Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info

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Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Verminderung der Nährstoffbelastung
   – zentrales Thema für Flussgebiets-
   management, Trinkwasserversorgung
   und Meeresschutz

Die Überfrachtung der Landschaft       Da aber europäische Vorgaben und       Grundlegend für das Erreichen die-
mit Nährstoffen – die Eutrophie-       die Ziele zur Nährstoffreduktion in    ser Umweltziele ist die Umsetzung
rung bzw. Überdüngung – ist seit       der Landwirtschaft aktuell weit ver-   der „Richtlinie zum Schutz der Ge-
Jahrzehnten eines der gravierends-     fehlt werden, ist der „gute Zustand“   wässer vor Verunreinigung durch
ten Umweltprobleme in Deutsch-         in Flüssen, Seen und Küstengewäs-      Nitrat aus landwirtschaftlichen
land. Am augenfälligsten gilt dies     sern (Wasserrahmenrichtlinie) so-      Quellen“ (Nitrat-Richtlinie). Hier-
für Flüsse und Seen, Küstengewäs-      wie im Grundwasser (Grundwasser-       bei jedoch hakt es, und das seit
ser und Meere. Aber auch Land-le-      richtlinie) überwiegend nicht zu er-   nunmehr 25 Jahren. Dabei war die
bensräume werden durch Nährstof-       reichen, ebensowenig wie die Ziele     Nährstoffbelastung der Gewässer
feinträge stark beeinträchtigt und     für den Meeresschutz in Nord- und      in vielen Teilen Europas bereits
verarmen in ihrer Artenvielfalt. Die   Ostsee (internationale Abkommen        ein massives und langjährig be-
landwirtschaftliche Praxis, vor al-    und Meeresstrategie-Rahmenricht-       stehendes Umweltproblem, als die
lem die Düngung, ist hauptverant-      linie).                                Nitrat-Richtlinie im Jahr 1991 in
wortlich für den Großteil der in die                                          Kraft trat.
Natur und Landschaft eingetrage-                                                                   Michael Bender
nen Nährstoffe.                                                                                     Tobias Schäfer
Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Blaualgenblüte in der Ostsee, Sommer 2010 (Foto: © ESA – European Space Agency)

    »      „Die bestehenden Umweltquali-
           tätsziele im Gewässerschutz sind
    anspruchsvoll, sie werden jedoch eklatant
                                                        Einleitung
                                                        Die Flussgebietsmanagementpläne und die
                                                                                                     lungen – wie etwa die künstlich herbeige-
                                                                                                     förderte Ausweitung des Maisanbaus und die
                                                                                                     damit einhergehende Zunahme der Belastung
    verfehlt.                                           dort dargelegten Ergebnisse der Bestands-    – vielerorts konterkariert. Rund ein Viertel
    Die in Deutschland zur Umsetzung der                aufnahmen nach Wasserrahmenrichtlinie        der Grundwasserkörper in Deutschland ist
    Wasserrahmenrichtlinie geplanten Maß-               haben 2009 und auch 2015 erneut bestätigt,   heute in einem „schlechten chemischen Zu-
    nahmen- und Bewirtschaftungspläne                   dass die „wichtige Wasserbewirtschaftungs-   stand“, da der Grenzwert von 50 Milligramm
    reichen nicht aus, um diese Ziele zu                frage“ Nährstoffminderung weiterhin unge-    Nitrat pro Liter überschritten wird.
    erreichen.                                          löst ist.
    (aus dem Sondergutachten „Stickstoff.                                                            Vor allem durch die anhaltend hohe Nitrat-
    Lösungsstrategien für ein drängendes                So resümiert die Flussgebietsgemeinschaft    belastung des Grundwassers gerät der Trink-
    Umweltproblem“ des Sachverständigen-                Elbe, durch steigende Nährstoffbelastung     wasserschutz zunehmend in Gefahr, Wasser-
    rats für Umweltfragen – SRU)                        aus der Landwirtschaft würde die „beson-     versorger schlagen vielfach Alarm.
                                                        ders schützenswerte Ressource Wasser in
                                                        nicht akzeptabler Weise gefährdet“, es be-   Jedoch steht die Wasserwirtschaft hier mehr
                                                        stehe „flächenhaft erheblicher Handlungs-     oder weniger auf verlorenem Posten. Denn
                                                        bedarf“.                                     weder bei den Agrarsubventionen noch hin-
                                                                                                     sichtlich der Biomasseförderung (EEG-Novel-
                                                        Mehr noch, die Maßnahmen der Länder zur      len) kam es zu nennenswerten Änderungen
                                                        Minderung der Nährstoffeinträge in die Ge-   der bisherigen Förderpraxis, obgleich deren
                                                        wässer wurden durch gegenläufige Entwick-     gravierende ökologische Folgeschäden hin-

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Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Entwicklung der Nährstoffeinträge für
                                                       Stickstoff und Phosphor in Deutschland
reichend bekannt sind: Hauptverursacher
für die diffuse Belastung der Gewässer ist             Stickstoff (10.000 t/a)                               Phosphor (10.000 t/a)
nach wie vor die industrielle Landwirt-                    1200                                                   100
schaft. Die Agrarreform für die Förderperio-
                                                                                         -45 %
de 2014–2020 hat hier keine Verbesserungen
                                                           1000                                                                                -72 %
gebracht.                                                                                                          80

Die zentrale Rolle für den Umgang mit Nähr-                 800
stoffen in der Landwirtschaft spielen die Re-                                                                      60
gelungen zur „guten fachlichen Praxis beim
                                                            600
Düngen“, die über die Düngeverordnung
definiert werden. Die Düngeverordnung                                                                               40
soll die Nitrat-Richtlinie in Deutschland                   400
umsetzen – und sie ist damit das zentrale
Instrument zum Erreichen der Umweltziele                                                                           20
                                                            200
für Grundwasser, Binnengewässer und Mee-
re. Umweltverbände und Wasserversorger
bzw. Wasserwirtschaftsverbände haben zur                       0                                                     0
                                                                     1983 –1987      2003 –2005                            1983 –1987      2003 – 2005
Düngeverordnung in den letzten Jahren klar
Position bezogen und deutliche Verbesse-
                                                                               Einträge aus Landwirtschaft                 urbane Einträge
rungen der bislang völlig unzureichenden
Regelungen sowie beim Vollzug gefordert.

Ein neues Momentum hat die Diskussion um        Entwicklung der Nährstoffeinträge in die Gewässer in Deutschland: Während im Bereich der
die Novellierung der Düngeverordnung vor        Siedlungswasserwirtschaft eine immense Reduzierung der Einträge erreicht wurde (-73% bei N, -84% bei P),
                                                verharren die Einträge aus der Landwirtschaft auf hohem Niveau (-27% bei N, -7% bei P). Der landwirt-
allem durch ein Vertragsverletzungsverfah-
                                                schaftliche Anteil der Stickstoffeinträge hat sich auf 80 % erhöht, bei Phosphor auf 50%.
ren erhalten: Am 28. Mai 2016 reichte die       (Quelle: Daten nach UBA 2010, Grafik: M. Riechel, KWB; verändert.)
EU-Kommission beim Europäischen Gerichts-
hof Klage gegen Deutschland ein, weil es        Nährstoffminderung veröffentlicht, so etwa            verschiedenen Partnern in Berlin und in Kiel
versäumt habe, strengere Maßnahmen gegen        2015 ein ausführliches Hintergrundpapier zu           durchgeführt hat. Auf diesen öffentlichen
Gewässerverunreinigungen durch Nitrat zu        umweltbelastenden Stoffeinträgen aus der              Veranstaltungen diskutierten Fachleute aus
ergreifen. Überraschend kam dieser Schritt      Landwirtschaft samt Minderungsmöglich-                Umweltverbänden, Wissenschaft und Ver-
nicht. Die deutschen Behörden wurden be-        keiten und 2016 eine Studie zur Bewertung             waltung sowie andere Interessierte aktuelle
reits im Juli 2014 mit einer begründeten        von Maßnahmen zur Verminderung von Nit-               Herausforderungen im Gewässer- und Meeres-
Stellungnahme aus Brüssel konfrontiert.         rateinträgen in die Gewässer. Die Diskussion          schutz.
                                                zur Nährstoffminderung ist in vollem Gange.
Die Bundesregierung reagierte hierauf und                                                             Die Broschüre vertieft insbesondere folgen-
legte Ende Dezember 2014 einen Entwurf für      Neben den Gewässern sind auch terrest-                de Aspekte:
eine Novelle der Düngeverordnung vor, der       rische Lebensräume durch Eutrophierung
von Umweltverbänden und Wasserwirtschaft        massiv gefährdet. Die Belastung der Luft              1. Auswirkungen der Nährstoffeinträge in das
jedoch als unzureichend kritisiert wird. Die-   mit reaktivem Stickstoff soll über die NEC-           Grundwasser, die Binnengewässer und die
se Reform der Düngeverordnung zieht sich        Richtlinie reduziert werden. Auch hier ist            Meer,
bereits über zwei Jahre hin.                    Deutschland in Verzug. Nicht zuletzt for-             2. Quellen der Nährstoffemmission in der
                                                mulierte die Nachhaltigkeitsstrategie für             Landwirtschaft und
Einen wichtigen inhaltlichen Impuls in der      Deutschland von 2002 als Ziel für das Jahr            3. Strategien und Regelungsinstrumente für
Debatte gab im Frühjahr 2015 der Sach-          2010 eine Reduzierung der Stickstoffü-                die Nährstoffminderung
verständigenrat für Umweltfragen (SRU)          berschüsse auf 80 Kilogramm pro Jahr und
mit seinem Sondergutachten „Stickstoff.         Hektar Landwirtschaftsfläche. Der Entwurf              Eine Dokumentation der GRÜNE LIGA-Semi-
Lösungsstrategien für ein drängendes Um-        für die Neuauflage der Strategie behält die-           nare und Podiumsdiskussionen „Saubere und
weltproblem“. Der SRU hält langfristig          ses Ziel bei. Deutschland ist auch weiterhin          gesunde Flüsse“, „Wege zur Nährstoffminde-
mindestens eine Halbierung der Stickstof-       noch weit entfernt davon, es zu erreichen.            rung“ und „Guter Zustand und klares Was-
femissionen für notwendig, um geltende                                                                ser? – Was tun angesichts der Überdüngung
Umweltziele zu erreichen. Die vom SRU an-       Die vorliegende Broschüre widmet sich ver-            der Flüsse und Meere“ zum Thema findet sich
geregte nationale Stickstoffstrategie wurde     schiedenen Aspekten des Themas Nährstoff-             unter:
mittlerweile vom Bundesumweltministerium        minderung aus Sicht des Umweltverbandes
(BMUB) in Angriff genommen.                     GRÜNE LIGA. Hierbei werden auch Beiträge                 www.wrrl-info.de > Seminare
                                                und Ergebnisse der Seminare wiedergegeben,
Das Umweltbundesamt (UBA) spricht sich          die die GRÜNE LIGA im von BMUB und UBA
seit Jahren für eine Stickstoffstrategie aus    geförderten Projekt „Nährstoffminderung
und hat zuletzt eine Reihe von Beiträgen zur    und Trinkwasserschutz“ 2015 und 2016 mit

                                                                                                                                                           3
Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Eutrophierung in Ost- und                                     in der Ostsee natürlicherweise habitatbil-             Erschwerend kommt hinzu, dass die Ostsee
    Nordsee: Ist eine Zustands-                                   dend sind. Beide Vegetationsformen gehen               einen geringen Wasseraustausch mit der
                                                                  seit den 1970er Jahren beständig zurück.               Nordsee und damit dem Atlantik aufweist,
    verbesserung möglich?                                         Einzelne Arten sind bereits ausgestorben.              und wetterbedingt über Jahre von einem Zu-
                                                                                                                         strom kühleren, sauerstoffreicheren Wassers
    Die Ostsee –                                                  Parallel dazu verschiebt sich das Artenspek-           abgeschnitten sein kann.
    Eutrophierung eines Binnenmeers                               trum hin zu opportunistischen Driftalgen,
                                                                  die insbesondere bei starken Winden mas-               Auch der beständige Zustrom an Süßwasser
    Global betrachtet stellen sowohl die Ostsee                   senweise an die Küsten der Ostsee angespült            aus den in sie mündenden Flüssen sorgt da-
    als auch die südliche Nordsee hinsichtlich                    werden und aufwendig entfernt werden müs-              für, dass die Ostsee über viele Jahre hinweg
    des Chlorophyllgehalts immer noch Hotspots                    sen. Berechnungen gehen von Anlandungen                stabil geschichtet bleibt.
    dar, obwohl sowohl in Westeuropa als auch                     in einer Größenordnung von 27–134 kg Bio-
    in Nordamerika die kommunale Abwasserrei-                     masse je Meter Küstenlinie aus. Auf diese              In der Tiefe entstehen hierdurch sauerstoff-
    nigung mit erheblichem Aufwand vorange-                       Weise entstehen Kosten – je nach Gemeinde-             arme (< 2 %) und sauerstofffreie Zonen, in
    trieben wurde.                                                größe – von 4.000 –19.000 Euro /Jahr und               denen viele bodenbesiedelnde Tiere nicht
                                                                  Gemeinde.                                              überleben können, ihrerseits absterben und
    Mehr als 80 % der Nährstoffzuflüsse sind an-                                                                          dadurch die Sauerstoffzehrung noch weiter
    thropogenen Ursprungs (Kunkel et al. 2016).                   Während die obere, salzarme Schicht der                vorantreiben.
    Dieser zusätzliche Nährstoffeintrag begüns-                   Ostsee einen hohen Sauerstoffgehalt auf-
    tigt ein Algenwachstum, welches phasen-                       weist, leidet die salzreiche, tiefere und              Solche Zonen kommen auch natürlich vor,
    weise zu einer massenhaften Blüte von Mikro-                  kalte Wasserschicht durch die Verrottung               breiten sich aber seit den 1950er Jahren
    phyten (planktischen Algen) führt.                            der Algen an Sauerstoffzehrung. Die sta-               mehr oder weniger stetig aus. Der hohe
                                                                  bile Schichtung der Ostsee entlang einer               Nährstoffzufluss nach erfolgter Durchmi-
    Dies wiederum verschlechtert die Licht-                       Trennschicht (Pyknokline) unterbindet eine             schung beschleunigt die Sauerstoffzehrung
    situation, vor allem für Makrophyten wie dem                  Durchmischung und somit eine Nachlie-                  und verlängert so den Zustand der Sauer-
    Blasentang (auf steinigem Untergrund) oder                    ferung von Sauerstoff in tiefere Meeres-               stofffreiheit.
    dem Seegras (auf sandigem Meerboden), die                     bereiche.

                                 Finnland                                               Finnland                                              Finnland
           1912
           1912                                                      1931
                                                                     1931                                                1955
                                                                                                                         1955
            Schweden                                                 Schweden                                            Schweden
                                              Estland                                                Estland                                               Estland

                                                 Lettland                                               Lettland                                              Lettland

                                            Litauen                                                Litauen                                               Litauen

                                                        Rußland                                                Rußland                                               Rußland
                         Polen                                                  Polen                                               Polen

                                 Finnland                                               Finnland                                              Finnland
           1974
           1974                                                      1993
                                                                     1993                                                2012
                                                                                                                         2012
            Schweden                                                 Schweden                                            Schweden
                                              Estland                                                Estland                                               Estland

                                                 Lettland                                               Lettland                                              Lettland

                                            Litauen                                                Litauen                                               Litauen

                                                        Rußland                                                Rußland                                               Rußland
                         Polen                                                  Polen                                               Polen

                                                                                                                                     100 km                              500 km

    Entwicklung sauerstofffreier Zonen am Meeresgrund: Jährliche mittlere O2- Konzentrationen am Grund: rot: < 2 mg / l; schwarz: 0 mg / l Abbildung nach:
    Jacob Carstensen, Jesper H. Andersen, Bo G. Gustafsson and Daniel J. Conley : PNAS Deoxygenation of Baltic sea during the last century – Edited by David M. Karl,
    University od Hawaii, Honoluli, HI, and approved March 4, 2014 (received for review December 12, 2013) – doi: 10.1073/pnas.1323156111
4
Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Die Nordsee –                                         Weg zurück in die Flüsse dar, welches ihre            gerung, zur verstärkten Nutzung von Gülle
Unsere Flüsse überdüngen das Meer                     Migration stark beeinflussen kann.                     bei gleichzeitiger Reduktion des Einsatzes
                                                                                                            von Mineraldünger, die Förderung ökologi-
Im Unterschied zur Ostsee gelangen aus                Erfahrungen der Ostsee                                scher Milchviehhaltung (Weidehaltung), die
Deutschland kommend wesentlich mehr                                                                         Erstellung und Einhaltung von Düngeplänen
Nährstoffe über Zuflüssen in die Nordsee.              Bereits seit Jahren fordern Umweltverbände            und andere.
Mit Elbe, Weser und Ems liefern drei große            die Umsetzung verschiedener Maßnahmen,
Flusssysteme innerhalb Deutschlands Nähr-             um die Situation der Gewässer zu verbessern           Ein Vergleich mit den Kosten von Maßnah-
stoffe an die Nordsee. Auch wenn er nicht in          und auch gemäß der Meeresstrategierahmen-             men der Abwasserreinigung zeigt die sehr
Deutschland mündet, fließt der Rhein über              richtlinie (MSRL 2008/56/EG) ist ein guter            hohe Kosteneffizienz pro Kilogramm redu-
weite Strecken durch die Bundesrepublik und           Zustand der Meere bis zum Jahr 2027 zu er-            ziertem Nährstoff aus landwirtschaftlichen
erhält einen großen Teil seiner Nährstoff-            reichen. Doch zeigen sich nur wenige Fort-            Einträgen. Dennoch liegen die resultieren-
fracht aus dem deutschen Einzugsgebiet.               schritte.                                             den Einträge immer noch im Faktor 4 über
                                                                                                            den natürlichen Werten.
Der Zielwert von maximal 2,8 mg/l Stickstoff-         Ein Gegenbeispiel findet sich jedoch in Dä-
eintrag vom limnischen in das marine System           nemark. Bereits im Jahr 1985 – also deut-             Nachweislich konnte in Dänemark seit Beginn
wird an Elbe, Ems und Weser deutlich über-            lich vor Einführung der Nitratrichtlinie 1991         der 1990er Jahre sowohl der Stickstoff- als
schritten, bei der Elbe im Mittel um 22 %.            oder gar der WRRL 2000 – führte Dänemark              auch der Phosphoreintrag in die Oberflächen-
                                                      umfassende Reformen im Umgang mit der                 gewässer und in die Ostsee vermindert wer-
Besonders kritisch sind aufgrund übermäßi-            Eutrophierung durch. Auslöser für die stren-          den. Mit Absenkung des Nährstoffniveaus
ger Eutrophierung auftretende „Sauerstoff-            geren Regelungen war ein Einbruch in der              konnte ein sehr gut korrelierender Rückgang
täler“ in den Ästuaren der Flüsse. Auch Alt-          für Dänemark bedeutenden Hummerfische-                 des Phytoplanktons beobachten werden, und
lasten aus dem Sediment führen regelmäßig             rei, der mit den zu hohen Nährstoffgehalten           mit einer zeitlichen Verzögerung nach Maß-
zu Sauerstoffzehrungen, welche sich bis in            in Verbindung gebracht wurde. Zu den um-              nahmenbeginn nahm auch die Bedeckung
das offene Gewässer hinaus erstrecken kön-            fangreichen Maßnahmen gehörten neben                  mit Makrophyten und deren Tiefenwachstum
nen. Dies stellt insbesondere für Wanderfi-            einer Verstärkung der Abwassereinigung                wieder zu – seit 2007 steigt dieses stetig an.
sche ein zusätzliches Hindernis auf ihrem             die Verpflichtungen zur Güllezwischenla-               Auch bei der Fauna konnten Veränderungen

v.l.o.n.r.u.: Blasentang (Foto: ©D. Florian – DMM), Intakter Blasentangbestand bei Lohme, Rügen (Foto: ©Ines Podszuk – DMM) Stark eutrophiertes Muschelbett,
(Foto: ©W. Fiedler, Deutsches Meeresmuseum – DMM); Schwach eutrophierter Seegrasbestand (Foto: ©W. Fiedler, Deutsches Meeresmuseum – DMM)

                                                                                                                                                               5
Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Flussgebietseinheiten                   Minderungsbedarf der N-Einträge
                                                                                                                             in Prozent

                                                                         Donau*                                                            –
                                                                         Eider                                                            16
                                                                         Elbe                                                             22
                                                                         Ems                                                              48
                                                                         Maas                                                           2 –18
    Foto: ©Dörte Bienert                                                 Oder**                                                            –
                                                                         Rhein***                                                          0

    festgestellt werden. So wurde zwar eine                              Schlei/Trave                                                     32
    Abnahme der Biomasse der beobachteten                                Warnow/Peene                                                   24–62
    Arten verzeichnet, doch nahm ihre Diversi-
    tät zu. Grund dafür ist, dass im stark eutro-                        Weser                                                          26 –36
    phierten Bereich wenige Arten, hier Filtrie-                         * Donau: Bisher wurden keine Zielwerte für das Schwarze Meer durch die Internationale Kommission
    rer, in großen Massen dominierten, deren        * Donau: Bisher zum    Schutzkeine
                                                                      wurden       der Donau  festgelegt.
                                                                                          Zielwerte     für das Schwarze Meer durch die Internationale Kommission zum
                                                                      ** Oder: Bisher wurden keine Zielwerte durch die Internationale Kommission zum Schutz der Oder
    Population mit Rückgang der planktischen                           festgelegt. – ** Oder: Bisher wurden keine Zielwerte durch die Internationale Kommis-
                                                    Schutz der Donaufestgelegt.
                                                    sion zum Schutz der
                                                                      *** Oder    festgelegt.
                                                                           Rhein: Derzeit         – *** Rhein:
                                                                                          kein Minderungsbedarf      Derzeit
                                                                                                                 in Bezug auf diekein Minderungsbedarf
                                                                                                                                  Küstengewässer,             inzulässige
                                                                                                                                                  da die maximal Bezug auf die Küsten-
    Algen schrumpft, so jedoch wieder Raum für                        Stickstoffkonzentration
                                                    gewässer, da die maximal      zulässige an     der Messstation Bimmen/Lobith
                                                                                                Stickstoffkonzentration         an nicht überschritten wird.
                                                                                                                                    der Messstation       Bimmen/Lobith nicht über-
    andere, an nährstoffärmere Bedingungen          schritten wird. (Quelle: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Peter Mei-
    angepasste Arten zulässt.                       wald, Steffi Lemke, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                                    – Drucksache 18/8482 –)
    Insgesamt lässt sich so eine Veränderung
    der Nahrungsnetze beobachten. Diese Ver-
    besserungen beziehen sich auf die Regionen
    in Küstennähe. Für die tieferen Meeresbe-
    reiche der Ostsee würde eine Reduzierung
                                                                                                         1.. EErholungspfad
                                                                                                         1     r h o l u n g s p fa d
    der Nährstoffe allein noch nicht ausreichen.
    Hier ist eine Verbesserung vor allem vom                                                                      Nährstoff-
                                                                                                                  belastung
    Einstrom sauerstoffreicheren Wassers aus
    der Nordsee abhängig. Jedoch würde eine
                                                                                                                                                                            Wassersäule
    Reduzierung des Nährstoffgehalts dazu füh-                                                                    Nährstoff-
                                                                                                                konzentration
    ren, dass ein auf diese Art neu entstande-
    ner oxischer Wasserkörper über eine längere                                                                                  2     r h o l u n g s p fa d
                                                                                                                                 2.. EErholungspfad
    Zeit erhalten bleiben kann.
                                                                                                                 Chlorophyll                                      Schichtung
                                                                                                                (Mikroalgen)
    Bedauerlicherweise muss festgehalten wer-                     3
                                                                  3.. EErholungspfad
                                                                        r h o l u n g s p fa d
    den, dass Dänemark mit einer Novellierung                                                                    Secchi Tiefe
                                                                                                                   (Licht)
    seiner Dünge- und Nährstoffregelungen am
    22.12.2015 seine bisherige Politik konse-
    quenter Nährstoffreduktion beendete und
    unter anderem die Regulierung der Dünge-                        Seegras              Makroalgen                Detritus             Detritusfresser            Filtrierer
    mittelmengen durch die entsprechende
    Düngeverordnung wieder zurückgenommen                           Nährstoffe                                     Detritus                                                  Sediment

    hat. Als Grund hierfür wird der geringere
    erzielbare Preis bei Weizen angegeben, der      Verändert nach: Riemann, B., Carstensen, J., Dahl, K. et al. Estuaries and Coasts (2016) 39 : 82.
    aufgrund der niedrigeren Proteingehalte         doi:10.1007/s12237-015-9980-0
    nicht mehr als Brotgetreide vermarktet wer-
    den kann.                                       Eine vom Land Mecklenburg-Vorpommern                                   resschutzes reicht vorerst in großen Teilen
                                                    in Auftrag gegebene Studie (Kunkel et al.)                             des Gebiets Mecklenburg-Vorpommerns eine
    Bereits im Februar 2016 ging daraufhin eine     modellierte einen landesweiten Überblick                               Reduzierung der N-Zugabe auf den Wert aus,
    entsprechende Mitteilung der Europäischen       über die Stickstoffdynamik Mecklenburg-                                mit dem die 50 mg/l-Schutzziele für das
    Kommission mit Blick auf eine wahrschein-       Vorpommerns und entwickelte Szenarien für                              Grundwasser eingehalten werden können.
    liche Verletzung europäischer Umweltricht-      die Nährstoffminderung und deren Auswir-
    linien (WRRL, Nitrat-RL, Pestizid-RL, Grund-    kungen auf die Ostsee.                                                 In einzelnen Gebieten, vor allem dort, wo
    wasser-RL) ein. Es bleibt zu hoffen, dass                                                                              die Pufferkapazität der Böden für Nitrat be-
    Dänemark hier zu einer Lösung zurückfindet,      Das überraschende Ergebnis: Für eine ef-                               reits verbraucht sind, müssten zusätzliche
    die den Gewässerschutz wieder sicherstellt.     fektive Einhaltung der Zielvorgabe des Mee-                            Maßnahmen ergriffen werden.

6
Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Luftschadstoffemissionen
aus der Landwirtschaft
Vortrag von Amrei Münster – Deutsche
Umwelthilfe e.V. / Green Air – beim GRÜNE
LIGA-Seminar am 17. März 2016 in Berlin

Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von
fast 95 % Hauptemittent von Ammoniak
(NH3). Diese giftige, gasförmige Stickstoff-         Die Landwirtschaft ist für den Großteil der atmosphärischen Ammoniakemissionen in Deutschland verantwort-
verbindung entsteht bei der Zersetzung von           lich. Die Gülleausbringung mit dem Prallteller ist nicht mehr zulässig. (Foto: ©photoprojektrm · fotolia.com)
Harnstoff und Eiweiß in tierischen Exkre-
menten. Im Gegensatz zu anderen Schad-               Eine Chance, diese Emissionen aus der Land-              2030 vorsieht. Diese wurden im Laufe der
stoffen wie Schwefeldioxid oder Stickoxide           wirtschaft zu verringern, bietet die Revisi-             Verhandlungen – insbesondere von Seiten
sind die NH3-Emissionen seit den 90er Jah-           on der Richtlinie über Nationale Emissions-              der Agrarverbände – heftig angegriffen und
ren nur unwesentlich gesunken.                       höchstmengen NERC. Diese legt Verpflich-                  sukzessive herabgesenkt. Dadurch verrin-
                                                     tungen zur Einhaltung nationaler Emissions-              gert sich das Potential zur Verbesserung der
Während in anderen Sektoren bereits erheb-           höchstmengen für Stickstoff-, Schwefel-,                 Luftqualität in Europa deutlich.
liche Fortschritte erbracht wurden, kommt            Ammoniak- sowie flüchtige organische Ver-
die Minderung von Schadstoffen aus der               bindungen fest und hat in der Vergangenheit              Die derzeit geltende Emissionshöchstmenge
Landwirtschaft nur wenig voran.                      wesentlich dazu beigetragen, den Ausstoß                 von 550.000 t NH3 wird seit 2010 überschrit-
                                                     gesundheits- und klimagefährdender Schad-                ten. Maßnahmen für eine emissionsarme
In der Atmosphäre reagiert NH3 mit sauren            stoffe in Europa zu reduzieren.                          Lagerung und Ausbringung von Dünger, eine
Luftschadstoffen (SO2 , NOx) zu sekundärem                                                                    verbesserte Ausbringung von Harnstoff und
Feinstaub. Dieser bleibt über eine längere           Vor allem weil Luftschadstoffe grenzüber-                Ureasehemmstoffen und eine stickstoffan-
Zeit in der Atmosphäre und beeinflusst die            schreitend betrachtet werden müssen, ist                 gepasste Fütterung würden zur Erreichung
menschliche Gesundheit und die Ökosys-               ein gesamteuropäisches Vorgehen wichtig,                 des Minderungsziels für 2030 von 29 % und
teme. Studien zufolge verursacht die Luft-           um die Belastung in den einzelnen Mitglied-              gleichzeitig auch zum Klimaschutz beitra-
schadstoffbelastung in Deutschland jährlich          staaten zu verringern. Im Juni 2016 haben                gen. Dabei müssen nur etwa 5 % aller land-
34.000 vorzeitige Todesfälle. Allein 45 %            sich Ministerrat und Europäisches Parlament              wirtschaftlichen Betriebe – vor allem große
davon sind auf landwirtschaftliche Emissio-          auf einen Rechtstext geeinigt, der verbind-              Anlagen – adressiert werden.
nen zurückzuführen.                                  liche Minderungsziele für NH3 für 2020 und

             Land                   Flow (in m3/s)           Stickstoff (in t)                                 Phosphor (in t)

                                                          wasser-            luft-                           wasser-         luft-
                                                         gebunden          gebunden           Total         gebunden       gebunden            Total

            Dänemark                          313          40,881            15,914          56,795           1,797                            1,797
            Estland                           452          25,362             3,180          28,542             667                              667
            Finnland                        2,326          62,255             9,722           71,977          2,973                            2,973
            Deutschland                       128          24,145           38,327           62,472             596                              596
            Lettland                        1,369          81,539             3,457          84,996           3,109                            3,109
            Litauen                           790          55,980             4,969          60,949           2,326                            2,326
            Polen                           2,880         270,287           31,278          301,565          14,845                           14,845
            Russland                        3,577          93,186            14,813         107,999           6,208                            6,208
            Schweden                        5,863         104,702           14,207          118,908           3,649                            3,649
            Schiffsverkehr Ostsee                                           13,523           13,523
            EU 20                                                           39,987           39,987
            andere Luftemissionen                                           29,227           29,227
            atmosphärischer
            Phosphorgehalt                                                                                                     2,087           2,087
            gesamt                         17,698        758,337           218,604          976,947          36,168           2,087          38,255

Stickstoff- und Phosphoreinträge in die Ostsee (Quelle: HELCOM (Baltic Marine Environment Protection Commission) : Baltic Sea Environment Proceeding
No 145 – updated 5th Baltic Sea Pollution Load Compilation (PLC 5.5), Helsinki Commission, Finnland)

                                                                                                                                                                     7
Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
Nährstoffbelastung der
    Binnengewässer
    In der bundesdeutschen Gesamtbetrachtung
    erreichten nur wenige Seen und Flussab-
    schnitte den mit der Wasserrahmenrichtlinie
    für 2015 angestrebten guten ökologischen
    Zustand. Nachdem die Nährstoffbelastung
    seit 1990 insgesamt deutlich reduziert wer-
    den konnte, waren im ersten WRRL-Bewirt-
    schaftungszeitraum selbst insgesamt keine
    Verbesserung erkennbar.

    Viele Seen sind in einem mäßigen oder
    schlechten ökologischen Zustand – diese
    Bilanz ist auch mehr als fünfzehn Jahre nach
    Einführung der WRRL weitgehend unverän-
    dert. Ihre Nährstoffbelastung ist nach wie
    vor hoch und führt zur Eutrophierung, mit
    den damit einhergehenden Folgen von ver-
    stärktem Planktonwachstum und häufig an-        Ökologischer Zustand von 482 Seen in Norddeutschland, die im Nitrolimit-Projekt untersucht
    schließender Sauerstoffzehrung sowie Ver-      wurden. Vereinfacht kann man sagen: Je geringer die Biomasse des Phytoplanktons, desto besser ist der
                                                   ökologische Zustand von Gewässern. (Quelle: Nitrolimit „Stickstofflimitation in Binnengewässern“, 2016)
    änderung der Artenzusammensetzung.

    Die Begrenzung der Biomasse des Phyto-         algen, stellt in den meisten Seen ein primäres         i.d.R. weit über den Zielwerten. Insgesamt
    planktons, der im Wasser treibenden Mikro-     Ziel für die Verbesserung des ökologischen             besteht daher deutlicher Handlungsbedarf,
                                                   Zustands dar. Eine zentrale Rolle kommt da-            vor allem bei Flachseen.
                                                   bei der Reduktion des Phosphors im Form
        „Zusammenfassend ist für den deut-         des pflanzenverfügbaren Ortho-Phosphat                  „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass auch
        schen Teil der Flussgebietseinheit         zu. Inwieweit auch Stickstoff eine Rolle als           Stickstoff ein begrenzender Faktor der Phy-
        Elbe festzustellen, dass bezogen auf       algenwachstums-limitierender Faktor zu-                toplanktonbiomasse ist. Dies ist besonders
        die Gesamtlänge ca. 95 % der Was-          kommt, war Gegenstand des mehrjährigen                 bei Flachseen und Flussseen während der
        serkörper, die als Fließgewässer, und      Forschungsprojekts „Nitrolimit – Stickstoff-           Sommermonate der Fall. In solchen Gewäs-
        bezogen auf die Gesamtfläche ca.            limitation in Binnengewässern“ unter Lei-              sern könnte eine Minderung der Stickstoff-
        82 % der Wasserkörper, die als Seen        tung des Lehrstuhls für Gewässerschutz an              konzentration daher zu einer Verbesserung
        bewertet wurden, den „guten“ öko-          der Brandenburgischen Technischen Univer-              des ökologischen Zustands führen. In den
        logischen Zustand bzw. das „gute“          sität Cottbus - Senftenberg, dessen Ergeb-             tiefen geschichteten Seen überwiegt dage-
        ökologische Potenzial nicht errei-         nisse und Empfehlungen im Oktober 2016                 gen der Anteil von Seen, in denen Phosphor
        chen. ...Für die meisten mit „mäßig“       abschließend vorgestellt wurden. Zwei For-             die Biomasse begrenzt. Hier wäre bei den
        oder „schlechter“ bewerteten Fließ-        schungsfragen standen hierbei im Zentrum:              meisten Seen eine Minderung der P-Konzen-
        gewässer-Wasserkörper ist festzu-                                                                 tration zielführend.“
        stellen, dass ihre Einstufung durch        Erstens: Ist Stickstoffreduktion ökologisch
        die Qualitätskomponenten Makro-            sinnvoll? Zweitens: Ist Stickstoffreduktion            Grundsätzlich nimmt die P-Limitation in
        zoobenthos, Fischfauna und Makro-          wirtschaftlich vertretbar?                             polymiktischen Flachseen und in Flussseen
        phyten/Phytobenthos bedingt ist.                                                                  im Laufe der Vegetationsperiode ab und die
        Bei den betroffenen Seen sind ur-          Um den Einfluss von Stickstoff und Phosphor             Häufigkeit von N-Limitation und anderen
        sächlich die Komponenten Phyto-            auf die Gewässergüte von Seen zu untersu-              Limitationszuständen, wie Lichtintensität,
        plankton und Makrophyten/Phyto-            chen, wurden Daten von 482 Seen der Nord-              Temperatur und Silizium zu. Bei den Flach-
        benthos zu nennen.“                        deutschen Tiefebene mit 560 Messpunkten                seen dominiert in den Sommermonaten (Juni
        (Quelle: Ergebnisse der Bewertung          aus dem Zeitraum 2005 –2013 ausgewertet.               bis September) die Limitation durch gelöste
        des ökologischen Zustands / ökologi-       Auf dieser Basis konnten auch seentypische             anorganische Verbindungen (Ammonium und
        schen Potenzials der Oberflächen-           und saisonale Limitationsmuster sowie TN-              Nitrat) gegenüber allen anderen Faktoren.
        wasserkörper in der FGG Elbe für die       und TP-Zielwerte für das Erreichen eines               Bei den Flussseen spielt die P-Limitation in
        Kategorien Fließgewässer, Seen,            „guten Zustands“ ermittelt werden. Ent-                diesem Zeitraum nur eine untergeordnete
        Übergangsgewässer und Küstenge-            scheidend für die N- oder P-Limitation eines           Rolle.
        wässer differenziert in den Koordi-        Gewässers ist dessen N/P-Verhältnis.
        nierungsräumen für „natürliche“,                                                                  Cyanobakterien der Ordnung Nostocales
        „erheblich veränderte“ und „künst-         Der größte Teil der untersuchten Seen be-              können zwar Stickstoff aus der Atmosphäre
        liche“ Gewässer; Bewirtschaftungs-         findet sich weiterhin in einem mäßigen bis              binden, ihr Einfluss ist jedoch in den meis-
        planentwurf FGG Elbe 2015.                 schlechten ökologischen Zustand. Die der-              ten Seen gering und über den Jahreslauf
                                                   zeitigen Konzentrationen von N und P liegen            betrachtet sowie in Hinsicht auf die Eutro-

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Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
phierung zu vernachlässigen: Nur in Aus-        Grundwasser in Gefahr –                                 schen sind, zeigt sich auch im Verbands-
nahmefällen machte unter den untersuchten       Trinkwasserversorgung                                   gebiet des Oldenburgisch-Ostfriesischen
Seen die N-Fixierung im Hochsommer bis zu                                                               Wasserverbands (OOWV), des flächenmäßig
25 % der N-Versorgung aus. Zudem resul-
                                                unter Druck                                             größten Wasserversorgers in Deutschland.
tiert eine geringere N-Fracht auch in einem     Die Entwicklung bei der Verschmutzung des
geringeren Aufkommen von Nostocales, die        Grundwassers macht niemandem größere                    Maßgeblich für die Grundwassergefährdung
nur selten dominant sind.                       Sorgen als den Trinkwasserversorgern. Ei-               ist die unterschiedliche Ausprägung der
                                                nige Wasserwerke berichten bereits heute                Deckschichten im Versorgungsgebiet: Wäh-
Die Verminderung des Nitrat-Eintrags hat        von Nitratdurchbrüchen, geben Brunnen auf               rend im nördlichen, friesischen Bereich Ton-
auch keine unerwünschte Wirkung auf den         oder weichen auf tieferliegende Grundwas-               schichten dem unteren Grundwasserleiter
internen Phosphor-Haushalt der untersuch-       serleiter aus. Den aufgrund der überwiegend             einen vergleichsweise guten Schutz bieten,
ten Gewässer: Die Rücklösung von Phosphor       von der Landwirtschaft verursachten erhöh-              weist das Gewinnungsgebiet nördlich von
aus dem Sediment wird durch den Nitrat-         ten Aufwand für die Rohwassergewinnung                  Oldenburg sogenannte „geologische Fens-
gehalt des Seewassers nicht beeinflusst.         und die Kosten für die Trinkwasseraufberei-             ter“ auf. In den Geestlagen des südlichen
Entscheidend ist hier vielmehr die Verfüg-      tung tragen die Wasserversorger und damit               Versorgungsgebiets schließlich, in dem die
barkeit von Eisen im Seesediment, die maß-      letztlich die Verbraucher. Hier steht das Ver-          größten Wassermengen gefördert werden,
geblich durch Trophie und zu hohe Sulfat-       ursacherprinzip auf dem Kopf.                           bieten die geologischen Verhältnisse nur
einträge bestimmt wird.                                                                                 einen geringen Schutz für die Grundwasser-
                                                Wie dramatisch die Herausforderungen für                leiter. In diesem Gebiet traten im Wasser-
Wie die Ergebnisse von Nitrolimit zeigen, ist   die Trinkwasserversorgung regional inzwi-               werk Holdorf bis Mitte der 1980er Jahre
die Stickstoffreduktion auch für Seen ökolo-
gisch sinnvoll.

Der Stickstoffumsatz in Fließgewässern
wurde im Projekt Nitrolimit mit Freiland-
methoden an der Elbe zwischen Schmil-
ka und Geesthacht untersucht. Demnach
werden in diesem Abschnitt jährlich etwa
10.000 t Stickstoff durch Denitrifikation
dauerhaft entfernt. Anders als vielleicht
erwartet finden die effektivsten Denitrifi-
kationsprozesse nicht in den Buhnenfeldern
statt, sondern in den gut durchströmten
Sedimentschichten, da hier auch tiefere
Schichten mit einbezogen werden. Ein Indiz
für höhere Selbstreinigungskraft frei flie-
ßender Flüsse.

Die in die Elbe eingetragenen Stickstoff-
frachten sind allerdings so hoch, dass selbst
bei einer starken Reduzierung kein un-
mittelbarer Effekt auf das Phytoplankton-
wachstum im Elbstrom zu erwarten ist. An
der Messstelle Schnakenburg lagen die Mit-
telwerte der mittleren jährlichen Stickstoff-
konzentrationen für den Zeitraum 2010 –
2015 bei 3,7 mg N / l für Gesamt-N und bei
3,0 mg/l für Nitrat-N und damit deutlich
über dem von der LAWA verabschiedeten
meeresökologischem Zielwert von 2,8 mg N/
l, der an der Übergangsstelle limnisch/ma-
rin in Seemanshöft einzuhalten sind.

Das Nitrolimit-Positionspapier vom Oktober
2016 fasst Ergebnisse, Schlussfolgerungen
und Empfehlungen des Projekts zusammen.
                                                Zielverfehlung im Grundwasser aufgrund von Nitrat (Karte Stand 22. März 2010): Im Jahr 2015
Ein Diskussionspapier vom Mai 2013 befasst      waren mit 314 von 1.180 Grundwasserkörpern 26 % wegen Überschreitungen des Werts von 50 mg Nitrat
                                                pro Liter in einem „schlechten chemischen Zustand“. Dies entspricht 30 % (104.725 km2) der Gesamtfläche
sich mit dem Einfluss von Stickstoff und
                                                Deutschlands. Nicht berücksichtigt ist, dass sich die die Nitratabbaukapazität der Böden durch kontinuierli-
Phosphor auf die Gewässergüte von Seen:         che Einträge irreversibel vermindert. (Quelle: WasserBLick / BfG)
   www.nitrolimit.de
                                                                                                                                                               9
Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
derart stark steigende Nitratwerte auf, dass                   dementsprechend sinkt: Die gemessenen                          relevanten Gasen sowie von Eisen und
     tiefere Brunnen gebohrt werden mussten,                        hohen Nitratwerte im Grundwasser liegen                        Schwermetallen verbunden. Die vom Grund-
     um eine Belastung mit über 50 mg Nitrat                        also sogar noch sehr deutlich unter den tat-                   wasser gespeisten Bäche neigen daher zur
     pro Liter auszuschließen. In den Folgejah-                     sächlichen Einträgen in den Boden. Bezieht                     Verockerung, während die Schwermetalle
     ren konnten durch die Kooperationen mit                        man die Nitratgehalte vor Denitrifikation in                    zunächst in tieferliegende Schichten zwi-
     der Landwirtschaft sehr gute Erfolge bei der                   die Analyse ein, ergeben sich deutlich höhe-                   schengelagert werden und daher bislang nur
     Entlastung der oberflächennahen Grundwas-                       re Belastungen, im Fall von Thülsfelde muss                    in Einzelfällen bei den Trinkwasserbrunnen
     serleiter erreicht werden.                                     mit etwa 32 mg „denitrifiziertem Nitrat“ zu-                    ankommen. Das Nitratabbauvermögen hängt
                                                                    sätzlich zum gemessenen Eintrag gerechnet                      von einer Reihe Faktoren ab, wie den geo-
     Das Wasserwerk Thülsfelde wies bis 2006 sin-                   werden. Die offiziellen Risikoabschätzungen                     logischen Verhältnissen, der Bodenmächtig-
     kende Trends in der Nitratbelastung auf, da-                   in Hinsicht auf den „guten Zustand“ des                        keit, dem Gehalt an organisch gebundenem
     nach stiegen die Nitratwerte jedoch wieder                     Grundwassers berücksichtigen diese Proble-                     Kohlenstoff sowie an zugänglichen Eisendi-
     an. Dieser Wiederanstieg ist u.a. auf den ver-                 matik bislang nicht.                                           sulfiden und weiteren reduzierten anorgani-
     mehrten Einsatz von Wirtschaftsdüngern im                                                                                     schen Schwefelverbindungen. Zeitpunkt und
     Verbandsgebiet zurückzuführen, begründet                       Die Pufferkapazität der Böden ist aber be-                     Möglichkeit eines Nitratdurchbruchs sind
     durch die über 300 Biogasanlagen und die                       grenzt, die Denitrifikation ist ein endlicher                   unkalkulierbar.
     Zunahme des Maisanbaus sowie den wach-                         Vorgang, der vor allem an den Vorrat von
     senden Tierbestand in der Region. Die an                       umsetzbaren Sulfiden im Boden gebunden                          Eine umfangreiche Darstellung des kom-
     einzelnen Messstellen unter landwirtschaft-                    ist. Sobald der Vorrat aufgebraucht ist,                       plexen Faktorengeflechts enthält der im
     licher Nutzung ermittelte Nitratbelastung                      schlagen die Nitratwerte direkt auf die                        März 2015 erschienene DWA-Themenband
     erreichte Werte von 110 mg Nitrat pro Liter                    Messstellen durch. Zudem setzt die Deni-                       „Stickstoffumsatz im Grundwasser“, der
     und lag damit deutlich über dem Grenzwert                      trifikation im Untergrund Sulfat und Eisen                      auch Labor- und Feldversuche darstellt und
     für das Grundwasser und das Trinkwasser.                       frei und führt zur Verlagerung von Schwer-                     Berechnungsansätze zur konkreten Abschät-
                                                                    metallen, die Rede ist hier von Kadmium,                       zung der Nitratabbaukapazität beschreibt.
     Die in den Grundwassermessstellen ermit-                       Blei, Nickel, Zink, Kupfer und Chrom; selbst
     telte Nitratbelastung spiegelt die Dramatik                    Arsen gehört zu den zumindest temporär                         Regional sind im Grundwasser ebenfalls Kon-
     der Situation allerdings nur eingeschränkt                     mobilisierten Metallen.                                        zentrationen der Abbauprodukte von Pflan-
     wieder, da während der Bodenpassage durch                                                                                     zenschutzmitteln festzustellen, die zu den
     Denitrifikation ein erheblicher Teil des                        Die mit dem Abbau von Eisen-Sulfiden ver-                       pflanzenschutzzulassungsrechtlich „nicht re-
     Stickstoffs bereits abgebaut wird und die                      bundene Denitrifikation ist mit erhöhten                        levanten“ Metaboliten zählen, jedoch kei-
     im Grundwasser ankommende Nitratfracht                         Sulfatwerten und der Freisetzung von klima-                    nesfalls ohne Schadwirkung sind.

                    Mittlerer Nitratgehalt (mg/l) im noch jungen, oberflächennahen Grundwasser unter landwirtschaftlich
                    genutzten Flächen im Wasserschutzgebiet Thülsfelde

                    N (in mg/l)
                    100                                                                                                                      jeweils 17 Messstellen

                                  92
                     90                                                                                                                                               89
                                                                                                                              83                           85
                                         82                                                                         81
                     80                                                                                                                            78
                                                                                                                                                   7 8
                                                  77                                                                                    76
                                                                                                                                        76
                                                                                                 74
                     70                                     68                          69                 71
                                                                     68

                     60                                                       60

                     50                                                                                                                             Trinkwassergrenzwert

                     40

                     30

                     20

                     10

                      0
                                  2001   2002    2003     2004      2005     2006      2007     2008      2009     2010     2011      2012       2013     2014        2015

     Messwerte des Wasserwerks
                            Die MessungenThülsfelde:      Mittlerer
                                          erfolgten bis maximal        Nitratgehalt
                                                                  fünf Meter unterhalb (mg/l)   im noch jungen,Das
                                                                                       der Grundwasseroberfläche. oberflächennahen
                                                                                                                    Grundwasser für die Grundwasser      unter landwirtschaftlich
                                                                                                                                        Trinkwasseraufbereitung wird in tieferen  genutzten
     Flächen im Wasserschutzgebiet     Thülsfelde.
                            Schichten gewonnen.  Der Die  Messungen
                                                     zulässige            erfolgten liegt
                                                               Trinkwassergrenzwert   bis max.
                                                                                           bei 50 fünf
                                                                                                  mg/l.Meter unterhalb der Grundwasseroberfläche. Das Grundwasser für die Trinkwas-
     seraufbereitung wird in tieferen Schichten gewonnen. Der zulässige Trinkwassergrenzwert liegt bei 50 mg/l. – Quelle: Oldenburgisch-Ostfriesischer Wasserverband)

10
Der OOWV hat langjährige positive Erfah-            Grund hierfür sieht der Verband in einem
rungen mit Angeboten zum „Wasserschutz              inkohärenten Rechtssystem: Die gelten-               Der Oldenburgisch-Ostfriesischee
durch Ökolandbau“. Inzwischen bietet er             de Düngeverordnung sichert die Umset-                Wasserverband (OOWV) ist eine
innerhalb der Kooperation jedoch auch die           zung der EG-Nitratrichtlinie nicht, denn             Körperschaft des öffentlichen
Maßnahme „Mais erfolgsorientiert“ mit 124           das landwirtschaftliche Fachrecht basiert            Rechts. Die Satzung des OOWV be-
beteiligten Betrieben an, bei dem das Un-           auf Düngungsempfehlungen für einen öko-              gründet eine klare Verpflichtung
terschreiten von einem N-Überschuss von             nomisch optimalen Ertrag, nicht auf der              zum Ressourcenschutz.
80 kg pro Hektar finanziell mit bis zu 150           wasserwirtschaftlichen Zielvorgabe von               Der Verband hat in den vergange-
Euro honoriert wird. Die Auszahlung rich-           maximal 50 mg Nitrat/l. Die Saldovorgabe             nen 25 Jahren ca. 2.500 ha gekauft
tet sich nach Höhe des Herbst-Nmin-Wertes.          der Düngeverordnung von 60 kg N/ha im                (Kosten: ca. 45 – 50 Mio. Euro), da-
Problematisch ist allerdings, dass nicht die        dreijährigen Mittel führt nicht zur Einhal-          von wurden ca. 1.000 ha aufgefor-
gesamte Betriebsfläche in das Programm               tung des 50 mg-Grenzwerts. Zudem fehlt               stet. Eine wichtige Strategie zum
eingebracht werden muss.                            ein Instrumentarium, um auf Fehlentwick-             Grundwasserschutz ist die Förde-
                                                    lungen direkt einwirken zu können. Ur-               rung des Ökologischen Landbaus
„Das Ziel ist klar: Wir wollen möglichst wenig      sachen für die Qualitätsverschlechterung             (wenig Stickstoff, keine Pflanzen-
Nitrat in unserem Grundwasser! Das kann nur         für die Region Weser-Ems sind laut OOWV              schutzmittel).
durch eine enge Zusammenarbeit von Land-,           die weitere Intensivierung der Tierproduk-           Der kooperative Grundwasserschutz
Forst- und Wasserwirtschaft erreicht werden:        tion, das Verweilen des Produktionszweigs            wird über die Wasserentnahmege-
Es müssen „Trinkwasser-Landschaften“ mit            Biogas auf hohem Niveau, der konstant                bühr des Landes Niedersachsen ge-
einer möglichst Grundwasser schonenden Be-          hohe Maisanteil an der Fruchtfolge, Grün-            fördert. Zudem existieren Pachtver-
wirtschaftung entwickelt werden. Artenviel-         landumbrüche (auch zur Vermeidung des                einbarungen mit Zielvorgaben.
falt und Aufforstung soll gefördert und die         Dauergrünland-Status) und der steigende              Weiterführende Informationen:
Umstellung auf ökologischen und Grundwas-           Mineraldüngerabsatz.                                    www.oowv.de
ser schonenden Landbau unterstützt werden.
Der Einsatz von Dünger sollte sich gezielt am       Trotz steigendem Wirtschaftsdüngeranfall
Bedarf der Pflanzen orientieren – das Wasser-        und steigenden N-Emissionen in das Grund-
und Ordnungsrecht muss dieses regeln.“              wasser kam es bislang nicht zur Anpassung        bringungskosten für überschüssigen Wirt-
                                                    der Düngeverordnung. Zudem resultieren ge-       schaftsdünger erhöhen den Druck auf die
Der OOWV beklagt eine sehr große Wahr-              stiegene Flächenkosten in einer verringer-       landwirtschaftlichen Flächen. Nicht nur aus
scheinlichkeit für eine weitere zukünftige          ten Akzeptanz für freiwillige Vereinbarun-       Sicht der Wasserversorger gilt es, die Vor-
Qualitätsminderung beim Grundwasser. Den            gen im Wasserschutz, und steigende Ver-          sorge unbedingt zu stärken.

            Anzahl Tiere bzw. Biogasanlagen                Dung- und Gärrestanfall                            Saldo

                              2,6 Mio.                                   38,77 Mio. t
                                                                               Gülle
                                                                                                         Gesamt-Stickstoff
                                                                       8,78 Mio. t                       326.446 t*
                                                                 Festmist und HTK                        = 127 kg/ha LF
                              10,7 Mio.                                   47,55 Mio. t                     *nach Abzug von Stall-
                                                                                                            und Lagerverlusten
                                                                           Dunganfall
                                                                    abzüglich 7,50 t                           anrechenbarer
                                                                            Input in                           Stickstoff
                                                                     Biogasanlagen                             198.974 t
                              105 Mio.
                                                                                                               = 78kg/ha LF
                                                                                19,56 t
                                                                               Gärreste                   Gesamt-Phosphor
                                                                (einschl. pflanzl. Substrate)
                                                                                                          (als P2O3)
                              1520                                           59,51 t                      165.308 t
                                                                          Dung- und                       = 64 kg/ha LF
                                                                        Gärrestanfall
                                                                          +0,4 Mio. t

                                                 Zunahme             gleichbleibend ggü. 2013/2014

Aktuelles Wirtschaftsdüngeraufkommen in Niedersachsen: Laut niedersächsischem Nährstoffbericht aus dem Jahr 2015 fielen landesweit 59,5 Mio t Dung-
und Gärreste an. (Quelle: Landwirtschaftskammer – Nährstoffbericht in Bezug auf Wirtschaftsdünger für Niedersachsen, 2014/2015)

                                                                                                                                                     11
Zielvorgaben zur Nährstoff-
     reduzierung
                                                          kg N/ha                          Ursprungswerte                  Trend (gleitendes 3-Jahres-Mittel,
                                                          landwirtschaftliche                                              bezogen auf das mittlere Jahr)
     Europäische Vorgaben und die selbstgesteck-          Nutzfläche
     ten Ziele der Bundesregierung zur Nährstoff-        160
                                                                148
     reduktion in der Landwirtschaft werden ak-
                                                         140
     tuell weit verfehlt. Die Nachhaltigkeitsstra-                     130

     tegie der Bundesregierung (2002) formuliert         120

     ein N-Bilanzsaldo im Sinne einer Hoftorbi-          100
                                                                                                                                                                101
     lanz von maximal 80 kg N/ha landwirtschaft-
     liche Nutzfläche als bundesweites Ziel, das           80                                                                                                           Ziel 2010:
                                                                                                                                                                       80
     bis 2010 erreicht sein sollte. Fünf Jahre nach       60
     diesem Termin hielt das Umweltbundesamt
                                                          40
     jedoch fest, dass dieses Ziel weiterhin nicht
     erreicht wird: Der bundesweite Mittelwert            20
     lag 2015 bei etwa 97 kg N/ha landwirtschaft-
                                                            0
     liche Nutzfläche, also rund 20 kg zu hoch.                  1990         1992   1994   1996   1998      2000    2002    2004     2006      2008      2010   2012

     Zu unterscheiden ist dabei einerseits zwi-
     schen Zielwerten im Sinne einer Hoftor-          Entwicklung der Stickstoffüberschüsse in Deutschland seit 1990 (Quelle: F. Taube, C. Henning,
     bilanz, die sämtliche in die Atmosphäre so-      E. Albrecht, T. Reinsch und C. Kluß : Nährstoffbericht des Landes Schleswig-Holstein – Im Auftrag des
                                                      Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume)
     wie in Gewässer oder Grundwasser gehenden
     Verluste beinhaltet, und andererseits den
     Stickstoffbilanzsalden im Sinne einer Flä-       Ein weiteres Problem stellen die atmosphä-                   zudem, dass auch die Stickstoffbelastung
     chenbilanz, die keine atmosphärischen Ver-       rischen Ammoniak-Emissionen dar, die ganz                    der terrestrischen Ökosysteme bisher nicht
     luste berücksichtigt.                            überwiegend aus der Landwirtschaft (95                       im notwendigen Umfang verringert wurde:
                                                      Prozent) durch Lagerung und Ausbringung                      Der Eintrag von Stickstoffverbindungen mit
     Nach Einschätzung der Kommission Land-           von Wirtschaftsdüngern resultieren. Auch                     ihren eutrophierenden und versauernden
     wirtschaft und Umwelt (KLU) beim Um-             hier erfüllt Deutschland die Auflagen nicht                   Wirkungen gefährdet mehr als die Hälfte al-
     weltbundesamt muss hinsichtlich des 80 kg        und die Werte stagnieren deutlich über dem                   ler Gefäßpflanzenarten in Deutschland. Die
     N/ha-Ziels der Nachhaltigkeitsstrategie be-      Grenzwert von 550.000 t/a.                                   „Critical Loads“ für eutrophierenden Stick-
     rücksichtigt werden, dass durchschnittlich                                                                    stoff wurden 2009 auf ca. 48 Prozent der Flä-
     30 kg N/ha gasförmige Verluste in die Umwelt     Dabei wäre der Großteil der landwirtschaftli-                chen, die für Versauerung noch auf 8,5 Pro-
     gelangen. Der im Sinne einer Flächenbilanz       chen Emissionen technisch leicht vermeidbar.                 zent der Flächen empfindlicher Ökosysteme
     geltende Grenzwert der Düngeverordnung für       Und schließlich trägt das bei der Produktion                 überschritten.
     den Stickstoffbilanzsaldo sollte daher von       und Aufbringung von Dünger resultierende
     bislang 60 auf 50 kg N/ha landwirtschaftli-      Lachgas N2O als gefährliches Treibhausgas er-                Entscheidend für die Minderung von Stick-
     che Nutzfläche gesenket werden.                   heblich zur allgemeinen Klimaerwärmung bei.                  stoffeinträgen in gelöster und gasförmiger
                                                                                                                   Form sind die Begrenzung des Stickstoff-
     In den Jahren 2006 bis 2008 stammten mit         Insgesamt ist die Landwirtschaft in Deutsch-                 überschusses im Pflanzenbau sowie Minde-
     ca. 77 Prozent über drei Viertel der Gesamt-     land mit 57 Prozent die größte Quelle für Ein-               rungsmaßnahmen in der Tierhaltung.
     stickstoffeinträge in die Binnengewässer aus     träge von reaktivem Stickstoff in die Umwelt.
     der Landwirtschaft (UBA, 2013).                  Die Nationale Biodiversitäts-Strategie belegt

         „Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland mindestens eine               Zielwert, berechnet als Mittelwert für Deutschland insgesamt,
         Halbierung der Stickstoffeinträge notwendig ist, um bestehende              eine wenig aussagekräftige Größe. Erforderlich seien vielmehr
         nationale und europäische Qualitätsziele zu erreichen. In stark             eine regionale Betrachtung bzw. regionale Zielwerte, die stan-
         belasteten oder empfindlichen Gebieten werden noch weiterge-                 dörtliche Gegebenheiten berücksichtigen wie u.a. die jährliche
         hende Minderungen erforderlich sein“ (SRU 2015). Wissenschaft-              Sickerwassermenge.
         liche Schätzungen kommen laut SRU zu dem Ergebnis, dass global
         die Zurückführung der N-Umwandlung für Düngemittel von 120                  „Geht man von einem Schutzgut-bezogenen Ansatz aus, dann ist
         auf 60 Mio. t notwendig ist. Eine aktuelle Studie im Auftrag des            als Indikator nicht länger die (nationale) N-Überschuss relevant,
         Umweltbundesamts (Bach 2014) kommt zu dem Ergebnis, dass                    sondern in Bezug auf das Grundwasser der Anteil der Analysege-
         rechnerisch eine Reduzierung der Stickstoff-Überschüsse um                  biete, deren NO3-Konzentration im Sickerwasser den WRRL-Grenz-
         durchschnittlich 43 kg pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche             wert unter-/überschreitet, und in Bezug auf NH3- und NO2-Emis-
         notwendig wäre, um bundesweit einen Wert von 50 mg Nitrat pro               sionen der Anteil der Flächen, deren Critical Load für Stickstoff
         Liter im Sickerwasser einzuhalten. Allerdings sei ein nationaler            unter-/überschritten wird“ (Bach, 2014).

12
Der Nährstoffbericht des                                    „Diese Unsicherheiten untermauern die                  Thorsten Reinsch vom Institut für Pflanzen-
Landes Schleswig-Holstein                                   Forderungen verschiedener wissenschaft-                bau und Pflanzenzüchtung der Christian-
                                                            licher Beiräte, das Düngerecht zu ändern               Albrechts-Universität in Kiel formulierte auf
                                                            und im Rahmen der Novellierung der DüV                 dem GRÜNE LIGA-Seminar in Kiel folgende
Der Nährstoffbericht des Landes Schleswig-                  die Hoftorbilanz verpflichtend ab 2018 zu               Schlussfolgerungen zum Nährstoffbericht
Holstein ermittelt und vergleicht auf einer                 implementieren. Nur die Hoftorbilanz kann              des Landes: „Die regionale Konzentration
Datenbasis des Jahres 2010 Stickstoff- und                  die Nährstoffsituation und Nährstoffeffi-               der Tierhaltung und Biogaserzeugung hat ein
Phosphatsalden nach zwei unterschiedlichen                  zienz des Gesamtbetriebes valide abbil-                Ausmaß erreicht, das Konzepte zur besseren
Methodiken. Dabei kommt es zu deutlichen                    den. Die Flächenbilanz dient darüber hi-               Verteilung der Nährstoffe im Lande erfordert.
Unterschieden der resultierenden Erträge                    naus lediglich zur Überprüfung der Dün-                Der dortige weitere Zubau von Tierhaltungs-
beziehungsweise N-Salden, die im Bereich                    geplanung auf der Skalenebene einzelner                anlagen ist zu hinterfragen. Die Stickstoff-
von bis zu 30 % liegen; die Autoren gehen                   Feldschläge.“                                          überschüsse der Landwirtschaft in Schles-
davon aus, dass die höheren Werte die tat-                                                                         wig-Holstein für das Berechnungsjahr 2010
sächlichen Größenordnungen eher wieder-                     Die im Nährstoffbericht Schleswig-Holstein             zeigen an, dass es einen dringenden Hand-
geben. Letztlich bedingen v.a. die zur Ver-                 berechneten Szenarien basieren jeweils auf             lungsbedarf gibt (entsprechend DüV von
fügung stehenden Eingangsdaten die darge-                   Annahmen gemäß Düngeverordnung (DüV)                   2006).“
stellte Bandbreite der N-Salden.                            2006, gemäß den Vorschlägen der Bund-
                                                            Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) zur Novel-                 Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die
Diese reichen von durchschnittlich + 51                     lierung der DüV sowie gemäß DüV-Entwurf                Situation seit 2010 signifikant verbessert
kg N/ha nach Bach (2014) auf Basis                          2015 für die Jahre nach 2018. Der Bericht              hat, im Gegenteil: Der Gülleanfall von mehr
von    kalkulierten   Nettoflächensalden,                    belegt ein gravierendes Verteilungsproblem             als 50.000 Kühen zusätzlich und tendenziell
die eine scheinbare „gute fachliche Pra-                    von Wirtschaftsdüngern in Schleswig-Hol-               eher steigende Nitratwerte im Grundwasser
xis der Düngung“ im Lande suggerieren,                      stein, bedingt durch das geballte Auftreten            deuten auf eine Verschlechterung der Situ-
bis + 118 kg N/ha nach Henning/Taube                        von Tierhaltungsbetrieben und Biogasanla-              ation hin. Des Weiteren stünden dem volks-
auf Basis von Bruttosalden, die potentiell                  gen in Schwerpunktregionen.                            wirtschaftlich gesehen relativ geringen
negative Umwelt-Effekte abbilden.                                                                                  Nutzen, den der Einsatz von reaktivem Stick-

                             Atmosphäre                                                 NH3-
                                                                                      Verluste
                                                                                      112.504 t

                              N-Deposition      tierische         organische          Mineral-         Kompost
                                123.506 t       Ausschei-          Düngung            düngung        Klärschlamm
                                                 dungen              inkl.            299.804 t      Leguminosen
                                                356.829 t          Gärreste                            13.110 t             N-Abfuhr
                                                                   313.804 t                                                383.436 t

                                                Gärreste
                                                65.097 t                         N-Zufuhr gesamt
                                                                                    613.272 t
        Landwirtschaftlich
         genutzte Fläche:                                                      N-Bilanz-Überschuss
           2.508.656 ha                                                        229.836 t = 88 kg/ha LF

                                                                                                                                           Oberflächen-
                                                                                                                                            gewässer

                                                                                                                        Immobilisierung Grünland
                                                                                                                              ca. 43.900 t
                                                                                                                      Mobilisierung zus. Maisanbau
                                                                                                                                ca. 6.417 t
                                             N-Überschuss im Boden 311.355 t
                                                                                                                     Mobilisierung Grünland-Umbruch
                                                                                                                                ca. 18.985 t
                                       abzüglich Denitrifikation im Boden 108.898 t                                 Immobilisierung Grünland-Zunahme
                                                                                                                                ca. 1.715 t
                                                                                                                          Immobilisierung Forst
                                                   N-Austrag 202.457 t                                                        ca. 21.770 t
                                                                                     Direktabfluss
                    pot. N-Konzentration im Sickerwasser

                                                                                      Basisabfluss
                                                    Grundwasser

Darstellung des Basis-Emmissionsmonitoring 2014 (Stickstoffemmission) für das Land Niedersachsen, verändert: Wo verbleiben die jährlichen
Stickstoff-Überschüsse? Von den jährlich circa 100 kg Stickstoffüberschuss pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche sickern ca. 40 kg N/ha ins Grundwasser, 30 kg
N/ha gehen in die Atmosphäre und circa 8 kg N/ha belasten in Form von Lachgas die Umwelt. Ein marginaler Anteil von ca. 5 kg N/ha wird im Boden gespeichert.
(Quelle: Landwirtschaftskammer – Nährstoffbericht in Bezug auf Wirtschaftsdünger für Niedersachsen, 2014/2015)

                                                                                                                                                                    13
links: Stickstoff-Flächenbilanz-Salden 2010 auf Kreisebene (nach DüV, 2006) nach Bach (2014) – rechts: Stickstoff-Flächenbilanz-Salden 2010
     auf Kreisebene (nach DüV, 2006) nach Henning/Taube (2013) (Quelle: Nährstoffbericht des Landes Schleswig-Holstein – Im Auftrag des Ministeriums für
     Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, 2015)

                                                        stoff der Landwirtschaft einbringt, ver-
          Die industrialisierte landwirt-               gleichsweise hohe gesellschaftliche und
          schaftliche Biomasseproduktion                ökologische (Folge-)Kosten für die mensch-
          vor allem von Mais und Raps wirkt             liche Gesundheit und die Ökosysteme gegen-
          sich negativ auf Trinkwasserres-              über. In der Summe belaufen sich die Kos-
          sourcen und Gewässer aus.                     ten für die Gesellschaft im Durchschnitt auf
          Besonders kritisch ist der boomen-            200 –300 Euro/ha Landnutzung.
          de Anbau von Silomais zur Verstro-
          mung in Biogasanlagen.                        Es sei davon auszugehen, dass die Novel-
                                                        lierung der DüV an der Problemlage nichts            Maisanbau im 5 m-Gewässerrandstreifen an der
          Hohe Einträge von Nährstoffen                 Wesentliches ändere, da u.a. die hohen               Seeve in Niedersachen (Foto: ©Ludwig Trent)
          und Schadstoffen in Grund- und                „Ernte-Aufschläge“ im Futterbau nominal die
          Oberflächenwasser durch:                       N-Bilanzsalden gerade in den Regionen „po-
            hohen Mineraldüngereinsatz                  sitivieren“, die der Überwachung im Rahmen          Der Nährstoffbericht Niedersachsen weist
          und unreglementierte Ausbrin-                 der WRRL unterliegen. Kritisch zu sehen seien       zudem darauf hin, dass sich die Bewer-
          gung von Gärresten                            auch die zu langen Übergangsfristen und die         tung der Situation mit der Novellierung
            Erosion (Phosphateintrag) und               nicht wissenschaftlich fundierten P-Salden.         der DüV verschärfen wird. Im Nährstoff-
          Humuszersetzung                               Am Ende der Betrachtungen steht schließ-            bericht Niedersachsen wird darüber hin-
            erhöhten Pestizideinsatz                    lich die völlig offene Frage: „Wer behebt mit       aus kurz die Problematik des Im- und Ex-
                                                        welchem Personal das bisherige Vollzugs-            port von Düngemitteln angerissen. Das
          Erosion und beschleunigte                     defizit?“                                            Fehlen einer schlüssigen und konsisten-
          Bodenzerstörung führen zu:                                                                        ten Transportdatenbank verhindert hierzu
             Verlust von Bodenfruchtbarkeit             Nährstoffberichte liegen auch für Nieder-           eine umfassende Problemanalyse und damit
          und Wasserhaltevermögen, insbe-               sachsen und Nordrhein-Westfalen vor. Wäh-           letztlich auch die Kontrolle der ordnungsge-
          sondere durch Abbau von Humus                 rend die Modellierung in Schleswig-Holstein         mäßen Verbringung.
             Eintrag von Feststoffen (Sand,             den Mineraldüngereinsatz einberechnet, ver-
          Feinsediment), die die Gewässer-              wenden diese Nährstoffberichte auf Grund            Die Schlussfolgerungen aller drei Bundeslän-
          lebensräume veröden                           mangelnder Datenlage im Bereich Mineral-            der stimmen jedoch überein: Die verbrach-
             Zerstörung von Torfböden durch             dünger lediglich nur Basisdaten zum Vieh-           ten Mengen an Stickstoff auf den landwirt-
          fortgesetzte Entwässerung, ver-               bestand und zum Wirtschaftsdünger. Ohne             schaftlichen Flächen sind zu hoch, bereits
          bunden mit immensen CO2-Emissi-               Angaben zu Mineraldüngern ist davon aus-            bestehendes Recht wird nicht konsequent
          onen                                          zugehen, dass die Nitratbelastung in beiden         genug umgesetzt und es besteht ein großer
                                                        Bundesländern unterschätzt wird.                    Handlungsbedarf sowie ein deutliches Ein-
                                                                                                            sparpotential im Bereich der Düngung.

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