitung versteht sich als Sprachrohr für Randgruppen und deren Anliegen. Der Zeitungsverkauf und das Schreiben bringen neben Dieser Ausgabe liegt dem Zuverdienst das Gefühl, gemeinsam etwas ge- ein Fragebogen bei schaffen zu haben. Von Wohnungslosigkeit Betroffene bilden mit Mitarbeitern des Vereins »Arge für Obdach- lose« in partnerschaftlichem Verhältnis die Redaktion. Redaktion Straßenzeitung Kupfermuckn, Marienstraße 11, 4020 Linz, Tel. 0732/770805-13, kupfermuckn@arge-ob- dachlose.at, www.kupfermuckn.at Projektleitung, Koordination, Layout, Fotos: Heinz Zauner (hz), Chefredakteur Daniela Warger (dw), Leitung Redaktion Daniel Egger (de), Redaktion Katharina Krizsanits (kk), Vertrieb Kupfermuckn LeserInnenbefragung Walter Hartl (wh), Layout, Technik Redakteure: Angela, Anton, Anna Maria, August, Bertl, In dieser Ausgabe liegt der Fragebogen bei. Anlässlich des 25-Jahres-Jubiläums der Straßenzei- Christine, Claudia, Helmut, Heinz, Johannes, Leo, tung Kupfermuckn führen wir über den Sommer gemeinsam mit dem renommierten Linzer Manfred F., Manfred R., Manfred S., Sonja, Ursula Meinungsforschungsinstitut »Market« eine große LeserInnenbefragung durch. Nehmen Sie sich Titelfoto (hz): Leo im Tiergarten bitte eine Viertel-Stunde Zeit zum Ausfüllen. Auflage: 42.000 Exemplare Bankverbindung und Spendenkonto Bitte machen Sie mit, denn Ihre Meinung ist uns wichtig! Arge für Obdachlose, Marienstraße 11, 4020 Linz IBAN: AT461860000010635860, BIC: VKBLAT2L Wir möchten gerne wissen, wie Ihnen die Kupfermuckn gefällt: Ausgabe in Linz, Wels, Steyr und Vöcklabruck ➜ Bei wem kaufen Sie die Kupfermuckn und wie erleben Sie die VerkäuferInnen Menschen, die in Armut leben und ihren Lebensmittel- auf der Straße punkt in Oberösterreich haben, können sich Montag bis Freitag zwischen 8 und 12 Uhr bei den Ausgabestellen ➜ Wird die Kupfermuckn auch gelesen und was gefällt Ihnen gut oder weniger gut? melden und erhalten einen Verkäuferausweis. 50 Pro- ➜ Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und was vermissen Sie? zent des Verkaufspreises verbleiben den Verkäufern. Arge für Obdachlose, Marienstraße 11, 4020 Linz, Tel., Wir möchten aber auch gerne mehr über die Meinung der Bevölkerung zu Menschen, die am 0732/770805-19 Rande der Gesellschaft leben, wissen. Dazu findet man zwar immer wieder Berichte in den Soziales Wohnservice Wels, E 37, Salzburgerstraße 46, Medien. Die Bevölkerung selbst wurde dazu allerdings noch nie befragt. Es ist auch ein heikles 4600 Wels, Tel. 07242/290663 Verein Wohnen Steyr, B 29, Hessenplatz 3, 4400 Steyr, Thema, aber wir von der »Kupfermuckn« wollen auch die Fragen stellen, die unseren Leserin- Tel. 07252/50 211 nen und Lesern vielleicht etwas unangenehm sind. Verein Wohnungslosenhilfe Mosaik, Gmundner Straße 102, 4840 Vöcklabruck, Tel. 07672/75145 Medieninhaber und Herausgeber Ausgefüllte Fragebögen bitte bis 31. August retournieren! Vorstand des Vereines »Arge für Obdachlose«, Vorsit- zende Mag.a Elisabeth Paulischin, Marienstraße 11, Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: 4020 Linz, www.arge-obdachlose.at ➜ Übergeben Sie ihn an eine/n unserer VerkäuferInnen (mit sichtbar getragenem Ausweis). International ➜ Senden Sie ihn in einem Kuvert an folgende Adresse: Kupfermuckn, Marienstraße 11, 4020 Linz, oder bringen Sie ihn persönlich (Mo - Fr. 8 bis 12 Uhr) vorbei. Die Kupfermuckn ist Mitglied beim »International Network of Street Papers« INSP www.street-papers.com Sie finden den Fragebogen auch auf unserer Homepage: www.kupfermuckn.at/fragebogen Gewinnen Sie eine Kupfermuckn-Tasche oder ein Jahresabo Wer dem Fragebogen Namen und Adresse beifügt, kann eine von fünf Kupfermuckn-Taschen oder eines von fünf Jahresabos der Kupfermuckn gewinnen. Die Fragebögen werden selbstver- ständlich anonym behandelt. Wir freuen uns über Ihre Beteiligung. Das Team der Kupfermuckn 2 07/2020
Plötzlich arbeitslos Betroffene berichten von existenzbedrohlichen Situationen Nach dem AMS-Kurs blieb alles sen nichts gewesen«. Dann habe ich kurzfris- standshilfe. Die Vorstellungsgespräche waren tig meinen Wohnort nach Leonding verlegt. für »A und F«. Ich versuchte dann, einen beim Alten. Eine vergeudete Zeit Zuständig war dann das AMS Traun. Bei mei- neuen Weg einzuschlagen. Da ich viele Kurse nem ersten sogenannten »Beratungsge- durch das AMS zwangsbeglückt absolvierte, Ich erinnere mich mit einem mulmigen Ge- spräch«, eigentlich nur ein Telefonat und die bescheinigten mir einige Vortragende, ich fühl an meine unfreiwilligen Jobsuchen. Beim sofortige Teilnahme an einem Kurs, hatte ich hätte das gewisse Etwas, das man als Trainer AMS sind Kontrolltermine ein notwendiges nichts zu tun. Dieser Kurs dauerte sieben Wo- in der Erwachsenenbildung brauchte. Meine Übel. Solltest du diese Termine ohne triftigen chen. Ich machte den ECDL (Europäischen Chancen auf einen Job in diesem Bereich Grund nicht wahrnehmen, wird der Arbeitslo- Computer-Führerschein), wobei jedes Modul standen demnach nicht schlecht. Und ich hatte senbezug beziehungsweise die Notstandshilfe am Ende der Woche mit einer Prüfung abge- Glück. Das AMS bezahlte mir tatsächlich so für bis zu sechs Wochen eingestellt. Für Al- schlossen wird. Jobgarantie Null. Das einzig eine Ausbildung. Über mehrere Monate be- leinstehende kann das die Gefährdung der Positive: die sieben Wochen haben mich suchte ich den Kurs und schloss ihn mit Erfolg Existenz bedeuten. Einziger Ausweg, zumin- nichts gekostet. Nur, einen Job hat man trotz ab. Aber dann kam ich schnell auf den Boden dest für einige Wochen, ist zum Beispiel der ECDL wieder keinen. Die absolute Krönung der Tatsachen zurück. Keine Bildungseinrich- Besuch einer zeitlich befristeten Arbeit bei der war dann das AMS Wien. Ich war dann in tung ermöglichte mir ein Praktikum. Und FAB. Ist diese vorbei, steht man wieder ohne Wien wohnhaft und gemeldet und stand wie- ohne Praktikum hatte ich keine Aussichten auf Job da. Du hast vielleicht ein wenig dazuge- der ohne Job da, weil sich meine Ex-Firma Arbeit. Fazit: Egal, wo und wann man beim lernt, ansonsten fällt mir nur ein: »Außer Spe- verspekuliert hatte. Ich bekam nur die Not- AMS vorstellig wird: Es wird einem mit viel 07/2020 3
der mir hilft, eine Beschwerde zu verfassen, damit ich endlich wieder einen Anspruch auf Unterstützung habe. Wenn notwendig, werden wir auch vor Gericht ziehen. Wahrscheinlich wird sich der ganze Prozess über mehrere Mo- nate ziehen. Ich hoffe aber, danach endlich wieder finanzielle Unterstützung zu bekom- men, wenn ich gerade keiner bezahlten Tätig- keit nachgehen sollte. Falls das alles nichts bringen sollte, wende ich mich an die Arbei- terkammer. Irgendwie verstehe ich das ganze System nicht. Ich weiß nicht, warum ich für das AMS als nicht arbeitswillig gelte. Mein Leben lang bin ich immer, wenn sich die Mög- lichkeit ergeben hat, arbeiten gegangen. Nun bekomme ich trotzdem schon fast zwei Jahre überhaupt keine finanzielle Unterstützung. Wenn ich nicht zwischendurch Zelte aufbauen oder die Kupfermuckn verkaufen könnte, dann wüsste ich nicht, wie ich überleben könnte. Hoffentlich bewirkt die Beschwerde etwas. Andreas Heuer wollte ich zur Corona-Zeit bei der Spargel-Ernte mithelfen Der 30. April ist Tag der Arbeitslosen. Heuer gab es keine öffentlichen Aktionen. Hier eines der Plakate einer früheren Aktion. Heuer im Februar habe ich etwas geschafft, was ich schon lange nicht mehr geschafft Glück ein Kurs oder eine Ausbildung bezahlt. kämpft um die Sicherung seines Standards. habe: Über die Vermittlung und mit Mitwir- Am Ende ist dann doch alles wieder beim Al- Auch er kommt kaum mehr nach mit den Zah- kung des AMS Traun ist es mir gelungen, tat- ten: Noch immer kein Job und kein Geld, alles lungen der Miete, des Autos und den laufen- sächlich wieder einmal zu einem Vorstel- nur vergeudete Zeit. Die Moral von dieser den Kreditkosten. Hoffentlich wird alles wie- lungsgespräch eingeladen zu werden. Ich habe G´schicht: »Blöd gelernt und gelaufen, bist du der so wie früher. Anna Maria den Termin dann auch wahrgenommen. So - ohne, dass es dir bewusst wird - in den Start- ganz richtig mit Bewerbungsschreiben und löchern stecken geblieben.« Walter Lebenslauf. Es ging dabei um einen kurzfristi- Warum sollte ich nicht gen Job in der Landwirtschaft, in einem Be- arbeitswillig sein? trieb in Linz Land: Spargel-Ernte, sechs Wo- Arbeitslos durch die Maßnahmen chen ab Anfang April. Gegen Ende des Ge- der Corona-Krise Mit16 Jahren begann ich zu arbeiten. Die spräches fragte ich ganz unschuldig, wann ich Tischlerlehre hatte ich zuvor abgebrochen, da denn vom Betrieb eine Antwort auf meine Meine Schwiegertochter arbeitet im Gastge- ich vom alten Chef eine »Knackwatschn« be- Bewerbung bekommen würde. Da hieß es: werbe. Aufgrund der Schließung der Lokale kommen hatte, als mir zuvor bei der Arbeit ein Spätestens nächste Woche. Antwort habe ich durch die Corona-Krise verlor sie von heute kleiner Fehler unterlaufen war. So schlug ich bis heute keine bekommen. Ich wäre – zuge- auf morgen ihren Job. Sie wurde gekündigt, mich als Hilfsarbeiter durch. Im Winter war geben nicht ganz freiwillig, ich musste es ja jedoch mit Aussicht auf Wiedereinstellung. ich sowieso immer »stempeln« am AMS. Da- sein – bereit gewesen, die Arbeit anzunehmen. Da sie dann viel weniger Arbeitslosenunter- zwischen suchte ich mir immer wieder Arbeit. Dann kam Corona, doch die armen Spargeln stützung bekam als ihr bisheriger Lohn, war Im Jahr 2018 wurde ich dann vom AMS ge- konnten ja nichts dafür. Sie waren ausgesetzt sie in einer furchtbaren Situation. Sie musste sperrt, weil ich keine sechs Monate durchge- und waren nach der Ausreifzeit zu ernten, Co- den Gürtel ordentlich enger schnallen. Ihre hende Arbeit nachweisen konnte. Ich be- rona hin oder her. Allerorts war davon zu hö- Kosten blieben ja die gleichen. Miete, Strom komme seitdem weder Arbeitslosengeld noch ren, dass die Spargel-Ernte mangels Saison- und das Auto mussten bezahlt werden. Zudem Notstandshilfe, weil ich angeblich nicht ar- Arbeiter nicht eingebracht werden könne: hatte sie keine Chance, woanders eine Arbeit beitswillig bin. Eine Begründung dafür habe Mehr als tausend Leute würden fehlen. Das zu finden. Alles war ja im Shut-Down. So war ich aber nie bekommen. Zwischendurch habe Wirtschafts-, das Landwirtschafts- und das sie verurteilt, Zuhause zu sitzen und zu war- ich auf geringfügiger Basis Zelte aufgebaut Außenministerium taten ihr Möglichstes, um ten, bis die Restaurants wieder die Türen öff- und halte mich mit dem Verkauf der Straßen- diese Leute, vor allem die so dringend benö- neten. Heute ist sie noch ohne Arbeit, obwohl zeitung Kupfermuckn über Wasser. Eigentlich tigten »Schlüsselkräfte« ins Land zu holen. sie jung und arbeitswillig ist. Lange wird sie müsste ich aber Anspruch auf Arbeitslosen- Und mich (zugegeben: ich bin nicht mehr der es nicht mehr schaffen, ihren Lebensstandard geld, Notstandshilfe oder zumindest Sozial- Jüngste und Gesündeste, auch nicht unbedingt aufrecht zu erhalten. Auch ein Schwiegersohn, hilfe haben. Derzeit bin ich mit einem Sozial- einer, der - wie man so schön sagt - »die Ar- der sich seit März in Kurzarbeit befindet, arbeiter vom »Of(f)´n-Stüberl« in Kontakt, beit erfunden« hat, und schon gar keine 4 07/2020
»Schlüsselkraft«), mich hat man einfach war- nicht hinein. Auch andere Sozialeinrichtun- kümmert. Mehrere Schulungen, Kurse und die ten lassen und mir nicht einmal Bescheid ge- gen, die PCs zur Allgemeinbenutzung zur Ver- aktive Jobsuche blieben aber bisher ohne Er- geben. Da war ich ehrlich gesagt enttäuscht. fügung stellen, sind im Moment geschlossen. folg. Meine Auflage vom AMS sind zwei bis Gehöre ich schon so zum »Alten Eisen«, dass Und es gibt tatsächlich mehrere Menschen drei Eigenbewerbungen in der Woche. Ich ma- sich das AMS und die betreffende Firma nicht wie mich, die auch privat keine Möglichkeit che mehr. Manchmal bekomme ich auch Stel- einmal mehr bei mir meldet, wenn insgesamt haben, sich Internet-Zugang zu verschaffen – lenausschreibungen vom AMS zugesandt, über tausend Leute fehlen? Hätte ich der aus den unterschiedlichsten Gründen. Somit aber nur sehr wenige, weil ich körperlich Firma nachrennen, sie um diese Arbeit anbet- kann ich zur Zeit weder meinen Lebenslauf ziemlich eingeschränkt bin. Hermann teln sollen, die eigentlich das AMS ursprüng- aktualisieren noch mich bewerben. Es war mir lich mir hätte vermitteln wollen? Und ich zum Beispiel auch nie möglich, die Corona- hätte gedacht, sie wollen mich wieder in Be- Soforthilfe zu beantragen, die ich im März gut »Dann streichen wir Ihnen schäftigung bringen. So nicht! Johannes für die Miete hätte brauchen können. Hilfe eben das Arbeitslosengeld.« also nur für digitale Personen. Andrea Ich bin nun 61 Jahre alt und war in meinem Arbeitsplatzverlust, weil die Ta- Leben öfters arbeitslos. Als Kellner ist es nor- gesmutter zur Risikogruppe zählt Die Arbeit als Maurer ließ mich mal, dass man in der Zwischensaison stem- selbst zur Baustelle werden peln geht. Oftmals suchte und fand ich eine Bis zum von der Regierung befohlenen Lock- Beschäftigung am Bau. Auch als Verkäufer in down am 16. März hatte ich eine Arbeit. Am Ich habe 1980 bei der Baufirma »Kapl« eine Geschäften, als Lagerarbeiter und bei der Freitag davor wurde uns bereits mitgeteilt, Lehre als Maurer begonnen und auch mit Er- Müllabfuhr bekam ich Arbeit. Einmal hatte dass wir wahrscheinlich auf »Home-Office« folg abgeschlossen. Während meiner 19-jähri- ich meinen Job als Verkäufer verloren. Ein umgestellt werden. Wäre an sich kein Prob- gen Tätigkeit machte ich auch immer wieder Mitarbeiter des Arbeitsamtes wollte mich in lem gewesen, aber zu Beginn war ja nicht ge- Erfahrungen mit dem AMS, weil ich im Win- dieselbe Firma als Wagerlschieber vermitteln. nau definiert, wer zur Risikogruppe gehört ter »Stempeln« geschickt wurde. Der Konsum Ich sagte »Nein«, und er antworte: »Dann und wer nicht. Und so kam es, dass ich ab 16. von Alkohol und Tabak war damals ganz nor- streichen wir Ihnen eben das Arbeitslosen- März keine Kinderbetreuung mehr hatte. Die mal. Nach meiner langjährigen Tätigkeit mel- geld.« Da war ich zum ersten Mal in meinem Tagesmutter meiner Tochter hatte vor zwei deten sich mein Rücken und meine Knie. Al- Leben in einer Krise. Bei uns Zuhause war Jahren einmal Krebs gehabt und wurde mit les war abgenützt. Nach einem Bandscheiben- Arbeit immer das oberste Gebot. Meine Mut- Zwangsurlaub »beglückt«. Zu ihrem eigenen vorfall konnte ich die schwere Arbeit am Bau ter war nie arbeitslos. Diesbezüglich war sie Ärger. Meine Tochter ist dreieinhalb Jahre alt nicht mehr verrichten. So versuchte ich mich mein Vorbild. Meine letzte Arbeitsstelle war und ein Energiebündel. Das Fräulein hätte im Außendienst, was gar nicht so einfach war, bei der Müllabfuhr. Fünf Jahre habe ich dort mich nicht eine Minute ruhig am PC arbeiten wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich wech- gearbeitet, bis 2013. In diesem Jahr wurde bei lassen. »Home-Office« wäre bei mir tatsäch- selte mehrere Male die Arbeit. Der Alkohol mir »COPD« (eine chronische Lungenerkran- lich nicht möglich gewesen. Darum wurde begleitete mich ständig. Dann kam noch ein kung) diagnostiziert. Trotz der Erkrankung eine einvernehmliche Lösung des Dienstver- privater schwerer Schicksalsschlag dazu. Ich versuchte man mich am Arbeitsamt zu vermit- hältnisses vereinbart. Folgende Sache stellt trank dann nur noch, und meine Beziehung teln. Seit einem ärztlichen Attest habe ich nun für mich mittlerweile ein Problem dar: Man ging zu Ende. Genauso wie meine Arbeit. aber Ruhe. Ich erhalte die Notstandshilfe. Da- wird überall auf »Online-Service« verwiesen. Beim AMS stufte man mich als »arbeitsunfä- durch, dass ich gepfändet werde, wurde ich Von Seiten der Regierung wird groß getönt, hig« ein und schickte mich zur PVA. Zu mei- auf das Existenzminimum gekürzt. Mit 750 wie viel man nicht in Digitalisierung investie- ner Überraschung bekam ich die Pension. Die Euro muss ich mein Leben bestreiten: Wohn- ren würde. Schön und gut, aber was hat da je- Befristung wurde sogar zweimal verlängert. kosten, Lebensmittel und Sonstiges. Hoffent- mand wie ich davon, der keinen funktionsfä- Danach war die PVA aber der Meinung, ich lich bekomme ich bald meine Pension, damit higen PC besitzt und in Zeiten wie diesen könnte trotz Verschlechterung meines Ge- ich endlich vom AMS meine Ruhe habe. Und auch keinen Zugang zu einem solchen Gerät sundheitszustands wieder arbeiten gehen. Das hoffentlich steigen die Miet- und Heizkosten hat? Es ist nicht möglich, über die öffentlichen ist mittlerweile neun Jahre her. Ich habe das nicht weiter an, denn sonst weiß ich nicht, wie PCs am AMS etwas zu erledigen. Man darf ja Gefühl, dass man sich beim AMS gut um mich ich überleben soll. Helmut 07/2020 5
Arbeitsmarkt in Bewegung Im Gespräch mit dem AMS-Chef OÖ Gerhard Strasser Wie steht es um die aktuelle Arbeitslosen-Situ- ation rund um Corona? Wir haben am oberösterreichischen Arbeits- markt eine Situation, die es so noch nie gege- ben hat. Die höchsten Arbeitslosenzahlen seit 1946 waren zu verzeichnen. Ein Höchststand von Arbeitslosen mit rund 58.000 Menschen und 296.000 Menschen in Kurzarbeit zeigen die Dimension dieser Krise. Fast 17.000 Be- triebe nutzen das Modell der Kurzarbeit und konnten dadurch einen noch größeren Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern. Heute zeigt Was soll i tuan? I bin arbeitslos! sich am Arbeitsmarkt eine leichte Entspan- nung. Ende Mai waren 51.370 Personen ar- Wann i so nachdenk´, beitslos, und mit heutigen Tag sind wir deut- dann kummt ma des Rean. lich unter 50.000. Auch die Kurzarbeit wird in Was soll i tuan, i bin arbeitslos vielen Betrieben schon reduziert oder im bes- hab mei Hockn verlorn und hab a ka Moos. ten Fall sogar beendet. Mit der Lockerung der Drei Jahr hab i glernt für mein Beruf, Corona-Maßnahmen wird sich dieser Trend Welche Personengruppen werden es nach dem verstärken. »Lock-Down« besonders schwer am Arbeits- doch mit der Zeit bin i worn a Bsuff. markt haben? Welche Branchen sind besonders betroffen? Hab alls lassn wie´s war Die Personengruppen bleiben unabhängig von und hab mi net plagt Abgesehen von »systemrelevanten« Berei- der Krise weitgehend gleich: Ältere und unge- und hab alles verlorn chen sind alle Branchen betroffen, besonders lernte Personen haben es auf dem Arbeits- was i hab ghabt. problematisch war die Situation in der Gastro- markt schwerer; hinzu kommen Personen mit nomie – hier zeigt sich jedoch seit dem Öffnen einem gesundheitlichen Handicap oder Dann hab i mi bessert der Betriebe eine deutliche Entspannung. Da- schlechten Deutschkenntnissen. Je weniger und mi wieder g´freut auf mei Lebn gegen ist die Situation beispielsweise in der Personal von den Unternehmen gesucht wird, und ma hat mir a wieda a Arbeit gebn. Produktion noch angespannt. Hier ist davon desto schwieriger ist es für diese Gruppe an auszugehen, dass die Kurzarbeit über einen arbeitslosen Menschen, eine Chance am Ar- A Zeit lang is gangen, doch hot´s net lang dauert, längeren Zeitraum benötigt werden wird. Der beitsmarkt zu bekommen. Hier sind wir als oberösterreichische Arbeitsmarkt ist aber trotz AMS gefordert, Alternativen anzubieten. dann hab i mi g´fühlt als wie eingemauert. allem in Bewegung. Es werden wieder Jobs Allweil desselbe, des Einerlei angeboten – zum Beispiel im Handel oder im Gibt es Ideen für Maßnahmen, um benachtei- is denn des alles, auf des i mi g´freu? Leasing-Bereich. ligte Gruppen besonders zu unterstützen? Aba ja es is wahr, i was des ja a de andern tan´s Selbe, und es geht ah. Wie schätzen Sie die Entwicklung bis Ende des Für die Vergangenheit und die Zukunft gilt: Jahres ein? Eine gute Qualifikation verbessert die Chan- cen am Arbeitsmarkt. Wir haben für Jugendli- Aba bi i de andern? - I kann´s net erklärn Die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist che, Frauen, Ältere sowie Personen mit Mig- und wann i so nachdenk, vor allem von zwei Faktoren abhängig: dem rations-Hintergrund oder gesundheitlichen dann kummt ma des Rean. internationalen Umfeld und der Inlandsnach- Einschränkungen jeweils auf den Bedarf zu- So guat wars ma g´angen, wann i het wolln, frage. Ich gehe davon aus, dass die Arbeitslo- geschnittene Angebote zur Orientierung und i het heut a Haus und da Guldn tat rolln. sigkeit über einen Zeitraum von zwei bis drei Weiterentwicklung. Zu den bisherigen Quali- Doch was hilft des Redn, Jahren über dem Vorkrisen-Niveau bleiben fizierungsangeboten und Eingliederungsbei- wird. Wenn im Herbst die Kurzarbeit ausge- hilfen kommen neue Instrumente dazu – etwa und was hilft des Rean, laufen ist, haben wir eine sehr spannende Situ- eine Corona-Arbeitsstiftung, ein Lehrlingsbo- irgendwann wird´s a für mi ation. Es wird sich zeigen, welche Arbeits- nus und ein attraktiveres Kombilohn-Modell. wieder besser wearn. plätze in welchen Unternehmen krisenfest Die Details werden gerade auf politischer Toni sind. Ebene verhandelt. Foto: AMS OÖ, Text: hz 6 07/2020
Abschied von Bertl Weißengruber 3.10.1950 bis 02.06.2020 Ganz plötzlich wurde unser Bertl am zweiten Juni aus dem Leben gerissen. Er war 24 Jahre lang Verkäufer und Redakteur der Kupfermuckn und schon ganz von Anfang an mit dabei. Im Oktober hätte er seinen 70. Geburtstag gefeiert. Er war ein Urgestein der Kupfermuckn, das überall und immer dabei war. Lieber Bertl, wir können es noch gar nicht fassen, dass du nicht mehr ins Kupfermuckn-Café kommst. Bertl führte unzählige Gruppen 20 Jahre lang bei der sozialen Stadtführung »Gratwanderung durch das obdachlose Linz«, er machte Radio Kupfermuckn, spielte in der Theatergruppe mit und war auch viele Jahre lang als Betroffenenvertreter bei der Österrei- chischen Armutskonferenz engagiert. Die Zeitung verkaufte er in Ottensheim am Markt, wo er sich mit Ferry Öhlinger anfreundete, der den Kupfermucknverkäufer Bertl im Theater Phönix spielte. Das mittlere Bild zeigt ihn mit Claudia und Conchita Wurst bei der »Nacht der Vielfalt«, dem Integrationsball der Volkshilfe. Schon seit Jahren nimmt die Kufpermuckn unter dem Motto »Kleider ma- chen Leute« am Ball teil. Das Bild unter zeigt Bertl mit Christine am Cover des Kalenders »Danke für die Blumen - 15 Jahre Kupfer- muckn.« Du fehlst uns. Nachfolgend ein kleines Verkäuferporträt, das er für das internationale Netzwerk INSP verfasste. Seemann, lass das Träumen! 1975 war ich 25 Jahre alt. Damals stand mir ganze Welt noch offen. Ich bin gelernter Bäcker und fuhr nach meiner Ausbildung nach Hamburg. Schon mein Vater war Kapitän bei der Marine, und auch ich wollte die Welt kennen lernen. Auf der MS »Europa« fuhr ich als Konditor (Zuckerbäcker) über fünf Jahre zur See. Die »Europa« war das berühmte »Traumschiff« der deutschen Fernsehserie. So kam ich nach Rio, Hongkong und Oslo. Besonders ist mir Liver- pool in Erinnerung geblieben. Ich bin nämlich ein großer Beatles- Fan. Ich habe damals gut verdient und rechnete nicht im Entferntes- ten damit, einmal auf der Straße zu leben. Als die Reederei dann pleite ging, verlor ich meine Arbeit. Ich gründete eine Familie in Linz und habe vier Kinder. Beruflich fand ich keinen guten An- schluss mehr, und ich hatte seit meiner Zeit auf See Probleme mit dem Alkohol. Nach einem Infarkt konnte ich nicht mehr arbeiten. Die Familie zerbrach, und ich landete in der Obdachlosigkeit. Vor 24 Jahren kam ich zur Straßenzeitung Kupfermuckn, die ich seither verkaufe. Ich bin auch in der Betroffenen-Redaktion aktiv. Schon seit Jahren bin ich »Guide« der sozialen Stadtführung »Gratwande- rung durch das obdachlose Linz.« Ich begleitete schon Politiker, Journalisten, Sozialarbeiter und viele Schulgruppen. Bei der Füh- rung erzähle ich aus meinem Leben und zeige die Plätze und Sozi- aleinrichtungen, wo Obdachlose sich aufhalten oder Hilfe finden. Nächstes Jahr feiert auch die Kupfermuckn das 25-Jahres-Jubi- läum. Ich hoffe, dass ich noch viele Jahre dabei sein werde. Foto oben: hz, Foto Mitte: hz, Foto unten: Heidi Rafetzeder 07/2020 7
Urlaub zu Hause in Linz »Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen: Denn das Glück ist immer da.« Frei nach Goethe geben die Kupfermuckn-Redakteure Urlaubs- tipps in der direkten Umgebung. In Corona-Zeiten sinkt die Lust auf die »Strada del Sole«, und so radelt man halt am Donaudamm zum Pleschingersee. Wer es gerne tropisch hat, bewundert die Orchideen im »Botanischen Garten« oder fährt mit der Pöstlingbergbahn auf Safari zum Tiergarten auf der Windflach. Urlaub auf »Dahamas« Unser lieber Bundeskanzler hat heuer im Corona-Jahr sehr dazu eingeladen, heuer einmal den Urlaub in unserem gelieb- ten Österreich zu machen, Urlaub auf »Dahamas« sozusagen. Bildtext XXX Ich für meinen Teil kann mir auch ganz gut vorstellen, meinen heurigen Urlaub in meinem »Refugium« zu verbringen, in ei- ner netten, kleinen Hütte im Wald, hoch über Linz, dort, wo sich Fuchs und Hase »Gute Nacht« sagen, wo man wunder- schöne Frühstücke bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen und bei Vogelgezwischter genießen kann. Dort, wo das Leben noch lebenswert ist. Da kann man gemütlich/genüsslich die Seele baumeln lassen. Das kostet mich gar nichts: ein Freund stellt mir das dankenswerterweise gratis zur Verfügung. So schöne Platzerln gibt´s bei uns in Österreich. Österreich ist schön! Komm! Bleib! Genieße es! Foto: dw, Text: Johannes Lustwandeln im »Botanischen Garten« Gerade jetzt, zu Zeiten von Corona, ist es für eine Stadt wie Linz sehr wichtig, seinen Bürgern einige grüne Wohlfühl-Oasen anzu- bieten, wo man durchschnaufen und zur Ruhe kommen kann. Mein Favorit ist der »Botanische Garten«. Dort lustzuwandeln ist der reinste Genuss und lässt das Herz jedes Pflanzenliebhabers höher schlagen. Man kann dabei richtig entspannen und den oft stressigen Alltag hinter sich lassen. Unter freiem Himmel werden dort im Sommer hoffentlich wieder einige Musikveranstaltungen abgehal- ten. Manchmal frage ich mich: »Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?« Süße, heilige Natur, lass mich gehen auf deiner Spur. In den kleinsten Dingen der Schöpfung zeigt sich des Schöpfers Macht und Huld am größten. Foto: de, Text: August 8 07/2020
Auf Balkonien und beim Pleschinger-See Heuer im Jänner bin ich mit meinem Mann in eine neue Wohnung übersiedelt. Zur Zeit nutze ich meinen Balkon. Wir haben uns wäh- rend der Corona-Zeit unseren Balkon gemütlich hergerichtet, haben uns einen Tisch und Sesseln besorgt. Auch in den Blumenkästen wachsen bereits grüne Pflanzen. Da ich nicht viel Geld habe, fahre ich im Sommer auch oft zum Pleschinger-See. Dort kann ich mich besonders gut erholen und richtig entspannen. Meistens nehme ich ein spannendes Buch mit oder höre Musik aus meinem MP3-Player, den ich so gut wie immer bei mir trage. Und so komme ich über die Runden. Um Schönes zu erleben, muss man nicht weit reisen oder viel Geld hinblättern. Foto: hz, Text: Claudia Unter dem schattigen Nussbaum Aufgrund der Corona-Krise gibt es von der Regierung die Emp- fehlung, den heurigen Urlaub in Österreich zu verbringen. So wurde auch der heurige Kupfermuckn-Urlaub auf Herbst ver- schoben. Kurz vor seinem Tod hatte Bertl noch Urlaubspläne, die er uns folgendermaßen mitteilte: »Meinen Sommerurlaub möchte ich unbedingt in Kronstorf verbringen. In meinem wunderschö- nen Garten, in dem ich mich immer gerne aufhalte. Unterm riesi- gen Nussbaum, der mir viel Schatten spendet, werde ich es mir an heißen Tagen gemütlich machen. Dann kann ich meinen Gemüse- Pflänzchen, die ich im April in den Garten gepflanzt habe, beim Wachsen zuschauen. Ich freue mich auf den Urlaub zu Hause. Foto: de, Text: Bertl Im eigenen Garten in guter Gesellschaft Meine Partnerin Sonja und ich haben seit heuer ein eigenes Beet mitten in den interkulturellen Gemeinschaftsgärten beim BFI in der Mulden- straße. Hier wächst nun unser eigenes Gemüse heran. Kartoffeln, Toma- ten, Zwiebeln sind schon unter der Erde. Einmal in der Woche treffen sich dort die Hobby-Gärtner und verrichten gemeinsam Arbeiten wie etwa das Aufbereiten des Komposts oder das Unkrautjäten. Sonja und ich arbeiten gerne am Beet. Es ist einfach erholsam und ersetzt jeden Urlaub. Noch dazu sparen wir uns viel Geld. Wir müssen uns weder frisches Gemüse noch Salat kaufen. Dieser Gemeinschaftsgarten hat noch einen Vorteil: Die Gärtner aus unterschiedlichen Nationen treffen sich regelmäßig - da sitzt man dann auch länger beisammen in fröhlicher Runde und redet über Gott und die Welt. Foto: Sonja, Text: Manfred 07/2020 9
Ich nutze den Pichlingersee Nicht wegen Corona, sondern wegen meiner finanziellen Lage mache ich jedes Jahr Urlaub zu Hause. Wenn das Wetter nicht so gut ist, gehe ich ins Erdbeerland. Dort plücke ich mir die Beeren und vernasche sie gleich am Feld. Für mich al- leine genügt ein kleines Kübelchen. Zudem mache ich an heißen Tagen auch oft am Pichlinger-See eine große Runde und kehre noch auf einen Kaffee ein, bevor ich wieder nach Hause fahre. Vielleicht kann ich mir auch mal einen Urlaub weiter weg leisten. Foto: hz, Text: Helmut Im Garten vor dem Haus Als wir vor gut eineinhalb Jahren unsere Wohnung besichtig- ten, war ich glücklich, dass wir einen kleinen Garten vor dem Haus haben. Dort lässt es sich in der warmen Jahreszeit aus- halten. Es gibt reichlich Sitzgelegenheiten, die jeder Bewohner nutzen darf. Ist der Garten voller Leute, marschiere ich in den nahen »Wasser-Wald«, den ich nun schon seit einigen Jahren zum Spazieren und auch zum Ausruhen nutze. Linz hat schöne, ruhige Plätze, die zum Verweilen einladen. Bitte verbetoniert nicht jeden grünen Fleck in unserer Stadt! Bedenkt, dass auch die tierischen Bewohner ein wenig Grün benötigen! Foto: Manfred R., Text: Sonja Fischen an der Donau Corona-bedingt und aufgrund der damit verbundenen Reisebe- schränkungen habe ich beschlossen, meinen Sommerurlaub zu Hause zu verbringen. Aber in der eigenen Stadt, wo man lebt und arbeitet, Urlaub zu machen, ist gar nicht so einfach. Man kennt schon fast alle Plätze mit Wohlfühlcharakter. Da hatte ich plötzlich eine Eingebung: Fischen am Stadtrand von Linz an der Donau am Schotterstrand. Es gibt eine Feuerstelle und die Möglichkeit, ein Zelt aufzustellen. Und der nächste Supermarkt ist auch nicht weit weg. Dort kann man das tolle Panorama rund um den Pöstlingberg genießen. Ich freue mich schon auf diesen Sommer, der mir hof- fentlich viele Fische bescheren wird. Manfred F. 10 07/2020
Die Stupa am Freinberg Im Sommer fahre ich gerne mit dem Bus auf den Freinberg. Dort gehe ich durch ein Wäldchen, dann komme ich zur Stupa, einem buddhistischen Bauwerk, welches im Jahr 2013 in Linz errichtet wurde. Da ich lange in Asien gelebt habe, ist mir das Symbol nicht fremd. Hier komme ich zur Ruhe und genieße den wunderbaren Ausblick. Meistens sind dort nur wenige Menschen anzutreffen, vor allem dann, wenn man diesen Platz unter der Woche aufsucht. Deshalb nehme ich mir ein gutes Buch mit und suche den Schatten auf, wo ich ungestört lesen kann. Foto: hz, Text: Christine Radtouren in Linz und Umgebung Gott sei Dank bin ich mit meinen Beinen so gut beieinander, dass ich noch große Strecken mit meinem Rad fahren kann. Mein Bud- get erlaubt mir nicht allzu große Reisen. Also verbringe ich meine Freizeit – hauptsächlich im August, wo wir keine Zeitungen haben – mit Radtouren an unseren schönen Flüssen. Die meisten Kilome- ter radle ich an der Donau, an der Traun und an der Krems. Jede Fahrt ist ein Erlebnis. Man muss nur mit offenen Augen unsere wunderschöne Landschaft, die Auen und die Wälder betrachten. Am liebsten mache ich Pausen an Flussufern, um dort Wildenten und Schwäne zu beobachten. Ich bin der Meinung: Unsere Heimat hat so viele wunderschöne Plätze, dass man auch hier Urlaub ma- chen kann und im Moment auch soll. Foto: privat, Text: Hermann Der Tiergarten am Pöstlingberg Immer wieder, wenn es meine Zeit und mein Geldbörserl zulassen, begebe ich mich in den Zoo der Stadt Linz am Pöstlingberg, der leicht erreichbar und das ganze Jahr über geöffnet ist. Da ich ein sehr großer Tierfreund bin, genieße ich die Zeit dort. Meine Lieb- lingstiere sind die Eseln, die Zwergziegen und die Affen. Mit den Reptilien kann ich weniger anfangen. Irgendwie machen mir diese etwas Angst und ich grause mir auch ein bisschen vor ihnen. Sehr gerne werde ich auch von meiner Freundin begleitet. Wir genießen jeden Moment an diesem schönen Platz. Foto: hz, Text: Leo 07/2020 xx/2012 11
Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit Unsere selbst gebauten Hütten mal auch Regenwürmer fürs Angeln-Gehen. Grundstück rund um die »Villa Anka« gab es Sehr viele schöne Kindheitserinnerungen ver- viele kleinere Nebengebäude, einige davon vor den Moser-Buben verteidigt binde ich mit meiner - leider viel zu früh ver- schon mindestens halb-verfallen, die wir na- storbenen - Großmutter, unserer Großmutti. türlich alle gemeinsam näher erforschen Während meiner Kindheit wohnten wir von Wir Buben, mein älterer Bruder, der »andere mussten. Dadurch bot sich dann die Gelegen- 1965 bis 1981 in Wien. Genauer gesagt: in Hannes«, der auch im Haus meiner Großeltern heit für verschiedenste Spiele und ein biss- Wien-Währing. Dort bin ich auch in die Volks- wohnte, und ich haben viel und oft in der Um- chen wohl auch für das - noch sehr harmlose, schule gegangen, später dann ins Gymnasium gebung von Traunkirchen herumgetollt. Oben sehr unschuldige (wir waren ja noch Kinder) im ersten Bezirk, bei den »Schotten«. Die Fe- im Wald, oberhalb des Kalvarienberges, ha- - Kennen- und Schätzenlernen des anderen rien haben wir allerdings so gut wie immer in ben wir bei den großen Felsen unsere »Hüt- Geschlechtes. So kleinere Phasen von Ver- Traunkirchen am Traunsee verbracht, Som- teln« gebaut, die wir dann gegen die Moser- liebt-Sein und Schwärmereien hat es da sicher mer-, Weihnachts-, Semester- und Osterferien, Buben (die Buben aus der Nachbarschaft) in schon gegeben. Und auch die eine oder andere immer in Traunkirchen. Im Sommer Baden, sehr aufregenden Kämpfen verteidigt haben. Berg-Tour im Kreise der Familie, diese und Bergsteigen, Schifferl-Fahren, im Winter Die Kinder in der Nachbarschaft oberhalb jene Bootsfahrt - wie etwa mit einem Tag Schi- und Schlittenfahren, zu Ostern Eier-Su- (oder nebenan beim Badeplatz) waren drei überm See mit Lagerfeuer und Würstel-Gril- chen im Garten, in den verschiedenen Jahres- Mädchen. Adelige, von einem alten Barons- len - sowie diverse Ausflugsfahrten, manch- zeiten Kräuter- und Beerensammeln, manch- Geschlecht, Löwenthal. Bei dem Nachbar- mal auch für eine oder zwei Wochen mit Cam- 12 07/2020
ping, werden mir wohl ewig in Erinnerung bleiben. Die schönste und längste davon - nach Irland - hatte leider eben ein sehr trauri- ges Ende: Dort, in Irland, haben wir nämlich vom plötzlichen Ableben unserer geliebten Großmutti erfahren und mussten dann auch sehr schnell - »überhapps« - aufbrechen, um noch rechtzeitig zum Begräbnis zurück zu sein. Das ist halt die Kehrseite der »schönen Kindheit«, dass die Verluste von geliebten Menschen umso schmerzlicher sind. Doch da- von abgesehen danke ich meinen Eltern und Großeltern sehr, dass sie uns eine so schöne, glückliche, weithin unbeschwerte Kindheit er- möglicht haben. Johannes Ich verbrachte viel Zeit mit meinem geliebten Großvater Ich wurde im August 1973 als Sohn eines Un- ternehmerpaares geboren. Von Anfang an hatte ich eigentlich eine recht schöne Kind- heit. Neben dem Sägewerk und Holzhandel betrieben meine Eltern auch noch eine kleine Landwirtschaft mit zwei Schweinen, zwei Ziegen, einigen Hühnern und Katzen. Auch ein Gasthaus hatten sie, welches jedoch An- fang der 70er-Jahre geschlossen wurde. Sie die jedoch meist im Kochtopf landeten, nach- ner war, erzählte mir Oma selbsterfundene wollten nur noch das Sägewerk betreiben, da dem Vater sie geschlachtet hatte. Wir waren Märchen – ich habe wohl von ihr die Gabe zu alles andere nicht rentabel war. Ich verbrachte großteils Selbstversorger und mussten nur das Schreiben geerbt. Leider weiß ich den Inhalt sehr viel Zeit mit meinem Großvater, der mir Notwendigste zukaufen: etwa Gewürze und nicht mehr. Das tut mir Leid. Letztlich bleibt bald mehr bedeutete als mein Vater. Als ich Kaffee. Wir hatten sogar Milchkundschaften, zu sagen, dass Oma und Tante Ella alles taten, etwas älter war, hieß es jeden Tag von früh bis die jeden Tag ihre Milch holten. Zudem hatten um mich glücklich zu machen. Ich genoss die spät im Betrieb: »Fest anpacken«, was mir wir jede Menge Fleisch von den geschlachte- Zeit bei Ihnen und weinte viel, als sie im ho- nicht gefiel. Viel lieber ging ich zum Nach- ten Schweinen. Es wurde separat eingesurt hen Alter verstarben. Auf ein Wiedersehen im barn, um Kühe zu hüten, denn es war nicht so und dann im eigenen Selchkammerl neben Jenseits! Ursula anstrengend und machte mir einen Riesen- dem Kamin geräuchert. Dafür holten Mutter, spaß. Doch als ich dann in die Pubertät kam, Vater und ich eigenes Eschen- und Buchen- fingen die Probleme an. Ich begann Geld aus holz vom Wald. Zudem hatte Mutter noch ei- Danach musste man das der Kassa meiner Eltern zu stehlen, zu rau- nen großen Gemüsegarten. Das Wintergemüse angehende Heu »schöberln« chen und zu trinken, wodurch das Verhältnis wurde im Herbst im Erdkeller in Sand einge- zu meinen Eltern sehr schlecht wurde. Schläge legt, sodass es bis zum Frühjahr einwandfrei Drei Kühe, an die 30 Hühner, so an die zehn standen an der Tagesordnung, was natürlich hielt. Mit 60 Jahren ist meine Mutter in Pen- Hasen, eine Geiß und so zehn Schweine. Eine nichts half, sodass ich schließlich mit 16 Jah- sion gegangen. Wir haben dann mit der übli- Bienenhütte mit einigen Bienenstöcken war ren das erste Mal vom Gericht verurteilt chen Landwirtschaft aufgehört. 1998 ist mein auch da. Das waren unsere Nachbarn am Land wurde. Trotz einer nicht so einfachen Kindheit Vater verstorben. August im Salzburgerischen Flachgau. Dann gab es hat es für mich doch auch immer wieder noch zwei größere Bauern, die an die 25 bis schöne Momente gegeben. Leo 30 Kühe hatten. Wir Kinder kannten uns alle Oma erzählte mir damals immer von Geburt an. Noch dazu waren die meisten Schweine, etliche Hühner, Katzen selbsterfundene Märchen von uns nur einige Jahre auseinander. In den 1960er Jahren - ich war noch in der Volks- und einen weißen Spitz Als meine Omi noch lebte, verbrachte ich schule und dann in der Hauptschule - war ich viele Wochenenden bei ihr und meiner Tante mehr bei meinem Nachbarn und den gleichalt- Ich hatte eine wohlbehütete Kindheit. Es war Ella in St. Valentin. Beide waren herzensgute rigen Kindern als zu Hause. Ich habe dann sehr idyllisch. Meine Eltern betrieben eine Menschen, bei denen ich gut aufgehoben war. auch schon vor der Schule beim »Eingrasen« kleine Nebenerwerbs-Landwirtschaft. Wir Wenn ich kam, stand bereits ein Becher Eis - so sagte man, wenn man Gras für die Kühe hatten vier Kühe, ein Pferd, welches später für mich am Tisch. »Ja, wer kommt denn da? einbringen musste - geholfen. Und natürlich von einem Traktor ersetzt wurde, zwei Unsere Ursi«, war die Begrüßung. Manchmal war ich auch dabei, wenn es um das Heuen Schweine, etliche Hühner, einige Katzen und durfte eine Freundin mit nach St. Valentin. Im ging. Einige Tage hindurch das Heu auf der einen weißen Spitz-Hund. Im Volkschulalter Sommer verbrachten wir viel Zeit im Freibad Wiese mit der Gabel oder mit dem Rechen habe ich einige Zeit ein paar Hasen gehalten, und hatten viel Spaß dabei. Als ich noch klei- immer wieder wenden. Hat es nach schlech- 07/2020 13
Zuseher ihre Geschirr-Berge abwaschen. Mein Vater war Fotograf. Auf einfachste Art machte er hauptsächlich Passbilder. Er foto- grafierte auch Bauernhochzeiten. Der Lohn waren Naturalien. Meine Mutter sagte immer, dass sie trotz aller Entbehrungen eine schöne Zeit hatten, da so ein großer Zusammenhalt unter den Menschen war. 1962 übersiedelten wir nach Gmunden, wo mein Vater ein Foto- Geschäft übernehmen konnte. Vom absoluten Flachland in die herrliche Bergwelt des Salz- kammerguts. Christine Das Heu musste vor dem Gewitter in die Scheune gebracht werden Ich bin zwar in der Stadt geboren, habe aber die meiste Zeit am Land bei meiner Patentante verbringen dürfen. Es war immer sehr schön mit den Tieren. Auch durfte ich mithelfen beim Stall-Ausmisten und beim Kühe- und Schweine-Füttern. Auf dem Feld pflanzten wir viel Gemüse an. Am meisten freute es mich, wenn ich auf dem Traktor mitfahren durfte. Gerne wäre ich auch selber gefahren, doch dafür war ich viel zu jung. Auch Äpfel tem Wetter ausgeschaut musste man das ange- so einem Tag saßen wir dann immer alle beim und Birnen haben wir vom Baum herunterge- hende Heu schöberln: auf kleine Haufen zu- Essen und Trinken beieinander und hatten un- holt. Aus denen haben wir dann eigenen Most sammenrechen. Auch wurden so alle zehn sere Gaudi. Manfred S. und Schnaps gemacht. Bei meiner Tante hatte Meter Stempen der Reihe nach in die Wiese ich ein Zimmer für mich alleine. Das genoss geschlagen, Drähte gespannt und das Gras mit Vom Flachland in die Bergwelt ich sehr. Es war im obersten Stock. Da musste den Händen darauf aufgehängt. Dann gab es ich immer über eine abenteurliche Stiege hin- noch die Heumandln. Das waren auch Stem- Ich wurde 1950 in einem Dorf in Schleswig- aufklettern, die einer Hühnerleiter ähnlich pen, aber die waren von oben nach unten mit Holstein mit Namen Lockstedter Lager gebo- war. So musste ich beim Schlafen-Gehen auf- mehreren Querhölzern versehen. Auch daran ren. Es war im Krieg ein Munitionslager und passen, dass ich nicht hinunterfalle. An den wurde das Gras händisch aufgehängt. War es dann siedelten sich die Flüchtlinge aus dem Wochenden kamen immer Gäste, die Karten dann so weit, rechte man das Heu auf der Osten an – unter anderem mein Vater aus spielten und unsere köstliche Speckjause mit Wiese zu sogenannten »Mahden« (Reihen) Leipzig in der damaligen DDR. Meine Mutter Most konsumierten. Es war sehr lustig und zusammen. Der Heuwagen mit den zwei Rös- kam aus Österreich. Wir Kinder, zwei Ge- schön, doch auch anstrengend. Das Heu sern vom Nachbarbauern stand bereit. Meis- schwister und ich, hatten eine herrliche Zeit musste rechtzeitig vor dem Gewitter in die tens haben dann zwei Personen mit extra brei- dort in diesem Dorf. Nichtsahnend von all Scheune gebracht werden. Das war dann im- ten, großen Gabeln die Mahd zusammen ge- dem Schrecken und Leid, das hinter diesen mer ein wenig hektisch. Auch andere Arbeiten schoben, hineingestochen und über Kopf die Bewohnern lag. Uns fehlte es an nichts. Wir waren zum Teil sehr anstrengend. Trotzdem vollen Gabeln zum Heuwagen getragen. Oft streiften durch die Birkenwälder und das Hei- hat mir das Leben am Bauernhof und am Land war diese so voller Heu, dass man die Person deland und unser größtes Vergnügen war das immer gefallen. Ich bin froh, dass ich so darunter fast nicht mehr gesehen hat. Ich Seilspringen. Wir befestigten ein Seil über der schöne Momente erleben durfte. Das Leben durfte dann auch schon oben auf dem Heuwa- Straße und konnten so mit den Nachbarskin- danach war dann ohnehin eine ziemliche Her- gen fasten - das Heu noch etwas zurechtrü- dern stundenlang Seilspringen, da kaum ein ausforderung. Anna Maria cken und etwas festtreten. So wurde der Heu- Auto vorüberfuhr. Als ich in die Volksschule wagen Lage für Lage beladen. War der Wagen kam, gab es noch Tafel, Kreide und Schwamm. beladen, wurde der »Wistbaum« (ein langes Die Schule machte mir Spaß, ich ging gerne Nach getaner Arbeit wurde Rundholz) längs obenauf über das Heu gelegt. hin. Unser Vater hatte als einer der Ersten eine auf dem alten Herd gekocht Eine Kette, die an der Wagenvorderseite links Badewanne besorgt. Freunde kamen mit und rechts am Leiterbaum befestigt war, Handtuch und Seife, um sich dieses Vergnü- Wenn ich so an meine Kindheit zurückdenke, wurde verschränkt in eine Kerbe am Wist- gen bei uns zu gönnen. Wir hatten auch die habe ich immer ein lachendes und ein weinen- baum eingehängt. Am Wagenende wurde dann Möglichkeit, ab und zu fernzusehen. Wir wa- des Auge. Ich hatte im Grunde genommen ein Seil über den Wistbaum gezogen und mit ren zu Gast bei unserer Nachbarin, Frau eine schöne Kindheit. Wir waren zwar nicht den »Well-Löffeln« auf das »Well-Holz« auf- Schilke aus Ostpreußen. Dort durften wir besonders reich, der Vater war meist nur an gewickelt. So wurde die Ladung niederge- schauen. Es waren viele Leute versammelt. den Wochenenden zu Hause. Doch das war spannt und los ging´s mit: »Hü, Hot«, Mein erster Film war: »Soweit die Füße tra- schon so, solange ich denken kann. In den »Wistaha und Brrrr«. Nach getaner Arbeit an gen« – ein Kriegsfilm. Danach durften die Ferien war ich die meiste Zeit bei meinen 14 07/2020
Großeltern. Ich genoss diese Zeit auf dem Land. Man musste nicht befürchten, dass man vor ein Auto läuft, denn in diesem Dorf hörte man jedes Fahrzeug schon von Weitem kom- men. Ich wuchs mit Tieren auf und war mit ihnen sehr verbunden. Hier lernte ich die Na- tur lieben und auch schätzen. Im Waldviertel pflegte man - damals wie heute - noch einen achtsamen Umgang mit unserer Natur. Als ich zehn Jahre alt wurde, durfte ich das Traktor- fahren erlernen. Schließlich musste jeder bei der Ernte seinen Beitrag leisten. Wenn ich an all dies denke, erinnere ich mich auch immer an das gute Essen. Fleischspeisen gab es nur ganz selten. Doch selbst angebautes Gemüse kam so gut wie immer auf den Teller. Beim Gedanken an den Schweinsbraten von der Oma mit Kartoffelknödeln und Kraut läuft mir heute noch das Wasser im Mund zusammen. Das Fleisch kam vom hauseigenen Schwein, die Kartoffeln und das Kraut vom Feld. Ge- kocht wurde auf dem alten Tischherd. Im Waldviertel konnte ich mich erholen. Sonja Wir hatten nicht nur Kühe auf der Alm, sondern auch noch 20 Ziegen triebs kam. Das war immer besonders aufre- mich heute noch, wie ich damals in einer Le- Als Kind war ich am liebsten auf der Alm. gend, weil das ganze Dorf mitfeierte. Wir ha- derhose einen Sommer lang den »Ziegen-Pe- Dort war der Tages-Ablauf fast immer der- ben alles zusammengepackt, die Kühe ge- ter« gegeben habe. Wie in einem Theater- selbe. Nur an den Wochenenden, wenn das schmückt, und so ging es nach Hause. Der stück. Wir bekamen für unsere Dienste hin Wetter mitspielte, kamen Wanderer vorbei. Weg dauerte circa drei Stunden. Sobald wir im und wieder ein kleines Handgeld, zwischen Dann wurde die Alm zur Jausenstation. Neben Dorf ankamen, übergab der Chef meinem Va- ein und fünf Schilling. Mein Bauer war für der Milch-Produktion wurden auch andere ter mein verdientes Geld. Ich war sehr stolz seine Knausrigkeit bekannt, weshalb ihn die Produkte verkauft wie etwa Almkäse und But- darauf, denn ich dachte schon an die schönen anderen Buben für mich übriggelassen hatten. ter, welche die Leute sehr mochten und auch Sachen, die ich mir kaufen konnte. Nach Er- Nun, ich war der Neue im Dorf und konnte mit nach Hause nahmen. Die restlichen Tage halt des ersten Lohnes kaufte ich mir ein Paar von daher nicht gerade wählerisch sein. Das verbrachte ich auf der Wiese bei den Kühen, Schuhe. Es waren wunderschöne Turnschuhe. Ganze war keine große Herausforderung. Der um aufzupassen, dass keine verloren ging In den nächsten Jahren ging ich freiwillig auf Leithammel, der ja ein Ziegenbock war, oder irgendwo abstürzte, denn es war dann ein die Alm, weil es so schön war. Ivan (Wels) kannte den Weg. Bis er eines Tages extrem großer Verlust für den Bauern. So teilten wir ausscherte. Für diesen Fall wusste ich, dass uns auch die Überwachung der Tiere. An son- ich ihn bei den Hörnern packen musste, um nigen Tagen war es kein Problem, aber sobald Ischgl war nicht immer ihn wieder auf den Weg zu bringen. Nur an es regnete, war es nicht mehr so angenehm. eine Bettenhochburg diesem Tag hatte ich keinen Auftrag. Das Tier Auch die Tiere gingen nicht aus dem Stall. war stark und drängte mich nach links hinab, Wir hatten nicht nur Kühe auf der Alm, son- Zwischen meinem vierten und achten Lebens- bis zu einem Graben neben einer kleinen dern auch noch zahlreiche Ziegen, die das jahr bin ich in Ischgl in Tirol aufgewachsen. Straße. Plötzlich sah ich den Grund für sein Gras und das Unkraut fraßen. Deshalb war es Damals war Ischgl noch keine Bettenhoch- Verhalten vor mir neben dem Graben liegen: um die Hütte herum immer sauber. Alle zwei burg, sondern ein verschlafenes Bergdorf mit eine riesige Tafel Schokolade. Ich glaube, ich Wochen fuhren wir ins Tal runter, um Pro- maßvollem Wintertourismus. Die Sommer habe bis dahin gar nicht gewusst, dass es so dukte zu verkaufen. Wir kauften auch Sachen, waren kurz, die Winter lang. Irgendwann - es große Tafeln Schokolade überhaupt gibt: ein- die wir brauchten, um uns zu ernähren. Ich muss so Ende Mai, Anfang Juni gewesen sein mal abgesehen von Kochschokolade. Nach- fuhr nicht immer mit, aber wenn es ging, - nahmen mich meine Spielgefährten mit zur dem ich das gute Stück an mich genommen nutzte ich auch die Reise, um meine Eltern zu großen Dorfwiese. Da war eine stattliche Zie- hatte, machte der Bock keine Anstalten mehr, besuchen. Sie waren immer froh, mich wieder genherde versammelt. Sämtliche Ziegen von an die Schokolade heranzukommen. So kam einmal sehen zu können. Damals hatte man all den Bauern im Dorf wurden tagsüber den ich damals zu einer angemessenen Beloh- noch kein Handy. Man konnte nicht kurz anru- ganzen Sommer lang von einem Hirten auf die nung. Woher der Ziegenbock wusste, wie fen oder ein Foto schicken. So waren die Tref- Zwischenalm getrieben und am Abend wieder Schokolade riecht oder schmeckt, kann ich fen an den Wochenenden immer besonders zurück gebracht. Nun bekam ich einen Zie- nur raten. Vielleicht hat ihm einmal ein Tou- schön. Ich war auch stolz, weil ich ihnen genbock zugeteilt, den ich vorantreiben sollte, rist ein Stück aus der Hand zum Fressen gege- zeigte, was ich da alles gelernt hatte. So ver- sodass all die Geißen ihm bis zum Stall des ben. Wer weiß? Heiku, Fotos Seite 12, 13 und gingen die Wochen, bis der Tag des Alm-Ab- Bauern, dem sie gehörten, folgten. Ich sehe 15: hz, Seite 14: de 07/2020 15
Sozialhilfe wird um Wohnbeihilfe gekürzt Bis zu 350 Euro weniger Unterstützung im Monat für Menschen, die in Armut leben so schon nicht mehr aus. Durch die neue Situ- ation in der Corona-Krise brauchte die schul- pflichtige Tochter einen Computer, um am Unterrricht von zu Hause aus teilnehmen zu können. Sozialarbeiterin Helga Fürlinger- Nagl der Koordinationsstelle für Delogie- rungsprävention musste private Spender fin- den, um diese notwendige Ausgabe zu finan- zieren, damit die Teilnahme am Unterricht si- chergestellt werden konnte. Die Caritas war auch bereit, der Familie eine einmalige Unter- stützung von 300 Euro zu überweisen. Die Landesstelle zur »Hilfe in besonderen Le- benslagen« lehnte daraufhin eine Unterstü- tung ab, weil ja die Caritas schon half. Fakt ist, dass die im Bescheid der Bezirkshaupt- mannschaft Perg zugesagte »Sozialhilfe zur Unterstützung des Lebensbedarfes sowie zur Befriedigung des Wohnbedarfes« genau diese Bedürfnisse für die Alleinerziehende und ihre Tochter nicht wirklich erfüllt. Die Sozialarbei- terin berichtet, dass der seit Jänner praktizierte Abzug der Wohnbeihilfe bei der Sozialhilfe Bei der neuen Sozialhilfe wird seit Jänner - Mutter fühlt sich in schwieriger die Arbeit der Koordinationsstellen zur Delo- im Gegensatz zur früheren Regelung - die gierungsprävention massiv erschwert. Nach- Wohnbeihilfe von der zustehenden Geld- Lebenssituation im Stich gelassen dem Delogierungsverfahren in den letzten leistung in OÖ zur Gänze abgezogen. »Da- Monaten von den Gerichten ausgesetzt waren durch können Anspruchsberechtigte - Frau H. (51) wird von der Koordinationstelle und auch die neuen Sozialhilfebescheide erst durchwegs Menschen mit einem Einkom- für Delogierungsprävention des Vereins »Arge nach und nach ausgestellt werden, wird die men unter der Armutsgrenze - bis zu 350 für Obdachlose« beim drohenden Wohnungs- Sicherung des Wohnraumes für Personen, die Euro im Monat weniger Sozialhilfe erhal- verlust unterstützt. Sie lebt mit ihrer 15-jähri- auf die Untersützung durch die Sozialhilfe ten. Besonders stark trifft es Familien we- gen Tochter unter Sozialhilfe-Bedingungen angewiesen sind, massiv erschwert. hz gen der höheren Wohnkosten und des da- im Bezirk Perg. Arbeiten kann sie wegen durch höheren Anspruchs und Bedarfs an Krebsdiagnose, Chemotherapie und psychi- Wohnbeihilfe«, kritisiert der »Verein Arge schen Problemen nicht mehr. Blieb vorher nur Frauen müssen oft die Hälfte des für Obdachlose«. Das Sozialhilfe-Ausfüh- wenig zum Leben, so hat sich die Situation in Einkommens fürs Wohnen zahlen rungsgesetz wurde letzten Oktober trotz den letzten Monaten massiv verschlechtert. Bedenken bezüglich der Verfassungskon- 210 Euro bekommt sie im Monat weniger, da Frau A. (28) wurde nach einer Trennung woh- formität, noch schnell im Landtag beschlos- die Wohnbeihilfe seit Jänner von der Sozial- nungslos und kam notdürftig in einer Wohn- sen. Teile des Gesetzes wurden - hinsicht- hilfe abgezogen wird. Dazu kommt nun auch, gemeinschaft unter. Traumatische Kindheits- lich der Unterstützungsleistungen für Kin- dass der Ex-Ehemann seine Unterhaltszahlun- erlebnisse und die Trennung stürzten sie in der und erforderlicher Sprachkenntnisse - gen um 200 Euro verringert hat, da er in Coro- eine tiefe Lebenskrise. Es war zu befürchten, vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben nazeiten auf Kurzarbeit gesetzt wurde. Letzt- dass sie jeglichen Halt verliert. Das Gewalt- und am 30. Jänner dieses Jahres im Land- endlich beläuft sich die monatliche Sozialhil- schutzzentrum vermittelte sie an die Frauen- tag korrigiert. Die »Arge für Obdachlose« feleistung für Mutter und Tochter auf 817 beratung »Arge Sie«. Dort konnte sie bald in fordert nun, dass neue sozialgesetzliche Re- Euro. Alleine die Wohnkosten inklusive Strom eine Übergangswohnung einziehen. Frau A. gelungen hinsichtlich ihrer Sozialverträg- und Heizung betragen aber schon 730 Euro. hat keine abgeschlossene Ausbildung und ar- lichkeit immer in der Praxis überprüft und Mit dem verbleibenden Alimentenzahlungen beitete seit Jahren im Gastgewerbe, oft auch korrigiert werden sollen. von etwas über 200 Euro geht sich das Leben in prekären Arbeitsverhältnissen. Aufgrund 16 07/2020
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