Von Hugo von Hofmannsthal - MATERIALMAPPE ZUR VOR- UND NACHBEREITUNG IM UNTERRICHT - Gandersheimer Domfestspiele
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INHALTSVERZEICHNIS Besetzung 1 HINTERGRUNDINFORMATIONEN 2 Zum Autoren Hugo von Hofmannsthal 2 Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes 3 Die Ursprünge des „Jedermann“ 5 Es stirbt und lebt der „Jedermann“ 7 Der Jedermann bei den Salzburger Festspielen 12 Unser ungereimtes Leben 14 Ein neues Gewand für den JEDERMANN für die 60. Gandersheimer Domfestspiele 19 Chorisches Sprechen bzw. ein Sprechchor im JEDERMANN der Gandersheimer Domfestspiele 21 PRAKTISCHE ANREGUNGEN ZUR VOR- UND NACHBEREITUNG 24 Theaterpraktischer Vorbereitungsworkshop zu „JEDERMANN“ 24 Übung 1: „JEDERMANN- Assoziationskette“ 24 Übung 2: „Emotionskreis“ 24 Übung 3: „Gemeinsamer Summton“ 25 Übung 4: „Der JEDERMANN-Chor“ 26 Übung 5: „Paranoia“ 27 Übung 6: „Keine Gleichzeitigkeit“ 27 Übung 7: „Raumlauf mit verschiedenen Tempi“ 28 Übung 8: „Raumlauf mit Begriffen“ 28 Übung 9: „Hoch- und Tiefstatus-Wechsel“ 29 Übung 10: „Verliebte Körperteile“ 30 Übung11: „Figurennetz & Figurenverhältnisse verbessern und verschlechtern“ 31 Übung 12: „Als Sprechchor gemeinsam einen Text lernen“ 32 Optionale Übung 13: „Szenische Erarbeitung mit Stücksätzen“ 34 Übung 14: „Das Jedermann-Fest“ 35 Nachbereitung zu „JEDERMANN“ 37 Übung 1: „Jedermann-Ein-Satz-Erzählung“ 37 Übung 2: Jedermann-Erinnerungsbild“ 37 Schreibübung 1: „Kritik über den Jedermann verfassen“ 38 Literatur 39 Redaktion: Indra Schiller / Theaterpädagogin der Gandersheimer Domfestspiele / Stiftsfreiheit 13 / 37581 Bad Gandersheim / theaterpaedagogik@gandersheimer-domfestspiele.de / (05382) 73-302
BESETZUNG Jedermann…………………………………………………………..………..Marco Luca Castelli Buhlschaft/Glauben…………………………………………………………..…Felicitas Heyerick Tod/Teufel…………………………………………………………………………..Jan Kämmerer Jedermanns guter Gesell……………………………………………..…………Hermann Bedke Gott…………………………………………………………………………..Dinipiri Colllins Etebu Werke………………………………………………………………………….Samira Julia Calder Mutter…………………………………..………………………………….………Julia Waldmeyer Mammon/Fräulein 1………………………………………………………………...Claudia Artner Armer Nachbar/Dünner Vetter……………………………………………………Daniel Wagner Schuldknecht/Dicker Vetter……………………………………………..………....Lukas Janisch Schuldknechts Weib/Fräulein 3……………………………………………………….Selly Meier Koch……….……………………………………………………...…………………..Ivo Schneider Fräulein 2……………………………………………………………………………..Sarah Wilken Tanzakrobatik…………………………………………..Katarzyna Gorczyca und Patryk Durski ExtraEnsemble: Gustav von der Ehe, Manuela von der Ehe, Lothar Germer, Magnus Heitmann, Kristin Mössinger-Germer, Karin Renneberg, Rolf Renneberg, Jeanette Schmitz und Carsten Schneck Musiker: Frank Conrad, Ferdinand von Seebach und Martin Werner Regie ……………………...……………………………………..…...…….Laura & Lisa Goldfarb Musikalische Leitung und Kompositionen………………………….....Ferdinand von Seebach Ausstattung……………………………………………………………….……Simone Graßmann Dramaturgie……………………………….....Jennifer Traum & Prof. Hanns-Dietrich Schmidt Theaterpädagogik……………………………………………………………………Indra Schiller Regieassistenz…………...……………………………………………………...Franziska Detrez Dauer: ca. 90 Min. Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit des Textinhalts dieser Materialmappe, wurde entweder die männliche oder weibliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Bewertung des jeweiligen anderen Geschlechts. Fotos: Fotos von Rudolf A. Hillebrecht 1
HINTERGRUNDINFORMATIONEN Zum Autoren Hugo von Hofmannsthal Auszug aus dem „Neuen Schauspielführer“: * 01. Februar 1874, Wien † 15. Juli 1929, Rodaun bei Wien Geprägt von der Vergänglichkeitsstimmung der Jahrhundertwende, war H. v. Hofmannst- hal eigentlich kein Neuerer, sondern Vollender einer zu Ende gehender, klassisch- europäischen Geistes- und Theaterkultur. Er wuchs als Sohn eines Bankdirektors, der ei- ner jüdischen Fabrikantenfamilie entstammte, in einem großbürgerlichen Wiener Milieu auf und veröffentlichte bereits als 16-Jähriger unter Pseudonym seine ersten literarischen Versuche. Im Umkreis des Symbolismus schrieb der Freund S. Georges in den 1890er- Jahren Gedichte, die einen frühen Ruhm begründeten, aber auch kleine lyrische Dramen wie Der Tod des Tizian (1892, UA 1901), Der Tor und der Tod (1893, UA 1898) und Der weiße Fächer (1897, UA 1927). Wenig bühnenwirksam, sind die Werke von einer melan- cholischen Stimmung der Vergänglichkeit durchzogen und fanden mehr Leser als Zu- schauer. Hofmannsthals fingierter Brief des Lords Chandos an F. Bacon (Ein Brief, 1902) wurde schnell ein wirkungsmächtiger und vielgedeuteter Grundtext der modernen Litera- tur, in dem sich eine krisenhafte Erfahrung der Wirklichkeit als Sprachskepsis artikuliert. Sie durchzieht als Grundthema das gesamte Werk Hofmannsthals bis hin zu seiner Kon- versationskomödie Der Schwierige (1921). Angesichts der Erfahrung der Vergänglichkeit und des Wirklichkeitszerfalls fand Hofmannsthal einen Rückhalt in der Tradition, die er in seinen Essays wie in seinen Dichtungen zu bewahren und zu erneuern versuchte, und in historischen Stoffen, die er einfühlsam nachgestaltete: sei es durch moderne Psychologie gebrochene Antike in Elektra (UA 1903), Ariadne auf Naxos (UA 1912) oder Ödipus und die Sphinx (UA 1906), das Mittelalter in Jedermann (UA 1911), der orientalische Mythos in Die Frau ohne Schatten (UA 1919), das Venedig der Goldoni-Zeit in Cristinas Heimreise (UA 1910) oder das Wien des Rokoko in Der Rosenkavalier (UA 1911). Die österreichisch- habsburgische Barocktradition ließ er in der Auseinandersetzung mit Calderón wieder auf- leben, so im Salzburger großen Welttheater (UA 1922). Auch in seiner kulturpolitischen Publizistik engagierte sich Hofmannsthal nach dem Zusammenbruch der Habsburgermo- narchie als konservativer Erneuerer für eine humanistisch-kulturelle Sinnstiftung durch 2
Tradition. Seine Begegnungen mit M. Reinhard 1903, für den Hofmannsthal die Elektra schrieb und mit dem er die 1920 erstmals stattfindenden »Salzburger Festspiele« begrün- dete, sowie R. Strauss 1906, für dessen Opern er die Libretti schrieb, erweisen ihn als versierten Praktiker des Kulturbetriebs. (Neuer Schauspielführer 2005, S. 388f.) JEDERMANN Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes Auszug aus dem „Neuen Schauspielführer“: Uraufführung: 01. Dezember 1911; Zirkus Schumann, Berlin Gott der Herr beauftragt den Tod, Jedermann – einen reichen jungen Mann, der nur den Lebensgenüssen frönt – vor das Jüngste Gericht zu bringen, damit er dort über sein irdi- sches Leben Rechenschaft ablege. Auf dem Weg zu einem Grundstück, auf dem Jeder- mann für sich und seine Geliebte, die »Buhlschaft«, einen Lustgarten anlegen will, verwei- gert Jedermann seinem verarmten Nachbarn eine milde Gabe; den Schuldknecht lässt er wegen seiner Schulden ins Gefängnis werfen. Auf seine Mutter, die ihn inständig ermahnt, an sein Seelenheil zu denken, will er nicht hören. Bei einem festlichen Bankett ist Jeder- mann von Todesahnungen erfüllt. Er hört, wie er beim Namen gerufen wird; Glocken- schläge ertönen. Mitten im Festtrubel erscheint der Tod und fordert Jedermann auf, ihm vor Gottes Richtstuhl zu folgen. Nur eine kleine Frist von einer Stunde kann sich Jeder- mann vom Tod ausbitten, um sich mit seinen Schätzen für die Reise zu wappnen. Doch da steigt der »Mammon«, die Verkörperung des Geldes, heraus und erklärt ihm höhnisch, dass Jedermann nicht der Herr, sondern der Sklave seines Besitzes sei, der ihm nur ge- liehen wurde. Die personifizierten »guten Werke« und der »Glaube« sind bereit, Jeder- mann zu seinem höchsten Richter zu begleiten. Angesichts der verhärmten und gebrechli- chen »Werke« überkommt Jedermann Reue. Die »Werke« sind zu schwach, um seine Sache zu vertreten. Erst der »Glaube« kann Jedermann bekehren. Nach einem Gebet Jedermanns können ihn die wieder zu Kräften gekommenen »Werke« und der »Glaube« vor dem Zugriff des Teufels bewahren. Jedermann steigt an der Seite seiner »Werke« bei Engelsgesang ins Grab. 3
Hofmannsthal ließ sich für seine Nachdichtung des spätmittelalterlichen Jedermann-Stoffs von der englischen Bearbeitung Everyman (1509) und der Comedi von dem reichen ster- benden Menschen, der Hecastus genannt (1549, nach einem neulateinischen Schuldra- ma) von Hans Sachs inspirieren, dessen gereimte Knittelverse er als Form übernahm. Den Kerngehalt des Stoffes verstand er als zeitlos und allgemein-menschlich, »nicht einmal mit dem christlichen Dogma unlöslich verbunden«, wie er in seinem Aufsatz Das alte Spiel von Jedermann (1911) ausführte. Die Rückwendung auf die allegorische Tradition des Spätmittelalters war für den Autor keine historisierende Spielerei, zumal in Österreich der Sinn für das Allegorische noch durchaus lebendig war, sondern eine für das zeitgenössi- sche Theater aktuelle Gestaltungsmöglichkeit. In kultur- wie zeitkritischer Absicht versuch- te Hofmannsthal, »unsäglich gebrochenen Zuständen ein ungebrochenes Weltverhältnis gegenüberzustellen« (Das Spiel vor der Menge, 1911). Trotz der Geringschätzung durch einige prominente Kritiker wurde das stück das populärste Wer Hofmannsthals. Seine Beliebtheit verdankt das Mysterienspiel nicht zuletzt der alljährlichen Freilichtaufführung bei den Salzburger Festspielen, wo es jahrzentelang in der Inszenierung von M. Reinhardt (1920) auf dem Domplatz mit wechselnden Besetzungen gespielt wurde, darunter stets bekannte Schauspieler in der Titelrolle. Mit P. Simonischek als Jedermann versuchte der Oberammergau-erfahrende junge Regisseur Ch. Stückl 2002 eine Auffrischung des altge- wohnten Inszenierungsstils, mit Akzenten auf Texttreue und einer aufgewerteten »Buhl- schaft« in Gestalt von Veronica Ferres. (Neuer Schauspielführer 2005, S. 390ff.) 4
Die Ursprünge des „Jedermann“ Herausgegeben vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Wenn es im Mittelalter zu Theateraufführungen kam, handelte es sich fast ausschließlich um die Darstellung von religiösen und biblischen Themen. Die Mysterien zeigten Bege- benheiten aus der biblischen Geschichte, die Mirakel hatten Heiligenlegenden zum Inhalt. Nur langsam gelang es, vor allem durch die Ausweitung der komödiantischen und musika- lischen Szenen, dieses strenge Reglement zu lockern. Eine dieser Übergangs-formen wa- ren die gegen Ende des 15. Jahrhunderts auftauchenden Moralitäten. In ihnen wurde das menschliche Schwanken zwischen Gut und Böse bildhaft dargeboten. Die Tugenden und Laster kamen als Personen auf die Bühne. Diese Allegorien vermittelten einerseits eine gewisse Allgemeingültigkeit, andererseits konnten sie durch Sprache, Maske und Gebärde sehr individuelle Züge annehmen. Das belebte die Szene und verstärkte die Wirkung. In Gestaltung und Inhalt bilden die Moralitäten somit den Übergang vom mittelalterlichen reli- giösen Spiel zum modernen weltlichen Drama. Ihre Themen schöpften die Moralitäten aus einem Lebensgefühl, das zwar typisch für das ausklingende Mittelalter war, aber auch in anderen Epochen, mit unterschiedlicher Intensi- tät, immer wiederkehrt. Es ist jene Verzweiflung und Hoffnung, die durch den Zusammenbruch traditioneller Struk- turen entsteht und durch die damit verbundene Suche nach neuen Orientierungen. Kon- kreter Auslöser dafür war im 15. und 16. Jahrhundert der Aufstieg eines neuen Standes, dessen Macht nicht mehr auf Vererbung bzw. Verleihung beruhte, wie beim Adel, sondern auf Produktion und Vertrieb von Gebrauchsgütern. Der plötzliche Reichtum dieser Kauf- leute und Händler, verbunden mit dem Aufblühen der Städte, aktualisierte die Frage nach gültigen Wertbegriffen. Die eindrucksvollste Antwort auf der Bühne gab der „Jedermann‛. Fast gleichzeitig entstanden die ersten Fassungen dieses Spiels in den Niederlanden und in England. Der holländische „Elckerlyc‛ wurde vermutlich 1477 geschrieben und erschien 1495 im Druck. Die erste nachweisbare Ausgabe des englischen „Everyman‛ stammt aus dem Jahre 1529. Beide Texte stimmen so genau überein, dass der eine sicherlich eine Übersetzung des anderen sein muss. Welcher von beiden Texten der ursprüngliche war, bleibt fraglich. Geläufiger ist uns heute jedenfalls der englische. Zwei literarische Motive werden im `Jedermann` miteinander verbunden. Das eine ist die Freundschaftsprobe vor dem Tode. 5
Sie findet sich bereits in einer buddhistischen Parabel aus dem 7. Jahrhundert, die von drei Freunden erzählt: Besitz, Verwandtschaft, sittlicher Verdienst, und mit der Fest- stellung endet, dass jeder Mensch seinen letzten Weg unbegleitet antreten muss. Das zweite Motiv betrifft das Strafgericht nach dem Tode bzw., realistischer aus-gedrückt, die moralische Rechtfertigung unseres Lebens – ein Thema, welches schon in den Toten- tänzen literarisch anklingt. Der älteste, erhalten gebliebene Totentanz, stammt wahr- scheinlich aus dem Jahre 1350. Ausschlaggebend für die Entstehung der Totentänze, de- ren Ursprung man in Frankreich vermutet, waren die furchtbaren, ganz Europa heimsu- chenden Pestkatastrophen. Die grausamen, manchmal sogar lustvollen Texte und Bilder der Totentänze wollen die Angst vor der Pest bannen. Gleichzeitig sind sie ein verzweifel- ter Versuch, dem Unheil eine Sinnstruktur zu geben. Der einzelne Mensch sucht Trost da- rin, dass die Seuchengefahr auch die Ordnungshüter bedroht, wie König und Kardinal. Dadurch glaubt er sich mit seiner Sündenlast nicht allein; er kann die Verantwortung auf die Mächtigen abschieben. Etwas später, beim `Jedermann`, wirkt dieses Beruhigungsmit- tel nicht mehr, denn die alte Ordnung befindet sich in Auflösung. Dass jeder Mensch im Augenblick des Todes seiner irdischen Güter beraubt wird, hat in der Kunst immer wieder seine beeindruckende Umsetzung erfahren. Allerdings bleibt die Grundaussage dieses Motivs stets unveränderbar. Der zweite Aspekt des „Jeder-mann‛ hingegen, die moralische Rechtfertigung für unsere Taten, Leistungen, ja für unsere Exis- tenz, wird von gesellschaftlichen Wandlungen beeinflusst, wie sie am Ende des Mittelal- ters besonders deutlich hervortreten. Das ist einer der Ursachen für die verschiedenen Versionen, die das Stück seit seiner Entstehung erfuhr. Das erklärt auch teilweise die wi- dersprüchlichen Meinungen, die es heute hervorruft. Und das ist auch, neben den künstle- rischen Werten und Wirkungen von Text und Darstellung, der wesentliche Ansatzpunkt für Diskussionen. (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 1995, S. 2f.) 6
Es stirbt und lebt der „Jedermann“ Herausgegeben vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Die Auseinandersetzungen, welche die „Jedermann‛-Versionen in der Reformationszeit hervorriefen, finden durch die Hofmannsthalsche Fassung ihre Fortsetzung. Begeisterte Zustimmung steht neben völliger Ablehnung. Mitentscheidend dafür ist wohl die einfache, jedes Risiko auf sich nehmende, Aufbereitung eines komplexen Themas. Die vielschichti- ge, von Philosophen und Theologen immer wieder erörterte Frage nach der Sinngebung des Lebens und der Bewältigung des Todes, wird hier ganz simpel mit: „Tue Gutes und glaube!‛ beantwortet. Eine so klare Lösung, auf der Bühne dargestellt, verlangt eine ge- waltige Überzeugungskraft der Inszenierung oder eine außerordentliche Empfänglichkeit des Publikums. Am besten beides. Ist dies der Fall, ist die Wirkung kaum zu übertreffen; ist dies nicht der Fall, ist die Ablehnung vollkommen. Das Kunstwerk verkümmert zum ver- logenen Machwerk. Die extremen Reaktionen lassen aber auch die Sprengkraft erkennen, die in dem Thema an sich steckt. Die moralische Rechtfertigung unseres Lebens lässt sich verdrängen, aber nicht verleugnen. Sie ist von allgemeiner Bedeutung, gleichzeitig jedoch so intim, dass ihre konsequente, geradlinige Interpretation berührend und peinlich, schockierend und lächerlich wirken kann. Hofmannsthal war sich der Schwierigkeiten, welche die Übertra- gung eines naiven, mittelalterlichen Spieles ins 20. Jahrhundert mit sich bringt, sehr wohl bewusst. Erst nach mehreren Versuchen entschied er sich, in Inhalt und Sprache, für die Beibehaltung der einfachen Ausdrucksformen, die von manchen Kritikern als Imitation an- geprangert werden. Nach der Uraufführung in Berlin vermerkt der Kritiker-Papst Alfred Kerr: „Der Irrtum, wel- cher im Publikum geweckt wird, scheint zu sagen: alles das ist literarisch! Alles das ist ei- ne echte Kuriosität, – es ist jedoch eine nicht ganz echte. Nur eine bearbeitete.‛ Gerhart Hauptmann schreibt 1911: „’Everyman‘ von Hofmannsthal ist literarische Bijouterie... Ein sauberer antiquarischer Spaß, der beweist, dass sein Verfasser Zeit und Geduld hatte.‛ In einem Brief aus dem Jahre 1913 erklärt Hofmannsthal: „Ich fühle mich etwa wie der Restaurator eines schönen alten Bildes, der aber fast unversehens dann weiterzumachen angefangen hat – oder wie der Fortsetzer einer Chronik.‛ Natürlich wird die Wirkung des Stückes auch durch den Stellenwert des Glaubens, den dieser für die jeweilige Gesell- schaft und den Einzelnen besitzt, bestimmt. 7
Der Regisseur Oscar Fritz Schuh schreibt in seiner „Salzburger Dramaturgie‛ 1969: „Leben und Sterben ist nicht mehr so einfach zu sehen wie in jener Zeit, in der das christli- che Ideal noch das Leben in seiner Gesamtheit beeinflusste. Dass die guten Werke und der Glaube einem am Schluss noch in den Himmel helfen, wie es in Jedermanns letzten Minuten so schön praktiziert wird, das leuchtet heute nur noch den wenigsten ein.‛ Dem- gegenüber vertritt der Dorfalte in Peter Handkes „Die Lehre der Sainte-Victoire‛ die Mei- nung: „Wenn sie nichts glauben, wozu sind sie denn überhaupt da?‛ Theodor Heuss be- tont in seiner Interpretation die allgemeingültige Aussage des Werkes: „Es sind Gespräche über das Leben und über den Tod, der immer fragender Begleiter des Lebens ist und Antwort erwartet. Antwort aber ist die Mitte von ‚Verantwortung‘.‛ Gertrud Fussenegger setzt 1980 diesen Gedankengang fort: „Dass der reiche Mann am Armen schuldig wird, versteht der Mexikaner so gut wie der Skandinavier, das Machtwort des Todes hört der Transanier mit dem gleichen Schauder wie der Rheinländer, und dass der Sterbende von seinen Freunden verlassen wird, kann im jüngsten wie im ältesten Be- sucher Resonanz erwecken. Freilich: der Literarisch-Anspruchsvolle, Intellektuell-Gewitzte wird diese Effekte manchmal zu simpel finden.‛ Hans Ulrich Barth konfrontiert die Aussage des Stückes mit der Reaktion des Zusehers, indem er 1974 schreibt: „Jedermann ist immer der andere; so reich sind wir nicht – so na- iv-leichtsinnig geben wir uns nicht – wir mehr oder weniger betuchten Durchschnittsbürger 8
sind bestenfalls Gute Gesellen, Dicke oder Dünne, Vettern-Tischgesellen.‛ An dieser Hal- tung droht die Botschaft des „Jedermann‛-Spiels – die „message‛, wie wir heute sagen würden – zu scheitern. Wie sehr die Akzeptanz des Spieles auch von der allgemeinen Si- tuation abhängen kann, demonstriert eine Kritik (Österreichische Volksstimme, August 1946) über die erste Salzburger „Jedermann‛-Aufführung nach dem Ende des 2. Weltkrie- ges: „Hofmannsthals Dichtung ist ein rein künstlerisches, das Ethos des Zuschauers kaum noch beeinflussendes Erlebnis. Warum? Weil die reale Wirklichkeit zu deutlich gezeigt hat, dass des ‚reichen Mannes‘ Not vor dem Sterben nicht im entferntesten an jenes Leid her- anreicht, dem wir alle mehr oder weniger unterworfen waren.‛ Seit der Uraufführung des Hofmannsthalschen Stückes wurde diesem „Jedermann‛ immer wieder das rasche Sterben vorausgesagt. Sein für manche unerklärliches, unverdientes Weiterleben, hat die Kontroversen nur noch verschärft und auf eine pamphletische Ebene gezogen. Werner Schneyder 1973: „Die darin enthaltenen religiösen Windigkeiten sind auch häufig angedeutet oder beklagt worden. Doch es bürgerte sich die Erkenntnis ein, dass man gegen diesen Schmarren nichts machen könne, dass man ihn daher akzeptie- ren und unter (oft von der Kritik selbst vorgeschlagenen) Ausschaltung der hier schon längst sinnlosen Inszenierungskritik produzieren soll, solange eben Nachfrage da ist.‛ Friedrich Torberg hat 1957 die schier unerschöpfliche Überlebenskraft des „Jedermann‛ weitaus treffender und feinsinniger charakterisiert, indem er auch Hofmannsthals bewusst antiquierte Sprache persiflierte: „Wüsst nit zu sagen, auf mein Ehr, was Salzburg ohne den Jedermann wär. Drum muss er auch alls auf dem Spielplan bleiben. Mag nur nit jedes Jahr drüber schreiben. Bedünkt mich fast: ich tät euch allen, Wenn ich nit schreib, den größern Gefallen. Denn was ich schreiben könnt, potz Maus, Hängt euch gerechtsam zum Halse heraus. Hab ja nichts Neues mehr zu berichten, Nur oft Gesichtetes nochmals zu sichten, Hab weder zu loben, weder zu tadeln, Kann dem Erfolg nicht nützeln noch schadeln ...‛ 9
Die Moralität weckt Emotionen, die über den dichterischen Wert und die jeweilige Insze- nierung weit hinausreichen. So wirkt es beispielsweise paradox, wenn heute die Zuschauer in Salzburg horrende Ein- trittspreise bezahlen, damit ihnen hierauf hochdotierte Schauspieler die Geldgier als Sün- de plausibel zu machen versuchen. 1920 hingegen wurde der Reingewinn der Salzburger „Jedermann‛ Aufführungen wohltätigen Zwecken zugeführt. Aus diesem Blickwinkel wird verständlich, dass der keineswegs perfekte Einsatz jener vielen Laiengruppen, die das Stück aus echter Begeisterung aufführen, oft ehrlicher und berührender wirkt. Maximilian Schell, der von 1978-82 in Salzburg den Jedermann spielte, hat diesen Zwiespalt schrift- lich festgehalten: „Gleichgültige Gesichter, Augenblicke des Neids, der Geringschätzung – der Verachtung. Im Probensaal nah vor den Augen, auf dem Domplatz weiter weg, aus der Distanz. – Kein Suchen – keine wirkliche Arbeit. Keine Auseinandersetzung mit der Figur.‛ Dann aber kam es am 27. August 1978 zu einer Sondervorstellung als Geschenk für die Salzburger Be- völkerung. Und Schell schreibt darüber: Und alles erlebte ich neu, sagte es zum ersten Mal – eben weil ich spürte, dass mir geglaubt wurde: Beflügelt, leichtfüßig sprang dieser Jedermann dem Tod zu. Auch das Sterben fiel leicht. Die Angst – vorbei. Freude, Freude darüber, verstanden zu werden. Getragen zu werden. Der Ursprung des Stückes – aus dem Volk, zum Volk zu- rück‛. In solchen Momenten, durch welche Ursachen auch immer entstanden, in denen das überwältigende Gefühl alle Diskussionen über die Banalitäten, fragwürdigen Aussa- gen und literarischen Schwächen des Werkes hinwegfegt, zeigt sich die unerreichbare Faszination des „Jedermann‛. Das ist ein Vor- und Nachteil. (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 1995, S. 8-11) 10
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Der Jedermann bei den Salzburger Festspielen Der Jedermann ist fester Bestandteil der Salzburger Festspiele. Vor der einzigartigen Ku- lisse des Salzburger Doms wird das „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ jedes Jahr aufgeführt. Im Zentrum der Tragödie steht der „Jedermann“, der kurz vor seinem Tod sein ausschweifendes Leben bereut und daraufhin von Gott begnadigt wird. Die Entstehungsgeschichte des Jedermann: Hugo von Hofmannsthals Jedermann basiert auf der Tradition mittelalterlicher Mysterien- spiele, insbesondere dem Everyman, einem englischen Mysterienspiel aus dem 16. Jahr- hundert. Uraufgeführt wurde das Theaterstück am 1. Dezember 1911 im Berliner Zirkus Schuhmann unter Max Reinhardts Regie. Er inszenierte auch die Premiere am 22. August 1920 bei den Salzburger Festspielen – die Geburtsstunde des Festivals. Mit der Ausnah- me weniger Jahre wird der Jedermann seither jährlich bei den Salzburger Festspielen auf- geführt – als eindeutiger Höhepunkt. Der Inhalt des Jedermann: Hofmannsthals Moralität erzählt eine nahezu universelle Geschichte: Gott schickt den Tod, um den reichen Lebemann Jedermann zu holen. Dieser wird in jener schweren Stunde von seinen Freunden, seinem Geld und seiner Buhlschaft verlassen. Erst nachdem er sei- ne Verfehlungen bereut und sich zum Christentum bekennt, kann er mit dem Glauben und seinen guten Werken vor den göttlichen Richterstuhl treten. Der Salzburger Domplatz als Freiluftbühne: Traditionell wird der Jedermann im Freien vor den Eingangsarkaden auf dem Domplatz aufgeführt. Ein Ort, der als Bühne und Kulisse wie geschaffen scheint für das religiöse Stück. In der abends effektvoll ausgeleuchteten Fassade fügen sich die Monumentalsta- tuen der Heiligen wie von selbst in das Bühnenbild. Mit diesem unvergleichlichen Ambien- te kann die Schlechtwetter-Alternative, das Große Festspielhaus, leider nicht recht mithal- ten – trotz besserer Akustik. Berühmte ‚Jedermänner‘ und Buhlschaften: Die Besetzung des Jedermanns liest sich seit jeher wie das Who’s Who der deutschspra- chigen Theaterlandschaft. In der Titelrolle begeisterten schon Größen wie Klaus Maria 12
Brandauer, Maximilian Schell oder der bisher längstdienende Jedermann Peter Simoni- schek. Die Buhlschaft gaben beispielsweise Christiane Hörbiger, Senta Berger oder Vero- nica Ferres. Wegweisende Inszenierungen und Regisseure: Das ursprüngliche Regie-Konzept von Max Reinhardt schien bis 2001 so gut wie in Stein gemeißelt. Nur Leopold Lindtberg wagte daran zu rütteln. In der jüngeren Modernisierung des Stücks spielte etwa Christian Stückl eine tragende Rolle. Er führte ab 2003 auch Abendvorstellungen mit Kunstlicht ein. Eine bei Schaulustigen beliebte Neuerung von 2013 ist der Jedermann-Umzug vom Festspielhaus zum Domplatz vor der Vorstellung. (Salzburger Festspiele, 2018) 13
Unser ungereimtes Leben von Rolf Michaelis Je böser geschmäht, desto lieber gespielt: So lautet, im 75. Jahr der Salzburger Festspie- le, das 1. "Jedermann"-Gesetz. "Aberwitziger Dreck!" knirscht Karl Kraus und kann Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel "vom Sterben des reichen Mannes" doch nicht von der Bühne ekeln, weder zu k. u. k. Zeiten (Uraufführung 1911 im Zirkus Schumann, Berlin) noch in republikanischer Zeit (Premiere bei den Salzburger Festspielen 1920; Regie wie in Berlin: Max Reinhardt). Als er die kunstgewerblichen Knittelverse liest, mit denen Hofmannsthal das vierhundert Jahre alte englische morality play vom "Everyman" dem Theater deutscher Sprache um die Jahrhundertwende, im Aufbruch der Neuzeit, gewinnen will, ist der hochgebildete In- dustrielle Eberhard von Bodenhausen entsetzt und schreibt dem Freund und Verse- schmied: "Rein allegorisch, ohne Bezug auf mein Gefühl, Schablone, durchaus Unerfreuli- ches, Unwahres." Auch andere Freunde, die sich durch das Unterholz knorrig altdeutscher Kunstsprache kämpfen, von "nit gewest" und "hint nach", von "anderster" und "annoch", von "Gebrest" für Krankheit und "deine Gesund" für das Gegenteil - und wo eine Beteuerung wortreich daherkommt: "so war ich vermeinens, wahrhaftig und ja!" -, auch andere kritische Freunde höhnen über die "Hans-Sachsisch-christlichen altertümblichen Verslein, mit umbständli- cher Sprechweise gereimt" (Alfred Kerr). Alfred Polgar meint, nach einer Aufführung vor der Fassade des Salzburger Doms, "geradezu die Schritte zu hören", mit denen einer der kapitalistischen Jedermänner unter den Zuschauern "in sich ging". Hofmannsthal, wie alle Dichter gerade am ungeliebten Kind hängend, stärkt sich an der Rührung, die viele Zuschauer bis heute schwächt. Der geliebten Freundin Ottonie Gräfin Degenfeld schwärmt er von der zweiten Aufführung im Riesenraum der Berliner Zirkus- Arena: "Wundervoll . . . Menschen wie Richhard Strauss, das ganze Gesicht von Tränen überströmt, das hätte ich nie gedacht." Tränen gehören zu einem "Memento mori"- und Erbauungs-Stück, in dem die allegorische Figur "der Tod" den sterbensunwilligen Jedermann mahnt: "Mit Weinen wird nur Zeit ver- tan." Auch Peter Handke, so geht die Mär in der Stadt an der Salzach, wo er lange gelebt hat, habe sich der Tränen nicht enthalten können, als er vor einem Jahr, gleichsam dienst- lich, einer Aufführung des alten Spiels in der Zeit zwischen Sommerglut und Sonnenunter- gang, Lebensfülle und Todesnähe, auf dem Domplatz gefolgt sei. Gerard Mortier, der klu- ge, für Salzburger Verhältnisse wohltuend unbekümmert freche Intendant, und Peter 14
Stein, Leiter des Schauspiels bei den Festspielen, wollten den österreichischen Dichter zu einer neuen poetisch-dramaturgischen Fassung des Totentanz-Spiels überreden, ohne das offenbar auch die beiden Künstler-Köpfe ihr Festspiel sich nicht vorstellen mögen. Handke hat nein gesagt. Damit ist Hofmannsthals "Jedermann" wohl bis zur Jahrtausend- wende gesichert. Schon einmal gab es den heftigen Wunsch, Hofmannsthals gottergebe- ne Spruchweisheiten aufzurauhen. Bertolt Brecht werkelte über Jahre an einem "Salzbur- ger Totentanz". Sein Förderer, der Komponist Gottfried von Einem, wurde deshalb 1951, wegen Anbandelns mit einem "Kommunisten" ("respektloses Verhalten"), unehrenhaft aus dem Direktorium der Festspiele entlassen, wobei ihm der christdemokratische Landes- hauptmann (Ministerpräsident) des Bundeslandes Salzburg, Josef Klaus, Pfui hinterher- rief: "Schande für Österreich!" Wenn wir jetzt Hofmannsthals frömmelnde Predigt vernehmen ("Ich glaub an Gottes Langmut, / Wenn einer beizeiten Buß tut") - wobei wir die rebellischen Töne nicht überhö- ren wollen, die - freilich - aus des Teufels Maul kommen ("Die Welt ist dumm, gemein und schlecht / Und geht Gewalt allzeit vor Recht"), dann erinnern wir uns gern so kräftiger poe- tischer Speis', wie sie Brecht uns einbrocken wollte, wenn er etwa die Zimmerleut', die Je- dermanns neues Haus errichten, dieses Arbeitslied sing en läßt: "Ach, des Armen Mor- genstund', hauruck! / Hat für den Reichen Gold im Mund, hauruck!" Weshalb nicht die geistigen Hürden benennen, über die man auch 75 Jahre nach der Premiere auf dem Salzburger Domplatz noch klettern muß, wenn man sich diesem "Sur- rogat der Dichtung" aussetzt, wie Kerr 1911 geklagt hat: "kein altes Spiel, sondern zwi- schendurch Hofmannsthal (die Mutter mit der Laterne)"? Fritz Kortner, der Schauspieler und Regisseur, seufzt in seinen Lebenserinnerungen "Aller Tage Abend" (1959): "Nach einer theaterwirksamen Reue-Apotheose geht Jedermann, ohne daß er seine verbale Reue in die Tat umgesetzt hätte, in den Himmel ein. Hier erfah- ren die aus aller Welt herbeigeeilten Millionäre: Der Ablaß ist ihnen gewiß, wenn sie nur im letzten Akt so klangvoll bereuen wie Alexander Moissi oder einer der ihm als Jedermann nachgefolgten Publikumslieblinge. ,Mir werden schon kan Richter brauchen`, sagt man in Wien. Hofmannsthals ,Jedermann` ist die stückgewordene österreichische Sehnsucht nach keinem Richter, zumindest keinem irdischen, in der Hoffnung, es sich mit dem Höchsten irgendwie richten zu können . . ." Hätte also der Schriftsteller und Kritiker Friedrich Torberg recht, Mitglied der von Hans Weigel gegründeten "Gesellschaft zur Linderung der Überschätzung Hugo von Hof- mannsthals"? Vor dreißig Jahren entschied Torberg, gut österreichisch: "Dennoch erfüllt der Salzburger ,Jedermann` (kein Theaterstück) eine gute und wichtige Funktion. Aller- 15
dings ist sie weder dramatischer noch moralischer Art, sondern folkloristischer. Diese Dar- bietung gehört zum Domplatz wie der Domplatz zu Salzburg." Das verblüffendste Urteil, weil aus vermeintlich marxistischem Mund, hat 1931 Herbert Jhering gefällt, mit der nötigen Schlichtheit: "Dennoch: die Wirkung ist da. Man kann sie bekämpfen, aber leugnen läßt sie sich nicht. Die Wahl des verführerischen Schauplatzes ist genial. Salzburger Festspiele - seltsame Mischung aus Gröbstem und Zartestem. Kir- che und Theater." Dennoch? Kein Dennoch zum neuen Jedermann. Er hört seit einem sonnendurchglühten Sommerabend - hoffentlich für lange Zeit - auf den Namen Gert Voss. War Jedermann je jünger? War überhaupt je eine der immer wieder runderneuerten (und so auch eiernden) Inszenierungen, die sich - felix Austria - noch heute auf Reinhardt berufen, jünger, lebens- kräftiger, diesseitiger? Kein gekrümmt' Mütterchen am Stock treibt den Sohn in Beichtstuhl und Sarg. Wenn Lola Müthel dem Jedermann-Sohn die Leviten liest, trübt kein Schluchzer ihre Ermahnungen. Die weiß, wovon sie redet, wenn sie Einkehr predigt: "Du bist ein stattlicher Mann / Und Frauenlieb steht dir wohl an." Als allegorisch blasse Gedankengestalt von Jedermanns "Werken", seinen im christlichen Sinn guten Taten, kraucht sonst meistens eine ältliche Frau über die Bühne. Isabel Ka- rajan mußte ja so jung bleiben, weil es ihr Jedermann an guten Werken seit Jugendtagen fehlen ließ. Wenn sie sich zusammen mit Gertraud Jesserer, der mit Schwert und Rüstung bewehrten Figur des "Glaubens", zur Denkmals-Plastik einer an den Sünden-Mann ge- schmiegten, doppelten Pieta vereinigt, ist der Gedanke an einen überirdisch erotischen Dreibund schwer abzuwehren. Als ob Gernot Friedel, der seit vielen Jahren die Touristen-Attraktion "Jedermann" arran- giert, durch die neuen Leute selber verjüngt worden wäre. Neue Musik? Werner Preisegott Pirchners Posaunenchöre sind so dezent neutönerisch wie für Bischofsstadt und Kirch- platz erträglich. Regie? Zwei Engel mit gewaltigen Plastikflügeln gleiten zum Schluß von dem, was in Salzburg wohl Himmel heißen muß: von der erzbischöflichen Residenz. Moi- dele Bickel hat den grellbunten Flitter der Tischgesellschaft verbannt zugunsten gedeckter Kostüm-Farben, wie sie im Alpenland vertraut sind. So kann sich die Aufführung konzentrieren - auf Stimmen: auf Rolf Boysens grollenden, wie ein Künstler frustrierten Gott, vor allem auf den (von der Regie zu oft, deshalb ab- schwächend eingesetzten) Tod, wie Martin Benrath ihn weniger drohend als gefährlich lockend spricht, silbengenau. Auf die Buhlschaft von Maddalena Crippa: eine ungestüm 16
lebenskräftige Frau in rotem Kleid und langem, rötlichem, in Locken bis über die Schultern gedrehtem Haar. Mit einer Direktheit, wie sie bei "Jedermann" selten zu sehen war, dreht sich die italieni- sche Schauspielerin aus dem Korsett des Mysterienspiels, lebt als unbeschwert diesseiti- ge, liebeshungrige Frau - und setzt so, ganz "Buhlschaft", dem düsteren Männerstück von Geld und Macht einen hellen Widerpart von Frauen-Power entgegen. Gert Voss: großes Kind, verspielt, verliebt, auch in sich selber. Bruder Leichtfuß in weißen Kniebundhosen und roter Weste. Das paßt zu ihm, daß er Leute in der ersten Reihe mit Handschlag begrüßt, daß er den Kontakt zu allen sucht durch eingestreute, fragende, aufmunternde Silben: heh? und na? Kein Patrizier im pelzverbrämten Staatsmantel. Ein Tunichtgut aus Lebensgier. Mein Gott, der Schuldner muß in den Turm, so sind die Geset- ze nun mal; aber das verbietet diesem Lebemann doch nicht, die Frau des bankrott ge- gangenen Geschäftspartners ausgiebig zu küssen. Natürlich ist das vom Tod überreichte Stundenglas eine Totenuhr. Deshalb kann man doch mit dem Doppelglas spielen, das Schnupftuch darüberhängen, um das Verrinnen der Zeit nicht jede Sekunde sehen zu müssen. Todesangst? Und ob. Läuterung? Na ja. Schminke tut's auch. Wo ein Stück lügt, darf der Schauspieler ehrlich sein. Im Augenblick höchsten Lebensgenusses, Buhle und Gäste sind beim Festmahl um ihn, taumelt Jedermann. Todesahnung befällt ihn. Einen Abend später sehen wir in Salzburg wieder einen jungen, erfolgreichen Kapitalisten zu Boden gehen. Tschechows Held ist kein Jedermann. Doch die Rolle des "anständigen Kaufmanns" Lopachin, der im "Kirsch- garten" das Gut kaufen kann, auf dem Vater und Großvater noch als Leibeigene Fron- dienst leisten mußten, hält Tschechow für "die zentrale im Stück". In Salzburg wirft sich Daniel Friedrich auf die Bretter des Festsaals im alten Herrenhaus. Er kann sein Glück nicht fassen. Er mißt den Boden des neuen Besitzes, übermächtig, mit dem eigenen Leib aus. Wenn er sich wieder gefaßt hat und stampfend unter die Tanzen- den tritt, sinkt an derselben Stelle, ohnmächtig, die bisherige Besitzerin des Landgutes auf die Dielen. Schrecklicher, großer Augenblick in Peter Steins Inszenierung. Der Neureiche hätte ja nur zu gern die adelige junge Witwe in die Besitz-Liste mit aufgenommen. Denn was klagt er ihr - nein: sich selber, dem Leben, einem Gott? - als er ihr, "unter Tränen", den Kopf in den Schoß preßt: "Oh, wenn nur alles bald vorüber wäre, wenn es sich nur bald irgendwie än- dern würde, unser ungereimtes, unglückliches Leben." Extremes Bild, ekstatische Geste (bei Tschechow ist die Frau "auf einen Stuhl gesunken und weint bitter") sind Beweis für Ausdruckskraft, Nervenkunst, Schauspielzauber einer 17
Inszenierung, die Peter Stein - unter anderen Bedingungen, zum Glück mit vielen Künstle- rinnen und Darstellern von damals - 1989 an der Berliner Schaubühne herausgebracht hat. Wenn Karl Böhm zum 99. Mal Mozarts "Jupitersinfonie", Karajan zum 1001. Mal Beethovens "Fünfte" dirigiert, rümpft niemand die Nase. Weshalb jetzt die mäkelnde Frage selbst von Leuten, die Steins Inszenierung vor sechs Jahren gar nicht gesehen haben: Ist denn das nicht bloß ein Remake? Und wenn! Wie viele Aufführungen hat es an Theatern deutscher Sprache in den letzten sechs Jahren gegeben, die den Zugucker zum Mitlei- denden, Mitkämpfer, Mitliebenden gemacht haben? Der Salzburger "Kirschgarten" ist keine bloße "Wiederaufnahme" einer "alten" Inszenie- rung, sondern eine bis ins Bühnenbild von Karl-Ernst Herrmann und Moidele Bickels neue Kostüme eigenständige Inszenierung, bei glücklicher Bewahrung einmal gefundener, sze- nischer Lösungen. Wieviel Kunst simpler Menschendarstellung ist in einem halben Jahr- zehnt verlorengegangen - nein: kaputt gemacht worden, auch von ältlichen Jungregisseu- ren einer fast-food fürs Theater. Soweit ist es gekommen, daß man nach Salzburg reisen muß, um Aufführungen eines Regisseurs des Welttheaters zu sehen, um eine unvergleich- liche Stimme zu hören: Jutta Lampe. War sie je besser: Dörte Lyssewski? Wie wunderbar fügen sich dem Ensemble ein: Annette Paulmann, Dorothee Hartinger, Sven-Eric Bechtolf! Hoffentlich hat Mortier die Kraft, diesem in Europa befremdlich heimatlos gewordenen, genialen Regisseur einen Arbeitsplatz zu sichern, am besten gleich mit seinem gewalti- gen, nur in Salzburg noch wirklich zu machenden "Faust"-Projekt. Denn gilt nicht für die "Jedermann"-Stadt Salzburg, wo man den Gefechtslärm des Bosnien- Kriegs schon zu hören wähnt, diese Mahnung, die Tschechow seinem Tagebuch anvertraut hat? "Vor der Tür eines glücklichen Menschen muß immer jemand stehen mit einem Hämmerchen in der Hand, ständig klopfen und daran erinnern, daß es Unglückliche gibt". (Michaelis, Die Zeit, 1995) 18
Ein neues Gewand für den JEDERMANN für die 60. Gandersheimer Domfestspiele von Indra Schiller Die diesjährige Inszenierung des JEDERMANNS, anlässlich der 60. Gandersheimer Dom- festspiele, zeigt sich in einem ganz anderen und neuem Gewand als bei den vorigen In- terpretationen des Stückes von Hugo von Hofmannsthal in Bad Gandersheim. So besticht die aktuelle JEDERMANN-Produktion durch viele moderne Inszenierungselemente, die mitunter vielleicht auch mit gewohnten Sehgewohnheiten oder Erwartungen an den Stück- text brechen werden. Schon allein die Ausstattung weicht von den vorigen JEDERMANN- Inszenierungen, die es bereits bei den Gandersheimer Domfestspielen in den vergange- nen Jahrzehnten zu sehen gab, deutlich ab. Hatte doch Hofmannsthal ursprünglich die gesamte Handlung des Stückes ins Spätmittelalter verlegt, hat die Ausstatterin Simone Graßmann für die diesjährige JEDERMANN-Fassung wiederum einen zeitlosen Bühnen- raum konzipiert. Weiße rechteckige, kistenartige Bühnenelemente, die durch unterschied- liche Anordnungen durch die Spielenden selbst, diverse Spielräume- und Möglichkeiten eröffnen. Mal sind diese Kisten Särge bzw. Gräber, mal bilden sie Tische für „das Fest des Jedermanns“ oder die Truhe aus der „Mammon“ steigt. Somit offerieren jene Bühnenele- mente einerseits den Spielenden viele Darstellungs- und Spielvarianten, andererseits wird dem Publikum damit ein moderner Inszenierungs- und Ausstattungsstil im Sinne des prak- tizierten „Objekt-Theaters“ geboten. Der Bühnenausstattung angeschlossen, zeigt sich auch das Kostümbild in einer zeitlosen und vor allem gleichgeschalteten Form. Alle Darsteller tragen das gleiche, schlichte Ein- heitskostüm, das aus einer schwarzen Hose plus Hosenträger, einem grauen Shirt und hellgrauen Stoffschuhen besteht. Lediglich kleine farbige Accessoires ordnen einzelne Spieler bestimmten Rollen zu. So trägt beispielsweise der Jedermann-Darsteller Marco Luca Castelli abweichend rote Lederschuhe, um damit seinen überlegenen Reichtum zu verdeutlichen. Doch nicht nur die Ausstattung verpasst dem 107-jährigen Stückstoff ein modernes Er- scheinungsbild, auch der Inszenierungsstil des Regieteams Laura und Lisa Goldfarb er- möglicht dem Publikum eine völlig neue Sichtweise auf den „altbekannten“ JEDERMANN. So werden zum einen Teile des Textes durch eine körperliche-tänzerische Darstellungs- form im Sinne des Physical Theatres ersetzt. 19
Andere Textpasssagen wurden wiederum durch Kompositionen von Ferdinand von See- bach musikalisch vertont, so dass beispielsweise die Mahnungen der Mutter des Jeder- manns in Liedform vorgetragen werden. Einen besonderen Stellenwert hat außerdem das chorische Sprechen bzw. der Sprechchor in der diesjährigen JEDERMANN-Inszenierung. Bei dieser Darstellungsform spricht das gesamte Ensemble z.B. Passagen in chorischer Form, die im Originaltext eigentlich dem Jedermann allein zugeordnet wurden. Darüber hinaus gibt es diverse Szenen, in denen das Ensemble schwarmartig agiert und sowohl textlich als auch bewegungstechnisch gemeinsam chorisch agiert. 20
Chorisches Sprechen bzw. ein Sprechchor im JEDERMANN der Gandersheimer Domfestspiele In der Jubiläumsinszenierung der 60. Gandersheimer Domfestspiele werden Teile des Stücktextes im chorischen Sprechen vom gesamten Ensemble wieder gegeben. So gibt es also z.B. Abschnitte, in denen alle den „Jedermann“ sprechen. Dieser besondere Inszenie- rungsstil ist mitnichten ein neues Stilmittel, vielmehr wurde dieses bereits im Theater der griechischen Antike verwendet und erlebt in den letzten Jahren nun vielerorts in diversen Inszenierungen eine Renaissance. Doch was ist chorisches Sprechen bzw. was ist unter einem Sprechchor zu verstehen? Chorisches Sprechen /Sprechchor: Chorisches Sprechen ist einerseits ein szenisches Gestaltungselement und andererseits ein theaterpädagogisches Verfahren. Als szenisches Gestaltungselement lässt sich so- wohl von der griechischen Tragödie herleiten, in der der singende, tanzende Chor eine führende Rolle einnimmt, als auch mit der Liturgie der christlichen Kirche in Zusammen- hang bringen. In seinen Ursprüngen erfüllte das chorische Sprechen kultische Aufgaben. Im Sprechtheater der Neuzeit werden gelegentlich chorische Passagen einbezogen; das Schuldrama und die Oper gründen auf chorische Gestaltungsprinzipien. Schiller nimmt mit der Braut von Messina (1803) explizit Bezug auf das griechische Chordrama. Mit der Ver- wendung des Chors als handelnde Person bemüht er sich – im Verzicht auf ‘naturalisti- sche` Darstellung – um eine Poetisierung des Dramas und um die Wiedergewinnung des Unmittelbaren: […] Eine intensive Beachtung erfährt das Chorische Sprechen in der Sprechchorbewegung der 20er/30er Jahre des 20. Jhs. Der Sprechchor ist hier nicht in Theaterstücke eingebun- den, sondern tritt als eigenständiger Klangkörper in Erscheinung. Er lässt sich mit dem Gemeinschaftsgedanken der Jugendbewegung in Verbindung bringen. Zwei Richtungen des Sprechchors werden unterschieden: die ästhetisch-tendenzlose und die politisch- tendenziöse. In seiner politischen Form ist der Sprechchor ein Ausdrucksmittel des Prole- tariats: […] Der Proletarische Sprechchor ist keine Bühnenkunst, sondern politischer Ausdruck einer sich als Gemeinschaft fühlenden gesellschaftlichen Gruppe. In der ästhetischen Form da- gegen wird der Sprechchor als künstlerisches Gestaltungsmittel aufgegriffen und zur Dar- stellung unterschiedlicher Stoffe und Texte eingesetzt. In enger Verbindung zu dieser 21
Form des Sprechchors stehen die Autoren, die den Sprechchor für die Schule nutzbar machen wollen. Eine bis in unsere Gegenwart vorkommende eigene Gattung bilden musi- kalische Sprechchorkompositionen, in denen die rhythmische und klangliche Gestalt durch einen Komponisten festgelegt ist. Zischen Chorischem sprechen und Sprechchor wird differenziert. Während die Sprechcho- rarbeit einem künstlerischen Selbstzweck dient oder aber ein politisches Gemeinschafts- gefühl zum Ausdruck bringt, wird Chorisches Sprechen im Kontext pädagogischer Zweck- bestimmung gesehen. Es wird von Seiten der Sprecherziehung, des Literaturunterrichts, des Laientheaters und aus allgemein-pädagogischen Interessen in Anspruch genommen. […] Für das Laienspiel ist die Einbeziehung chorischer Elemente eine Möglichkeit, viele Dar- steller gleichberechtigt in die Darstellung eines Stückes einzubeziehen (vgl. Nübling). Zu- dem rückt es die `Kollektivität des Produzierens und Spielens` in das Zentrum der Auf- merksamkeit der Spieler (vgl. Kurzenberger). Das chorische Prinzip ist auf der Laienbühne nicht auf chorisches Sprechen beschränkt, sondern umfasst genauso Bewegungsaktio- nen. […] Die methodischen Grundfragen des Chorischen Sprechens beziehen sich auf die Wahl der Gestaltungsmittel, die Textauswahl, die Arbeitsweise und die Integration szenischer Elemente. Die Frage nach der Wahl der Gestaltungsmittel ist auch eine Stilfrage. Vielfach wird darauf hingewiesen, dass der Sprechchor sich vom musikalischen Chor grundsätzlich unterscheiden solle und nicht in einen Sprechgesang verfallen dürfe (vgl. Christians). Die charakteristischen Gestaltungsmittel des Sprechchors liegen weniger in einer Festlegung der Satzmelodie oder Sprechtonhöhe als im Wechsel zwischen Teilchören, zwischen Chor und Einzelsprecher, in der Variierung des Sprechausdrucks und in der Festlegung der Phrasierung sowie der Pausen. Bei der Textauswahl werden lyrische Texte übereinstim- mend bevorzugt, jedoch wird kontrovers diskutiert, ob geeignete Texte in sich bereits cho- risch angelegt sein müssen, ob Balladen (epische Elemente) geeignet sind, ob sich Ge- fühle und Schicksal eines Einzelnen chorisch darstellen lassen. […] Die Integration von Bewegungen in die Chorarbeit wird von vielen Autoren angestrebt. Es gehtdabei um die Erarbeitung von Mimik und Gestik und um die Rhythmisierung des cho- rischen Geschehens. in der Anknüpfung an rhythmisierte Kinderverse und –spiele soll der Zusammenhang von Körper und Sprache erfahrbar werden (vgl. Belstler u. a. 41). (Rora 20003, S. 59f.) 22
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PRAKTISCHE ANREGUNGEN ZUR VOR- UND NACHBEREITUNG Theaterpraktischer Vorbereitungsworkshop zu „JEDERMANN“ Für die GANDERSHEIMER DOMFESTSPIELE 2018 von Indra Schiller Aufwärmen: Stimme und Körper ÜBUNG 1: „JEDERMANN- ASSOZIATIONSKETTE“ (Sprach- und Impulsspiel); 5-10 Min. In dem folgenden praktischen Spiel geht es darum sich auf die Grundthematik des JE- DERMANNS einzulassen und entsprechende Assoziationen zu finden: Im Kreis stehend werden sich nun Begriffe mit einem Ball „zugeworfen“. Jede Weitergabe des Balls soll ver- knüpft sein mit der ersten Assoziation, die man aus dem vorangegangenen (zugeworfe- nen) Begriff ableitet. Dabei geht es aber immer um die erste Assoziation des aktuellen Fängers. Die Gruppe stellt diese Assoziation nicht in Frage und es geht immer weiter in der Assoziationskette. Wichtig ist dabei, dass die Begriffe vom Werfer klar an den Fänger gesendet werden, indem der jeweilige Begriff laut und deutlich ausgesprochen wird. Beispiel: Gott -> Glaube-> Religion-> Kirche -> Beichte - usw. Nicht jeder wird die Gott mit Glaube assoziieren, denn es geht immer um die erste Assozi- ation des Einzelnen, nicht um Logik der gesamten „Assoziationskette“! ÜBUNG 2: „EMOTIONSKREIS“ (Sprach- und Impulsspiel); 5-10 Min. In „JEDERMANN“ geht es auch viel um die unterschiedlichen Emotionen, die entspre- chend der einzelnen Figuren sehr konträr sind. Insbesondere Jedermann selbst, der sich als eiskalter Lebemann gegenüber seinen Mitmenschen verhält. Man könnte auch sagen, er geht über Leichen und fällt am Ende über seine eigene. Wie anspruchsvoll jedoch die Darstellung von derart konträren Emotionen ist, zeigt die Übung des „Emotionskreises“. Dazu wird reihum ein Impuls weiter gegeben, indem man in die Hände klatscht und dazu 24
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