WIR FORDERN MEHR ENTLASTUNG! - GEGEN DEN INFLATIONS-ALBTRAUM DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE

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WIR FORDERN MEHR ENTLASTUNG! - GEGEN DEN INFLATIONS-ALBTRAUM DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE
DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE
DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE
                            Ausgabe 2/2022

                        GEGEN DEN INFLATIONS-ALBTRAUM

               WIR FORDERN
                  MEHR
               ENTLASTUNG!
WIR FORDERN MEHR ENTLASTUNG! - GEGEN DEN INFLATIONS-ALBTRAUM DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE
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                        DINOLAND – FAMILIEN-ERLEBNIS-PARK
                                                 bis 30. Oktober 2022 | Schloss Katzenberg
         Interaktiv und pädagogisch wertvoll! Ab diesem Jahr können kleine und große Gäste
     T-Rex, Triceratops und Co. auf Schloss Katzenberg besuchen. Mit dem Dinoland wurde
   ein einzigartiges Urzeit-Klassenzimmer geschaffen, in dem interaktive Kinderbereiche zum
                                           Entdecken, Anfassen und Ausprobieren einladen.

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                                                   bis 4. September 2022 | Wien Marx Halle
    Diese Ausstellung ist ein völlig neu konzipiertes Multimedia-Spektakel, das auf noch nie
zuvor gesehene Art und Weise die weltberühmten Kunstwerke von Gustav Klimt präsentiert.
 Meisterhafte Kunst trifft auf modernste Technik – eine Symbiose, die Klimts Genialität in ein
                                       neues Zeitalter tragen und unvergessen machen wird.

                                                                                                 26,50€
                                                                                                 statt 30€
                                    FAMILYPARK ST. MARGARETHEN
                                              Tagesticket-Aktion bis einschließlich 1.11.2022
Das ruhige und besonnene Burgenland kann auch ganz schön turbulent und aufregend werden
– wenn man den Familypark in St. Margarethen besucht. Denn an jeder Ecke gibt es hier etwas
         zu entdecken oder unvergessliche Abenteuer zu erleben, und zwar für Groß und Klein!

                                                        12. KABARETTGIPFEL                       -10%
                                               7. und 8. November 2022 | Wiener Stadthalle
     Der „Kabarettgipfel“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, gleich die Besten der Besten für
     einen Abend zu engagieren und für ein breites Spektrum an geschliffener Unterhaltung
           zu sorgen. Auf folgende KünstlerInnen können Sie sich freuen: Lukas Resetarits,
                      Viktor Gernot, Eva Maria Marold, Christoph Fritz und Kaya Yanar (DE).
                                     Musikalische Begleitung KGB – Die Kabarettgipfelband.

                                                                                                 -10%
       25 JAHRE RIVERDANCE – JUBILÄUMSTOUR 2023
           8. März 2023, 20 Uhr – Salzburgarena | 24. März 2023, 20 Uhr – TipsArena Linz |
       25. März 2023, 20 Uhr – Stadthalle Graz | 26. März 2023, 19 Uhr – Wiener Stadthalle
                                          Die erfolgreichste Tanzshow der Welt ist zurück!
                   25 Jahre Riverdance: Das Original kommt 2023 auf große Jubiläumstour!
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               Die Therme in Bad Gleichenberg gilt als Ruhepol und lädt zum Erholen sowie Kraft-
               und Energietanken ein. Die behutsame Einbindung des Baumbestandes und der
               fließende Übergang der Terrasse in die umliegende Parklandschaft ermöglichen zu
               jeder Jahreszeit die unmittelbare Berührung mit der Natur.
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4          MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

          Inhalt

                                                                  TEUERUNG ENTGEGENWIRKEN!
                                                                  Die Inflation ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht
                                                                  mehr. Mit hohen Kollektivvertragsabschlüssen kämpft
                                                                  die PRO-GE für den Erhalt der Kaufkraft. Vonseiten der
                                                                  Regierung blieben wirklich effektive Maßnahmen ge-
                                                                  gen die Rekordteuerungen bisher allerdings leider aus.
                                                                                                       Seiten 8 bis 11

    Kommentar
    Taten statt Ankündigungen fordert die PRO-GE von der Regierung ............ Seite 5
    Interview
                                                                                                                              Aktuelle Zahl
    Markus Marterbauer: welche Maßnahmen jetzt nötig sind............. Seiten 8 und 9
                                                                                                                                                     Rund 3,5 Prozent der Erwerbstätigen
    Frühjahrslohnrunde 2022                                                                                                                          sind Bauern. Kein Zweifel, Bauern
    Lohnerhöhungen für 130.000 Beschäftigte .............................. Seiten 10 und 11                                                          sind wichtig für unsere Versorgung
    Produktionspolitik                                                                                                                               mit Nahrungsmitteln und für die
    Wer entscheidet die Zukunft: der Markt oder die Demokratie?................. Seite 13                                                            Landschaftspflege. Das sieht auch
    Jubiläum                                                                                                                 die Bundesregierung so, und deshalb gesteht man ihnen
    Seit 20 Jahren haben auch LeiharbeiterInnen einen Kollektivvertrag ....... Seite 14                                      ein eigenes Ministerium zu. Nach der letzten Regierungs-
    PRO-GE Jugend                                                                                                            umbildung wurde das Ministerium sogar um die Tourismus­
    Benjamin Liedlbauer folgt Josef Rehberger als Vorsitzender ................... Seite 15                                  agenden bereinigt, diese wurden in ein eigenes Staatsse-
    Betriebsreportage Geberit                                                                                                kretariat ausgelagert. Der neue Landwirtschaftsminister und
    Sanitärprodukte aus Pottenbrunn .............................................. Seiten 16 und 17                          „Lobbyist für die Bauern“, Norbert Totschnig, kann sich nun
                                                                                                                             exklusiv Subventionsvergaben, Steuererleichterungen und
    Arbeiten bei Hitze
    PRO-GE fordert dringend Verbesserungen beim Arbeitsschutz ................. Seite 18                                     der Verhinderung von strengeren Tierschutzvorgaben wid-
                                                                                                                             men. Die ArbeiterInnen und Angestellten, die 88 Prozent der
    Gewerkschaftspionier
    Zum 130. Geburtstag von Pius Schneeberger ......................................... Seite 19                             Erwerbstätigen ausmachen, dürfen sich leider nicht über die
                                                                                                                             gleiche Aufmerksamkeit der Bundesregierung freuen. Sie
    Achtung Kamera
                                                                                                                             sind jetzt gemeinsam mit den Unternehmern dem Bundes-
    Die besten Fotos aus der Welt der PRO-GE ............................................. Seite 20
                                                                                                                             ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort von
    Alles was Recht ist                                                                                                      „Superminister“ Kocher zugeordnet – Prioritätensetzung
    Unzulässige Kündigung eines Leiharbeiters erfolgreich bekämpft........... Seite 21
                                                                                                                             à la Schwarz-Grün.
    Preisrätsel und Cartoon......................................................................... Seite 23

    IMPRESSUM:
    Glück auf! – Zeitschrift für Mitglieder der Gewerkschaft PRO-GE. ZVR-Nr.: 576439352. DVR-Nr.: 0046655. Herausgeber: Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, 1020 Wien,
    Johann-Böhm-Platz 1, (01) 534 44-69. Medieninhaber: ­Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1; Tel.: (01) 662 32 96-0, Fax: (01) 662 32 96-39793,
    E-Mail: zeitschriften­@oegbverlag.at, www.oegbverlag.at. Leitung: Mathias Beer. Chef vom Dienst: Wolfgang Purer. Redaktion (glueckauf@proge.at): Barbara Trautendorfer, Sabine Weinberger,
    Robert Wittek, Mathias Beer. ­Grafik & Layout: Peter-Paul Waltenberger, Julian Janits. Fotos/Grafik: PRO-GE, ÖGB-Archiv, Lisa Lux, Pixabay, Adobe Stock. Cartoon: Bulcartoons. Hersteller: Walstead Leykam
    Druck GmbH & Co KG, 7201 Neudörfl, Bickfordstraße 1. Redaktionsschluss der folgenden Ausgabe: 31. August 2022.

    Offenlegung gemäß Mediengesetz, § 25:­ www.glueckauf.at/offenlegung
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log                                                                                                                           53

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KURZ NOTIERT

 Arbeitslosigkeit sinkt
 Trotz hoher Energiepreise und Ukraine-Krieg setzt sich                                           Rainer Wimmer,
 die Arbeitsmarkterholung weiter fort. Die Mai-Arbeits-                                           Bundesvorsitzender
 losenquote belief sich auf 5,7 Prozent, das ist der nied-                                        der PRO-GE
 rigste Wert seit 14 Jahren. Beim Arbeitsmarktservice
 waren Ende Mai über 138.000 offene Stellen als sofort
 verfügbar gemeldet, ein neuer Rekordwert. Zur Kurzar-
 beit waren Ende Mai 49.492 Personen vorangemeldet.          TEUERUNGSALBTRAUM –
 Im Vergleich zum Vormonat bedeutet das einen Rück-
 gang um 3.096 Personen.                                     ENDLICH ÄRMEL AUFKREMPELN
                                                             Wir erleben gerade die schlimmste Teuerungswelle seit
 Wirtschaftsleistung über Vorkrisenniveau                    mehr als 40 Jahren. Monat für Monat wird alles empfindlich
 Die österreichische Wirt-                                   teurer. Im Mai sind die Preise gegenüber dem Vorjahresmo-
 schaft ist mit einem starken
                                                             nat im Durchschnitt um 8,0 Prozent gestiegen. Es gibt keinen
 Wachstum ins Jahr 2022 ge-
 startet. Das Bruttoinlands-                                 Lebensbereich mehr, der von den Teuerungen ausgenommen
 produkt legte im ersten                                     ist. Aktuell ziehen neben Treibstoffen und Energie auch die
 Quartal real, also inflations-                              Nahrungsmittelpreise in bedenklichem Ausmaß an.
 bereinigt, um 9,5 Prozent zu. Damit liegt die heimische
 Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent höher als vor Aus-       Aber während sich Gewerkschaften und BetriebsrätInnen
 bruch der Coronapandemie. Die positive Entwicklung          bei den Lohnrunden mit ganzer Kraft für die ArbeitnehmerIn-
 wurde von praktisch allen Wirtschaftsbereichen getra-       nen einsetzen und sehr gute Abschlüsse mit deutlichen Erhö-
 gen, ganz besonders von Industrie, Bau und Handel.          hungen der Löhne und Lehrlingseinkommen erreichen, trödelt
                                                             die schwarz-grüne Regierung vor sich hin. Das ist schlechte
 Gewalt im Job:                                              Politik und hilft niemandem, die derzeit deutlich höheren Rech-
 Frauen und Jüngere häufiger betroffen                       nungen für Strom, Gas, Heizöl, Sprit, Lebensmittel und bei den
 Gewalt und Aggression kommen in allen Lebensbe-
                                                             Mieten zu begleichen. Nicht nur die Ärmsten sind betroffen,
 reichen vor, auch am Arbeitsplatz. Arbeitsdruck und
 Personalmangel wirken dabei als Konfliktverstärker.         auch die breite Bevölkerung spürt die steigenden Preise in der
 Über 60 Prozent der Befragten gaben das bei einer von       Geldbörse. Darum gilt: Wer rasch hilft, hilft doppelt.
 der GPA in Auftrag gegebenen IFES-Studie an. Vor
 allem im Gesundheits- und Sozialbereich und im Han-         Es kann nicht sein, dass der Finanzminister einerseits mehre-
 del haben körperliche und verbale Übergriffe gegen die      re Milliarden Euro zusätzlich an Steuereinnahmen durch die
 Beschäftigten in den vergangenen zwei Jahren zuge-          Preisanstiege zur Verfügung hat, aber die Regierung ander-
 nommen. Frauen und Jüngere sind in größerem Aus-            seits zu geizig ist, endlich ein ordentliches Entlastungspaket für
 maß von verbaler Gewalt betroffen.                          ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen umzusetzen. Die Ge-
                                                             werkschaften haben dazu eine ganze Reihe an Vorschlägen ge-
 Pandemiefolgen befeuern weltweite Armut                     macht, wie zum Beispiel die Erhöhungen von Sozialleistungen
                           Die wirtschaftlichen Folgen       oder Steuersenkungen auf Sprit, Energie und Nahrungsmittel.
                           der anhaltenden Coronapan-
                           demie und steigende Preise
                           für Energie und Lebensmittel      Die Regierung muss nun endlich die Ärmel aufkrempeln und
                           befeuern weltweit Armut und       sich der Teuerungswelle entgegenstemmen. Wir werden sie bei
                           soziale Ungleichheit. Mehr als    jeder Gelegenheit lautstark und mit Nachdruck daran erinnern.
 eine Viertelmilliarde Menschen seien weltweit gefährdet,
 2022 in extreme Armut abzurutschen, heißt es in einem
 kürzlich veröffentlichten Bericht der Nothilfe- und Ent-
 wicklungsorganisation Oxfam. Gleichzeitig wuchs seit
 Beginn der Coronapandemie im Jahr 2020 die Zahl der
 Milliardärinnen und Milliardäre auf der Welt deutlich,      Glück auf!
 ihr Vermögen stieg demnach um 42 Prozent.
WIR FORDERN MEHR ENTLASTUNG! - GEGEN DEN INFLATIONS-ALBTRAUM DAS MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT PRO-GE
6   MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

                                                  Wie teuer wird das Leben?

                                                  Wir fordern mehr
                                                  Entlastung!
                                                   Die Geldentwertung belastet ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen massiv. Es
                                                   sind bisher vor allem die Lohnabschlüsse mit einem Plus von bis zu 6,7 Prozent,
                                                   die die Kaufkraft stärken. Denn statt effektiver Gegenmaßnahmen macht die
                                                   Regierung entweder bei der Umsetzung große Fehler oder ist zu langsam. Damit
                                                   muss Schluss sein, die PRO-GE fordert mehr Entlastung.

                                                   Seit       Jahresbeginn steigt die Inflati-
                                                   on auf Werte, wie sie Österreich in den
                                                                                                 nete das wirtschaftsnahe Institut Agenda
                                                                                                 Austria Mehreinnahmen für den Finanz-
                                                   letzten fünf Jahrzehnten nicht mehr er-       minister um bis zu elf Milliarden Euro.
                                                   lebt hat. Für Mai schätzt die Statistik
                                                   Austria den Preisanstieg auf 8,0 Prozent      Katastrophale Umsetzung. Viele Wirt-
                                                   gegenüber demselben Monat des Vor-            schaftsforscherInnen sehen die bisher
                                                   jahres. Die großen Preistreiber sind vor      umgesetzten Mini-Entlastungen und
                                                   allem die Kosten des täglichen Lebens:        die neuen Maßnahmen der Regierung
                                                   allen voran Energie, dazu Wohnen und          kritisch. Auch PRO-GE-Vorsitzender
                                                   Lebensmittel. Das trifft die Ärmsten in       Rainer Wimmer fasst diese als „zu spät,
                                                   Österreich besonders hart, aber auch die      zu langsam und zu wenig“ zusammen.
                                                   breite Bevölkerung spürt die stark stei-      Besonders negativ aufgefallen ist der groß
                                                   genden Preise in der Geldbörse. Wäh-          angekündigte Energiekostenausgleich,
                                                   rend sich die PRO-GE in den Lohnrun-          mit dem die massiv gestiegenen Heizkos­
                                                   den erfolgreich für kräftige Erhöhungen       ten im Winter abgefedert werden sollten.
                                                   einsetzt, trödelt die Regierung vor sich      Bereits im Februar präsentiert, soll die
                                                   hin. Erst jetzt, kurz vor dem Sommer,         Unterstützungsleistung nach vollkom-
                                                   werden einige Entlastungsschritte an-         men vermurkstem Start bis zum Sommer
                                                   gekündigt, obwohl der Finanzminister          mit der eher fragwürdigen Methode von
                                                   von der Teuerungswelle schon seit Mo-         Gutscheinen endlich in die Gänge kom-
                                                   naten profitiert, denn hohe Inflationsra-     men. Allerdings verursacht der 150-Euro-
                                                   ten lassen konsumabhängige Steuern wie        Gutschein nicht nur große Verwaltungs-
                                                   die Mehrwertsteuer ansteigen. Die kräf-       kosten, sondern ganze 40 Prozent können
                                                   tigen Lohnerhöhungen wiederum brin-           den Bonus erst 2023 einlösen, weil die
                                                   gen mehr Einkommensteuer. So berech-          Jahresabrechnung schon längst erfolgt ist.

                                                                                                 Niedrige Einkommen unterstützen. Die-
                                                                                                 ser Bauchfleck ist gerade für jene bitter,
                                                                                                 die jeden Euro in der Geldbörse zweimal
                                                                                                 umdrehen müssen. Höhere Rechnungen
                                                                                                 bei Strom, Gas, Heizöl, Treibstoffen, Le-
                                                                                                 bensmitteln und Mieten treffen sie beson-
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ders hart. „Für die PRO-GE haben                        von 0,42 auf 0,50 Euro anzuheben oder
Maßnahmen gegen die Teuerungen                          das Öffi-Angebot auszubauen. Ein wich-
Priorität“, betont Wimmer. Beson-                       tiges Kriterium von Maßnahmen gegen
ders armutsgefährdeten Familien                         die Teuerung muss sein, dass Menschen
muss durch eine Anpassung der So-                       mit niedrigen Einkommen unterstützt
zialleistungen geholfen werden, denn                    werden. Da wäre zum Beispiel die Mög-
diese haben durch die hohe Inflation                    lichkeit, die Mehrwertsteuer, vor allem
deutlich an Wert verloren. Doch die                     auf Lebensmittel, befristet zu reduzieren
Regierung verharrt in Untätigkeit, so                   oder sogar ganz auszusetzen. Haushalte
ist weiterhin keine Rede davon, das                     in der unteren Einkommenshälfte wür-
Arbeitslosengeld endlich auf 70 Pro-                    den davon stark profitieren. Allerdings
zent anzuheben. Laut Momentum                           müsste es auch Kontrollen geben, um si-
                                                                                                                   Welche Inflationsrate
Institut liegt der Kaufkraftverlust                     cherzustellen, dass der Lebensmittelhan-                   gilt bei Lohnrunden?
von Familienbeihilfe, Studienbei-                       del die Steuersenkung auf Lebensmittel                     In der Frühjahrslohnrunde 2022 erzielte
hilfe, Mindestsicherung, Pflegegeld,                    auch an die KonsumentInnen weitergibt.                     die PRO-GE Lohnabschlüsse, die zu den
Arbeitslosengeld und Ausgleichszula-                                                                               höchsten der letzten Jahrzehnte zäh-
ge seit Jahresbeginn bei mehr als 36                    Ärmel aufkrempeln. Im Fall der Energie-                    len. Aber welche Teuerungsrate diente
Millionen Euro. Um die Kaufkraft                        konzerne, die aufgrund der gestiegenen                     als Basis für die Lohnrunde? Für alle
wieder auf das Niveau von 2000 zu                       Preise Rekordgewinne einfahren, wäre                       Kollektivvertragsverhandlungen kommt
heben, müsste etwa die Familienbei-                     eine Entlastung einfacher möglich. Diese                   grundsätzlich immer die Inflationsrate im
hilfe um mindestens 42 Euro, das                        könnten einfach mithilfe von Steuern ab-                   Durchschnitt der letzten zwölf Monate vor
Pflegegeld um 53 Euro steigen.                          geschöpft und an KonsumentInnen um-                        Verhandlungsbeginn zur Anwendung. Die
                                                        verteilt werden. Die mögliche Maßnah-                      Kollektivverträge haben bis auf wenige
                                                                                                                   Ausnahmen immer eine Laufzeit von zwölf
Lebensmittelpreise senken. Kon-                         menpalette ist sehr vielfältig und reicht
                                                                                                                   Monaten, dann wird erneut verhandelt.
krete Vorschläge, um die hohe In-                       von Steuersenkungen bis zu Direktzah-
                                                                                                                   Sinken die monatlichen Inflationsraten,
flation zu bekämpfen, gibt es genug:                    lungen und Investitionen. Es braucht                       sinkt auch diese durchschnittliche Inflati-
So haben die Sozialpartner ein eige-                    aus Sicht der PRO-GE aber auf alle Fäl-                    on und umgekehrt.
nes Maßnahmenpaket zur Dämp-                            le mehr Mut als bisher, um diese Hor-
fung der Teuerung vorgelegt. Sie for-                   rorinflation abzufedern und mit der                        Die Teuerungsrate wird also im Nachhin­
dern unter anderem eine Senkung                         Sicherung der Kaufkraft auch den wirt-                     ein abgegolten und lag zum Beispiel im
der Mineralölsteuer und die Umstel-                     schaftlichen Aufschwung anzutreiben.                       Frühjahr in den meisten Branchen bei 3,5
lung der Pendlerpauschale in einen                      „Wir fordern die Regierung auf, endlich                    Prozent. Erst wenn beide Seiten diese In-
einkommensunabhängigen Absetz-                          die Ärmel aufzukrempeln und ein umfas-                     flationsrate außer Streit stellen, wird das
betrag. Denn die jetzige Pauschale                      senderes Maßnahmenpaket auf den Weg                        reale Einkommensplus verhandelt, dessen
begünstigt jene mit ganz besonders                      zu bringen, um die Kaufkraft der Arbeit-                   Höhe von vielen anderen wirtschaftlichen
hohen Einkommen. Wichtig wäre                           nehmerInnen und PensionistInnen direkt                     Kennzahlen und Prognosen mit abhängt.
auch, das amtliche Kilometergeld                        zu stützen“, fordert Wimmer.                               Daher kann es auch bei sehr deutlichen
                                                                                                                   Lohnerhöhungen nicht zu einer Lohn-
                                                                                                                   Preis-Spirale kommen, bei der steigende
                                                                                                                   Löhne die Preise anfeuern und diese Teue-
         ENTWICKLUNG INFLATIONSRATE IN PROZENT                                                                     rungen wiederum die Löhne pushen.
 %

8,0
                                                                                                            8,0
7,0                                                                                                   7,2
                                                                                                6,8
6,0
                                                                                          5,8
                                                                                                            4,8
5,0
                                                                                  5,0                 4,3
                                                                      4,3   4,3                 3,9
4,0                                                                                       3,5
                                                                3,7               3,1
3,0                                               3,2     3,3               2,8
                                                                2,3   2,5
                               2,8   2,8   2,9            2,1
                                                  1,9
2,0                                  1,7   1,8
       1,4   1,3   2,0         1,5
                         1,9
1,0          1,2   1,3   1,3
       0,8
0,0
      01/21 02/21 03/21 04/21 05/21 06/21 07/21 08/21 09/21 10/21 11/21 12/21 01/22 02/22 03/22 04/22 05/22

                                                 gegenüber Vorjahresmonat               im 12-Monatsdurchschnitt
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8          MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

                                             Interview

               Sozialstaat
                 armutsfest machen
               Die Inflation steigt und steigt, die Teuerungen bringen viele Menschen in Bedrängnis. Doch was sind die
               geeigneten Instrumente, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten? Und wie sind die KV-Abschlüsse der
               Frühjahrslohnrunde zu bewerten? Die „Glück auf!“ hat mit AK-Wien-Chefökonom Markus Marterbauer
               gesprochen und um seine Einschätzung gebeten. (Das Interview wurde am 2. Juni geführt.)

         Im April lag die Inflation bereits bei Die Energiemärkte funktionieren nicht,          beitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhil-
         7,2 Prozent, für den Mai wird sie auf hier muss der Staat regulierend eingrei-         fe, Mindestpensionen liegen 200 bis 300
         8,0 Prozent geschätzt. Die Preise für fen. Ein Gaspreisdeckel nach spani­              Euro pro Monat unter der Armutsgefähr-
         Energie, Wohnen und Lebensmittel schem Vorbild würde den Strompreis                    dungsgrenze. Die niedrigsten Lohngrup-
         steigen rasant. Wird sich dieser Trend rasch senken. Die ungerechtfertigten            pen in den Kollektivverträgen haben ge-
         fortsetzen?                              Übergewinne bei den Energieversor-            rade erst 1.500 Euro pro Monat erreicht.
         Die Inflation wird auch in den kom- gern, die Strom mit Wasser, Wind und
         menden Monaten hoch sein. Hohe Sonne produzieren, müssen besteuert                     Was muss getan werden, um zu ver-
         Strom- und Gaspreise kommen erst mit werden. Es kann nicht sein, dass ein Teil         hindern, dass noch mehr Menschen in
         Verzögerung bei den VerbraucherInnen der Energieversorger Rekordgewinne                Armut abrutschen?
         an. Die sachlich                                             auf dem Rücken der        Am wichtigsten ist es, den Sozialstaat ar-
         nicht gerechtfertig-
         te Anhebung der                      „
                                       Die Energiemärkte
                                                                      VerbraucherInnen
                                                                      macht.
                                                                                                mutsfest zu machen. Die untersten Sozi-
                                                                                                alleistungen müssen dauerhaft und kräf-
         Richtwertmieten           funktionieren nicht, hier                                    tig angehoben werden. Die Armuts-
         vom April wird sich     muss der Staat regulierend Je niedriger das                    gefährdeten brauchen aber vor allem
         erst in der Inflati-
         onsrate niederschla-
                                           eingreifen.                  “
                                                                      Einkommen, desto
                                                                      mehr belastet die
                                                                                                auch den Ausbau von Kindergärten und
                                                                                                Schulen mit ganztägiger Öffnung, ein
         gen, auch die Le-                                            hohe Inflation. Wie       besseres soziales Pflegesystem, mehr sozi-
         bensmittelpreise werden noch anziehen. beurteilen Sie die bisherigen Maßnah-           alen Wohnbau und sie brauchen Jobs,
         Gegen Jahresende sollten die Inflations- men der Bundesregierung, die Teue-            von denen sie leben können. 1.700 Euro
         raten aber langsam geringer werden und rungen abzufedern?                              kollektivvertraglicher Mindestlohn ist
         für den Jahresdurchschnitt kann nach Das untere Einkommensdrittel ist ge-              angesichts der Teuerung überfällig. In
         6,5 Prozent für 2022 mit etwa 4 Prozent zwungen, die hohen Energiepreise durch         Deutschland wird dieser Mindestlohn
         für 2023 gerechnet werden.               den Verzicht auf die Nachfrage nach an-       mit 1. Oktober erreicht, das muss doch
                                                  deren Gütern oder Dienstleistungen zu         auch bei uns möglich sein.
         Energiekonzerne profitieren derzeit kompensieren. Das bedeutet für viele
         überproportional, da der Gaspreis den eine Armutsgefährdung. Armut ist in              Finanzminister Brunner hat sich für
         Strompreis bestimmt. Was sind geeig- einem so reichen Land wie Österreich              die Abschaffung der kalten Progressi-
         nete Maßnahmen, damit Teile dieser eine besondere Schande. Für die Betrof-             on ausgesprochen. Wie bewerten Sie
         Einnahmen wieder an die KundInnen fenen gab es vor allem Einmalzahlungen.              diesen Vorstoß?
         zurückfließen?                           Das reicht aber bei Weitem nicht. Ar-         Die hohe Teuerung verlangt nach einer

e PRO-GE verlost fünf signierte Bücher. So geht’s: Mach mit beim Preisrätsel auf Seite 23 und
hicke einfach ein E-Mail mit dem Lösungswort an glueckauf@proge.at oder eine Postkar-
an: PRO-GE, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien. Einsendeschluss ist der 5. September 2018
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fil                                                                                                                                      9

    Markus Marterbauer ist Chefökonom der Arbeiter-
 kammer Wien. Er twittert unter @MarterbauerM. Im
  September erscheint sein mit Martin Schürz gemein-
  sam geschriebenes Buch „Angst und Angstmacherei.
    Für eine Wirtschaftspolitik, die Hoffnung macht“..

raschen Steuerreform, die die kalte Pro-                 Steuersatz ein Aufkommen von etwa         verhandelt. Das Ergebnis gilt als rich-
gression zurückgibt sowie die Einkom-                    1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das    tungsweisend für andere Branchen.
mensteuer und das gesamte Steuersys­                     wären in Österreich 4 Milliarden Euro.    Angesichts der steigenden Inflation
tem progressiver macht. Der Ein-                         Eine Vermögenssteuer bringt also zu-      und des sich leicht abschwächenden
gangssteuersatz sollte von derzeit 20                    mindest einen hohen einstelligen Milli-   Wirtschaftswachstums: Wie groß ist
Prozent gesenkt werden, für hohe Ein-                    ardenbetrag pro Jahr. Dazu kommt eine     der Spielraum der Gewerkschaften?
kommen, hohe Kapitalerträge und hohe                     Erbschaftssteuer mit einem Aufkommen      Der Kollektivvertrag muss die Kaufkraft
Unternehmensgewinne sollen die Steu-                     von etwa einer Milliarde Euro.            sichern, vor allem für untere und mittle-
ersätze aber auch steigen.                                                                         re Einkommensgruppen. Gleichzeitig
                                          Die industrielle Frühjahrslohnrun-                       gilt es zu berücksichtigen, dass die In-
Die Schere zwischen Arm und Reich de ist geschlagen. Wie sind die aktu-                            dustrie Rekordjahre hinter sich hat, die
geht auseinander, trotz allem gibt es ellen Kollektivvertragsabschlüsse ein-                       Industrieproduktion stieg in Österreich
in Österreich bis dato keine nennens- zuordnen und besteht die Gefahr einer                        in den letzten sieben Jahren um 30 Pro-
werte Besteuerung von Vermögen. Lohn-Preis-Spirale?                                                zent rascher als in Deutschland.
Was würde eine Vermögenssteuer für Für die Kollektivvertragsverhandlungen
das Budget brin-                                             ist die Inflationsrate                Die Europäische Zentralbank (EZB)
gen und würde sie
– wie von Gegnern             „                              der letzten 12 Mo-
                           Eine Lohn-Preis-Spirale ist nate relevant. Die
                                                                                                   scheint die Nullzinspolitik beenden zu
                                                                                                   wollen. Was bedeuten Zinserhöhungen
dieser Steuer oft        in Österreich nicht möglich: betrug für die Früh-                         für den Einzelnen und kann damit der
behauptet – den           Löhne reagieren auf Preise, jahrslohnrunde 3,5                           aktuellen Entwicklung der Inflation
Wirtschaftsstand-
ort gefährden?
                                nicht umgekehrt.                  “
                                                             bis 4 Prozent. Die
                                                             Abschlüsse von etwa
                                                                                                   Einhalt geboten werden?
                                                                                                   Zinserhöhungen bedeuten, dass alle
Das     Zusammen-                                            4,75 Prozent sind                     Haushalte, Unternehmen, Staaten, die
spiel von Covid-Krise und Energiepreis- also sehr erfolgreich, auch weil sie in nur                sich verschuldet haben, mehr Zinsen
schock verschärft die soziale Spaltung zwei, drei Verhandlungsrunden erreicht                      zahlen. Wenn die EZB die Zinsen kräf-
und wird die Debatte um Vermögens- wurden. Eine Lohn-Preis-Spirale ist in                          tig erhöht, dann kann sie Investitionen,
steuern noch einmal befeuern. Das Steu- Österreich nicht möglich: Löhne reagie-                    Produktion und Beschäftigung ab-
eraufkommen hängt vom Modell ab. Als ren auf Preise, nicht umgekehrt.                              schwächen. So kann sie auch den Preis-
Faustregel gilt weltweit: Eine Steuer auf                                                          auftrieb einbremsen, aber zu hohen
das Vermögen des reichsten Prozents der Im Herbst wird wieder der neue Kol-                        Kos­ten. Ich glaube nicht, dass die EZB
Haushalte bringt pro Prozentpunkt lektivvertrag für die Metallindustrie                            so weit gehen wird.
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10       MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

     		                                    Frühjahrslohnrunde

     Gemeinsamer Einsatz bringt
         kräftige Lohnerhöhungen
       Die industrielle Frühjahrslohnrunde
       betrifft rund 130.000 Beschäftigte in
                                                        Die       industrielle Frühjahrslohnrun-
                                                        de fand heuer unter besonderen Vorzei-
                                                                                                     schäftigten der Elektro-/Elektronikindus­
                                                                                                     trie (EEI) und die der Textilindustrie.
              fünf Branchen. Alle Abschlüsse            chen statt: Die massiv steigende Inflation
          liegen weit über der durchschnitt-            und die wirtschaftlichen Unsicherheiten,     Turbulenter Start. Die Verhandlungs-
       lichen Inflationsrate der vorangegan-            ausgelöst durch den Angriffskrieg Russ-      teams der ArbeitnehmerInnenseite star-
          genen zwölf Monate. Möglich war               lands auf die Ukraine, machten die ein-      teten mit einer Rekordforderung in die
         dies nur, weil BetriebsrätInnen und            zelnen Lohnrunden zu einer Herausfor-        diesjährigen    Kollektivvertragsrunden.
            Belegschaften die Verhandlungs-             derung. Der Startschuss fiel am 22. März     Sie verlangten ein Lohn-Plus von sechs
                 teams kräftig unterstützten.           mit dem Verhandlungsauftakt für die Be-      Prozent, die höchste Forderung seit Jahr-

     AKTUELLE KOLLEKTIVVERTRAGSABSCHLÜSSE
     Ab 1. April:                                                             schnitt; Ist-Lohn +4,8 Prozent, Mindesterhöhung 130 Euro
     Textilindustrie: KV-Löhne +4,5 Prozent; Lehrlingseinkommen               (entspricht bis zu +6,7 Prozent); Zulagen +4,8 Prozent, Reiseauf-
     +4,5 Prozent; Ist-Löhne +4,2 Prozent; Reisekosten- und Trennungs-        wandsentschädigungen +3,5 Prozent; Freizeitoption 96 Stunden pro
     entschädigung und Messegelder +3,5 Prozent; 24. Dezember künftig         Jahr/8 Stunden monatlich.
     bezahlt arbeitsfrei.
                                                                              Fisch- und Feinkostgewerbe und Feinkostindustrie: KV-Löhne
     Ab 1. Mai:                                                               +4,5 Prozent, neuer Mindestlohn 1.567,76 Euro; Lehrlingseinkom-
     Chemische Industrie: KV-Löhne +4,95 Prozent, neuer Mindest-              men +4,5 Prozent; Dienstalterszulagen +4,5 Prozent; Überzahlungen
     lohn 2.146,47 Euro; Lehrlingseinkommen +4,95 Prozent; Ist-Löhne          bleiben in vollem Ausmaß aufrecht.
     +4,75 Prozent, Mindesterhöhung 120 Euro (entspricht bis zu +5,9
     Prozent); Schicht- und Nachtarbeitszulagen +4,95 Prozent, Auf-           Papierindustrie: KV-Löhne +4,9 Prozent; Lehrlingseinkommen
     wandsentschädigungen und Messegelder +3,9 Prozent.                       +13,8 Prozent im Durchschnitt; Ist-Löhne +4,75 Prozent, Mindester-
                                                                              höhung 120 Euro; Erhöhung der Schichtzulagen für die 2. Schicht
     Elektro-/Elektronikindustrie: KV-Löhne +5,0 Prozent, neuer Min-          auf 10,50 Euro (+6,17 Prozent) und für die 3. Schicht auf 25,30 Euro
     destlohn 2.037 Euro; Lehrlingseinkommen +8,6 Prozent im Durch-           (+6,44 Prozent), Reiseaufwandsentschädigungen +4,75 Prozent.
zent                                                                                                                                11

                                             wurde das Schreckgespenst der Lohn-             Lohnerhöhungen bis zu 6,7 Prozent.
                                             Preis-Spirale heraufbeschworen. Mit we-         Dass der Druck aus den Betrieben ge-
                                             nig Erfolg, denn zahlreiche Wirtschafts-        wirkt hat, zeigt sich an den beachtlichen
                                             expertInnen dementierten die Gefahr,            Abschlüssen. In der EEI konnten für
                                             dass die Inflation durch steigende Löh-         die rund 60.000 Beschäftigten eine KV-
                                             ne weiter angeheizt werde. Zudem wird           Lohn­erhöhung von 5 Prozent und eine
                                             bei jeder Kollektivvertragsverhandlung          Ist-Lohn-Erhöhung von 4,8 Prozent aus-
                                             die Inflation der letzten zwölf Monate          verhandelt werden. Der Mindestbetrag
                                             zugrunde gelegt. Für die EEI, die Pa-           von 130 Euro bedeutet ein Lohn-Plus
                                             pier- und Textilindustrie war die Ver-          von bis zu 6,7 Prozent für niedrige Ein-
                                             handlungsbasis 3,5 Prozent, bei der Che-        kommen. In der Chemischen Industrie
                                             mischen Industrie wurden 3,9 Prozent            wurde ebenfalls ein Mindestbetrag fixiert,
                                             vereinbart. Die diesjährigen Abschlüsse         der mit 120 Euro eine Lohnerhöhung
                                             liegen somit weit über der Inflationsrate.      von bis zu 5,9 Prozent bringt (KV-Lohn
                                                                                             +4,95 Prozent, Ist-Lohn +4,75 Prozent).
                                             Solidarität in Betrieben. Um den Forde-
                                             rungen der Gewerkschaften Nachdruck             Weitere erfolgreiche Abschlüsse. Die
                                             zu verleihen, war dieses Jahr die Solidarität   Beschäftigten der Textilindustrie dürfen
                                             der BetriebsrätInnen und Belegschaften          sich über eine KV-Lohn-Erhöhung von
        Betriebsversammlung von Andritz      gefordert. In drei Branchen (EEI, Papier-       4,5 Prozent und eine Ist-Lohn-Erhöhung
        Hydro und Siemens Energy in Weiz     industrie, Chemische Industrie) wur-            von 4,2 Prozent und über den 24. De-
                                             den BetriebsrätInnenkonferenzen ein-            zember als zusätzlichen freien bezahlten
                                             berufen, um die Vorgehensweise zu bera-         Tag freuen. In der Papierindustrie steigen
                                             ten. Die Stimmung der BetriebsrätInnen          die KV-Löhne um 4,9 Prozent und die
                                             war eindeutig: Man werde in keiner Bran-        Ist-Löhne um 4,75 Prozent (Mindest-
zehnten. Doch nicht nur in der EEI und       che von den Forderungen abrücken und            betrag 120 Euro). In der Glashüttenin-
in der Textilindustrie wurde das Ver-        es werden Betriebsversammlungen ein-            dustrie wiederum brachte der Abschluss
handlungsziel mit sechs Prozent festge-      berufen. Auch die Belegschaften unter-          eine Erhöhung der Mindestlöhne um
legt, auch in der Chemischen Industrie       stützten die Position der PRO-GE und            4,9 Prozent, die Ist-Löhne steigen um
und der Papierindustrie, deren Auftakt       zeigten sich zu weiteren Kampfmaßnah-           4,8 Prozent, mindestens aber um 100
eine Woche später erfolgte, schloss man      men bereit. In der EEI wurde den Arbeit-        Euro (Erhöhungen bis zu 5,3 Prozent).
sich dem an. Die Verhandlungen verlie-       gebern sogar konkret mit Warnstreiks ge-        In der Glasbe- und verarbeitenden In-
fen nicht friktionsfrei. Sofort nach Be-     droht, da auch in der dritten Runde kein        dustrie steigen die KV-Löhne um 5 Pro-
kanntwerden der Gewerkschaftsposition        Entgegenkommen spürbar war.                     zent, die Ist-Löhne um 4,8 Prozent.

                                                                       ALLE KV-ABSCHLÜSSE DER PRO-GE: WWW.LOHNRUNDEN.AT
Speiseölindustrie: KV-Löhne +4,65 Prozent (plus Aufrundung auf       Mindesterhöhung 100 Euro; KV-Zulagen +4,9 Prozent, innerbe-
die nächsten 50 Cent), Mindesterhöhung 100 Euro, neuer Mindest-      triebliche Zulagen +4,8 Prozent, Reisekosten und Aufwandsentschä-
lohn 2.090 Euro; überproportionale Erhöhung der Schichtzulage; Er-   digungen +3,9 Prozent.
höhung der Ist-Löhne und Dienstalterszulagen laut Lohnvertrag.
                                                                     Lederwaren- und Kofferindustrie: KV-Löhne +4,3 Prozent; Lehr-
Ab 1. Juni:                                                          lingseinkommen +4,5 Prozent; Ist-Löhne: Aufrechterhaltung der
Glasbe- und verarbeitende Industrie: KV-Löhne +5,0 Prozent, neuer    Überzahlung; Zulagen, Zuschläge und Prämien +4,3 Prozent; 24.
Mindestmonatslohn 1.734,72 Euro; Lehrlingseinkommen +10 Pro-         Dezember künftig bezahlt arbeitsfrei.
zent im 1. Lehrjahr, +5,0 Prozent in den anderen Lehrjahren; Ist-
Löhne um 4,8 Prozent; KV-Zulagen +5,0 Prozent, Aufwandsentschä-      Schuhindustrie: KV-Löhne +4,55 Prozent, neuer Mindestlohn
digungen +3,9 Prozent, innerbetriebliche Zulagen +4,8 Prozent.       1.623,77 Euro; Lehrlingseinkommen +4,55 Prozent; Ist-Löhne
                                                                     +4,55 Prozent; Zulagen, Zuschläge und Prämien +4,34 Prozent;
Glashüttenindustrie: KV-Löhne +4,9 Prozent, neuer Mindestlohn        Urlaubszuschuss 2022 wird von der erhöhten Basis gerechnet;
1.993,77 Euro; Lehrlingseinkommen +10 Prozent im 1. Lehrjahr,        24. Dezember künftig bezahlt arbeitsfrei.
+4,9 Prozent in den anderen Lehrjahren; Ist-Löhne +4,8 Prozent,
12       MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

                                                                      Unterstützung der Gewerkschaft
                                                              Neue Mitglieder bei Antolin
                                                              Der Betriebsrat der Firma Antolin in Ebergassing (NÖ) überreichte dem PRO-GE
                                                              Vorsitzenden Rainer Wimmer 30 neue Mitgliedsanmeldungen. Im Betrieb gibt es
                                                              große Solidarität zum Betriebsrat und zur Gewerkschaft.

                                                              Rainer Wimmer konnte sich bei einem Betriebsrundgang von der Produktion des
                                                              Textilunternehmens ein Bild machen und zeigte sich in den intensiven Gesprächen
                                                              mit dem Betriebsrat, der Betriebsleitung und den MitarbeiterInnen beeindruckt.
                                                              Am Standort in Ebergassing werden Innenbezüge für Fahrzeuge hergestellt.

     		PRO-GE Frauen
     Arbeiterinnen vor den Vorhang
     Die PRO-GE vertritt aktuell im Bereich ihrer 120 Kollektivverträge 491.649 Arbeiterinnen
     und Arbeiter, 105.930 davon sind Frauen. Für die Bundesfrauenvorsitzende der PRO-GE,
     Klaudia Frieben, ist es an der Zeit, diese Arbeiterinnen vor den Vorhang zu holen. „Die Pro-
     duktion von Waren ist systemrelevant; ohne sie gäbe es keine Nahrung, keine Gebrauchsgüter,
     keine Investitionen in Bau oder Mobilität. Frauen, die in diesem Bereich beschäftigt sind, arbei-
     ten zum Teil unter körperlicher Anstrengung, bei monotonen Arbeitsvorgängen, Hitze, Nässe,
     Lärm, im Akkord, und das meist zu sehr untypischen Arbeitszeiten, zum Beispiel Schichtbetrieb
     oder Nachtarbeit“, erläuterte Frieben.

     Gerade während der Coronakrise hat sich gezeigt, dass Arbeiterinnen in der öffentlichen Dis-
     kussion wenig vorkommen. „Ich bin maßlos enttäuscht, dass es bis heute nicht möglich war,
     Schwangeren in der Produktion einen vorzeitigen Freistellungsanspruch zu ermöglichen“, so
     Frieben, die darauf verwies, dass es gerade in großen Produktionsbetrieben, wo viele Menschen
     in einer Werkshalle arbeiten, sehr schwierig oder gar nicht möglich sei, einen Abstand zu Kolle-
     ginnen und Kollegen einzuhalten.

                                                                                                                                       BUCHTIPP
                                                                                                     INSIDE FACEBOOK – Die hässliche Wahrheit
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                                      Ausgehend von langjähriger investigativer Recherche, mit Hunderten Interviews, zeigen uns die Autorinnen
                                      ein Facebook, das wir so bislang nicht kannten. Wir erfahren, welche Rollen Mark Zuckerberg und Sheryl
                                      Sandberg spielen, wie in den Hinterzimmern folgenreiche Entscheidungen getroffen, mit Politikern zwie-
                                      lichtige Absprachen vereinbart und undurchsichtige Netzwerke gebildet werden. Und wie eine Maschine
                                      zur Geldvermehrung immer weiter am Laufen gehalten wird, koste es, was es wolle – mit verheerenden
                                      Folgen: Aushöhlung der Privatsphäre und der Demokratie, eine Gefahr für unsere Gesellschaft.
                                      Verlag: S. Fischer 2021, 384 Seiten, ISBN: 978-3-10-000066-8
                                      Schicke uns ein E-Mail an presse@proge.at und gewinne mit etwas Glück eines von zwei Exemplaren.
                                      Kennwort: „Inside Facebook“
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                                      Walter Stroissnig, 9330 Althofen, und Renate Schickmaier, 4550 Kremsmünster
13

         			                      Mitbestimmung statt Marktunterwerfung

Zeit für eine neue Produktionspolitik
            Pandemie und Ukraine-Krieg haben aufgezeigt, wie instabil unser         Versorgungssicherheit orientiert, kann
       Wirtschaftssystem eigentlich ist. Eine industrielle Produktion, mit der      nicht durch Marktlogik erreicht werden,
       die Versorgung der österreichischen Bevölkerung sichergestellt werden        sondern nur durch einen demokratisch
      kann, benötigt auch demokratische Gestaltung statt reiner Marktlogik.         legitimierten Entscheidungsprozess un-
                                                                                    ter breiter Beteiligung. Für Stöger sollte

Der         Wirtschaftsmotor Auto-
mobilindustrie ist ins Stottern gera-
                                        tigste Lieferant für Kabelbäume für die
                                        deutsche Automobilindustrie, zur Jahr-
                                                                                    eine solche Produktionspolitik unter
                                                                                    anderem Infrastrukturmaßnahmen be-
                                                                                    inhalten, wie Breitbandausbau und eine
ten. In Graz bei Magna, in Steyr bei    tausendwende wurde auch dort die Pro-       schon bei der Raumplanung begin-
BMW und im ehemaligen MAN-              duktion nach Osteuropa verlagert. „Da-      nende Stärkung des öffentlichen Ver-
Werk wurden seit Februar Produk-        mals haben die Beschäftigten mit dem        kehrs. Bei Transporten muss die Schie-
tionslinien zwischenzeitlich abge-      Verlust des Arbeitsplatzes die Zeche be-    ne ganz klar den Vorzug gegenüber der
dreht, auch Zulieferbetriebe wie        zahlt, jetzt zahlen noch einmal Arbeit-     Straße bekommen.
Miba, TCG Unitech oder Poly-            nehmerinnen und Arbeitnehmer drauf
tec haben MitarbeiterInnen vor-         mit Kurzarbeit – weil bei einer Entschei-   Öffentliche Beteiligung statt Förderung.
sorglich zur Kurzarbeit angemel-        dung Profit vor strategischem Denken        Ebenfalls enthalten ist die Arbeitsmarkt-
det. Während der Halbleiter- und        gestanden ist“, analysiert Stöger. Noch     politik. Hier kann sich Stöger beispiels-
Chip-Mangel seit gut einem Jahr         schlimmere Konsequenzen sind denkbar,       weise eine Arbeitszeitverkürzung mit
die Produktion bremst, fehlt es ak-     sollten einmal für die Grundversorgung      staatlich unterstütztem Lohnausgleich
tuell vor allem an Kabelbäumen, die     wesentliche Wirtschaftsbereiche von         vorstellen sowie eine Beschränkung der
aufgrund des Krieges nicht mehr in      ähnlichen Lieferschwierigkeiten betrof-     Leiharbeit in den Betrieben. Investiti-
ausreichender Menge aus der Uk-         fen sein, wie sie derzeit bei Halbleitern   onen in Forschung sollten von Förde-
raine geliefert werden. Bittere Iro-    oder Kabelbäumen auftreten. So ist zum      rungen in Beteiligungen umgewandelt
nie: Bis 1993 wurden direkt in Steyr    Beispiel die Versorgung mit Medikamen-      werden, um die Vorteile für die All-
Kabelbäume hergestellt, bei VTS         ten überdurchschnittlich stark von inter-   gemeinheit zu sichern. Und auch für
Verdrahtungstechnik, „keine fünf        nationalen Lieferketten abhängig.           Schlüsselindustrien sieht Stöger öffent-
Minuten zu Fuß von BMW und                                                          liche Beteiligungen als sinnvoll an. „Wir
MAN“, wie sich Alois Stöger erin-       Mitbestimmung statt Marktlogik. „Wer        brauchen einen Staatsfonds mit einem
nert. Der heutige Leitende Sekre-       entscheidet die Zukunft – der Markt         Vorkaufsrecht vor Auslandsübernah-
tär der PRO-GE hat damals als Ge-       oder die Demokratie?“, sieht der Lei-       men, das haben wir am Fall MAN deut-
werkschaftssekretär den Sozialplan      tende Sekretär der PRO-GE eine not-         lich gesehen.“ Wesentliche Säule bei all
mitverhandelt.                          wendige politische Diskussion, die aber     diesen Prozessen ist eine Stärkung der
                                        kaum ausgetragen wird. „Es wird vo-         Mitbestimmungsrechte der Arbeitneh-
Abhängigkeit von Lieferketten. Mit      rausgesetzt, dass der Markt demokra-        merInnen. „Zentraler Grundsatz muss
zwei weiteren Betrieben im Bur-         tisch wäre, aber das ist nicht der Fall.“   sein: Alle, die betroffen sind, müssen
genland, Aptiv und Kromberg &           Eine Produktionspolitik, die sich an den    auch in der Entscheidungsfindung voll
Schubert, war Österreich der wich-      Bedürfnissen der Menschen und der           eingebunden sein.“
14   MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

                          			                             Arbeitskräfteüberlassung

                 20 Jahre KV-Schutz
                        für LeiharbeiterInnen
         Nach der Krise ist die Nachfrage           serungen im Arbeitskräfteüberlassungs- derösterreich. „Arbeitskräfteüberlassung
          nach LeiharbeiterInnen wieder             gesetz (AÜG) und mit dem Sozial- und darf nicht für Lohn- und Sozialdumping
         stark gestiegen. Aktuell ist circa         Weiterbildungsfonds SWF gesetzt.         missbraucht werden“, stellt der PRO-GE
       jede dritte offene Stelle eine Leih-                                                  Branchensekretär klar. „In diesen Fällen
        arbeitsstelle. In den vergangenen           Stehzeiten sind kein Kündigungsgrund. wurden Firmen beauftragt, deren Seriosi-
         zwanzig Jahren wurde in der ar-            Im letzten Jahr wurde in vielen Indus- tät auf den ersten Blick zweifelhaft war“,
                                                    triebranchen eine gemeinsame Sozial- fordert Grammelhofer neben viel rigo-
       beitsrechtlichen Absicherung von
                                                    partnererklärung mit dem Bekenntnis roseren Überprüfungen der Gewerbe-
          LeiharbeiterInnen viel erreicht.          zu einem fairen Umgang mit Zeitarbei- berechtigungen vor allem eine Auftrag-
         Trotzdem ist noch reichlich Ver-           terInnen in die Kollektivverträge auf- geberhaftung. „Wer sich für unseriöse
         besserungspotenzial vorhanden.             genommen und im Herbst wurden die Anbieter entscheidet, soll auch für da-
                                                    Kündigungsfristen deutlich angehoben. raus resultierende Missstände geradeste-
                                                    Probleme sind in der Branche aber frei- hen müssen.“

     Fünf       Jahre hatte die dama-
     lige Gewerkschaft Metall-Textil in-
                                                    lich immer noch mehr als genug vor-
                                                    handen, wie PRO-GE Branchensekre- Den Weg fortsetzen. Besonders wich-
                                                    tär Thomas Grammelhofer erklärt. Eines tig für den Schutz überlassener Arbeit-
     tensive Verhandlungen mit der Ar-              der größten: „Dass mit Ende der Über- nehmerInnen ist, dass sich heute die
     beitgeberseite geführt, bis im März            lassung auch das Arbeitsverhältnis auf- allermeisten BetriebsrätInnen in den Be-
     2002 der weltweit erste Kollek-                gelöst wird, ist leider immer noch weit schäftigerbetrieben auch für sie zustän-
     tivvertrag für überlassene Arbeits-            verbreitet.“ Mit vorgeblich „einvernehm- dig fühlen. Mit einer Betriebsvereinba-
     kräfte in Kraft treten konnte. Den             lichen Auflösungen“ werden Kosten über rung können diese auch ein prozentuelles
     Kern dieses sehr speziellen Kollek-            die Arbeitslosenversicherung der Allge- Limit für Leiharbeit im Betrieb ausver-
     tivvertrags bildet das Prinzip, dass           meinheit umgehängt, anstatt Stehzeiten handeln, eine solche Beschränkung auch
     von dem im Beschäftigerbetrieb                 wie vorgesehen zu bezahlen. „Dabei wur- gesetzlich festzulegen, wäre für Grammel-
     gültigen Kollektivvertrag und dem              de der Sozial- und Weiterbildungsfonds hofer durchaus denkbar. Wünschenswert
     KV für die Arbeitskräfteüberlassung            genau dafür eingerichtet, die Weiterbe- wäre für ihn auch, dass die Zuständigkeit
     der jeweils bessere zur Anwendung              schäftigung und idealerweise Weiter- für Leiharbeit nicht mehr in Einkaufs-,
     kommt. In vielen Industriebranchen             bildung während der Stehzeiten zu för- sondern ausschließlich in den Personal-
     deckt noch ein sogenannter Refe-               dern“, erinnert Grammelhofer.            abteilungen der Firmen liegt. „Überlas-
     renzzuschlag die branchenübliche                                                        sene Arbeitskräfte sind keine Ware und
     Überzahlung ab. Die rechtliche und             Auftraggeberhaftung ist überfällig. auch keine Beschäftigten zweiter Klas-
     soziale Absicherung der Leiharbeite-           In den Schlagzeilen war die Leiharbeit se. Auf dem Weg zu diesem Ziel sind
     rInnen wurde seither stetig weiter-            letztes Jahr nicht zuletzt wegen Skanda- wir in den letzten 20 Jahren weit gekom-
     entwickelt. Ein großer Meilenstein             len bei Hygiene Austria (NÖ) und in men und wir werden ihn auch zu Ende
     wurde 2013 mit zahlreichen Verbes-             zwei Postverteilzentren in Wien und Nie- gehen.“
Jugend                                                                                                                           15

              			                      Generationswechsel

    Benjamin Liedlbauer neuer
    Vorsitzender der PRO-GE Jugend
  Bei der Jugend tut sich was. Die PRO-GE Jugend hat
     einen neuen Bundesjugendvorsitzenden und beim
   ÖGB-Bundesjugendkongress wurden die Eckpfeiler
für die Anliegen der jungen ArbeitnehmerInnen einge-
  schlagen. Dabei geht es vor allem um mehr Anerken-
     nung für die Lehre und eine lebenswerte Zukunft.

Benjamin Liedlbauer ist der neue geschäftsführende
Bundesjugendvorsitzende der PRO-GE. Der gelernte
Elektrotechniker ist Jugendvertrauensrat bei BMW
Motoren in Steyr und er hat ein klares Ziel: die Aufwer-
tung der Lehre.

Lehrlingseinkommen mindesten 1.000 Euro. In den letz-
ten Jahren haben die jungen ArbeitnehmerInnen massiv
zurückstecken müssen und unter der Coronapandemie
gelitten. Jetzt geht es darum, mit geeigneten Maßnah-
men die Zukunft zu sichern. Der Fachkräftemangel,
verursacht durch zu wenig Ausbildung, zeigt inzwischen
Wirkung und es wird vermehrt nach Lehrlingen ge-
sucht. Wichtig ist jedoch auch, wie die Lehre von den stiegsmöglichkeiten für FacharbeiterInnen und für die Prü-
jungen Menschen betrachtet wird. Beim Image der Leh- fungssituation für Lehrlinge.
re zeigt sich eindeutig Verbesserungspotenzial, und dazu
gehört unter anderem auch ein attraktives Lehrlings- Schulstartgeld für alle Lehrlinge. Ein weiteres Anliegen ist
einkommen. „Die kräftigen Erhöhungen der Lehrlings- die Anhebung und Ausweitung des Schulstartgelds. Von die-
einkommen, wie sie zuletzt auch in                                                sem sind die Lehrlinge zum größten Teil bis
der Elektro-/Elektronikindustrie, der                                             jetzt ausgeschlossen. Der Schulstart ist fi-
                                            „Der JVR ist nicht selbst-
Chemischen oder der Papierindus­                                                  nanziell auch für die BerufsschülerInnen
trie gelungen sind, sind ein richtiger      verständlich. Wir werden              eine Belastung. Daher sollen auch in Zu-
Schritt, aber da braucht es mehr“,         die betriebliche Interessen- kunft die Lehrlinge von diesem Zuschuss
umreißt der neue PRO-GE Jugend-            vertretung gegen politische profitieren. Weitere Forderungen sind un-
vorsitzende den Fahrplan für die Zu-         Angriffe mit voller Kraft            ter anderem: eine Modernisierungs- und
kunft. Es ist daher kein Zufall, dass                verteidigen.“                Digitalisierungsoffensive an den Berufs-
beim ÖGB Bundesjugendkongress                       Benjamin Liedlbauer,          schulstandorten, ein zeitgemäßer Unter-
im Mai ein Mindestlehrlingseinkom-            Vorsitzender der PRO-GE Jugend      richt mit Laptops und digitalen Schulta-
men von 1.000 Euro im 1. Lehrjahr                                                 feln, eine verpflichtende Integration von
gefordert wurde.                                                 digitaler Grundbildung sowie verpflichtende Weiterbildung
                                                                 für die Lehrkräfte.
JVR erste Anlaufstelle. Ein weiterer großer Schwerpunkt
für Liedlbauer sind die JugendvertrauensrätInnen. „Die Hilfe gegen psychologische Belastung. Die angespannte Le-
JVR sind für die Lehrlinge die erste Anlaufstelle bei bens- und Ausbildungssituation hat auch zunehmend Aus-
Problemen. Gerade in der Pandemie haben die Kol- wirkungen auf das soziale Umfeld der jungen Menschen. Zu-
leginnen und Kollegen großartige Arbeit geleistet.“ kunftsängste und psychische Probleme haben sich verstärkt.
Daher gehört die betriebliche Interessenvertretung „Wir fordern auch den Ausbau der psychosozialen Unterstüt-
gestärkt. Der 21-jährige Oberösterreicher sieht auch Ver- zung an Berufsschulen und ein flächendeckendes Angebot an
besserungsmöglichkeiten bei den Bildungs- und Auf- Psychotherapieplätzen für Jugendliche“, so Liedlbauer.
16      MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

      Geberit Betriebsreportage

     In die Röhre
     geschaut

       Die Firma Geberit ist weltweit mit rund 12.000 MitarbeiterInnen bekannt für               gebildet. Ausbildungsleiter und Ange-
        ihre Sanitärprodukte. Nicht selten wird ein Besuch am „stillen Örtchen“ von              stelltenbetriebsrat Heinz Amberger be-
          sichtbaren Logos der Firmengruppe begleitet. Am Standort Pottenbrunn in                stätigt, dass inzwischen auch über den
      Niederösterreich werden vor allem die nicht unmittelbar sichtbaren, aber umso              betriebsinternen Bedarf hinaus ausgebil-
     notwendigeren Hinterwandprodukte im Sanitärbereich produziert. Der Schwer-                  det wird. Gut ausgebildetes Personal ist
                                                                                                 das Um und Auf eines Unternehmens
          punkt liegt im Spritzgussverfahren und in der Verarbeitung von Kunststoff.
                                                                                                 und motivierte MitarbeiterInnen sind
                                                                                                 der Schlüssel zum Erfolg. Damit ist ge-

      Rund          450 ArbeiterInnen
      sorgen für die Rohrleitungen und Ab-
                                                                                                 währleistet, dass in Pottenbrunn auch in
                                                       sonders stolz ist der Betriebsrat auf den Zukunft kompetente MitarbeiterInnen
                                                       von ihm mitinitiierten „Vital-Katalog“, für Qualitätsprodukte im Sanitärbereich
      läufe, die das Benutzen der Sanitäran-           den es seit zehn Jahren im Betrieb gibt. sorgen.
      lagen erst ermöglichen. Mittels Spritz-          „In diesem umfangreichen Katalog geht
      gießen, Schweißen und mechanischem               es um präventive Gesundheitsvorsorge                             Betriebsrat Michael Küttner ist
      Bearbeiten von Kunststoffteilen wer-             für die Mitarbeiterinnen und Mitarbei-              Gesundheitsvorsorge ein wichtiges Anliegen.
      den die Wannen- und Duschabläufe,                ter. Das reicht von Ausgleichsübungen
      WC-Spülbögen oder Elektroschweiß-                direkt am Arbeitsplatz bis hin zu Massa-
      muffen gefertigt.                                geangeboten im Betrieb“, erzählt Küttner
                                                       über das sozialpartnerschaftliche Projekt
      Michael Küttner ist fast seit Anfang             und spricht auch über das gute Einver-
      der Betriebsgründung in den 1990er-              nehmen mit der Werksleitung.
      Jahren am Produktionsstandort da-
      bei. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist          Einen besonderen Stellenwert hat auch
      er auch als Betriebsratsvorsitzender für         die Lehrlingsausbildung mit einer mo-
      die Belange der ArbeiterInnen zustän-            dern eingerichteten Lehrwerkstatt. Schon
      dig. Dabei spielt inzwischen auch die            seit 1993 sorgt sie für den Fachkräfte-
      Digitalisierung im Betrieb zunehmend             nachwuchs im Betrieb. Vom Lehrberuf
      eine Rolle. Küttner weist darauf hin,            KunststofftechnikerIn über Metalltech-
      dass es einerseits um den Wissenser-             nikerIn bis hin zum/zur Betriebslager-
      halt der erfahrenen Beschäftigten geht,          logistikerIn werden junge Menschen in
      aber auch um deren Gesundheit. Be-               elf unterschiedlichen Lehrberufen aus-
17

Bei der Verpackung erfolgt auch die Qualitätskon-   Der Ausbildner Heinz Amberger legt großen Wert
trolle. Dies benötigt eine eigene Einschulung.      auf die Qualität in der Lehrlingsausbildung.

Die Sanitärteile werden zusammengefügt und          Die Zusammenarbeit in der Zelle Duschrinnensiphon   In der Logistik ist trotz Automatisierung das
versandfertig gemacht.                              geht Hand in Hand.                                  menschliche Know-how gefragt.

                                                    Der Umgang mit Spritzgusswerkzeugen ist gut         Mit dem Stapler hat Birgit die Logistik fest
                                                    ausgebildeten Fachkräften vorbehalten.              im Griff.

Die Kunststofftechnikerin Jennifer hat bald ihre    Im Werkzeugunterhalt werden die Spritzguss-         Dieses Spritzgusswerkzeug ist noch eines der
Ausbildung abgeschlossen.                           werkzeuge gewartet.                                 „Kleinen“ und hat ungefähr 400 Kilogramm.
18   MAGAZIN DER PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Ausgabe 2/2022

                                                                                                  Hitzebelastung auf
                                                                                                  Montage enorm!
                                                                                                                   Michael Preyss ist Vorsit-
                                                                                                                   zender des Arbeiterbe-
                                                    ArbeitnehmerInnenschutz                                        triebsrats bei ELIN GmbH.

                                PRO-GE fordert
                                                                                                                   Die Firma plant, konzi-
                                                                                                                   piert, errichtet, wartet
                                                                                                                   und serviciert Gebäude-

                               besseren Schutz
                                                                                                  und Industrieanlagen in allen Bereichen
                                                                                                  der Elektrotechnik.

                                     bei Hitze!                                                   Wie betrifft euch das Arbeiten bei Hitze?
                                                                                                  Unsere MonteurInnen arbeiten viel
                                                                                                  im Außenbereich und sind dort jedem
                                                                                                  Wetter ausgesetzt: auf Großbaustellen
                                                                                                  von Bürogebäuden, Krankenhäusern
                                                                                                  oder Einkaufszentren bei Betoneinle-
             Temperaturen über 30 Grad              keinen Hitzearbeitsplatz. Die Krite-          gearbeiten, bei der Montage von Stra-
       werden immer häufiger und über               rien für einen Hitzearbeitsplatz sind im      ßenbeleuchtungen oder Signalfeuern
            längere Zeiträume auftreten,            Nachtschwerarbeitsgesetz definiert, die       auf Flughäfen oder bei der Errich-
            prophezeit die Wissenschaft.            Grenze von 30 Grad spielt hier u. a. eine     tung und Instandhaltung von Freilei-
        ArbeitnehmerInnen leiden unter              Rolle. Allerdings ist hierfür die Wetterla-   tungsbauten und Sendemastanlagen.
       diesen hohen Temperaturen, weil              ge nicht relevant. Die Hitzeeinwirkung        Schutzausrüstung wie Helm, lange
     sie oft keine Handlungsspielräume              muss durch die Arbeitssituation selbst        schnittfeste Kleidung, (hohe) Sicher-
       haben, der Hitze zu entkommen.               verursacht werden. Für das Arbeiten           heitsschuhe mit Stahlkappen, Schutz-
          Die PRO-GE fordert dringend               bei durch Sonneneinstrahlung verur-           brille und Handschuhe erschweren
           Verbesserungen beim Arbeits-             sachter Hitze gibt es nur eine Regelung       das Arbeiten bei Hitze zusätzlich. Da
        schutz und im Arbeitszeitgesetz.            für ArbeitnehmerInnen aus Betrieben,          oft kritische Infrastruktur betroffen
                                                    die dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Ab-          ist, sind diese Arbeiten zusätzlich un-
                                                    fertigungsgesetz unterliegen. Sie dür-        aufschiebbar und unter großem Zeit-
                                                    fen ihre Arbeit im Freien bei mehr als        druck durchzuführen. Entkommen

      Ein     Fünftel aller Arbeitneh-
      merInnen gibt an, von Hitze am
                                                    32,5 °C im Schatten unterbrechen bzw.
                                                    einstellen, wenn kein kühlerer Alterna-
                                                    tivarbeitsplatz zur Verfügung gestellt
                                                                                                  können die ArbeiterInnen der Hitze
                                                                                                  unter solchen Bedingungen kaum, sie
                                                                                                  werden schneller müde und die Ver-
      Arbeitsplatz betroffen zu sein, wie           werden kann. Die Entscheidung darü-           letzungs- und Unfallgefahr steigt, von
      Daten der Statistik Austria zeigen.           ber obliegt aber dem Arbeitgeber oder         den anderen gesundheitlichen nega-
      „Tausende      ArbeitnehmerInnen              dessen Beauftragten.                          tiven Folgen gar nicht zu reden.
      müssen im Freien schwere körper-
      liche Arbeit leisten, und dies oft-           Gesetze verbessern. Hitzebelastungen          Welche gesetzlichen Regelungen
      mals bei Temperaturen weit über               durch das Klima drohen in Zukunft             sollte es geben?
      30 Grad. Viele von ihnen müs-                 häufiger zu werden. Die PRO-GE for-           Wir brauchen festgeschriebene Pausen
      sen acht Stunden in Arbeits- und              dert dringend, den ArbeitnehmerInnen-         in einem klimatisierten Raum oder
      Schutzkleidung in der prallen Son-            schutz und das Arbeitszeitgesetz anzu-        Fahrzeug, ausreichend Getränke sei-
      ne aushalten. Für sie gibt es kei-            passen, denn ein Körper unterscheidet         tens der Firma, es sollte Schulungen
      ne Regelungen, wie sie der Hitze              nicht zwischen Hitze verursacht durch         geben, was Hitze bewirkt und wie man
      entgehen können“, betont Alois                Sonne oder durch Arbeitsvorgänge. Ab          sich schützen kann, und Punkte des
      Stöger, leitender Sekretär der                einer Temperatur von mehr als 32,5 Grad       Bauarbeiter-Schlechtwetterentschä-
      PRO-GE, und nennt als Beispiel                im Schatten sollten zusätzliche bezahlte      digungsgesetzes sollten auch in ande-
      MonteurInnen.                                 Arbeitspausen in gekühlten Räumlich-          ren Kollektivverträgen oder in einem
                                                    keiten ermöglicht oder sollte der Arbeits-    Generalkollektivvertrag übernommen
      Was ist ein Hitzearbeitsplatz? Per            tag verkürzt werden. Ebenso müsse der         werden. Gerade vor dem Hintergrund
      Definition haben MonteurInnen,                Zugang zur Schwerarbeitspension für           fehlender Arbeitskräfte ist es unbe-
      die auf Baustellen tätig sind oder            Menschen erleichtert werden, die häufig       dingt nötig, den Arbeitsschutz bei
      Reparaturleistungen     erbringen,            bei Hitze im Freien arbeiten.                 Hitzebelastung zu verbessern.
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