Wirkungsbericht - Caritas Österreich

Die Seite wird erstellt Vanessa-Hortensia Wulf
 
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Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Wirkungsbericht
                 2018
Foto: F. Gleiß
Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Caritas                                                           Editorial                                    3

Rückblick
2018                                                          4   Pflege und Betreuung

                             Foto: F. Gleiß
                                                                  Selbstbestimmt alt werden                    5
                                                                  Café Zeitreise                               6
                                                                  Besuchsmodell der Pfarrcaritas               7

                                                              8   Hilfe für Menschen in Not
                             Foto: F. Gleiß
                                                                  Gemeinsam helfen                    9
                                                                  Lebensretter Kältetelefon          10
                                                                  Mehr als eine Fahrradwerkstatt     11

                                                              12 Menschen mit Behinderung
                                                                  Barrierefrei		                       13
                                                                  Pädagoge auf vier Pfoten		           14
                             Foto: Wildbild

                                                                  Persönliche Assistenz 		             15
                                                                  Arbeit ohne Barrieren		              15

                             Kinder und Jugendliche                                16

                                                                                                   Foto: Wildbild
                             Zukunftsperspektiven                             17
                             Frühe Sprachförderung                            18
                             72 Stunden ohne Kompromiss                       18
                             Lerncafés und Integration                        19

                             Katastrophen und Krisen                               20

                                                                                                   Foto: P. Wiggers
                             Weltweite Überlebenshilfe                        21
                             Hochwasser in Indien                             22
                             Tsunami in Indonesien                            23

                             Zukunft ohne Hunger                                   24
                                                                                                   Foto: J. Weismann

                             Sofort- und Langfristige Hilfe                   25
 Der Caritas
­Wirkungsbericht
Die folgenden Seiten
zeigen Ihnen ausgewählte     Hilfe für Kinder in Not                               26
Projekte aus dem viel­
fältigen Aufgaben­bereich    Perspektiven                                     27
der Caritas in Österreich    Interview – Kinderrechte                         28
und weltweit. Diese          Kinderzentren sind Zufluchtsorte                 29
Projekte, Programme oder
Initiativen stehen stell­
vertretend für all die
wirksamen Hilfs­leistungen
                                                                                                   Foto: J. Weismann

der diözesanen Caritas-      Öffentliche Hand                                 30
Organisationen. Für eine     Kooperationspartner                              32
umfassende Auflistung der    Kampagnen                                        33
Angebote besuchen Sie        Hilfe in Zahlen                                  34
unsere Webseite:             Wir über uns                                     39
www.caritas.at               Adressen und Impressum                           40

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Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Caritas Präsident
         Michael Landau
      beim Besuch eines
         Kinderzentrums.

                            Foto: Caritas

    Wir Ich                 Klimakatastrophe, Dauerkonflikte,
                            wachsende Kluft zwischen Arm und
                            Reich – es besteht kein Zweifel, die
                                                                          an Nächstenliebe, Menschenwürde und
                                                                          Mitgefühl und an alle, die sich dafür
                                                                          einsetzen. Wir glauben, dass jeder
 Mut Angst                  globalen Herausforderungen sind
                            groß. Oft wird behauptet, Spannungen
                                                                          Mensch wertvoll ist – ungeachtet von
                                                                          Alter, Geschlecht, Religion, p
                                                                                                       ­ olitischer

Liebe Hass                  ­würden überhandnehmen, Krisen seien
                             ausweglos. An diese These glaube ich
                                                                          Überzeugung und Herkunft. Als C
                                                                          sind wir da. Und zwar für alle.
                                                                                                              ­ aritas

                             nicht. Sie wurde in den vergangenen
                             Jahrzehnten oft genug widerlegt. In          Wir übernehmen Verantwortung für
                             Österreich, in Europa und weltweit. In       unsere Mitmenschen. Wenn wir Not
                             Österreich erlebten wir Jahrzehnte des       sehen, handeln wir. Insgesamt sind
                             Wohlstands und des wirtschaftlichen          es mehr als 1.600 Orte in ganz Öster­
                             Aufschwungs, in Europa Jahrzehnte            reich, an denen Menschen in Not ganz
                             des friedvollen Miteinanders, und welt­      ­konkret geholfen wird. In den Bereichen
                             weit gelang es uns bereits erfolgreich,       Pflege, Menschen mit Behinderungen,
                             den Hunger maßgeblich zu reduzieren,          Hospiz, in den Sozialberatungsstellen,
                             Menschen Zugang zu Trinkwasser zu             im Einsatz für Familien in Not oder für
                             ermöglichen und die d ­ urchschnittliche      ältere Menschen, die sich das Heizen
                             Lebenserwartung zu erhöhen.                   nicht leisten können. Die Caritas –
                                                                           das sind ihre hauptamtlichen Mitar­
                            Trotzdem: wir erleben Zeiten h   ­ eftigen     beiterInnen, vor allem aber die rund
                            Umbruchs. Doch wie wir diesen                  50.000 Freiwilligen, die sich tagtäglich
                            Umbruch gestalten, liegt auch ganz             beherzt und professionell einsetzen.
                            maßgeblich in unseren Händen. Es
                            liegt am Engagement der Vielen und            Helfen Sie uns helfen – in ­diesem
                            an der Solidarität, die Institutionen,        Sinn ein herzliches Danke
                            Staaten und die vor allem Menschen            für Ihre Unterstützung!
                            einander zuteilwerden lassen. Jede
                            und jeder von uns kann einen B     ­ eitrag
                            ­leisten. Man muss dafür nicht an
                             ­Wunder glauben. Es reicht der Glaube
                              daran, dass das G  ­ emeinsame letztlich
                              ­stärker ist als das Trennende, dass
                               das „Wir“ mehr bewirken kann als jede
                               und jeder von uns alleine. Als C­ aritas   Michael Landau
                               ­glauben wir an das Gute, wir glauben      Caritas Präsident

                                                                                                                         3
Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Pflege
und Betreuung
Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Geborgenheit
                 Selbstbestimmt
                 alt werden
                 Wir sind überzeugt: Wer Pflege braucht,
                 muss wählen können, welche Art der
                 Unterstützung am besten passt. Und
                 pflegende Angehörige, die in Österreich
                 das Rückgrat der Pflege und Betreuung
                 sind, brauchen Beratung, U­ nterstützung
                 und Entlastung. So verschieden wie die
                 Menschen sind, so verschieden sind
                 die Lebensrhythmen, die Gewohn­heiten
                 und Vorlieben. Wir wollen ein gutes
                 Leben für unsere B­ ewohnerinnen und
                 Bewohner, möglich machen. U  ­ nabhängig
                 davon, ob jemand zuhause oder in
                 einem Pflegewohnhaus wohnt. Unab­
                 hängig davon, ob jemand noch für
                 sich selbst sprechen kann oder seine
                 Angehörigen gebeten hat, für ihn oder
                 sie zu sprechen. Es geht darum, das
                 eigene Leben selbstbestimmt weiter­
                 führen zu können, auch wenn Hilfe und
                 Pflege benötigt wird. Dazu gehört, dass
                 persönliche Wünsche und Bedürfnisse
                 gehört und ernst genommen werden.

                 Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht
                 immer der Mensch mit seiner Würde,
                 seinem Recht auf Selbstbestimmung und
                 Lebensqualität. Wir betreuen, pflegen,
                 besuchen und beraten Menschen unab­
                 hängig von Alter, Herkunft, Einkommen
                 oder Religion. Österreichweit bieten
                 qualifizierte Fachkräfte professionelle
                 und individuelle Pflege und B ­ etreuung
                 für pflegebedürftige, kranke oder alte
                 Menschen. In der Pflege zuhause sehen
                 wir uns als Ergänzung zur Fürsorge
                 der Angehörigen. Wir helfen auch kurz­
                 fristig, etwa bei plötzlichen Krankheiten,
                 wenn Pflege notwendig wird oder Ange­
                 hörige auf Urlaub fahren. Ergänzend
                 bieten wir ein Notruftelefon für rasche
                 Hilfe in Notfällen. Wenn das Leben
                 alleine nicht mehr möglich ist, ver­
                 mitteln wir auch 24-Stunden-Betreuung.
                 Wenn Menschen schwer oder unheilbar
                 erkrankt sind, können wir bei Bedarf
                 das Mobile Hospiz hinzuziehen.
Foto: F. Gleiß

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Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Pflege und Betreuung
2018

Kaffeehäuser
für Menschen mit
Demenz
Café Zeitreise. In Caritas Cafés in Wien, Kärnten und
der Steiermark treffen sich Menschen mit Demenz
und ihre Angehörigen. Sie tauschen sich aus, werden
beraten und haben einfach eine gute Zeit miteinander.

Zuerst gibt es immer Kaffee und           Tipps für pflegende Angehörige                              bleiben dabei oft auf der Strecke,
Kuchen. Und wenn in einem der Zeit­       Betreuende Angehörige von Menschen                          viele Fragen bleiben unbeantwortet und
reise Cafés jemand die Milchkanne         mit und ohne Demenz sind tagtäglich                         ­Ängste machen sich breit. Hier helfen
mit einem Schluck austrinkt, ist das      und oft rund um die Uhr im Einsatz und                       die Zeitreise Cafés: P
                                                                                                                            ­ flegende Angehö­
nicht weiter schlimm. Denn alle wissen    in ihrer Situation häufig allein g
                                                                           ­ elassen.                  rige können in vertrauter Atmosphäre
Bescheid. In die Zeitreise Cafés kom­     Die Betreuung eines geliebten, an                            ihr Herz ausschütten, sie bekommen
men ­Menschen mit Demenz und deren        Demenz erkrankten, Menschen bedeutet                         Beratung und Unterstützung. Viele
Angehörige. Sie kommen hierher weil       nicht nur eine hohe zeitliche, sondern                       wichtige Tipps kommen dabei auch
sie wissen, dass sie hier einen Ort der   vor allem eine enorme psychische Belas­                      von den anderen Angehörigen. Gleich­
Ruhe und immer ein offenes Ohr finden.    tung. Die Bedürfnisse der Angehörigen                        zeitig werden die an Demenz erkrankten
                                                                                                       Menschen gut umsorgt. Es wird geturnt,
                                                                                                       gekegelt und gemalt – und dabei vor
                                                                                                       allem auch viel g
                                                                                                                       ­ eplaudert und gelacht.
                                                                                                       Auf dem Programm stehen außer­
                                                                                                       dem ­bewährte Gedächtnisübungen.

                                                                                                      Cafés von Ost bis West
                                                                                                      Rund 130.000 Menschen leiden in
                                                                                                      Österreich an Demenz, der Krankheit
                                                                                                      des Vergessens. Die Zahl soll sich bis
                                                                                                      2050 verdoppeln. Männer und Frauen
                                                                                                      mit Demenz leben oft in der Vergangen­
                                                                                                      heit. Zeitreise Cafés gibt es bereits in
                                                                                                      Wien, Kärnten und der Steiermark.
                                                                               Foto: S. Steindl

                                                                                                  Bei Kaffee und
                                                                                                  Kuchen wird
                                                                                                  gescherzt und
                                                                                                  gelacht.

6
Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Freiwillige
                                                                                            Mitarbeite­
                                                                                            rInnen ­helfen
                                                                                            allein­
                                                                                            stehenden
                                                                                            älteren
                                                                                            Menschen
                                                                                            im Alltag.

                                                                        Foto: P. Benedikt
                                                                                                             48 Senioren- und
                                                                                                             Pflegewohnhäuser
                                                                                                             in ganz Österreich

                                                                                                             4.877 Menschen
                                                                                                             leben in Senioren- und
Nachbarschaftshilfe
                                                                                                             Pflegewohnhäusern
LE.NA kommt zu Besuch!
                                                                                                             2,2 Mio. Einsatzstunden
„Lebendige Nachbarschaft“ – kurz „LE.NA“ nennt sich ein
                                                                                                             in der mobilen
neues Besuchsmodell der Pfarrcaritas im Großraum Bludenz,
                                                                                                             Betreuung und Pflege
das aus mehreren BesucherInnen-Pools besteht. Ziel ist
es, älteren Menschen Zeit und Freude zu schenken.
                                                                                                             5.984 MitarbeiterInnen
Nicht jeder Mensch hat das Glück, eine       bei Spaziergängen oder kleinen                                  im Bereich Betreuung und Pflege
große Familie und ein gut funktionieren­     ­Ausflügen, lesen ihnen vor und h    ­ elfen
des soziales Netz um sich zu haben.           bei finanziellen Fragen oder Behörden­                         9.244 Plätze für Menschen
Viele Menschen können nicht mehr am           gängen. „Wir alle brauchen soziale                             mit Bedarf an psychologischer
gesellschaftlichen Leben teilnehmen und       ­Kontakte zu ­anderen Menschen. Das                            Betreuung
vereinsamen. Das kann viele Gründe             ist ein fundamentales Bedürfnis und
haben: der Tod des Partners, der Part­         ­entscheidend für das Wohl­befinden.                          18 Caritas-Schulstandorte
nerin, Scheidung, familiäre Konflike, bei       Soziale Isolation ­hingegen macht nicht                      für Sozialberufe in ganz Österreich
ZuwandererInnen das mangelnde soziale           nur einsam, sondern auch krank“,
                                                                                                             5.300 SchülerInnen
Netz. Außerdem ist Einsamkeit eine Folge        unterstreicht Ingrid Böhler, Leiterin der
                                                                                                             im Schuljahr 2018/19
bzw. eine Begleiterscheinung des gesell­        Pfarrcaritas, die zentrale B
                                                                           ­ edeutung
schaftlichen Wandels Richtung Indivi­           einer lebendigen Nachbarschaft in
dualisierung. Die Caritas versucht, der         Pfarren und Gemeinden vor Ort.
                                                                                                             Rund 6.000 Menschen
Vereinsamung von Menschen entgegen­
                                                                                                             mit Suchterkrankungen
                                                                                                             erhalten Rat und Unterstützung in
zuwirken und einsame Menschen wieder         Jemand zum Reden, jemand, der hilft
in die Mitte der Gesellschaft zu holen –     Die LE.NA BesucherInnen sind speziell                           14 Suchtberatungsstellen
so auch mit dem neuen Projekt LE.NA.         geschulte ehrenamtliche M   ­ itarbeiterInnen
                                             der Pfarre. Sie haben Freude an der
Besuchsdienst für einsame Menschen           Begegnung mit Menschen. Sie sind
Freiwillige MitarbeiterInnen von LE.NA       bereit, sich mit Herzenswärme und
besuchen ältere, alleinstehende und          ­Sensibilität auf die Welt des Gegenübers
oftmals auch isoliert lebende M  ­ enschen    einzulassen. Durch ihre Besuche b    ­ ringen
in ihren Wohnungen oder in einer              sie Freude, Gespräche, Spiel und Spaß
­Senioreneinrichtung. Sie unterstützen        sowie Abwechslung in das Leben von
 damit deren Teilhabe am gesellschaftli­      Menschen, die alleine oder einsam sind
 chen Leben und e  ­ ntlasten oftmals auch    und sich über die Besuche freuen.
 deren Angehörige. Dabei s­ chenken
 die MitarbeiterInnen den SeniorInnen
 etwas ganz Wichtiges: Zeit. Sie hören
 zu, begleiten die älteren Menschen

                                                                                                                                                 7
Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Hilfe für
Menschen in Not
Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Gemeinsam helfen
                 Kleiner Beitrag,
                 großer
                 Unterschied
                 Haben Sie gewusst, dass 208.000
                 ­Menschen in Österreich ihre W  ­ ohnung
                  nicht angemessen warmhalten k­ önnen
                  und Kinder dann oft in f­euchten,
                  ­schimmeligen Zimmern schlafen und
                   spielen? Dass 434.000 ­Menschen
                   als manifest arm gelten? Oder
                   15.000 Menschen – die Dunkelziffer
                   ist wohl noch höher – in unserem Land
                   als wohnungslos registriert sind?

                 Diese Zahlen machen betroffen.
                 Doch Armut bedeutet keinesfalls,
                 dass diese Menschen ihren Lebensmut
                 oder ihre Würde verloren hätten. Unter
                 schwierigsten Umständen unternehmen
                 zum Beispiel alleinerziehende Mütter
                 alles, um ihre Kinder möglichst gut
                 zu versorgen. Als Caritas sind wir für
                 armutsbetroffene Menschen oft die letzte
                 Anlaufstelle, wenn es a­ lleine nicht mehr
                 geht. Sie wissen, dass sie bei der Caritas
                 Unterstützung in ihrem täglichen Kampf
                 um ein ­besseres Leben finden. Meist
                 braucht es nicht viel: Mit ein wenig Hilfe
                 können wir Menschen in Not beistehen,
                 ein selbstbestimmtes Leben zu führen
                 und wieder auf die Beine zu kommen.

                 Insgesamt sind es mehr als 1.600 Orte
                 in ganz Österreich, an denen M    ­ enschen
                 in Not ganz konkret geholfen wird.
                 In den Bereichen Pflege, Menschen
                 mit Behinderungen, Hospiz, in den
                 Sozialberatungsstellen, im Einsatz
                 für Familien in Not oder für ältere
                 ­Menschen, die sich das H   ­ eizen nicht
                  leisten können. Die Caritas – das
                  sind mehr als 15.000 ­hauptamtliche
                  ­MitarbeiterInnen und die rund
                   50.000 Freiwilligen, die sich tagtäglich
                   beherzt und professionell einsetzen.
Foto: F. Gleiß

                                                               9
Wirkungsbericht - Caritas Österreich
Foto: K. Pichler
                                                                                                                                StreetworkerInnen
                                                                                                                          kennen die Schlafplätze
                                                                                                                          obdachloser Menschen

Caritas Kältetelefon,
                                                                                                                           und bringen bei Bedarf
                                                                                                                                     Schlafsäcke.

guten Abend!
LebensretterInnen am Telefon. Wenn Sie bei klirrender Winterkälte die Nummer
des Caritas Kältetelefons wählen, können Sie einen obdachlosen Menschen vor
dem Erfrieren retten. Freiwillige HelferInnen wie Frau Zinner helfen Ihnen dabei.

Wenn die Telefonanlage blinkt, dann           bringen die Menschen in Notquartiere.“                    Obdachlosen Menschen effektiv helfen
weiß Brigitte Zinner, dass da draußen         Eine Schicht am Kältetelefon dauert                       Ganz oft seien es Hundebesitzer oder
jemand ihre Hilfe braucht. „Und im ver­       vier- bzw. viereinhalb Stunden. Ein- bis                  Jogger, die beim Kältetelefon anrufen.
gangenen Winter hat sie oft geblinkt.         zweimal pro Woche nimmt Frau Z   ­ inner                  „Für uns ist es hilfreich, entweder die
Da ist es richtig rund gegangen“, sagt        Anrufe am Kältetelefon entgegen.                          genaue Adresse oder eine möglichst
die 64-Jährige, die zwischen November                                                                   präzise Beschreibung der Örtlichkeit
und April als eine von 60 Freiwilligen                                                                  zu bekommen“, erklärt Zinner. „Umso
beim Caritas Kältetelefon in Wien mit­                                                                  ­genauer die Beschreibung des obdach­
arbeitet. „Zum Höhepunkt der Kälte­                                                                      losen Menschen, desto besser können
welle waren wir teilweise zu dritt: drei                                                                 wir die Notlage einschätzen. Atmet
Freiwillige und eine Sozialarbeiterin“,                                                                  der Mensch und was hat die Person
sagt Frau Zinner. Mehr als 7.200 A  ­ nrufe                                                              an? Liegt er oder sie auf einer Schlaf­
haben sie und ihre KollegInnen im                                                                        unterlage – ein Hinweis, dass es sich
vorigen Winter entgegengenommen.                                                                         hier um einen Schlafplatz handelt?“
                                                                                                         Manchmal würden AnruferInnen dann
Schichtdienst am Telefon                                                                                 extra nochmals zurückgehen, um sich
                                                                                    Foto: Ch. Steiner

„Wir notieren die Schlafplätze von                                                                       zu vergewissern, erzählt Zinner, die im
obdachlosen Menschen und die                                                                             kommenden Winter wieder am Hörer
Streetwork-Teams erstellen danach die                                                                    des Kältetelefons helfen wird. „Wenn ich
Routen“, erklärt die pensionierte Sozial­                                                                weiß, dass obdachlose Menschen jetzt
arbeiterin. „Die StreetworkerInnen suchen        Brigitte Zinner ist eine von vielen                     wieder ein warmes Bett für die Nacht
diese Plätze dann auf, bieten individuelle    Freiwilligen, die an den Kältetelefonen                    haben, dann habe ich schon das Gefühl,
Hilfe, verteilen warme Schlafsäcke oder              in ganz Österreich sitzen.                          wirklich etwas bewirkt zu haben.“

10
Hilfe für Menschen in Not
                                                                                                                                                                              2018

Carlavelorep
Die Fahrradwerkstatt macht fit
für den Arbeitsmarkt
Das neue Beschäftigungsprojekt in Salzburg bringt
frischen Schwung für Menschen und Räder.

Carlavelorep ist mehr als eine Fahrrad­       Upcycle your Bicycle
werkstatt: In der Elisabethstraße 17 in       Caralvelorep ist es der beste Beweis
Salzburg finden junge M  ­ enschen, die       dafür, dass alte Fahrräder noch lange
am Arbeitsmarkt Fuß fassen m   ­ öchten,      nicht zum alten Eisen gehören: Fast
neue Perspektiven. Für die Dauer              jedes Zweirad lässt sich mit H  ­ ingabe
von einem Jahr werden hier bis zu             und Fachkenntnis wieder zum L      ­ aufen
zwölf TeilnehmerInnen beschäftigt.            ­bringen. Im angeschlossenen Shop
Sie ­lernen nicht nur fahrradrelevante         finden KundInnen leistbare, voll
­technische Fertigkeiten und K ­ enntnisse,    intakte Second-Hand-Räder sowie
 sondern auch einen strukturierten             Ersatz­teile und schicke Accessoires.
 Arbeitsalltag kennen. „Wir befinden uns       ­Carlavelorep freut sich über die
 hier in keinem geschützten R ­ ahmen,          ­Spende von nicht mehr b ­ enötigten
 ­unsere Mitarbeiter müssen unter                Rädern, die überholt werden, um
  ‚Echt-Bedingungen‘ arbeiten“, erklärt          ­wieder jemandem Mobilität zu bieten.
  Projekt-Verantwortlicher Martin Huber.

Schritte in den Arbeitsmarkt

                                                                                                                          Foto: Caritas/Andreas Schütz
Angeleitet und unterstützt von Fach­
anleitern lernen die 15- bis 30-­Jährigen
nicht nur das, was sie in der Fahr­
radwerkstatt und dem angeschlosse­
                                                                                           Foto: Caritas/Andreas Schütz

nen Shop können müssen, s­ ondern
­werden danach auch bei ihren
 ­Schritten in den regulären Arbeits­
  markt begleitet. Vom AMS erhalten
  die Beschäftigten den Lebensunter­                                                                                      Carlavelorep ist für junge
                                                                                                                          Menschen ein Sprungbrett in
  halt, die Sozial­abteilung des Landes
                                                                                                                          den regulären Arbeitsmarkt.
  Salzburg zahlt heuer 137.000 Euro
  für Personal- und S ­ achkosten.

36 Sozialberatungsstellen                     12 Mutter-Kind-Häuser                                                       8.544 Personen e
                                                                                                                                         ­ rhielten
in ganz Österreich haben                      bieten 447 Wohnplätze                                                       Rückkehrberatung
65.029 Menschen beraten und
unterstützt                                   450 Startwohnungen                                                          169 Integrationsprojekte
                                              für Wohnungslose                                                            für ein besseres Miteinander
42 Wohnungs­losen­
einrichtungen                                 106 Beschäftigungsprojekte                                                  1.283 MitarbeiterInnen
mit 2.137 Schlafplätzen                       bieten insgesamt 1.492 Arbeits­plätze                                       in der Flüchtlings- und
                                              für langzeitarbeitslose Menschen                                            MigrantInnenhilfe
26 Einrichtungen
für ambulante Beratung,                       50.000 Freiwillige
­Ausspeisung und medizinische                                                                                             4.661 Quartiersplätze
                                              in ganz Österreich, davon 20.000 in
 Betreuung                                    Einrichtungen bzw. Projekten und                                            für AsylwerberInnen
                                              30.000 Pfarrcaritas-MitarbeiterInnen

                                                                                                                                                                                11
Menschen mit
Behinderung
Barrierefrei
                 Mittendrin
                 statt nur dabei
                 Inklusion ist für die Caritas A
                                               ­ usdruck
                 der Menschenwürde. Jeder Mensch
                 ist anders – und doch in seiner Würde
                 gleich. Eine inklusive Gesellschaft
                 basiert auf einer g­ emeinsamen
                 Vision. Sie erkennt an, dass die
                 Gesellschaft aus vielen Menschen
                 besteht, die alle unterschiedlich sind.
                 Behinderung ist nur eine Dimension
                 von vielen. Beim Thema I­nklusion
                 steht nicht Gleichheit sondern
                 Gleichwertigkeit im Mittelpunkt und
                 Barrierefreiheit ist Voraussetzung
                 für Inklusion. Sie ermöglicht es Men­
                 schen mit Behinderung, das „Spiel­
                 feld“ der Gesellschaft zu betreten.

                 Die Caritas will KlientInnen mög­
                 lichst vielfältige Bildungswege eröff­
                 nen. Beratung, Bildungsangeboten
                 oder Schulassistenz sollen dabei
                 unter­stützen. Für die erfolgreiche
                 ­Begleitung von Menschen mit Behin­
                  derung ist es wichtig, ihre Stärken
                  in den Mittelpunkt zu stellen und
                  ihnen deren Umsetzung z­ uzutrauen.
                  Die Caritas bietet Menschen mit
                  Behinderung bereits heute viele
                  Angebote, um die Inklusion am regu­
                  lären Arbeitsmarkt zu unterstützen.
                  Beispiele sind Transit­arbeitsplätze,
                  das Jugend- oder Jobcoaching,
                  Arbeitsassistenz oder die Möglich­
                  keit, eine „verlängerte“ Lehre zu
                  machen oder eine Teil­qualifizierung
                  zu erwerben. Zu wählen, wie, wo
                  und mit wem man wohnen möchte,
                  ist Ausdruck persönlicher Selbst­
                  bestimmung. Inklusion beim Wohnen
                  bedeutet für Menschen mit Behinde­
                  rung, ­dieselben Auswahlmöglichkeiten
                  und -einschränkungen zu haben, wie
                  der Durchschnitt der Bevölkerung
                  ohne Behinderung. In Einrichtungen
                  der Caritas können v­ erschiedene
                  Wohnformen gewählt werden.
Foto: Wildbild

                                                           13
Menschen mit Behinderung
2018

Pädagoge auf vier Pfoten
Kindergarten St. Isidor. Labrador-Retriever Joey ist der Star
im Heilpädagogischen Kindergarten der Caritas in St. Isidor in
Leonding – und viel mehr als ein großes Kuscheltier.

Vormittags in der Gruppe von Kinder­        Joey hat Efe zum Reden gebracht                            Therapiehund stärkt
gartenpädagogin Sandra Kainzinger in        „Vor etwa einem halben Jahr ist                            das Selbstbewusstsein
St. Isidor: Sieben Buben und Mädchen        Efe von einem städtischen Kinder­                          Sandra Kainzinger aus Linz-Urfahr
zwischen vier und sieben Jahren wuseln      garten zu uns gekommen, weil er                            arbeitet seit 2011 erfolgreich mit
geschäftig in ihrem lichtdurchfluteten      nicht reden ­wollte“, erzählt ­Kainzinger.                 ­Therapiehunden im Heilpädagogischen
Gruppenraum umher. Mittendrin: The­         Jetzt ­spräche der Vierjährige von                          Kindergarten. Mit Ende September hat
rapiebegleithund Joey, der es sich auf      Woche zu Woche mehr. Einen großen                           Joey seinen Dienst im Kindergarten
dem Teppich in der Mitte des Raumes         Anteil an diesem Erfolg habe Joey,                          angetreten. Joey begleitet sie vier Mal
gemütlich gemacht hat. Jedes Kind will      ist die Kindergarten­pädagogin über­                        pro Woche in den Kindergarten. „Auch
dem schokobraunen Labrador Gutes            zeugt. Der Hund habe dem Buben                              wenn ihn die Kinder gerne jeden Tag
tun. Ein Mädchen fällt dem Hund f­reudig    seine ­Hemmungen ­genommen,                                 da hätten – am Mittwoch hat er seinen
um den Hals und herzt ihn innig, ein        daher habe Efe das B   ­ edürfnis ent­                      freien Tag. Denn Pausen sind in seinem
Bub eilt mit einer Bürste herbei, um        wickelt, sich anderen m  ­ itzuteilen.                      Job sehr wichtig“, erklärt Kainzinger.
das Tier zu striegeln. Der vierjährige      Alle Kinder in Kainzingers Gruppe                           Einsatzort für Joey ist eine Gruppe von
Efe läuft zur Spielzeugküche, er will für   profitieren von Joeys A ­ nwesenheit.                       sieben Kindern mit Beeinträchtigung.
Joey kochen. „Füttern!“, sagt er und        Kinder, Eltern und Pädagoginnen                             Kontakt mit dem Hund gibt es natür­
hält der Pädagogin die Töpfe hin.           sind von Joeys Wirkung begeistert.                          lich immer nur unter Aufsicht und das
                                                                                                        Kind wählt selbst, wie nahe es dem
                                                                                                        Vier­beiner ­kommen möchte. Selbst
                                                                                                        wenn sie ihn nicht a  ­ nfassen wollen, die
                                                                                                        alleinige Anwesenheit von Joey wirkt.
                                                                                                        Der Hund motiviert die Kinder zu kom­
                                                                                                        munizieren. „Kinder mit sprachlicher
                                                                                                        ­Beeinträchtigung treten oft eher mit
                                                                                                         dem Hund in Interaktion als mit uns
                                                                                                         Pädagoginnen oder anderen K     ­ indern“,
                                                                                                         sagt Kainzinger. Ein Fixpunkt im Hunde-
                                                                                                         Kindergartenalltag ist auch das gemein­
                                                                                                         same Füttern von Joey. Dabei werde
                                                                                                         die Feinmotorik und die Konzentration
                                                                                                         trainiert, so Kainzinger. Und am Wichtigs­
                                                                                                         ten: Der Umgang mit dem T    ­ herapiehund
                                                                                                         stärke auch das Selbstbewusstsein der
                                                                                                         Kinder. „Ein Kind, das immer eine Hand
                                                                                                         braucht, um im Raum herumzugehen,
                                                                                                         geht plötzlich alleine, nur weil es die
                                                                                                         Leine von Joey in der Hand hat.“
                                                                                   Foto: Caritas

                                                                                                   Caritas Mitarbeiterin Sandra
                                                                                                   Kainzinger und Therapiehund
                                                                                                   Joey bei der Arbeit.

14
Persönliche Assistenz
                                                            Volles Vertrauen,
                                                            helfende Hände
                                                            Die Caritas Salzburg hilft Menschen                      Assistenz bedeutet für mich, dass ich
                                                            mit Behinderungen persönliche                            ein ­unabhängiger Mensch sein kann
                                                            AssistenInnen zu finden. Teresa Eisl                     und mein Leben so gestalte, wie ich
                                                            hat so eine Freundin gefunden.                           möchte. Im Jahr 2018 begleiteten ins­
                                                                                                                     gesamt 32 AssistentInnen zwölf Auftrag­
                                                            „Kathinka und ich sind ein eingespieltes                 geberInnen mit ­unterschiedlichen
                                                            Team. Wir vertrauen uns gegenseitig                      Behinderungen. Die ­Unterstützung
                                                            und sind Freunde geworden“, sagt                         reicht von der Körper­pflege und Hilfe
                                                            Teresa Eisl. Kathinka van Zuilen ist                     beim An- und Auskleiden über hauswirt­
                                                            eine ihrer drei persönlichen Assisten­                   schaftliche Tätigkeiten und B
                                                                                                                                                 ­ egleitung
                                                            tInnen, die ihr im Alltag unterstützend                  bei Arztbesuchen und B  ­ ehördenwegen
                                                            zur Seite ­stehen. Teresa Eisl, 25, nutzt                bis zur Freizeitgestaltung.
                                                            seit mehr als 10 Jahren einen ­Rollstuhl –
                                                            und die ­helfenden Hände einer
                                                            ­persönlichen Assistenz: „Persönliche

                                                                                                                     1.653 Menschen
                                                                                                                     mit Behinderung
                                        Foto: A. Schuetz

                                                                                                                     in betreutem Wohnen
                                                           Theresa Eisl und Kathinka
                                                           van Zuilen als perfekt                                    1.614 Werk­stätten­plätze
                                                           einge­spieltes Team
                                                                                                                     für Menschen mit Behinderung

                                                                                                                     15.423 ­Betreuungsplätze
                                                                                                                     für Menschen mit Behinderung

Arbeit ohne Barrieren
                                                                                                                     3.894 MitarbeiterInnen
                                                                                                                     für behinderte und p
                                                                                                                                        ­ sychisch
Mit Kompass zum Traumjob                                                                                             kranke Menschen

Lukas Muther ist 18 Jahre alt und arbeitet seit einem Jahr in
der Reha-Klinik Montafon – damit geht ein Traum in Erfüllung.

Jeden Wochentag schlüpft Lukas in seine                     Reha-Klinik. Daraus wurde ein ein­                       wir mit ihm ein zweiwöchiges Mobilitäts­
Arbeitskleidung, steckt sich sein Namen­                    monatiges Praktikum und s­ chließlich                    training und seither fährt er selbst­
schild an und greift sich sein Werkzeug.                    eine feste Anstellung“, berichtet so                     ständig mit Bus und Bahn zum Arbeits­
Rund 20 Stunden arbeitet Lukas an                           ­Marina Zugg, Leiterin von Kompass.                      platz und wieder nach Hause.“
seinem integrativen Arbeitsplatz und                         „Da Lukas in Nüziders lebt, ­absolvierten               Für Menschen mit Lernschwierig­
er macht das mit großer Begeisterung:                                                                                keiten kann sich die Integration auf
Lukas räumt die Außenanlagen auf,                                                                                    dem Arbeitsmarkt mitunter schwierig
betreut die Teestation und die Bibliothek,                                                                           gestalten. Mit dem Projekt Kompass
putzt Tische und wird bald die Patienten­                                                                            soll den Jugendlichen eine Perspekti­
mappen zusammenstellen dürfen.                                                                                       ve geboten werden. Ziel des Projekts:
                                                                                                                     die Vermittlung eines integrativen
Unterstützt wird der junge Mann                                                                                      Arbeitsplatzes mit gleichwertigem
neben der „Kompass“ Arbeits­                                                                                         Gehalt. Neben der zweijährigen Quali­
assistentin S ­ abrina Berchtel auch von                                                                             fizierung, die sich vorrangig an Schul­
einem internen Mentor. Im Rahmen                                                                                     abgänger richtet, bietet die Initiative
des Caritas-­Qualifizierungsprojektes                                                                                auch die direkte Unterstützung bei der
­Kompass für Schulabgänger mit Beein­                                                                                Arbeitssuche und am Arbeitsplatz.
 trächtigung wurde Lukas optimal auf
 seine ­künftige Arbeit vorbereitet: „Da
 für Lukas immer klar war, dass er im
                                                                                                   Foto: Caritas

 Gesundheitsbereich arbeiten m   ­ öchte,
 waren wir sehr dankbar über die Mög­                                                                              Lukas fand einen Arbeits­
 lichkeit eines Schnupper­tages in der                                                                             platz in einer Klinik.

                                                                                                                                                            15
Kinder und
Jugendliche
Zukunftsperspektiven
                 Hilfe finden,
                 Stärken entfalten
                 Hilfe in Erziehungsfragen, Unterstützung
                 bei der Suche nach einem Ausbildungs­
                 platz, einem Kindergarten oder einem
                 Zufluchtsort oder einfach jemanden
                 zum Reden: Das Angebot der Caritas
                 für ­Kinder und Jugendliche reicht von
                 ­Bildung und Betreuung bis zu B  ­ egleitung
                  und Therapie und bietet Raum zum
                  Durchatmen und Wachsen. Wir unter­
                  stützen Kinder und Jugendliche in der
                  Ausbildung, helfen ihnen bei der Job­
                  suche und bieten ihnen Beschäftigung.
                  In den Caritas Kindereinrichtungen wird
                  jedes Kind in seiner Einzigartigkeit ange­
                  nommen. Ziel ist es, individuell auf die
                  Kinder einzugehen und die Arbeit an
                  ihren Bedürfnissen zu orientieren. Sie
                  sollen ihre Stärken entfalten können und
                  in einem harmonischen Miteinander die
                  Welt kennenlernen können. Jugendliche,
                  die ihr Zuhause verlieren oder dieses
                  aus verschiedensten Gründen v­ erlassen
                  müssen, finden in Häusern der Caritas
                  Unterschlupf und ein offenes Ohr.

                 Nicht allen Eltern ist es möglich, ihre
                 ­Kinder beim Lernen zu unterstützen.
                  Wenn Mama und Papa b     ­ erufstätig
                  sind, wenn zu viel Wirbel daheim
                  ein konzentriertes Arbeiten unmög­
                  lich macht, wenn das sprachliche
                  Verständnis fehlt, um Lerninhalte zu
                  begreifen, dann finden die Kinder Hilfe
                  im Caritas Lerncafé. Hier bekommen
                  sie kostenlosen Nachhilfe­unterricht
                  und Hilfe bei den Hausaufgaben.

                 Nicht zuletzt gibt es in ganz Österreich
                 umfangreiche Angebote für junge Men­
                 schen, sich für andere einzusetzen und
                 sich sozial zu engagieren. Sei es in der
                 Jugendorganisation youngCaritas oder
                 in österreichweiten Aktionen wie die 72h
                 ohne Kompromiss – gemeinsam bewirken
                 die jungen UnterstützerInnen Wunder.
Foto: Wildbild

                                                            17
Sprachenvielfalt
im Kindergarten
Frühförderung. 15 von 22 Kindern sprachen
kein Deutsch, als sie in die Gruppe von Romana
Lettner kamen. Geredet wird mit Händen und
Füßen – und es klappt.

Auf dem Tisch liegen Stempelformen                                    fällt das Wort nicht ein, doch sie lässt
und Plastilin in allen erdenklichen                                   sich davon nicht abhalten. Sie steht auf,
­Farben. Rundherum sitzen fünf Kinder                                 breitet die Arme weit aus, die Augen
 und eine junge Frau mit Kurzhaarschnitt.                             nach oben gerichtet und lacht. Für einen
 Sie ist ganz dem Mädchen neben sich                                  kurzen Moment ist sie ein Schmetterling.
 zugewandt und hält immer wieder eine
 der Stempelformen hoch. „Was ist                                     Kinder aus 16 Nationen
 das?“, fragt sie. „Ein Hund!“, ruft das                              Den Kindergarten in der Linzer              die für die Sprachförderung angestellt
 Mädchen. Lathumika, die aus Sri Lanka                                ­Pillweinstraße besuchen Kinder aus         wurde, unterstützte die Kinder zusätz­
 kommt, strahlt übers ganze Gesicht.                                   16 ­Nationen. Sie kommen aus Litauen,      lich. Und nach zwei Wochen verstanden
 Romana Lettner hält weitere Formen                                    Ungarn, Kroatien – und auch aus Öster­     die Kinder alles, was Romana Lettner
 hoch. „Fisch! Stern! Dicke Katze!“ Die                                reich. Als Romana Lettner die Gruppe       sagte. Nach wiederum einigen Wochen
 Kindergartenpädagogin lacht. Die Katze                                übernahm, sprachen die meisten K ­ inder   kamen von ihnen die ersten Worte auf
 auf dem Stempel ist tatsächlich ziemlich                              kein Wort Deutsch – eine große Heraus­     Deutsch. „Das ist dann wirklich schön,
 rundlich. Sie greift nach der nächsten                                forderung. Die Kommunikation lief          wenn sie zu reden beginnen“, meint
 Form. „Butterfly!“, ruft Lathumika. „Und                              daher – wie beim Schmetterling – mit       sie. „Und du weißt, alles, was sie an
 auf Deutsch?“, fragt Romana. Lathumika                                Händen und Füßen. Eine Pädagogin,          Deutsch gelernt haben, ist wegen dir.“

Jugend hilft
72 Stunden ohne Kompromiss
4.000 Jugendliche setzten bei                                         Über den Tellerrand schauen, Ärmel          für einen sozialen Zweck ein. So entwarfen
Österreichs größter Jugend­                                           hochkrempeln, sich für andere ein­          Jugendliche in Wien Aktivierungsboxen für
sozialaktion starkes Zeichen für                                      setzen: Über 4.000 Jugendliche waren        Menschen mit Demenz oder verwandelten
Solidarität und Zusammenhalt.                                         von 17. bis 20. Oktober 72 Stunden          in Pfaffing gemeinsam mit beeinträchtigten
                                                                      lang ­BotschafterInnen für Solidarität      Menschen einen Raum in eine g      ­ emütliche
                                                                      und Nächstenliebe. Mit dem neunten          Wohlfühloase mit Arbeitsbereich und
                                                                      Durchgang von Österreichs größter           erlebten dabei Inklusion und Gemein­
                                                                      Jugendsozial­aktion, organisiert von        schaft. In Klagenfurt sammelten Jugend­
                                                                      der Katholischen Jugend Österreich in       liche haltbare Lebensmittel und Hygiene­
                                                                      Zusammen­arbeit mit youngCaritas und        artikel für eine Tagesstätte für obdachlose
                                                                      Hitradio Ö3, bewiesen junge Menschen        Menschen. Bei einem Projekt in Innsbruck
                                                                      einmal mehr, dass soziales E ­ ngagement    unterstützten die Jugendlichen eine
                                                                      Spaß macht, sie gemeinsam Groß­artiges      Winter­notschlafstelle und in Rosenau revi­
                                                                      bewegen, kompromisslos ­anpacken            talisierten Jugendliche einen ungenutzten
                                       Foto: Kath. Jugend Salzburg

                                                                      und Realität gestalten können. Unter        Park. „Junge Menschen in ganz Österreich
                                                                      dem Motto „Challenge your Limits“           haben gezeigt, dass soziales E   ­ ngagement
                                                                      ­setzten sich die TeilnehmerInnen in        auch Spaß machen kann. Mein h       ­ erzliches
                                                                       rund 300 Projekten in ganz Österreich      Dankeschön an alle Teilnehmerinnen
                                                                                                                  und Teilnehmer und an all jene, die
                                                                     Ende Oktober waren                           den Jugendlichen diesen Einsatz und
                                                                     Jugendliche in ganz Österreich               Dienst am Nächsten ermöglicht haben“,
                                                                     72 Stunden im Einsatz.                       so Caritas Präsident Michael Landau.

18
Kinder und Jugendliche
                                                                                                                            2018

                                            Integration
                                            „Danke, dass Sie mit mir gelernt haben!“
                                            In den Lerncafés der Caritas werden Kinder und
                                            Jugendliche im Alter von 6 bis 15 Jahren beim Lernen,
                                            bei den Hausaufgaben und der Vorbereitung für
                                            Schularbeiten unterstützt. Erkan ist eines dieser Kinder.

                                            Es war Anfang Dezember als Erkan             SchülerInnen – die meisten davon mit
                                            mit einem breiten Grinsen ins Lerncafé       Migrationshintergrund – konnten die
                                            kommt, um stolz zu berichten: ein „Sehr      Schulstufe erfolgreich abschließen.
                                            gut“ auf die Englisch-Schularbeit und        Neben der Lernhilfe bei den Haus­
                                            ein „Gut“ auf die Deutsch-Schularbeit.       aufgaben sowie der Vorbereitung auf
                                            „Danke, dass Sie immer mit mir gelernt       Schularbeiten und Tests stehen die Stär­
                            Foto: Caritas

                                            haben“, sagt Erkan zu den Mitarbeite­        kung der Deutschkenntnisse sowie der
                                            rInnen, die mit ihm für diese Prüfungen      Lesekompetenz und das Vermitteln von
                                            gelernt hatten. „Ich will jetzt oft kommen   Freude am Lernen im Fokus der Caritas
                                            und brav sein.“ Erkan ist 11 Jahre alt,      Lerncafés. Darüber hinaus erfahren Kin­
          In Romana Lettners                hat türkische Wurzeln und kommt seit         der und Jugendliche Hilfestellung in ihrer
           Gruppe kommt der                 Anfang 2016 zwei Tage pro Woche              Persönlichkeitsentwicklung und lernen
             Spaß nie zu kurz.              ins Lerncafé. Der aufgeweckte Junge          den wertschätzenden Umgang mit unter­
                                            besucht die erste Klasse einer NMS.          schiedlichen Kulturen und Religionen.
                                            Er hat einen großen Bewegungsdrang
                                            und sehr viel Energie. Oft kämpft
                                            Erkan mit starken Konzentrations- und        Freiwillige helfen bei den Hausaufgaben.
                                            ­Motivationsschwierigkeiten. Im Lern­
                                             café braucht er meistens Einzelbetreu­
                                             ung, da er sonst sehr schnell frustriert
                                             ist und aufgibt. Dank der Geduld und
                                             des Einfühlungsvermögens der Mitar­
                                             beiterInnen und der Freiwilligen hatte
                                             Erkan schließlich Erfolg in der Schule.

                                            Lernhilfe in 54 Lerncafés
                                            Erkan ist eines von 2.100 Kindern und
                                                                                         Foto: Ch. Dusek

                                            Jugendlichen, die im Jahr 2018 öster­
                                            reichweit in 54 Lerncafés auf dem Weg
                                            zu einem positiven Schulabschluss
                                            unterstützt werden. 98 Prozent der

100.024 Kinder                              3.021 Einheiten                              54 Familienberatungsstellen
und Jugendliche                             Bildungsmaßnahmen                            in ganz Österreich
erreicht die youngCaritas                   und Workshops der YoungCaritas
                                            zu Hunger, Armut, Fremdsein,                 440 Kinderbetreuungs­
756 Aktionen, ­                             ­interkulturelle Vielfalt                    einrichtungen
Projekte und Events                                                                      bieten österreichweit Platz für
der youngCaritas                            390 FamilienhelferInnen                      22.900 Kinder
                                            leisten insgesamt
2.397 Jugendliche                           225.270 Einsatzstunden
engagieren sich im actionPool, dem
Freiwilligen-Pool der youngCaritas          2.862 Familien
                                            werden in Krisen von der
                                            ­Familien­hilfe unterstützt

                                                                                                                                    19
Katastrophen
und Krisen
Auslandseinsätze
                   Weltweite
                   Überlebenshilfe
                   Katastrophenhilfe ist oft ein Wettlauf
                   mit der Zeit. Rasche und bedarfsorien­
                   tierte Versorgung von Menschen, die
                   durch Wirbelstürme oder Erdbeben
                   alles ­verloren haben oder zwischen den
                   ­Fronten versuchen, ihre Familie Tag
                    für Tag über die Runden zu b     ­ ringen,
                    ­ermöglicht Überleben. Es geht darum,
                     Lebensmittel, Trinkwasser oder Zelte
                     möglichst rasch in die Krisenregion
                     zu bringen. Aktuelle humanitäre Kata­
                     strophen im Kontext von K    ­ onflikten
                     und Flucht ­zeigen uns aber auch
                     deutlich, dass akute Not- und Über­
                     lebenshilfe über einen langen Zeitraum
                     und vor allem unter s­ chwierigsten
                     ­Umständen geleistet werden muss.
                      Durch ihr inter­nationales Netz kann die
                      Caritas im ­Notfall sofort helfen. Rund
                      um den Globus leisten lokale Caritas
                      ­HelferInnen kompetente Soforthilfe.

                   Möglich ist dies unter anderem auch
                   durch die bestehenden pfarrlichen
                   Strukturen, über die Hilfe im d
                                                 ­ irekten
                   Austausch mit den Betroffenen g   ­ eleistet
                   werden kann. Diese ermöglichen, auch
                   vor, während und nach Katastrophen
                   oder Konflikten für die M
                                           ­ enschen
                   da zu sein. Darüber hinaus kann
                   die Caritas auch dann noch h  ­ elfen,
                   wenn andere Hilfsorganisationen ihre
                   Arbeit bereits einstellen mussten.

                   Auf den folgenden Seiten berichten
                   Caritas HelferInnen über die vielfältigen
                   Herausforderungen. Die Problemlagen,
                   vor denen die Humanitäre Hilfe und
                   damit auch die Caritas stehen, sind
                   so groß wie nie zuvor, doch mit Ihrer
                   ­großartigen Unterstützung konnten wir im
                    Jahr 2018 vielen Menschen beistehen.
Foto: P. Wiggers

                                                              21
Foto: Caritas India
Beistand für Hochwasser-
Opfer in Indien
Indien. Der südindische Bundesstaat Kerala wurde im August 2018 von der schlimmsten
Flut seit 100 Jahren heimgesucht. Die Caritas leistete vor Ort Katastrophenhilfe.

 Die Menschen in Südindien sind an            Rund 23 ­Millionen Menschen waren             sodass in den Monaten nach der
 schweren Monsun-Regen und d        ­ essen   un­mittelbar vom Hochwasser betroffen.        Katastrophe nichts angebaut w  ­ erden
 schlimme Folgen gewöhnt. Doch die                                                          konnte. Um die Lebens­grundlagen
 Flut im August des Vorjahres war             Lebensmittel und Hygieneartikel               der Menschen wiederherzustellen,
­besonders verheerend: ­Hunderte              Durch beschädigte Toiletten und               unterstützt die Caritas die Arbeit der
 ­Menschen ­ertranken oder kamen              das ­stehende Wasser war die Gefahr           ­lokalen Organisation mit 30.000 Euro.
  bei E ­ rdrutschen ums Leben. Eine          von Krankheiten besonders hoch.
  ­Million Menschen ­musste in Notunter­      Dem ­Ausbruch von Krankheiten und             Präventive Maßnahmen
   künften untergebracht und i­nsgesamt       ­Epidemien vorzubeugen, war eine              Während der Monsunzeit zwischen
   bis zu 3,7 ­Millionen ­Menschen in          besondere ­Herausforderung in der Not­       Juni und September kommt es in der
   Camps ­versorgt w  ­ erden. Die am          hilfe. In 24 Diözesen im Bundesstaat         Region regelmäßig zu Überschwem­
 stärksten ­betroffenen Regionen sind          Kerala half die Caritas mit Wasser,          mungen. Daher ist die Caritas seit
 Idukki, ­Wayanad, ­Pathanamthitta,            Lebensmitteln und Hygieneartikeln,           Jahren mit Hilfsprojekten vor Ort. Und
   Alleppey, Palakkad, Thrissur,               sowie mit Kleidung. Besonders für die        die umgesetzten Katastrophenvorsorge­
   ­Ernakulam und Malappuram.                  ärmsten Bevölkerungs­schichten waren         programme zeigen positive Wirkung:
                                               diese Lebensmittel überlebenswichtig,        Die Zahl der Menschen, die bei den
Kerala ist mit einer Fläche von rund           da viele in den Fluten auch ihre Vor­        Katastrophen ihr Leben verlieren, hat
39.000 km2 nicht ganz halb so groß             räte verloren hatten. D ­ arüber hinaus      sich im vergangenen Jahrzehnt erheb­
wie Österreich, hat aber m­ indestens          ­wurden durch die Wasser­massen land­        lich reduziert. Die materiellen S
                                                                                                                            ­ chäden
37 Millionen EinwohnerInnen.                    wirtschaftliche ­Nutzflächen ­vernichtet,   bleiben jedoch weiterhin hoch.

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Katastrophen und Krisen
                                                                                                                       2018

Helfer verteilten
Lebensmittel,
Trinkwasser und
Hygieneartikel.

                    Indonesien
                    Nothilfe nach dem Tsunami
                    Bei dem Tsunami am 28. September 2018 sind 2.100
                    Menschen ums Leben gekommen, 200.000 Menschen waren
                    auf humanitäre Hilfe ange­wiesen, darunter 46.000 Kinder
                    und 14.000 alte Menschen. Die Hilfe läuft bis heute.

                    „Unser Zuhause ist nun Sperrzone, es             angeboten, um besser mit dem Stress
                    wird nie mehr bewohnbar sein“, erzählt           durch die Katastrophe umgehen zu
                    die 40-jährige Ida aus der Umgebung              können. Insgesamt hat die Caritas Öster­
                    von Palu. „Nun starten wir wieder von            reich bisher 170.000 Euro zur Verfügung
                    Null.“ Wie Ida leben 124.000 Menschen,           gestellt und dadurch 4.400 Menschen
                    die ihr Obdach verloren haben, nach wie          mit dem Nötigsten versorgen können.
                    vor in einem von etwa 900 inoffiziellen
                    Flüchtlingscamps in ­Zelten. Monate nach
                    dem Tsunami brauchen die Menschen
                    Zugang zu sauberem Trinkwasser und               Kinder und alte Menschen waren
                    Unterstützung beim Wiederaufbau der              nach dem Tsunami besonders auf
                    Infrastruktur sowie der lokalen Märkte.          Hilfe angewiesen.

                      Akuthilfe und Vorbeugung
                      Unmittelbar nach der Katastrophe
                      ­leistete die Caritas Nothilfe: Rasch
                       wurden ­Hilfsgüter verteilt und V
                                                       ­ erletzte
                    medizinisch versorgt. Gemeinsam mit
                                                                     Foto: Caritas Internationalis

                    den Partnerorganisationen wurden
                    Nahrungsmittel, Wassertanks mit inte­
                    grierten Filtern, Hygieneartikel, Planen
                    und Decken verteilt. Außerdem konnten
                    sichere Räume für Kinder zur Verfügung
                    gestellt ­werden. Dort konnten sich die
                    Kinder von den Schrecken erholen und
                    ­Familien entlastet werden. Um den Aus­
                     bruch von Krankheiten zu unterbinden,
                     führten HelferInnen Hygienetrainings
                     durch. Die indonesische Caritas hat nach
                     den ersten Verteilungen ein 6-monatiges
                     Programm für 10.000 betroffene Men­
                     schen in den Regionen Palu, Sigi und
                     Donggala gestartet. Besonders für Mütter
                     und Betreuungspersonen von K       ­ indern
                     ­werden psychosoziale Aktivitäten
                                                                     Foto: Caritas Internationalis

                                    Lokale Partner­organisationen
                                            verteilen Hilfspakete.

                                                                                                                          23
Zukunft ohne
Hunger
Ernährung
                    Leben retten,
                    Hoffnung geben
                    Armut in den ärmsten Ländern der Welt
                    bedeutet, dass der Ertrag des eigenen
                    Feldes nicht ausreicht, um die Familie zu
                    ernähren. Mit Ihrer monatlichen Unter­
                    stützung leistet die Caritas überlebens­
                    notwendige Hilfe gegen den Hunger.
                    Oft kann mit geringen Mitteln wirksam
                    geholfen werden kann. In der Nothilfe
                    ­werden Menschen so rasch wie möglich
                     mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln
                     versorgt. Unterernährte Kinder und alte
                     Menschen bekommen Zusatznahrung,
                     damit ihre geschwächten Körper besser
                     gegen Krankheiten gewappnet sind.
                     Gleichzeitig arbeitet die Caritas mit Ihrer
                     Unterstützung in derzeit 50 Projekten
                     an der langfristigen Bekämpfung des
                     Hungers. Kleinbäuerinnen und -bauern
                     erhalten Saatgut, Geräte und N ­ utz­tiere
                     und werden in Anbaumethoden, zu
                     Lagerung und Vermarktung geschult.

                    Gute Ernte, bessere Bildung
                    „Mein Obst und Gemüse wächst sehr
                    gut!“, sagt Stephanie Ndekatubane
                    stolz und blickt über ihre Plantage.
                    Die 51-jährige Kleinbäuerin konnte
                    nicht zur Schule gehen und hatte nur
                    ein kleines Stück Land. Vor zwei Jahren
                    hat sie an einer Schulung der Caritas
                    ­teilgenommen und gelernt, wie sie ihren
                     Ernte­ertrag ­steigern kann. Sie wurde
                     Mitglied in einem Sparverein und kann
                     durch den Verkauf der Produkte ihre
                     ­Kinder zur Schule s­ chicken, erzählt
                      ­Stephanie. „Bildung ist am w  ­ ichtigsten.
                       Und dass ich weiß, wie ich mit den
                       ­vorhandenen Mitteln meine F   ­ amilie
                        ernähren kann.” Seit einigen Monaten
                        gibt ­Stephanie ihr Wissen an andere
                        ­Kleinbäuerinnen weiter. „Wir F ­ rauen
                         müssen zusammenhalten und unser
                         ­Schicksal selbst in die Hand nehmen.”

                       www.caritas.at/hunger
Foto: J. Weismann

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Hilfe für
Kinder in Not
Perspektiven
                    Kindern Halt
                    und Hoffnung
                    schenken
                    Mit knurrendem Magen zur S    ­ chule
                    zu gehen, im Winter mit dicken
                    ­Pullovern in der ungeheizten Wohnung
                     zu spielen oder bei Kerzenlicht die
                     Hausaufgaben machen zu ­müssen –
                     so fühlt sich Armut für Kinder an.
                     Kinder, die oft in einfachen Hütten,
                     ohne Wasser, Stromanschluss oder
                     Sanitäreinrichtungen leben. Armut
                     macht nicht glücklich. Nirgendwo.

                    Und trotzdem: Kinder haben die
                    ­unglaubliche Kraft, auch unter schwie­
                     rigsten Bedingungen ihren Mut und
                     ihre Zuversicht zu bewahren. Ihre
                     Widerstandskraft ist unglaublich, sie
                     geben nicht auf. Selbst wenn sie jeden
                     Tag vor Kälte zittern, der Magen vor
                     Hunger schmerzt oder sie wegen
                     Schüssen zusammenzucken. Selbst
                     unter widrigsten äußeren Umständen
                     können sie ­spielen, lernen und nach
                     vorne schauen. Zwischen Armut,
                     Hunger und Gewalt können Kinder
                     ihre Lebensfreude, ihre Leichtigkeit
                     und ihr Lachen bewahren. Überall.

                    Mit Ihrer Unterstützung geben wir
                    ­Kindern in den ärmsten R  ­ egionen
                     der Welt das, was sie am ­dringendsten
                     brauchen: ein ­sicheres ­Zuhause,
                     liebevolle Betreuung, ­Bildung
                     und genügend zu essen. Mit Ihrer
                     Hilfe können wir Kindern in Not
                     Halt und Hoffnung schenken.

                      www.caritas.at/kinder
Foto: J. Weismann

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Hilfe für Kinder in Not
2018

Die ganze
Zukunft in jedem
einzelnen Kind
Interview. Wenn es um die Hilfe für Kinder in Not und
deren Rechte geht, weiß niemand besser Bescheid,
als Birgit Ertl. Die 49-Jährige spricht darüber, warum
sie sich für Kinder weltweit einsetzt, deren erstaunliche
Widerstandskraft und darüber, wie eine einfache
Fahrkarte ein Leben verändern kann.

Trotz Kinderrechten gehen weltweit            kleine Dinge, die einzelnen Kindern,                   Was motiviert dich persönlich,
mehr als 260 Millionen Kinder nicht           ­Hoffnung geben und Zukunft ermögli­                   dich für Kinder in Not einzusetzen?
zur Schule. Wie kann das sein?                 chen. In Gegenden wie der Ukraine geht                Jedes Kind, dem wir in die Augen
Das ist ein Skandal! Da reden wir haupt­       es darum, geflüchteten Kindern, für die               ­schauen, hat so großes Potenzial in
sächlich von Ländern, die infra­strukturell    es überhaupt keine Angebote gibt, ein                  sich. Wenn man Kinder ernst nimmt,
schwach sind, massives Bevölkerungs­           kindgerechtes Aufwachsen zu ermögli­                   ­sie frägt, was möchtest du einmal
wachstum haben, also von Megastädten           chen. Diese Kinder brauchen jemanden,                   ­werden, da findet sich die ganze
und Slums, wo es keine Schulen gibt.           mit dem sie über ihre Ä
                                                                     ­ ngste reden                      Zukunft in jedem einzelnen Kind. Zum
Aber auch in Schwellenländern steigt           können. Jemanden, der in die F ­ amilie                  Glück habe ich die Möglichkeit, die
die Zahl der Kinder, die nicht zur Schule      kommt, und darüber redet, ob man                         Entwicklung von ­einzelnen ­Kindern
gehen. In Ländern, wo Krieg herrscht,          jemals wieder nachhause zurückkehren,                    ­mitzuverfolgen. Für diese K­ inder hat
wo Mädchen diskriminiert werden, gehen         wieder im eigenen Bett schlafen kann.                     sich durch unsere Arbeit die Zukunfts­
SchülerInnen oft erst mit zehn, dreizehn       Diese Unterstützung nimmt Angst und                       perspektive verändert. ­Dieses Potenzial,
Jahren zur ­Schule. In unserer Arbeit          zeigt den Kindern, dass es jemanden                       das in jedem Kind steckt, ein b­ isschen
schauen wir ganz besonders auf Kinder          gibt, der mich mag, wie ich bin, auch                     aufmachen zu können – diese Mög­
aus Minder­heiten, auf Mädchen und             wenn ich jetzt gerade ganz schwach bin.                   lichkeit zu haben, ist genial!
Füchtlingskinder. Diese Kinder sollen
irgendwann dazu beitragen, eine solida­
rische Gesellschaft zu formen. Wenn sie
gelernt haben, kritisch zu denken, dann
haben sie auch die Möglichkeit, ihren
Beitrag zu leisten. Wenn sie von Bildung
ausgeschlossen werden, können sie
auch nicht ihre Stimme erheben und ihre
demokratischen Rechte wahrnehmen.
Um Demokratien zu stärken, müssen
Kinder in die Schule gehen können.

Wie wird Kindern Halt und
Hoffnung gegeben?
Manchmal braucht es nur ein Essen
in der Schule, damit die Kinder in die
Schule gehen können. Oder um ein Paar                                                              Birgit Ertl arbeitet seit
                                                                                   Foto: Caritas

                                                                                                   25 Jahren bei der Caritas
Winterschuhe, die es dem z­ weiten von                                                             Österreich und leitet
drei Geschwistern ermöglicht, im Winter                                                            heute das Kinder- und
in die Schule zu gehen. Das sind viele                                                             Jugendprogramm.

28
Kinder sollen
                                                                           lernen und
                                                                           altersgemäß
                                                                           aufwachsen
                                                                           können.

                                                           Foto: Caritas

                   Zufluchtsorte
                   Geborgenheit im Kinderzentrum
                   In Kinderzentren weltweit erhalten                       sicher fühlen können. PädagogInnen,
                   Kinder Hilfe beim Lernen, warme Mahl-                    SozialarbeiterInnen und PsychologInnen
                   zeiten und liebevolle Betreuung. Hier                    geben den Kindern Geborgenheit. In
                   können sie traumatische E ­ rlebnisse                    weltweit mehr als 70 Kinderzentren finden
                   verarbeiten und einfach Kind sein –                      über 10.000 Kinder Hilfe beim L
                                                                                                          ­ ernen
                   so auch Ilya aus der Ukraine.                            und bekommen warme Mahlzeiten.
                                                                            Beim gemeinsamen Spielen können die
                   Ganz in Gedanken versunken drückt                        ­Kinder wieder unbeschwert Kind sein.
                   der 12-jährige Ilya den Tonklumpen in
                   Form. Angenehm kühl und feucht spürt
139 Projekte für   er die Masse zwischen seinen Fingern.
Kinder in Not      Das Arbeiten mit Ton hilft, es löst innere
in 30 ­Ländern     ­Blockaden und aktiviert Selbstheilungs­
                    kräfte. Denn zwischen Explosionen,                      Beim Arbeiten mit Ton verarbeiten
                    Schüssen und Minen aufzuwachsen,                        Kinder ihre Traumata.
                    hat seelische Spuren hinterlassen: Ilya
                    hat kaum noch gesprochen, Stress und
                    Angst ließen ihn auf einem Auge fast
                    erblinden. Hier im Kinderzentrum in der
                    Ostukraine, wo er verpflegt wird und
                    lernen kann, bekommt er Zeit, seine
                    Erlebnisse zu erzählen und gemeinsam
                    mit den BetreuerInnen zu verarbeiten.
                    Die Geschichten zu Ilyas Skulpturen
                    werden immer fröhlicher, seine B­ ilder
                    immer bunter und er selbst immer
                    mutiger. Jetzt kann er langsam wieder
                    von einer guten Zukunft ­träumen –
                                                                            Foto: J. Weismann

                    vom Eishockeyspielen und davon,
                    später einmal Detektiv zu werden.
                    Caritas Kinderzentren sind während und
                    nach Kriegen oder Katastrophen oft die
                    einzigen Plätze, an denen sich Kinder

                                                                                                                        29
Öffentliche Hand
2018

Elf Länder, eine Vision:
Create Common Home
Caritas Netzwerk. Das Projekt MIND schafft Aufmerksamkeit für Migration
und Entwicklungszusammenarbeit. Jugendliche leisten dabei ihren Beitrag.

Migration ist seit jeher Teil der österreichi­   gemeinsam mit ihren Partnern Aufmerk­                   In Buddy groups, Workshops und
schen Geschichte. Etwa 15 Prozent der            samkeit auf Entwicklungszusammen­                       in sogenannten actionPools bekom­
Wohnbevölkerung in Österreich haben              arbeit und das Wissen um nachhaltige                    men Jugendliche Einblick in die
eine ausländische Staatsangehörigkeit.           Entwicklung lenken. Dafür werden Orte                   Lebensrealität von Menschen mit
Gleichzeitig leben heute Millionen Öster­        der Begegnung geschaffen, in denen                      Fluchthintergrund, erleben, was sozi­
reicherInnen im Ausland. Hier wie da             Menschen die Möglichkeit haben,                         ale Aktivitäten bewirken können und
leisten Migrantinnen und Migranten               die komplexen Zusammenhänge von                         werden dann als BrückenbauerInnen
wichtige Beiträge für die gesellschaftli­        Migration und nachhaltiger Entwicklung                  in unserer Gesellschaft wirksam.
che Entwicklung in ihrer alten und ihrer         greifbar zu erleben und zu verstehen.
neuen Heimat – genau darauf will das                                                                     Der actionPool „Create Common
europaweite Projekt MIND hinweisen.              Jugendliche als BrückenbauerInnen                       Home“ der youngCaritas der Diözese
                                                 Besonders Jugendliche wirken im MIND                    Eisenstadt richtet sich an Jugendliche
MIND (Migration. INterconnectedness.             Projekt als wichtige MultiplikatorInnen:                zwischen 16 und 24 Jahren mit und
Development.) ist ein Projekt, das               Die youngCaritas in Kärnten, Wien und                   ohne Fluchthintergrund, die Interesse
von zwölf Caritas Organisationen in              NÖ Ost, dem Burgenland und Vorarl­                      daran haben, sich im Bereich Migration,
elf EU­Mitgliedsstaaten umgesetzt                berg sowie das Welthaus der Diözese                     Integration und Flüchtlingshilfe zu enga­
wird. Finanziert durch die Europäische           Innsbruck bilden die österreichische                    gieren. Bei Kick­off­Veranstaltungen,
Kommission will die Caritas Österreich           Jugendkomponente des MIND Projekts.                     Workshops und Tagen der offenen
                                                                                                         Tür in Flüchtlingsunterkünften können
                                                                                                         sich die Jugendlichen austauschen,
                                                                                                         erste Erfahrungen sammeln, sich für
                                                                                                         freiwillige Tätigkeiten anmelden und
                                                                                                         neue, eigene Aktionen planen.

                                                                                                         Informationen zu MIND:
                                                                                                            www.caritas.at/mind

                                                                                                                 Gefördert durch die
                                                                                                                 Europäische Union
                                                                                       Foto: Caritas

                                                                                                       Jugendliche im
                                                                                                       actionPool wollen sich
                                                                                                       freiwillig engagieren.

30
Menschenrechte
Derartu kämpft für ihr Recht
Im Kampf gegen Genitalverstümmelung erhält die
13-jährige Derartu Hilfe in einem Sensibilisierungsprojekt
der Caritas – und von ihrer Mutter.

Derartu ist stolz auf ihre Mutter. Dank     seelische Folgen und bringt Mädchen
ihrer Mutter kann die 13-Jährige nach       in Lebensgefahr. Weltweit sind mehr als
wie vor zur Schule gehen – genauso wie      200 Millionen Mädchen und Frauen von
ihre vier Geschwister. In ihrem Dorf Tute   Genitalverstümmelung betroffen – die
Koremete, im Süden Äthiopiens, ist das      meisten von ihnen leben in Afrika und
nicht selbstverständlich. Auch weil viele   im Mittleren Osten. Mit einer Beschnei­
Mädchen in Derartus Alter bereits ver­      dungsrate von 65 Prozent gehört
heiratet werden. Die junge Frau ist aber    ­Äthiopien zu den Ländern, in denen die
noch aus einem anderen Grund stolz           ­weibliche Genitalverstümmelung weltweit

                                                                                           Foto: Caritas
auf ihre Mutter: Gegen alle Traditionen       am weitesten verbreitet ist. Zusammen
und gesellschaftliche Konventionen hat        mit lokalen Projektpartnern und der öster­
sie verhindert, dass ihre Töchter so früh     reichischen Entwicklungszusammenarbeit
heiraten müssen und sie vor der grau­         hat die Caritas in den Diözesen Meki und
samen Genitalverstümmelung bewahrt.           Awassa das Projekt „Sekayen ­Atabizut –      Frauen werden im Kampf
Doch Derartu kann sich nicht nur auf          Lassen Sie mich nicht leiden“ ins Leben      gegen Genitalverstümmelung
eine starke Mutter verlassen. Im Gender       gerufen, um Familien und Gemeinden           unterstützt.
Club an ihrer Schule hat sie gelernt,         über die negativen Folgen der weiblichen
dass jede Frau unabhängig von Alter,          Genitalverstümmelung zu informieren
Kultur, religiösem oder sozioökonomi­         und diese zu befähigen, eine aktive Rolle
schem Status Rechte hat. Das Recht,           im Kampf gegen Genitalverstümmelung          in der Opfer beraten und behandelt
die eigene Meinung vertreten und ihr          einzunehmen. Die Caritas fördert den         ­werden wie auch medizinisches
Leben selbst bestimmen zu dürfen.             Dialog in den Dörfern, damit unterschied­     ­Personal ausgebildet wird. Im Dorf Tute
                                              liche Gesellschaftsgruppen sensibilisiert      Koremtu schließen sich immer mehr
Gemeinsam gegen ­weibliche                    werden. Dabei werden auch jene F  ­ rauen      Mädchen zusammen und erheben ihre
Genitalverstümmelung                          eingebunden, die Beschneidungen                ­Stimmen. MitarbeiterInnen des Projekts
Weibliche Genitalverstümmelung hat            durchführen. Zusätzlich unterstützt die         „Sekayen Atabizut“ stehen Derartu, den
lebenslange gesundheitliche und               Caritas auch eine Mutter-Kind-Klinik,           ­Mädchen und ihren Familien zur Seite.

1.472.000 Euro                              1.543.700 Euro                                 Die Landesregierungen
Förderungen der Austrian                    an EU Förderungen fließen 2018                 von Kärnten, Oberösterreich,
Development Agency (ADA) gehen              in Projekte in Indien, Armenien,               Steiermark, Tirol, Vorarlberg und
2018 nach Albanien, Armenien,               ­Bangladesch, Burkina Faso,                    Wien zählen zu den Förderern der
Äthiopien, Bosnien, Burkina Faso,            ­Indonesien, DR Kongo, Libanon,               Caritas Auslandshilfe.
DR Kongo, Kenia, Österreich,                  Mongolei, Myanmar, Nepal,
Pakistan und Ukraine.                         Pakistan, Philippinen. Länderüber­
                                              greifende EU-finanzierte Projekte
                                              werden mit Partnern aus
                                              europäischen Ländern und
                                              asiatischen Ländern durchgeführt.

                                                                                                                                   31
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