WIR FORDERN MEHR ENTLASTUNG! - GEGEN DEN INFLATIONS-ALBTRAUM DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE
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DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE Ausgabe 2/2022 GEGEN DEN INFLATIONS-ALBTRAUM WIR FORDERN MEHR ENTLASTUNG!
EVENTS kartenstelle.oegb.at ermäßigte Preise! DINOLAND – FAMILIEN-ERLEBNIS-PARK bis 30. Oktober 2022 | Schloss Katzenberg Interaktiv und pädagogisch wertvoll! Ab diesem Jahr können kleine und große Gäste T-Rex, Triceratops und Co. auf Schloss Katzenberg besuchen. Mit dem Dinoland wurde ein einzigartiges Urzeit-Klassenzimmer geschaffen, in dem interaktive Kinderbereiche zum Entdecken, Anfassen und Ausprobieren einladen. ermäßigte Preise! KLIMT bis 4. September 2022 | Wien Marx Halle Diese Ausstellung ist ein völlig neu konzipiertes Multimedia-Spektakel, das auf noch nie zuvor gesehene Art und Weise die weltberühmten Kunstwerke von Gustav Klimt präsentiert. Meisterhafte Kunst trifft auf modernste Technik – eine Symbiose, die Klimts Genialität in ein neues Zeitalter tragen und unvergessen machen wird. 26,50€ statt 30€ FAMILYPARK ST. MARGARETHEN Tagesticket-Aktion bis einschließlich 1.11.2022 Das ruhige und besonnene Burgenland kann auch ganz schön turbulent und aufregend werden – wenn man den Familypark in St. Margarethen besucht. Denn an jeder Ecke gibt es hier etwas zu entdecken oder unvergessliche Abenteuer zu erleben, und zwar für Groß und Klein! 12. KABARETTGIPFEL -10% 7. und 8. November 2022 | Wiener Stadthalle Der „Kabarettgipfel“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, gleich die Besten der Besten für einen Abend zu engagieren und für ein breites Spektrum an geschliffener Unterhaltung zu sorgen. Auf folgende KünstlerInnen können Sie sich freuen: Lukas Resetarits, Viktor Gernot, Eva Maria Marold, Christoph Fritz und Kaya Yanar (DE). Musikalische Begleitung KGB – Die Kabarettgipfelband. -10% 25 JAHRE RIVERDANCE – JUBILÄUMSTOUR 2023 8. März 2023, 20 Uhr – Salzburgarena | 24. März 2023, 20 Uhr – TipsArena Linz | 25. März 2023, 20 Uhr – Stadthalle Graz | 26. März 2023, 19 Uhr – Wiener Stadthalle Die erfolgreichste Tanzshow der Welt ist zurück! 25 Jahre Riverdance: Das Original kommt 2023 auf große Jubiläumstour!
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4 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Inhalt TEUERUNG ENTGEGENWIRKEN! Die Inflation ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Mit hohen Kollektivvertragsabschlüssen kämpft die PRO-GE für den Erhalt der Kaufkraft. Vonseiten der Regierung blieben wirklich effektive Maßnahmen ge- gen die Rekordteuerungen bisher allerdings leider aus. Seiten 8 bis 11 Kommentar Taten statt Ankündigungen fordert die PRO-GE von der Regierung ............ Seite 5 Interview Aktuelle Zahl Markus Marterbauer: welche Maßnahmen jetzt nötig sind............. Seiten 8 und 9 Rund 3,5 Prozent der Erwerbstätigen Frühjahrslohnrunde 2022 sind Bauern. Kein Zweifel, Bauern Lohnerhöhungen für 130.000 Beschäftigte .............................. Seiten 10 und 11 sind wichtig für unsere Versorgung Produktionspolitik mit Nahrungsmitteln und für die Wer entscheidet die Zukunft: der Markt oder die Demokratie?................. Seite 13 Landschaftspflege. Das sieht auch Jubiläum die Bundesregierung so, und deshalb gesteht man ihnen Seit 20 Jahren haben auch LeiharbeiterInnen einen Kollektivvertrag ....... Seite 14 ein eigenes Ministerium zu. Nach der letzten Regierungs- PRO-GE Jugend umbildung wurde das Ministerium sogar um die Tourismus Benjamin Liedlbauer folgt Josef Rehberger als Vorsitzender ................... Seite 15 agenden bereinigt, diese wurden in ein eigenes Staatsse- Betriebsreportage Geberit kretariat ausgelagert. Der neue Landwirtschaftsminister und Sanitärprodukte aus Pottenbrunn .............................................. Seiten 16 und 17 „Lobbyist für die Bauern“, Norbert Totschnig, kann sich nun exklusiv Subventionsvergaben, Steuererleichterungen und Arbeiten bei Hitze PRO-GE fordert dringend Verbesserungen beim Arbeitsschutz ................. Seite 18 der Verhinderung von strengeren Tierschutzvorgaben wid- men. Die ArbeiterInnen und Angestellten, die 88 Prozent der Gewerkschaftspionier Zum 130. Geburtstag von Pius Schneeberger ......................................... Seite 19 Erwerbstätigen ausmachen, dürfen sich leider nicht über die gleiche Aufmerksamkeit der Bundesregierung freuen. Sie Achtung Kamera sind jetzt gemeinsam mit den Unternehmern dem Bundes- Die besten Fotos aus der Welt der PRO-GE ............................................. Seite 20 ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort von Alles was Recht ist „Superminister“ Kocher zugeordnet – Prioritätensetzung Unzulässige Kündigung eines Leiharbeiters erfolgreich bekämpft........... Seite 21 à la Schwarz-Grün. Preisrätsel und Cartoon......................................................................... Seite 23 IMPRESSUM: Glück auf! – Zeitschrift für Mitglieder der Gewerkschaft PRO-GE. ZVR-Nr.: 576439352. DVR-Nr.: 0046655. Herausgeber: Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1, (01) 534 44-69. Medieninhaber: Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1; Tel.: (01) 662 32 96-0, Fax: (01) 662 32 96-39793, E-Mail: zeitschriften@oegbverlag.at, www.oegbverlag.at. Leitung: Mathias Beer. Chef vom Dienst: Wolfgang Purer. Redaktion (glueckauf@proge.at): Barbara Trautendorfer, Sabine Weinberger, Robert Wittek, Mathias Beer. Grafik & Layout: Peter-Paul Waltenberger, Julian Janits. Fotos/Grafik: PRO-GE, ÖGB-Archiv, Lisa Lux, Pixabay, Adobe Stock. Cartoon: Bulcartoons. Hersteller: Walstead Leykam Druck GmbH & Co KG, 7201 Neudörfl, Bickfordstraße 1. Redaktionsschluss der folgenden Ausgabe: 31. August 2022. Offenlegung gemäß Mediengesetz, § 25: www.glueckauf.at/offenlegung
log 53 K O M M E N TA R KURZ NOTIERT Arbeitslosigkeit sinkt Trotz hoher Energiepreise und Ukraine-Krieg setzt sich Rainer Wimmer, die Arbeitsmarkterholung weiter fort. Die Mai-Arbeits- Bundesvorsitzender losenquote belief sich auf 5,7 Prozent, das ist der nied- der PRO-GE rigste Wert seit 14 Jahren. Beim Arbeitsmarktservice waren Ende Mai über 138.000 offene Stellen als sofort verfügbar gemeldet, ein neuer Rekordwert. Zur Kurzar- beit waren Ende Mai 49.492 Personen vorangemeldet. TEUERUNGSALBTRAUM – Im Vergleich zum Vormonat bedeutet das einen Rück- gang um 3.096 Personen. ENDLICH ÄRMEL AUFKREMPELN Wir erleben gerade die schlimmste Teuerungswelle seit Wirtschaftsleistung über Vorkrisenniveau mehr als 40 Jahren. Monat für Monat wird alles empfindlich Die österreichische Wirt- teurer. Im Mai sind die Preise gegenüber dem Vorjahresmo- schaft ist mit einem starken nat im Durchschnitt um 8,0 Prozent gestiegen. Es gibt keinen Wachstum ins Jahr 2022 ge- startet. Das Bruttoinlands- Lebensbereich mehr, der von den Teuerungen ausgenommen produkt legte im ersten ist. Aktuell ziehen neben Treibstoffen und Energie auch die Quartal real, also inflations- Nahrungsmittelpreise in bedenklichem Ausmaß an. bereinigt, um 9,5 Prozent zu. Damit liegt die heimische Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent höher als vor Aus- Aber während sich Gewerkschaften und BetriebsrätInnen bruch der Coronapandemie. Die positive Entwicklung bei den Lohnrunden mit ganzer Kraft für die ArbeitnehmerIn- wurde von praktisch allen Wirtschaftsbereichen getra- nen einsetzen und sehr gute Abschlüsse mit deutlichen Erhö- gen, ganz besonders von Industrie, Bau und Handel. hungen der Löhne und Lehrlingseinkommen erreichen, trödelt die schwarz-grüne Regierung vor sich hin. Das ist schlechte Gewalt im Job: Politik und hilft niemandem, die derzeit deutlich höheren Rech- Frauen und Jüngere häufiger betroffen nungen für Strom, Gas, Heizöl, Sprit, Lebensmittel und bei den Gewalt und Aggression kommen in allen Lebensbe- Mieten zu begleichen. Nicht nur die Ärmsten sind betroffen, reichen vor, auch am Arbeitsplatz. Arbeitsdruck und Personalmangel wirken dabei als Konfliktverstärker. auch die breite Bevölkerung spürt die steigenden Preise in der Über 60 Prozent der Befragten gaben das bei einer von Geldbörse. Darum gilt: Wer rasch hilft, hilft doppelt. der GPA in Auftrag gegebenen IFES-Studie an. Vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich und im Han- Es kann nicht sein, dass der Finanzminister einerseits mehre- del haben körperliche und verbale Übergriffe gegen die re Milliarden Euro zusätzlich an Steuereinnahmen durch die Beschäftigten in den vergangenen zwei Jahren zuge- Preisanstiege zur Verfügung hat, aber die Regierung ander- nommen. Frauen und Jüngere sind in größerem Aus- seits zu geizig ist, endlich ein ordentliches Entlastungspaket für maß von verbaler Gewalt betroffen. ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen umzusetzen. Die Ge- werkschaften haben dazu eine ganze Reihe an Vorschlägen ge- Pandemiefolgen befeuern weltweite Armut macht, wie zum Beispiel die Erhöhungen von Sozialleistungen Die wirtschaftlichen Folgen oder Steuersenkungen auf Sprit, Energie und Nahrungsmittel. der anhaltenden Coronapan- demie und steigende Preise für Energie und Lebensmittel Die Regierung muss nun endlich die Ärmel aufkrempeln und befeuern weltweit Armut und sich der Teuerungswelle entgegenstemmen. Wir werden sie bei soziale Ungleichheit. Mehr als jeder Gelegenheit lautstark und mit Nachdruck daran erinnern. eine Viertelmilliarde Menschen seien weltweit gefährdet, 2022 in extreme Armut abzurutschen, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Nothilfe- und Ent- wicklungsorganisation Oxfam. Gleichzeitig wuchs seit Beginn der Coronapandemie im Jahr 2020 die Zahl der Milliardärinnen und Milliardäre auf der Welt deutlich, Glück auf! ihr Vermögen stieg demnach um 42 Prozent.
6 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Wie teuer wird das Leben? Wir fordern mehr Entlastung! Die Geldentwertung belastet ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen massiv. Es sind bisher vor allem die Lohnabschlüsse mit einem Plus von bis zu 6,7 Prozent, die die Kaufkraft stärken. Denn statt effektiver Gegenmaßnahmen macht die Regierung entweder bei der Umsetzung große Fehler oder ist zu langsam. Damit muss Schluss sein, die PRO-GE fordert mehr Entlastung. Seit Jahresbeginn steigt die Inflati- on auf Werte, wie sie Österreich in den nete das wirtschaftsnahe Institut Agenda Austria Mehreinnahmen für den Finanz- letzten fünf Jahrzehnten nicht mehr er- minister um bis zu elf Milliarden Euro. lebt hat. Für Mai schätzt die Statistik Austria den Preisanstieg auf 8,0 Prozent Katastrophale Umsetzung. Viele Wirt- gegenüber demselben Monat des Vor- schaftsforscherInnen sehen die bisher jahres. Die großen Preistreiber sind vor umgesetzten Mini-Entlastungen und allem die Kosten des täglichen Lebens: die neuen Maßnahmen der Regierung allen voran Energie, dazu Wohnen und kritisch. Auch PRO-GE-Vorsitzender Lebensmittel. Das trifft die Ärmsten in Rainer Wimmer fasst diese als „zu spät, Österreich besonders hart, aber auch die zu langsam und zu wenig“ zusammen. breite Bevölkerung spürt die stark stei- Besonders negativ aufgefallen ist der groß genden Preise in der Geldbörse. Wäh- angekündigte Energiekostenausgleich, rend sich die PRO-GE in den Lohnrun- mit dem die massiv gestiegenen Heizkos den erfolgreich für kräftige Erhöhungen ten im Winter abgefedert werden sollten. einsetzt, trödelt die Regierung vor sich Bereits im Februar präsentiert, soll die hin. Erst jetzt, kurz vor dem Sommer, Unterstützungsleistung nach vollkom- werden einige Entlastungsschritte an- men vermurkstem Start bis zum Sommer gekündigt, obwohl der Finanzminister mit der eher fragwürdigen Methode von von der Teuerungswelle schon seit Mo- Gutscheinen endlich in die Gänge kom- naten profitiert, denn hohe Inflationsra- men. Allerdings verursacht der 150-Euro- ten lassen konsumabhängige Steuern wie Gutschein nicht nur große Verwaltungs- die Mehrwertsteuer ansteigen. Die kräf- kosten, sondern ganze 40 Prozent können tigen Lohnerhöhungen wiederum brin- den Bonus erst 2023 einlösen, weil die gen mehr Einkommensteuer. So berech- Jahresabrechnung schon längst erfolgt ist. Niedrige Einkommen unterstützen. Die- ser Bauchfleck ist gerade für jene bitter, die jeden Euro in der Geldbörse zweimal umdrehen müssen. Höhere Rechnungen bei Strom, Gas, Heizöl, Treibstoffen, Le- bensmitteln und Mieten treffen sie beson-
7 ders hart. „Für die PRO-GE haben von 0,42 auf 0,50 Euro anzuheben oder Maßnahmen gegen die Teuerungen das Öffi-Angebot auszubauen. Ein wich- Priorität“, betont Wimmer. Beson- tiges Kriterium von Maßnahmen gegen ders armutsgefährdeten Familien die Teuerung muss sein, dass Menschen muss durch eine Anpassung der So- mit niedrigen Einkommen unterstützt zialleistungen geholfen werden, denn werden. Da wäre zum Beispiel die Mög- diese haben durch die hohe Inflation lichkeit, die Mehrwertsteuer, vor allem deutlich an Wert verloren. Doch die auf Lebensmittel, befristet zu reduzieren Regierung verharrt in Untätigkeit, so oder sogar ganz auszusetzen. Haushalte ist weiterhin keine Rede davon, das in der unteren Einkommenshälfte wür- Arbeitslosengeld endlich auf 70 Pro- den davon stark profitieren. Allerdings zent anzuheben. Laut Momentum müsste es auch Kontrollen geben, um si- Welche Inflationsrate Institut liegt der Kaufkraftverlust cherzustellen, dass der Lebensmittelhan- gilt bei Lohnrunden? von Familienbeihilfe, Studienbei- del die Steuersenkung auf Lebensmittel In der Frühjahrslohnrunde 2022 erzielte hilfe, Mindestsicherung, Pflegegeld, auch an die KonsumentInnen weitergibt. die PRO-GE Lohnabschlüsse, die zu den Arbeitslosengeld und Ausgleichszula- höchsten der letzten Jahrzehnte zäh- ge seit Jahresbeginn bei mehr als 36 Ärmel aufkrempeln. Im Fall der Energie- len. Aber welche Teuerungsrate diente Millionen Euro. Um die Kaufkraft konzerne, die aufgrund der gestiegenen als Basis für die Lohnrunde? Für alle wieder auf das Niveau von 2000 zu Preise Rekordgewinne einfahren, wäre Kollektivvertragsverhandlungen kommt heben, müsste etwa die Familienbei- eine Entlastung einfacher möglich. Diese grundsätzlich immer die Inflationsrate im hilfe um mindestens 42 Euro, das könnten einfach mithilfe von Steuern ab- Durchschnitt der letzten zwölf Monate vor Pflegegeld um 53 Euro steigen. geschöpft und an KonsumentInnen um- Verhandlungsbeginn zur Anwendung. Die verteilt werden. Die mögliche Maßnah- Kollektivverträge haben bis auf wenige Ausnahmen immer eine Laufzeit von zwölf Lebensmittelpreise senken. Kon- menpalette ist sehr vielfältig und reicht Monaten, dann wird erneut verhandelt. krete Vorschläge, um die hohe In- von Steuersenkungen bis zu Direktzah- Sinken die monatlichen Inflationsraten, flation zu bekämpfen, gibt es genug: lungen und Investitionen. Es braucht sinkt auch diese durchschnittliche Inflati- So haben die Sozialpartner ein eige- aus Sicht der PRO-GE aber auf alle Fäl- on und umgekehrt. nes Maßnahmenpaket zur Dämp- le mehr Mut als bisher, um diese Hor- fung der Teuerung vorgelegt. Sie for- rorinflation abzufedern und mit der Die Teuerungsrate wird also im Nachhin dern unter anderem eine Senkung Sicherung der Kaufkraft auch den wirt- ein abgegolten und lag zum Beispiel im der Mineralölsteuer und die Umstel- schaftlichen Aufschwung anzutreiben. Frühjahr in den meisten Branchen bei 3,5 lung der Pendlerpauschale in einen „Wir fordern die Regierung auf, endlich Prozent. Erst wenn beide Seiten diese In- einkommensunabhängigen Absetz- die Ärmel aufzukrempeln und ein umfas- flationsrate außer Streit stellen, wird das betrag. Denn die jetzige Pauschale senderes Maßnahmenpaket auf den Weg reale Einkommensplus verhandelt, dessen begünstigt jene mit ganz besonders zu bringen, um die Kaufkraft der Arbeit- Höhe von vielen anderen wirtschaftlichen hohen Einkommen. Wichtig wäre nehmerInnen und PensionistInnen direkt Kennzahlen und Prognosen mit abhängt. auch, das amtliche Kilometergeld zu stützen“, fordert Wimmer. Daher kann es auch bei sehr deutlichen Lohnerhöhungen nicht zu einer Lohn- Preis-Spirale kommen, bei der steigende Löhne die Preise anfeuern und diese Teue- ENTWICKLUNG INFLATIONSRATE IN PROZENT rungen wiederum die Löhne pushen. % 8,0 8,0 7,0 7,2 6,8 6,0 5,8 4,8 5,0 5,0 4,3 4,3 4,3 3,9 4,0 3,5 3,7 3,1 3,0 3,2 3,3 2,8 2,3 2,5 2,8 2,8 2,9 2,1 1,9 2,0 1,7 1,8 1,4 1,3 2,0 1,5 1,9 1,0 1,2 1,3 1,3 0,8 0,0 01/21 02/21 03/21 04/21 05/21 06/21 07/21 08/21 09/21 10/21 11/21 12/21 01/22 02/22 03/22 04/22 05/22 gegenüber Vorjahresmonat im 12-Monatsdurchschnitt
8 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Interview Sozialstaat armutsfest machen Die Inflation steigt und steigt, die Teuerungen bringen viele Menschen in Bedrängnis. Doch was sind die geeigneten Instrumente, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten? Und wie sind die KV-Abschlüsse der Frühjahrslohnrunde zu bewerten? Die „Glück auf!“ hat mit AK-Wien-Chefökonom Markus Marterbauer gesprochen und um seine Einschätzung gebeten. (Das Interview wurde am 2. Juni geführt.) Im April lag die Inflation bereits bei Die Energiemärkte funktionieren nicht, beitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhil- 7,2 Prozent, für den Mai wird sie auf hier muss der Staat regulierend eingrei- fe, Mindestpensionen liegen 200 bis 300 8,0 Prozent geschätzt. Die Preise für fen. Ein Gaspreisdeckel nach spani Euro pro Monat unter der Armutsgefähr- Energie, Wohnen und Lebensmittel schem Vorbild würde den Strompreis dungsgrenze. Die niedrigsten Lohngrup- steigen rasant. Wird sich dieser Trend rasch senken. Die ungerechtfertigten pen in den Kollektivverträgen haben ge- fortsetzen? Übergewinne bei den Energieversor- rade erst 1.500 Euro pro Monat erreicht. Die Inflation wird auch in den kom- gern, die Strom mit Wasser, Wind und menden Monaten hoch sein. Hohe Sonne produzieren, müssen besteuert Was muss getan werden, um zu ver- Strom- und Gaspreise kommen erst mit werden. Es kann nicht sein, dass ein Teil hindern, dass noch mehr Menschen in Verzögerung bei den VerbraucherInnen der Energieversorger Rekordgewinne Armut abrutschen? an. Die sachlich auf dem Rücken der Am wichtigsten ist es, den Sozialstaat ar- nicht gerechtfertig- te Anhebung der „ Die Energiemärkte VerbraucherInnen macht. mutsfest zu machen. Die untersten Sozi- alleistungen müssen dauerhaft und kräf- Richtwertmieten funktionieren nicht, hier tig angehoben werden. Die Armuts- vom April wird sich muss der Staat regulierend Je niedriger das gefährdeten brauchen aber vor allem erst in der Inflati- onsrate niederschla- eingreifen. “ Einkommen, desto mehr belastet die auch den Ausbau von Kindergärten und Schulen mit ganztägiger Öffnung, ein gen, auch die Le- hohe Inflation. Wie besseres soziales Pflegesystem, mehr sozi- bensmittelpreise werden noch anziehen. beurteilen Sie die bisherigen Maßnah- alen Wohnbau und sie brauchen Jobs, Gegen Jahresende sollten die Inflations- men der Bundesregierung, die Teue- von denen sie leben können. 1.700 Euro raten aber langsam geringer werden und rungen abzufedern? kollektivvertraglicher Mindestlohn ist für den Jahresdurchschnitt kann nach Das untere Einkommensdrittel ist ge- angesichts der Teuerung überfällig. In 6,5 Prozent für 2022 mit etwa 4 Prozent zwungen, die hohen Energiepreise durch Deutschland wird dieser Mindestlohn für 2023 gerechnet werden. den Verzicht auf die Nachfrage nach an- mit 1. Oktober erreicht, das muss doch deren Gütern oder Dienstleistungen zu auch bei uns möglich sein. Energiekonzerne profitieren derzeit kompensieren. Das bedeutet für viele überproportional, da der Gaspreis den eine Armutsgefährdung. Armut ist in Finanzminister Brunner hat sich für Strompreis bestimmt. Was sind geeig- einem so reichen Land wie Österreich die Abschaffung der kalten Progressi- nete Maßnahmen, damit Teile dieser eine besondere Schande. Für die Betrof- on ausgesprochen. Wie bewerten Sie Einnahmen wieder an die KundInnen fenen gab es vor allem Einmalzahlungen. diesen Vorstoß? zurückfließen? Das reicht aber bei Weitem nicht. Ar- Die hohe Teuerung verlangt nach einer e PRO-GE verlost fünf signierte Bücher. So geht’s: Mach mit beim Preisrätsel auf Seite 23 und hicke einfach ein E-Mail mit dem Lösungswort an glueckauf@proge.at oder eine Postkar- an: PRO-GE, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien. Einsendeschluss ist der 5. September 2018
fil 9 Markus Marterbauer ist Chefökonom der Arbeiter- kammer Wien. Er twittert unter @MarterbauerM. Im September erscheint sein mit Martin Schürz gemein- sam geschriebenes Buch „Angst und Angstmacherei. Für eine Wirtschaftspolitik, die Hoffnung macht“.. raschen Steuerreform, die die kalte Pro- Steuersatz ein Aufkommen von etwa verhandelt. Das Ergebnis gilt als rich- gression zurückgibt sowie die Einkom- 1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das tungsweisend für andere Branchen. mensteuer und das gesamte Steuersys wären in Österreich 4 Milliarden Euro. Angesichts der steigenden Inflation tem progressiver macht. Der Ein- Eine Vermögenssteuer bringt also zu- und des sich leicht abschwächenden gangssteuersatz sollte von derzeit 20 mindest einen hohen einstelligen Milli- Wirtschaftswachstums: Wie groß ist Prozent gesenkt werden, für hohe Ein- ardenbetrag pro Jahr. Dazu kommt eine der Spielraum der Gewerkschaften? kommen, hohe Kapitalerträge und hohe Erbschaftssteuer mit einem Aufkommen Der Kollektivvertrag muss die Kaufkraft Unternehmensgewinne sollen die Steu- von etwa einer Milliarde Euro. sichern, vor allem für untere und mittle- ersätze aber auch steigen. re Einkommensgruppen. Gleichzeitig Die industrielle Frühjahrslohnrun- gilt es zu berücksichtigen, dass die In- Die Schere zwischen Arm und Reich de ist geschlagen. Wie sind die aktu- dustrie Rekordjahre hinter sich hat, die geht auseinander, trotz allem gibt es ellen Kollektivvertragsabschlüsse ein- Industrieproduktion stieg in Österreich in Österreich bis dato keine nennens- zuordnen und besteht die Gefahr einer in den letzten sieben Jahren um 30 Pro- werte Besteuerung von Vermögen. Lohn-Preis-Spirale? zent rascher als in Deutschland. Was würde eine Vermögenssteuer für Für die Kollektivvertragsverhandlungen das Budget brin- ist die Inflationsrate Die Europäische Zentralbank (EZB) gen und würde sie – wie von Gegnern „ der letzten 12 Mo- Eine Lohn-Preis-Spirale ist nate relevant. Die scheint die Nullzinspolitik beenden zu wollen. Was bedeuten Zinserhöhungen dieser Steuer oft in Österreich nicht möglich: betrug für die Früh- für den Einzelnen und kann damit der behauptet – den Löhne reagieren auf Preise, jahrslohnrunde 3,5 aktuellen Entwicklung der Inflation Wirtschaftsstand- ort gefährden? nicht umgekehrt. “ bis 4 Prozent. Die Abschlüsse von etwa Einhalt geboten werden? Zinserhöhungen bedeuten, dass alle Das Zusammen- 4,75 Prozent sind Haushalte, Unternehmen, Staaten, die spiel von Covid-Krise und Energiepreis- also sehr erfolgreich, auch weil sie in nur sich verschuldet haben, mehr Zinsen schock verschärft die soziale Spaltung zwei, drei Verhandlungsrunden erreicht zahlen. Wenn die EZB die Zinsen kräf- und wird die Debatte um Vermögens- wurden. Eine Lohn-Preis-Spirale ist in tig erhöht, dann kann sie Investitionen, steuern noch einmal befeuern. Das Steu- Österreich nicht möglich: Löhne reagie- Produktion und Beschäftigung ab- eraufkommen hängt vom Modell ab. Als ren auf Preise, nicht umgekehrt. schwächen. So kann sie auch den Preis- Faustregel gilt weltweit: Eine Steuer auf auftrieb einbremsen, aber zu hohen das Vermögen des reichsten Prozents der Im Herbst wird wieder der neue Kol- Kosten. Ich glaube nicht, dass die EZB Haushalte bringt pro Prozentpunkt lektivvertrag für die Metallindustrie so weit gehen wird.
10 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Frühjahrslohnrunde Gemeinsamer Einsatz bringt kräftige Lohnerhöhungen Die industrielle Frühjahrslohnrunde betrifft rund 130.000 Beschäftigte in Die industrielle Frühjahrslohnrun- de fand heuer unter besonderen Vorzei- schäftigten der Elektro-/Elektronikindus trie (EEI) und die der Textilindustrie. fünf Branchen. Alle Abschlüsse chen statt: Die massiv steigende Inflation liegen weit über der durchschnitt- und die wirtschaftlichen Unsicherheiten, Turbulenter Start. Die Verhandlungs- lichen Inflationsrate der vorangegan- ausgelöst durch den Angriffskrieg Russ- teams der ArbeitnehmerInnenseite star- genen zwölf Monate. Möglich war lands auf die Ukraine, machten die ein- teten mit einer Rekordforderung in die dies nur, weil BetriebsrätInnen und zelnen Lohnrunden zu einer Herausfor- diesjährigen Kollektivvertragsrunden. Belegschaften die Verhandlungs- derung. Der Startschuss fiel am 22. März Sie verlangten ein Lohn-Plus von sechs teams kräftig unterstützten. mit dem Verhandlungsauftakt für die Be- Prozent, die höchste Forderung seit Jahr- AKTUELLE KOLLEKTIVVERTRAGSABSCHLÜSSE Ab 1. April: schnitt; Ist-Lohn +4,8 Prozent, Mindesterhöhung 130 Euro Textilindustrie: KV-Löhne +4,5 Prozent; Lehrlingseinkommen (entspricht bis zu +6,7 Prozent); Zulagen +4,8 Prozent, Reiseauf- +4,5 Prozent; Ist-Löhne +4,2 Prozent; Reisekosten- und Trennungs- wandsentschädigungen +3,5 Prozent; Freizeitoption 96 Stunden pro entschädigung und Messegelder +3,5 Prozent; 24. Dezember künftig Jahr/8 Stunden monatlich. bezahlt arbeitsfrei. Fisch- und Feinkostgewerbe und Feinkostindustrie: KV-Löhne Ab 1. Mai: +4,5 Prozent, neuer Mindestlohn 1.567,76 Euro; Lehrlingseinkom- Chemische Industrie: KV-Löhne +4,95 Prozent, neuer Mindest- men +4,5 Prozent; Dienstalterszulagen +4,5 Prozent; Überzahlungen lohn 2.146,47 Euro; Lehrlingseinkommen +4,95 Prozent; Ist-Löhne bleiben in vollem Ausmaß aufrecht. +4,75 Prozent, Mindesterhöhung 120 Euro (entspricht bis zu +5,9 Prozent); Schicht- und Nachtarbeitszulagen +4,95 Prozent, Auf- Papierindustrie: KV-Löhne +4,9 Prozent; Lehrlingseinkommen wandsentschädigungen und Messegelder +3,9 Prozent. +13,8 Prozent im Durchschnitt; Ist-Löhne +4,75 Prozent, Mindester- höhung 120 Euro; Erhöhung der Schichtzulagen für die 2. Schicht Elektro-/Elektronikindustrie: KV-Löhne +5,0 Prozent, neuer Min- auf 10,50 Euro (+6,17 Prozent) und für die 3. Schicht auf 25,30 Euro destlohn 2.037 Euro; Lehrlingseinkommen +8,6 Prozent im Durch- (+6,44 Prozent), Reiseaufwandsentschädigungen +4,75 Prozent.
zent 11 wurde das Schreckgespenst der Lohn- Lohnerhöhungen bis zu 6,7 Prozent. Preis-Spirale heraufbeschworen. Mit we- Dass der Druck aus den Betrieben ge- nig Erfolg, denn zahlreiche Wirtschafts- wirkt hat, zeigt sich an den beachtlichen expertInnen dementierten die Gefahr, Abschlüssen. In der EEI konnten für dass die Inflation durch steigende Löh- die rund 60.000 Beschäftigten eine KV- ne weiter angeheizt werde. Zudem wird Lohnerhöhung von 5 Prozent und eine bei jeder Kollektivvertragsverhandlung Ist-Lohn-Erhöhung von 4,8 Prozent aus- die Inflation der letzten zwölf Monate verhandelt werden. Der Mindestbetrag zugrunde gelegt. Für die EEI, die Pa- von 130 Euro bedeutet ein Lohn-Plus pier- und Textilindustrie war die Ver- von bis zu 6,7 Prozent für niedrige Ein- handlungsbasis 3,5 Prozent, bei der Che- kommen. In der Chemischen Industrie mischen Industrie wurden 3,9 Prozent wurde ebenfalls ein Mindestbetrag fixiert, vereinbart. Die diesjährigen Abschlüsse der mit 120 Euro eine Lohnerhöhung liegen somit weit über der Inflationsrate. von bis zu 5,9 Prozent bringt (KV-Lohn +4,95 Prozent, Ist-Lohn +4,75 Prozent). Solidarität in Betrieben. Um den Forde- rungen der Gewerkschaften Nachdruck Weitere erfolgreiche Abschlüsse. Die zu verleihen, war dieses Jahr die Solidarität Beschäftigten der Textilindustrie dürfen der BetriebsrätInnen und Belegschaften sich über eine KV-Lohn-Erhöhung von Betriebsversammlung von Andritz gefordert. In drei Branchen (EEI, Papier- 4,5 Prozent und eine Ist-Lohn-Erhöhung Hydro und Siemens Energy in Weiz industrie, Chemische Industrie) wur- von 4,2 Prozent und über den 24. De- den BetriebsrätInnenkonferenzen ein- zember als zusätzlichen freien bezahlten berufen, um die Vorgehensweise zu bera- Tag freuen. In der Papierindustrie steigen ten. Die Stimmung der BetriebsrätInnen die KV-Löhne um 4,9 Prozent und die war eindeutig: Man werde in keiner Bran- Ist-Löhne um 4,75 Prozent (Mindest- zehnten. Doch nicht nur in der EEI und che von den Forderungen abrücken und betrag 120 Euro). In der Glashüttenin- in der Textilindustrie wurde das Ver- es werden Betriebsversammlungen ein- dustrie wiederum brachte der Abschluss handlungsziel mit sechs Prozent festge- berufen. Auch die Belegschaften unter- eine Erhöhung der Mindestlöhne um legt, auch in der Chemischen Industrie stützten die Position der PRO-GE und 4,9 Prozent, die Ist-Löhne steigen um und der Papierindustrie, deren Auftakt zeigten sich zu weiteren Kampfmaßnah- 4,8 Prozent, mindestens aber um 100 eine Woche später erfolgte, schloss man men bereit. In der EEI wurde den Arbeit- Euro (Erhöhungen bis zu 5,3 Prozent). sich dem an. Die Verhandlungen verlie- gebern sogar konkret mit Warnstreiks ge- In der Glasbe- und verarbeitenden In- fen nicht friktionsfrei. Sofort nach Be- droht, da auch in der dritten Runde kein dustrie steigen die KV-Löhne um 5 Pro- kanntwerden der Gewerkschaftsposition Entgegenkommen spürbar war. zent, die Ist-Löhne um 4,8 Prozent. ALLE KV-ABSCHLÜSSE DER PRO-GE: WWW.LOHNRUNDEN.AT Speiseölindustrie: KV-Löhne +4,65 Prozent (plus Aufrundung auf Mindesterhöhung 100 Euro; KV-Zulagen +4,9 Prozent, innerbe- die nächsten 50 Cent), Mindesterhöhung 100 Euro, neuer Mindest- triebliche Zulagen +4,8 Prozent, Reisekosten und Aufwandsentschä- lohn 2.090 Euro; überproportionale Erhöhung der Schichtzulage; Er- digungen +3,9 Prozent. höhung der Ist-Löhne und Dienstalterszulagen laut Lohnvertrag. Lederwaren- und Kofferindustrie: KV-Löhne +4,3 Prozent; Lehr- Ab 1. Juni: lingseinkommen +4,5 Prozent; Ist-Löhne: Aufrechterhaltung der Glasbe- und verarbeitende Industrie: KV-Löhne +5,0 Prozent, neuer Überzahlung; Zulagen, Zuschläge und Prämien +4,3 Prozent; 24. Mindestmonatslohn 1.734,72 Euro; Lehrlingseinkommen +10 Pro- Dezember künftig bezahlt arbeitsfrei. zent im 1. Lehrjahr, +5,0 Prozent in den anderen Lehrjahren; Ist- Löhne um 4,8 Prozent; KV-Zulagen +5,0 Prozent, Aufwandsentschä- Schuhindustrie: KV-Löhne +4,55 Prozent, neuer Mindestlohn digungen +3,9 Prozent, innerbetriebliche Zulagen +4,8 Prozent. 1.623,77 Euro; Lehrlingseinkommen +4,55 Prozent; Ist-Löhne +4,55 Prozent; Zulagen, Zuschläge und Prämien +4,34 Prozent; Glashüttenindustrie: KV-Löhne +4,9 Prozent, neuer Mindestlohn Urlaubszuschuss 2022 wird von der erhöhten Basis gerechnet; 1.993,77 Euro; Lehrlingseinkommen +10 Prozent im 1. Lehrjahr, 24. Dezember künftig bezahlt arbeitsfrei. +4,9 Prozent in den anderen Lehrjahren; Ist-Löhne +4,8 Prozent,
12 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Unterstützung der Gewerkschaft Neue Mitglieder bei Antolin Der Betriebsrat der Firma Antolin in Ebergassing (NÖ) überreichte dem PRO-GE Vorsitzenden Rainer Wimmer 30 neue Mitgliedsanmeldungen. Im Betrieb gibt es große Solidarität zum Betriebsrat und zur Gewerkschaft. Rainer Wimmer konnte sich bei einem Betriebsrundgang von der Produktion des Textilunternehmens ein Bild machen und zeigte sich in den intensiven Gesprächen mit dem Betriebsrat, der Betriebsleitung und den MitarbeiterInnen beeindruckt. Am Standort in Ebergassing werden Innenbezüge für Fahrzeuge hergestellt. PRO-GE Frauen Arbeiterinnen vor den Vorhang Die PRO-GE vertritt aktuell im Bereich ihrer 120 Kollektivverträge 491.649 Arbeiterinnen und Arbeiter, 105.930 davon sind Frauen. Für die Bundesfrauenvorsitzende der PRO-GE, Klaudia Frieben, ist es an der Zeit, diese Arbeiterinnen vor den Vorhang zu holen. „Die Pro- duktion von Waren ist systemrelevant; ohne sie gäbe es keine Nahrung, keine Gebrauchsgüter, keine Investitionen in Bau oder Mobilität. Frauen, die in diesem Bereich beschäftigt sind, arbei- ten zum Teil unter körperlicher Anstrengung, bei monotonen Arbeitsvorgängen, Hitze, Nässe, Lärm, im Akkord, und das meist zu sehr untypischen Arbeitszeiten, zum Beispiel Schichtbetrieb oder Nachtarbeit“, erläuterte Frieben. Gerade während der Coronakrise hat sich gezeigt, dass Arbeiterinnen in der öffentlichen Dis- kussion wenig vorkommen. „Ich bin maßlos enttäuscht, dass es bis heute nicht möglich war, Schwangeren in der Produktion einen vorzeitigen Freistellungsanspruch zu ermöglichen“, so Frieben, die darauf verwies, dass es gerade in großen Produktionsbetrieben, wo viele Menschen in einer Werkshalle arbeiten, sehr schwierig oder gar nicht möglich sei, einen Abstand zu Kolle- ginnen und Kollegen einzuhalten. BUCHTIPP INSIDE FACEBOOK – Die hässliche Wahrheit Von Sheera Frenkel und Cecilia Kang Das Buch, von dem Facebook nicht will, dass Sie es lesen! NSA-Skandal, Wahlmanipulationen, Cambridge Analytica, Trump … Das ist nur die Spitze des Eisbergs! Das Buch gewährt einen bisher einzigartigen Einblick in den mächtigen und undurchschaubaren Konzern. Ausgehend von langjähriger investigativer Recherche, mit Hunderten Interviews, zeigen uns die Autorinnen ein Facebook, das wir so bislang nicht kannten. Wir erfahren, welche Rollen Mark Zuckerberg und Sheryl Sandberg spielen, wie in den Hinterzimmern folgenreiche Entscheidungen getroffen, mit Politikern zwie- lichtige Absprachen vereinbart und undurchsichtige Netzwerke gebildet werden. Und wie eine Maschine zur Geldvermehrung immer weiter am Laufen gehalten wird, koste es, was es wolle – mit verheerenden Folgen: Aushöhlung der Privatsphäre und der Demokratie, eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Verlag: S. Fischer 2021, 384 Seiten, ISBN: 978-3-10-000066-8 Schicke uns ein E-Mail an presse@proge.at und gewinne mit etwas Glück eines von zwei Exemplaren. Kennwort: „Inside Facebook“ Bestellmöglichkeit unter www.besserewelt.at Die GewinnerInnen der Buchverlosung „Freiheit für alle“ der letzten „Glück auf!“-Ausgabe sind: Walter Stroissnig, 9330 Althofen, und Renate Schickmaier, 4550 Kremsmünster
13 Mitbestimmung statt Marktunterwerfung Zeit für eine neue Produktionspolitik Pandemie und Ukraine-Krieg haben aufgezeigt, wie instabil unser Versorgungssicherheit orientiert, kann Wirtschaftssystem eigentlich ist. Eine industrielle Produktion, mit der nicht durch Marktlogik erreicht werden, die Versorgung der österreichischen Bevölkerung sichergestellt werden sondern nur durch einen demokratisch kann, benötigt auch demokratische Gestaltung statt reiner Marktlogik. legitimierten Entscheidungsprozess un- ter breiter Beteiligung. Für Stöger sollte Der Wirtschaftsmotor Auto- mobilindustrie ist ins Stottern gera- tigste Lieferant für Kabelbäume für die deutsche Automobilindustrie, zur Jahr- eine solche Produktionspolitik unter anderem Infrastrukturmaßnahmen be- inhalten, wie Breitbandausbau und eine ten. In Graz bei Magna, in Steyr bei tausendwende wurde auch dort die Pro- schon bei der Raumplanung begin- BMW und im ehemaligen MAN- duktion nach Osteuropa verlagert. „Da- nende Stärkung des öffentlichen Ver- Werk wurden seit Februar Produk- mals haben die Beschäftigten mit dem kehrs. Bei Transporten muss die Schie- tionslinien zwischenzeitlich abge- Verlust des Arbeitsplatzes die Zeche be- ne ganz klar den Vorzug gegenüber der dreht, auch Zulieferbetriebe wie zahlt, jetzt zahlen noch einmal Arbeit- Straße bekommen. Miba, TCG Unitech oder Poly- nehmerinnen und Arbeitnehmer drauf tec haben MitarbeiterInnen vor- mit Kurzarbeit – weil bei einer Entschei- Öffentliche Beteiligung statt Förderung. sorglich zur Kurzarbeit angemel- dung Profit vor strategischem Denken Ebenfalls enthalten ist die Arbeitsmarkt- det. Während der Halbleiter- und gestanden ist“, analysiert Stöger. Noch politik. Hier kann sich Stöger beispiels- Chip-Mangel seit gut einem Jahr schlimmere Konsequenzen sind denkbar, weise eine Arbeitszeitverkürzung mit die Produktion bremst, fehlt es ak- sollten einmal für die Grundversorgung staatlich unterstütztem Lohnausgleich tuell vor allem an Kabelbäumen, die wesentliche Wirtschaftsbereiche von vorstellen sowie eine Beschränkung der aufgrund des Krieges nicht mehr in ähnlichen Lieferschwierigkeiten betrof- Leiharbeit in den Betrieben. Investiti- ausreichender Menge aus der Uk- fen sein, wie sie derzeit bei Halbleitern onen in Forschung sollten von Förde- raine geliefert werden. Bittere Iro- oder Kabelbäumen auftreten. So ist zum rungen in Beteiligungen umgewandelt nie: Bis 1993 wurden direkt in Steyr Beispiel die Versorgung mit Medikamen- werden, um die Vorteile für die All- Kabelbäume hergestellt, bei VTS ten überdurchschnittlich stark von inter- gemeinheit zu sichern. Und auch für Verdrahtungstechnik, „keine fünf nationalen Lieferketten abhängig. Schlüsselindustrien sieht Stöger öffent- Minuten zu Fuß von BMW und liche Beteiligungen als sinnvoll an. „Wir MAN“, wie sich Alois Stöger erin- Mitbestimmung statt Marktlogik. „Wer brauchen einen Staatsfonds mit einem nert. Der heutige Leitende Sekre- entscheidet die Zukunft – der Markt Vorkaufsrecht vor Auslandsübernah- tär der PRO-GE hat damals als Ge- oder die Demokratie?“, sieht der Lei- men, das haben wir am Fall MAN deut- werkschaftssekretär den Sozialplan tende Sekretär der PRO-GE eine not- lich gesehen.“ Wesentliche Säule bei all mitverhandelt. wendige politische Diskussion, die aber diesen Prozessen ist eine Stärkung der kaum ausgetragen wird. „Es wird vo- Mitbestimmungsrechte der Arbeitneh- Abhängigkeit von Lieferketten. Mit rausgesetzt, dass der Markt demokra- merInnen. „Zentraler Grundsatz muss zwei weiteren Betrieben im Bur- tisch wäre, aber das ist nicht der Fall.“ sein: Alle, die betroffen sind, müssen genland, Aptiv und Kromberg & Eine Produktionspolitik, die sich an den auch in der Entscheidungsfindung voll Schubert, war Österreich der wich- Bedürfnissen der Menschen und der eingebunden sein.“
14 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Arbeitskräfteüberlassung 20 Jahre KV-Schutz für LeiharbeiterInnen Nach der Krise ist die Nachfrage serungen im Arbeitskräfteüberlassungs- derösterreich. „Arbeitskräfteüberlassung nach LeiharbeiterInnen wieder gesetz (AÜG) und mit dem Sozial- und darf nicht für Lohn- und Sozialdumping stark gestiegen. Aktuell ist circa Weiterbildungsfonds SWF gesetzt. missbraucht werden“, stellt der PRO-GE jede dritte offene Stelle eine Leih- Branchensekretär klar. „In diesen Fällen arbeitsstelle. In den vergangenen Stehzeiten sind kein Kündigungsgrund. wurden Firmen beauftragt, deren Seriosi- zwanzig Jahren wurde in der ar- Im letzten Jahr wurde in vielen Indus- tät auf den ersten Blick zweifelhaft war“, triebranchen eine gemeinsame Sozial- fordert Grammelhofer neben viel rigo- beitsrechtlichen Absicherung von partnererklärung mit dem Bekenntnis roseren Überprüfungen der Gewerbe- LeiharbeiterInnen viel erreicht. zu einem fairen Umgang mit Zeitarbei- berechtigungen vor allem eine Auftrag- Trotzdem ist noch reichlich Ver- terInnen in die Kollektivverträge auf- geberhaftung. „Wer sich für unseriöse besserungspotenzial vorhanden. genommen und im Herbst wurden die Anbieter entscheidet, soll auch für da- Kündigungsfristen deutlich angehoben. raus resultierende Missstände geradeste- Probleme sind in der Branche aber frei- hen müssen.“ Fünf Jahre hatte die dama- lige Gewerkschaft Metall-Textil in- lich immer noch mehr als genug vor- handen, wie PRO-GE Branchensekre- Den Weg fortsetzen. Besonders wich- tär Thomas Grammelhofer erklärt. Eines tig für den Schutz überlassener Arbeit- tensive Verhandlungen mit der Ar- der größten: „Dass mit Ende der Über- nehmerInnen ist, dass sich heute die beitgeberseite geführt, bis im März lassung auch das Arbeitsverhältnis auf- allermeisten BetriebsrätInnen in den Be- 2002 der weltweit erste Kollek- gelöst wird, ist leider immer noch weit schäftigerbetrieben auch für sie zustän- tivvertrag für überlassene Arbeits- verbreitet.“ Mit vorgeblich „einvernehm- dig fühlen. Mit einer Betriebsvereinba- kräfte in Kraft treten konnte. Den lichen Auflösungen“ werden Kosten über rung können diese auch ein prozentuelles Kern dieses sehr speziellen Kollek- die Arbeitslosenversicherung der Allge- Limit für Leiharbeit im Betrieb ausver- tivvertrags bildet das Prinzip, dass meinheit umgehängt, anstatt Stehzeiten handeln, eine solche Beschränkung auch von dem im Beschäftigerbetrieb wie vorgesehen zu bezahlen. „Dabei wur- gesetzlich festzulegen, wäre für Grammel- gültigen Kollektivvertrag und dem de der Sozial- und Weiterbildungsfonds hofer durchaus denkbar. Wünschenswert KV für die Arbeitskräfteüberlassung genau dafür eingerichtet, die Weiterbe- wäre für ihn auch, dass die Zuständigkeit der jeweils bessere zur Anwendung schäftigung und idealerweise Weiter- für Leiharbeit nicht mehr in Einkaufs-, kommt. In vielen Industriebranchen bildung während der Stehzeiten zu för- sondern ausschließlich in den Personal- deckt noch ein sogenannter Refe- dern“, erinnert Grammelhofer. abteilungen der Firmen liegt. „Überlas- renzzuschlag die branchenübliche sene Arbeitskräfte sind keine Ware und Überzahlung ab. Die rechtliche und Auftraggeberhaftung ist überfällig. auch keine Beschäftigten zweiter Klas- soziale Absicherung der Leiharbeite- In den Schlagzeilen war die Leiharbeit se. Auf dem Weg zu diesem Ziel sind rInnen wurde seither stetig weiter- letztes Jahr nicht zuletzt wegen Skanda- wir in den letzten 20 Jahren weit gekom- entwickelt. Ein großer Meilenstein len bei Hygiene Austria (NÖ) und in men und wir werden ihn auch zu Ende wurde 2013 mit zahlreichen Verbes- zwei Postverteilzentren in Wien und Nie- gehen.“
Jugend 15 Generationswechsel Benjamin Liedlbauer neuer Vorsitzender der PRO-GE Jugend Bei der Jugend tut sich was. Die PRO-GE Jugend hat einen neuen Bundesjugendvorsitzenden und beim ÖGB-Bundesjugendkongress wurden die Eckpfeiler für die Anliegen der jungen ArbeitnehmerInnen einge- schlagen. Dabei geht es vor allem um mehr Anerken- nung für die Lehre und eine lebenswerte Zukunft. Benjamin Liedlbauer ist der neue geschäftsführende Bundesjugendvorsitzende der PRO-GE. Der gelernte Elektrotechniker ist Jugendvertrauensrat bei BMW Motoren in Steyr und er hat ein klares Ziel: die Aufwer- tung der Lehre. Lehrlingseinkommen mindesten 1.000 Euro. In den letz- ten Jahren haben die jungen ArbeitnehmerInnen massiv zurückstecken müssen und unter der Coronapandemie gelitten. Jetzt geht es darum, mit geeigneten Maßnah- men die Zukunft zu sichern. Der Fachkräftemangel, verursacht durch zu wenig Ausbildung, zeigt inzwischen Wirkung und es wird vermehrt nach Lehrlingen ge- sucht. Wichtig ist jedoch auch, wie die Lehre von den stiegsmöglichkeiten für FacharbeiterInnen und für die Prü- jungen Menschen betrachtet wird. Beim Image der Leh- fungssituation für Lehrlinge. re zeigt sich eindeutig Verbesserungspotenzial, und dazu gehört unter anderem auch ein attraktives Lehrlings- Schulstartgeld für alle Lehrlinge. Ein weiteres Anliegen ist einkommen. „Die kräftigen Erhöhungen der Lehrlings- die Anhebung und Ausweitung des Schulstartgelds. Von die- einkommen, wie sie zuletzt auch in sem sind die Lehrlinge zum größten Teil bis der Elektro-/Elektronikindustrie, der jetzt ausgeschlossen. Der Schulstart ist fi- „Der JVR ist nicht selbst- Chemischen oder der Papierindus nanziell auch für die BerufsschülerInnen trie gelungen sind, sind ein richtiger verständlich. Wir werden eine Belastung. Daher sollen auch in Zu- Schritt, aber da braucht es mehr“, die betriebliche Interessen- kunft die Lehrlinge von diesem Zuschuss umreißt der neue PRO-GE Jugend- vertretung gegen politische profitieren. Weitere Forderungen sind un- vorsitzende den Fahrplan für die Zu- Angriffe mit voller Kraft ter anderem: eine Modernisierungs- und kunft. Es ist daher kein Zufall, dass verteidigen.“ Digitalisierungsoffensive an den Berufs- beim ÖGB Bundesjugendkongress Benjamin Liedlbauer, schulstandorten, ein zeitgemäßer Unter- im Mai ein Mindestlehrlingseinkom- Vorsitzender der PRO-GE Jugend richt mit Laptops und digitalen Schulta- men von 1.000 Euro im 1. Lehrjahr feln, eine verpflichtende Integration von gefordert wurde. digitaler Grundbildung sowie verpflichtende Weiterbildung für die Lehrkräfte. JVR erste Anlaufstelle. Ein weiterer großer Schwerpunkt für Liedlbauer sind die JugendvertrauensrätInnen. „Die Hilfe gegen psychologische Belastung. Die angespannte Le- JVR sind für die Lehrlinge die erste Anlaufstelle bei bens- und Ausbildungssituation hat auch zunehmend Aus- Problemen. Gerade in der Pandemie haben die Kol- wirkungen auf das soziale Umfeld der jungen Menschen. Zu- leginnen und Kollegen großartige Arbeit geleistet.“ kunftsängste und psychische Probleme haben sich verstärkt. Daher gehört die betriebliche Interessenvertretung „Wir fordern auch den Ausbau der psychosozialen Unterstüt- gestärkt. Der 21-jährige Oberösterreicher sieht auch Ver- zung an Berufsschulen und ein flächendeckendes Angebot an besserungsmöglichkeiten bei den Bildungs- und Auf- Psychotherapieplätzen für Jugendliche“, so Liedlbauer.
16 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Geberit Betriebsreportage In die Röhre geschaut Die Firma Geberit ist weltweit mit rund 12.000 MitarbeiterInnen bekannt für gebildet. Ausbildungsleiter und Ange- ihre Sanitärprodukte. Nicht selten wird ein Besuch am „stillen Örtchen“ von stelltenbetriebsrat Heinz Amberger be- sichtbaren Logos der Firmengruppe begleitet. Am Standort Pottenbrunn in stätigt, dass inzwischen auch über den Niederösterreich werden vor allem die nicht unmittelbar sichtbaren, aber umso betriebsinternen Bedarf hinaus ausgebil- notwendigeren Hinterwandprodukte im Sanitärbereich produziert. Der Schwer- det wird. Gut ausgebildetes Personal ist das Um und Auf eines Unternehmens punkt liegt im Spritzgussverfahren und in der Verarbeitung von Kunststoff. und motivierte MitarbeiterInnen sind der Schlüssel zum Erfolg. Damit ist ge- Rund 450 ArbeiterInnen sorgen für die Rohrleitungen und Ab- währleistet, dass in Pottenbrunn auch in sonders stolz ist der Betriebsrat auf den Zukunft kompetente MitarbeiterInnen von ihm mitinitiierten „Vital-Katalog“, für Qualitätsprodukte im Sanitärbereich läufe, die das Benutzen der Sanitäran- den es seit zehn Jahren im Betrieb gibt. sorgen. lagen erst ermöglichen. Mittels Spritz- „In diesem umfangreichen Katalog geht gießen, Schweißen und mechanischem es um präventive Gesundheitsvorsorge Betriebsrat Michael Küttner ist Bearbeiten von Kunststoffteilen wer- für die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Gesundheitsvorsorge ein wichtiges Anliegen. den die Wannen- und Duschabläufe, ter. Das reicht von Ausgleichsübungen WC-Spülbögen oder Elektroschweiß- direkt am Arbeitsplatz bis hin zu Massa- muffen gefertigt. geangeboten im Betrieb“, erzählt Küttner über das sozialpartnerschaftliche Projekt Michael Küttner ist fast seit Anfang und spricht auch über das gute Einver- der Betriebsgründung in den 1990er- nehmen mit der Werksleitung. Jahren am Produktionsstandort da- bei. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Einen besonderen Stellenwert hat auch er auch als Betriebsratsvorsitzender für die Lehrlingsausbildung mit einer mo- die Belange der ArbeiterInnen zustän- dern eingerichteten Lehrwerkstatt. Schon dig. Dabei spielt inzwischen auch die seit 1993 sorgt sie für den Fachkräfte- Digitalisierung im Betrieb zunehmend nachwuchs im Betrieb. Vom Lehrberuf eine Rolle. Küttner weist darauf hin, KunststofftechnikerIn über Metalltech- dass es einerseits um den Wissenser- nikerIn bis hin zum/zur Betriebslager- halt der erfahrenen Beschäftigten geht, logistikerIn werden junge Menschen in aber auch um deren Gesundheit. Be- elf unterschiedlichen Lehrberufen aus-
17 Bei der Verpackung erfolgt auch die Qualitätskon- Der Ausbildner Heinz Amberger legt großen Wert trolle. Dies benötigt eine eigene Einschulung. auf die Qualität in der Lehrlingsausbildung. Die Sanitärteile werden zusammengefügt und Die Zusammenarbeit in der Zelle Duschrinnensiphon In der Logistik ist trotz Automatisierung das versandfertig gemacht. geht Hand in Hand. menschliche Know-how gefragt. Der Umgang mit Spritzgusswerkzeugen ist gut Mit dem Stapler hat Birgit die Logistik fest ausgebildeten Fachkräften vorbehalten. im Griff. Die Kunststofftechnikerin Jennifer hat bald ihre Im Werkzeugunterhalt werden die Spritzguss- Dieses Spritzgusswerkzeug ist noch eines der Ausbildung abgeschlossen. werkzeuge gewartet. „Kleinen“ und hat ungefähr 400 Kilogramm.
18 MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022 Hitzebelastung auf Montage enorm! Michael Preyss ist Vorsit- zender des Arbeiterbe- ArbeitnehmerInnenschutz triebsrats bei ELIN GmbH. PRO-GE fordert Die Firma plant, konzi- piert, errichtet, wartet und serviciert Gebäude- besseren Schutz und Industrieanlagen in allen Bereichen der Elektrotechnik. bei Hitze! Wie betrifft euch das Arbeiten bei Hitze? Unsere MonteurInnen arbeiten viel im Außenbereich und sind dort jedem Wetter ausgesetzt: auf Großbaustellen von Bürogebäuden, Krankenhäusern oder Einkaufszentren bei Betoneinle- Temperaturen über 30 Grad keinen Hitzearbeitsplatz. Die Krite- gearbeiten, bei der Montage von Stra- werden immer häufiger und über rien für einen Hitzearbeitsplatz sind im ßenbeleuchtungen oder Signalfeuern längere Zeiträume auftreten, Nachtschwerarbeitsgesetz definiert, die auf Flughäfen oder bei der Errich- prophezeit die Wissenschaft. Grenze von 30 Grad spielt hier u. a. eine tung und Instandhaltung von Freilei- ArbeitnehmerInnen leiden unter Rolle. Allerdings ist hierfür die Wetterla- tungsbauten und Sendemastanlagen. diesen hohen Temperaturen, weil ge nicht relevant. Die Hitzeeinwirkung Schutzausrüstung wie Helm, lange sie oft keine Handlungsspielräume muss durch die Arbeitssituation selbst schnittfeste Kleidung, (hohe) Sicher- haben, der Hitze zu entkommen. verursacht werden. Für das Arbeiten heitsschuhe mit Stahlkappen, Schutz- Die PRO-GE fordert dringend bei durch Sonneneinstrahlung verur- brille und Handschuhe erschweren Verbesserungen beim Arbeits- sachter Hitze gibt es nur eine Regelung das Arbeiten bei Hitze zusätzlich. Da schutz und im Arbeitszeitgesetz. für ArbeitnehmerInnen aus Betrieben, oft kritische Infrastruktur betroffen die dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Ab- ist, sind diese Arbeiten zusätzlich un- fertigungsgesetz unterliegen. Sie dür- aufschiebbar und unter großem Zeit- fen ihre Arbeit im Freien bei mehr als druck durchzuführen. Entkommen Ein Fünftel aller Arbeitneh- merInnen gibt an, von Hitze am 32,5 °C im Schatten unterbrechen bzw. einstellen, wenn kein kühlerer Alterna- tivarbeitsplatz zur Verfügung gestellt können die ArbeiterInnen der Hitze unter solchen Bedingungen kaum, sie werden schneller müde und die Ver- Arbeitsplatz betroffen zu sein, wie werden kann. Die Entscheidung darü- letzungs- und Unfallgefahr steigt, von Daten der Statistik Austria zeigen. ber obliegt aber dem Arbeitgeber oder den anderen gesundheitlichen nega- „Tausende ArbeitnehmerInnen dessen Beauftragten. tiven Folgen gar nicht zu reden. müssen im Freien schwere körper- liche Arbeit leisten, und dies oft- Gesetze verbessern. Hitzebelastungen Welche gesetzlichen Regelungen mals bei Temperaturen weit über durch das Klima drohen in Zukunft sollte es geben? 30 Grad. Viele von ihnen müs- häufiger zu werden. Die PRO-GE for- Wir brauchen festgeschriebene Pausen sen acht Stunden in Arbeits- und dert dringend, den ArbeitnehmerInnen- in einem klimatisierten Raum oder Schutzkleidung in der prallen Son- schutz und das Arbeitszeitgesetz anzu- Fahrzeug, ausreichend Getränke sei- ne aushalten. Für sie gibt es kei- passen, denn ein Körper unterscheidet tens der Firma, es sollte Schulungen ne Regelungen, wie sie der Hitze nicht zwischen Hitze verursacht durch geben, was Hitze bewirkt und wie man entgehen können“, betont Alois Sonne oder durch Arbeitsvorgänge. Ab sich schützen kann, und Punkte des Stöger, leitender Sekretär der einer Temperatur von mehr als 32,5 Grad Bauarbeiter-Schlechtwetterentschä- PRO-GE, und nennt als Beispiel im Schatten sollten zusätzliche bezahlte digungsgesetzes sollten auch in ande- MonteurInnen. Arbeitspausen in gekühlten Räumlich- ren Kollektivverträgen oder in einem keiten ermöglicht oder sollte der Arbeits- Generalkollektivvertrag übernommen Was ist ein Hitzearbeitsplatz? Per tag verkürzt werden. Ebenso müsse der werden. Gerade vor dem Hintergrund Definition haben MonteurInnen, Zugang zur Schwerarbeitspension für fehlender Arbeitskräfte ist es unbe- die auf Baustellen tätig sind oder Menschen erleichtert werden, die häufig dingt nötig, den Arbeitsschutz bei Reparaturleistungen erbringen, bei Hitze im Freien arbeiten. Hitzebelastung zu verbessern.
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