Verbalakrobatik taugt nicht für Wertschätzung und Schutz - Gewerkschaft der Polizei
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Hessen Verbalakrobatik taugt nicht für Wertschätzung und Schutz A nstatt gute Aufklärungsquoten in den Vordergrund zu stellen, muss man end- lich die Zeichen der Zeit erkennen und „po- lizeiliche Erkenntnisse und Wahrnehmun- gen“ berücksichtigen. Wer die Plenardebat- te Ende Februar in Wiesbaden verfolgt hat, dem ist der Entschließungsantrag der Regie- rungsfraktionen sicherlich nicht entgangen. Überschrift der Drucksache 20/7913 – „Die Straftaten in Hessen gehen weiter zurück, die Aufklärungsquote ist so hoch wie nie – Hessen ist eines der sichersten Länder.“ Zugegeben: Wir als Polizeibeschäftigte hätten uns gewünscht, wenn unser Innen- minister Beuth mehr die Realität des Poli- Foto: RTL Hessen zeialltages in den Vordergrund gestellt hät- te. Bei knapp 5.000 Angriffen auf hess. Po- lizeibeschäftigte in 2021 braucht es endlich wirksame Mittel, die es uns ermöglichen, entsprechend gegen Übergriffe und Bedro- Ihr seid es, liebe Kolleginnen und Kol- Begleitumstände lassen uns erschaudern, hungen vorgehen zu können bzw. diese zu legen, die in der Mehrheit eine Rückende- auch heute noch. Zwei junge Menschen und verhindern! Hinzu kommt der Hass aus dem ckung durch die Politik vermissen. Seit Jah- Kollegen haben ihr Leben gelassen. Für das, Netz, das hinterlässt Spuren! Was unser Be- ren nehmen wir die gleichen „Versprechen“ was unser Land ausmacht. Recht und Frei- rufsstand nach den Polizistenmorden an aus der Politik wahr, geschehen ist bisher heit zu verteidigen, auch in dieser Nacht war Anfeindungen in den sozialen Netzwerken jedoch nichts! Keine noch so gute Ausstat- dies Antrieb für die beiden Getöteten. Ihnen ertragen musste, ist nicht nur menschen- tung, Statistiken oder schärferen Strafan- wurde auf brutalste Art ihr Einstehen dafür verachtend, sondern rückt Teile der Gesell- drohungen schützen uns vor Respektlosig- geraubt. Es geht auch weit über unsere Vor- schaft in ein bedenkliches Licht! Ermitt- keit und Gewalt. Das ist nicht mehr hin- stellungskraft hinaus, was die Angehörigen lungsgruppen oder Besondere Aufbauorga- nehmbar! Der Staat muss handeln, denn wir und Familien durchleben müssen. Und wir nisationen „Hate Speech“ reichen nicht aus! müssen es aushalten. denken auch an die in dieser Nacht einge- Die Justiz muss endlich bestehende Straf- setzten Kolleginnen und Kollegen, in Kusel, rahmen ausschöpfen, wenn Gewalttäter vor in Rheinland-Pfalz und in Deutschland. Die Gericht stehen, konsequent und schnell. Wo „Kommt schnell – die schießen“ Bilder, die sie am Tatort sehen mussten, wer- bleibt gerade in diesem Antrag die politische – Gedenken an unsere getöteten den sich für immer in ihre Köpfe einbren- Rückendeckung? Fehlanzeige, nicht ein ein- Kollegen in Kusel nen. Unvorstellbar. Wir sind davon über- ziges Wort! zeugt, dass es lange dauern wird, bis die Eine Landesregierung, die ihr eigenes Dieser Funkspruch hat sich seit dem 31. Ja- Angehörigen, Familien und alle Kollegin- Handeln im Landtag lobt (welches eigent- nuar 2022 in unsere Köpfe eingebrannt. Wir nen und Kollegen in Rheinland-Pfalz und lich?), spiegelt das jedenfalls nicht wider. konnten in der zurückliegenden Märzausga- auch bundesweit dieses Verbrechen verar- Wir, die arbeitstäglich massiver Gewalt, be leider nicht mehr auf die Morde an unse- beitet haben. Wenn dies überhaupt gelin- schlimmsten Anfeindungen und Bedrohun- rer Kollegin Yasmin und unserem Kollegen gen kann. Bis dahin bleibt es unsere Pflicht, gen ausgesetzt sind, erwarten mehr als die- Andreas eingehen. se verbale Akrobatik der Regierungsfrakti- Gesendet wurde er als verzweifelter Hil- onen. Was wir brauchen, ist ein klares Be- feruf durch unsere in dieser Nacht brutal er- kenntnis zur Polizei und Vertrauen in die mordete Kollegin und den Kollegen. Es geht Polizei. Dazu gehört, die Fragen der inne- weit über unsere Vorstellungskraft hinaus, ren Sicherheit nicht ideologisch, sondern was an diesem frühen Morgen des 31. Januar nach fachlichen Gesichtspunkten zu beur- in unserem Nachbarland geschehen ist. Die „Jens Mohrherr bei RTL teilen und zu entscheiden. Art und Weise, die Beweggründe und alle Hessen zu NSU 2.0“
2 Hessen | Deutsche Polizei 04/2022 DP der Pandemie verlängert wurde. Was war gut, was war schlecht, was kann man bes- ser machen? Zum einen hindern uns die noch immer bestehenden Restriktionen da- ran, Personalversammlungen inmitten der Beschäftigten durchzuführen. Es fehlt also die Möglichkeit, auf die geleistete Arbeit der Personalräte vor Ort zu blicken und mit Kol- leginnen und Kollegen direkt in den Dialog zu treten. Noch immer bestimmen staatsanwalt- schaftliche Verfahren und sich anschlie- ßende Disziplinarverfahren bei Betroffenen Foto: GdP Hessen die arbeitstägliche Realität. Hier ist es gut, wenn Personalräte vor Ort agieren, die tief in der Materie verhaftet sind und darüber hin- Rückblick zum Landesdelegiertentag 2018 aus innerhalb der Behörden Zugang zu den Entscheidungsverantwortlichen auf allen Yasmin und Alexander – und alle anderen ner Generalprävention führen. Geschieht Ebenen haben. Eine enge Begleitung der Be- im Dienst getöteten Polizeibeschäftigten – dies nicht, sind die Wiederholungstäter ga- troffenen ist selbstredend erste Pflicht. Da- nicht zu vergessen. rantiert. her nutzen wir an dieser Stelle ausdrücklich Was aber überhaupt nicht zu ertragen Respekt, Anerkennung und Wertschät- die Gelegenheit, uns bei den GdP-Personal- war und noch immer nicht ist, sind die vie- zung gegenüber den Polizeibeschäftigten ratsvertreterinnen und -vertretern zu bedan- len Hasskommentare, die durch eine eigens darf nicht immer nur dann die Schlagzei- ken. Ihr habt in besonderem Maß mit dazu eingerichtete BAO in RP festgestellt und er- len beherrschen, wenn das „Schlimmste“ beigetragen, dass sich unsere Beschäftig- mittelt wurden. Viele junge angehende Stu- geschehen ist! Nach Zahlen der Deutschen ten aufgehoben und angehört fühlen. Ver- dierende bei der Polizei fragen sich, ob sie Hochschule der Polizei (DHPol) in Müns- einzelte Kritik an schwer erreichbaren und den richtigen Beruf ergriffen haben. Wenn ter sind von 1945 bis zum Jahr 2020 insge- sprachlosen Personalräten haben wir aufge- Menschenleben nichts mehr wert sind, samt 402 Polizeibeamtinnen und -beamte nommen. wenn Tote massiv verunglimpft werden, (Schutz- und Kriminalpolizei) in Ausübung darf die Gesellschaft nicht tatenlos zuse- oder aus Veranlassung des Dienstes durch hen. Zwar geben sich Politiker in verschie- Rechtsbrecher tödlich verletzt worden. Zah- Authentisch – Ehrlich – denen Talkshow-Formaten die Türklinken in len für die neuen Bundesländer wurden da- Schlagkräftig die Hände, die zwar in Nebensätzen die Po- bei ab 1991 erfasst. lizeibeschäftigten und die ihnen entgegen- Unter diesem Motto findet in wenigen Tagen schlagende Gewalt streifen. Aber: Ein erns- nach Erscheinen dieser Ausgabe im mittel- ter Wille, einen Auftrag abzuleiten, ist für Halbzeit in den Personalräten hessischen Marburg der Landesdelegierten- uns nicht zu erkennen. und im Hauptpersonalrat der tag der GdP Hessen statt. Hoffentlich – aber Statt weitere Strafverschärfungen öffent- hessischen Polizei höchstwahrscheinlich – in Präsenz! 150 An- lich einzufordern, sollten endlich die beste- träge werden neben den Neuwahlen des ge- henden Rechtsrahmen von der Justiz bei Kaum zu glauben, aber es stimmt. Nach schäftsführenden Landesbezirksvorstandes Angriffen auf Polizeibeschäftigte voll aus- den Personalratswahlen im Mai 2021 haben verantwortet. Gemeinsam werden wir auch geschöpft werden. wir in einem Monat schon Halbzeit, was die in Zukunft eure Interessen, liebe Kollegin- Uns fehlen die Entscheidungen der Ge- Wahlperiode anbelangt. Denn die verkürz- nen und Kollegen, weiter nach vorne brin- richte und Staatsanwaltschaften, dass Stra- te Wahlperiode ist der Tatsache geschul- gen! fen ausgesprochen werden, die auch zu ei- det, dass die vorherige um ein Jahr wegen Jens Mohrherr, Landesvorsitzender DP – Deutsche Polizei Geschäftsstelle Redaktion Wilhelmstraße 60 a, 65183 Wiesbaden Markus Hüschenbett (V.i.S.d.P.) Hessen Telefon (0611) 99227-0 c/o Gewerkschaft der Polizei Telefax (0611) 99227-27 Landesbezirk Hessen Adress- und Mitgliederverwaltung: Wilhelmstraße 60 a, 65183 Wiesbaden Zuständig sind die jeweiligen Geschäftsstellen der Landesbezirke ISSN 0170-6446
DP Deutsche Polizei 04/2022 | Hessen 3 16. Bundesjugendkonferenz: Anna-Maria Raschke als stellv. Bundesjugendvorsitzende bestätigt B ereits zum zweiten Mal wurde Anna- Maria Raschke zur stellv. Bundesjugend- vorsitzenden anlässlich der digitalen Kon- setzt werden. Grund dafür sei die vielerorts fehlende Technik. „Vor allem mobile End- geräte sind Mangelware in den Dienstzim- ferenz am 25. Januar 2022 gewählt. Wir gra- mern, den Streifenwagen und im Homeof- tulieren herzlich und freuen uns! Auch die fice der Kolleginnen und Kollegen“, stellte neue Bundesjungendvorsitzende kommt aus die Gewerkschafterin fest. Dieses Thema be- unmittelbarer Nachbarschaft (RP): Jennifer schäftigt auch aktuell den Hauptpersonal- Otto heißt sie! Durch Anna-Marias Engage- rat der hessischen Polizei. Mobiles Arbeiten ment erhoffen wir uns auch weitere Impulse soll Kernbaustein einer familiengerechten in der Junge-Gruppe-Arbeit in Hessen. Stich- Arbeitszeitpolitik, auch bei der hessischen wort: Leitantrag! Darin fordern die jungen Polizei, werden. Die über 100 Delegierten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter der diesjährigen BJK stimmen über knapp 70 eine Digitaloffensive für die Polizei. „Die Anträge ab. Neben dem Thema Digitalisie- deutsche Polizei braucht dringend ein Up- rung von Polizei und Gesellschaft beschäf- date“, betonte die GdP-Bundesjugendvor- tigen sich die jungen Gewerkschafterinnen sitzende Jennifer Otto am Dienstag in Ber- und Gewerkschafter mit Themen wie bun- Foto: Junge Gruppe Hessen lin. Die Digitalisierung der Behörde befinde desweiten Besoldungsunterschieden, der sich vielerorts noch immer in den Kinder- Cannabisprävention, dem Umgang mit Dis- schuhen, heißt es in dem fünfseitigen Doku- kriminierungen in der Polizei und der poli- ment. So könne beispielsweise ein papierlo- tischen Bildung für Polizistinnen und Poli- ses und zudem mobiles Büro oft nicht umge- zisten. Jens Mohrherr Anna-Maria Raschke Der hessische Erlass zum Verbot des Zeigens von Reichskriegsflaggen in der Öffentlichkeit – eine nähere Betrachtung Von Heinrich Bernhardt Wirkung“ solcher Symbole Einhalt gebieten. von Reichs- und Reichskriegsflaggen geei- Polizeipräsident a. D. Reichs- und Reichskriegsflaggen seien in der nigt hatte.1 Leider – so muss man feststellen – Vergangenheit immer wieder von Reichsbür- geht aus der Presseberichterstattung nicht die gern oder Rechtsextremisten verwendet wor- Rechtsgrundlage hervor, auf die sich derarti- den, um ihre Nähe zum Nationalsozialismus ge Verbote und die daraus folgenden Bußgeld- 1. Der Erlass und seine zu suggerieren. „Mit dem Erlass setzt Hessen sanktionen stützen. Darauf hätten die Bürge- Zielsetzung ein klares Zeichen für ein geordnetes staats- rinnen und Bürger schon einen Anspruch ge- bürgerliches und menschliches Zusammen- habt; siehe dazu auch Kapitel 3. Folgt man den jüngsten Veröffentlichungen leben und geht konsequent gegen diejeni- der Medien, so hat das Hessische Innenmi- gen vor, die die freiheitliche-demokratische nisterium per Erlass die Versammlungs- und Grundordnung ablehnen“ – so der Innenmi- 1 Vgl. Offenbach Post (OP) vom 25.1.2022: Provoka- Ordnungsbehörden sowie die Polizeien ange- nister. Und er führte weiter aus: „Es ist nicht tives Zeigen der Reichsflagge: Drohende Sankti- wiesen, zukünftig unnachsichtig gegen das hinnehmbar, dass mit diesen Flaggen auf ei- onen; www.op-online.de/hessen/provokatives- Zeigen der schwarz-weiß-roten Reichs- und ner Versammlung an NS-Fahnenaufmärsche zeigen-der-reichsflagge-drohende-sanktionen- zr-91258437.html, ferner: FAZ vom 25.1.2022 in: Reichskriegsflaggen aus der Kaiser- und NS- erinnert und damit ein Klima von Hass und Bei provokativem Zeigen der Reichsflagge dro- Zeit in der Öffentlichkeit vorzugehen. Bei Ver- Gewalt erzeugt werde.“ Mit seiner Initiative hen künftig Sanktionen; www.faz.net/aktuell/ stößen drohe den Anwendern die Verhängung folgt er dem Beschluss der Innenministerkon- rhein-main/kuenftig-sanktionen-bei-provoka eines Bußgeldes bis zu 1.000 Euro. Damit will ferenz, die sich auf ein bundeseinheitliches tivem-zeigen-der-reichsflagge-17750044.html das Land vor allem der „einschüchternden Vorgehen gegen die provokative Verwendung (beide Beiträge aufgerufen am 7.2.2022).
4 Hessen | Deutsche Polizei 04/2022 DP Koblenz in einer Bußgeldsache zu § 118 OWiG. 2. Die Rechtslagegrundlage Zwar könne das Hissen einer Reichskriegsflag- des Verbotes und ein ge auf dem eigenen Grundstück den objekti- kurzer Ausflug in die ven Tatbestand erfüllen. Eine grob ungehö- Rechtsprechung rige Handlung gehe davon jedoch nur aus, wenn es dabei zu einer Belästigung oder Ge- Wohlgemerkt, wer Flaggen und Symbole fährdung komme, die die öffentliche Ordnung verbreitet oder veröffentlicht, die insbeson- störe. Diese könne nur angenommen werden, dere Abzeichen, Uniformstücke oder Paro- wenn das „Zeigen der Flagge im inneren und len und Grußformen des Nationalsozia- äußeren Zusammenhang mit dem Skandieren lismus enthalten, macht sich bereits nach nationalsozialistischer Parolen …“ stehe. Da § 86 a StGB strafbar. Der hessische Verbots- die vorinstanzlichen Feststellungen insoweit erlass mit der darin angedrohten Sanktion lückenhaft waren, verwies es das Verfahren betrifft nicht diesen Tatbestand. Er richtet zur erneuten Entscheidung zurück an das zu- Foto: Heinrich Bernhardt sich gegen Reichs- und Reichskriegsflaggen ständige Amtsgericht.8 In diesem Zusammen- ohne solche Symbole und erklärt deren Zei- hang erscheint es angeraten, sich ebenfalls die gen bzw. Hissen zur Ordnungswidrigkeit (§ Entscheidung des Bayerischen VGH anzuse- 118 OWiG). Eine solche begehe – ungeachtet hen, der das versammlungsrechtliche Verbot, der versammlungsrechtlichen Aspekte, die Heinrich Bernhardt schwarz-weiß-rote Fahnen mitzuführen, ohne hier nicht weiter beleuchtet werden, jener, dass die vorgenannten Anlässe und Umstände der „… eine grob ungehörige Handlung vor- se demonstrativ gehisst oder verwendet wür- gegeben waren, für unzulässig erklärte.9 nimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu den – „an einem Ort oder Datum mit histori- belästigen oder zu gefährden und die öffent- scher Symbolkraft“. Dies gelte auch für das liche Ordnung zu beeinträchtigen“. Wer soll Skandieren ausländer-, fremdenfeindlicher 3. Ein paar kritische diese Verklausulierung verstehen? Der ju- oder anderweitig einschüchternder Parolen Anmerkungen ristisch unkundige Bürger sicherlich nicht. oder Liedtexte „mit Bezug zum Nationalsozia- Der Tatbestand erschließt sich erst nach ei- lismus“. Hierbei müsse jedoch immer der Ein- Es spricht vieles dafür, sich der Zielsetzung ner intensiven Durchsicht der Kommentar- zelfall betrachtet werden. Unabhängig davon des Innenministeriums anzuschließen. Denn literatur zu § 118 OWiG.2 Selbst dann bleibt bleibe das öffentliche Verwenden der Reichs- es ist geboten, sich jeglichen rechtsradikalen offen, in welchen Situationen das Zeigen kriegsflaggen, auf denen beispielsweise Ha- bzw. extremistischen Bewegungen entgegen- von Reichs(kriegs)flaggen verbotswidrig kenkreuze oder SS-Runen abgebildete seien, zustellen, die sich – wie häufig zu sehen – der sein soll, da hierzu keine Fallgestaltungen nach wie vor strafbar (Anmerkung des Ver- Symbolik der Reichskriegsflaggen bedienen, aufgeführt sind. Man versetze sich nur ein- fassers: Gemeint ist wohl § 86 a StGB).5 Im Üb- um auf diesem Wege, ihre Neigung und Nähe mal an die Stelle polizeilicher Einsatzkräfte, rigen sei dem interessierten Leser empfohlen, zum Nationalsozialismus zum Ausdruck zu die in einer akuten Lage unverzüglich ent- sich die bisherige Rechtsprechung zu diesem bringen, auch dann, wenn solche Banner ge- scheiden müssen. Ihnen stehen weder Zeit Thema anzusehen. zeigt werden, die keinerlei strafbaren natio- noch Möglichkeiten offen, sich alle Varian- So urteilte das OVG Lüneburg, dass das nalsozialistischen Symbole enthalten. ten der Kommentarliteratur zu Gemüte zu Verbot gegen das Zeigen von Reichskriegsflag- Man hätte sich jedoch – wie bereits ange- führen. Kaum anders dürfte es vorgesetz- gen anlässlich einer Versammlung, die nicht deutet – gewünscht, dass in der medialen Ver- ten Führungsstellen und -kräften gehen, im Kontext eines besonderen Ortes oder eines wenn Eilanfragen an sie gerichtet werden. Gedenktages in Braunschweig stand, als un- 2 Vgl. Göhler, Kommentar zum OWiG, 15. Auflage, Der Erlass gibt allerdings detailreiche Ant- zulässig. Daraus sei keine Störung der öffent- C.H.Beck 2009, zu § 118, Rn. 4–10, 14. worten,3 die hier nicht alle wiedergegeben lichen Ordnung abzuleiten. Von einer solchen 3 Vgl Erlass zum Umgang mit dem öffentlichen werden können. Eine schnelle Antwort fin- sei nur auszugehen, wenn Rechtsextremisten Zeigen von Reichs(kriegs)flaggen, Staatsanzei- det sich im „Behördenspiegel“. 4 Danach ist einen Aufzug oder vergleichbare Auftritte an ger Nr. 4 vom 24.1.2022, 84. das Zeigen und Hissen der Reichskriegsflag- einem speziell der Erinnerung an das Unrecht 4 Vgl. Behördenspiegel vom 28.1.202, Marco Feld- gen dann als eine Gefahr für die öffentliche des Nationalsozialismus und den Holocaust mann, in: Neuer Reichskriegsflaggen-Erlass in Ordnung einzustufen, „… wenn in der Ge- dienenden Feiertag so durchführten, dass da- Hessen: Neuer Reichs(kriegs)flaggen-Erlass in Hessen-Behörden Spiegel (behoerden-spiegel. samtschau provokative und aggressive Be- von nach Art und Weise Provokationen aus- de) (aufgerufen: 7.2.2022). gleitumstände“ hinzutreten, „… die geeignet gingen, die das sittliche Empfinden der Bür- 5 Vgl. nochmals den Behördenspiegel a. a. O. sind, das geordnete staatsbürgerliche Zusam- gerinnen und Bürger erheblich beeinträchtig- menleben zu beeinträchtigen und ein Klima ten.6 In vergleichbarer Weise entschied das 6 OVG Lüneburg vom 13.11.2020, 11 ME 293/20. der Gewaltdemonstration und potenzieller Ge- OVG Bremen mit Blick auf ein solches Verbot, 7 OVG Bremen vom 23.10.2020 – 1 B 331/20. waltbereitschaft zu erzeugen.“ Hierunter fal- das sich auf den am 14. September 2020 he- 8 OLG Koblenz vom 14.1.2010 – 2 SsBs 68/09. le vor allem das Zeigen von nicht verbotenen rausgegebenen Erlass des Innensenators ge- 9 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom Reichs- oder Reichskriegsflaggen, wenn die- stützt hatte.7 Nicht viel anders befand das OLG 18.5.2006 – 24 CS 06.1290.
DP Deutsche Polizei 04/2022 | Hessen 5 botsveröffentlichung, die sich vorrangig an die a) der straflosen und b) der strafbaren Bevölkerung richtete, auch die Rechtsgrundla- Reichs- und Reichskriegsflaggen (§ 86 a 5. Varianten der nicht strafbe- ge des Verbotes mit Bußgeldandrohung (§ 118 StGB) ergibt, wehrten Reichskriegsflaggen OWiG) genannt worden wäre. Denn nur die- • die Erläuterung, (dem Hessischen Erlass se strahlt Gesetzeskraft und Verbindlichkeit a) wann von „einer grob ungehörigen entnommen) aus und nicht der Erlass. Wäre das Innenmi- Handlung“, auszugehen ist, nisterium diesem Postulat gefolgt, so hätte es b) wann „diese geeignet erscheint, die auch eine der tragenden Bestimmungen unse- Allgemeinheit zu belästigen oder zu ge- rer Verfassung beachtet, den Grundsatz „nul- fährden“ und damit la poena sine lege“, der in Art. 103 Abs. 2 GG c) „die öffentliche Ordnung im Sinne des fixiert ist. Danach darf jemand nur bestraft § 118 OWiG „zu beeinträchtigen“, sowie bzw. bußgeldrechtlich sanktioniert werden, ergänzend dazu wenn dies gesetzlich geregelt ist.10 Nun gut, d) die beispielhafte Benennung von Ört- wir wollen nicht allzu penibel sein. Dem In- lichkeiten, Symboltagen, Anlässen und nenministerium sei dieser Kommunikations- bestimmten Verhaltensweisen der Be- mangel, aus dem sich keine schwerwiegenden troffenen, in deren Kontext das Zeigen Folgen ergeben, nachgesehen. Denn im Erlass, der (straflosen) Reichs- bzw. Reichs- der den rechtskundigen Adressaten, den Ver- kriegsflaggen das Vorliegen einer Stö- sammlungs- und Ordnungsbehörden sowie rung der öffentlichen Ordnung indiziert. der Polizei, zuging, ist die Rechtsgrundlage So bleibt nur die Hoffnung, dass sich die (§ 118 OWiG) letztlich genannt. politisch Verantwortlichen diesen Anregun- gen zuwenden – ungeachtet dessen, ob sie 10 Vgl. Jarras/Pieroth, Kommentar zum GG, 6. diese umsetzen oder gar ergänzen. Auflage, C.H.Beck 2002, Rn. 41, 43, 48. 4. Ergänzend: Ein paar Überlegungen zu Anzeige Nachbesserungen des Verbots Unter Berücksichtigung der vorangegange- nen Ausführungen sei es erlaubt, die poli- tischen Entscheidungsträger zu neuen – klarstellenden – Überlegungen anzuregen. Sinnvoll dürfte es sein, die Voraussetzun- gen für ein Verbot – selbstverständlich unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Zu- ständigkeiten – so auf den Weg zu bringen, Wir brauchen dich! dass sich das ministeriell Gewollte – nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern Der VDP – der Verlag deiner Gewerkschaft – sucht Kollegen, auch und gerade den Sicherheitsorganen – die neben Beruf oder Ruhestand Zeit und Lust für eine gut klar und anwendbar erschließt. Hierzu bie- bezahlte Tätigkeit als freiberuflicher Anzeigenverkäufer in tet es sich an, nachstehende Überlegungen Hamburg haben. zu reflektieren und ggf. umzusetzen: 1. durch die sprachliche Modifizierung, Hilf uns, unsere Präventions- und Festschriften für die GdP sprich Ergänzung der Verbotsvorschrift in Hamburg zu bewerben und herauszubringen. des § 118 OWiG – in Analogie zur Struktur Nähere Informationen erhältst du unter www.vdp-polizei.de. des § 86 a StGB, Oder ruf uns an unter Telefon 0211 7104-183 (Antje Kleuker). 2. durch die Ergänzung des vorliegenden Er- lasses u. a. durch die beispielhafte Anfüh- rung von Fallgestaltungen, die es zumin- Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dir! dest den Versammlungs- und Ordnungsbe- hörden sowie den Polizeien erleichtert, den Tatbestand des § 118 OWiG greifbarer zu er- fassen und entsprechende Situationen ein- Forststraße 3a, 40721 Hilden zuordnen. Dazu gehört insbesondere: Telefon 0211 7104-183, Frau Antje Kleuker • dem maßgebenden Erlass eine bild- antje.kleuker@vdp-polizei.de hafte Synopse beizufügen, aus der sich www.vdp-polizei.de schnell und einfach die Unterscheidung
6 Hessen | Deutsche Polizei 04/2022 DP 9. Bundesseniorenkonferenz: Ewald Gerk ist neuer GdP-Bundesseniorenvorsitzender! Bereits im letzten Jahr vor den Personengruppen- konferenzen wurde klar: Ewald Gerk macht Ernst und kandidiert für den Posten des Bundessenioren- vorsitzenden. Schon in seiner aktiven Zeit, sei es im örtlichen Personalrat, im Hauptpersonalrat der hessischen Polizei oder im Geschäftsführenden Landesbezirksvorstand, Ewald war eine Stellgröße! Nicht zuletzt ist es auch seinem Engagement zu GdP Bund verdanken, dass im Rahmen der Neuorganisation der hessischen Polizei das PP Osthessen als ein Wir freuen uns als hessischer Landesbe- Flächenpräsidium eine feste Größe wurde. zirk, mit Ewald Gerk einen profunden Ken- ner der Polizei mit allen Facetten auf diesem wichtigen Posten zu wissen. Ewald Gerk tritt I n einem Grußwort sprach der stellv. Bun- desvorsitzende Jörg Radek zu den vor Ort oder per digitaler Schalte versammelten 108 die Pflicht nehmen, so etwas künftig zu unter- binden. „Wir wollen in einer offenen Gesell- schaft leben“, stellte er klar. „Aber wir wol- die Nachfolge von Winfried Wahlig an, der den Geschäftsführenden GdP-Bundesse- niorenvorstand (GBSV) acht Jahre anführ- Delegierten und erinnerte an die noch unbe- len nicht mit solchen Widerlichkeiten leben. te. Der neue Bundesseniorenchef rückt von schwerten Zeiten vor der Pandemie. Zunächst Wir wollen nicht mit Hass und Hetze leben.“ der Stellvertreterfunktion an die Spitze der nahm der GdP-Vize Bezug auf die beiden bru- Deswegen sei es richtig und wichtig, diese Personengruppe, die rund 35.000 lebensäl- tal ermordeten Polizeibeamten aus Rhein- Tat zum Anlass zu nehmen, um innezuhal- tere in der GdP organisierte Mitglieder ver- land-Pfalz. Für die Gewerkschaft der Poli- ten und zu überdenken, worin man diese Ge- tritt. Sein persönliches Engagement und die zei sei in so einem Fall klar: „Hier sind die sellschaft stärken und verbessern könne. „Wir damit einhergehenden belebenden Impulse Dienstherren gefordert, mehr zu tun“, beton- müssen die Gesellschaft noch widerstandsfä- werden sicherlich auch die hessische Senio- te Radek. Man müsse Provider und all jene, higer machen gegenüber dem, was die innere renarbeit noch stärker beflügeln. die derartigen Hass und Hetze verbreiteten, in Ruhe gefährdet“, mahnte der Gewerkschafter. Jens Mohrherr RECHTSPRECHUNG Auch bei der Polizei hat man ein Recht am eigenen Bild! E in Youtuber aus Nachdem der Youtuber einen Routineein- Geschehnissen oder Bildern mit Polizeige- Foto: ©Thorben Wengert/pixelio.de Bonn, der auf sei- satz der Kollegen gefilmt und deren Gesich- walt etc. nem Kanal primär Ret- ter ohne Unkenntlichmachung (etwa durch Die GdP Hessen hat in ähnlichen Fällen tungseinsätze von Poli- Verpixelung) ins Netz gestellt hatte, erstat- bereits per Rechtsschutz erfolgreich Kolle- zei, Feuerwehr und Sa- teten diese Anzeige und bekamen in diesem ginnen und Kollegen vertreten. Sprecht in nitätern filmt und auf richtungsweisenden Urteil recht. Das Ober- solchen Fällen mit eurem jeweiligen Rechts- der Videoplattform You- landesgericht Köln erklärte dazu, dass das schutzbeauftragten in den Bezirksgruppen. tube.com einstellt, ist vom Oberlandesge- Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit hin- Markus Hüschenbett, richt Köln zu einer Strafe von 2.800 Euro ver- ter dem Recht am eigenen Bild der Polizei- Rechtsschutzkommission urteilt worden (Urteil vom 8. Oktober 2021, beamten zurückzustehen hat. Anders sei Az.: III-1 RVs 175/21). dies nur bei zeitgeschichtlich relevanten
g e e k k n n iippst st ##g Fotowettbewerb der Gewerkschaft der Polizei Mein Polizeialltag Mach mit und reich bis zu 10 Fotos rund um Deine Arbeit ein. Lass Deiner Kreativität freien Lauf und zeig, was Deinen Polizeialltag ausmacht: Menschen, Fahrzeuge, Büros, Stillleben, … • Auswahl und Prämierung der Fotos: durch eine Jury der GdP Hessen • Preise: 1. Platz 500 €, 2. Platz 300 € und 3. Platz 200 € • Einsendeschluss: 30. April 2022 Link zum Wettbewerb • Alle Einzelheiten, Teilnahmebedingungen und Upload © fotofabrika - stock.adobe.com der Fotos: https://Foto.GdPHessen.de Gewerkschaft der Polizei Hessen · Wilhelmstraße 60 a · 65183 Wiesbaden · www.gdp.de/hessen · www.facebook.com/gdphessen
8 Hessen | Deutsche Polizei 04/2022 DP Einsatzbetreuung in Hanau am 19. Februar 2022 Am 19. Februar 2022 führte die Bezirksgruppe Süd- osthessen erneut eine Einsatzbetreuung anlässlich des zweiten Jahrestags des Anschlags in Hanau vom 19. Februar 2020 durch, bei dem zehn Menschen von einem psychisch kranken Täter getötet und weitere Foto: GdP SOH verletzt wurden. Sabine Spangenberg und Markus Hüschenbett bei der Ein- satzbetreuung. Vormittags war Stefan Wagner eingesetzt. G erade vor dem Hintergrund der Kritik in den sog. „sozialen“ Medien an der Poli- zei war es uns besonders wichtig, für die Kol- und Gutachten weitgehend ignoriert, sofern sie nicht in die eigene Weltsicht passten. Ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, die an die- amtinnen und Beamten waren hoch moti- viert und äußerst professionell auf alle not- wendigen Maßnahmen vorbereitet. Daher leginnen und Kollegen da zu sein. Mehrere sem und an jedem Tag im Jahr ihr eigenes gilt unser großer Dank allen, die an der Hundert Kolleginnen und Kollegen konnten Leben für den Schutz und die Sicherheit an- Vorbereitung des Einsatzes und am Einsatz mit Süßigkeiten versorgt werden, und auch derer einsetzen. Deutlichere Worte seitens selbst mitwirken! Gerade hier zeigt sich die für Gespräche waren wir stets offen. der Politik (Stichwort: Rückendeckung) wä- Leistungsfähigkeit und Routiniertheit unse- Leider wurde dieses tragische Ereignis ren wünschenswert gewesen. rer hessischen Polizei, auf die wir mit Recht erneut von unterschiedlichsten Gruppen für Dieser deutschlandweit beachtete sehr stolz sein können! ihre Zwecke instrumentalisiert. Dabei wur- emotionale Einsatz war eine große Heraus- Markus Hüschenbett, den Ergebnisse aus Gerichtsverhandlungen forderung für alle Sicherheitskräfte. Die Be- Bezirksgruppe Südosthessen Jubilare 25-jähriges Gewerkschaftsjubiläum Walter Altenkirch Manfred Hahn Peter Marschall Gottfried Göritz Frank Rudolf Huber Marko Weimar Michael Köcher Kreisgruppe Limburg-Weilburg Kreisgruppe Limburg-Weilburg Jörg Thumann Gerit Veit Jochen Würges 60-jähriges Gewerkschaftsjubiläum Kreisgruppe HPA Kreisgruppe HPA Dietrich Gehrke Kreisgruppe Limburg-Weilburg 40-jähriges Gewerkschaftsjubiläum 50-jähriges Gewerkschaftsjubiläum Hubertus Conrad Heinz Schmidt Friedhelm Bender Kreisgruppe Limburg-Weilburg Kreisgruppe Limburg-Weilburg Kreisgruppe HPA Sterbefälle Michael Lemmer Otto Schober Helmut Noll Kreisgruppe Waldeck/Frankenberg Jörg Hartebrodt Kreisgruppe Marburg Biedenkopf Heinz Ulf Dahlen Udo Herrmann Claudia Sprenger Heinz Jürgen Knoch Kreisgruppe Werra-Meissner Wilhem Weinreich Kreisgruppe Offenbach Karl Kowoll Erwin Wagner Walter Sperlich Harry Landgraf Lothar Kramer Kreisgruppe Homberg Kreisgruppe Main-Kinzig Franz Röttel Klaus-Dieter Isele Waldemar Martel Kreisgruppe Kassel Kreisgruppe Gießen-Wetzlar Kreisgruppe PASt Baunatal Günter Balk Ludwig Kobelt Kreisgruppe HPB Mühlheim Kreisgruppe WSP Wir werden den Verstorbenen ein ehrendes Andenken bewahren!
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