IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.

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IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
Klimaneutrale
Landwirtschaft
Graubünden

IDEEN
KATA
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                 Bündner Bäuerinnen
                 und Bauern engagieren sich
                 für den Klimaschutz.
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
2 Einleitung                                                                                             Inhaltsverzeichnis                                                                             3

                      Neutral ist nicht banal!                                                           Gut zu wissen                                  Bereich Düngung
                                                                                                                                                        34 Klimafreundliche Düngung
                                                                                                         04 Klimawandel findet statt!
                      Neutral tönt gut und simpel. Wer weder zu sehr auf die eine noch auf die ande­                                                    35 Organische Düngung
                                                                                                         05 Gase als Treiber des Klimawandels
                      re Seite kippt, ist normalerweise neutral. Die Schweiz hat auf dem politischen                                                    36 Pflanzenkohle, Terra Preta

                                                                                                                                                                                                            EINLEITUNG
                                                                                                         08 Kohlendioxid CO2
                      Parkett grosse Erfahrung mit Neutralität. Nur in Sachen Klimawandel hat sie das                                                   37 Emissionsarme Ausbringung
                                                                                                         09 Methan CH4
                      nicht. Denn Klimaneutralität ist alles andere als banal. Der Bundesrat will die
                                                                                                         10 Lachgas N2O                                 Bereich Landnutzungsänderung
                      Schweiz bis 2050 zwar klimaneutral machen. Er setzt dabei aber nicht nur auf                                                      38 Agroforst
                                                                                                         11 Alles eine Frage der Systemgrenze
                      Massnahmen im Inland, sondern auch auf käufliche Emissionszertifikate im Aus­                                                     39 Permakultur
                      land. Dieser Weg ist der Landwirtschaft verwehrt. Dafür haben die Bäuerinnen                                                      40 Biointensives Mikrofarming
                      und Bauern die Möglichkeit, nicht nur klimaneutrale, sondern sogar klimapositive   Tierhaltung                                    41 (Wieder-)vernässung von Böden
                      Massnahmen umzusetzen. Der Boden kann schliesslich CO2 speichern, und Gülle
                                                                                                         Bereich Fütterung

                                                                                                                                                                                                            T I E R H A LT U N G
                      kann in Biogasanlagen in Energie verwandelt werden, welche Erdöl ersetzt.          13 Weidehaltung
                                                                                                                                                        Energieproduktion
                      Einfach ist es trotzdem nicht. Unser Ziel ist ambitioniert: Wir wollen, dass der   14 Exkurs: Der Wiederkäuer als Klima-
                                                                                                            Sündenbock?                                 Bereich Energieproduktion ohne Koppelprodukte
                      Kanton Graubünden der erste Schweizer Kanton ist, der Lebensmittel klima­
                                                                                                         15 Klimafreundliche Rationengestaltung         43 Solarenergie
                      neutral produziert. Bündner Bauern und Bäuerinnen wollen und sollen aus eigener
                                                                                                         16 Methanhemmende Fütterung                    44 Windenergie und Wasserkraft
                      Kraft klimaneutral werden. Das braucht nicht nur viel Mut und Unternehmungs­
                                                                                                                                                        45 Holzenergie
                      geist, sondern auch Kenntnis der vielen verschiedenen Möglichkeiten, Treibhaus­    Bereich Stallmanagement
                                                                                                                                                        46 Energiespeicherung
                      gase zu vermeiden.                                                                 17 Reduktion verschmutzter Flächen
                                                                                                         17 Exkurs: Ammoniak und das Klima              Bereich Energieproduktion mit Koppelprodukten
                      In unserem Ideenkatalog listen wir auf, was aktuell zur Reduktion der Treibhaus­
                                                                                                                                                        47 Pyrolyse (Wärme und Kohle)

                                                                                                                                                                                                            P F L A N Z E N B AU
                                                                                                         18 Optimiertes Stallklima
                      gase aus der Landwirtschaft am meisten diskutiert wird. Es gibt aber sicher noch
                                                                                                                                                        48 Biogas (Wärme, Strom, Dünger)
                      mehr. Wir sind offen für Ideen und Anregungen!                                     Bereich Herdenmanagement
                                                                                                         19 Zucht und Rassenwahl
                      Eure Projektgruppe Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden
                                                                                                         20 Züchtung auf Langlebigkeit                  Energieverbrauch
                                                                                                         Bereich Hofdüngermanagement
                                                                                                                                                        Bereich Maschinen und Gebäude
                                                                                                         21 Abdecken von Güllebehältern
                                                                                                                                                        51 Eco-Drive: Umweltschonend fahren

                                                                                                                                                                                                            ENERGIEPRODUKTION
                                                                                                         22 Gülleaufbereitung
                                                                                                                                                        52 Fahrzeuge und Geräte mit Elektroantrieb
                                                                                                         22 Exkurs: Wo Lachgas ist, gibt es nichts zu
                                                                                                            lachen                                      Bereich Ökonomiegebäude

                                                                                                         23 Güllezusätze und -behandlung                53 Gebäude

                                                                                                         24 (Mist-)Kompostierung                        Bereich Geräte und Anlagen
                                                                                                         25 Exkurs: Wie man Mist zu Gold machen kann    54 Energetische Optimierung
                                                                                                                                                        Bereich Abfallmanagement
                                                                                                                                                        55 Recycling und Second Life
                                                                                                         Pflanzenbau
                                                                                                                                                        56 Klimafreundliche Verpackung

                                                                                                                                                                                                            E N E R G I E V E R B R AU C H
  Impressum
                                                                                                         Bereich Boden                                  Bereich Organisation
  Copyright Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden, 2021
  Texte Eveline Dudda, Hinterforst                                                                       27 Humusaufbau und Kohlenstoff-Speicher        57 Überbetriebliche Zusammenarbeit
  Gestaltung und Bilder Giorgio Hösli, Mollis oder angegeben                                             28 Exkurs: Humus als Klimaretter?
  Korrektorat Emilia Fromm, Malans und Edi Malgiaritta, Müstair
                                                                                                         29 Bodenbearbeitung
  Druck Tipografia Menghini SA, Poschiavo
                                                                                                         Bereich Sorten und Züchtung
                                                                                                                                                        Ausblick
                                                                                                         30 Klimafreundliche Fruchtfolge                58 Die Welt ist in Bewegung

  www.klimabauern.ch                                                                                     33 Standortangepasste Sorten
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
4 Gut zu wissen                                                                                                                                              Gase als Treiber des Klimawandels                                                                                                       5
    Wer sich mit Klimaneutralität beschäftigt, sollte                           ge wenige Aspekte und Diagramme. Mit unseren                                 Die Luft über uns ist zwar unsichtbar, aber nicht                                halbes Promille der gesamten Erdatmosphäre
    ein paar Fakten und Basisinformationen kennen.                              Links und Buchtipps am Seitenrand kann die Spu­                              leer. Sie enthält zahlreiche Gase. Darunter Koh­                                 aus, dennoch haben sie entscheidenden Einfluss
    Wir fassen uns kurz und begrenzen uns auf eini­                             rensuche fortgesetzt werden.                                                 lendioxid CO2, Methan CH4 und Lachgas N2O.                                       auf das Klima. Sie sorgen dafür, dass ein Teil der
                                                                                                                                                             Diese Gase machen zusammen nicht einmal ein                                      Energie, die über die Sonneneinstrahlung auf
                                                                                                                                                                                                                                              der Erde ankommt, nicht wieder vollständig in
                                                                                                                                                                                                                                              Form von Infrarotstrahlung abgestrahlt wird,
    Klimawandel findet statt!                                                                                                                                                   WAS SIND SCHON EIN PAAR GRAD ?

                                                                                                                                                                                                                                                                                                         EINLEITUNG
                                                                                                                                                                                Das Ende der letzten Eiszeit liegt rund                       sondern als Wärmeenergie in der Atmosphäre
                                                                                                                                                                          11’000 Jahre zurück. Während der Eiszeit war                        bleibt. Sie werden deshalb «Treibhausgase» ge­
    Natürlich gab es auch in der Vergangenheit wär­                             ständig wärmer wird, sondern auch, dass unser                                             es weltweit rund 4 Grad kälter als heute. Die                       nannt, und ihre Wirkung nennt man «Treibhaus­
    mere Perioden und eisigere Zeiten. Für manche                               Land sozusagen ein Hot-Spot in Sachen Klima­                                              Hälfte von Europa, Amerika und Teile Asiens                         effekt». Das ist nicht nur schlecht, denn ganz
    Klimaskeptiker ist das immer noch Grund genug,                              erwärmung ist. Seit etwa 30 Jahren steigen die                                            waren damals von dicken Eismassen bedeckt.                          ohne Treibhausgase wäre das Klima auf der
    den Klimawandel in Frage zu stellen. Die über­                              Temperaturen in der Schweiz nämlich doppelt so                                            Ein paar Grad mehr oder weniger machen of-                          Erde rund 33 Grad kälter. Ein Leben auf der Erde
    wältigende Mehrheit der Klimaforscher ist aller­                            schnell wie im weltweiten Durchschnitt. Die Jah­                                          fensichtlich einen grossen Unterschied!                             wäre so nicht mehr möglich, jedenfalls nicht für
    dings überzeugt, dass es a) einen Klimawandel                               resdurchschnittstemperatur ist hierzulande seit                                                                                                               uns Menschen.1
    gibt und b) der Mensch schuld daran ist. 1 Dass                             1864 bereits um rund 2 °Celsius (Stand 2018) ge­
    sich die Erde erwärmt, kann mit unzähligen Da­                              stiegen. Seit rund 30 Jahren war kein Jahr in der
                                                                                                                                                               Konzentration der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas in der Atmosphäre
    ten von Wetterstationen belegt werden, unter                                Schweiz kühler als der Durchschnittswert der
                                                                                                                                                               während der zurückliegenden 20 000 Jahre (0 entspricht Jahr 2000)
    anderem mit den Daten von MeteoSchweiz. Die­                                Jahre 1961 bis 1990.2
    se Daten zeigen nicht nur, dass es in der Schweiz                                                                                                                              400

                                                                                                                                                                                    350

                                                                                                                                                         parts per million (ppm)
                                                                                                                                                                                                                                                             Beginn Industrialisierung um 1850
                                                                                                                                                                                                                      Ende letzter Eiszeit
                                                                                                                                                                                    300
    Jahres-Temperatur Basel/Binningen 1755 – 2020
                                                                                                                                                                                                n Kohlendioxid
    Abweichung vom Durchschnitt 1871 – 1900                                                                                                                                         250

                                                                                                                                                                                    200

                     3.0
                                                                                                                                                                                     20 000                               15 000             10 000                        5000                  0

                                                                              20-jähriges Mittel Temperatur
                     2.0                                                      Schweiz, Binningen                                                                                   1600

                                                                                                                                                         parts per billion (ppb)
                                                                                                                                                                                                                                                             Beginn Industrialisierung um 1850
  Abweichung in °C

                                                                                                                                                                                   1200                               Ende letzter Eiszeit
                     1.0
                                                                                                                                                                                    800         n Methan

                     0.0                                                                                                                                                           400

                                                                                                                                                                                      0
                                                                                                               20-jähriges Mittel Temperatur
                     -1.0
                                                                                                               Global (Land und Meere)
                                                                                                                                                                                     20 000                               15 000             10 000                        5000                  0

                     -2.0
                                                                                                                                                         parts per billion (ppb)

                                                                                                                                                                                    800
                            1760   1780   1800    1820     1840     1860      1880     1900     1920     1940      1960     1980      2000     2020

                                                                                                                                                                                   400           n Lachgas
    n Jahre über dem Durchschnitt 1871 – 1900 Schweiz                                 Quelle: Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz

    n Jahre unter dem Durchschnitt 1871 – 1900 Schweiz
                                                                                                                                                                                      0

                                                                                                                                                                                     20 000                               15 000             10 000                        5000                  0

                                                                                                                                                                                    Quelle: Alfred-Wegener-Institut AWI

         1 www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-es-gibt-noch-keinen-wissenschaftlichen-konsens-zum-klimawandel
         2 www.meteoschweiz.admin.ch/ home/klima/klimawandel-schweiz.html                                                                                         1 www.klimafakten.de/meldung/was-wir-heute-uebers-klima-wissen-basisfakten-zum-klimawandel-die-der-wissenschaft
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
6   Seit Beginn der Industrialisierung ist die Konzen­                            zuvor. Der Methangehalt hat 2019 mit 1866 ppb                            Die Menge macht’s ... nicht nur                                           Erwärmungspotential rücken immer mehr neue         7
    tration von Kohlendioxid und anderen Treibhaus­                               (ppb =Teilchen pro Milliarde Luftmoleküle, glo­                          Bei den Treibhausgasen kommt es nicht allein                              synthetische Gase ins Rampenlicht, die bislang
    gasen in der Atmosphäre gestiegen. Zugleich                                   baler Durchschnitt) bereits rund das Zweiein­                            auf die Menge an, sondern auch auf das jeweilige                          noch ausser Acht gelassen wurden. Sulfurylfluo­
    wurden – und werden – grosse Waldflächen ab­                                  halbfache des vorindustriellen Niveaus erreicht.                         Potential, das Klima zu erwärmen. Dieses Erwär­                           rid ist eines davon. Dieses Gas ist 4000 mal so
    geholzt oder abgebrannt und Moore trocken­                                    Auch bei Lachgas ging diese Kurve nach oben:                             mungspotential wird als GWP (Global Warming                               klimaschädlich wie CO2, und es kommt immer
    gelegt. Das führt zur Freisetzung weiterer Treib­                             Seit Beginn der Industrialisierung hat dessen                            Potential) bezeichnet. Das GWP von Kohlendi­                              öfter zum Einsatz. Es wird zum Beispiel beim Ex­
    hausgase, und gleichzeitig gibt es dadurch auch                               Konzentration von 270 ppb auf mehr als 330 ppb                           oxid liegt bei 1, das von Methan bei 28 und das                           port von Holz und Nüssen gegen Schädlinge ein­
    weniger Wälder, die Kohlendioxid aus der Atmo­                                zugenommen (­siehe Grafik Seite 5).                                      von Lachgas bei 265. Allerdings verweilt Lachgas                          gesetzt und von Staaten wie China oder Austra­

                                                                                                                                                                                                                                                                                            EINLEITUNG
    sphäre aufnehmen und binden können.                                           Weil wegen dieser menschengemachten Treib­                               «nur» 120 Jahre in der Atmosphäre, während CO2                            lien zwingend für Importgüter vorgeschrieben. Es
    Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmo­                               hausgase die bodennahe Lufttemperatur in den                             rund tausend Jahre stabil bleibt. Methan ist da­                          wird auch zum Schutz vor Stinkwanzen verwen­
    sphäre lag 2019 bei 411 ppm.1 Vor Beginn der In­                              letzten 150 Jahren gestiegen ist, wird der Tempe­                        gegen meistens nur 12 Jahre im Umlauf, bevor es                           det. Weil immer mehr Holz exportiert wird, hat
    dustrialisierung lag sie fast 50 % tiefer. Die CO2 -                          raturanstieg vom Anfang der Industrialisierung                           zerfällt.1                                                                sich die Menge von verwendetem Sulfurylfluorid
    Konzentration ist damit viel höher als jemals                                 bis heute als «menschengemachter Klimawan­                               Wegen der langen Verweilzeit und dem grossen                              in den letzten Jahren vervielfacht.2
                                                                                  del» bezeichnet.2 Was der Mensch angerichtet
                                                                                  hat, muss er nicht nur ausbaden, sondern kann er
           DAS PARISER KLIMAABKOMMEN
                                                                                  zumindest ein Stück weit auch wieder rückgän­                                                        Anteile Treibhausgase an globaler Erwärmung
           Im Dezember 2015 wurde im Überein-
                                                                                  gig machen. Packen wir es an!
    kommen von Paris vereinbart, den globalen
    Temperaturanstieg auf unter 2 Grad zu begren-                                                                                                                                                Syn.G.
                                                                                                                                                                                                                                     n Kohlendioxid CO2                66.1 %
    zen. Das Pariser Klimaabkommen wurde von                                                                                                                                                 N2O                                     n Methan CH4                      16.4 %
    sämtlichen 195 Staaten der Vereinten Nationen                                         ALLES KLIMA ODER WAS?                                                                                                                      n Lachgas N2O                      6.4 %
    unterzeichnet und ist rechtsverbindlich. Die                                          Alle reden vom Klima, aber kaum jemand                                                           CH4                                       n Synthetische Gase               11.0 %
                                                                                                                                                                                                                 CO2
    Schweiz hat das Übereinkommen im Oktober                                       überlegt, was das Wort «Klima» eigentlich be-
    2017 ratifiziert. Sie ist damit die Verpflichtung                              deutet. Beim Wetter ist es noch einfach: Das                                                                                                      Quelle: Earth System Knowledge Platform (ESKP)

    eingegangen, alle erforderlichen Massnahmen                                    kann man täglich fühlen und messen. Das Kli-
    zu treffen, um ihren CO2-Ausstoss gegenüber                                    ma ist dagegen keine greifbare Grösse. Es ist ein
    1990 bis 2030 um 50 % zu senken. Bis im Jahr                                   rein rechnerischer Wert. Es ist sozusagen das
    2050 soll die Schweiz gar klimaneutral sein. Das                               Durchschnittswetter der letzten 30 Jahre. Auf
    bedeutet, dass auch die Landwirtschaft ihren                                   diesen Zeitraum hat sich die Weltorganisation
                                                                                                                                                           Ozonloch: erfolgreich gestopft!                                           erstmals wieder Ozon­
    Beitrag zum Klimaschutz leisten muss.                                          für Meteorologie einmal geeinigt.
                                                                                                                                                           In den 80er Jahren schlugen Wissenschaftler                               werte wie im Jahr 1980
                                                                                                                                                           Alarm. Es dauerte eine Weile, bis die Regierun­                           geben.
                                                                                                                                                           gen der Welt den Ernst des Ozonlochs erkann­                              Das Montreal-Protokoll
    Anteil Treibhausgasemissionen nach Sektoren in der Schweiz (2018)
                                                                                                                                                           ten. Aber dann setzten sie sich an einen Tisch                            war also erfolgreich. Ob
                                                                                                                                                           und verabschiedeten am 16. September 1987 das                             das Abkommen auch als
                                                       Verkehr 32.4 %                                                                                      Montreal-Protokoll. Das führte zu einer schritt­                          Modell für den Umgang mit
                                Industrie 17.7 %                                                                                                           weisen Reduktion und schliesslich zum Verbot                              Treibhausgasen taugt, ist al­
                               Haushalte 16.6 %                                                                                                            des Ozonkillers Fluorchlorkohlenwasserstoff                               lerdings ungewiss. Klimavereinba­
                                                                                                                                                           (FCKW), welches in Spraydosen und als Kältemit­                           rungen durchzusetzen ist nämlich
                            Landwirtschaft 14.2 %
                                                                                                                                                           tel verwendet wurde.                                                      weitaus schwieriger. FCKW wurde
                  Dienstleistungen 7.6 %                                                                                                                   Seit Anfang des Jahrtausends wird FCKW welt­                              damals nur von einer Handvoll
                Abfallverbrennung 6.4 %                                                                                                                    weit kaum noch hergestellt. Und das Ozonloch                              Firmen produziert, ein Verbot
            Synthetische Gase 3.7 %                                                                                                                        begann sich tatsächlich zu schliessen. Allerdings                         war deshalb relativ einfach um­
                                                                                                                                                           nur langsam, denn FCKW hat eine Lebensdauer                               zusetzen. Kohlendioxid, Methan
          Abfall 1.4 %
                                                                                                                                                           von 50 bis 100 Jahren, manche Fluorverbindun­                             und Lachgas produziert da­

                                                                                                                                                                                                                                                                                             Bild: shutterstock.com
                                                                                                                                                           gen bleiben sogar tausende Jahre stabil. Inzwi­                           gegen fast jede und jeder. Des­
                                                                                                                                                           schen ist aus dem Ozonloch ein «Löchli» gewor­                            halb sind alle gefordert – auch
                                                                                                                                                           den. Im Jahr 2060 könnte es laut Forschern sogar                          die Bäuerinnen und Bauern.3
    0%          1 0%           20 %           30 %          40 %           50 %           60 %           70 %          80 %           90 %       100 %

                                                                                                                  Quelle: Bundesamt für Umwelt BAFU 2019
                                                                                                                                                           1 www.klimafakten.de
    1 ppm =Teilchen pro Million Luftmoleküle, gemessen an der Referenzstation Mauna Loa auf Hawaii und repräsentativ für die Nordhalbkugel                 2 www.solarify.eu/2021/04/01/728-sf-viertausendmal-klimaschaedlicher-als-co2-sub/
    2 W. Roedel, & T. Wagner: «Physik unserer Umwelt – Die Atmosphäre», Springer-Verlag, 2011                                                              3 www.zdf.de/nachrichten/panorama/ozonloch-fckw-ozonschicht-klimawandel-100.html
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
8 Kohlendioxid CO2                                                                                                                     Methan CH4                                                                                                                                       9
  Kohlendioxid ist ein natürlicher Stoff. Pro Jahr                               CO2-Anstieg ist die Hauptursache des gegenwär­        Methan bleibt durchschnittlich neun Jahre in der                               zunehmenden Nutztierhaltung und Abfallde­
  werden von den Ozeanen und der Landoberflä­                                    tigen Klimawandels. Schuld daran ist hauptsäch­       Atmosphäre. Die Atmosphäre reinigt sich (inner­                                ponien auch Lecks an Erdgas-Bohrlöchern oder
  che rund 750 Gigatonnen Kohlendioxid freige­                                   lich das Verbrennen der fossilen Energieträger        halb gewisser Grenzen) selbst. Das geschieht ei­                               -Leitungen verantwortlich. Bei der Zersetzung or­
  setzt. Etwa die gleiche Menge wird von der Natur                               Kohle, Erdöl und Erdgas.                              nerseits durch Niederschlag, andererseits durch                                ganischer Substanz unter Luftabschluss (Fäulnis/
  auch wieder aufgenommen. Die vom Menschen                                      Unten ist der globale Kohlenstoffkreislauf stark      chemische Reaktionen. Am Ende bleibt CO2 und                                   anaerobe Prozesse) entsteht ebenfalls Methan.
  verursachten Emissionen erscheinen im Ver­                                     vereinfacht dargestellt. Die Zahlen in den Pfeilen    Wasser übrig. Ein relativ kleiner Teil wird zudem                              Sümpfe und Reisanbau stellen Methanquellen

                                                                                                                                                                                                                                                                                            EINLEITUNG
  gleich zu diesen riesigen Mengen bescheiden.                                   stehen für Gigatonnen (= Milliarden Tonnen) Koh­      von Bakterien in Böden verbraucht.                                             dar, ebenso auftauender Permafrost.
  Das Problem ist allerdings nicht die Menge an                                  lendioxid pro Jahr. Sie entsprechen dem Durch­        Für den Methananstieg sind neben der weltweit
  sich, sondern dass die Menge, die von der Natur                                schnitt der Jahre 2000 bis 2009. Pflanzen, humus­
  absorbiert werden kann, beschränkt ist. Deshalb                                reiche Böden und die Ozeane können zwar mehr          Weltweite Methan-Bilanz
  sammelt sich Kohlendioxid in der Atmosphäre                                    CO2 aufnehmen als ausgestossen wird, sie schlu­       Jährliche Durchschnittswerte 2008 –2017, gemessen in Millionen Tonnen
  an. Dort hat die CO2-Konzentration verglichen                                  cken aber leider nicht alles. So verbleibt Jahr für
  mit der vorindustriellen Zeit (vor 1850) nun um                                Jahr ein Überschuss an CO2, der sich in der Atmo­
                                                                                                                                                                                 Ausstoss Emissionen                                         Überschuss     Aufnahme (Senken)
  rund vierzig Prozent zugenommen. Und dieser                                    sphäre anreichert.

  Weltweite CO2-Bilanz                                                                                                                                                                       576                                                 18.2                556
  Jährliche Durchschnittswerte 2010 –2019, gemessen in Gigatonnen

                                                                                                                                               111                         217                     30                   181                 37                    518           38
                             Ausstoss Emissionen                            Überschuss                       Aufnahme (Senken)

                                       39.9                                      18.7                              21.7

                        34.4                                     5.9                               12.5                          9.2

                                                                                                                                        Gewinnung/Nutzung           Haltung von                                                         Einflüsse wie
                                                                                                                                                                                        Verbrennung von                                                   Chemische Re-
                                                                                                                                         fossiler Energie-         Wiederkäuern,                                   Sümpfe,          auftauender Perma-                       Boden­
                                                                                                                                                                                         Biomasse und                                                     aktionen in der
                                                                                                                                         träger wie Erdöl,           Reisanbau,                                 Feuchtgebiete        frost, vulkanische                     bakterien
                                                                                                                                                                                         Biotreibstoffen                                                   Atmosphäre
                                                                                                                                           Erdgas, Kohle           Abfalldeponien                                                      Aktivitäten etc.

                                                                                                                                       Quelle: Daten von Global Carbon Project, Grafiken gezeichnet von flaticon, freepick, smashicon, smalllikeart

          Verbrennen fossiler                     Waldrodung, Umwandlung
      Energieträger Erdöl, Erdgas,              von Wald/Grünland in Acker-
                                                                                             Wälder, Wiesen,
                                                                                                                             Ozeane    Das Auftauen des Permafrosts könnte sich als Kli­                              Ein russischer Forscher will das Auftauen des
                                                                                            humus­r eiche Böden
       Kohle; Zementherstellung                 flächen, Auftauen Permafrost                                                           mabombe erweisen. Der Verlust des Permafrosts                                  Permafrosts verhindern, indem er in der Tund­
                                                                                                                                       zählt zu den Kipppunkten im Erdsystem, welche                                  ra wieder Rentiere, Wisente, Elche, Bisons und
  Quelle: Daten von Global Carbon Project, Grafiken gezeichnet von flaticon, freepick, smashicon, smalllikeart
                                                                                                                                       alles aus dem Gleichgewicht bringen können.                                    jakutische Pferde ansiedelt. Die Tiere sollen im
                                                                                                                                       Forscher schätzen, dass der Permafrost zwischen                                Winter den Schnee niedertrampeln, so dass statt
                                                                                                                                       1300 und 1600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff                                    einem Meter Schnee nur noch 10 bis 15 Zenti­
  Kohlendioxid ist zwar ein natürliches Gas, es kann                             laufmenge. Dann beginnt der Wasserspiegel in          enthält, das ist nahezu doppelt so viel, wie die                               meter Schnee den Permafrostboden isolieren.
  uns aber trotzdem gefährlich werden. Ein Bei­                                  der Badewanne zu steigen, und nach einiger Zeit       gesamte Atmosphäre. Dieser Kohlenstoff stammt                                  Messungen beweisen: Wo keine Tiere weiden,
  spiel macht deutlich, worum es geht: Man nehme                                 wird die Badewanne überlaufen. Übertragen auf         von Tier- und Pflanzenresten, die seit Jahrtau­                                liegt im März die Bodentemperatur in einem hal­
  eine Badewanne, aus deren Wasserhahn gleich­                                   den Kohlenstoffkreislauf bedeutet dies: Die vom       senden in der Erde lagern, zumeist in den obe­                                 ben Meter Tiefe bei minus zehn Grad. Dort, wo
  viel Wasser in die Wanne strömt, wie durch den                                 Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen          ren Bodenschichten. Tauen die Böden, beginnen                                  die Tiere den Schnee zertrampelt haben, waren
  offenen Auslauf abfliessen kann. Der Wasserpe­                                 entsprechen dem Aufdrehen eines Wasserhahns           Bakterien und Mikroorganismen das organische                                   es dagegen minus 24 Grad. Ein Unterschied von
  gel bleibt gleich. Wird der Wasserhahn allerdings                              bei begrenztem Abfluss.1                              Material zu zersetzen, dabei werden Treibhaus­                                 14 Grad – der viel zu einem stabileren Klima bei­
  nur ganz wenig aufgedreht, erhöht sich die Ein­                                                                                      gase frei.                                                                     tragen könnte.1

  1 www.klimafakten.de: «Behauptung: Die CO2-Emissionen des Menschen sind winzig»                                                      1 ARD 13. 9. 2019 : «Russland – Das Ende des Permafrosts» (unter diesem Suchwort auf YouTube zu finden)
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
10 Lachgas N2O                                                                                                                                          Alles eine Frage der Systemgrenze ...                                                                                                                                 11
   Lachgas wird natürlicherweise von Pflanzen aus                                gab es bei den menschengemachten Quellen, die                          Global schätzt der Weltklimarat IPCC, dass 13,5 %                                            Im Massnahmenplan wird trotzdem die Produk­
   feuchten Böden und überdüngten Gewässern                                      fast die Hälfte der Gesamtemissionen ausma­                            der von Menschen gemachten Treibhausgase der                                                 tionsperspektive verwendet, da hierfür deutlich
   freigesetzt. Es gelangt aber auch durch den Ab­                               chen, in den letzten 40 Jahren eine Steigerung                         Landwirtschaft zugeschrieben werden können.                                                  mehr breit abgestützte Zahlen vorliegen, wie
   bau von Stickstoffdüngern in der Landwirtschaft                               um rund 30 Prozent. Das liegt vor allem an der                         Andere Autoren schätzen den Anteil der direk­                                                z.B. das Schweizer Treibhausgasinventar. Ge­
   und durch den Verkehr oder Industrieabgase in                                 Ausbringung von Stickstoffdünger.                                      ten und indirekten landwirtschaftlichen Emis­                                                mäss diesem verursacht in der Schweiz der Ver­
   die Atmosphäre. Während die Emissionen aus na­                                                                                                       sionen auf bis zu 30 %. Der Unterschied kommt                                                kehr die meisten Emissionen. Er stösst mehr als

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               EINLEITUNG
   türlichen Quellen nahezu gleich geblieben sind,                                                                                                      dadurch zustande, dass nicht alle dieselbe Sys­                                              doppelt so viele Treibhausgase aus als die Land­
                                                                                                                                                        temgrenze ziehen. Der Weltklimarat – und damit                                               wirtschaft. Und dabei wird in den Statistiken der
                                                                                                                                                        auch das Schweizer T ­ reibhausgasinventar – ver­                                            internationale Flugverkehr erst noch unterschla­
   Weltweite Lachgas-Bilanz                                                                                                                             wendete die Produktionsperspektive, das heisst,                                              gen. Für die Schweiz wird das Bild stark verzerrt,
   Jährliche Durchschnittswerte 2008 –2017, gemessen in Millionen Tonnen                                                                                es werden nur die direkten Umweltwirkungen                                                   da Inlandflüge in der kleinen Schweiz kaum eine
                                                                                                                                                        auf nationaler Ebene betrachtet. Im Gegensatz                                                Rolle spielen. 1990 verursachte der Schweizer
                                   Ausstoss                                                  Natürliche
                                                                                                                     Überschuss
                                                                                                                                   Aufnahme             dazu umfasst die Konsumperspektive «sämtli­                                                  Flugverkehr im In- und Ausland rund halb so vie­
                                 (Emissionen)                                                Emissionen                             (Senken)
                                                                                                                                                        che globalen direkten und indirekten Umwelt­                                                 le Emissionen wie die Landwirtschaft. 2018 wa­
                                                                                                                                                        wirkungen entlang der gesamten Produktions-                                                  ren es schon 90 %. Wenn die Entwicklung weiter­
                                       7.3                                                        9.7                   4.3            13.5
                                                                                                                                                        und Konsumkette eines im Inland konsumierten                                                 hin so steil aufwärts geht, wird der Flugverkehr
                                                                                                                                                        Produkts». Während die Emissionen der direkten                                               die Landwirtschaft emissionsmässig bald einmal
           4.1                0.6             1.0            1.4             0.6                 5.9           3.4                     13.5             landwirtschaftlichen Produktion durch Abnah­                                                 überflügeln. Das soll die Bündner Bäuerinnen
                                                                                                                                                        me der Tierbestände und des Mineraldünger­                                                   und Bauern aber nicht davon abhalten, ihre Kli­
                                                                                                                                                        einsatzes zwischen 1990 und 2011 um ca. 8 %                                                  mabilanz zu verbessern. Unsere Kinder und Kin­
                                                                                                                                                        gesunken sind, stiegen die Emissionen durch                                                  deskinder verdienen eine klimaneutrale Zukunft!
                                                                                                                                                        Nahrungs- und Futtermittelimporte im gleichen
                                                                                                                                                        Zeitraum um gut 70 % an.1

                                                                                                                                                        Vergleich Treibhausgasemissionen Landwirtschaft und Flugverkehr der Schweiz
                                                                                                                                                        1990 verursachte der Schweizer Flugverkehr im In- und Ausland rund halb so viele Emissionen
    Landwirtschaft:     Verbrennung                      Abwasser,          feuchte       Wiesen und          überdüngte             Chemische
     Kunstdünger         Biomasse,
                                          Industrie-
                                                          Abfall­           Böden,         Wälder              Gewässer,          Reaktionen in der     wie die Landwirtschaft, 2018 waren es schon 90 %. Wenn es so weitergeht werden die Flug­
                                            abgase
      Gülle, Mist        Waldbrand                       deponien           Sümpfe                              Meere               Atmosphäre          verkehremissionen die der Landwirtschaft bald überflügeln.

   Quelle: Daten von Global Carbon Project, Grafiken gezeichnet von flaticon.com, freepick, smashicon, ultimatearm                                                                 8.0

                                                                                                                                                                                   7.0
   Stickstoff ist in seiner elementaren Form (Luft­                              Ammoniak, Nitrat oder Lachgas kommt. Da die­

                                                                                                                                                      CO2 -Äquivalenten und Jahr
                                                                                                                                                      Emissionen in Mio Tonnen
   stickstoff N) nicht pflanzenverfügbar. Er kann                                se Stickstoffverbindungen gasförmig oder was­
                                                                                                                                                                                   6.0
   als Dünger nur genutzt werden, wenn er zuvor                                  serlöslich sind, können sie in andere Ökosysteme
   biologisch von Knöllchenbakterien bei Legu­                                   wie Wald oder Brachflächen ge­langen. Wenn ein
   minosen oder technisch aufbereitet worden ist.                                solches Ökosystem stickstoffgesättigt ist, kommt                                                  5.0

   In pflanzenverfügbarer Form ist Stickstoff dann                               es zu indirekten Lachgas-­Emissionen.1
   sehr mobil, weshalb es zu Verlusten in Form von                                                                                                                                 4.0
                                                                                                                                                                                                                                                                         n Landwirtschaft
                                                                                                                                                                                                                                                                         n Flugverkehr (national u. international)
                                                                                                                                                                                   2.0

                                                                                                                                                                                    1990     1992      1994     1996      1998     2000      2002     2004      2006     2008      2010     2012      2014      2016   2018

                                                                                                                                                                                    Quelle: Bundesamt für Umwelt BAFU 2020, Kenngrössen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der Schweiz 1990 – 2018

                                                                                                                                                            1 www.agroscope.admin.ch: «Treibhausgasemissionen aus der schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft»
   1 www.agrocleantech.ch: «Indirekte Lachgasemissionen aus der Landwirtschaft»
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
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                                                                                 Tierhaltung | Bereich Fütterung

                                                                                 Wiederkäuer sind Weidetiere. Das ist fürs Klima
                                                                                 nicht nur schlecht. Im Gegenteil: Nachhaltige Be­                                   WIESEN TOPPEN WÄLDER
                                                                                 weidung sorgt für einen tief verwurzelten Gras­                                     Nach globalen Schätzungen der FAO spei-
                                                                                 teppich. Dieser schützt Alpweiden, Berghänge                                 chern die Böden unter dem Grasland fast 50 Pro-
                                                                                 und dem Wind ausgesetzte Flächen vor Erosion                                 zent mehr Kohlenstoff als Waldböden. Das liegt

     Tierhaltung
                                                                                 und verhindert, dass das darunter gebundene                                  überwiegend am Verhältnis zwischen Wurzel und
                                                                                 CO 2 in die Atmosphäre entweichen kann. Bei                                  Spross. Gras kann bis zu 20 mal so viel Wurzelmas-
                                                                                 nachhaltiger Nutzung reichert der Weidewuchs                                 se bilden als oberirdische Blattmasse, bei Bäumen
                                                                                 reichlich Biomasse im Boden an. Bodenorganis­                                liegt das Verhältnis mit zwei zu eins deutlich tiefer.
                                                                                 men wie Regenwürmer, Pilze und Bakterien ver­                                Gutes Graslandmanagement hat deswegen sogar
                                                                                 arbeiten abgestorbene Wurzeln zusammen mit                                   das Potenzial die historischen Verluste von Boden-
                                                                                 anderen Pflanzenresten zu Humus. Humus bin­                                  kohlenstoff rückgängig zu machen und erhebliche
        Der Verdauungsapparat macht die Wiederkäuer in der Klimadis-             det CO 2, er besteht zur Hälfte aus Kohlenstoff.                             Mengen von Kohlenstoff in den Böden zu speichern.2

                                                                                                                                                                                                                               T I E R H A LT U N G
        kussion zum Klima-Sündenbock. Fast die Hälfte der landwirtschaft-        Jede zusätzliche Tonne Humus entlastet die At­
        lichen Methan-Emissionen ist der Pansenaktivität zuzuordnen.             mosphäre um mehr als 1,8 Tonnen CO 2 !
        Doch diese Sichtweise greift zu kurz: Denn mit Wiederkäuern nach-        Allerdings kommt es auch bei der Weidehaltung                                bildung und damit verbunden auch der Aufbau
        haltig genutztes Grasland hat grosses Potential Treibhausgase zu         darauf an, dass diese nachhaltig ist. Nachhaltige                            von Humus, hängen direkt vom Rhythmus des
                                                                                 Beweidung ist nicht gleichbedeutend mit exten­                               Abgrasens ab. Denn die Wurzeln von heute, sind
        senken. Es ist durchaus relevant, was ins Tier rein- und später wieder
                                                                                 siv. Wichtig ist stattdessen, dass dem Grasland                              der Humus von morgen. Eine zu intensive Be­
        rauskommt. Die Gülle steuert viel zu den Lachgas-Emissionen              nach der Beweidung immer wieder eine Pause                                   wirtschaftung ist kontraproduktiv. Wird wieder­
        bei, und bei der Lagerung von Hofdüngern fallen ebenfalls Treib-         gegönnt wird. Nur so kann das abgefressene und                               holt zu kurz gemäht oder abgeweidet, holen die
        hausgase an. In der Tierhaltung liegt also ein grosser Hebel für mehr    mit Exkrementen gedüngte Grasland regenerie­                                 Gräser Energie aus der Wurzelmasse und bilden
        oder weniger Treibhausgase. Doch nicht alles, was auf den ersten         ren und neue Wurzeln ausbilden. Die Wurzel­                                  diese zurück, so dass diese nicht mehr für die Bo­
        Blick gut fürs Klima ist, ist das auch noch auf den zweiten Blick.                                                                                    denbildung zur Verfügung steht.
                                                                                                                                                              Ein hoher Weideanteil hat noch weitere Vorteile
                                                                                        MOB-GRAZING                                                           fürs Klima: Es wird weniger (fossile) Energie für
                                                                                        Beim «Mob-Grazing» weidet der Mob, also                               die Futterernte, -konservierung und Mist- oder
                                                                                 die Herde, nur 24 Stunden und zieht dann schon                               Gülleausbringung benötigt. Auf der Weide ver­
                                                                                 wieder weiter. Wichtig ist eine hohe Besatzdich-                             sickert der Harn zudem rascher als im Stall und
                                                                                 te und dass nur rund die Hälfte der Biomasse                                 kommt dabei weniger mit dem Kot in Berührung.
                                                                                 gefressen wird. Danach folgt eine lange Rastzeit                             Beides führt dazu, dass weniger Ammoniak frei­
                                                                                 von 40 bis 60 Tagen, in der das Gras wieder rege-                            gesetzt wird. Ammoniak ist zwar nicht direkt ein
                                                                                 nerieren kann. Da nicht alles abgefressen wird,                              Treibhausgas, es hat aber indirekt einen grossen
                                                                                 hat es noch genügend Blattfläche und Zeit, um                                Einfluss auf die Bildung von Treibhausgasen (sie­
                                                                                 viel Kohlenstoff in sein Wurzelwerk und über die                             he Seite 10).
                                                                                 Bodenlebewesen in den Boden einzulagern. Der
                                                                                 Humusgehalt steigt und damit auch die Wasser-
                                                                                 haltefähigkeit des Bodens. Somit ist dieses System
                                                                                 eigentlich perfekt an den Klimawandel angepasst.                                                    Steinwidder, Starz:
                                                                                                                                                                                     Gras dich fit!
                                                                                 Trotzdem kennt man diese Weidetechnik in der
                                                                                                                                                                                     Weidewirtschaft erfolgreich
                                                                                 Schweiz noch kaum, weshalb es auch keine Aus-                                                       umsetzen
                                                                                 sagen zur Langzeit-Entwicklung vom Pflanzenbe-                                                      Leopold Stocker Verlag
                                                                                 stand und den Treibhausgasen gibt.1                                                                 ISBN 978-3-7020-1516-9

                                                                                 zum Thema: Anita Idel: «Die Kuh ist kein Klimakiller!»

                                                                                 1 www.bauernzeitung.ch «Weidestrategie: Mit Mob-Grazing gegen trockene Weiden»
                                                                                 2 Anita Idel/Andrea Beste: «Vom Mythos der klimasmarten Landwirtschaft» f als PDF erhältlich      KOHLENDIOXID CO2   ENERGIE   RESSOURCEN.
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
14   Exkurs: Der Wiederkäuer als Klima-Sündenbock?                                                                                                    Klimafreundliche Rationengestaltung                                                                                                             15
     Tierhaltung | Bereich Fütterung                                                                                                                  Tierhaltung | Bereich Fütterung

     Wenn es um Methanemissionen geht, stehen Wie­                              renten wird, welcher mit immer mehr Getreide,                         Die Fütterung beeinflusst die Treibhausgas-Emis­                             sind aber nicht nachhaltig. Ein Teil des Methans
     derkäuer wie Rindvieh, Ziegen und Schafe am                                Mais und Soja gefüttert wird und immer weniger                        sionen in vielerlei Hinsicht. Fressen Tiere (zu) viel                        wird dann zwar nicht mehr im Pansen, dafür
     Pranger. Untersuchungen an der Vetsuisse-Fakul­                            Gras frisst. In den Treibhausgasstatistiken sieht                     Protein, belastet das das Klima deutlich mehr, als                           aber später in der Gülle freigesetzt. Abgesehen
     tät zeigten jedoch, dass auch andere Pflanzenfres­                         man das allerdings nicht. Die Emissionen durch                        wenn das nicht der Fall ist. Bei der N-optimierten                           davon muss man immer das gesamte System be­
     ser Methan produzieren. Nicht einmal der Mensch                             • Futtermittelproduktion (Mineraldünger,                             Fütterung (NOF) werden Stickstoff-Überschüsse                                trachten: für den Anbau von Kraftfutter werden
     stellt eine Ausnahme dar, er wurde bislang nur                                 Pestizide etc.                                                    im Harn vermieden und damit auch Ammoniak,                                   Ackerflächen benötigt. Dazu kommt der Ener­
     am wenigsten erforscht. Bei der Verdauung von                               • Futtermittelimporte                                                Nitrat und Lachgasverluste reduziert.                                        gieverbrauch für die Herstellung von Saatgut,
     Pflanzenmaterial entsteht praktisch immer und                               • Energieeinsatz in der Landwirtschaft                               Weil der Anbau und Transport von Futtermitteln                               Pflanzenschutzmitteln, Herbiziden und synthe­
     überall Methan, wenn auch in unterschiedlichen                              • Aufwand für die Anwendung und Ausbrin­                             das Klima immer belastet, ist ein Verzicht auf                               tischem Stickstoffdünger, sowie die mit Anbau,
     Mengen. Vieles hängt offenbar von der Verdau­                                  gung aus dem Inland                                               Futtermittelimporte grundsätzlich treibhausgas­                              Bodenbearbeitung und Ernte verbundenen CO 2-
     ungsgeschwindigkeit ab. Je mehr Zeit sich ein Tier                         werden darin in aller Regel unterschlagen. Des­                       mindernd. Das gilt besonders für jene Futtermit­                             Emissionen, sowie die Bildung von Lachgas bei
     mit dem Verdauen von Pflanzenfasern lässt, desto                           halb hinken die Vergleiche zwischen Wieder­                           tel, die direkt oder indirekt mit der Rodung von                             der Ausbringung des Düngers auf dem Acker. Bei
     mehr Methan wird ausgeschieden.1                                           käuern und anderen Tierarten. Der Effekt wird                         Urwald verbunden sind, wie z. B. Soja aus Über­                              Produktion und Transport von Kraftfutter fallen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                       T I E R H A LT U N G
     Der wahre Klima-Killer ist aber nicht der Wieder­                          dadurch verstärkt, dass die CO2-Bindung durch                         see. Deutlich klimafreundlicher fährt man mit                                ebenfalls Treibhausgase an.1
     käuer, sondern der Mensch. Er entscheidet darü­                            Pflanzen beim Grasland nicht berücksichtigt                           hochwertigem, eigenem Futter.                                                In einer Studie aus dem Jahr 2008 kamen die
     ber, ob der Wiederkäuer zum Nahrungskonkur­                                wird.2                                                                Wer höchste Grundfutterqualität anstrebt, kann                               Forscher zum Schluss, dass die Rinderhaltung für
                                                                                                                                                      mehr Milch (oder Fleisch) aus dem Grundfut­                                  die ökologische Fleischproduktion auf Grasland,
                                                                                                                                                      ter herausholen. Auch das verringert den Treib­                              im Gegensatz zu stationär mit Kraftfutter gehal­
     Methan im landwirtschaftlichen Sektor                                                                                                            hausausstoss pro Endprodukt. Hohe Kraftfutter­                               tener Rindern, rund 40 % weniger Treibhausgase
                                                                                                                                                      gaben senken beim Wiederkäuer zwar Methan,                                   emittiert und 85 % weniger Energie benötigt.2

                                                             Methan CH4
                                                     Anteil Landwirtschaft 79,6 %

                              Verdauung                                                       Bewirtschaftung
                                                                         aus
                               Nutztiere                                                      von Hofdünger

                         tierspezifische                                                          Lagerung
                                                               charakteristisch
                        Emissionsfaktoren                                                        Ausbringung

      •   Gewicht und Leistung der Tiere                                                  •   vergärbare Substratmenge
      •   Qualität und Quantität des Futters                        abhängig              •   Qualität Substratmenge
      •   Fütterungsregime                                            von                 •   Art und Dauer der Lagerung
      •   Nutzungsdauer der Tiere                                                         •   Temperatur

                                     Quelle: THG 2020 – Möglichkeiten und Grenzen zur Vermeidung landwirtschaftlicher Treibhausgase in der Schweiz3

                                                                                                                                                      Es ist nicht schlecht fürs Klima, wenn Raufutterverzehrer in rauen Mengen
                                                                                                                                                      Raufutter verzehren.

                        Buchtipp: Anita Idel: «Die Kuh ist kein Klimakiller!»
                                                                                                                                                      zum Thema: www.agrocleantech.ch: «Was sollen klimafreundliche Milchkühe fressen?»
                        1 www.lid.ch f Dossier «Nutztiere und der Klimaschutz»
                        2 Anita Idel/Andrea Beste: «Vom Mythos der klimasmarten Landwirtschaft» f als PDF erhältlich                                  1 www.agrarforschungschweiz.ch: «Reduktionspotenziale von Treibhausgasemissionen aus der Schweizer Nutztierhaltung»   ENERGIE   LACHGAS N2O .

                        3 www.researchgate.net: «Möglichkeiten und Grenzen zur Vermeidung landwirtschaftlicher Treibhausgase in der Schweiz»          2 Anita Idel/Andrea Beste: «Vom Mythos der klimasmarten Landwirtschaft» f als PDF erhältlich                             KOHLENDIOXID CO2 .
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
16 Methanhemmende Fütterung                                                                                                                                          Reduktion verschmutzter Flächen                                                                                                                  17
  Tierhaltung | Bereich Fütterung                                                                                                                                    Tierhaltung | Bereich Stallmanagement

  Die Methanbildung ist beim Wiederkäuer ein                                                                                                                         Im Stall gibt es eine einfache Regel: Saubere Lauf­
  natürlicher Vorgang. Methanhemmende Futter­                                          TANNINREICHE FUTTERMITTEL                                                     flächen = bessere Luft = gut fürs Klima. Nebenbei                                 KUHFLADENREINIGUNGSMASCHINE
  mittelzusätze sind nur begrenzt natürlich. Die                                       Ursprünglich wurde Tanninen eine gesund-                                      ist ein sauberer Stall auch noch gut fürs Image                                   Ein interessanter Ansatz für ein gutes Stall-
  methanhemmende Fütterung setzt vor allem auf                                  heitsschädliche Wirkung nachgesagt, jüngste Stu-                                     der Bauern, was das «Klima» zwischen Landwirt­                             klima wurde im Schweizer Bauer vom 13. Januar
  fetthaltige Substanzen (Lipide) oder Gerbstoffe                               dien zur Nutztierhaltung jedoch zeigten, dass sich                                   schaft und der nicht-landwirtschaftlichen Bevöl­                           2021 vorgestellt. Wie beim Kompoststall (siehe
  (Tannine), welche normalerweise nicht im Rau­                                 kondensierte Tannine im Futter durchaus positiv                                      kerung ebenfalls positiv beeinflussen kann.                                Seite 25) findet dabei wie auf der Weide, eine
  futter vorkommen. Zwar lassen sich durch diese                                auf Ernährung und Gesundheit von Wiederkäuern                                        Überall, wo Harn und Kot zusammentreffen, ent­                             Trennung von Kot und Harn statt, so dass kein Am-
  Zusätze die Methanemissionen reduzieren, und                                  auswirken können. Sie reduzieren nicht nur die                                       steht Ammoniak, eine Treibhausgas-Vorläufer­                               moniak entsteht. Das neue Stallkonzept aus Hol-
  mit der Verfütterung von Ölsamen kann sogar ein                               Methanbildung sondern auch Magen-Darm-Wür-                                           substanz. Um Ammoniak-Emissionen in Ställen                                land sorgt für viel Kuhkomfort dank Panierprinzip.
  Teil des Kraftfutters ersetzt werden. Zudem steigt                            mer und andere Parasiten. Es lohnt sich deshalb                                      zu reduzieren, werden für Milchvieh-Laufställe                             Dazu gibts auch ein Video: www.schweizerbauer.
  bei der Leinsamenfütterung der Anteil der Ome­                                dem Tanningehalt von Futtermitteln mehr Be-                                          bauliche Massnahmen wie «Laufflächen mit 3 %                               ch/tiere/neues-stallkonzept-aus-holland/
  ga-3-Fettsäuren in der Milch. Die Milch könnte                                achtung zu schenken. Als besonders tanninhaltig                                      Quergefälle und Harnsammelrinne» empfohlen.
  folglich als «functional food» vermarktet wer­                                gilt die Esparsette, aber auch Hornklee enthält                                      Das fördert das rasche Abfliessen des Harns von

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       T I E R H A LT U N G
  den, oder zumindest mit einer speziellen Auslo­                               immerhin zehn bis zwanzigmal mehr Tannine als                                        den Laufflächen bzw. die Reduktion der stark                               moniak um 10 bis beinahe 20 %, und die Flächen
  bung. Damit die Methansenkung wirkt, muss dem                                 gewöhnlicher Rotklee.3                                                               verschmutzten Fläche. Damit lassen sich die Am­                            sind sichtbar weniger stark verschmutzt. Das gilt
  Futter allerdings rund drei Prozent Leinöl zuge­                                                                                                                   moniak-Emissionen um rund 20 % senken, vergli­                             auch für Entmistungsanlagen und Schieber, die
  mischt werden. Für die Produktion des Leinöls                                       Gehalte an kondensierten Tanninen in                                           chen mit Laufflächen ohne Gefälle.                                         regelmässig betätigt werden sowie für die uner­
  wird Anbaufläche benötigt und Energie. Der Lein                                     verschiedenen Futterpflanzen in g/kg TS                                        Auch Fressstände mit einem erhöhten Fressbe­                               müdlich arbeitenden Entmistungsroboter.
  muss schliesslich gesät, gepflegt, gedroschen                                                                                                                      reich mit Fressplatzabtrennungen reduzieren Am­
  und die Saat später geschrotet oder extrudiert                                       Luzerne                            0–1
  werden. Unbehandelte Ölsaaaten sind für Wie­                                         Raigras                            0–2
  derkäuernahezu unverdaulich und wirken nicht.                                        Rotklee                            0–2
  Tanninhaltige Futtermittel wirken ebenfalls me­                                      Chicorée                           1–5
  thansenkend. Sie hätten den Vorteil, dass sie nicht                                  Hornklee                           10 – 50
  in Konkurrenz zur menschlichen Nahrung stehen.                                       Esparsette                         30 – 100
  Sie müssten allerdings in ziemlich grossen Men­
                                                                                       Sumpf-Hornklee                     30 – 105
  gen verzehrt werden. Die Blätter der Haselnuss                                                                                                                                                                                                                        Entmistungsroboter senken die
                                                                                       Spanische Esparsette               40 – 120
  müssten z. B. 10 bis 20 Prozent des Grundfutters                                                                                                                                                                                                                      Ammoniak-Emissionen.
  ausmachen. Das ist eine ganze Menge. Dabei soll­
  te man auch noch bedenken, dass es sich um Na­
  turprodukte handelt, die manchmal mehr wirken,

                                                                                                                                                    Bild: lely.com
  manchmal weniger, oder sogar gar nicht.1
  Ohnehin sind die Vorgänge komplex und die Wis­
  senschaft ist noch weit davon entfernt, die ver­
  schiedenen Wechselwirkungen vollumfänglich
                                                                                                                                                                     Exkurs: Ammoniak und das Klima
  zu verstehen. Es scheint, als würde weniger die
  Menge, als viel mehr die Art der Zusammenset­                                                                                                                      Die Vorgänge in der Natur sind komplex. Gase                               diesem Fall wird es zu Lachgas und belastet als
  zung der Mikroorganismen im Pansen darüber                                                                                                                         reagieren häufig mit anderen Stoffen. Dadurch                              Treibhausgas die Atmosphäre. Massnahmen zur
  entscheiden wieviel Methan entweicht. Wer die­                                                                                                                     verändern sie sich. So wird zum Beispiel Ammo­                             Reduktion von Ammoniak werden deshalb stets
  se Zusammensetzung dauerhaft verändern will,                                                                                                                       niak je nach Situation zu Nitrit und später in Ni­                         auch als Massnahmen zur Reduktion der Treib­
  muss ständig Zusatzstoffe zuführen. Das bleibt                                                                                                                     trat umgewandelt. Nitrat kann dann entweder                                hausgase betrachtet. Zudem trägt Ammoniak in
  aber nicht ohne Folgen auf die Tiergesundheit.2                               Ich und Methan? Also sicher nicht ich!                                               durch Auswaschung in Gewässer gelangen (was                                der Atmosphäre zur Bildung von Feinstaub bei,
                                                                                                                                                                     zur Versauerung oder Eutrophierung von Ge­                                 was negative gesundheitliche Auswirkungen ha­
                                                                                                                                                                     wässern beiträgt) oder es wird denitrifiziert. In                          ben kann.
   zum Thema: www.beruf.lu.ch: «Milchviehfütterung – Wie kann man gezielt gegen CH4-Emissionen vorgehen?»

   1 Anita Idel/Andrea Beste: «Vom Mythos der klimasmarten Landwirtschaft» f als PDF erhältlich
   2 www.researchgate.net: «Möglichkeiten und Grenzen zur Vermeidung landwirtschaftlicher Treibhausgase in der Schweiz»                                              zum Thema: www.agroscope.admin.ch: «Erhöhter Fressbereich mit Fressplatzabtrennungen (Fressstände) für Milchkühe»
   3 Die Grüne 7/2007: «Tannine hätten Potential»                                                                                    METHAN CH4 .                    www.agroscope.admin.ch: «Laufflächen mit 3 % Quergefälle und Harnsammelrinne in Laufställen für Milchkühe»          LACHGAS N2O . RESSOURCEN .
IDEEN KATA LOG Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden - Bündner Bäuerinnen und Bauern engagieren sich für den Klimaschutz.
18 Optimiertes Stallklima                                                                                                                                     Zucht und Rassenwahl                                                                                                                                                             19
   Tierhaltung | Bereich Stallmanagement                                                                                                                      Tierhaltung | Bereich Herdenmanagement

   Dass Ammoniak als Vorläufersubstanz für Lach­                            Prozesse im Kot, Harn und Futter schneller und
   gas wirkt, ist bewiesen. Dass man Ammoniak                               intensiver ab, so dass die Bildung von Ammo­
   im Stall mit einfachen Massnahmen reduzieren                             niak und weiteren Schadgasen begünstigt wird.
   kann, ist es (noch?) nicht. Dabei klingt es logisch:                     Das Stallklima kann folglich durchaus einen Ein­
   Wenn man die Temperatur möglichst tief hält,                             fluss aufs Klima haben. Um dieses zu optimieren,
   bildet sich weniger Ammoniak. Schliesslich lau­                          braucht der Stall ein wärmegedämmtes Dach,
   fen bei höheren Temperaturen viele chemische                             Beschattung (z. B. Schattennetze) und allenfalls
                                                                            noch eine Berieselung oder Vernebelung (wenn
                                                                            es sehr heiss ist). Aus Sicht vom Tier braucht es

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Bild: www.shutterstock.com
          BEGRÜNTES STALLDACH                                               zusätzlich noch einen Windschutz, der bei sehr
          Unabhängig davon, ob ein kühleres Stall-                          tiefen Temperaturen den Wind ausbremst.1                                          «Die Klimarasse» gibt es nicht – aber es gibt
   klima Ammoniak reduziert oder nicht, steht fest,                                                                                                           mehr oder weniger ideale Tiere für jeden Produk-
   dass sich das Vieh bei kühleren Temperaturen                                                                                                               tionszweig.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                T I E R H A LT U N G
   wohler fühlt. Man muss den Stall nicht unbedingt
   mit Gebläse kühlen, sondern kann auch auf die                                                                                                              Nicht jede Kuh ist gleich. Das gilt nicht nur für
   Kraft der Natur setzen: Zum Beispiel mit begrün-                                                                                                           den Charakter, sondern auch für die Verdauung.                                             SAISONALE ABKALBUNG
   ten Dächern. Gründächer lassen sich auch noch                                                                                                              Es gibt Rassen, die weniger leisten und weniger                                            Wird das Abkalben auf das erste Quar-
   auf Dächern mit moderatem Gefälle realisieren.                                                                                                             fressen. Dann gibt es pro Tier weniger Methan.                                      tal gelegt, wächst das Gras im Gleichschritt
   Abgesehen davon sehen begrünte Dächer sehr                                                                                                                 Wenn das Ziel die Landschaftspflege ist, können                                     mit dem Laktationsbedarf, so kann das vor-

                                                                                                                                       Bild: www.istock.com
   natürlich aus und lassen manchen grossen Stall in                                                                                                          solche Tiere oder eine solche Rasse geeignet                                        handene Futter optimal genutzt und (fossile)
   der Landschaft kleiner erscheinen.                                                                                                                         sein. Wenn das Ziel aber lautet, Lebensmittel zu                                    Energie zur Futterkonservierung eingespart
                                                                                                                                                              produzieren, sind pro Liter Milch oder pro Kilo                                     werden. Im Frühjahr fällt dann zwar viel
                                                                                                                                                              Fleisch schneller wachsende Rassen mit einer                                        Milch an, gleichzeitig ist aber auch der Bedarf
                                                                                                                                                              höheren Leistung besser.1                                                           für die Kälber gross. Damit die saisonale Ab-
                                                                                                                                                              Einzelne Studienautoren schätzen, dass allein                                       kalbung klappt, braucht es eine gezielte Be-
                                                                                                                                                              durch züchterische Selektion rund 20 Prozent der                                    samung und strikte Selektion. Das lohnt sich
                                                                                                                                                              Methanemissionen eingespart werden könnten.                                         nicht nur fürs Klima, sondern auch für den
                                                                                                                                                              Mit gezielter Züchtung auf tiefe Methanemissio­                                     Betrieb. Denn so gibt es im Winter Melkerfe-
                                                                                                                                                              nen könnten folglich mittlere bis grosse Einspa­                                    rien – was die persönlichen Energie-Reserven
                                                                                                                                                              rungen bei den Treibhausgasen erreicht werden.                                      schont ...
                                                                                                                                                              Doch bislang gibt es noch keinen Zuchtfaktor für
                                                                                                                                                              Methanbildung.2
                                                                                                                                                              Einfacher ist es da mit der Rassenwahl: Bei Zwei­                               Es gibt noch mehr Massnahmen zur Senkung der
                                                                                                                                                              nutzungskühen kann die Umweltbelastung auf                                      Treibhausgasbelastung:
                                                                                                                                                              Milch UND Fleisch verteilt werden. Sie sind deshalb
                                                                                                                                                              – verglichen mit milchorientierten Rassen – klima­                                  • Frühes Erstkalbealter
                                                                                                                                                              freundlicher. Wer keine Zweinutzungstiere hat,                                      • Hohe Grundfutterverwertung
                                                                                                                                                              sondern auf milchbetonte Rassen setzt, sollte we­                                   • Erhöhung der Lebenstagleistung
                                                                                                                                                              nigstens konsequent gesextes Sperma zur Sicher­                                     • Gute Weidetauglichkeit
                                                                                                                                                              stellung der Nachzucht einsetzen und bei allen üb­                                  • Züchtung auf gesunde, robuste und
                                                                                                                                                              rigen Belegungen Mastrassengenetik verwenden.                                         lang­lebige Tiere
                                                                                                                                                              So können die Treibhausgas-Emissionen der ge­                                       • Züchtung auf hohe Futter­
                                                                                                                                                              samten Herde ebenfalls tief gehalten werden.3                                         konvertierungseffizienz

   Tiefe Temperaturen sind auch für Kälber kein Problem – solange sie trocken sind.
                                                                                                                                                              1 www.tierwelt.ch: «Den Methanausstoss auf null zu senken, ist nicht realistisch»
                                                                                                                                                              2 www.agrarforschungschweiz.ch: «Reduktionspotenziale von Treibhausgasemissionen aus der Schweizer Nutztierhaltung»        METHAN CH4 . ENERGIE .
   1 Swissherdbookbulletin 6/18: «Gutes Klima für Tier, Mensch und Stall»                                 LACHGAS N2O . RESSOURCEN .                          3 www.agrarforschungschweiz.ch: «Treibhausgasemissionen aus der gekoppelten Milch- und Fleischproduktion in der Schweiz»            RESSOURCEN .
20 Züchtung auf Langlebigkeit                                                                                                                              Abdecken von Güllebehältern                                                                                                                            21
   Tierhaltung | Bereich Herdenmanagement                                                                                                                  Tierhaltung | Bereich Hofdüngermanagement

   Langlebige Kühe sind besser fürs Klima. Mit jeder                                                                                                        Die Bewirtschaftung (insbesondere die Lagerung)                             selbst dieser wiegt nicht ganz so schwer: Für die
   weiteren Laktation nehmen die negativen Effek­                                             ERHÖHUNG NUTZUNGSDAUER                                        des anfallenden Hofdüngers trägt zu etwa einem                              Abdeckung von bestehenden Güllegruben können
   te auf die Umwelt ab, da die Emissionen während                                            Die Aufzucht des Jungviehs verursacht                         Fünftel zu den Methan-Emissionen aus der Land­                              nämlich Investitionshilfen beantragt werden.
   der unproduktiven Aufzuchtphase auf eine grös­                                       rund 20 % der Gesamtemissionen pro Tier.                            wirtschaft bei. In diesem Bereich lassen sich Emis­                         Neuere Studien vom HAFL kommen zum Schluss,
   sere Produktionsmenge verteilt werden können.                                        Eine Erhöhung der Nutzungsdauer um die                              sionen oft sehr einfach reduzieren. Wer seinen                              dass feste Konstruktionen oder Schwimmfolien
   Das Lebensalter hat sogar noch einen anderen                                         Hälfte, was nicht einmal zwei Nutzungsjah-                          Güllebehälter noch nicht abgedeckt hat, sollte                              die Ammoniak-Emissionenum bis zu 80 Prozent
   Einfluss: Ältere Kühe verdauen offenbar klima­                                       ren entspricht, führt in Modellrechnungen zu                        das bald nachholen: Ab 2030 ist es ohnehin Pflicht.                         verringern können. Parallel dazu nehmen auch
   freundlicher.1                                                                       einer Reduktion der Gesamtemissionen um                             Für neue Güllelager wird die Abdeckung bereits                              die Treibhausgasemissionen etwas ab. Grund­
   Die allermeisten Kühe, die «nur» 5000 Liter ge­                                      rund 7 %. Jedes weitere Jahr verbessert die                         2022 vorgeschrieben. Nicht ohne Grund: Gedeckte                             sätzlich kann zwischen Blachenabdeckungen,
   ben, leben länger, während die meisten 10’000-Li­                                    Klimabilanz.3                                                       Lager hindern Ammoniak und Methan daran zu                                  Betonelementen, Stahlabdeckungen, Abdeckung
   ter-Kühe kürzer leben als der Durchschnitt. Das                                                                                                          entweichen. Damit bleibt mehr Stickstoff in der                             aus Holz oder diversen Schwimmfolien unter­
   ist nachvollziehbar. Je höher die Leistung eines                                                                                                         Gülle, und sie ist entsprechend nährstoffreicher.                           schieden werden. Wirken tun alle. Nur zu Holz­
   Tieres, desto höher ist das Risiko für Anfällig­                                    Je jünger die Kühe beim Verlassen des Betriebes                      Ein doppelter Vorteil also, dem nur der Nachteil                            abdeckungen und Stahlelementen liegen noch

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      T I E R H A LT U N G
   keit gegenüber Krankheiten und Burnout. Zudem                                       sind, desto mehr junge Kühe müssen aufgezogen                        der Installationskosten gegenübersteht. Doch                                keine langjährigen Erfahrungen vor.1
   klafft unvermeidlich eine Schere zwischen Milch­                                    werden, um sie zu ersetzen. Bei einer hohen Re­
   höchstleistung und Fleischansatzvermögen, so                                        montierungsrate überschneidet sich die Lebens­
   dass die männlichen Kälber an Wert verlieren.                                       zeit der abgehenden mit der nachfolgenden Kuh.                       Lachgas im landwirtschaftlichen Sektor
   Weil die männlichen Kälber von Milchhochleis­                                       Statt einer, werden folglich zwei (methanbilden­
   tungrassen schlechter Fleisch ansetzen, müssen                                      de) Kühe gehalten. Eine weniger hohe Milchleis­                                                                                            Lachgas N2O
   – bei gleicher Fleischnachfrage – mehr Rinder                                       tung pro Jahr, die dafür aber über ein langes Le­                                                                                  Anteil Landwirtschaft 75,5 %
   von Fleischrassen gehalten werden.                                                  ben ähnlich hoch ist, ist klimafreundlicher.2

                                                                                                                                                                                  direkte Emissionen                                                                         indirekte Emissionen

                                                                                                                                                                                              aus                                                                                           aus

                                                                                                                                                          Bewirtschaftung von                                landwirtschaftliche
                                                                                                                                                              Hofdünger                                            Böden                                                       Bewirtschaftung von Hofdünger

                                                                                                                                                                                      charakteristisch                                                                                      charakteristisch

                                                                                                                                                       • Lagerung (Nitrifikation/                    • Ausbringung Hof- u. Mineraldünger                                      • Ammoniakverluste durch Lagerung
                                                                                                                                                         Denitrifikation)                            • Einarbeiten von Ernterückständen                                         und Ausbringung von Hofdüngern
                                                                                                                                                       • Weidehaltung                                • biologische Fixierung in Ackerfrüch-                                   • Depositionen und Einträge in die
                                                                                                                                                                                                       ten sowie auf Wiesen und Weiden                                          Umwelt durch Stickoxid- und Nitrat-
                                                                                                                                                                                                                                                                                emissionen

                                                                                                                                                                                      beeinflusst von                                                                                       beeinflusst von

                                                                                                                                                       • gesamten Stickstoffausscheidungen                      • Stickstoffverluste in Form von Stickoxid                    • eingesetzten Düngermengen
                                                                                                                                                         der einzelnen Tierkategorien                             und Ammoniak an die Atmosphäre                              • Ammoniak- und Stickoxidverlusten
                                                                                                                                                       • Tierhaltung (Stall oder Weide)                         • N-Ausscheidungen auf der Weide                                an Atmosphäre
                                                                                                                                                       • Anteilen unterschiedlicher Lagerungs-                  • Stickstoffverluste durch Auswaschung                        • Nitratverlusten in Gewässer
                                                                                                                                                         systeme für Hofdünger                                                                                                • Emissionsfaktoren
                                                                                                                                                       • spezifische Emissionsfaktoren der
   Wer länger lebt, methanisiert weniger.                                                                                                                Lagerungssysteme
                                                                                                                                                       • Lagerdauer
                                                                                                                                                                                                  Quelle: THG 2020 – Möglichkeiten und Grenzen zur Vermeidung landwirtschaftlicher Treibhausgase in der Schweiz
   zum Thema: www.agrarforschungschweiz.ch: «Treibhausgasemissionen aus der gekoppelten Milch- und Fleischproduktion in der Schweiz»

   1 www.tierwelt.ch: «Den Methanausstoss auf null zu senken, ist nicht realistisch»                                                   METHAN CH4 .
   2 Anita Idel/Andrea Beste: «Vom Mythos der klimasmarten Landwirtschaft» f als PDF erhältlich                                            ENERGIE .        zum Thema: www.bauernzeitung.ch: «Abdeckungsmöglickeiten Übersicht»

   3 www.agrarforschungschweiz.ch: «Reduktionspotenziale von Treibhausgasemissionen aus der Schweizer Nutztierhaltung»                 RESSOURCEN .         1 www.reader.elsevier.com: «Ammonia and greenhouse gas emissions from slurry storage – A review»         METHAN CH4 . LACHGAS N2O     RESSOURCEN .
22 Gülleaufbereitung                                                                                                                                              Güllezusätze und -behandlung                                                                                                                   23
   Tierhaltung | Bereich Hofdüngermanagement                                                                                                                      Tierhaltung | Bereich Hofdüngermanagement

   Gülle ist ein heikler Stoff. Unter Luftabschluss                                                                                                               Es sind verschiedene Güllezusätze auf dem
   kommt es rasch zu flüchtigen Stickstoff-Verbin­                                                                                                                Markt. Bei der Gülleansäuerung wird z. B. der                                    FEINSTOFFLICHE INFORMATIONEN
   dungen wie Ammoniak und Methan. Gleichzeitig                                                                                                                   pH-Wert herabgesetzt und dadurch mehr Ammo­                                      Von homöopathie-ähnlichen Produkten,
   entstehen unangenehm riechende Substanzen                                                                                                                      nium statt Ammoniak gebildet. Ammonium gast                                über Energetisierung bis zur Arbeit mit Pri-
   wie Schwefelwasserstoff, Buttersäure oder Lei­                                                                                                                 nicht aus und ist nach dem Eindringen der Gülle                            mär-/Gravitationsenergiefeldern und Radionik
   chengas Cadaverin.                                                                                                                                             in den Boden direkt pflanzenverfügbar. Angesäu­                            gibt es ein breites Spektrum an Güllezusätzen
   Wird die Gülle belüftet, wird sie dagegen pflan­                                                                                                               erte Gülle weist nicht zuletzt deshalb eine ver­                           die im feinstofflichen Bereich arbeiten. Ihre
   zenverträglicher. Die aeroben Abbauprozesse und                                                                                                                besserte Düngeeffizienz auf. Sinkt der pH unter                            Wirkung ist in der Regel nicht bewiesen oder
   Mikroorganismen werden gefördert, die Fliessei­                                                                                                                6, sinken zudem auch die Methanemissionen, da                              wissenschaftlich ausgewertet worden.
   genschaft wird verbessert, Sink- und Schwimm­                                                                                                                  das pH-Optimum der methanproduzierenden
   schichten werden aufgelöst, Geruchsstoffe, orga­                                                                                                               Bakterien bei 7 liegt. Für die Ansäuerung kön­                           Aufkalkungen korrigiert werden muss, ist nach

                                                                                                                                                 Bild: lely.com
   nische Säuren und Schleimstoffe abgebaut und                                                                                                                   nen Säuren (wie z. B. Schwefelsäure, Salzsäure,                          wie vor nicht bekannt, wie sich die erhöhten
   die Nährstoffeffizienz steigt.                                                                                                                                 Essig- oder Milchsäure) eingesetzt werden. Eine                          Schwefelzufuhren auf den Boden auswirken.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  T I E R H A LT U N G
   Wichtig ist allerdings, dass man es mit dem Belüf­                             Der «Güllebelüfter» trennt Festmist und Urin und                                weitere Möglichkeit besteht in der Ansäuerung                            Doch es gibt noch mehr Möglichkeiten, der
   ten nicht übertreibt. Wenn intensiv und dauerhaft                              wandelt Stickstoffemissionen in wertvolle Dünge­                                mit organischen Reststoffen ( Zucker, Stärke u. a.),                     Gülle die guten Nährstoffe zu entlocken. Man
                                                                                  mittel um.
   Luft zugeführt wird, wird nämlich nicht weniger,                                                                                                               wobei dieser Ansatz erst wenig erforscht ist. Das                        kann Gülle zum Beispiel fermentieren oder mit
   sondern mehr Ammoniak freigesetzt. Deshalb ist                                 steigen mit den verbesserten Fliesseigenschaften                                Ziel ist es stets, einen pH-Wert der Gülle von 5,5                       Milchsäure (z. B. Rückstände von der Sauerkraut­
   das System auch umstritten. Unbestritten ist hin­                              auch die Chancen, dass die Gülle weniger Ammo­                                  zu erreichen.                                                            herstellung) und/oder mit Pflanzenkohle anrei­
   gegen, dass belüftete Gülle viel weniger stinkt.                               niak emittiert. Vieles hängt dabei auch vom Aus­                                International sind sich die Fachleute weitestge­                         chern. Wieviel das dem Klima bringt, ist derzeit
   Es muss nicht immer Luft sein: Auch die Verdün­                                bringungszeitpunkt und den Witterungsverhält­                                   hend einig, dass eine Ansäuerung der Gülle zur                           allerdings noch ungeklärt.
   nung der Gülle mit Wasser hat einen positiven                                  nissen ab.                                                                      Reduktion der Emissionen von Ammoniak und                                Statt den pH-Wert zu senken, kann man ihn auch
   Effekt. Wasser bindet Ammoniak, es löst sich auf.                              Bei der Biogasgewinnung entstehen zwar kei­                                     damit auch von Treibhausgasen beiträgt. Ob das                           steigern. Hierbei kommen Gesteinsmehl, Tonmi­
   Der Wasserzusatz erleichtert zudem das Homo­                                   ne Emissionen. Dafür steigt die Gefahr, dass die                                wirklich mit konzentrierter Schwefelsäure, wie in                        neralien, Algenkalke oder Mikroben zum Einsatz
   genisieren und das Abfliessen der Gülle im Pflan­                              Emissionen erhöht werden, wenn die Gärreste in                                  Dänemark, geschehen muss, ist allerdings weni­                           Der wissenschaftlich gesicherte Nachweis einer
   zenbestand. Durch den schnelleren Bodenkon­                                    offenen Behältern gelagert werden. Und bei der                                  ger klar. Neben der zu erwartenden Bodenver­                             messbaren Treibhausgas-Reduktion ist aber noch
   takt wird eine Emissionsminderung erreicht und                                 Ausbringung können ebenfalls höhere Emissio­                                    sauerung, die dann unter Umständen wieder mit                            bei keinem dieser Produkte gelungen.1
   zugleich der Stickstoff besser genutzt. Eine 1 : 1                             nen entstehen.1
   verdünnte Gülle bringt eine um ca. 25 % verbes­
   serte Stickstoff-Ausnutzung.
   Bei der Gülleseparierung werden die Feststof­                                        GÜLLESEPARIERUNG
   fe in der Gülle von der Flüssigkeit getrennt. Die                                    Eine Gülleseparierung in einen flüssigen
   Düngewirkung der flüssigen Gülle wird dadurch                                  und festen Teil erhöht zwar die Ammoniak-Verlus-
   erhöht, da der Ammoniumanteil steigt. Gleich­                                  te etwas, reduziert aber dafür die Methan-, Lach-
   zeitig besteht aber auch ein höheres Emissions­                                gas- und CO2-Emissionen.
   risiko bei der Ausbringung. Auf der anderen Seite

   Exkurs: Wo Lachgas ist, gibt es nichts zu lachen                                                                                                                                                                                                                           Man kann Grülle auch mit
   Das Treibhausgas Lachgas kann überall dort ent­                                Lachgas entsteht, gibt es auch Stellschrauben,                                                                                                                                              Pflanzenkohle anreichern.
                                                                                                                                                                                                                                                                              Wieviel das dem Klima
   stehen, wo Gülle und Mist gelagert und ausge­                                  um dieses zu reduzieren. So kann man z.B. den
                                                                                                                                                                                                                                                                              bringt, ist allerdings noch
   bracht werden. Die Vorgänge sind komplex, wie                                  Weideanteil erhöhen oder Verluste bei der Lage­                                                                                                                                             ungeklärt.
   die Grafik auf Seite 21 verdeutlicht. Überall wo                               rung vermeiden oder beides.

   zum Thema: www.bioaktuell.ch: «Stickstoffnachlieferung aus der Gülle»                                                                                          zum Thema: www.agrocleantech.ch: «Beurteilung der Ansäuerung von Gülle als Massnahme zur Reduktion
   www.bauernzeitung.ch: «Gülle, die atmen kann, ist besser für Pflanzen, aber umstritten»                                                                        von Ammoniakemissionen in der Schweiz»

   1 www.bodenseekonferenz.org: «Reduktion von Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft»               METHAN CH4 . LACHGAS N2O   RESSOURCEN .                    1 www.bodenseekonferenz.org: «Reduktion von Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft»                METHAN CH4 . LACHGAS N2O   RESSOURCEN .
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