Schweiz: Beschleunigter Atomausstieg? - Plage
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6 U R A T OM S. dE . 11 EIZ un LEN S SCHW V. D . B E L P – H OFER, TRUM . 12 e S p e nden! S gig Großzü PN 2/16 Nachrichten der überparteilichen Plattform gegen ATOMGEFAHREN (PLAGE) November 2016 · EURO 3,– Freunde und Verwandte in der Schweiz mobilisieren! Schweiz: Beschleunigter Atomausstieg? Drei Wochen nach dem heurigen Aktiv werden! Feld-Experiment. Auch Mühleberg Jahrestag des Volksentscheids über und Beznau II gehören zu den ältesten „unser“ AKW Zwentendorf stimmen Daher kommt es auf jede Stimme an: AKW der Welt. Zentrale Bauteile wie die Schweizer am 27. November PN-Leser/innen mit Kontakten in die der Reaktor lassen sich nicht erneu- über einen beschleunigten und um- Schweiz, nützen Sie bitte jeden einzel- ern und altern vor sich hin. Damit ist fassenden Ausstieg aus ihrer ato- nen! Soweit es sich nach Erhalt der PN das Risiko massiv erhöht, daß auch im maren Vergangenheit ab. Die Regie- noch ausgeht: ein Kärtchen schreiben, helvetischen Alpenstaat ein Unglück rungspolitik nach Fukushima genügt ein E-Mail, anrufen – „Grüezi aus dem geschieht. den Einbringern der Volksinitiative atomfreien Österreich!“, dem seiner- zeit ja auch „ohne Kernkraft der Ener- nicht. 2029: Ablaufdatum für die gienotstand“ prophezeit wurde… Das Referendum von Grünen und der Die offizielle Energiestrategie 2050, Atomkraft „Umweltallianz“ (Greenpeace, WWF die am 30. September 2016 vom Die Initiative für den geordneten Atom- u.a.) ist nicht ohne Risiko: die Ankün- Schweizer Parlament verabschiedet ausstieg setzt der Atomkraft mit 2029 digung durch die Grünen unmittelbar wurde, läßt den wichtigsten Punkt un- ein Ablaufdatum. Dieser Entscheid nach Fukushima entsprang unter Um- gelöst: Es fehlt ein Plan für den geord- wird aber viel Geld kosten. Es ist an ständen einer wenig voraussschau- neten Ausstieg aus der Atomenergie. der Zeit, die Kosten jetzt gemeinsam enden Chancen-Einschätzung, wie Dieses fehlende Puzzleteil liefert die zu tragen, jede weitere Verzögerung sie sich in dramatischen Momenten Volksinitiative, die am 27. November wird die Kosten exorbitant erhöhen. oft einstellt. Die Atomlobby ist in der zur Abstimmung kommt. Oder noch schlimmer: Das Land mit Schweiz nach wie vor äußerst mäch- Trotz Tschernobyl und Fukushima leis- seiner kleinen Fläche erlebt einen tig, die AKW-Betreiber Alpiq und Axpo tet sich die Schweiz mit Beznau I das Großunfall, der es sehr rasch mit ra- haben schon vor längerem eine breite weltweit älteste AKW. Es steht im 47. dioaktivem Niederschlag überzieht PR-Kampagne in Auftrag gegeben – Betriebsjahr und hat mit gravierenden und unbewohnbar macht. Und ande- bei der sie aber für die Öffentlichkeit Sicherheitsproblemen zu kämpfen, rerseits über die Grenzen wirken könn- „nicht als Urheber in Erscheinung tre- die sich mit Nachrüstungen nicht be- te. Mit Geld ist dies nicht aufzuwiegen. ten“ sollen!... (➞ vgl. Seite 6). Im Fall ei- heben lassen. Zudem wurde noch nie Der geordnete Atomausstieg schafft ner Niederlage werden sich die Atom- ein AKW länger kommerziell betrieben einen vernünftigen Zeitplan für einen gegner selber geschwächt haben. als Beznau I – das ist ein gefährliches schrittweisen Ausstieg. Fortsetzung Seite 3 und Seite 16
In eigener Sache PLAGE verliert einen guten Geist… „Nach Fukushima“ konnte die PLA- GE Mitte 2012 großteils dank einer Sonderförderung des Landes Salzburg MMag.a Julia BOHNERT anstellen und mit ihren optimalen mitgebrachten Voraussetzungen in Atomagenden aus- bilden. Julia verläßt allerdings den Ver- ein demnächst. Angesichts des Alters der „angestammten“ und allesamt eh- renamtlichen Aktiven wirft das grund- sätzliche Fragen zur Weiterarbeit der PLAGE auf. Auch wenn Julia zugleich angeboten hat, für eine gewisse Zeit geringfügig weiterzuarbeiten, trifft der Verlust den Verein hart. Vor allem in den langfri- stigen Anliegen, allen voran EURA- TOM. Denn kaum eine Problematik bedarf so hoher Kontinuität und langen Atems. Da Julia Bohnert in unseren langjährigen Schwerpunkt EURATOM gründlich hineingewachsen war, erhöht ihr Abgang die Belastung für die übrigen in unserer regionalen, aber bundesweit und international ausgreifenden Gruppe. Die Stränge „EURATOM WATCH Bulle- tin“ und „EURATOM MANIFEST“ führen wir weiter, doch es wird schwieriger. Daß Julias eigenes „Lieblingsthema“ Uranwirtschaft und Menschenrechte nun in- nerhalb der PLAGE weitgehend fällt, liegt auf der Hand. Ebenfalls mit Blick auf das Alter einiger „PLAGE-Geister“ bleibt offen, ob bzw. in welchem Ausmaß wir mit ebensoviel Herzblut nochmals eine ähnliche Kraft ausbilden werden. Natürlich kommt das auch auf deren beruflichen und zivilge- sellschaftlichen Lebenslauf sowie auf die materiellen Vorstellungen an. (Interes- sent/inn/en senden wir allemal gerne das Anforderungsprofil zu!) I M P R E S S U M Alleineigentümer, Herausgeber, Verle- ger: Verein Überparteiliche Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE). Verlagsort: 5020 Salzburg. Redaktion: Heinz Stockinger, Julia Bohnert, Gerhild Kremsmair, Peter Machart, Thomas Neff. Vereinsadresse, Redaktion: 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 86, Tel. und Fax 0662/643567. Bürozeiten: Julia BOHNERT Mo–Do 9 – 13 Uhr, Fr 9 – 12 Uhr, war nicht nur e-mail: info@plage.at – www.plage.at Projektmanagerin Blattlinie: Zeitschrift zur Förderung des bei der PLAGE, Ausstiegs aus der Atomenergie und des sondern auch – wie Einstiegs in humane, umweltfreundliche man hier sieht – Energiealternativen. deren „junges Herstellung: Bubnik-Druck, Ebenau Gesicht“! 2 P L AT T F O R M N E W S PN 2/2016
Fortsetzung von Seite 1 gie versorgt die Schweiz dann mit Strom, gegner haben bisher „eine Dreckstrom- wenn weder Sonne noch Wind verfügbar Abgabe und mehr Klimaschutz verhin- Die Energieversorgung der Schweiz soll sind. In Europa wurden in den vergange- dert.“ bis 2050 zum Großteil auf Energieeffizi- nen Jahren sehr viele neue Erneuerba- Das AKW Leibstadt bleibt wegen Prob- enz und erneuerbaren Energien basie- re-Anlagen gebaut, und der Strommix lemen im Reaktorkern bis Februar 2017 ren. So schreibt es die „Energiestrategie wird immer sauberer. Dazu beigetragen vom Netz. Mit dem anhaltenden Still- 2050“ des Bundesrats (=Bundesregie- hat auch die Schweiz: „Mehr als ein stand von Beznau I reduziert sich die rung) vor. Darin fehlen jedoch die Re- AKW der Größe von Mühleberg wurde AKW-Produktion diesen Winter um fast gelungen zur schrittweisen Außerbe- bereits im Inland ersetzt, mehr als zwei die Hälfte. Damit strapaziert der dies- triebnahme der bestehenden alten AKW. AKW durch Investitionen von Schweizer jährige Winter die Versorgungssicherheit Die Initiative schließt diese zentrale Lü- Energieversorgern im Ausland,“ erinnert viel mehr, als es die Atomausstiegsini- cke der Gesetzgebung und sorgt da- Christian Engeli, Kampagnenleiter von tiative abgestuft verlangt. Die sinkende für, daß die AKW gestaffelt (2017, 2024 Greenpeace Schweiz. Und würden die Zuverlässigkeit des ältesten AKW-Parks und 2029) vom Netz gehen. Das schafft Schweizer AKW abgestellt, wäre auch der Welt wird zum Klumpenrisiko für die mehr Sicherheit für die Bevölkerung und die Wasserkraft in der Schweiz wieder Stromversorgung und führt zu einer er- Planungssicherheit für die Energiewirt- rentabel. So einfach ist es letztlich! höhten Auslandsabhängigkeit und zu schaft. Eine Annahme der Initiative ver- Viele Firmen, darunter unzählige kleine mehr Importen – von Versorgungssi- leiht zudem dem Ausbau der Erneuerba- und mittlere Unternehmen (KMU) aus cherheit keine Spur! ren den nötigen Schub. Bleiben die AKW Industrie und Gewerbe, bauen bereits am Netz, fehlt der Druck für den Ausbau. an dieser Energiezukunft. Sie schaffen Arbeitsplätze und Einkommen in al- Der geordnete Atomausstieg len Landesregionen. Darauf lässt sich ist machbar bauen, aber dafür braucht es den geord- neten und verbindlichen Atomausstieg. Kaum ein anderes Land ist besser po- sitioniert für die Energiewende als die Schweiz: Zwei Drittel der Stromproduk- Diesen Winter schon Realität © CC / Nicolas tion sind bereits erneuerbar, ein Drittel Die Gegner der Initiative argumentieren sind innerhalb von 13 Jahren noch zu- mit Klimaschutz und Versorgungssi- zubauen. Wasserkraft und Solar- und cherheit gegen den Atomausstieg. Das, Windkraftwerke ergänzen sich optimal: so die Umweltallianz, sei falsch und Menschenbild «Ja zum geordneten Die in den Stauseen gespeicherte Ener- scheinheilig, denn gerade die Ausstiegs- Atomausstieg», Seitdem die „Weltwoche“ nun schon vor Jahren vom Unter- nehmer und langjährigen Vorsitzenden der Schweizer Volks- partei (SVP), Christoph Blocher, übernommen wurde, ist sie zu einem regelrechten Organ der Atomindustrie geworden. Wie stets, ist dem „Weltwoche“-Energieredakteur Alex Baur keine Umdeutung der Wirklichkeit zu kraß: „Deutschlands Alleingang“ betitelt er einen der Beiträge zum Schwerpunkt, der auf der Titelseite unlängst wie hier abgebildet angekün- digt wurde. Wie es die Taktik der Atomlobby weltweit ist, läßt Baur dabei die frühen Aus- bzw Nichteinstiege von Österreich und Dänemark natürlich außer acht. Vielmehr ist laut Unter- titel „weltweit (…) die Kernkraft trotz Fukushima nach wie vor auf dem Vormarsch.“ Da ignoriert er unter anderem kühn den jährlichen unabhängigen World Nuclear Industry Status Report von Mycle Schneider Consulting und Antony Froggatt (NURIS, http://nuris.org/wp-content/uploads/2015/04/Frog- gatt_World-Nuclear-Industry-Status-Reports.pdf)! Um gleich die Katze vollends – gegen jeglichen Atomausstieg irgend- wann – aus dem Sack zu lassen: „Die technische Entwick- lung steht erst am Anfang, das Potenzial ist gigantisch.“ Da kommen sie wieder: die Schnellen Brüter (harmlos als „Ge- neration-IV-Reaktoren“), dann die Kernfusionstaube auf dem Dach der Energiezukunft, die Modularen Kleinreaktoren, alle schon seit Jahrzehnten mit Unsummen und Publicity gepusht und immer noch ohne Energiegewinn. Dazu gehören dann selbstverständlich auch Uranabbau ohne Ende, Wiederaufbe- reitungsanlagen und durchgedrückte Endlager für den weiter wachsenden radioaktiven Abfallberg… Salzburger Plattform gegen Atomgefahren 3
Umfrage zur Atomausstiegsinitiative Die Grünen starten mit Vorsprung 57 % der Stimmenden würden derzeit in den Abstimmungskampf. Allerdings dazwischen (57 zu 29 %). Auffallend ein Ja zur Atomausstiegsinitiative in geniessen Volksinitiativen anfangs oft erscheint schließlich der Unterschied die Urne legen, lautet das Ergebnis ansehnliche Sympathien, die bis zum zwischen den Geschlechtern – 63 % der der ersten SRG-Umfrage. Der Nein- Urnengang regelmäßig wegschmelzen. Frauen sind für die Initiative, aber bloß Anteil liegt bei 36 %. Solches mußten die Grünen jüngst bei 50 % der Männer. ihrer Initiative „Grüne Wirtschaft“ erfah- Die Atomausstiegsinitiative will alle AKW „Potenziell mehrheitsfähig“ – so lautet ren, die in der ersten SRG-Umfrage gar spätestens nach 45 Betriebsjahren still- die Schlussfolgerung des Instituts GfS einen Vorsprung von 37 Punkten ausge- legen. Nur mit einem geordneten Aus- Bern aus der ersten Umfrage zur Atom- wiesen bekam und am Schluß doch klar stieg werde die Energiewende Realität ausstiegsinitiative, die sie im Auftrag der scheiterte. Bei der Atomausstiegsiniti- – so lautet gemäß der Umfrage das be- Schweizerische Radio- und Fernsehge- ative ist indes die Meinungsbildung für liebteste Pro-Argument. Auf der Contra- sellschaft (SRG) durchgeführt hat. 57 % den jetzigen Zeitpunkt relativ weit fort- Seite erhält die Kritik an bedenklichen der Befragten würden bestimmt oder geschritten, gibt GfS Bern zu bedenken. Stromimporten aus ausländischen Gas- eher Ja sagen zu der Volksinitiative, 61 % der geäußerten Stimmabsichten und Kohlekraftwerken am meisten Zu- über die am 27. November abgestimmt sind dezidiert. stimmung. wird. 36 % würden bestimmt oder eher Ein deutliches Links-Rechts-Gefälle ist (Quelle: NZZ, 24.10.2016. – GfS Bern befragte te- ein Nein in die Urne legen; 7 % sind un- sichtbar. Die Basis der Grünen ist zu lefonisch 1.200 Stimmberechtigte zwischen dem schlüssig oder geben keine Antwort. nicht weniger als 95 % für die eigene 3. und 14. Oktober.) Die AKW-Gegner punkten mit dem Al- Initiative. Die SP-Anhänger billigen die- ter der Atomkraftwerke: 62 % der Teil- se zu 80%; bei der CVP, FDP und SVP nahmewilligen seien einverstanden, daß ergeben sich Ja-Anteile von 58, 46 und ** FDP = Freisinnige/Liberale (gemäß Wikipedia Schweizer Atomkraftwerke mit jedem 38 %. Auch bestehen sprachregionale bürgerlich, wirtschafts- und gesellschaftsliberal, zusätzlichen Jahr Betrieb noch gefähr- Kontraste: Die Deutschschweizer hei- Mitte-rechts); BDP = Bürgerlich-Demokratische licher würden. ßen die Initiative mit 55 zu 40 % gut, die Partei (bürgerlich-konservative Mitte); CVP = Christlichdemokratische Volkspartei (CVP): (bür- Damit steigt die Grüne Partei mit ei- französischsprachigen Schweizer mit 64 gerlich, breites Spektrum von leicht links der nem Vorsprung von 21 Prozentpunkten zu 22 %. Die italienische Schweiz liegt Mitte bis klar rechts); Das AKW Leibstadt bei Nacht. Es liegt am Rhein, nahe der deutschen Grenze. 4 P L AT T F O R M N E W S PN 2/2016
Parlamentarier-Komitee gegen die Ausstiegsinitiative „Absurde Alternativen zu Nuklearstrom“ Planung dauere bis 2019. Der CVP-Po- litiker vertritt überdies die Ansicht, dass fixe Laufzeiten die Sicherheit verminder- ten. Dies bedeute eine Abkehr von der heutigen Kultur der kontinuierlichen In- vestitionen. Mit politisch festgelegten Laufzeiten drohen laut den Initiativgegnern Ent- schädigungsforderungen der Betreiber in Milliardenhöhe. Dafür müssten die Steuerzahler aufkommen. © Walter Bieri / Keystone Zwei Interpretationen Unter den rund 150 Parlamentariern im Nein-Komitee gibt es Befürworter und Transparent beim AKW Benzau (AG) bei der Wanderung „Menschenstrom gegen Gegner der Energiestrategie der Regie- Atom in der Region“. rung. Ein Nein zur Initiative werde nach der Abstimmung in beide Richtungen Mit der Atomausstiegsinitiative der Grü- den Bau von Gaskraftwerken zu fördern, interpretiert, vermutet Luginbühl. Die nen müsste das letzte Schweizer AKW sagte BDP-Ständerat Werner Luginbühl. Befürworter würden es als Signal für die 2029 vom Netz. Es sei jedoch nicht klar, Für CVP-Nationalrat Stefan Müller-Alter- Energiewende gemäß offizieller „Ener- wie der Anteil der Kernkraftwerke an der matt führt die Initiative zu einer «chaoti- giestrategie 2050“ deuten, die Gegner Stromproduktion von 38 Prozent ersetzt schen Sofortabschaltung». Denn bereits als Zeichen gegen den Atomausstieg. werden soll, sagte der Genfer FDP-Na- 2017 müssten die ersten drei Werke vom tionalrat Benoît Genecand im Namen Netz genommen werden. Laut Müller-Al- Neue Zürcher Zeitung (NZZ), des überparteilichen Nein-Komitees am termatt ist es unmöglich, das hochkom- 18.10.2016 (gekürzt) Dienstag vor den Medien. Die neuen er- plexe Verfahren einer AKW-Stilllegung neuerbaren Energien würden im besten innerhalb eines Jahres zu organisieren. Fall die Hälfte der ausfallenden Produk- Die BKW habe ihr Stilllegungsgesuch tion abdecken können – und dies erst für Mühleberg 2015 eingereicht, und die * Das älteste noch laufende AKW der Welt. noch ungenügend. Denn Photovoltaik würde laut Genecand über das ganze Jahr gesehen nur während 11 % der Zeit Strom liefern. Dies sei nur die Hälfte von Beznau-1*, das 2015 aufgrund eines langen Unterbruchs eine auf 20 Prozent reduzierte Betriebszeit ausgewiesen habe. Zu wenig Zeit für Planung Laut den Gegnern der Initiative könnte die Schweiz den fehlenden Strom aus Frankreich oder Deutschland importie- ren. Doch dies sei nicht konsequent. Denn in Frankreich betrage der Anteil von Atomstrom am Strommix 76 %. In Deutschland stammten über 70 % des Stroms aus nuklearer oder fossiler Pro- duktion. Der Bezug von Strom aus er- neuerbarer Quelle über Zertifikate sei Wenn es ernst wird, findet offenbar auch die Neue Zürcher Zeitung zu ihrer einstigen Rolle als Sprachrohr von Elektrizitätswirtschaft und Atomindustrie zurück: In einer heuchlerisch, sagte Genecand. einzigen Ausgabe, am 9.11.2016, berichtet sie hier gleich dreimal mit eindeutigem Es sei absurd, mit der Ausstiegsinitiative Tenor gegen die Atomausstiegsinitiative. Und das so prominent, wie es nur geht: auf indirekt den Import von Kohlestrom oder der Titelseite und jeweils auf der ersten Seite der Zeitungsteile. Salzburger Plattform gegen Atomgefahren 5
Strategiepapier der Schweizer AKW-Lobby: Staat soll unrentable Kraftwerke kaufen Das Strategiepapier zeigt die Widersprüche der Atom- betreiber: Ist Atomstrom nun billig oder völlig unrentabel? Im April dieses Jahres wurde der Ba- einem besorgten Tenor antworten und Energiewende nicht machbar. Die Rufe seler Zeitung ein Lobbyingkonzept im schließen, die Stromversorgung leide nach einer Laufzeitverlängerung wurden Auftrag des Schweizer Stromkonzerns und ein Verlust der Atomwirtschaft sei lauter, 2010 wurde sie dann beschlos- Alpiq zugespielt (http://www.tagesan- „nicht gut für die Schweiz“. sen. Was die wenigsten wissen: Es fand zeiger.ch/schweiz/standard/Unrenta- Dadurch ließe sich die Angst wegen eine gezielte Kampagne mit dem Ziel ble-AKW--muss-der-Staat-sie-retten/ Jobverlusten kanalisieren. Zunehmen- „Bis zur Bundestagswahl 2009 Grund- story/14106024) Das Papier führt im de Entlassungen sollen den Staat dazu stimmung pro Laufzeitverlängerung Detail auf, wie Politiker, Hochschulen, treiben, als Alternative zu hohen sozia- herstellen“, bzw. „die politische-öffent- Wirtschaftsverbände und Journalisten len Folgekosten durch die Abschaltung liche Debatte um die Verlängerung der für eine Kampagne pro Atomkraft in- der AKW diese stattdessen zu retten. Restlaufzeiten deutscher Kernkraftwer- strumentalisiert werden sollen. Ihr Ziel ke positiv beeinflussen” statt. Das geht ist, „durch geeignete politische Maß- Alpiq selber soll aber im Verlauf der aus zwei Kommunikationspapieren her- nahmen sicherzustellen, dass die Be- gesamten Kampagne nicht als Initia- vor, die der taz und Greenpeace zuge- triebsrechnung in den Bereichen Was- tor genannt werden. (➞ Vgl. Seite 1.) spielt und im Auftrag des Atomforums serkraft und Kernkraft schnellstmöglich erstellt worden waren. Solche „Gefällig- wieder positiv ist.“ Es wird deutlich, wie Diese Vorgänge in der Schweiz erinnern keitsgutachten“ hat sich also auch die die Verluste des Stromkonzerns dem stark an die Kampagnen der Atomlobby Schweizer Atomwirtschaft anfertigen Bürger als Steuerzahler aufgebürdet in Deutschland von 2008/2009 (http:// lassen. (http://blogs.taz.de/rechercheb- werden sollen. www.photovoltaikbuero.de/pv-buero- log/2011/10/28/atomlobby/) Zu diesem Zweck sollen gezielt Studi- blog/vom-hoffnungstraeger-zum-suen- en verfasst werden, die verdeutlichen, denbock-teil-1/): Der Atomausstieg war (Quelle: Newsletter von Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des wie unrentabel die Stromproduktion der beschlossen, trotzdem titelten Zeitun- seinerzeitigen Entwurfes zum bahnbrechenden AKW sei, die Stromwirtschaft solle mit gen immer wieder, ohne Atom sei die Erneuerbare-Energien-Gesetz, 15. April 2016) Die Schweiz – ein Verhältnis mit EURATOM? Nicht-EU-Mitglied Schweiz ist an der Ende 2016 läuft die Schweizer teiligung“ und an EURATOM. EURATOM-Kernfusionsforschung Teilassoziierung aus und am Kernfusions-Reaktorprojekt Philipp Burkhardt, beim Schweizer Ra- ITER teilassoziiert. Sie bezahlt da- Seit 2004 nahm die Schweiz mit allen dio und Fernsehen (SRF) für die Bericht- für bis ins Jahr 2020 mindestens 180 Rechten und Pflichten am 6. und 7. erstattung aus dem Bundeshaus (Par- Millionen Schweizer Franken (164,5 EU-Forschungsrahmenprogramm teil. lament und Regierung) zuständig, hat Millionen Euro) für die Forschung im Auch für „Horizon 2020“ war eine Voll- die vereinbarte Teilassoziierung kritisch Rahmen von EURATOM und den Fu- assoziierung der Schweiz vorgesehen. kommentiert: Forschung im Nuklearbe- sionsreaktor ITER. Sie wurde dazu Die EU lehnte diese jedoch ab, nach- reich mache für die Schweiz nur noch quasi erpreßt, so einige kritische dem die Eidgenossen im Februar 2016 Sinn, wenn es um die Sicherheit oder Stimmen. die Volksinitiative gegen Massenein- Abfallentsorgung bestehender AKWs wanderung angenommen hatten und gehe, wie im Aktionsplan zur Energie- Am 1. Januar 2014 startete das 8. EU- somit das sog. Kroatien-Protokoll nicht forschung vom Bundesrat festgehalten. Forschungsrahmenprogramm „Horizon unterzeichnet wurde. Es wurde ledig- Seit dem international 2020" (Rahmenprogramm für Forschung lich eine Teilassoziierung vereinbart, die und Innovation) mit einer Laufzeit von vorläufig bis Ende 2016 gilt. Die Schweiz EU-Druck auf Schweiz zur sieben Jahren. Erstmals umfasst dieses nimmt daher nicht am gesamten „Hori- EURATOM-Finanzierung Forschungsrahmenprogramm (FRP) das zon 2020“, aber doch an gewissen Be- zuvor parallel laufende EURATOM-Pro- standteilen als assoziierter Staat teil: am kritisierten Ja zur Initiative gegen Mas- gramm als integralen Bestandteil, wobei 1. „Horizon“-Pfeiler „Wissenschaftsex- seneinwanderung werde die Schweiz in dessen Budget aber weiterhin für 5 Jah- zellenz“, am Programmteil „Verbreitung der Forschung von der EU-Kommission re berechnet wird (2014-2018). von Exzellenz und Ausweitung der Be- generell als Drittland behandelt, dürfe 6 P L AT T F O R M N E W S PN 2/2016
jedoch genau in einem Bereich weiter- tor) in Südfrankreich. Wie ausgehandelt, hin mitmischen, der energie- und wirt- soll die Schweiz dafür bis ins Jahr 2020 Nützliche Links: schaftspolitisch wenig interessant ist: rund 164,5 Millionen Euro bezahlen. Da https://www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/themen/ bei der Kernfusion. Laut dem damaligen der Bundesrat – die Schweizer Bundes- internationale-forschungs--und-innovationszu- Bundesrat Johann Schneider-Ammann regierung – im März 2016 das Kroatien- sammenarbeit/forschungsrahmenprogramme- (seit 2016 Bundespräsident), so Burk- Protokoll doch unterzeichnet hat, ist der-europaeischen-union.html (Ausgezeichnete Einleitung + Übersicht; EURATOM neu in Horizon hardt, sei die Fortführung dieser Geld- davon auszugehen, dass die Schweiz 2020 > s.u.) flüsse die Bedingung seitens der EU, ab 2017 wieder vollständig an „Horizon um überhaupt mit dem achten FRP 2020“ assoziiert wird. Bedenken in Be- http://ec.europa.eu/research/horizon2020/pdf/ press/fact_sheet_on_horizon2020_budget.pdf assoziiert zu werden. Die Schweiz be- zug auf die Unterstützung der Nuklear- (Budget Horizon 2020 und Zusammenhang mit teiligt sich finanziell somit weiterhin am forschung im Rahmen von EURATOM EURATOM > fusion indirect actions, fission indirect Fusionsteil des EURATOM-Programmes auf seiten der Atomkritiker bleiben frei- actions, nuclear direct actions of the JRC > total EURATOM regulation 2014-2018 1,6bn Euro) sowie am Reaktorprojekt ITER (Internati- lich bestehen. onal Thermonuclear Experimental Reac- http://ec.europa.eu/research/participants/data/ * Hier „steckt“ EURATOM „drin“ * Hier „steckt“ EURATOM „drin“ Quelle (Beträge für „Horizon2020“ gesamt, nicht Schweizer Beteiligung!): https://www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/themen/internationale-forschungs--und- innovationszusammenarbeit/forschungsrahmenprogramme-der-europaeischen-union/horizon-2020/h2020.html > Horizon 2020 (pdf) Salzburger Plattform gegen Atomgefahren 7
Forschungsabkommen Schweiz – EU: Die Schweiz „darf“ weiterhin bei EURATOM mitmachen Am 1. Januar 2014 startete die neues- vatwirtschaft beteiligen sich seit 1987 Bilanz zum 7. FRP (2007-2013) zeigt, te, achte Generation „Horizon 2020 – daran. Seither hat sich das Feld der Teil- daß Forschende in der Schweiz im Wett- das Rahmenprogramm der EU für For- nehmer laufend erweitert: Während des bewerb um EU-Forschungsgelder sehr schung und Innovation". Dieses dauert 3. FRP (1990-1994) wurden 500 Schwei- erfolgreich waren. Insgesamt sind rund bis 2020 und umfaßt ein Gesamtbud- zer Projektteilnehmer mit insgesamt 2.482 Mio. CHF an Fördermitteln – nota- get von rund 80 Milliarden Euro. knapp 130 Mio. Franken (CHF) unter- bene für alle Forschungsbereiche, nicht (Forschungsrahmenprogramme der Eu- stützt, im 6. FRP waren es bereits 1.900 nur EURATOM! – in die Schweiz geflos- ropäischen Union, EU-Wissenschafts- Teilnehmer und eine Fördersumme in sen. und Technologiepolitik auf Grundlage der Höhe von knapp 800 Mio. CHF. Durch die Assoziierung ab 2004 erhielt der Verträge von Maastricht und Ams- die Schweiz das Recht, in den Leitungs- terdam: https://www.sbfi.admin.ch/sbfi/ Reizvoll für Schweizer komitees der spezifischen Programme de/home/themen/internationale-for- sowie in diversen Steuerungsausschüs- Atomforscher… schungs--und-innovationszusammen- sen durch sein Staatssekretariat für Bil- arbeit/forschungsrahmenprogramme- Am 6. FRP, dann am 7. FRP (2007-2013) dung, Forschung und Innovation (SBFI) der-europaeischen-union.html) konnte die Schweiz ab 2004 dank einem vertreten zu sein. Damit bekam sie Die Teilnahme an den Forschungsrah- entsprechenden bilateralen Abkommen direkten Zugang zu Informationen und menprogrammen (FRP) der EU gehört mit der EU als assoziiertes Land mit allen die Möglichkeit, an der Durchführung zu den Prioritäten der schweizerischen Rechten und Pflichten voll teilnehmen. der aktuellen sowie der Ausgestaltung Wissenschaftspolitik. Forschende von Also sowohl am generellen Forschungs- künftiger EU-Rahmenprogramme mitzu- Schweizer Hochschulen und der Pri- als auch am EURATOM-Programm. Die wirken. EU will Schweizer Geld für Nuklearforschung Die EU setzt die Schweiz unter Druck: Sie darf sich an den neuen Forschungs- programmen der EU nur beteiligen, wenn sie massiv in die Nuklearforschung investiert – trotz beschlossenem Atomausstieg. Politiker sprechen von „Erpressung“. Forschung im Nuklearbereich mache für die Schweiz nur noch Sinn, wenn es um die Sicherheit oder Abfallentsorgung be- stehender Atomkraftwerken gehe. Dies hält der Bundesrat (Schweizer Bundes- regierung) in seinem Aktionsplan zur Energieforschung fest. Die Erforschung neuer Technologien – auch im Bereich der Kernfusion – hingegen habe „keine Priorität“. Doch ausgerechnet für diesen Bereich wird die Schweiz trotz beschlossenem Atomausstieg in den nächsten Jahren bis zu einer Viertelmilliarde Franken ausgeben müssen – auf Druck der EU. Denn Brüssel setzt im Rahmen des EU- Bei Cadarache (Südfrankreich) entsteht der Kernfusions-Versuchsreaktor ITER. (zvg) RATOM-Programms voll auf die Kernfu- sion: In Frankreich wird am internationa- 180 Millionen Franken für Kernfusi- ITER-Projekts teilnehmen, sagt Xavier len Versuchsreaktor ITER gebaut. Dieser onsforschung und den ITER-Reaktor Reymond vom Staatssekretariat für Bil- sorgt seit Jahren wegen Budgetüber- bezahlt. Dafür können schweizeri- dung, Forschung und Innovation (SBFI). schreitungen für Schlagzeilen. sche Forschungsinstitutionen weiter Der größte Empfänger des Programms Die EU erwartet, daß die Schweiz wie an Ausschreibungen des EURATOM- in der Schweiz sei die ETH Lausanne ausgehandelt bis ins Jahr 2020 rund Programms im Bereich Fusion und des mit dem Centre de Recherches en Phy- 8 P L AT T F O R M N E W S PN 2/2016
aus, und solche Erpressungen habe ich eigentlich gar nicht gerne“, so Aebi ge- genüber SRF. Er wolle dann schon noch wissen, warum das so sei. Kritik kommt auch von Links – allerdings aus anderen Gründen. Eric Nussbau- mer von der SP, Präsident der national- rätlichen Energiekommission, findet es falsch, überhaupt noch Geld für die Er- forschung der Kernfusion auszugeben. (Quellen: http://www.srf.ch/news/schweiz/die-schweiz- Die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Lausanne profitiert stärksten von darf-weiterhin-an-euratom-mitmachen der Schweiz-EURATOM-Partnerschaft in der Kernfusionsforschung. (Keystone) http://www.srf.ch/news/schweiz/eu-will-geld-fuer- nuklearforschung-trotz-atomausstieg Philipp Burkhardt in Rendez-vous, SRF-Bundes- siques des Plasmas mit Standorten Forschungsrahmenprogramm der EU. haus-Berichterstattung, 8.3.2013 und in Heute- in Lausanne sowie am Paul-Scherrer Die Antwort gibt sich die Regierung Morgen, SRF 13.3.2014) -Kernforschungsinstitut (PSI) in Würen- gleich selbst: Es bleibe gar keine an- GE: lingen. dere Wahl. Negative Auswirkungen auf Kommentar PLA Die Schweiz, bestätigte Forschungs- andere europapolitische Dossiers könn- minister Johann Schneider-Ammann, ten sonst nicht ausgeschlossen wer- müsse ITER und EURATOM weiter den. Und, betont Bundesrat (= Minister) Jenseits des Themas Schweiz – mitbezahlen: „Man hat uns in Brüssel Schneider-Ammann: Die Schweiz habe EURATOM drängt sich hier fol- mehrfach klipp und klar gesagt: Ihr seid in den letzten Jahren immer deutlich gende Frage zur österreichi- assoziiert mit dem Forschungsrahmen- mehr Mittel aus den EU-Forschungspro- schen Haltung, zumal der SPÖ, zum EURATOM-Forschungsprogramm programm Nummer acht. Aber: ihr seid grammen erhalten als sie nach Brüssel auf: Wenn der SP-Vorsitzen- das nur unter der Bedingung, daß ihr geschickt habe.* de der Energieausschusses im am EURATOM-Programm wie bisher Schweizer Parlament selbst für ein ehedem so tief atomar mitbezahlt“, sagte Schneider-Ammann * Anm. PLAGE: Das kann ja für die nicht nu- klearen Bereiche weiter gelten. Der Atom- verstricktes Land Ausgaben für gegenüber SRF. die Kernfusion für überflüssig, ausstieg aber hätte logischerweise die Streichung der Schweizer Mitarbeit und Mit- ja falsch befindet, weshalb Da sind wohl auch die Schwei- finanzierung an EURATOM-Programmen zu rechtfertigt die SPÖ dann im bedeuten. Punktum. „atomfreien Österreich“ immer zer Atomforscher dahinter… noch die Millionenbeiträge für die EURATOM-Fusionsforschung Diese Bedingung gilt nur für die Schweiz, und deren großes, unersättli- nicht aber für andere Staaten außerhalb ches Riesenbaby, den ITER-Re- Parlamentarier wenig erfreut aktor? Natürlich richtet sich der EU – wie Norwegen, Israel oder die die Frage ebenso an die ÖVP – Türkei. Damit dränge sich grundsätzlich Ganz anders sieht das der Präsident oder in der Opposition an die die Frage auf, „ob die Schweiz als ein- der außenpolitischen Kommission des NEOS. Doch an die SPÖ ange- ziges Land eine solche Behandlung ak- Nationalrates, Andreas Aebi von der sichts ihres fusionskritischen Schweizer Parteifreundes und zeptiere“. So steht es geschrieben in der Schweizerischen Volkspartei (SVP): Energiepolitikers zuallererst. bundesrätlichen Botschaft zum achten „Das sieht ein wenig nach Erpressung pla_ge AKTIV-KUPON Name Straße: PLZ/Ort: Telefon: e-Mail: ABO o Förderndes Mitglied* E 40,– o Aktives Mitglied (Normalverdiener)* E 20,– An PLAGE o Aktives Mitglied (Studenten/Schüler)* E 8,– o PN-Abo (keine Mitgliedschaft) E 8,– Nonntaler Hauptstraße 86 o Tragt mich in die Helferliste ein – ich möchte mich aktiv an der PLAGE-Arbeit beteiligen 5020 Salzburg * jährlicher Mitgliedsbeitrag inkl. PN-Abo oder per Fax Was wir tun: Der Politik auf die Finger schaun. Bildungsarbeit – Infostände – 0662/643567 Unterschriftenaktionen – Vorträge – Ausstellungen – Medienarbeit – Leserbriefe – Erstellen von Informationsmaterial – Veranstaltungen – Demonstrationen Plattform gegen Atomgefahren Salzburger 9
Trumps lässiger Umgang mit Atomwaffen In seiner Wahlkampagne redete der doktrin. Die Obama-Regierung hatte soll daraufhin ungläubiges Schweigen republikanische Kandidat mit einer aber zumindest erklärt, daß Amerika kei- geherrscht haben. „Trump würde sechs Lässigkeit über einen Einsatz von ne Atomwaffen gegen Länder einsetzen Jahrzehnte bewährter Abschreckungs- Atomwaffen, die viele Sicherheitsex- werde, die selbst keine solchen Waffen theorie umwerfen", twitterte der konser- perten erschaudern ließ. Als US-Prä- besitzen, die den Atomwaffensperrver- vative Sicherheitsexperte John Noonan, sident kann Trump Nuklearwaffen ein- trag unterzeichnet haben und sich daran als die Episode bekannt wurde. "Der setzen - mit nur einem Befehl. Selbst halten. Das schließt einen Atomschlag Zweck von Atomwaffen ist, dass sie nie einen A-Waffeneinsatz in Europa hat etwa gegen Deutschland praktisch aus, eingesetzt werden. Sieht Trump das an- er nicht ausgeschlossen. nicht aber gegen Nordkorea. Präsident ders?" Barack Obama erwog zudem, eine so- Das umstrittene Zitat ist nicht belegt, ein Theoretisch, rein theoretisch, ist die- genannte No-first-use-Doktrin zu formu- Sprecher Trumps widersprach der Dar- ses Szenario denkbar: Der Präsident lieren: das hieße, die USA verpflichten stellung. Doch es gibt andere Aussagen der Vereinigten Staaten fühlt sich nicht sich, in einem Konflikt nicht als erste des Kandidaten: Als Trump im März in gut. Vielleicht hat er Zahnschmerzen. Er Partei Atomwaffen einzusetzen. einem Fernsehinterview gefragt wurde, schläft schlecht. Am frühen Morgen ruft ob er sich den Einsatz von US-Atomwaf- er grantig den Offizier zu sich, der in ei- „ Europa ist ziemlich groß – fen im Nahen Osten oder in Europa ge- nem Koffer – genannt „der Football" – die keine Option vom Tisch" gen Terroristen des Islamischen Staats Unterlagen für den Abschuß der ameri- vorstellen könne, schloß er diesen nicht kanischen Atomwaffen bei sich trägt und Trump der Kandidat redete viel über aus. „Der IS schlägt zu, und Sie würden der sich rund um die Uhr in der Nähe des das Thema. Zugleich hinterließ er nicht sich nicht mit Atombomben wehren?", Staatschefs aufhält. Der Präsident liest den Eindruck, er kenne sich mit atoma- fragte Trump den Moderator. "Warum dem zuständigen General im Pentagon ren Dingen gut aus oder habe das, was bauen wir sie dann?" Einen Tag später von einer Karte - genannt „der Keks" - ei- er sagt, gründlich durchdacht. Diese antwortete er auf eine ähnliche Frage nen Identifizierungscode vor und befiehlt Schwammigkeit begründet er damit, über einen Atomwaffeneinsatz in Euro- einen Nuklearschlag irgendwo auf der dass man „nie Optionen vom Tisch neh- pa: „Europa ist ziemlich groß. Ich werde Welt. Sofern das Militär nicht meutert, men" dürfe – ein Trump-Credo, das er keine Option vom Tisch nehmen." kann ihn niemand daran hindern. sich durch seine vielen Verhandlungen Am Ende zählt in einer Krise allerdings bei Immobiliengeschäften erworben wohl nur eins: Nerven. Ein Präsident Er spricht über Atomwaffen, als hat. „Nuklearwaffen sollten vom Tisch kann so viel über Atomwaffen wissen sein. Aber gibt es einen Zeitpunkt, an seien es Immobiliengeschäfte und nachgedacht haben, wie er will - im dem man sie einsetzen könnte? Schon Ernstfall muss er unter brutaler Anspan- Der 45. US-Präsident redete als Kan- möglich", lautet eine typische Trump- nung und binnen weniger Minuten die didat mit einer Lässigkeit über Nukle- Sentenz zum Thema. denkbar folgenreichste Entscheidung arwaffen, die viele Sicherheitsexperten Beruhigend ist das alles nicht. So soll treffen. Trump ist sich sicher, daß er für erschaudern ließ. Und nach seiner Wahl Trump jüngst am Rande einer Fernseh- diese Situation genau der richtige Mann wohl erst recht erschaudern läßt. sendung vergangenen Sommer einen ist: „Unter Druck wäre ich bewunderns- Seine Gegnerin Hillary Clinton machte Außenpolitik-Berater mehrmals gefragt wert ruhig." Allemal: typisch Trump. dies in ihrer Parteitagsrede ausdrücklich haben, warum Amerika seine Atombom- zum Wahlkampfthema. „Einem Mann, ben denn nicht einsetzen könne – wenn (Quelle: Süddeutsche Zeitung , 5.8.2016, gering- der sich von einem Tweet aus der Fas- es diese schon einmal habe. Im Studio fügig redigiert) sung bringen lässt, kann man keine Atomwaffen anvertrauen.“ Umfragen zeigten, daß nur ein Drittel der Amerika- ner glauben, das US-Nukleararsenal sei bei Trump in guten Händen. Trump betonte zwar, daß er Nuklear- waffen für furchtbar halte und als Prä- sident alles tun wolle, um einen Einsatz zu verhindern. Doch bleibt zumal ange- sichts seines irrlichternden Tempera- Im April 2016 hielt Do- ments unklar, unter welchen Umständen nald Trump in Washington Trump sich doch einen Nukleareinsatz eine Grundsatzrede zur vorstellen könnte. Das ist nicht grund- Außenpolitik. Nur ein Drittel der Amerikaner sätzlich verwerflich - „strategische Un- glauben, dass die US- eindeutigkeit", sprich: den Gegner im Nuklearwaffen bei ihm in Unklaren lassen, ist Teil jeder Nuklear- guten Händen wären. 10 P L AT T F O R M N E W S PN 2/2016
Künftiger Bundespräsident: aktiv gegen EURATOM? Die Bundespräsidentschaftskandida- ten Van der Bellen und Hofer sind bei- de für den Ausstieg Österreichs aus EURATOM. Richtige Antworten auf Pläne der EU-Kommission zur Förde- rung der Atomkraft. Die Wahl zum Bundespräsidenten Ös- terreichs hat sich als schwieriges Un- terfangen entpuppt. Die Gründe – Unre- gelmäßigkeiten bei der Auszählung der Stimmen der Stichwahl, dann fehler- hafte Wahlkuverts – sind bekannt. Am 4. Dezember wird nun wohl tatsächlich Österreichs neues Staatsoberhaupt be- stimmt. vertritt nach wie vor die Meinung, dass ihre politischen Steigbügelhalter be- Für oder gegen EURATOM? die Energieunion mit Ländern, die auf haupten seit Jahrzehnten, „selbstver- Vor der ersten Stichwahl klopften die Kernkraft setzen, nicht im Interesse ständlich hat die Sicherheit Vorrang“ PLAGE und atomstopp_oberoesterreich unserer Heimat ist und daher ein mög- und „sind die höchsten Sicherheitsstan- die Einstellung der beiden Kandidaten lichst rascher Austritt Österreichs aus dards einzuhalten“. Eine Behauptung, Van der Bellen und Hofer in Bezug auf EURATOM anzustreben sei. Dahinge- die häufig bei genauerem Hinsehen EURATOM ab, und wie sie sich als Bun- hend wird er natürlich auch sein Wirken schon beim Bau und normalen Betrieb despräsident für den Ausstieg Öster- als Bundespräsident konzentrieren. Da- Lügen gestraft wird und seit Harrisburg/ reichs aus EURATOM einsetzen werden. rüber hinaus müsse ein Energiemaster- Three Mile Island 1979 (USA), Tscherno- „Wir freuen uns, dass sich beide Bun- plan für Österreich erstellt werden, um byl 1986 (UdSSR) und Fukushima 2011 despräsidentschaftskandidaten ganz alle Abhängigkeiten von Kernenergie (JAP) nur noch lächerlich ist. Eine derart klar und unmissverständlich für den weiter zu reduzieren.“ zurückhaltende Position wie von Ho- Ausstieg Österreichs aus EURATOM Nach der Wahl, wie verspätet auch im- fer offenbar in Prag wurde seit Tscher- aussprechen. Und wir sind überzeugt, mer, werden atomstopp_oberösterreich nobyl noch nie von einem österreichi- das ist auch die richtige Antwort auf die und die PLAGE beim neu gewählten schen Bundespräsidenten vertreten. jüngsten Vorstöße der EU-Kommission, Staatsoberhaupt umgehend um einen Auf internationalem Parkett waren sie die Atomkraft in Europa massiv zu för- Termin ansuchen und Möglichkeiten der stets – wenn auch manchmal eher laue – dern!“, so Roland Egger und Gabriele Umsetzung eines österreichischen Aus- Fürsprecher und Botschafter für Öster- Schweiger, Sprecher von atomstopp_ stiegs aus EURATOM ausloten. reichs Anti-Atomhaltung. oberoesterreich und Heinz Stockinger, Im ORF Report Spezial vom 12.9.16 hat Obmann der Salzburger Plattform gegen Aber wie jetzt – Norbert Hofer die Auslegung seiner Pra- Atomgefahren. Nachsicht für Nachbar-AKWs? ger Statements dementiert und als „ab- Wörtlich hieß es dazu aus dem Wahl- Sichere AKWs? soluter Kernkraftgegner“ u.a. darauf ver- kampfbüro von Van der Bellen: „Ale- wiesen, in seiner politischen Laufbahn xander Van der Bellen hat in all seinen Seit diesen Stellungnahmen der beiden seit jeher Anträge gegen Kernkraft ein- Aussagen immer ganz klar dafür Posi- Kandidaten in Bezug auf EURATOM gebracht zu haben, für Erneuerbare aktiv tion bezogen, dass ein konsequenter sorgte Norbert Hofer (FPÖ) im Rahmen zu sein und seinen eigenen Sonnenstrom Ausstieg Europas aus der Kernener- seines Tschechien-Besuchs für Aufre- zu produzieren. Inwieweit Österreich im gie das Gebot der Stunde ist. Auch das gung. Als Präsident werde er in Atomfra- kommenden Bundespräsidenten einen Volksbegehren zum Ausstieg aus Eura- gen nicht aktiv gegen die tschechischen wirklich aktiven, konsequenten Mitstrei- tom wurde von Alexander Van der Bel- Ausbaupläne auftreten - das überlasse ter gegen die – angesichts Fukushimas len unterstützt. […] Der Ausstieg aus Eu- er den zuständigen MinisterInnen, so und des katastrophalen Subventionsbe- ratom war und ist ein wichtiger Schritt, zitiert ihn der Kurier. Entscheidend sei darfs neuer AKWs – vollends ignorante um endlich ein großes Stück vorwärts vielmehr die Frage der Sicherheit und und gemeingefährliche Atomlinie der eu- zu kommen in unserem gemeinsamen EU-weiter Sicherheitsstandards. ropäischen Atomstaaten haben werden, Bemühen, Europa atomfrei zu machen.“ Eine derartige Suggestion „sicherer wird sich bereits bei unserer Vorsprache Wahlkampfbüro Hofer: „Norbert Hofer AKWs" ist fatal: Die Atombetreiber und bald nach der Dezember-Wahl weisen. Salzburger Plattform gegen Atomgefahren 11
PLAGE Finanzen & Spenden Großzügige Spender & Sponsoren! Je mehr Spender/innen aus Wertschät- cher Anerkennung fallen einem regel- zum heutigen modernen und gesunden zung, umso gestärkter die Unabhängig- recht die Augen raus – und geht einem Betrieb mit rund 40 gesellschaftsdienli- keit und umso gesicherter der Fortgang ein wenig das Herz über. chen Arbeitsplätzen aus. Folgerichtiger gesellschaftlich wirksamer Aktivitäten! Schon seit Jahren – wie auf der Home- kann man kaum handeln – vom ideellen Eine Binsenweisheit kritischer Vereinsar- page vermerkt – unterstützt uns die Engagement zur konkreten Praxis und beit. Hie und da aber ist es angebracht, Energiewerkstatt Consulting GmbH Mitgestaltung eines neuen umwelt- und ausdrücklich daran zu erinnern. Allen, Munderfing (EWS) jährlich mit einem bürgernäheren Wirtschaftsbereichs! die die PLAGE regelmäßig oder auch namhaften Betrag. Solch regelmäßige sporadisch finanziell unterstützen, dan- Unterstützung ist natürlich von beson- Mehr zB auf: https://www.ews-con- ken wir hier und heute einmal ebenso derem Wert. Es sei wieder einmal er- sulting.com/de/home.html und https:// ausdrücklich. wähnt, was wir vor Zeiten bereits be- www.ews-consulting.com/de/biologieo- richtet haben: Die Geschäftsführer der ekologie.html In den vergangenen Monaten haben EWS, Elfi Salletmaier und Joachim Payr, wir darüberhinaus einige besonders waren schon gegen das AKW Zwen- großherzige Spenden erhalten: tendorf engagiert und gehörten in den Zu den Tschernobyl- und Fukushima- 1980er Jahren einer Gruppe an, die im Jahrestagen überwiesen uns Frau R.Z., südlichen Braunauer Bezirk/nördlichen Salzburg, sage und schreibe € 3.000,–, Flachgau gegen die Atommüll-Wie- Frau Dr. I.F., Salzburg, € 200,– und deraufbereitungsanlage (WAA) in Wa- die Firma Sherpa International/E.S., ckersdorf mobil machte. Diese Gruppe Lochen, € 1.000,–. wandte sich dann konkret den Energie- Im Sommer überraschte uns die Firma alternativen zu und errichtete – übrigens Sailer GmbH & CoKG, Pöndorf, mit ei- mit PLAGE-Hilfe – in Munderfing das ner Spende von € 250,–. Und im Herbst erste kleine Versuchs-Windrad. Binnen nun erhielten wir von der Firma N.N. im einiger Jahre bauten sie diese bürgerin- Ein Mitarbeiter des EWS-Teams für Flachgau gar € 2.700,–. itiativen, ehrenamtlichen Aktivitäten zur Ökologisches Monitoring hält Aus- Angesichts solcher Eingänge und sol- Energiewerkstatt Munderfing und dann schau nach Vögeln. 30 Jahre PLAGE – 30 Jahre öffentliche Förderung Ja, die Salzburger Plattform gegen atomare Bedrohung im eigenen Land – Archiv und Materiallager gewährleistet Atomgefahren ist heuer 30 geworden! Es auf zahlreiche „Geburtstagsgeschenke“ sind. ging sich für eine größere Geburtstags- hoffen!? Ein Erlagschein sollte hier ja Zum 30jährigen Bestehen der PLAGE feier leider nicht recht aus. Einerseits vor griffbereit beiliegen... sei daher der Salzburger Politik für die lauter Arbeit, die uns ja auch nicht zu finanzielle Basis unserer Antiatomar- ausreichend regelmäßigen PN-Ausga- Seit Gründung der PLAGE als Über- beit umfassend gedankt. Zumal diese ben kommen ließ. Andererseits weil man parteiliche Plattform gegen die WAA Arbeit beileibe nicht nur Salzburg zugu- auch mal „Durchhänger“ hat, während Wackersdorf im Juni 1986 suchen wir tekommt, sondern weit darüber hinaus derer man nicht unbedingt feiern will. jährlich auch um Förderung der öffent- ausgreift. Wie man ganz aktuell an der Man muß es selbst dann nicht zwingen, lichen Hand an. Stadt und Land Salz- „Uranpechblenden-an-Schulen-Affäre“, wenn der eigene runde Geburtstag mit burg gewährend diese denn auch – mit also einer im Vergleich zu unseren meis- 30 Jahre Tschernobyl und 5 Jahre Fu- etwas Auf und Ab, aber kontinuierlich. ten laufenden Schwerpunkten eigent- kushima zusammenfällt! Vielleicht kön- Das schafft die Grundlage, auf der eh- lich recht eingegrenzten Thematik sieht: nen wir aber dennoch im Nachgang zu renamtliches Engagement sich entfalten In Salzburg beginnt’s, PLAGE-Geist diesen Jahrestagen – das heißt auch: für kann, insbesondere weil dadurch eine Thomas Neff entdeckt’s, ganz Öster- 30 Jahre Durchhalten ohne unmittelbare Heimstatt, ein ständiger Bürobetrieb, reich – viele Schulen in allen Bundes- ländern – betrifft’s. Und über kurz oder lang werden die großteils vergessenen, vernachlässigten Strahlenquellen wohl bundesweit saniert. (➞ Vgl. PLAGE- 12 P L AT T F O R M N E W S PN 2/2016
TAGE-BUCH, S. 15.) Daß die Stadt- und nungshofs, und Dr. Manfred KORNEXL, Im übrigen können PLAGE-Mitglieder Landespolitik den Wert solcher Arbeit Präsident der Finanzlandesdirektion selbstverständlich bei der fälligen Mit- durch ihre Förderung anerkennt, obwohl Salzburg i.R., bestätigt, daß… gliederversammlung (MV) dazu auch wir auch für sie stellenweise – dann verdient sie es aber! – zur PLAGE wer- den, dafür danken wir all ihren Trägern in Parteien und Verwaltung, von den Bürgermeistern und Landeshauptleuten „abwärts“. Bei der Stadt spezieller dem Finanzreferenten und dem Kulturamt, welches die PLAGE-Förderanträge und -Tätigkeitsberichte behandelt. Beim Land den Umweltlandesräten während dieser 30 Jahre, einschließlich der aktu- ellen ersten Umweltlandesrätin, versteht sich, und der Umweltabteilung. Der PLAGE-Vorstand dankt den beiden zusätzliche Auskunft verlangen. Die MV Prüfern herzlich für die ehrenamtliche wird voraussichtlich Anfang 2017 abge- OK der Rechnungsprüfer Erfüllung dieser nach innen wie nach au- halten – die Einladung mit Tagesordnung Am 14.9.2016 haben die beiden PLAGE- ßen wichtigen Aufgabe. Zumal sie sich wird zeitgerecht ergehen. Rechnungsprüfer, Dr. Johann BUCH- schon seit Jahren dafür zur Verfügung NER, ehemaliger Leiter des Landesrech- stellen! Nachruf Michael Mariotte vice (NIRS) in Takoma Park, Maryland. gan dafür lautete: „Kein mobiles Tscher- Mit dieser NGO lieferte er im Magazin nobyl!“ Die andere stellte sich erfolgreich US-Galionsfigur Groundswell und später im Nuclear Mo- dem Bau neuer Atomanlagen in Mary- nitor (ex-World Information Service on land und Louisiana in den Weg. Energy / WISE, Amsterdam) unablässig Nach der Reaktorkatastrophe in Tscher- prägnante Informationen und scharf- nobyl organisierte er Antiatomkampag- sichtige Kommentare, von denen zahllo- nen in Osteuropa. se andere Organisationen und Aktivisten 2014 wurde Michael Mariotte von Ralph profitierten. Auch weit über die USA hi- Nader, dem amerikanischen Konsumen- naus. tenschutz-„Papst“, im Namen zahlrei- Michael Mariotte war der Motor von zwei cher Umweltorganisationen, darunter Kampagnen, die zu Marksteinen des Friends of the Earth, Greenpeace, Public Antiatomkampfes in den USA wurden. Citizen und Sierra Club, ein Preis für sein Die eine verhinderte die Rücknahme des Lebenswerk verliehen. bundesweiten Verbots der Verbringung Er war überzeugt, daß die Verbreitung von hochradioaktivem Abfall von einem der sauberen, erneuerbaren Energie- Bundesstaat in einen andern; sein Slo- quellen und größere Energieeffizienz die Nuklearenergie überholen werden. „Die Frage ist nicht mehr, ob diese Techno- Michael Mariotte, schon vom Krebs logien des 21. Jahrhunderts Atomkraft gezeichnet, bei einer Demonstration in New York 2014. und fossile Brennstoffe ersetzen werden, sondern wann.“ Michael Mariotte war eine derart heraus- (Quelle: New York Times, 23.5.2016) ragende Figur des Widerstands gegen die Atomenergie in den USA, daß wir seinen Tod im Mai dieses Jahres in der ersten PN, die danach – wenn auch erst Klaus TRAUBE, jetzt – erscheint, berichten wollen. Er „der erste Aussteiger“ starb mit 63 an Bauchspeicheldrüsen- krebs. Klaus Traube wurde 1928 als Sohn ei- Drei Jahrzehnte hindurch leitete er das Michael Mariotte am Schlagzeug der nes jüdischen Zahnarztes in Hannover Nuclear Information and Resource Ser- Gruppe Tru Fax and the Insaniacs. geboren. Der Vater nahm sich 1936 we- Salzburger Plattform gegen Atomgefahren 13
gen der Nazis das Leben. Traube musste mußte gehen. „Der Atomstaat“ (Robert Nachruf am 12. August dieses Jahres. kurz vor Kriegsende in ein Arbeitslager Jungk) hatte seine Überwachungsfratze „Machtfaktor“ in den großen öffentli- für „jüdische Mischlinge“. gezeigt. chen Auseinandersetzungen – wie wahr! Traube, der in Braunschweig Maschinen- Daß man Traube im Verdacht hatte, lag Daß Herbert Krejci als Generalsekretär bau studiert und in München über Ther- einerseits an einer Freundin, die mit dem der IV einer der heftigsten Atomkraft- modynamik promoviert hatte, heuerte späteren RAF-Terroristen Hans-Joachim Einpeitscher im Staat war und das AKW 1959 bei der Atomindustrie an. Damals Klein bekannt war. Aber auch daran, daß Zwentendorf sowie weitere Atommeiler hatten Reaktoren noch eine große An- der Techniker Traube schon damals ein in Österreich um jeden Preis wollte, das ziehungskraft auf junge, talentierte Men- intellektueller Bohemien war, der einen läßt der Autor des langen Nachrufs un- schen. Traube machte schnell Karriere, für die 70er Jahre recht unkonventionel- ter den Tisch fallen. Mit diesem dunklen war erst in der Nuklear-Sparte von AEG/ len Lebensstil pflegte. Das irritierte wohl Fleck wollte Milan Frühbauer, „Herbert Telefunken tätig und ging dann zu Gene- die Schlapphüte des Geheimdienstes... Krejcis engster Mitarbeiter“ bei der Zeit- ral Dynamics nach San Diego (Kaliforni- schrift „Die Industrie“, das Bild seines en). 1970 wurde er Chef der Siemens- „Ich war reif für den Ausstieg“ ehemaligen Chefs offenbar nicht für die Tochtergesellschaft Interatom, die den Nachwelt anpatzen. Die Lauschaffäre erleichterte ihm den Schnellen Brüter in Kalkar entwickelte. Atom-Ausstieg, doch warum wechselte Der Brüter sollte Plutonium „erbrüten“ er eigentlich die Seite? Traube nannte und eine Art energetisches Perpetuum zwei Gründe: Erstens den Bericht des mobile werden, einen kostengünstigen „Club of Rome“, der 1972 nicht nur atomaren Brennstoff-Kreislauf ermögli- Zweifel an der Kernenergie, sondern am chen. gesamten Fortschrittsoptimismus des Westens säte und die Öko-Bewegung beflügelte. Der zweite Grund sei ein ökonomischer gewesen: „Ich habe als Atom-Manager gesehen, wie die Kosten der Kernenergie aus dem Ruder liefen, und daß die Risiken unkontrollierbar blieben. Ich war reif für den Ausstieg.“ Traube stieg nicht nur aus. Er wurde zum Zivilisationskritiker, schrieb das Buch „Wachstum oder Askese“ und veröffent- lichte 1981 mit dem Politologen Johano Und hätte „Trauerredner“ Frühbauer Strasser ein Werk über die „Krise des In- dieses Scheitern Krejcis in einer zentra- dustrialismus“. len Zukunftsfrage Österreichs erwähnt, Traube arbeitete danach als Professor würde das vielleicht nachträglich noch „Auch in Deutschland hätte es schon in Bremen, wurde Berater von Umwelt- einen Schatten auf seine im Gefolge von mehrfach einen Super-GAU geben organisationen und war Vizepräsident Zwentendorf größte Propagandisten- können”: Prof. Klaus Traube Rolle senken: „Er drängte vor allem die eines Verbandes, der die Kraft-Wärme- Kopplung propagiert – mit 95% Ausnut- Volkspartei zu einer raschen Artikulation Vater des Schnellen Brüters zung des eingesetzten Brennstoffs in des EU-Beitrittswunsches“. Eben dieses Schnellen Brüters in Kalkar Form von Strom und Wärme ein Eckpfei- Für die Informationskampagne zur EU- am Niederrhein Chefentwickler war Trau- ler einer rationellen Energieversorgung. Volksabstimmung hatten Industriellen- be von 1972 an. Ein Jahr nach dem ers- (Quelle: FAZ, 21.3.2011 – im Zuge des vereinigung, ÖGB und Regierung aus ih- ten großen Widerstand gegen ein AKW- Fukushima-Super-GAUs) rer Niederlage 1978 in Sachen Atomkraft Projekt in Deutschland, im badischen gelernt, wie ihnen eine derartige böse Wyhl (1976), war Traubes Karriere plötz- Überraschung kein zweites Mal (1994) lich vorbei: Siemens trennte sich vom passieren würde. („Aus Zwentendorf ge- Interatom-Manager. Erst später wurden „Industriegeneral“ lernt“ stellte der ehedem kritische, dann vom „Spiegel“ die Hintergründe aufge- Herbert KREJCI brave Langzeitparlamentarier der SPÖ, deckt. Der Verfassungsschutz hatte Büro Josef Cap, im Tagblatt 1994 fest…) Be- und Wohnung von Traube verwanzt für „In der Industriellenvereinigung (IV) war kanntlich schloß der EU-Beitrittswunsch eine Lauschaktion. Man verdächtigte Krejci von 1980 bis zu seinem Ausschei- außerdem den Antrag auf Österreichs ihn, Kontakt zu Terroristen der „Roten den 1992 ein rastloser Promotor für di- Beitritt zur Europäischen Atomgemein- Armee Fraktion“ (RAF) zu haben und verse gesellschaftliche Anliegen. An der schaft (EURATOM) mit ein. Was von den diese mit spaltbarem Material zu versor- Spitze stand die Positionierung der In- treibenden Kräften so lange wie möglich gen. Für Traube endete die Affäre mit ei- dustrie als Machtfaktor in der wirtschafts- verschwiegen wurde, aber gerade einem nem Freispruch Erster Klasse, Innenmi- und gesellschaftspolitischen Auseinan- Herbert Krejci angenehm bewußt gewe- nister Werner Maihofer (FDP) hingegen dersetzung,“ schrieb Die Presse in ihrem sen sein muß. 14 P L AT T F O R M N E W S PN 2/2016
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