Warum? - Zeitschrift der Quartiervertretung Stadtteil IV 24. Jahrgang Nummer 95 Juni 2019s - Quavier
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Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 1 Q UAV I E R Zeitschrift der Quartiervertretung Stadtteil IV · 24. Jahrgang · Nummer 95 · Juni 2019s warum?
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Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 3 E D I T O R I A L I N H A L T Aus der QUAV 4 4 Warum Impressum 5 ist die Banane krumm? Einstein 9 Schulen 10 Ich bin täglich zu Fuss, mit dem Velo, mit dem Tram oder mit dem Auto im Stadtteil IV unterwegs. Im Hinblick auf die Nummer 95 von QUAVIER Zum Thema 12 zum Thema WARUM habe ich mir die folgenden Fragen gestellt: Porträts 12 – Warum kann man nicht durch den Dählhölzliwald gemütlich Velo fahren? – Warum soll es nicht möglich sein, dass am Egelsee die Menschen verweilen können, ohne die Veranstaltungen 16 Natur zu beeinträchtigen? – Warum wird das Welttelegrafendenkmal auf dem Helvetiaplatz von Kindern gerne bestiegen Multaka 19 und dann im Wasser geplanscht? – Warum müssen Elektrovelos schneller fahren als 30 km/h? Fotoseiten 20 – Warum spielen keine Kinder oder Erwachsene auf dem öffentlichen Fussballplatz mit dem Report Gehirn 23 Kunstrasen auf der Grossen Allmend? – Warum regeln Verkehrspolizisten den Verkehr an einer Kreuzung viel effektiver als jeder Super- Füller 25 computer? – Warum hat es entlang dem Dählhölzliwald fünf Tennisclubs mit insgesamt 32 Tennisplätzen? Kein Denkmal 26 – Warum verhindert der Stadtrat mit einer Motion zur Umgestaltung der Autobahn im Wank- dorf den Bypass Bern-Ost? Homestory 29 – Warum gibt es in Bern 140'000 Verkehrsexperten? – Warum versucht man, die schönen schwarzen Vögel aus dem Quartier zu vertreiben? Neu und Jubiläen 31 – Warum tragen die meisten Menschen dunkle oder schwarze Kleider? – Warum stimmen mich die Klimastreiks der Schülerinnen und Schüler optimistisch? Wettbewerb 31 – Warum beobachte ich alle Flugzeuge am Himmel? – Warum befinden sich 57 von insgesamt 84 Botschaften mit etwa 1’200 Personen in unserem Kleininserate 31 Stadtteil? – Warum müssen die Botschaften scharf bewacht werden? – Warum ist das Galgenfeld eines der lebendigsten Quartiere im Stadtteil? – Warum ist die Siedlung Wittigkofen mit ihren Hochhäusern ein so lebendiges Quartier? Und warum erinnert sie mich an die EXPO 64 in Lausanne? – Warum wurde das Kirchenfeldschulhaus noch nicht erneuert? – Warum stehen auf dem Helvetiaplatz insgesamt 64 Verkehrsschilder? – Warum wurden im Hinblick auf die Klimaerwärmung bisher noch keine Palmen gepflanzt? – Oder Bananenbäume mit krummen Bananen! Ich wünsche allen Leuten im Stadtteil IV einen schönen Sommer. Jürg Krähenbühl Co-Präsident Titelbild: Warum muss man vor einem Hund ein bisschen warnen . . . ? Foto: Lukas Lehmann, Bern QUAVIER 95/19 |3
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 4 A U S D E R Q U A V 4 Zu früh gefreut – PUN nach wie Ausgehend vom bestehenden Nutzungs- Verkehr vor durch Einsprachen blockiert und Gestaltungskonzept sowie den Ergebnis- Die reich bebilderte Baumfällung in QUAVIER sen aus der Mitwirkung der Quartiere wurden Pilotversuch «Laden im öffentlichen Nr. 94 zeigte zwar eine imposante Aktion, und vier thematische Schwerpunkte mit entspre- Raum» – nicht am Laubeggplatz der mächtige Baum wird, zu Kleinholz verarbei- chenden Massnahmenbündeln definiert. Der Standort der Ladestation im Stadtteil IV tet, wohl noch manches Cheminée-Feuer näh- Als erster Schwerpunkt hat sich die unge- wird noch angepasst: Die Einrichtung wird ren. Nur: mit der Realisierung der Pannenstrei- nügende Qualität des Abschlusses in Richtung nicht wie in QUAVIER Nr. 94 angekündigt vor fenumnutzung (PUN) und dem damit Stadt sowie die fehlende Anbindung an die der Laubeggschule installiert. Der Stadtteil IV verbundenen Ausbau der Lärmschutzwände Papiermühlestrasse herauskristallisiert. Dies bleibt aber Teil des Pilotversuchs: Die Verkehrs- hat diese Aktion nicht den geringsten Zusam- soll mit einer Vervollständigung und Stärkung planung wird diesen Sommer die Standort- menhang. Das Projekt zur temporären Schaf- der Allee an der Papiermühlestrasse sowie der suche neu starten und dabei auf den Erfahrun- fung von zusätzlichem Raum für den Verkehr Umlagerung der Parkplätze in den Unter- gen in den Stadtteilen II (Länggasse) und VI auf dem Abschnitt Muri – Wankdorf ist nach grund erreicht werden. Die neue Freifläche (Bümpliz) aufbauen. Sobald ein neuer Stand- wie vor durch ein Gerichtsverfahren blockiert. steht für einen Umnutzung respektive eine ort vorliegt, wird die Verkehrsplanung der Für das ASTRA ist es aus diesem Grund auch Klärung des Raumabschlusses zur Verfügung. QUAV 4 den Vorschlag unterbreiten. Die e-Mo- schwierig, zum jetzigen Zeitpunkt verbindliche Eine zweite Baustelle sind der Hyspa- und bilität soll sich auch in unserem Stadtteil nicht Angaben zum Start der Arbeiten zu machen. Zirkusplatz, deren Beläge durch die intensive auf ein Autorennen beschränken. (pr) Geplant ist, sollte das Projekt in die Umsetzung Nutzung stark beschädigt sind. Ausserdem kommen, die Arbeiten im 2-Schichtbetrieb besteht hier ein fliessender Übergang von Neugestaltung Laubeggplatz – auf- rund 2 Jahre nach Baubeginn abzuschliessen. Hartflächen in Grünflächen, der die räumliche geschoben ist nicht aufgehoben Situation verunklärt: Der Hyspaplatz ist durch Im Rahmen des E-Grandprix im Juni 2019 wer- die intensive Nutzung nicht mehr als Grün- den am Laubeggplatz bauliche Veränderun- raum und Teil der Grossen Allmend erfahrbar. gen vorgenommen, die nach dem Rennen wie- Raum gestalten Hier soll die Zusammenlegung und Neugestal- der rückgängig gemacht werden. Die Stadt tung von Zirkus- und Hyspaplatz Abhilfe stellte sich nun die Frage, ob bei der Wieder- Nutzungs- und Gestaltungskonzept schaffen. Es stehen aktuell drei Varianten zur herstellung Veränderungen vorgenommen der Berner Allmenden Diskussion, die bezwecken, den Raum multi- werden sollen. Im April fand dazu eine Sitzung Im Rahmen der QUAV 4-Delegiertenversamm- funktional und nutzungsoffen zu gestalten. mit Vertretungen der Verkehrsplanung, der lung vom Januar hat Stadtgrün Bern über die Drittens wurden der mangelnde Anschluss Schule und der QUAV 4 statt. Die Teilnehmen- Planung der Allmenden informiert . Die Grosse ans Quartier, die trennend wirkenden Park- den waren sich einig, dass es schön wäre, wenn Allmend westlich der Autobahn A6 besteht plätze sowie die fehlenden Verbindungen in- das Schulhaus einen verkehrsfreien Vorplatz aktuell aus mehreren, unterschiedlich genutz- nerhalb und zwischen den Allmenden bean- erhalten könnte. Dazu müsste jedoch die ten Flächen: dem permanenten Messegelände standet. Eine Verbesserung soll die Schaffung Busspur verlegt werden, was im Rahmen der der BernEXPO (1), dem Zirkusplatz (2), dem Hy- eines neuen Ankunftsraums, ohne Nutzungs- Wiederherstellung nicht möglich ist. Eine spaplatz (3), den Fussballfeldern (4) sowie den druck durch Zirkus, BEA, Messen etc., sowie Umgestaltung des Platzes wird aber nach dem Parkplätzen (5) entlang der Papiermühlestras- verbesserte und ganzjährig nutzbare Verbin- E-Grandprix weiterverfolgt. (kr) se. Die Kleine Allmend (6), östlich der A6, ist ak- dungswege für den Langsamverkehr (Fuss- tuell mit einer Schafweide, Familiengärten und gänger und Velo) bringen. Das vierte Massnah- Einsprache gegen einem Pumptrack weitgehend «grün» genutzt. menbündel sieht vor, auf der Allmend die Tempo 30 in der Elfenau Fristgerecht ist eine Einsprache gegen das geplante Tempo 30 auf der Elfenstrasse (Abschnitt Thunstrasse – Brunnadernstrasse) sowie der Brunnadernstrasse (Abschnitt Wer- nerstrasse – Egghölzlistrasse) eingegangen. Beschwerdeführer sind neben dem TCS drei weitere private Parteien. Sie machen geltend, dass die genannten Abschnitte wichtige Durchgangs- und Verbindungssstrassen des Brunnadernquartiers seien, dass mit Tempo 50 der Verkehr flüssig laufe, die Situation über- sichtlich sei und keine Sicherheitsprobleme bekannt seien. Ferner orten die Einsprecher eine generelle Tendenz zur flächendeckenden Einführung von Temporeduktionen, und hal- ten fest dass diese, bezogen auf die genannten Abschnitte, rechtlich nicht haltbar seien. Der weitere Zeitplan ist unklar, sicher ist, dass die Einführung von Tempo 30 auf den genannten Abschnitten wohl noch eine Weile dauern wird. Nutzungsvielfalt der Allmenden im Überblick. Plan: zvg 4 | QUAVIER 95/19
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 5 Langsamverkehrsanbindung zu stärken, neue wie der neue Schulstandort aussehen soll. Zur 22. März im Mediencenter der Stadt Bern einge- Nutzungsinseln zu schaffen und die Qualität Klärung dieses zweiten Punkts hat Hochbau sehen werden: https://www.bern.ch/medi- der offenen, extensiven Flächen sicher zu er- Stadt Bern in Zusammenarbeit mit Stadtgrün encenter/medienmitteilungen/ halten. Bern einen Wettbewerb durchgeführt. Er Die Zonenplanänderung und die Um- Ebenfalls Teil des Nutzungs- und Gesamt- wurde Ende März juriert und die Projekte im setzung der Siegerprojekte müssen nun die konzepts ist die Neuordnung der Sportfelder. Anschluss der Öffentlichkeit präsentiert. Hürde einer Volksabstimmung nehmen, bevor Aktuell teilen sich Hornusser, Baseballer, Fuss- Gegenstand des Wettbewerbs waren die 2021 die Bagger auffahren dürfen und 2023 der baller, Rugbyspieler und viele andere in die zwei Teilprojekte «Neubau Volksschule und Standort bezogen werden kann. Grosse Allmend. Konzepte, wie die Felder auf Gestaltung Stadtteilpark» sowie ««Sanierung beide Allmenden verteilt und optimiert und Umnutzung Wysslochgut in eine Tages- Museumsquartier Bern: werden können, liegen vor. Einfacher wird die schule». Vorgabe für die den Neubau war die Aufbruch zu neuen Ufern Planung aufgrund YBs Interesse an weiteren Schaffung von Raum für 8 Klassen, inklusive Im Raum zwischen dem südlichen Kopf der Trainingsfeldern auf Naturrasen sicher nicht, Spezial- und Nebenräumen sowie einer Sport- Kirchenfeldbrücke und dem Gymnasium Kir- und auch die Frage, inwieweit Anlagen des Pro- garderobe. Die Verbindung der Aussengestal- chenfeld sind nicht weniger als 11 Museen und fisports auf der für grüne Nutzung vorgesehe- tung mit dem Entwurf des Schulhaus war mit Institutionen konzentriert. Einfallstor in dieses nen Kleinen Allmend ihre Berechtigung haben, der Erwartung verknüpft, dass sich die beiden Gebiet bildet der unwirtliche, von Verkehr und dürfte nicht einfach zu beantworten sein. Bereiche «in einem harmonischen Gesamt- Welttelegrafendenkmal dominierte Helvetia- konzept zusammen binden und dadurch ein platz. Dessen Neugestaltung hat bereits die qualitätsvolles Ensemble bilden». Bei der Wettbewerbsphase durchlaufen: das Sieger- Tagesschule wurde die Erhaltung des denk- projekt «Coquille Saint-Jacques» wurde am malgeschützten Hauptvolumens des Wyss- 1. Mai der Öffentlichkeit vorgestellt, es soll bis lochguts vorausgesetzt. 2023 umgesetzt sein. Die Konsolidierung des an Gewinner des ersten Bereichs ist das Projekt den Platz anschliessenden Areals ist hingegen WO DIE WILDEN KERLE WOHNEN des Teams weniger weit gediehen: Ende April wurde eine Bischof Föhn Architekten ETH SIA, Zürich, zu- Machbarkeitsstudie präsentiert, die die Vision sammen mit Parbat Landschaftsarchitektur verdichtet, in Bern ein Museumsquartier von in- GmbH, St. Gallen. Als Sieger für die Sanierung ternationaler Ausstrahlung zu schaffen. Es soll und Umnutzung Wysslochgut ging das Projekt nun eine gemeinsame Erklärung der Institutio- Rand- und Breitensport auf der Grossen PARKER des Teams Büro B Architekten AG, Bern, nen und bis am 5. Juli eine Vernehmlassung fol- Allmend: Rugbyspieler beim Aufwärmen. und extra Landschaftsarchitekten AG, Bern, her- gen. In den Jahren 2019 und 2020 wird das Vor- Foto: zvg vor. Zum Siegerprojekt für das Schulhaus wurde festgehalten, dass es sehr gute Voraussetzun- Nächster Schritt für die Wysslochschule: gen biete, die gewünschte Qualität einer Schule Impressum Wettbewerbprämierung im Park zu erreichen und mit einer klaren Er- QUAVIER erscheint 4mal jährlich Bis die Laubeggschule den dringend benötig- schliessungs- und Raumstruktur ein einfaches Herausgeberin: Quartiervertretung des Stadtteils IV, Postfach 257, 3000 Bern 6 ten Schulraum am Standort Wyssloch beziehen Gebäudetechnikkonzept ermögliche. Das Sie- Geschäftsstelle: Sabine Schärrer, Tel. 031 351 95 75 kann, ist noch einiges zu klären. Erstens muss gerprojekt zur Umnutzung des Wysslochguts (Beantworter), info@quavier.ch eine Zonenplanänderung (s. QUAVIER Nr. 94) biete Gewähr, das Konzept in eine «qualitäts- Webmaster: Franz Keller, webmaster@quavier.ch die räumlichen Rahmenbedingungen und die volle und in gewissem Sinne einmalige Tages- Co-Präsidenten: rechtlichen Grundlagen für den Schulstandort schule weiterzuführen». Die Details der Jurie- Richard Pfister, Bolligenstrasse 14c, 3006 Bern Jürg Krähenbühl, Staufferstrasse 6, 3006 Bern schaffen. Zweitens muss festgelegt werden, rung können dem Bericht des Preisgerichts vom Auflage: 15 500 Exemplare Redaktionsadresse: QUAVIER, Postfach 257, 3000 Bern 6, Tel. 031 351 95 75 (Beantworter) redaktion@quavier.ch Redaktion: Anna Hauser (aha), Rita Jost (rj), Johannes Künzler (jkü), Andreas Rapp (ar), Philipp Richard (pr), Muriel Riesen (mr), Alice Sommer (as) Inserate: Länggass Druck AG, Länggassstr. 65, Postfach 726, 3000 Bern 9, Tel. 031 307 75 73, haering@ldb.ch, www.ldb.ch Inserateschluss: 14.8.2019 Layout: MediaDesign Bern, Franz Keller (fak) keller@mediadesign-bern.ch Druck: Länggass Druck AG, Bern, Veranstaltungshinweise bitte an: QUAVIER, Postfach 257, 3000 Bern 6, events@quavier.ch QUAVIER Nr. 96, September 2019, ist dem Thema «REIF» gewidmet. Wenn Sie etwas beitragen möchten, tele- fonieren Sie der Redaktion (031 351 95 75) oder mai- len Sie an redaktion@quavier.ch. Redaktionsschluss: 21.8.2019 Erscheinungsdatum: 13.9.2019 Plan: zvg QUAVIER 95/19 |5
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Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 7 haben in thematischen Arbeitsgruppen und Allen Beteiligten ist klar: es handelt sich um unter Einbezug der Quartiervertreter konkreti- ein ambitioniertes Projekt, das die einmalige 2. Informations- und Mitwirkungsan- siert. Im Herbst/Winter 2020 soll dann ein Ar- Chance bietet, die Museen und Institutionen lass zur Arealentwicklung Elfenau chitekturwettbewerb ausgeschrieben werden. an den neu gestalteten Helvetiaplatz anzubin- Am 26. August 2019 bietet Stadtgrün Bern Wie Christophe von Werdt (Vertreter Klei- den sowie ein städtebaulich interessantes und allen Interessierten erneut die Möglichkeit, ner Burgerrat) anlässlich der Präsentation für wertvolles Ensemble zu schaffen. Ein langer sich über den Stand der Planung rund um die QUAV 4 betonte, handle es sich um eine Atem wird von allen Beteiligten erwartet: vor den vorgesehenen Umbau des Werkhofs, Machbarkeitsstudie und nicht um eine 2028 ist nicht mit einer Übergabe an das die Zukunft des Bauernbetriebs und die Planung. Kern des Vorhabens sei es, nach in- Publikum zu rechnen. Weiterentwicklung von Gastronomie und haltlichen Gemeinsamkeiten und Potenzialen Die Delegierten der QUAV 4 haben das Pro- Veranstaltungen in der Parkanlage Elfenau zu suchen und diese auszubauen respektive zu jekt mit grossen Interesse aufgenommen. Kri- zu informieren und Ideen einzubringen. realisieren. Die hierfür erforderlichen bauli- tische Stimmen gab es zum Vorgehen, im Gros- Ort: Grosse Orangerie, Elfenauweg 94 chen Massnahmen seien als Folge dieses Pro- sen und Allgemeinen zu starten, anstatt mit Uhrzeit: 18 Uhr zesses des Zusammenrückens zu verstehen. So kleinen und gezielten Interventionen (und we- sind die in den Medien genannten Kosten von sentlich bescheideneren Mitteln) kurzfristig 250 Millionen Franken klar als Maximalvarian- eine Verbesserung zu erzielen. Auch bedauert Beschwerde zur Villa Bomonti te zu verstehen. Der Betrag beinhaltet 50 Mil- wurde, dass die Studie das Kunstmuseum als Wie in QUAVIERNr. 94 berichtet, wurden alle lionen Franken für die dringend notwendige Leuchtturm der bernischen Museumsland- Einsprachen, darunter die der QUAV 4, gegen Sanierung des Historischen Museums sowie schaft nicht ins Museumsquartier integriert. das Baugesuch zur Umnutzung der Villa 50 Millionen Franken für ein neues Depot. Die Dies scheitere jedoch am Raumbedarf, der im Bomonti am Kalcheggweg 12 abgewiesen. Da restlichen 150 Millionen Franken seien für das Museumsquartier schlicht nicht realisierbar der Stadtteil IV von der Botschaftsproblematik eigentliche Museumsquartier Bern vorgese- sei, und an der Tatsache, dass der damit frei und den ausufernden Sicherheitsdispositiven hen. Die Varianten sowie Informationen zu werdende (und denkmalgeschützte) Stettler- besonders betroffen ist, befürwortet die QUAV den Eckpunkten dieser Studie können unter bau, da als reiner Museumbau konzipiert, de 4 schon lange eine speziell ausgeschiedene www.mqb.ch eingesehen werden. facto nicht umnutzbar ist. Botschaftszone, muss aber immer wieder fest- stellen, dass es in der Regel keinen Weg gibt, den Verkauf wertvoller und identitätsstiften- der Liegenschaften an fremde Staaten zu verhindern. Eine Gruppe von Anwohnern, zu- sammen mit dem Kirchenfeld-Brunnadern- Elfenau Leist und dem Verein Bern bleibt grün zeigt sich jedoch kämpferisch: Sie ziehen den Entscheid weiter, nun muss sich die kantonale Baudirektion mit dem Fall befassen. (pr) Videoüberwachung des Bomontiwegs Nachdem die VR China neben ihrem Botschafts- gebäude am Kalcheggweg 10 auch die Villa Bo- monti am Kalcheggweg 12 erworben hat und diese ebenfalls als Botschaftsgebäude betrei- ben will (s. o.), liegt der Bomontiweg («Schnäg- gegässli») zwischen den beiden Botschafts- arealen. Er gehört zwar zur Villa Bomonti, die Stadt Bern hat aber ein Wegrecht, und der Durchgang ist öffentlich. Er bildet eine wichtige Fussgängerverbindung zwischen dem Brunna- dern- und dem Elfenauquartier und dient auch als Schulweg zur Manuelschule. An der Umzäu- nung der Liegenschaften wurden Videokame- ras installiert, mit denen sich der gesamte Ver- kehr auf dem Bomontiweg überwachen lässt. Die Passanten können der Überwachung nicht Warum stehst du noch hier, Löschgeräthschafts-Magazin No. XIX? – Weil ich als schützenswert ausweichen, sondern werden gezwungener- gelte! 1921 sollte ich um 18 m südwärts verlegt werden. Da erhoben der Kirchenfeldleist und 12 massen von den Kameras erfasst. Nachbarn Einsprache; sie wollten mich aus ästhetischen Gründen weghaben und ins obere Jede Videoüberwachung des öffentlichen Kirchenfeld verbannen. Die Stadt lehnte das ab: Das Strassenbild werde nicht «nachteilig beein- Raumes ohne gesetzliche Grundlage und flusst»; das Gebäude werde aufgefrischt und näher ans Trottoir gestellt, «damit nicht ein Ablage- Zustimmung der zuständigen Behörden ver- rungsplatz für Unreinlichkeiten entsteht». Wegen der hohen Gebäude ringsum könne «im Jnteresse letzt den Datenschutz, d. h. die Privatsphäre der Dienstbereitschaft der Feuerwehr» von einer Entfernung aus dem untern Kirchenfeld «nicht und das Recht auf informationelle Selbstbe- die Rede sein». Im Magazin war damals eine mechanische Leiter versorgt; heute dient es als Lager stimmung aller Betroffenen – hier umso ein- für «Park- und Eventmaterial» des Historischen Museums. (Akten Stadtarchiv, merci). Foto: ar schneidender, als die Überwachung für einen QUAVIER 95/19 |7
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 8 ausländischen Staat erfolgt. Der Kirchenfeld- banner zu platzieren. Die Realisierung sah vor, Brunnadern-Elfenau-Leist ist daher an die die Werbeflächen quer über den Gehweg an Ihre direkte Mitwirkung kantonale Datenschutzaufsichtsstelle ge- beidseitig gesetzten Pfosten zu spannen. Was fehlt Ihnen im Stadtteil IV? Was möch- langt, mit dem Antrag, den Fall von Amts we- Gegen dieses Vorhaben hat die QUAV 4 Ein- ten Sie anders haben? Schreiben Sie an: gen abzuklären und den Datenschutzbestim- sprache erhoben und sich mit der Leitung des QUAV 4, Postfach 257, 3000 Bern 6, oder mungen Nachachtung zu verschaffen. (ar) Tierparks zur Ausarbeitung eines Kompromis- mailen Sie an info@quavier.ch. ses getroffen. Die Lösung besteht nun aus drei Einsprachen gegen Bannern: eines zu Beginn, gut sichtbar von der Ihre Anregungen werden an die QUAV4 Werbebanner für den Tierpark Bushaltestelle, d. h. ausserhalb des Walds weitergeleitet. Besuchen Sie auch unsere Der Tierpark hat geplant, auf dem Zugang von (bestehender Standort), eines beim Eingang Website unter www.quavier.ch und teilen der Thormannstrasse zum Vivarium zusätz- zum Vivarium und eines beim Restaurant. Sie uns dort Ihre Meinung mit. liche auf den Tierpark hinweisende Werbe- (pr) Von Menschen für Menschen Weitere Verzögerung für die Bar au Lac Unterstützung für eine quartierorientierte sich ausschliesslich mit rhythmischen Pump- Wie berichtet wurde, hat der Regierungsstatt- Nutzung des Entsorgungshofs zum Ausdruck bewegungen des Körpers. halter eine fünfjährige Ausnahmebewilligung gebracht. Mit massvollem Abstand hat die Kan- Der Parcours auf der Kleinen Allmend ist für die Bar im ehemaligen Entsorgungshof tonspolizei das bunte Treiben im sonst als ver- dank Initiative aus dem Quartier entstanden. Er beim Egelsee erteilt. Geknüpft ist die Bewilli- schlafen geltenden Quartier mitverfolgt. Auf ist 85 Meter lang, wurde von Profis angelegt gung unter anderem an die Auflage, keinen wessen Konto der Flug einer Kameradrohne und ist im Oktober in Anwesenheit von Stadt- Take-away anzubieten und den Betrieb auf die ging, konnte leider nicht eruiert werden. (pr) präsident Alec von Graffenried eingeweiht Sommermonate zu beschränken. In der ersten worden. Seither zieht der Parcours täglich zwi- Saison 2017 stiess das Angebot auf reges Inte- schen 10 und 50 meist jugendliche Mountain- resse im Quartier; die Wiederaufnahme und biker, Kickboarder und Scooterfahrer an. Fortsetzung des Betriebs über mehrere Sai- Die Anlage bietet jedoch mit Sandkasten, sons böte die Chance, das Konzept quartierge- Grillplatz, Tischen und Bänken auch für Besu- recht weiter zu entwickeln. cherInnen ohne rollenden Untersatz eine Gegen diese Bewilligung ist eine Beschwer- attraktive Erholungs- und Spielzone. de eingegangen. Die Beschwerdeführenden befürchten, dass die Emissionen der Bar au Lac Instagramtaugliche Bilder oder Big Brother? das Ökosystem «Egelsee» über Gebühr strapa- Auch eine Drohne war im Einsatz. Foto: zvg zieren, geben zu bedenken, dass der Betrieb grundsätzlich nicht zonenkonform sei und Das Burgfeld hat seinen Pumptrack dass es problematisch sei, eine Nutzung zuzu- Das Burgfeldquartier ist neuerdings ein lassen, die auf einer noch nicht bewilligten Zo- Geheimtipp für Pumptracker. Der Name nenplanänderung beruht. Für Juristenfutter Pumptrack bezieht sich auf eine Besonderheit ist also gesorgt. Dass die Bar ihre Türen im Som- solcher Rundkurse für Velos und andere rollen- mer 2019 öffnet, scheint unwahrscheinlich. de Fahrzeuge: Die Benutzer absolvieren mit Zwischennutzung auf der kleinen Allmend: Derweil haben mehrere hundert Quartier- ihren Fahrzeugen die asphaltierte Wellenbahn Kickboarder am Start des neuen Pumptracks. bewohner in einem «Flash-mob» spontan ihre ohne Pedalantritt. Geschwindigkeit holen sie Foto: zvg Die Anlage ist als Zwischennutzung de- klariert und soll die Kleine Allmend zwischen Bolligenstrasse und Mittelholzerstrasse be- leben. Die Stadt hat mit dem Bau dieses Spielplatzes ein fast 100-jähriges Versprechen eingelöst. Im Quartierarchiv kann man nach- lesen, dass in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts erstmals Pläne für einen Spiel- platz auf der Kleinen Allmend eingereicht wurden. Nun ist er Tatsache geworden. Sehr zur Freude der Kinder und Jugendlichen im Quartier. (rj) Treffpunkt Wittigkofen – Lichtblick Der Treffpunkt Wittigkofen dient als Gemein- schaftszentrum der gesamten Bevölkerung im Kundgebung aus dem Nichts: Flash-mob auf dem Areal des alten Entsorgungshofs. Foto: zvg Quartier und bietet auch vielen Drittnutzer- 8 | QUAVIER 95/19
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 9 Innen Unterkunft – Quartierverein, Kultur- weder von der Revisionsstelle noch der Dele- eine Gruppe von Anwohnern aus dem Murifeld Arena, vbg, Französische Schule, etc. Wie ande- giertenversammlung sind hierzu Fragen ein- eine städtische Initiative lanciert, die nichts an- re Kirchgemeindehäuser von einschneidenden gangen. Die Delegierten sind dem Antrag des deres anstrebt, als das Projekt zu stoppen, um Sparmassnahmen betroffen, wurden für den Vorstands gefolgt und haben die Rechnung, die «dem Areal eine neue Perspektive zu geben». Treffpunkt Schritte zur Rettung unternommen mit einem kleinen Gewinn von Fr. 2'323.41 Obwohl es sich beim Projekt von GVB und (s. QUAVIER Nr. 88, Sept. 2017, S. 6). In diese Be- abschliesst, einstimmig angenommen. Der wbg8 um ein nicht profitorientiertes Unter- mühungen sind auch die QUAV 4, die Stadt, die Verwaltung, bestehend aus Vorstand, Co-Präsi- fangen handelt, das grossen Wert auf die Ge- Burgergemeinde und weitere Akteure einbe- dium und der Geschäftsleiterin, wurde per meinschaft in der neuen Überbauung legt und zogen; der hohe Stellenwert der im Treffpunkt Applaus Décharge erteilt. Bis zum Wahljahr eine qualitätsvolle sowie nachhaltige städti- geleisteten Gemeinwesenarbeit ist anerkannt. bleibt der Vorstand unverändert mit Erika Reber sche Verdichtung anstrebt, monieren die Ini- Nun zeichnet sich eine Lösung ab: Zwar geht (SOML), Richard Pfister (GLP), Jürg Krähenbühl tiaten, dass ein Freiraum, ein «städtischer der Treffpunkt am 1. Juli 2019 zur RefBernImmo (AnwohnerInnenverein Werner-/ Staufferstras- Dorfplatz» verschwinde, den die Stadt leicht- AG (RBI AG) über, der Betrieb wird aber sicher se), Hans Ulrich Gränicher (SVP) sowie Christine fertig und unter dem Deckmantel der Verdich- bis Ende 2019 weitergeführt, und es laufen zwi- Fach (Nachberegruppe Obstberg) besetzt. Der tung hergebe. Auch basiere die Volksabstim- schen der Kirchgemeinde Petrus und dem Ver- Vorstand hat Sabine Schärrer für ein weiteres mung von 2015 auf einer Lüge, da in den Ab- waltungsrat der RBI Verhandlungen, welche Jahr mit der Geschäftsführung beauftragt. stimmungsunterlagen von einem «ungenutz- darauf abzielen, dass der Treffpunkt auch für ten Areal, auf dem nichts abgerissen werden weitere Jahre wie bisher genutzt werden kann. Neues zur Überbauung müsse» die Rede gewesen sei. Das Quartier wurde vom Kirchgemeinderat im des Tramdepot-Areals Die Stadt will über die Gültigkeit der Initia- JUPI entsprechend informiert. (ar) Die Geschichte des Projekts zur Überbauung tive erst entscheiden, wenn die erforderlichen des Tramdepot-Areals ist um ein Kapitel reicher. 5'000 Unterschriften fristgerecht eingehen. Ordentliche Geschäfte der QUAV 4 Nach einem Architekturwettbewerb 2013, einer Tatsache ist, dass die Initiative zu spät kommt, Wie jedes Jahr hat die die Delegiertenversamm- Volksabstimmung 2015, Abtretung des Bau- da die Baurechtsverträge abgeschlossen und lung im März über die ordentlichen Geschäfte rechts an eine Bietergemeinschaft von rechtsgültig sind. Im Falle eines Erfolgs der Ini- der Quartierkommission befunden. Die Unter- Gebäudeversicherung (GVB) und der Wohn- tiative müssten die Baurechtnehmer enteig- lagen inklusive dem Revisionsbericht wurden baugenossenschaft wbg8 im Jahr 2016 sowie net werden, wofür keinerlei Rechtsgrundlage der Dialog Treuhand rechtzeitig verschickt, der Einreichung des Baugesuchs Ende 2018 hat besteht. (pr) Q U A V I E R W A R H I E R Von Einstein, Tumarkin und Tobler Der Rundgang «Kluge Köpfe – Kunstvolle Bauten» von StattLand lädt ein zu einem zeichnet und setzte sich nach Erhalt der Spaziergang quer durch die Länggasse. Dabei erfahren die Teilnehmenden Wis- Schweizer Staatsbürgerschaft zudem mass- senswertes über historische Gebäude und die klugen Köpfe, die darin forschten geblich für das Frauenstimmrecht ein. und lehrten. Weitere Stopps des 80-minütigen Rund- gangs erfolgen bei den Institutsneubauten Der Rundgang beginnt vor dem Hauptgebäu- rin der Universität Bern, stand nämlich einst der Architekten Salvisberg und Brechbühl (die- de der Universität Bern. Heute sind rund auf dem Grundstück des heutigen Kultur selben Architekten, die auch das ehemalige 18'000 Studierende an der Uni Bern immatri- Casinos. Doch durch das stetige Wachstum der Säuglings- und Mütterheim in der Elfenau er- kuliert. 57% davon sind Frauen, wobei die An- Hochschule wurde mehr Platz benötigt, und baut hatten), sowie im alten Anatomie Hör- zahl der Professorinnen gerade mal bei 24% 1904 erfüllten sich Kanton und Universität saal, wo man sich in der Zeit augenblicklich um liegt. So viel zum Thema Gleichstellung der Ge- einen alten Traum: ein neues Hauptgebäude ein paar Jahrhunderte zurückversetzt fühlt. schlechter. Doch warum befinden sich die mit Blick auf die Alpen. Die Tour endet im Gebäude der Unitobler und meisten Fakultäten der Uni Bern eigentlich in Unter den klugen Köpfen, die an der Uni auch hier gibt es wieder viel Wissenswertes zu der Länggasse? Die alte Hochschule, Vorläufe- Bern lehrten, war auch Albert Einstein. Von erfahren: Bis ins Jahr 1984 war das heutige Uni- 1908 – 1909 unterrichtete er als Privatdozent gebäude nämlich die Produktionsstätte der und da er zu jener Zeit auch beim Patentamt weltberühmten «Toblerone» – ein Komposi- tätig war, fand seine erste Vorlesung «Moleku- tum aus dem Namen des Chocolatiers The- lare Theorie der Wärme» jeweils samstags von odor Tobler und Torrone, dem italienischen 7 bis 8 Uhr morgens statt – und verzeichnete Wort für Honig-Mandel-Nougat. Die Studen- beim ersten Mal lediglich drei Zuhörer. Noch ten hatten damals also ein wortwörtliches vor Einsteins Zeit als Dozent wurde die Philo- «Schoggi-Läbe» oder wie Bernhard Stirnimann sophin Anna Tumarkin 1898 als erste Frau in so schön sang: «Mys Käthi schmöckt nach Bern habilitiert. Sie war es auch, die als aller- Schoggola, si schafft bim Tobler z Bärn». Pas- erste Professorin Europas das Recht hatte, Dok- send dazu verteilt der Stadtführer allen Teil- toranden sowie Habilitanden zu prüfen und nehmenden ein Mini-Toblerönchen – ein süs- Universitätsinstitute der Architekten im Senat Einsitz zu nehmen. Tumarkin wurde ser Abschluss eines sehr empfehlenswerten Salvisberg und Brechbühl. Foto: zvg 1937 mit dem Theodor-Kocher-Preis ausge- Rundgangs. (as) QUAVIER 95/19 |9
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 10 S C H U L E N Manuelkonzert 2019 Jedes Jahr veranstaltet die Manuel-Schule ein Die Schülerinnen und Schüler pendelten je- rung und Freude dabei. Dank dem freiwilligen Schülerkonzert - normalerweise in der Aula.We- weils zwischen Wittigkofen und Manuel hin Schülerrat und der Mithilfe des Elternrates gen des Umbaus wurde es diesmal in den gros- und her. Für einige war es das erste Mal, dass sie konnten wir im Vorraum sogar einen Kiosk auf- sen Saal des Zentrums Wittigkofen verlegt. In das Quartier Wittigkofen besuchten und auf ei- bauen und selber gemachtes Essen und Hot- der letzten Woche vor den Frühlingsferien be- ner grossen Bühne stehen durften, um zu per- Dogs verkaufen. Das Konzert wurde von 16 Ka- gannen die intensiven Proben auf der Bühne. formen.Wir wurden sehr freundlich aufgenom- meras gefilmt und wird nun von Aron Andrija- men, und es wurde fleissig geübt. nic, einem ehemaligen Schüler, zusammenge- Am 4. April. 2019 fand das Konzert schnitten. Das Musikfest 2019 war ein grosser schliesslich statt. Der Saal war mit Erfolg. ehemaligen Schülern, Eltern, Gross- Leona Schweizer und Stella Baumann, Klasse 9 eltern und Mitschülern gut gefüllt. Eine Klasse nach der anderen prä- sentierte ihren selbst ausgewählten und er- probten Song. Die Stim- mung war ausgelassen, fröhlich, und die Schü- ler waren mit Begeiste- Plus chaudes que le climat! QUAVIER hat sich mit zwei Gymnasiastinnen über Klimademos und Umweltschutz J: Aus ärmeren Ländern, die jetzt schon stark unterhalten. Joanna Büchler geht ins Kirchenfeld, Salma Flügel in den Muristalden. von der Klimaerwärmung betroffen sind, wer- den viele Flüchtlinge hierher kommen. Und in QUAVIER: Warum macht ihr euch Sorgen stürzt, weil es kein Eis mehr gibt. Wenn das Eis fernerer Zukunft wird es noch weniger Platz wegen der Klimaerwärmung? weg ist, ist es für immer weg. zum Leben geben. Joanna: Weil es der nächsten Generation ge- J: Ja, die Tiere können am wenigsten dafür. genüber nicht fair ist, ihr eine solche Welt zu S: Und die armen Menschen, die sich nicht Q: Ich nehme an, dass die Klimaerwär- hinterlassen. Wir wollen mehr Druck auf Poli- wehren können. In den Inselstaaten zum Bei- mung nicht euer einziges Umweltanliegen tik und Wirtschaft – vor allem auf die Politik – spiel. ist? damit sich etwas ändert. Salma: Ich weiss nicht, was ich ergänzen soll. So ist es. Q: Wie stellt ihr euch die Zukunft vor, wenn wir so weitermachen wie bisher? J: Unsere Generation wird wahrscheinlich noch recht normal weiterleben können. Man kann es ja nicht so genau vorhersagen. Also heiss wird es schon. Wenn wir 60 sind, ist es wahrscheinlich schon nicht mehr so cool für uns. Aber die nächste Generation wird von klein auf damit leben müssen. S: Ich habe Angst davor, keine Kinder haben zu können. Weil ich es nicht mit meinem Gewis- sen vereinbaren kann, eine Familie zu gründen. Q: Ihr befürchtet gar nicht so sehr, dass es für euch selber schon grosse Veränderungen geben wird? S: Nicht so drastische. Aber ich habe auch Angst um die Tiere. Ich habe ein Video gesehen von einem Walross, das einen Felsen hinunter- Die Klimademo vom 6. April 2019 startete auf dem Helvetiaplatz. 10 | QUAVIER 95/19
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 11 J: Nein, schlussendlich hängt alles zusammen. gros Fleisch kaufen gehen. Obschon ich einen Plastikverbrauch, Urbanisierung – das sind t re ik Vortrag über die Probleme der Fleischproduk- alles Dinge, die man herunterschrauben sollte. as tion gehalten habe. Und nur ich und eine an- Klim S: Allgemein den Luxus. dere Schülerin haben für den Flugverzicht ge- stimmt. In den anderen Schwerpunkten hat es Q: Habt ihr konkrete Forderungen an die schon mehr Leute, die zum Beispiel an die Kli- Politiker? mademos gehen. J: Ich finde die drei Forderungen des Klima- S: In meiner Klasse sind die meisten auch ziem- streiks gut: Nationaler Klimanotstand, null lich ignorant. Viele kommen vom Land. Eigent- Treibhausgasemissionen bis 2030 und Kli- lich würde ich von den Leuten, die auf dem magerechtigkeit. Aber ich finde es ebenso Land wohnen, erwarten, dass sie eher bisschen c li m wichtig, dass die einzelnen Menschen an sich a t e s t r i k e. c h naturverbundener sind. Aber sie sind vielleicht arbeiten. eher konservativer erzogen worden. Manch- J: Ich fliege nicht mehr. Das ist nicht ein grosser mal bin ich frustriert, aber man kann nicht alle Q: Und was tut ihr selber, um umwelt- Verzicht für mich, aber für meine Familie überzeugen. Im Unterricht reden wir zwar freundlicher zu leben? schon. Wegen mir sind wir im Frühling nicht über Umweltprobleme, aber zu wenig darü- J: Ich versuche, nichts Neues zu kaufen, kein nach Italien geflogen. ber, was man selber dagegen tun kann. Fleisch zu essen und auch auf Produkte von Firmen wie zum Beispiel Nestlé zu verzichten, Q: Was macht ihr sonst, um einen möglichst Q: Wie hat es bei euch angefangen, dass ihr was ja nicht so schwierig ist. Und Kleider brau- kleinen Fussabdruck zu haben? euch für Umweltthemen interessiert? che ich auch keine neuen mehr, weil ich nicht J: Ich nehme möglichst oft das Velo oder das S:Wie gesagt, hat mich vor allem Joanna damit mehr wachse. Trotti statt den Bus. In meinem Zimmer heize angesteckt. S: An Joanna kann man sich ein Beispiel neh- ich nicht. Ich bestelle nichts online. Wenn es J: In der neunten Klasse haben wir im Englisch men. Ich bin noch nicht so weit. Aber es ist gut, warm genug ist, laufe ich barfuss herum, weil über den Plastikteppich gesprochen, der im jemanden zu haben, der einem zeigt, wie ein- von den Schuhsohlen bei jedem Schritt Mikro- Meer schwimmt. Und im Franz haben wir uns fach es eigentlich ist. Ich habe nun probiert, die plastik abgerieben wird. die Klimaerwärmung angeschaut. Da habe ich Familie einzubinden. Das macht es auch leich- S: Für meine Musiknoten habe ich mir ein Tab- beschlossen, Vegi zu werden und auch keinen ter. Wir schauen nun mehr beim Essen, kaufen lett gekauft. So kann ich viel Papier sparen. Ich Fisch mehr zu essen. Ich habe mich dann Dinge, die nachhaltiger sind, oder achten zum mache sicher nicht alles, was ich könnte. Aber immer mehr hineingesteigert. Das fand ich Beispiel darauf, nicht mehr mit Röhrli zu trin- ich versuche, mein Umfeld aufmerksam zu selbst eine Zeit lang fast übertrieben, aber ken. Ich habe meine Mutter gebeten, mir mein machen. Da bin ich manchmal auch bitz schlussendlich kann man nie genug gegen die Znüni statt in einem Plastiksäckli in einem mühsam. Ich sage den Leuten zum Beispiel, sie Klimaerwärmung und für die Umwelt Tupperware mitzugeben. sollen doch Pet oder Papier nicht in den nor- machen. Und es ist wichtig, einfach mal mit et- J: In meiner Familie funktioniert es noch nicht malen Abfall und Zigis nicht einfach auf den was anzufangen, auch wenn es zuerst nur et- so gut. Meine Mutter braucht viele Plastiksäck- Boden werfen. Zuerst fühlen sie sich angegrif- was Kleines ist. li und kauft oft Petflaschen, obschon sie nur fen und wollen nichts davon wissen. Aber beim Text und Fotos: Muriel Riesen Wasser ohne Blätterli trinkt. Ich habe ihr zum nächsten Mal überlegen sie Muttertag eine Trinkflasche geschenkt und sich doch etwas. So hat es hoffe, dass sie diese nun mit Brunnen- oder Lei- auf jeden Fall bei mir ange- tungswasser füllt, statt Mineralwasser zu kau- fangen. fen. MeineSchwester bestellt nun immerhin nicht mehr eine ganze Pizza, wenn sie sie nicht Q: Ihr versucht also auch aufessen mag, und schaut vor allem beim eure Klassenkameraden zu Fleisch auf Bio und dass es aus der Schweiz erziehen? kommt. Selber esse ich kein Joghurt mehr und J: Ich gehe in den Wirt- nur noch wenig Käse, aber ich habe sehr gerne schafts- und Rechtsgymer. Milch. Ich versuche schon länger, weniger Wenn man da nach dem Milch zu trinken, aber das fällt mir sehr schwer. Klischee geht, sind Leute mit diesem Schwerpunkt Q: Ist Reisen auch ein Thema für euch? eher weniger an der Natur S: Das ist für mich ein Problem. Ich spiele ziem- und an der Umwelt interes- lich gut Cello und das ist mit Reisen verbunden. siert. Ich streite schon Ich bin zum Beispiel diesen Sommer für einen manchmal mit meiner Klas- Auftritt nach New York geflogen. Das war super se, zum Beispiel über Pa- für meine Karriere, deshalb kann ich nicht pierverschwendung. Oder darauf verzichten. Habe aber ein schlechtes wir haben darüber disku- Gewissen. Das ist ein Clinch. Die Musiker müss- tiert, ob es in der Mensa wei- ten entscheiden, in ihrem Land zu bleiben, aber terhin fünfmal die Woche es ist Tradition, dass man in verschiedenen Fleisch geben muss. Die Ländern auftritt. In den Ferien fahren wir dafür meisten meinten, sie wür- oft einfach in die Berge. den dann einfach in die Mi- Warum riskieren wir, wie die Dinosaurier zu enden? QUAVIER 95/19 | 11
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 12 T H E M A Nachfolge von Urs Meier angetreten. Mit Porträts Sabine, Erika und Oski gehöre ich inzwischen Die Frage zu den dienstältesten Delegierten. Ja, die Kom- Meieli Dillier,warum bist mission hat sich in den letzten Jahren stark du in der Quartierkommission? vergrössert. Früher kannten sich alle, man war aller Fragen Meieli Dillier (62) empfängt uns inmitten von ‹fasch e Familie›. Nun sind viele Neue am Werk. Zügelkartons. Sie wohnt im dritten Stock des Manchmal wurde es heftig; es gab Streit um Es ist unsere erste und unsere letzte Frage, Passantenheims der Heilsarmee an der Muri- Kleinigkeiten, um Formulierungen im Proto- wahrscheinlich ist es schlicht «die Frage strasse; ihr Ehemann ist dort Leiter. Nun wird koll etc. Gottlob hat das nun wieder gebessert. aller Fragen». Es ist die Frage des Klein- das Haus umgebaut und behindertengerecht Ich selber ergreife nicht häufig das Wort, neh- kinds, die Frage der Verzweifelten, der Ent- gemacht. «Ich bedauere den Abschied sehr», me aber regelmässig an den Sitzungen teil. Ich täuschten, der Verlassenen, die Frage des sagt Meieli; «wir wohnen seit 1993 da, ich liebe setze mich vor allem dafür ein, dass wir einen Forschers, die Frage des Sterbenden, die die fantastische Aussicht vom Balkon auf die anständigen Umgang miteinander pflegen. In Frage der Philosophen: Alpen. Und auf der Westseite überblicken wir der Kommission lasse ich mich nicht stressen; die Altstadt, grossartig! Hier haben wir unsere ich habe genug Aufregungen im Beruf», lacht Warum? vier Kinder aufgezogen. Nein, eine neue Woh- Meieli Dillier. Danke für das Gespräch. (ar) Naiv, neugierig, sinnsuchend, herausfor- nung haben wir noch nicht, aber es zeigt sich dernd, enttäuscht, ergriffen, tadelnd, pro- gewiss eine Lösung», erklärt Meieli vertrau- vozierend . . . Der Ton mag unterschiedlich ensvoll und seelenruhig. «Natürlich würden Warum, Noah, bist du YB Fan? sein, die Frage lautet immer gleich: wir gern im Quartier bleiben!» Noah ist elf Jahre alt, spielt gerne Gitarre, Uni- hockey und Fussball. Er geht in die 5. Klasse im Warum? Schulhaus Manuel und sein Lieblingsessen ist Es ist eine subversive Frage. Vielleicht die Pizza, am besten mit Ananas bestückt, Pizza subversivste. Denn, Hand aufs Herz: Wol- Hawaii also. Und Noah ist ein YB Fan. «Aber len wir wirklich und immer eine Antwort? nicht erst seit die Young Boys den Meistertitel Oder gefällt es uns oft auch einfach zu fra- gewonnen haben», stellt er sofort klar. Ihm gen und die Argumente unserer Mitmen- gefällt die Tatsache, dass YB nicht immer die schen zu testen. Darum geht es ja meis- top Mannschaft ist, denn: «so ist im Vorhinein tens auch gleich weiter. Wenn wir die Ant- nicht klar, ob sie Meister werden, und es bleibt worten haben, geben wir uns nicht zufrie- immer spannend». Obwohl er noch keine den, sondern stellen immer neue Fragen. Saisonkarte besitzt, geht Noah die meisten Heimspiele im Wankdorfstadion mit seinen Warum? Freunden schauen. Genau das mache ihm am Die Warum-Frage hat es eben wirklich in «Fan-sein» Spass. Bei jedem Match mitzu- sich. Sie sagt: Sag es mir! Ich will es wissen! fiebern, die Freude am Sieg, aber auch die Ent- Ich gebe mich nicht zufrieden mit dem, täuschung bei einer Niederlage gehöre dazu. was ich bereits weiss. Ich frage weiter, weil Besonders, wenn YB gegen eine schlechtere ich weiss, dass sich hinter jeder Antwort Mannschaft verliert, nerve es ihn, sagt Noah ein neues Universum auftut. Oder weil ich und verzieht das Gesicht. genau weiss, was meine Grossmutter Meieli Dillier auf dem Tavelplätzli, mit meinte, wenn sie uns fragende Kinder je- Münstersicht statt Alpensicht. Foto: ar weils zu neuen Fragen ermunterte mit dem Satz: «warum, warum . . . wer nicht «Eigentlich bin ich ein Landmensch. Mein fragt, bleibt dumm». Vater war Bergbauer und Senn im Oberland. Von dort her bin ich das Zügeln gewohnt, denn Warum? jeden Sommer gingen wir z’Alp. Ich wusste Wir stellen die Frage in dieser Ausgabe. schon früh, was ich werden wollte: Kranken- Dem Stadtpräsidenten, einem Kind, ei- schwester. Die Krankenpflegeschule habe nem Landwirt, einer engagierten Quar- ich in Thun besucht. Mein Mann und ich tierbewohnerin, einem Forscher, einer haben 1982 geheiratet. Ursprünglich wollten Pfarrerin, die sagt, sie glaube nicht an wir in die Mission – nach Nepal. Als sich diese Gott. Und wir haben sie auch verschiede- Pläne nicht erfüllten, sind wir 1990 nach Bern nen Quartierbewohnerinnen und -be- gezogen. Gegenwärtig arbeite ich bei der wohnern gestellt. Diese Warum-Fragen Spitex – Teilzeit, ich mache Spätdienst. Die vie- finden Sie auf den folgenden Seiten. len Veränderungen und den Druck im Beruf Noah Liebendörfer, 11 Jahre alt, Fussballspieler habe ich bis jetzt ausgehalten; wir sind ein und YB-Fan – hier mit YB-Spieler Miralem Wir wünschen Ihnen einen schönen Som- Team und verstehen uns.» Sulejmani – wohnt im Murifeld. Foto: zvg mer und eine anregende Lektüre! «Warum ich in der Quartierkommission bin? Weil mich Barbara Streit von der EVP Er selbst spielt seit zwei Jahren beim FC Die Redaktion angefragt hat und ich mich im Quartier Breitenrain am liebsten als Aussenverteidiger daheim fühle. Also habe ich anno 2007 die und findet: «Ich bin nicht so der Dribbel-Typ, 12 | QUAVIER 95/19
Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 13 dafür erziele ich gute Pässe». Klar würde er sich der Blick – über Kieswege und Buchsbaum- gebeten, das Echo der Zeit hat sie ins Studio ge- wünschen, einmal bei den Young Boys in der hecken – ins Grüne: Aareschwelle, Englische beten. Man will vor dem Fest der Auferstehung U12 zu spielen, auch wenn es nur für eine be- Anlagen, Historisches Museum . . . wissen, warum die Theologin sagt: «Der Him- grenzte Zeit wäre. Ganz schön stolz würde das Machtzentrum? Alec von Graffenried mel ist leer, es gibt keinen personalen Gott.» machen. Noah lächelt. Immerhin hatte er an nimmt sich Zeit für eine Antwort. Stadtpräsi- Diese Worte sind eine Zumutung. Auch verschiedenen Probetagen und auch an Heim- dent sei ein Traumjob, das finde er nach wie 2019 noch, wo immer weniger glauben, dass spielen die Möglichkeit, seine fussballerischen vor, aber seine Macht, die sei ja eher geteilt.Was ein himmlischer Vater die Welt lenkt und Vorbilder persönlich kennenzulernen. Einen er mache, sei eigentlich eher «Managen mit behütet. Herr und Frau Jedermann dürfen das. Lieblingsspieler hat Noah aber trotzdem nicht, viel Sichtbarkeit». Was aber auch nach zwei Aber eine Pfarrerin, ein Pfarrer? Ist Ella de er finde das ganze Team «cool». Für die Young Amtsjahren offensichtlich immer noch viel Groot, die Pfarrerin von Muri-Gümligen, eine Boys wünscht er sich, «dass sie in der Champi- Spass macht. «Ja, Ich habe mein Hobby zum Be- Atheistin? «Nein», sagt sie bestimmt, «meine onsleague einmal ins 8-tel Finale kommen». ruf gemacht», gibt er unumwunden zu. Haltung ist nicht atheistisch, sie ist post-theis- Warum Noah YB Fan ist, kann er auch nicht Politik interessiere ihn, seit er lesen kön- tisch oder post-metaphysisch». genau erklären. Weil er in Bern lebt, selber ne. Angefangen hat es mit internationaler Seit sie vor rund sieben Jahren in einem Fussball spielt und, ja, vielleicht, weil fast alle Politik – der Vietnamkrieg, die Apartheid Fernsehgottesdienst ihre Haltung öffentlich seine Freunde auch für Schwarz-gelb fiebern. waren zwei Themen, die den Zehnjährigen be- erläuterte, ist sie für die einen die einzig glaub- «Ohne Fans wäre ja keine Stimmung im schäftigten – als Student kam dann das Inte- würdige Pfarrperson und für die anderen Stadion», realisiert er und sitzt deshalb an resse für die lokale Politik. Als Jungjournalist schlicht ein rotes Tuch. Sie selber bleibt bei ih- einem Heimspiel auch lieber in Abteil D an- bei Radio Extrabern musste er über alles Mög- rer Überzeugung. Religion ist für sie kein Heil- statt in der Loge. «Wenn man immer nur von liche berichten: Tramtaufen, Jungtiere im Tier- mittel und kein Wunder. Sie will Gott nicht als der Loge aus den Match verfolgt, ist man gar park, Sitzungen von Gemeindeparlamenten . . . billigen Trost oder Retter verkaufen. Und doch nicht wirklich mit im Geschehen, und somit «und irgendwie habe ich da plötzlich Gefallen hat Religion für die studierte Theologin einen auch nicht ein wirklicher Fan», fügt er hinzu. an der Lokalpolitik gefunden». Sinn. «Alle Menschen sind ausgestattet mit Doch, obwohl Noah ein YB-Fan ist, trifft man Doch der Weg ins Stadtpräsidium führte Vorstellungskraft und Fantasie. Mit Sehnsucht ihn nicht immer im Young Boys-T-Shirt. Ein zuerst einmal über die nationale Politik. Als nach Freude, Frieden, Glück. Diese Sehnsüchte schwarzgelber Schal als Zeichen sollte seiner Mitglied der Grünen Freien Liste wurde von kann Glaube befriedigen.» Aber dafür braucht Meinung nach aber schon dabei sein. Warum Graffenried 2008 in den Nationalrat gewählt. Ella de Groot das Wort «Gott» nicht. Auf Sinn- die Berner Mannschaft eigentlich schwarz- Und 2017 wurde er Stadtpräsident. Aber wa- suche will Ella de Groot in ihren Gottesdiens- gelb trägt, weiss auch er nicht. rum genau politisiert er? Die Antwort kommt ten und bei der Seelsorge zusammen mit den Und was braucht es sonst noch, um ein YB spontan und sehr berndeutsch: «Weils fägt!» Menschen gehen. Da-sein, aushalten, wenn es Fan zu sein? «Bärndütsch dänk», meint Noah Er wolle sich engagieren, sich öffentlich einset- schwierig wird, dem Mitmenschen beistehen. wie aus der Pistole geschossen und schmun- zen, er habe Pläne mit dieser Stadt, mit der er Das ist ihr wichtiger, als von einem Gott als Va- zelt zufrieden. (aha) sich voll identifiziere. «Und zu merken, dass ter, Erlöser, Retter, dem Allmächtigen sprechen. man etwas bewegen, verändern, verbessern Aber wie kommt sie damit bei ihren Kolle- kann, das ist einfach sehr befriedigend und gen an? Ella de Groot ist überzeugt, dass ganz Warum politisieren Sie, schön.» Rita Jost viele ihrer Pfarrkollegen ähnlich denken, dies Herr Stadtpräsident? aber nicht offen aussprechen. Für sie aber sei es Das ist es also, das Machtzentrum von Bern: ein wichtig, dass sie genau das tue. «Ich will schlichtes, aber elegantes Büro im Erlacherhof. Warum glauben Sie authentisch sein, mir selber treu bleiben.» Das An den Wänden moderne Kunst, auf dem Side- nicht an Gott, Frau Pfarrerin? verstehe sie unter dem Gelübde, das sie bei board Aktenberge, schön geordnet. Am Boden Es ist kurz vor Ostern. Pfarrerin Ella de Groot ist ihrer Ordination vor rund zwanzig Jahren ab- in einem Wechselrahmen ein Hockey-Shirt von vielbeschäftigt. Das deutsche Nachrichten- gelegt hat: einen lebendigen Glauben weiter- Mark Streit. Vom grossen Sitzungstisch geht magazin «Der Spiegel» hat um ein Interview geben. Rita Jost Alec von Graffenried politisiert, «weil’s fägt». Foto: M. Castellote Ella de Groot: Sinnsuche ohne Gott. Foto: zvg QUAVIER 95/19 | 13
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Quavier_9519_32S.qxp_Layout 1 27.05.19 11:12 Seite 15 Herr Eike Neubert – warum Muschel, schön zurechtgeschliffen, ein gespal- Unterwegs in der Schweizer Landwirtschaft ausgerechnet die Landschnecke? tener Ast durch ein kleines Loch auf der Seite ge- So begann Kim, der in seiner Freizeit übrigens Eike Neubert vom Naturhistorischen Museum steckt und mit einem Stift geankert – und man leidenschaftlicher Schiedsrichter ist, im Jahr Bern ist, wie er schmunzelnd sagt, der einzige hatte einen Löffel.» Nicht zu vergessen, dass 2012 seine dreijährige Ausbildung zum Land- bezahlte Malakologe der Schweiz. Malako- Weichtiere überall auf der Welt ein bedeutendes wirt. Nach dem Lehrabschluss im Jahr 2015 logen erforschen die Weichtiere, von den Nahrungsmittel sind. Aber auch die Schönheit arbeitete er auf einem Ackerbau-, Milchvieh- Schnecken über die Muscheln bis zu den der Schnecken oder Muschelgehäuse faszinier- und Schafhandelbetrieb nahe des Flughafens Tintenfischen. Auf meine Frage, wie er ausge- ten die Menschen und dienen nicht zuletzt auch Bern-Belp. Ein verlockendes Angebot als Stell- rechnet auf dieses spezielle Gebiet der Biologie als Ideengeber für Architektur und Technik. vertretender Betriebsleiter zog ihn im Frühling gekommen sei, erzählt er mir eine kleine Etwas vom Faszinierendsten für ihn sei, wie 2016 aber nach Cham in den Kanton Zug. Geschichte: «Bei den Bestimmungsübungen die Schnecken, von denen viele Zwitter sind, Einem Burnout zufolge verkaufte sein Arbeit- im Studium mussten wir mit einem Buch ver- differenzierte Kommunikationsstrategien geber jedoch alle Tiere, und Kim sah sich dazu schiedenste Tiere bestimmen, darunter waren entwickelt haben, um sich fortpflanzen zu gezwungen, eine neue Stelle zu suchen. Diese auch Schnecken. Ich ging da so durch und können. Denn wer beim Sexualakt das Weib- fand er in einem kleinen Dorf im Kanton Frei- dachte, ich hätte was verstanden . . . bald chen bzw. das Männchen spiele, müsse zuerst burg – auf einem Grossviehbetrieb, der sich der darauf, unterwegs im Wald, vermochte ich ausdiskutiert werden. Milchproduktion, dem Ackerbau sowie der dann aber keine einzige von all den herum- Wenn Leute mit Funden zu ihm kommen, Viehzucht verschrieben hat. liegenden Schnecken zu bestimmen, und das werde es manchmal auch lustig. Einmal brach- wurmte mich doch sehr. So habe ich begonnen, te ein Mann eine riesige tropische Süsswasser- mich da einzubohren.» Und die Leidenschaft schnecke vorbei – die habe er in seinem Garten halte bis heute an. Die Vielfalt in der Weichtier- gefunden; was es doch nicht alles gebe in der welt sei einfach überwältigend! Schweiz! «Da hatte sich wohl jemand einen Hier im Hause betreue er eine riesige Scherz erlaubt und sein Aquarium geleert. . .» Sammlung, in der selbst er immer wieder (jkü) Entdeckungen machen könne. Auch kommen immer wieder neue Sachen dazu – es gebe viele Menschen, die gerne sammeln, und deren Warum bist du Landwirt geworden, Kim? Sammlungen er dann ins Museum überfüh- Kim Ferrari ist 25 Jahre alt, im Stadtteil IV auf- ren dürfe. Die Erforschung der Sammlung sei gewachsen und hat den Kindergarten sowie ein zentraler Aspekt seiner Tätigkeit. seine gesamte Schulzeit in der Manuelschule Als Kurator mache er aber auch Vermitt- verbracht. Nach der Sekundarschule entschied lungsarbeit. Und die scheinbar unspektakuläre er sich für eine Ausbildung zum Elektroniker. Schnecke komme beim Publikum sehr gut an. Ein halbes Jahr nach Beginn brach er die Lehre Man müsse sich bewusst sein, wie stark die jedoch ab – Kim sah für sich keine Zukunft in Menschen seit jeher auch wirtschaftlich-kultu- diesem Beruf. Da stellte sich die Frage: Wie rell mit den Mollusken verbunden seien. «Eine weiter? Für ihn war schnell klar: Ich will Land- wirt werden! Land- wirt? Warum will ein Städter Land- wirt werden? «Weil Für mich war schnell klar, dass ich Landwirt es ein vielseitiger, werden möchte, da es ein vielseitiger, spannender und spannender und herausfordernder Beruf ist. herausfordernder Foto: zvg Beruf ist», so Kim. Schon als Bub habe Ein vielseitiger Beruf er sich für Tier und Seit mehr als zweieinhalb Jahren arbeitet Kim Technik interes- nun in diesem Betrieb. Was er am meisten an siert. Dieses Interes- seiner Arbeit schätzt? Die Vielseitigkeit: «Man se kommt wohl ist gleichzeitig Tierarzt, Gärtner, Mechaniker, nicht von ungefähr: Elektriker, Manager, Kaufmann, Hebamme Sein Vater ist näm- und noch einiges mehr.» Weiter hegt der 25- lich der Geschäfts- jährige eine Leidenschaft für grosse und führer von GEA schwere Maschinen wie Traktoren oder Mäh- Farm Technologies – drescher. Sein Wunsch, einmal nach Kanada eine Firma, die sich oder Neuseeland zu gehen, um dort grosse dem Verkauf, der Erntemaschinen fahren zu können, kommt da- Installation und her nicht ganz überraschend. Und wie steht es Wartung von Melk- um die beruflichen Zukunftspläne? Auch hier «Das Innere einer Schnecke ist dem Inneren des Menschen erstaunlich maschinen und hat der junge Landwirt klare Ziele vor Augen: ähnlich.» Der Malakologe Eike Neubert vom Naturhistorischen Museum Stalleinrichtungen «Es wäre sicher schön, einen eigenen Hof leiten Bern hinter dem grossen Schneckenmodell. © Lisa Schäublin, NMBE widmet. und bewirtschaften zu können.» (as) QUAVIER 95/19 | 15
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