Verminderung der Nährstoffbelastung - zentrales Thema für Flussgebiets-management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz - WRRL-Info
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Verminderung der Nährstoffbelastung – zentrales Thema für Flussgebiets- management, Trinkwasserversorgung und Meeresschutz Die Überfrachtung der Landschaft Da aber europäische Vorgaben und Grundlegend für das Erreichen die- mit Nährstoffen – die Eutrophie- die Ziele zur Nährstoffreduktion in ser Umweltziele ist die Umsetzung rung bzw. Überdüngung – ist seit der Landwirtschaft aktuell weit ver- der „Richtlinie zum Schutz der Ge- Jahrzehnten eines der gravierends- fehlt werden, ist der „gute Zustand“ wässer vor Verunreinigung durch ten Umweltprobleme in Deutsch- in Flüssen, Seen und Küstengewäs- Nitrat aus landwirtschaftlichen land. Am augenfälligsten gilt dies sern (Wasserrahmenrichtlinie) so- Quellen“ (Nitrat-Richtlinie). Hier- für Flüsse und Seen, Küstengewäs- wie im Grundwasser (Grundwasser- bei jedoch hakt es, und das seit ser und Meere. Aber auch Land-le- richtlinie) überwiegend nicht zu er- nunmehr 25 Jahren. Dabei war die bensräume werden durch Nährstof- reichen, ebensowenig wie die Ziele Nährstoffbelastung der Gewässer feinträge stark beeinträchtigt und für den Meeresschutz in Nord- und in vielen Teilen Europas bereits verarmen in ihrer Artenvielfalt. Die Ostsee (internationale Abkommen ein massives und langjährig be- landwirtschaftliche Praxis, vor al- und Meeresstrategie-Rahmenricht- stehendes Umweltproblem, als die lem die Düngung, ist hauptverant- linie). Nitrat-Richtlinie im Jahr 1991 in wortlich für den Großteil der in die Kraft trat. Natur und Landschaft eingetrage- Michael Bender nen Nährstoffe. Tobias Schäfer
Blaualgenblüte in der Ostsee, Sommer 2010 (Foto: © ESA – European Space Agency) » „Die bestehenden Umweltquali- tätsziele im Gewässerschutz sind anspruchsvoll, sie werden jedoch eklatant Einleitung Die Flussgebietsmanagementpläne und die lungen – wie etwa die künstlich herbeige- förderte Ausweitung des Maisanbaus und die damit einhergehende Zunahme der Belastung verfehlt. dort dargelegten Ergebnisse der Bestands- – vielerorts konterkariert. Rund ein Viertel Die in Deutschland zur Umsetzung der aufnahmen nach Wasserrahmenrichtlinie der Grundwasserkörper in Deutschland ist Wasserrahmenrichtlinie geplanten Maß- haben 2009 und auch 2015 erneut bestätigt, heute in einem „schlechten chemischen Zu- nahmen- und Bewirtschaftungspläne dass die „wichtige Wasserbewirtschaftungs- stand“, da der Grenzwert von 50 Milligramm reichen nicht aus, um diese Ziele zu frage“ Nährstoffminderung weiterhin unge- Nitrat pro Liter überschritten wird. erreichen. löst ist. (aus dem Sondergutachten „Stickstoff. Vor allem durch die anhaltend hohe Nitrat- Lösungsstrategien für ein drängendes So resümiert die Flussgebietsgemeinschaft belastung des Grundwassers gerät der Trink- Umweltproblem“ des Sachverständigen- Elbe, durch steigende Nährstoffbelastung wasserschutz zunehmend in Gefahr, Wasser- rats für Umweltfragen – SRU) aus der Landwirtschaft würde die „beson- versorger schlagen vielfach Alarm. ders schützenswerte Ressource Wasser in nicht akzeptabler Weise gefährdet“, es be- Jedoch steht die Wasserwirtschaft hier mehr stehe „flächenhaft erheblicher Handlungs- oder weniger auf verlorenem Posten. Denn bedarf“. weder bei den Agrarsubventionen noch hin- sichtlich der Biomasseförderung (EEG-Novel- Mehr noch, die Maßnahmen der Länder zur len) kam es zu nennenswerten Änderungen Minderung der Nährstoffeinträge in die Ge- der bisherigen Förderpraxis, obgleich deren wässer wurden durch gegenläufige Entwick- gravierende ökologische Folgeschäden hin- 2
Entwicklung der Nährstoffeinträge für Stickstoff und Phosphor in Deutschland reichend bekannt sind: Hauptverursacher für die diffuse Belastung der Gewässer ist Stickstoff (10.000 t/a) Phosphor (10.000 t/a) nach wie vor die industrielle Landwirt- 1200 100 schaft. Die Agrarreform für die Förderperio- -45 % de 2014–2020 hat hier keine Verbesserungen 1000 -72 % gebracht. 80 Die zentrale Rolle für den Umgang mit Nähr- 800 stoffen in der Landwirtschaft spielen die Re- 60 gelungen zur „guten fachlichen Praxis beim 600 Düngen“, die über die Düngeverordnung definiert werden. Die Düngeverordnung 40 soll die Nitrat-Richtlinie in Deutschland 400 umsetzen – und sie ist damit das zentrale Instrument zum Erreichen der Umweltziele 20 200 für Grundwasser, Binnengewässer und Mee- re. Umweltverbände und Wasserversorger bzw. Wasserwirtschaftsverbände haben zur 0 0 1983 –1987 2003 –2005 1983 –1987 2003 – 2005 Düngeverordnung in den letzten Jahren klar Position bezogen und deutliche Verbesse- Einträge aus Landwirtschaft urbane Einträge rungen der bislang völlig unzureichenden Regelungen sowie beim Vollzug gefordert. Ein neues Momentum hat die Diskussion um Entwicklung der Nährstoffeinträge in die Gewässer in Deutschland: Während im Bereich der die Novellierung der Düngeverordnung vor Siedlungswasserwirtschaft eine immense Reduzierung der Einträge erreicht wurde (-73% bei N, -84% bei P), verharren die Einträge aus der Landwirtschaft auf hohem Niveau (-27% bei N, -7% bei P). Der landwirt- allem durch ein Vertragsverletzungsverfah- schaftliche Anteil der Stickstoffeinträge hat sich auf 80 % erhöht, bei Phosphor auf 50%. ren erhalten: Am 28. Mai 2016 reichte die (Quelle: Daten nach UBA 2010, Grafik: M. Riechel, KWB; verändert.) EU-Kommission beim Europäischen Gerichts- hof Klage gegen Deutschland ein, weil es Nährstoffminderung veröffentlicht, so etwa verschiedenen Partnern in Berlin und in Kiel versäumt habe, strengere Maßnahmen gegen 2015 ein ausführliches Hintergrundpapier zu durchgeführt hat. Auf diesen öffentlichen Gewässerverunreinigungen durch Nitrat zu umweltbelastenden Stoffeinträgen aus der Veranstaltungen diskutierten Fachleute aus ergreifen. Überraschend kam dieser Schritt Landwirtschaft samt Minderungsmöglich- Umweltverbänden, Wissenschaft und Ver- nicht. Die deutschen Behörden wurden be- keiten und 2016 eine Studie zur Bewertung waltung sowie andere Interessierte aktuelle reits im Juli 2014 mit einer begründeten von Maßnahmen zur Verminderung von Nit- Herausforderungen im Gewässer- und Meeres- Stellungnahme aus Brüssel konfrontiert. rateinträgen in die Gewässer. Die Diskussion schutz. zur Nährstoffminderung ist in vollem Gange. Die Bundesregierung reagierte hierauf und Die Broschüre vertieft insbesondere folgen- legte Ende Dezember 2014 einen Entwurf für Neben den Gewässern sind auch terrest- de Aspekte: eine Novelle der Düngeverordnung vor, der rische Lebensräume durch Eutrophierung von Umweltverbänden und Wasserwirtschaft massiv gefährdet. Die Belastung der Luft 1. Auswirkungen der Nährstoffeinträge in das jedoch als unzureichend kritisiert wird. Die- mit reaktivem Stickstoff soll über die NEC- Grundwasser, die Binnengewässer und die se Reform der Düngeverordnung zieht sich Richtlinie reduziert werden. Auch hier ist Meer, bereits über zwei Jahre hin. Deutschland in Verzug. Nicht zuletzt for- 2. Quellen der Nährstoffemmission in der mulierte die Nachhaltigkeitsstrategie für Landwirtschaft und Einen wichtigen inhaltlichen Impuls in der Deutschland von 2002 als Ziel für das Jahr 3. Strategien und Regelungsinstrumente für Debatte gab im Frühjahr 2015 der Sach- 2010 eine Reduzierung der Stickstoffü- die Nährstoffminderung verständigenrat für Umweltfragen (SRU) berschüsse auf 80 Kilogramm pro Jahr und mit seinem Sondergutachten „Stickstoff. Hektar Landwirtschaftsfläche. Der Entwurf Eine Dokumentation der GRÜNE LIGA-Semi- Lösungsstrategien für ein drängendes Um- für die Neuauflage der Strategie behält die- nare und Podiumsdiskussionen „Saubere und weltproblem“. Der SRU hält langfristig ses Ziel bei. Deutschland ist auch weiterhin gesunde Flüsse“, „Wege zur Nährstoffminde- mindestens eine Halbierung der Stickstof- noch weit entfernt davon, es zu erreichen. rung“ und „Guter Zustand und klares Was- femissionen für notwendig, um geltende ser? – Was tun angesichts der Überdüngung Umweltziele zu erreichen. Die vom SRU an- Die vorliegende Broschüre widmet sich ver- der Flüsse und Meere“ zum Thema findet sich geregte nationale Stickstoffstrategie wurde schiedenen Aspekten des Themas Nährstoff- unter: mittlerweile vom Bundesumweltministerium minderung aus Sicht des Umweltverbandes (BMUB) in Angriff genommen. GRÜNE LIGA. Hierbei werden auch Beiträge www.wrrl-info.de > Seminare und Ergebnisse der Seminare wiedergegeben, Das Umweltbundesamt (UBA) spricht sich die die GRÜNE LIGA im von BMUB und UBA seit Jahren für eine Stickstoffstrategie aus geförderten Projekt „Nährstoffminderung und hat zuletzt eine Reihe von Beiträgen zur und Trinkwasserschutz“ 2015 und 2016 mit 3
Eutrophierung in Ost- und in der Ostsee natürlicherweise habitatbil- Erschwerend kommt hinzu, dass die Ostsee Nordsee: Ist eine Zustands- dend sind. Beide Vegetationsformen gehen einen geringen Wasseraustausch mit der seit den 1970er Jahren beständig zurück. Nordsee und damit dem Atlantik aufweist, verbesserung möglich? Einzelne Arten sind bereits ausgestorben. und wetterbedingt über Jahre von einem Zu- strom kühleren, sauerstoffreicheren Wassers Die Ostsee – Parallel dazu verschiebt sich das Artenspek- abgeschnitten sein kann. Eutrophierung eines Binnenmeers trum hin zu opportunistischen Driftalgen, die insbesondere bei starken Winden mas- Auch der beständige Zustrom an Süßwasser Global betrachtet stellen sowohl die Ostsee senweise an die Küsten der Ostsee angespült aus den in sie mündenden Flüssen sorgt da- als auch die südliche Nordsee hinsichtlich werden und aufwendig entfernt werden müs- für, dass die Ostsee über viele Jahre hinweg des Chlorophyllgehalts immer noch Hotspots sen. Berechnungen gehen von Anlandungen stabil geschichtet bleibt. dar, obwohl sowohl in Westeuropa als auch in einer Größenordnung von 27–134 kg Bio- in Nordamerika die kommunale Abwasserrei- masse je Meter Küstenlinie aus. Auf diese In der Tiefe entstehen hierdurch sauerstoff- nigung mit erheblichem Aufwand vorange- Weise entstehen Kosten – je nach Gemeinde- arme (< 2 %) und sauerstofffreie Zonen, in trieben wurde. größe – von 4.000 –19.000 Euro /Jahr und denen viele bodenbesiedelnde Tiere nicht Gemeinde. überleben können, ihrerseits absterben und Mehr als 80 % der Nährstoffzuflüsse sind an- dadurch die Sauerstoffzehrung noch weiter thropogenen Ursprungs (Kunkel et al. 2016). Während die obere, salzarme Schicht der vorantreiben. Dieser zusätzliche Nährstoffeintrag begüns- Ostsee einen hohen Sauerstoffgehalt auf- tigt ein Algenwachstum, welches phasen- weist, leidet die salzreiche, tiefere und Solche Zonen kommen auch natürlich vor, weise zu einer massenhaften Blüte von Mikro- kalte Wasserschicht durch die Verrottung breiten sich aber seit den 1950er Jahren phyten (planktischen Algen) führt. der Algen an Sauerstoffzehrung. Die sta- mehr oder weniger stetig aus. Der hohe bile Schichtung der Ostsee entlang einer Nährstoffzufluss nach erfolgter Durchmi- Dies wiederum verschlechtert die Licht- Trennschicht (Pyknokline) unterbindet eine schung beschleunigt die Sauerstoffzehrung situation, vor allem für Makrophyten wie dem Durchmischung und somit eine Nachlie- und verlängert so den Zustand der Sauer- Blasentang (auf steinigem Untergrund) oder ferung von Sauerstoff in tiefere Meeres- stofffreiheit. dem Seegras (auf sandigem Meerboden), die bereiche. Finnland Finnland Finnland 1912 1912 1931 1931 1955 1955 Schweden Schweden Schweden Estland Estland Estland Lettland Lettland Lettland Litauen Litauen Litauen Rußland Rußland Rußland Polen Polen Polen Finnland Finnland Finnland 1974 1974 1993 1993 2012 2012 Schweden Schweden Schweden Estland Estland Estland Lettland Lettland Lettland Litauen Litauen Litauen Rußland Rußland Rußland Polen Polen Polen 100 km 500 km Entwicklung sauerstofffreier Zonen am Meeresgrund: Jährliche mittlere O2- Konzentrationen am Grund: rot: < 2 mg / l; schwarz: 0 mg / l Abbildung nach: Jacob Carstensen, Jesper H. Andersen, Bo G. Gustafsson and Daniel J. Conley : PNAS Deoxygenation of Baltic sea during the last century – Edited by David M. Karl, University od Hawaii, Honoluli, HI, and approved March 4, 2014 (received for review December 12, 2013) – doi: 10.1073/pnas.1323156111 4
Die Nordsee – Weg zurück in die Flüsse dar, welches ihre gerung, zur verstärkten Nutzung von Gülle Unsere Flüsse überdüngen das Meer Migration stark beeinflussen kann. bei gleichzeitiger Reduktion des Einsatzes von Mineraldünger, die Förderung ökologi- Im Unterschied zur Ostsee gelangen aus Erfahrungen der Ostsee scher Milchviehhaltung (Weidehaltung), die Deutschland kommend wesentlich mehr Erstellung und Einhaltung von Düngeplänen Nährstoffe über Zuflüssen in die Nordsee. Bereits seit Jahren fordern Umweltverbände und andere. Mit Elbe, Weser und Ems liefern drei große die Umsetzung verschiedener Maßnahmen, Flusssysteme innerhalb Deutschlands Nähr- um die Situation der Gewässer zu verbessern Ein Vergleich mit den Kosten von Maßnah- stoffe an die Nordsee. Auch wenn er nicht in und auch gemäß der Meeresstrategierahmen- men der Abwasserreinigung zeigt die sehr Deutschland mündet, fließt der Rhein über richtlinie (MSRL 2008/56/EG) ist ein guter hohe Kosteneffizienz pro Kilogramm redu- weite Strecken durch die Bundesrepublik und Zustand der Meere bis zum Jahr 2027 zu er- ziertem Nährstoff aus landwirtschaftlichen erhält einen großen Teil seiner Nährstoff- reichen. Doch zeigen sich nur wenige Fort- Einträgen. Dennoch liegen die resultieren- fracht aus dem deutschen Einzugsgebiet. schritte. den Einträge immer noch im Faktor 4 über den natürlichen Werten. Der Zielwert von maximal 2,8 mg/l Stickstoff- Ein Gegenbeispiel findet sich jedoch in Dä- eintrag vom limnischen in das marine System nemark. Bereits im Jahr 1985 – also deut- Nachweislich konnte in Dänemark seit Beginn wird an Elbe, Ems und Weser deutlich über- lich vor Einführung der Nitratrichtlinie 1991 der 1990er Jahre sowohl der Stickstoff- als schritten, bei der Elbe im Mittel um 22 %. oder gar der WRRL 2000 – führte Dänemark auch der Phosphoreintrag in die Oberflächen- umfassende Reformen im Umgang mit der gewässer und in die Ostsee vermindert wer- Besonders kritisch sind aufgrund übermäßi- Eutrophierung durch. Auslöser für die stren- den. Mit Absenkung des Nährstoffniveaus ger Eutrophierung auftretende „Sauerstoff- geren Regelungen war ein Einbruch in der konnte ein sehr gut korrelierender Rückgang täler“ in den Ästuaren der Flüsse. Auch Alt- für Dänemark bedeutenden Hummerfische- des Phytoplanktons beobachten werden, und lasten aus dem Sediment führen regelmäßig rei, der mit den zu hohen Nährstoffgehalten mit einer zeitlichen Verzögerung nach Maß- zu Sauerstoffzehrungen, welche sich bis in in Verbindung gebracht wurde. Zu den um- nahmenbeginn nahm auch die Bedeckung das offene Gewässer hinaus erstrecken kön- fangreichen Maßnahmen gehörten neben mit Makrophyten und deren Tiefenwachstum nen. Dies stellt insbesondere für Wanderfi- einer Verstärkung der Abwassereinigung wieder zu – seit 2007 steigt dieses stetig an. sche ein zusätzliches Hindernis auf ihrem die Verpflichtungen zur Güllezwischenla- Auch bei der Fauna konnten Veränderungen v.l.o.n.r.u.: Blasentang (Foto: ©D. Florian – DMM), Intakter Blasentangbestand bei Lohme, Rügen (Foto: ©Ines Podszuk – DMM) Stark eutrophiertes Muschelbett, (Foto: ©W. Fiedler, Deutsches Meeresmuseum – DMM); Schwach eutrophierter Seegrasbestand (Foto: ©W. Fiedler, Deutsches Meeresmuseum – DMM) 5
Flussgebietseinheiten Minderungsbedarf der N-Einträge in Prozent Donau* – Eider 16 Elbe 22 Ems 48 Maas 2 –18 Foto: ©Dörte Bienert Oder** – Rhein*** 0 festgestellt werden. So wurde zwar eine Schlei/Trave 32 Abnahme der Biomasse der beobachteten Warnow/Peene 24–62 Arten verzeichnet, doch nahm ihre Diversi- tät zu. Grund dafür ist, dass im stark eutro- Weser 26 –36 phierten Bereich wenige Arten, hier Filtrie- * Donau: Bisher wurden keine Zielwerte für das Schwarze Meer durch die Internationale Kommission rer, in großen Massen dominierten, deren * Donau: Bisher zum Schutzkeine wurden der Donau festgelegt. Zielwerte für das Schwarze Meer durch die Internationale Kommission zum ** Oder: Bisher wurden keine Zielwerte durch die Internationale Kommission zum Schutz der Oder Population mit Rückgang der planktischen festgelegt. – ** Oder: Bisher wurden keine Zielwerte durch die Internationale Kommis- Schutz der Donaufestgelegt. sion zum Schutz der *** Oder festgelegt. Rhein: Derzeit – *** Rhein: kein Minderungsbedarf Derzeit in Bezug auf diekein Minderungsbedarf Küstengewässer, inzulässige da die maximal Bezug auf die Küsten- Algen schrumpft, so jedoch wieder Raum für Stickstoffkonzentration gewässer, da die maximal zulässige an der Messstation Bimmen/Lobith Stickstoffkonzentration an nicht überschritten wird. der Messstation Bimmen/Lobith nicht über- andere, an nährstoffärmere Bedingungen schritten wird. (Quelle: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Peter Mei- angepasste Arten zulässt. wald, Steffi Lemke, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/8482 –) Insgesamt lässt sich so eine Veränderung der Nahrungsnetze beobachten. Diese Ver- besserungen beziehen sich auf die Regionen in Küstennähe. Für die tieferen Meeresbe- reiche der Ostsee würde eine Reduzierung 1.. EErholungspfad 1 r h o l u n g s p fa d der Nährstoffe allein noch nicht ausreichen. Hier ist eine Verbesserung vor allem vom Nährstoff- belastung Einstrom sauerstoffreicheren Wassers aus der Nordsee abhängig. Jedoch würde eine Wassersäule Reduzierung des Nährstoffgehalts dazu füh- Nährstoff- konzentration ren, dass ein auf diese Art neu entstande- ner oxischer Wasserkörper über eine längere 2 r h o l u n g s p fa d 2.. EErholungspfad Zeit erhalten bleiben kann. Chlorophyll Schichtung (Mikroalgen) Bedauerlicherweise muss festgehalten wer- 3 3.. EErholungspfad r h o l u n g s p fa d den, dass Dänemark mit einer Novellierung Secchi Tiefe (Licht) seiner Dünge- und Nährstoffregelungen am 22.12.2015 seine bisherige Politik konse- quenter Nährstoffreduktion beendete und unter anderem die Regulierung der Dünge- Seegras Makroalgen Detritus Detritusfresser Filtrierer mittelmengen durch die entsprechende Düngeverordnung wieder zurückgenommen Nährstoffe Detritus Sediment hat. Als Grund hierfür wird der geringere erzielbare Preis bei Weizen angegeben, der Verändert nach: Riemann, B., Carstensen, J., Dahl, K. et al. Estuaries and Coasts (2016) 39 : 82. aufgrund der niedrigeren Proteingehalte doi:10.1007/s12237-015-9980-0 nicht mehr als Brotgetreide vermarktet wer- den kann. Eine vom Land Mecklenburg-Vorpommern resschutzes reicht vorerst in großen Teilen in Auftrag gegebene Studie (Kunkel et al.) des Gebiets Mecklenburg-Vorpommerns eine Bereits im Februar 2016 ging daraufhin eine modellierte einen landesweiten Überblick Reduzierung der N-Zugabe auf den Wert aus, entsprechende Mitteilung der Europäischen über die Stickstoffdynamik Mecklenburg- mit dem die 50 mg/l-Schutzziele für das Kommission mit Blick auf eine wahrschein- Vorpommerns und entwickelte Szenarien für Grundwasser eingehalten werden können. liche Verletzung europäischer Umweltricht- die Nährstoffminderung und deren Auswir- linien (WRRL, Nitrat-RL, Pestizid-RL, Grund- kungen auf die Ostsee. In einzelnen Gebieten, vor allem dort, wo wasser-RL) ein. Es bleibt zu hoffen, dass die Pufferkapazität der Böden für Nitrat be- Dänemark hier zu einer Lösung zurückfindet, Das überraschende Ergebnis: Für eine ef- reits verbraucht sind, müssten zusätzliche die den Gewässerschutz wieder sicherstellt. fektive Einhaltung der Zielvorgabe des Mee- Maßnahmen ergriffen werden. 6
Luftschadstoffemissionen aus der Landwirtschaft Vortrag von Amrei Münster – Deutsche Umwelthilfe e.V. / Green Air – beim GRÜNE LIGA-Seminar am 17. März 2016 in Berlin Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von fast 95 % Hauptemittent von Ammoniak (NH3). Diese giftige, gasförmige Stickstoff- Die Landwirtschaft ist für den Großteil der atmosphärischen Ammoniakemissionen in Deutschland verantwort- verbindung entsteht bei der Zersetzung von lich. Die Gülleausbringung mit dem Prallteller ist nicht mehr zulässig. (Foto: ©photoprojektrm · fotolia.com) Harnstoff und Eiweiß in tierischen Exkre- menten. Im Gegensatz zu anderen Schad- Eine Chance, diese Emissionen aus der Land- 2030 vorsieht. Diese wurden im Laufe der stoffen wie Schwefeldioxid oder Stickoxide wirtschaft zu verringern, bietet die Revisi- Verhandlungen – insbesondere von Seiten sind die NH3-Emissionen seit den 90er Jah- on der Richtlinie über Nationale Emissions- der Agrarverbände – heftig angegriffen und ren nur unwesentlich gesunken. höchstmengen NERC. Diese legt Verpflich- sukzessive herabgesenkt. Dadurch verrin- tungen zur Einhaltung nationaler Emissions- gert sich das Potential zur Verbesserung der Während in anderen Sektoren bereits erheb- höchstmengen für Stickstoff-, Schwefel-, Luftqualität in Europa deutlich. liche Fortschritte erbracht wurden, kommt Ammoniak- sowie flüchtige organische Ver- die Minderung von Schadstoffen aus der bindungen fest und hat in der Vergangenheit Die derzeit geltende Emissionshöchstmenge Landwirtschaft nur wenig voran. wesentlich dazu beigetragen, den Ausstoß von 550.000 t NH3 wird seit 2010 überschrit- gesundheits- und klimagefährdender Schad- ten. Maßnahmen für eine emissionsarme In der Atmosphäre reagiert NH3 mit sauren stoffe in Europa zu reduzieren. Lagerung und Ausbringung von Dünger, eine Luftschadstoffen (SO2 , NOx) zu sekundärem verbesserte Ausbringung von Harnstoff und Feinstaub. Dieser bleibt über eine längere Vor allem weil Luftschadstoffe grenzüber- Ureasehemmstoffen und eine stickstoffan- Zeit in der Atmosphäre und beeinflusst die schreitend betrachtet werden müssen, ist gepasste Fütterung würden zur Erreichung menschliche Gesundheit und die Ökosys- ein gesamteuropäisches Vorgehen wichtig, des Minderungsziels für 2030 von 29 % und teme. Studien zufolge verursacht die Luft- um die Belastung in den einzelnen Mitglied- gleichzeitig auch zum Klimaschutz beitra- schadstoffbelastung in Deutschland jährlich staaten zu verringern. Im Juni 2016 haben gen. Dabei müssen nur etwa 5 % aller land- 34.000 vorzeitige Todesfälle. Allein 45 % sich Ministerrat und Europäisches Parlament wirtschaftlichen Betriebe – vor allem große davon sind auf landwirtschaftliche Emissio- auf einen Rechtstext geeinigt, der verbind- Anlagen – adressiert werden. nen zurückzuführen. liche Minderungsziele für NH3 für 2020 und Land Flow (in m3/s) Stickstoff (in t) Phosphor (in t) wasser- luft- wasser- luft- gebunden gebunden Total gebunden gebunden Total Dänemark 313 40,881 15,914 56,795 1,797 1,797 Estland 452 25,362 3,180 28,542 667 667 Finnland 2,326 62,255 9,722 71,977 2,973 2,973 Deutschland 128 24,145 38,327 62,472 596 596 Lettland 1,369 81,539 3,457 84,996 3,109 3,109 Litauen 790 55,980 4,969 60,949 2,326 2,326 Polen 2,880 270,287 31,278 301,565 14,845 14,845 Russland 3,577 93,186 14,813 107,999 6,208 6,208 Schweden 5,863 104,702 14,207 118,908 3,649 3,649 Schiffsverkehr Ostsee 13,523 13,523 EU 20 39,987 39,987 andere Luftemissionen 29,227 29,227 atmosphärischer Phosphorgehalt 2,087 2,087 gesamt 17,698 758,337 218,604 976,947 36,168 2,087 38,255 Stickstoff- und Phosphoreinträge in die Ostsee (Quelle: HELCOM (Baltic Marine Environment Protection Commission) : Baltic Sea Environment Proceeding No 145 – updated 5th Baltic Sea Pollution Load Compilation (PLC 5.5), Helsinki Commission, Finnland) 7
Nährstoffbelastung der Binnengewässer In der bundesdeutschen Gesamtbetrachtung erreichten nur wenige Seen und Flussab- schnitte den mit der Wasserrahmenrichtlinie für 2015 angestrebten guten ökologischen Zustand. Nachdem die Nährstoffbelastung seit 1990 insgesamt deutlich reduziert wer- den konnte, waren im ersten WRRL-Bewirt- schaftungszeitraum selbst insgesamt keine Verbesserung erkennbar. Viele Seen sind in einem mäßigen oder schlechten ökologischen Zustand – diese Bilanz ist auch mehr als fünfzehn Jahre nach Einführung der WRRL weitgehend unverän- dert. Ihre Nährstoffbelastung ist nach wie vor hoch und führt zur Eutrophierung, mit den damit einhergehenden Folgen von ver- stärktem Planktonwachstum und häufig an- Ökologischer Zustand von 482 Seen in Norddeutschland, die im Nitrolimit-Projekt untersucht schließender Sauerstoffzehrung sowie Ver- wurden. Vereinfacht kann man sagen: Je geringer die Biomasse des Phytoplanktons, desto besser ist der ökologische Zustand von Gewässern. (Quelle: Nitrolimit „Stickstofflimitation in Binnengewässern“, 2016) änderung der Artenzusammensetzung. Die Begrenzung der Biomasse des Phyto- algen, stellt in den meisten Seen ein primäres i.d.R. weit über den Zielwerten. Insgesamt planktons, der im Wasser treibenden Mikro- Ziel für die Verbesserung des ökologischen besteht daher deutlicher Handlungsbedarf, Zustands dar. Eine zentrale Rolle kommt da- vor allem bei Flachseen. bei der Reduktion des Phosphors im Form „Zusammenfassend ist für den deut- des pflanzenverfügbaren Ortho-Phosphat „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass auch schen Teil der Flussgebietseinheit zu. Inwieweit auch Stickstoff eine Rolle als Stickstoff ein begrenzender Faktor der Phy- Elbe festzustellen, dass bezogen auf algenwachstums-limitierender Faktor zu- toplanktonbiomasse ist. Dies ist besonders die Gesamtlänge ca. 95 % der Was- kommt, war Gegenstand des mehrjährigen bei Flachseen und Flussseen während der serkörper, die als Fließgewässer, und Forschungsprojekts „Nitrolimit – Stickstoff- Sommermonate der Fall. In solchen Gewäs- bezogen auf die Gesamtfläche ca. limitation in Binnengewässern“ unter Lei- sern könnte eine Minderung der Stickstoff- 82 % der Wasserkörper, die als Seen tung des Lehrstuhls für Gewässerschutz an konzentration daher zu einer Verbesserung bewertet wurden, den „guten“ öko- der Brandenburgischen Technischen Univer- des ökologischen Zustands führen. In den logischen Zustand bzw. das „gute“ sität Cottbus - Senftenberg, dessen Ergeb- tiefen geschichteten Seen überwiegt dage- ökologische Potenzial nicht errei- nisse und Empfehlungen im Oktober 2016 gen der Anteil von Seen, in denen Phosphor chen. ...Für die meisten mit „mäßig“ abschließend vorgestellt wurden. Zwei For- die Biomasse begrenzt. Hier wäre bei den oder „schlechter“ bewerteten Fließ- schungsfragen standen hierbei im Zentrum: meisten Seen eine Minderung der P-Konzen- gewässer-Wasserkörper ist festzu- tration zielführend.“ stellen, dass ihre Einstufung durch Erstens: Ist Stickstoffreduktion ökologisch die Qualitätskomponenten Makro- sinnvoll? Zweitens: Ist Stickstoffreduktion Grundsätzlich nimmt die P-Limitation in zoobenthos, Fischfauna und Makro- wirtschaftlich vertretbar? polymiktischen Flachseen und in Flussseen phyten/Phytobenthos bedingt ist. im Laufe der Vegetationsperiode ab und die Bei den betroffenen Seen sind ur- Um den Einfluss von Stickstoff und Phosphor Häufigkeit von N-Limitation und anderen sächlich die Komponenten Phyto- auf die Gewässergüte von Seen zu untersu- Limitationszuständen, wie Lichtintensität, plankton und Makrophyten/Phyto- chen, wurden Daten von 482 Seen der Nord- Temperatur und Silizium zu. Bei den Flach- benthos zu nennen.“ deutschen Tiefebene mit 560 Messpunkten seen dominiert in den Sommermonaten (Juni (Quelle: Ergebnisse der Bewertung aus dem Zeitraum 2005 –2013 ausgewertet. bis September) die Limitation durch gelöste des ökologischen Zustands / ökologi- Auf dieser Basis konnten auch seentypische anorganische Verbindungen (Ammonium und schen Potenzials der Oberflächen- und saisonale Limitationsmuster sowie TN- Nitrat) gegenüber allen anderen Faktoren. wasserkörper in der FGG Elbe für die und TP-Zielwerte für das Erreichen eines Bei den Flussseen spielt die P-Limitation in Kategorien Fließgewässer, Seen, „guten Zustands“ ermittelt werden. Ent- diesem Zeitraum nur eine untergeordnete Übergangsgewässer und Küstenge- scheidend für die N- oder P-Limitation eines Rolle. wässer differenziert in den Koordi- Gewässers ist dessen N/P-Verhältnis. nierungsräumen für „natürliche“, Cyanobakterien der Ordnung Nostocales „erheblich veränderte“ und „künst- Der größte Teil der untersuchten Seen be- können zwar Stickstoff aus der Atmosphäre liche“ Gewässer; Bewirtschaftungs- findet sich weiterhin in einem mäßigen bis binden, ihr Einfluss ist jedoch in den meis- planentwurf FGG Elbe 2015. schlechten ökologischen Zustand. Die der- ten Seen gering und über den Jahreslauf zeitigen Konzentrationen von N und P liegen betrachtet sowie in Hinsicht auf die Eutro- 8
phierung zu vernachlässigen: Nur in Aus- Grundwasser in Gefahr – schen sind, zeigt sich auch im Verbands- nahmefällen machte unter den untersuchten Trinkwasserversorgung gebiet des Oldenburgisch-Ostfriesischen Seen die N-Fixierung im Hochsommer bis zu Wasserverbands (OOWV), des flächenmäßig 25 % der N-Versorgung aus. Zudem resul- unter Druck größten Wasserversorgers in Deutschland. tiert eine geringere N-Fracht auch in einem Die Entwicklung bei der Verschmutzung des geringeren Aufkommen von Nostocales, die Grundwassers macht niemandem größere Maßgeblich für die Grundwassergefährdung nur selten dominant sind. Sorgen als den Trinkwasserversorgern. Ei- ist die unterschiedliche Ausprägung der nige Wasserwerke berichten bereits heute Deckschichten im Versorgungsgebiet: Wäh- Die Verminderung des Nitrat-Eintrags hat von Nitratdurchbrüchen, geben Brunnen auf rend im nördlichen, friesischen Bereich Ton- auch keine unerwünschte Wirkung auf den oder weichen auf tieferliegende Grundwas- schichten dem unteren Grundwasserleiter internen Phosphor-Haushalt der untersuch- serleiter aus. Den aufgrund der überwiegend einen vergleichsweise guten Schutz bieten, ten Gewässer: Die Rücklösung von Phosphor von der Landwirtschaft verursachten erhöh- weist das Gewinnungsgebiet nördlich von aus dem Sediment wird durch den Nitrat- ten Aufwand für die Rohwassergewinnung Oldenburg sogenannte „geologische Fens- gehalt des Seewassers nicht beeinflusst. und die Kosten für die Trinkwasseraufberei- ter“ auf. In den Geestlagen des südlichen Entscheidend ist hier vielmehr die Verfüg- tung tragen die Wasserversorger und damit Versorgungsgebiets schließlich, in dem die barkeit von Eisen im Seesediment, die maß- letztlich die Verbraucher. Hier steht das Ver- größten Wassermengen gefördert werden, geblich durch Trophie und zu hohe Sulfat- ursacherprinzip auf dem Kopf. bieten die geologischen Verhältnisse nur einträge bestimmt wird. einen geringen Schutz für die Grundwasser- Wie dramatisch die Herausforderungen für leiter. In diesem Gebiet traten im Wasser- Wie die Ergebnisse von Nitrolimit zeigen, ist die Trinkwasserversorgung regional inzwi- werk Holdorf bis Mitte der 1980er Jahre die Stickstoffreduktion auch für Seen ökolo- gisch sinnvoll. Der Stickstoffumsatz in Fließgewässern wurde im Projekt Nitrolimit mit Freiland- methoden an der Elbe zwischen Schmil- ka und Geesthacht untersucht. Demnach werden in diesem Abschnitt jährlich etwa 10.000 t Stickstoff durch Denitrifikation dauerhaft entfernt. Anders als vielleicht erwartet finden die effektivsten Denitrifi- kationsprozesse nicht in den Buhnenfeldern statt, sondern in den gut durchströmten Sedimentschichten, da hier auch tiefere Schichten mit einbezogen werden. Ein Indiz für höhere Selbstreinigungskraft frei flie- ßender Flüsse. Die in die Elbe eingetragenen Stickstoff- frachten sind allerdings so hoch, dass selbst bei einer starken Reduzierung kein un- mittelbarer Effekt auf das Phytoplankton- wachstum im Elbstrom zu erwarten ist. An der Messstelle Schnakenburg lagen die Mit- telwerte der mittleren jährlichen Stickstoff- konzentrationen für den Zeitraum 2010 – 2015 bei 3,7 mg N / l für Gesamt-N und bei 3,0 mg/l für Nitrat-N und damit deutlich über dem von der LAWA verabschiedeten meeresökologischem Zielwert von 2,8 mg N/ l, der an der Übergangsstelle limnisch/ma- rin in Seemanshöft einzuhalten sind. Das Nitrolimit-Positionspapier vom Oktober 2016 fasst Ergebnisse, Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Projekts zusammen. Zielverfehlung im Grundwasser aufgrund von Nitrat (Karte Stand 22. März 2010): Im Jahr 2015 Ein Diskussionspapier vom Mai 2013 befasst waren mit 314 von 1.180 Grundwasserkörpern 26 % wegen Überschreitungen des Werts von 50 mg Nitrat pro Liter in einem „schlechten chemischen Zustand“. Dies entspricht 30 % (104.725 km2) der Gesamtfläche sich mit dem Einfluss von Stickstoff und Deutschlands. Nicht berücksichtigt ist, dass sich die die Nitratabbaukapazität der Böden durch kontinuierli- Phosphor auf die Gewässergüte von Seen: che Einträge irreversibel vermindert. (Quelle: WasserBLick / BfG) www.nitrolimit.de 9
derart stark steigende Nitratwerte auf, dass dementsprechend sinkt: Die gemessenen relevanten Gasen sowie von Eisen und tiefere Brunnen gebohrt werden mussten, hohen Nitratwerte im Grundwasser liegen Schwermetallen verbunden. Die vom Grund- um eine Belastung mit über 50 mg Nitrat also sogar noch sehr deutlich unter den tat- wasser gespeisten Bäche neigen daher zur pro Liter auszuschließen. In den Folgejah- sächlichen Einträgen in den Boden. Bezieht Verockerung, während die Schwermetalle ren konnten durch die Kooperationen mit man die Nitratgehalte vor Denitrifikation in zunächst in tieferliegende Schichten zwi- der Landwirtschaft sehr gute Erfolge bei der die Analyse ein, ergeben sich deutlich höhe- schengelagert werden und daher bislang nur Entlastung der oberflächennahen Grundwas- re Belastungen, im Fall von Thülsfelde muss in Einzelfällen bei den Trinkwasserbrunnen serleiter erreicht werden. mit etwa 32 mg „denitrifiziertem Nitrat“ zu- ankommen. Das Nitratabbauvermögen hängt sätzlich zum gemessenen Eintrag gerechnet von einer Reihe Faktoren ab, wie den geo- Das Wasserwerk Thülsfelde wies bis 2006 sin- werden. Die offiziellen Risikoabschätzungen logischen Verhältnissen, der Bodenmächtig- kende Trends in der Nitratbelastung auf, da- in Hinsicht auf den „guten Zustand“ des keit, dem Gehalt an organisch gebundenem nach stiegen die Nitratwerte jedoch wieder Grundwassers berücksichtigen diese Proble- Kohlenstoff sowie an zugänglichen Eisendi- an. Dieser Wiederanstieg ist u.a. auf den ver- matik bislang nicht. sulfiden und weiteren reduzierten anorgani- mehrten Einsatz von Wirtschaftsdüngern im schen Schwefelverbindungen. Zeitpunkt und Verbandsgebiet zurückzuführen, begründet Die Pufferkapazität der Böden ist aber be- Möglichkeit eines Nitratdurchbruchs sind durch die über 300 Biogasanlagen und die grenzt, die Denitrifikation ist ein endlicher unkalkulierbar. Zunahme des Maisanbaus sowie den wach- Vorgang, der vor allem an den Vorrat von senden Tierbestand in der Region. Die an umsetzbaren Sulfiden im Boden gebunden Eine umfangreiche Darstellung des kom- einzelnen Messstellen unter landwirtschaft- ist. Sobald der Vorrat aufgebraucht ist, plexen Faktorengeflechts enthält der im licher Nutzung ermittelte Nitratbelastung schlagen die Nitratwerte direkt auf die März 2015 erschienene DWA-Themenband erreichte Werte von 110 mg Nitrat pro Liter Messstellen durch. Zudem setzt die Deni- „Stickstoffumsatz im Grundwasser“, der und lag damit deutlich über dem Grenzwert trifikation im Untergrund Sulfat und Eisen auch Labor- und Feldversuche darstellt und für das Grundwasser und das Trinkwasser. frei und führt zur Verlagerung von Schwer- Berechnungsansätze zur konkreten Abschät- metallen, die Rede ist hier von Kadmium, zung der Nitratabbaukapazität beschreibt. Die in den Grundwassermessstellen ermit- Blei, Nickel, Zink, Kupfer und Chrom; selbst telte Nitratbelastung spiegelt die Dramatik Arsen gehört zu den zumindest temporär Regional sind im Grundwasser ebenfalls Kon- der Situation allerdings nur eingeschränkt mobilisierten Metallen. zentrationen der Abbauprodukte von Pflan- wieder, da während der Bodenpassage durch zenschutzmitteln festzustellen, die zu den Denitrifikation ein erheblicher Teil des Die mit dem Abbau von Eisen-Sulfiden ver- pflanzenschutzzulassungsrechtlich „nicht re- Stickstoffs bereits abgebaut wird und die bundene Denitrifikation ist mit erhöhten levanten“ Metaboliten zählen, jedoch kei- im Grundwasser ankommende Nitratfracht Sulfatwerten und der Freisetzung von klima- nesfalls ohne Schadwirkung sind. Mittlerer Nitratgehalt (mg/l) im noch jungen, oberflächennahen Grundwasser unter landwirtschaftlich genutzten Flächen im Wasserschutzgebiet Thülsfelde N (in mg/l) 100 jeweils 17 Messstellen 92 90 89 83 85 82 81 80 78 7 8 77 76 76 74 70 68 69 71 68 60 60 50 Trinkwassergrenzwert 40 30 20 10 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Messwerte des Wasserwerks Die MessungenThülsfelde: Mittlerer erfolgten bis maximal Nitratgehalt fünf Meter unterhalb (mg/l) im noch jungen,Das der Grundwasseroberfläche. oberflächennahen Grundwasser für die Grundwasser unter landwirtschaftlich Trinkwasseraufbereitung wird in tieferen genutzten Flächen im Wasserschutzgebiet Thülsfelde. Schichten gewonnen. Der Die Messungen zulässige erfolgten liegt Trinkwassergrenzwert bis max. bei 50 fünf mg/l.Meter unterhalb der Grundwasseroberfläche. Das Grundwasser für die Trinkwas- seraufbereitung wird in tieferen Schichten gewonnen. Der zulässige Trinkwassergrenzwert liegt bei 50 mg/l. – Quelle: Oldenburgisch-Ostfriesischer Wasserverband) 10
Der OOWV hat langjährige positive Erfah- Grund hierfür sieht der Verband in einem rungen mit Angeboten zum „Wasserschutz inkohärenten Rechtssystem: Die gelten- Der Oldenburgisch-Ostfriesischee durch Ökolandbau“. Inzwischen bietet er de Düngeverordnung sichert die Umset- Wasserverband (OOWV) ist eine innerhalb der Kooperation jedoch auch die zung der EG-Nitratrichtlinie nicht, denn Körperschaft des öffentlichen Maßnahme „Mais erfolgsorientiert“ mit 124 das landwirtschaftliche Fachrecht basiert Rechts. Die Satzung des OOWV be- beteiligten Betrieben an, bei dem das Un- auf Düngungsempfehlungen für einen öko- gründet eine klare Verpflichtung terschreiten von einem N-Überschuss von nomisch optimalen Ertrag, nicht auf der zum Ressourcenschutz. 80 kg pro Hektar finanziell mit bis zu 150 wasserwirtschaftlichen Zielvorgabe von Der Verband hat in den vergange- Euro honoriert wird. Die Auszahlung rich- maximal 50 mg Nitrat/l. Die Saldovorgabe nen 25 Jahren ca. 2.500 ha gekauft tet sich nach Höhe des Herbst-Nmin-Wertes. der Düngeverordnung von 60 kg N/ha im (Kosten: ca. 45 – 50 Mio. Euro), da- Problematisch ist allerdings, dass nicht die dreijährigen Mittel führt nicht zur Einhal- von wurden ca. 1.000 ha aufgefor- gesamte Betriebsfläche in das Programm tung des 50 mg-Grenzwerts. Zudem fehlt stet. Eine wichtige Strategie zum eingebracht werden muss. ein Instrumentarium, um auf Fehlentwick- Grundwasserschutz ist die Förde- lungen direkt einwirken zu können. Ur- rung des Ökologischen Landbaus „Das Ziel ist klar: Wir wollen möglichst wenig sachen für die Qualitätsverschlechterung (wenig Stickstoff, keine Pflanzen- Nitrat in unserem Grundwasser! Das kann nur für die Region Weser-Ems sind laut OOWV schutzmittel). durch eine enge Zusammenarbeit von Land-, die weitere Intensivierung der Tierproduk- Der kooperative Grundwasserschutz Forst- und Wasserwirtschaft erreicht werden: tion, das Verweilen des Produktionszweigs wird über die Wasserentnahmege- Es müssen „Trinkwasser-Landschaften“ mit Biogas auf hohem Niveau, der konstant bühr des Landes Niedersachsen ge- einer möglichst Grundwasser schonenden Be- hohe Maisanteil an der Fruchtfolge, Grün- fördert. Zudem existieren Pachtver- wirtschaftung entwickelt werden. Artenviel- landumbrüche (auch zur Vermeidung des einbarungen mit Zielvorgaben. falt und Aufforstung soll gefördert und die Dauergrünland-Status) und der steigende Weiterführende Informationen: Umstellung auf ökologischen und Grundwas- Mineraldüngerabsatz. www.oowv.de ser schonenden Landbau unterstützt werden. Der Einsatz von Dünger sollte sich gezielt am Trotz steigendem Wirtschaftsdüngeranfall Bedarf der Pflanzen orientieren – das Wasser- und steigenden N-Emissionen in das Grund- und Ordnungsrecht muss dieses regeln.“ wasser kam es bislang nicht zur Anpassung bringungskosten für überschüssigen Wirt- der Düngeverordnung. Zudem resultieren ge- schaftsdünger erhöhen den Druck auf die Der OOWV beklagt eine sehr große Wahr- stiegene Flächenkosten in einer verringer- landwirtschaftlichen Flächen. Nicht nur aus scheinlichkeit für eine weitere zukünftige ten Akzeptanz für freiwillige Vereinbarun- Sicht der Wasserversorger gilt es, die Vor- Qualitätsminderung beim Grundwasser. Den gen im Wasserschutz, und steigende Ver- sorge unbedingt zu stärken. Anzahl Tiere bzw. Biogasanlagen Dung- und Gärrestanfall Saldo 2,6 Mio. 38,77 Mio. t Gülle Gesamt-Stickstoff 8,78 Mio. t 326.446 t* Festmist und HTK = 127 kg/ha LF 10,7 Mio. 47,55 Mio. t *nach Abzug von Stall- und Lagerverlusten Dunganfall abzüglich 7,50 t anrechenbarer Input in Stickstoff Biogasanlagen 198.974 t 105 Mio. = 78kg/ha LF 19,56 t Gärreste Gesamt-Phosphor (einschl. pflanzl. Substrate) (als P2O3) 1520 59,51 t 165.308 t Dung- und = 64 kg/ha LF Gärrestanfall +0,4 Mio. t Zunahme gleichbleibend ggü. 2013/2014 Aktuelles Wirtschaftsdüngeraufkommen in Niedersachsen: Laut niedersächsischem Nährstoffbericht aus dem Jahr 2015 fielen landesweit 59,5 Mio t Dung- und Gärreste an. (Quelle: Landwirtschaftskammer – Nährstoffbericht in Bezug auf Wirtschaftsdünger für Niedersachsen, 2014/2015) 11
Zielvorgaben zur Nährstoff- reduzierung kg N/ha Ursprungswerte Trend (gleitendes 3-Jahres-Mittel, landwirtschaftliche bezogen auf das mittlere Jahr) Europäische Vorgaben und die selbstgesteck- Nutzfläche ten Ziele der Bundesregierung zur Nährstoff- 160 148 reduktion in der Landwirtschaft werden ak- 140 tuell weit verfehlt. Die Nachhaltigkeitsstra- 130 tegie der Bundesregierung (2002) formuliert 120 ein N-Bilanzsaldo im Sinne einer Hoftorbi- 100 101 lanz von maximal 80 kg N/ha landwirtschaft- liche Nutzfläche als bundesweites Ziel, das 80 Ziel 2010: 80 bis 2010 erreicht sein sollte. Fünf Jahre nach 60 diesem Termin hielt das Umweltbundesamt 40 jedoch fest, dass dieses Ziel weiterhin nicht erreicht wird: Der bundesweite Mittelwert 20 lag 2015 bei etwa 97 kg N/ha landwirtschaft- 0 liche Nutzfläche, also rund 20 kg zu hoch. 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 Zu unterscheiden ist dabei einerseits zwi- schen Zielwerten im Sinne einer Hoftor- Entwicklung der Stickstoffüberschüsse in Deutschland seit 1990 (Quelle: F. Taube, C. Henning, bilanz, die sämtliche in die Atmosphäre so- E. Albrecht, T. Reinsch und C. Kluß : Nährstoffbericht des Landes Schleswig-Holstein – Im Auftrag des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume) wie in Gewässer oder Grundwasser gehenden Verluste beinhaltet, und andererseits den Stickstoffbilanzsalden im Sinne einer Flä- Ein weiteres Problem stellen die atmosphä- zudem, dass auch die Stickstoffbelastung chenbilanz, die keine atmosphärischen Ver- rischen Ammoniak-Emissionen dar, die ganz der terrestrischen Ökosysteme bisher nicht luste berücksichtigt. überwiegend aus der Landwirtschaft (95 im notwendigen Umfang verringert wurde: Prozent) durch Lagerung und Ausbringung Der Eintrag von Stickstoffverbindungen mit Nach Einschätzung der Kommission Land- von Wirtschaftsdüngern resultieren. Auch ihren eutrophierenden und versauernden wirtschaft und Umwelt (KLU) beim Um- hier erfüllt Deutschland die Auflagen nicht Wirkungen gefährdet mehr als die Hälfte al- weltbundesamt muss hinsichtlich des 80 kg und die Werte stagnieren deutlich über dem ler Gefäßpflanzenarten in Deutschland. Die N/ha-Ziels der Nachhaltigkeitsstrategie be- Grenzwert von 550.000 t/a. „Critical Loads“ für eutrophierenden Stick- rücksichtigt werden, dass durchschnittlich stoff wurden 2009 auf ca. 48 Prozent der Flä- 30 kg N/ha gasförmige Verluste in die Umwelt Dabei wäre der Großteil der landwirtschaftli- chen, die für Versauerung noch auf 8,5 Pro- gelangen. Der im Sinne einer Flächenbilanz chen Emissionen technisch leicht vermeidbar. zent der Flächen empfindlicher Ökosysteme geltende Grenzwert der Düngeverordnung für Und schließlich trägt das bei der Produktion überschritten. den Stickstoffbilanzsaldo sollte daher von und Aufbringung von Dünger resultierende bislang 60 auf 50 kg N/ha landwirtschaftli- Lachgas N2O als gefährliches Treibhausgas er- Entscheidend für die Minderung von Stick- che Nutzfläche gesenket werden. heblich zur allgemeinen Klimaerwärmung bei. stoffeinträgen in gelöster und gasförmiger Form sind die Begrenzung des Stickstoff- In den Jahren 2006 bis 2008 stammten mit Insgesamt ist die Landwirtschaft in Deutsch- überschusses im Pflanzenbau sowie Minde- ca. 77 Prozent über drei Viertel der Gesamt- land mit 57 Prozent die größte Quelle für Ein- rungsmaßnahmen in der Tierhaltung. stickstoffeinträge in die Binnengewässer aus träge von reaktivem Stickstoff in die Umwelt. der Landwirtschaft (UBA, 2013). Die Nationale Biodiversitäts-Strategie belegt „Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland mindestens eine Zielwert, berechnet als Mittelwert für Deutschland insgesamt, Halbierung der Stickstoffeinträge notwendig ist, um bestehende eine wenig aussagekräftige Größe. Erforderlich seien vielmehr nationale und europäische Qualitätsziele zu erreichen. In stark eine regionale Betrachtung bzw. regionale Zielwerte, die stan- belasteten oder empfindlichen Gebieten werden noch weiterge- dörtliche Gegebenheiten berücksichtigen wie u.a. die jährliche hende Minderungen erforderlich sein“ (SRU 2015). Wissenschaft- Sickerwassermenge. liche Schätzungen kommen laut SRU zu dem Ergebnis, dass global die Zurückführung der N-Umwandlung für Düngemittel von 120 „Geht man von einem Schutzgut-bezogenen Ansatz aus, dann ist auf 60 Mio. t notwendig ist. Eine aktuelle Studie im Auftrag des als Indikator nicht länger die (nationale) N-Überschuss relevant, Umweltbundesamts (Bach 2014) kommt zu dem Ergebnis, dass sondern in Bezug auf das Grundwasser der Anteil der Analysege- rechnerisch eine Reduzierung der Stickstoff-Überschüsse um biete, deren NO3-Konzentration im Sickerwasser den WRRL-Grenz- durchschnittlich 43 kg pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche wert unter-/überschreitet, und in Bezug auf NH3- und NO2-Emis- notwendig wäre, um bundesweit einen Wert von 50 mg Nitrat pro sionen der Anteil der Flächen, deren Critical Load für Stickstoff Liter im Sickerwasser einzuhalten. Allerdings sei ein nationaler unter-/überschritten wird“ (Bach, 2014). 12
Der Nährstoffbericht des „Diese Unsicherheiten untermauern die Thorsten Reinsch vom Institut für Pflanzen- Landes Schleswig-Holstein Forderungen verschiedener wissenschaft- bau und Pflanzenzüchtung der Christian- licher Beiräte, das Düngerecht zu ändern Albrechts-Universität in Kiel formulierte auf und im Rahmen der Novellierung der DüV dem GRÜNE LIGA-Seminar in Kiel folgende Der Nährstoffbericht des Landes Schleswig- die Hoftorbilanz verpflichtend ab 2018 zu Schlussfolgerungen zum Nährstoffbericht Holstein ermittelt und vergleicht auf einer implementieren. Nur die Hoftorbilanz kann des Landes: „Die regionale Konzentration Datenbasis des Jahres 2010 Stickstoff- und die Nährstoffsituation und Nährstoffeffi- der Tierhaltung und Biogaserzeugung hat ein Phosphatsalden nach zwei unterschiedlichen zienz des Gesamtbetriebes valide abbil- Ausmaß erreicht, das Konzepte zur besseren Methodiken. Dabei kommt es zu deutlichen den. Die Flächenbilanz dient darüber hi- Verteilung der Nährstoffe im Lande erfordert. Unterschieden der resultierenden Erträge naus lediglich zur Überprüfung der Dün- Der dortige weitere Zubau von Tierhaltungs- beziehungsweise N-Salden, die im Bereich geplanung auf der Skalenebene einzelner anlagen ist zu hinterfragen. Die Stickstoff- von bis zu 30 % liegen; die Autoren gehen Feldschläge.“ überschüsse der Landwirtschaft in Schles- davon aus, dass die höheren Werte die tat- wig-Holstein für das Berechnungsjahr 2010 sächlichen Größenordnungen eher wieder- Die im Nährstoffbericht Schleswig-Holstein zeigen an, dass es einen dringenden Hand- geben. Letztlich bedingen v.a. die zur Ver- berechneten Szenarien basieren jeweils auf lungsbedarf gibt (entsprechend DüV von fügung stehenden Eingangsdaten die darge- Annahmen gemäß Düngeverordnung (DüV) 2006).“ stellte Bandbreite der N-Salden. 2006, gemäß den Vorschlägen der Bund- Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) zur Novel- Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Diese reichen von durchschnittlich + 51 lierung der DüV sowie gemäß DüV-Entwurf Situation seit 2010 signifikant verbessert kg N/ha nach Bach (2014) auf Basis 2015 für die Jahre nach 2018. Der Bericht hat, im Gegenteil: Der Gülleanfall von mehr von kalkulierten Nettoflächensalden, belegt ein gravierendes Verteilungsproblem als 50.000 Kühen zusätzlich und tendenziell die eine scheinbare „gute fachliche Pra- von Wirtschaftsdüngern in Schleswig-Hol- eher steigende Nitratwerte im Grundwasser xis der Düngung“ im Lande suggerieren, stein, bedingt durch das geballte Auftreten deuten auf eine Verschlechterung der Situ- bis + 118 kg N/ha nach Henning/Taube von Tierhaltungsbetrieben und Biogasanla- ation hin. Des Weiteren stünden dem volks- auf Basis von Bruttosalden, die potentiell gen in Schwerpunktregionen. wirtschaftlich gesehen relativ geringen negative Umwelt-Effekte abbilden. Nutzen, den der Einsatz von reaktivem Stick- Atmosphäre NH3- Verluste 112.504 t N-Deposition tierische organische Mineral- Kompost 123.506 t Ausschei- Düngung düngung Klärschlamm dungen inkl. 299.804 t Leguminosen 356.829 t Gärreste 13.110 t N-Abfuhr 313.804 t 383.436 t Gärreste 65.097 t N-Zufuhr gesamt 613.272 t Landwirtschaftlich genutzte Fläche: N-Bilanz-Überschuss 2.508.656 ha 229.836 t = 88 kg/ha LF Oberflächen- gewässer Immobilisierung Grünland ca. 43.900 t Mobilisierung zus. Maisanbau ca. 6.417 t N-Überschuss im Boden 311.355 t Mobilisierung Grünland-Umbruch ca. 18.985 t abzüglich Denitrifikation im Boden 108.898 t Immobilisierung Grünland-Zunahme ca. 1.715 t Immobilisierung Forst N-Austrag 202.457 t ca. 21.770 t Direktabfluss pot. N-Konzentration im Sickerwasser Basisabfluss Grundwasser Darstellung des Basis-Emmissionsmonitoring 2014 (Stickstoffemmission) für das Land Niedersachsen, verändert: Wo verbleiben die jährlichen Stickstoff-Überschüsse? Von den jährlich circa 100 kg Stickstoffüberschuss pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche sickern ca. 40 kg N/ha ins Grundwasser, 30 kg N/ha gehen in die Atmosphäre und circa 8 kg N/ha belasten in Form von Lachgas die Umwelt. Ein marginaler Anteil von ca. 5 kg N/ha wird im Boden gespeichert. (Quelle: Landwirtschaftskammer – Nährstoffbericht in Bezug auf Wirtschaftsdünger für Niedersachsen, 2014/2015) 13
links: Stickstoff-Flächenbilanz-Salden 2010 auf Kreisebene (nach DüV, 2006) nach Bach (2014) – rechts: Stickstoff-Flächenbilanz-Salden 2010 auf Kreisebene (nach DüV, 2006) nach Henning/Taube (2013) (Quelle: Nährstoffbericht des Landes Schleswig-Holstein – Im Auftrag des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, 2015) stoff der Landwirtschaft einbringt, ver- Die industrialisierte landwirt- gleichsweise hohe gesellschaftliche und schaftliche Biomasseproduktion ökologische (Folge-)Kosten für die mensch- vor allem von Mais und Raps wirkt liche Gesundheit und die Ökosysteme gegen- sich negativ auf Trinkwasserres- über. In der Summe belaufen sich die Kos- sourcen und Gewässer aus. ten für die Gesellschaft im Durchschnitt auf Besonders kritisch ist der boomen- 200 –300 Euro/ha Landnutzung. de Anbau von Silomais zur Verstro- mung in Biogasanlagen. Es sei davon auszugehen, dass die Novel- lierung der DüV an der Problemlage nichts Maisanbau im 5 m-Gewässerrandstreifen an der Hohe Einträge von Nährstoffen Wesentliches ändere, da u.a. die hohen Seeve in Niedersachen (Foto: ©Ludwig Trent) und Schadstoffen in Grund- und „Ernte-Aufschläge“ im Futterbau nominal die Oberflächenwasser durch: N-Bilanzsalden gerade in den Regionen „po- hohen Mineraldüngereinsatz sitivieren“, die der Überwachung im Rahmen Der Nährstoffbericht Niedersachsen weist und unreglementierte Ausbrin- der WRRL unterliegen. Kritisch zu sehen seien zudem darauf hin, dass sich die Bewer- gung von Gärresten auch die zu langen Übergangsfristen und die tung der Situation mit der Novellierung Erosion (Phosphateintrag) und nicht wissenschaftlich fundierten P-Salden. der DüV verschärfen wird. Im Nährstoff- Humuszersetzung Am Ende der Betrachtungen steht schließ- bericht Niedersachsen wird darüber hin- erhöhten Pestizideinsatz lich die völlig offene Frage: „Wer behebt mit aus kurz die Problematik des Im- und Ex- welchem Personal das bisherige Vollzugs- port von Düngemitteln angerissen. Das Erosion und beschleunigte defizit?“ Fehlen einer schlüssigen und konsisten- Bodenzerstörung führen zu: ten Transportdatenbank verhindert hierzu Verlust von Bodenfruchtbarkeit Nährstoffberichte liegen auch für Nieder- eine umfassende Problemanalyse und damit und Wasserhaltevermögen, insbe- sachsen und Nordrhein-Westfalen vor. Wäh- letztlich auch die Kontrolle der ordnungsge- sondere durch Abbau von Humus rend die Modellierung in Schleswig-Holstein mäßen Verbringung. Eintrag von Feststoffen (Sand, den Mineraldüngereinsatz einberechnet, ver- Feinsediment), die die Gewässer- wenden diese Nährstoffberichte auf Grund Die Schlussfolgerungen aller drei Bundeslän- lebensräume veröden mangelnder Datenlage im Bereich Mineral- der stimmen jedoch überein: Die verbrach- Zerstörung von Torfböden durch dünger lediglich nur Basisdaten zum Vieh- ten Mengen an Stickstoff auf den landwirt- fortgesetzte Entwässerung, ver- bestand und zum Wirtschaftsdünger. Ohne schaftlichen Flächen sind zu hoch, bereits bunden mit immensen CO2-Emissi- Angaben zu Mineraldüngern ist davon aus- bestehendes Recht wird nicht konsequent onen zugehen, dass die Nitratbelastung in beiden genug umgesetzt und es besteht ein großer Bundesländern unterschätzt wird. Handlungsbedarf sowie ein deutliches Ein- sparpotential im Bereich der Düngung. 14
Sie können auch lesen