Wirtschaftsgeologische Beurteilung des Rohstoffs Lithium - Bachelorarbeit Julius-Maximilians-Universität Würzburg

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Wirtschaftsgeologische Beurteilung des Rohstoffs Lithium - Bachelorarbeit Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Wirtschaftsgeologische Beurteilung des Rohstoffs
 Lithium

 Bachelorarbeit

 Julius-Maximilians-Universität Würzburg

 Philosophische Fakultät

 Studienfach: Geographie

 vorgelegt von Sarah Dehling aus Weiden i.d. Opf.

 Würzburg, 2020
Wirtschaftsgeologische Beurteilung des Rohstoffs Lithium - Bachelorarbeit Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Die vorliegende Arbeit wurde im Zeitraum vom 28.04.2020 bis zum 21.07.2020
am Lehrstuhl für Geodynamik und Geomaterialforschung der Julius-Maximili-
ans-Universität Würzburg unter der Leitung von Prof. Dr. Hartwig E. Frimmel
 angefertigt.
Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................................ I

Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................. II

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................ III

Zusammenfassung ...................................................................................................................... 1

Abstract ...................................................................................................................................... 1

1 Einleitung ................................................................................................................................ 2

2 Wirtschaftsgeologische Betrachtung von Lithium .................................................................. 3

 2.1 Eigenschaften und Verwendung ....................................................................................... 3

 2.2 Vorkommen ...................................................................................................................... 6

 2.3 Abbaumethoden und Verarbeitung .................................................................................. 8

 2.4 Angebot und Nachfrage.................................................................................................. 11

 2.5 Preisentwicklung ............................................................................................................ 14

 2.6 Recycling ........................................................................................................................ 16

3 Risikobeurteilung .................................................................................................................. 17

 3.1 Geologische Verfügbarkeit ............................................................................................ 19

 3.2 Länderrisiko ................................................................................................................... 22

 3.3 Nachhaltigkeit ................................................................................................................ 25

 3.3.1 Ökonomie ................................................................................................................ 25

 3.3.2 Ökologie .................................................................................................................. 26

 3.3.3 Soziale Gerechtigkeit .............................................................................................. 31

4. Diskussion ............................................................................................................................ 32

5. Schlussfolgerung und Ausblick ............................................................................................ 35

Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 37

Anhang ..................................................................................................................................... 43

 I
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der globale Durchschnitt der Anwendungsbereiche des Endverbrauchermarktes
 von Li 2019 (A) und 2020 (B) in Prozent sowie die Verteilung der drei
 Hauptanwendungsbereiche zwischen 2010 und 2020 (C) (Datenquelle siehe Anhang 1). ... 5

Abbildung 2: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Solen (Eigene Darstellung
 nach Voigt 2014 & Dessemond et al. 2019). ......................................................................... 9

Abbildung 3: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Mineralen am Beispiel von
 Spodumen (Eigene Darstellung nach Voigt 2014 & Dessemond et al. 2019). ................... 10

Abbildung 4: Die Verteilung der globalen Li-Ressourcen und Reserven (Datenquelle: siehe
 Anhang 2). ........................................................................................................................... 12

Abbildung 5: Das weltweite Li-Angebot (U.S. Produktion ausgenommen), die weltweite Li-
 Nachfrage sowie die jährlichen durchschnittlichen Li-Karbonatpreise der Großaufträge
 innerhalb der Periode 2010 bis 2019 (Datenquelle: siehe Anhang 3). ................................ 14

Abbildung 6: Die grundlegenden Pfeiler der durchzuführenden Risikobeurteilung. ............. 18

Abbildung 7: Die Hubbert Linearisierung der Li-Produktion im Zeitraum 1975-2019
 (Datenquelle: siehe Anhang 4). ........................................................................................... 19

 II
Abkürzungsverzeichnis
Einheiten
a Jahr
cm Centimeter
g Gramm
kg Kilogramm
l Liter
Mio. Millionen
ppm parts per million
t Tonne
Wh Wattstunde
wt% Gewichtsprozent
Chemische Elemente/Formeln
Al Aluminium
B Bor
C Kohlenstoff
CO2 Kohlenstoffdioxid
F Fluor
H Wasserstoff
K Kalium
H2O Wasser
H2SO4 Schwefelsäure
Li Lithium
LiOH Lithiumhydroxid
Li2O Lithiumoxid
Li2CO3 Lithiumkarbonat
Mg Magnesium
Na Natrium
O Sauerstoff
P Phosphor
S Schwefel
Si Silizium

Weitere
B2DS Beyond 2°C-Szenario
CR Konzentrationsrate
E-Abfall elektronischer Abfall
E-Auto Elektroauto
etc. et cetera
GLR gewichtete Länderrisiko
HHI Hirshman-Herfindal-Index
LCE Lithiumkarbonat-Äquivalent
EV electric vehicel (Elektroauto)
SQM Sociedad Quimica y Minera de Chile SA
TDS total dissolved solids (gesamte gelöste Feststoffe)
usw. und so weiter
z.B. zum Beispiel
 III
Zusammenfassung

Lithium ist die Schlüsselkomponente in der modernen Energiespeichertechnologie und von ent-
scheidender Bedeutung für die Europäische Union, um eine klimaneutralere Mobilität durch
wiederaufladbare Li-Ionenbatterien zu etablieren. Um eine risikofreie Entwicklung zu ermög-
lichen, gilt es, die geologische Verfügbarkeit von Lithium sowie das Länderrisiko und die
Nachhaltigkeit zu überprüfen, um Engpässe prognostizieren zu können. Aktuell gibt es zwei
unterschiedliche Abbaumethoden: die Gewinnung aus Solevorkommen und aus Pegmatit.

Um die Sicherheit des zukünftigen Angebots greifbar zu machen, wird eine Hubbert Lineari-
sierung durchgeführt. Diese sowie die Ergebnisse anderer Studien zeigen, dass ausreichend Li-
thiumreserven und -ressourcen existieren. Im Gegensatz dazu hat die Bewertung des Länderri-
sikos auf Basis des prozentualen Marktanteils der Produktionsfirmen, des Konzentrationsver-
hältnisses, des Hirschman-Herfindal-Indexes sowie des gewichteten Länderrisikos ergeben,
dass es zu einem temporären Engpass kommen kann, da die globale Lithium-Versorgungskette
von einigen wenigen führenden Ländern dominiert wird. Einerseits ist der Abbau von Lithium
weniger umweltschädlich als von anderen Elementen, andererseits ist der Wasserverbrauch und
die potenzielle Wasserverschmutzung in beiden Verfahren als nicht nachhaltig zu bewerten.
Durch neue Innovationen, die beispielsweise Konzepte für die Rückgewinnung und Rückfüh-
rung des Wassers in die Salzseen entwickeln, kann die Wasserproblematik gemindert werden.
Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und auch zur Verringerung des
Länderrisikos stellt der Ausbau der Recyclingsysteme innerhalb Europas dar.

Abstract

Lithium is a key component in environmentally friendly energy storage technologies and of
crucial importance for the European Union to establish a more climate-neutral mobility with
the help of rechargeable Li-Ion batteries. In order to enable risk-free development, the geologi-
cal availability of lithium, as well as the country risk and its sustainability must be reviewed to
avoid bottlenecks. Currently there are two different mining methods: extraction from brine de-
posits and from pegmatite.

In order to ensure future supply, a Hubbert linearization is being carried out. These and other
studies show that sufficient lithium reserves and resources exist. However, the assessment of

 1
country risk based on the percentage market share of the production companies, the concentra-
tion ratio, the Hirschman-Herfindal index and the weighted country risk has shown that a tem-
porary bottleneck may occur as the global lithium supply chain is dominated by a few leading
countries. Although the mining of lithium is less environmentally harmful than that of other
elements, the water consumption and potential water pollution in both processes are un-
sustainable. The water problem can be alleviated by new innovations, for example by develo-
ping concepts for the recovery and return of water to the salt lakes. Another way to improve
sustainability and reduce country risk is to expand recycling systems within Europe.

1 Einleitung

Mit dem technologischen Fortschritt geht ein wachsender Bedarf an Rohstoffen einher. Allein
für die Herstellung eines Smartphones werden mittlerweile 60 verschiedene Stoffe benötigt,
darunter 30 Metalle (Informationszentrum Mobilfunk, 2020), deren Produktionsstandorte welt-
weit verteilt sind. Durch die Globalisierung ist der Markt weltweit verknüpft, was die Produk-
tion und Weiterverarbeitung von Gütern an verschiedenen Standorten ermöglicht. Dadurch
kann eine Importabhängigkeit entstehen. Dies zeigt sich am Beispiel der Seltenen Erdelemen-
ten, die für die Herstellung moderner Technologien essenziell sind. Mit einem Marktanteil von
fast 90% besitzt das Land China eine Monopolstellung, die als Druckmittel ausgenutzt werden
kann (iwd, 2019). Beispielsweise drohte China im Juni 2019 der USA, die Exporte Seltener
Erden einzuschränken (iwd, 2019). Ein Handelskrieg zwischen den beiden Industrienationen
hätte auch fatale Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft gehabt, da Deutschland ebenfalls
auf viele Rohstoffimporte angewiesen ist (Deutscher Bundestag, 2013). Rohstoffe sind nicht
nur für die Herstellung einer breiten Palette von Gütern und Dienstleistungen des täglichen
Lebens von wesentlicher Bedeutung, sondern auch für die Entwicklung neuer Innovationen in
der EU. Diese sind insbesondere für Entwicklung ökoeffizienterer und weltweit wettbewerbs-
fähigerer Technologien notwendig (European Commission, 2017). Im Jahr 2015 wurde auf der
internationalen Klimakonferenz in Paris beschlossen, dass die Staaten dazu verpflichtet sind,
die Weltwirtschaft auf klimafreundliche Weise zu verändern (Bmu, 2020). Um den Kohlen-
stoffausstoß zu reduzieren werden nun verschiedene Maßnahmen gesucht und diskutiert. Eine
Idee ist der Umstieg von Verbrennungs- auf Elektromotoren. Die zentrale Technologie ist hier-
bei die Lithium-Ionenbatterie, die unter anderem in Elektro- und Hybridautos, Elektrofahrrä-
dern und Elektrorollern verbaut wird. Eines der Schlüsselelemente zur Herstellung dieser Mo-
toren ist Lithium. Die Entwicklung der elektrischen Mobilität ist mit einem großen

 2
wirtschaftlichen Potenzial verbunden, das für die Entwicklung eines Landes wegweisend sein
kann. Durch die Produktion aber auch Weiterverarbeitung des Rohstoffs, die Fertigung der Bat-
terien und Vertrieb des Endprodukts erschließt sich ein neuer, zukunftsträchtiger Markt, an dem
europäische Länder, wie beispielsweise Deutschland beteiligt sein möchten (Deutscher
Bundestag, 2013). Eine Voraussetzung für eine funktionierende Lieferkette ist die Sicherheit
der Zulieferung der benötigten Rohstoffe. Zur Vermeidung eines Szenarios wie im obigen Bei-
spiel der Seltenen Erdelementen erläutert, gilt es zu prüfen, ob es eine derartige Marktstellung
eines Anbieters gibt. Wenn dies der Fall ist, sollten rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet
werden. Es gilt ebenfalls zu prüfen, ob ein Umstieg auf die E-Mobilität für den Großteil der
Bevölkerung aufgrund der geologischen Verfügbarkeit des Rohstoffes überhaupt möglich ist.
Darüber hinaus wird die Nachhaltigkeit des Lithiumabbaus bewertet, um zu überprüfen, ob
Risiken in den Abbauregionen resultieren können. Um diese Fragen zu beantworten, wird in
dieser Arbeit der Rohstoff Lithium zunächst wirtschaftsgeologisch analysiert, um die Eigen-
schaften, Verwendungsmöglichkeiten, die Vorkommen, die Abbaumethoden, die Recyclings-
möglichkeiten und den Markt bezüglich der Angebot- und Nachfragetrends sowie die daraus
resultierenden Preisänderungen aufzuzeigen. Auf Basis dieser Informationen ist anschließend
eine Risikoabschätzung durchführbar.

2 Wirtschaftsgeologische Betrachtung von Lithium

2.1 Eigenschaften und Verwendung

Lithium, kurz Li, ist ein silberweißes Alkalimetall (Gibson et al., 2017) und Silikat-liebend,
lithophil (Pohl, 2005). Als das 3. Element im Periodensystem gehört es mit einer Dichte von
0,53 g/cm³ bei 20 °C neben Wasserstoff und Helium zu den leichtesten Elementen mit der zu-
sätzlich höchsten spezifischen Hitzekapazität (Christmann et al., 2015). Es besitzt eine hohe
Reaktionsfreudigkeit und kommt daher auf natürliche Weise in Verbindungen vor (Hao et al.,
2017). Li ist in mehreren Formen auf dem Markt, nämlich als Mineralkonzentrat, Sole, Li-
Karbonat- und Li-Hydroxidverbindungen oder als Metall erhältlich (Jaskula, 2016). Je nach
Produkttyp ergeben sich unterschiedliche Verwendungszwecke. Beispielsweise ist Lithium-
Karbonat ein essenzieller Bestandteil in der Batteriekathodenproduktion, der Keramikvergla-
sung und Aluminiumelektrolysen (Hao et al., 2017). Des Weiteren eignet sich Lithium-

 3
Konzentrat zur Herstellung von Li-basierten Schmierfetten oder als Flussmittel in der Glas- und
Keramikindustrie (Hao et al., 2017).

Aufgrund des leichten Gewichts und des hohen elektrochemischen Potenzials spielt das Ele-
ment eine wichtige Rolle in der Herstellung von wiederaufladbaren Batterien (Bradley und
Jaskula, 2014). Lithium-Ionen-Batterien haben im Vergleich zu anderen Batterietypen die
höchste Energiedichte (ca. 250 Wh/kg), die längste Zykluslebensdauer, den weitesten Tempe-
ratureinsatzbereich und die geringsten Selbstentladeraten (1 – 2 %/a) (Bauer, 2017) und eignen
sich deswegen für die Anwendung in alltagsgebräuchlichen Elektroautos. Dabei wird Lithium
größtenteils als aktives Material in der positiven Elektrode (Kathode), aber auch im Elektrolyt
und untergeordnet in der negativen Elektrode (Anode) verwendet (Schmidt, 2017).

Neben der Batterieherstellung wird Li in weiteren Industriefeldern genutzt. Beispielsweise in
der Glas- und Keramikindustrie, dem zweitgrößten Anwendungsbereich. Dort wird Li der Ke-
ramik beigesetzt, um die mechanische Widerstandsfähigkeit und Resistenz gegenüber Tempe-
raturänderungen zu erhöhen (Bradley und Jaskula, 2014). Durch die Verwendung von Li bei
der Glasproduktion kann außerdem die Schmelztemperatur herabgesetzt und die Viskosität auf-
grund der höheren Schmelzrate verringert werden (Schmidt, 2017). Dadurch wird Energie ge-
spart und die Blasenbildung innerhalb der Schmelze geht zurück. Glasuren werden durch den
Einsatz von Li widerstandsfähiger gegen Chemikalien sowie Abrasion, und gewinnen zusätz-
lich an Glanz und Leuchtkraft (Schmidt, 2017).

Im Bereich der Schmierfette, die bei Zufuhr von Druck und Hitze benutzt werden, entwickeln
diese durch das Mischen mit Li-Seife eine höhere Widerstandskraft gegen Hitze und können
somit ihre fettenden Eigenschaften in höheren Temperaturbereichen aufrechterhalten (Martin
et al., 2017). Auch in der Stahlgussindustrie wird Spodumen und Petalit, zwei Li-Minerale, als
Bestandteil in Flussmitteln verwendet, um den Gussprozess durch die Verringerung der Visko-
sität und der damit verbundenen schnelleren Fließgeschwindigkeit zu optimieren (Schmidt,
2017).

In der Luftaufbereitung spielt Li in drei unterschiedlichen Bereichen eine Rolle. Eine Möglich-
keit ist die Verwendung in Kältemaschinen (Schmidt, 2017). Dabei dienen Lithiumbromidlö-
sungen in Kombination mit Wasser als Kältemittel (Roskill, 2016). Im zweiten Anwendungs-
bereich wird die Reaktionsfreudigkeit des Elements ausgenutzt, um CO₂ in geschlossenen Sys-
temen, unter anderem in U-Booten und Raumschiffen, zu entfernen (Christmann et al., 2015).
Dabei reagiert Li-Hydroxid mit CO₂ zu Li-Karbonat oder Li-Peroxid zu Li-Karbonat und

 4
Sauerstoff (Schmidt, 2017). Als Li-Chlorid besitzt Li außerdem die Eigenschaft, die zehnfache
Menge an Wasser speichern zu können und dient damit zur Verwendung als Luftentfeuchter
(Schmidt, 2017).

Li-Karbonat erhöht als elektrolytische Zugabe zu geschmolzenem Aluminium außerdem die
elektrische Leitfähigkeit und reduziert die Schmelztemperatur (Martin et al., 2017). Als Zusatz
zu Aluminium oder Kupfer wird darüber hinaus das Gewicht von Flugzeugstrukturbauteilen
reduziert (Bradley und Jaskula, 2014). Des Weiteren wird Butyllithium bei der Herstellung von
naturähnlichen Kautschukverbindungen als Katalysator benötigt (Schmidt, 2017).

Abbildung 1 A und B zeigt die weltweite, prozentuale Aufteilung der Anwendungsgebiete im
Endverbrauchermarkt. Im Vergleich zu 2019 ist im Jahr 2020 ein prozentualer Anstieg in der
Batterieproduktion von 56% auf 65% zu erkennen. Dafür ist der Prozentsatz der anderen Ver-
wendungszwecke, außer in der Flussmittelproduktion, gesunken. Hierbei muss jedoch bedacht
werden, dass es sich bei der Prozentzahl nicht um die tatsächliche verwendete Li-Menge in der
jeweiligen Branche handelt, sondern lediglich der Anteil an der weltweiten Gesamtmenge.

Abbildung 1: Der globale Durchschnitt der Anwendungsbereiche des Endverbrauchermarktes von Li 2019 (A)
und 2020 (B) in Prozent sowie die Verteilung der drei Hauptanwendungsbereiche zwischen 2010 und 2020 (C)
(Datenquelle siehe Anhang 1).
 5
In Abbildung 1 C wird die zeitliche Entwicklung der Anwendungsgebiete veranschaulicht. Es
geht deutlich hervor, dass der Anteil der Batterieproduktion nicht nur vom Jahr 2019 auf 2020
zugenommen hat, sondern ebenfalls in den Jahren zuvor. 2015 war die Verwendung für Li in
der Glas- und Keramikindustrie mit einem Anteil von 35% führend (Jaskula, 2015). In den
darauffolgenden Jahren nahm die Batterieproduktion weiter zu und dominiert den Anwen-
dungsbereich für Li. Es ist anzunehmen, dass dieser Bereich weiter wachsen wird. Die Sektoren
Glas und Keramik und Flussmittel werden von Martin et al. (2017) steigend prognostiziert. Die
weiteren Felder besitzen ein negatives jährliches Wachstum.

Die Verwendung von Substituten hängt in hohem Maße von den Rohstoffpreisen ab. Li wird
benutzt, um verschiedene Produkteigenschaften zu verbessern, weswegen das Element nur
schwer ersetzt werden kann (Martin et al., 2017). Hauptsächlich wird es dazu verwendet, die
Qualität der Produkte zu erhöhen und gleichzeitig Kosten einzusparen, wie beispielsweise zur
Schmelzpunktreduktion (Martin et al., 2017). Die Substitution von Lithiumverbindungen ist in
Batterien, Keramiken, Fetten und hergestelltem Glas generell möglich. Beispiele dafür sind
Kalzium, Magnesium, Quecksilber und Zink als Anodenmaterial in Primärbatterien, Kalzium-
und Aluminiumseifen als Ersatz in Fetten, und Natrium- und Kaliumflussmittel in der Keramik-
und Glasherstellung (Jaskula, 2020).

2.2 Vorkommen

Um die Vorkommen zu bestimmen, gibt es zwei Unterteilungen, die zuerst definiert werden
müssen. Es gibt in der Literatur Unstimmigkeiten darüber, was Ressourcen und Reserven be-
schreiben. In dieser Arbeit wird die Definition von Arndt et al. (2017) herangezogen. Der Be-
griff Ressource bezieht sich auf verschiedene Schätzungen des weltweit gesamten Mineralma-
terials, ungeachtet, ob das Vorkommen bekannt ist oder nicht, oder ob es sich wirtschaftlich
abbauen lässt oder nicht. Die Reserven stellen dagegen den Teil der Ressourcen dar, der zum
aktuellen Zeitpunkt bekannt ist und ein profitabler Abbau möglich ist.

Die weltweiten Li-Vorkommen teilen sich hauptsächlich in drei Kategorien auf: Solen, Pegma-
tit und sedimentäre Ablagerungen (Dessemond et al., 2019). 58% der Ressourcen sind Solen
mit geschlossenem Becken, 26% sind an Pegmatite gebunden, darunter auch Li-angereicherte
Granite, 7% Li-Tone (Hectorit), und jeweils 3% Ölfeldsolen, geothermale Solen und Li-Zeo-
lithe (Jadarit) (Bradley et al., 2017). Zwar ist Li auch im Meerwasser zu finden, jedoch ist die
Konzentration zu gering, als dass es für den kommerziellen Abbau relevant wäre (Voigt, 2014).

 6
Es existieren mehr als 150 Mineralen, jedoch eignen sich aufgrund der Größe und der Konzent-
ration wenige zur Li-Extraktion (Flexer et al., 2018). Die kommerziell oder wissenschaftlich
wichtigsten Li-haltigen Minerale sind in Tabelle 1 gelistet.

Tabelle 1: Die kommerziell und/oder wissenschaftlich wichtigsten Li-Minerale laut Bradley et al. 2017.

Die Hauptquelle für Lithium sind Solevorkommen, die 60% der global identifizierten Reserven
definieren (Grosjeana et al., 2012). Bei 78% der Solen handelt es sich um Salare, ausgetrock-
nete Salzseen (Dessemond et al., 2019). Der Li-Gehalt beträgt in Salzseelösungen 0,2 bis 2,0
g/l (Voigt, 2014). Eine Ausnahme stellen die Salzseen innerhalb der Atacamawüste mit einem
Wert von 6,0 g/l dar (Voigt, 2014). Aus diesem Grund gehören die Solen mit einer Ressour-
cenmenge von 6.3 Mio. t Li innerhalb Chiles zu den wichtigsten Vorkommen weltweit (Jaskula,
2020). Ein großes Potential birgt das Salar de Uyuni in Bolivien mit geschätzten 10.2 Mio. t Li
(Martin et al., 2017). Aufgrund der hohen Lage, dem vergleichsweise niedrigen Li-Gehalt von
320 ppm und den schlechteren klimatischen Verhältnissen ist aktuell jedoch keine großräumige
Produktion möglich (An et al., 2012; Kesler et al., 2012)

Des Weiteren sind 23-30% der Reserven Pegmatitvorkommen (Jaskula, 2019). Lithium-ange-
reicherte Pegmatite sind allerdings im Vergleich zum gesamten Pegmatitvorkommen gering
(Laznicka, 2006), da diese weniger als 0,1% der Familie betragen (Dessemond et al., 2019).
Eines der wichtigsten Li-Minerale ist Spodumen (Voigt, 2014), da es einen theoretischen Li2O-
Gehalt von 8 wt% besitzt und deshalb ökonomisch relevant ist (Gibson et al., 2017). Dieser

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Lagerstättentyp entsteht folgendermaßen: Als ein lithophiles Element bleibt Li bei der Mag-
menkristallisation bis kurz vor Schluss in der überbleibenden Schmelze (Bradley et al., 2017).
Aufgrund dieser Eigenschaft konzentriert es sich in der kontinentalen Kruste, nachdem der
Mantel unter Mittelozeanischer Rücken und Vulkangürtel aufgrund von aktiver Plattentektonik
innerhalb der Erdgeschichte mehrmals partiell aufgeschmolzen ist. Anschließend steigt die
Schmelze auf, kühlt ab und bildet eine neue, Li-beinhaltende Erdkruste. Die größte Ressource
ist mit einer Menge von 6.3 Mio. t Li in Australien lokalisiert (Bradley und Jaskula, 2014).
Unter Anderem sind Li-Ressourcen im Kongo (2,5 Mio. t Li), in Deutschland (2,5 Mio. t Li)
oder Tschechien (1.3 Mio. t Li) vorhanden (Jaskula, 2020).

Sedimentäre Ablagerungen stellen einen Anteil von weniger als 3 Prozent der globalen Res-
sourcen dar (Dessemond et al., 2019). Diese bestehen zum einen aus Tonablagerungen, in denen
Li in Smektiten, hauptsächlich in Hectorit, vorkommt (Barrera, 2019). Die Li-haltigen Tone
bilden sich durch Verwitterung von Li-haltigen vulkanischen Intrusivgestein (Schmidt, 2017).
Eine weitere Anreicherung kann durch hydrothermale Prozesse stattfinden. Bis dato sind zwei
Hectoritlagerstätten bekannt: McDermitt in den USA und Sonora in Mexico (Dessemond et al.,
2019). Darüber hinaus findet sich Li auch lacustrinen Evaporiten, die ausschließlich als Jadarit
im namensgebenden Jadar in Serbien vorkommen (Barrera, 2019)

2.3 Abbaumethoden und Verarbeitung

Abhängig von der Art des Vorkommens und des Verwendungszeckes resultieren unterschied-
liche Abbauverfahren und Verarbeitungsprozesse. Ein schematisches Modell zur Li-Gewin-
nung aus Salzseen ist in Abbildung 2 dargestellt. Um Li aus Salzseen zu gewinnen, muss das
Li-Salz von weiteren gelösten Salzen, wie beispielsweise Na, K und Mg, getrennt werden
(Voigt, 2014). Die Salzlösung wird aus geringer Tiefe an die Oberfläche gepumpt (Pohl, 2005)
und in Verdunstungsbecken geleitet, in denen sich das Li durch solare Evaporation, die durch
Wind angetrieben wird, konzentriert (Gibson et al., 2017). Zuerst fällt NaCl aus und wird ab-
geschieden, anschließend KCl, Carnallit (KCl*MgCl2*6H2O) und als letztes Bischofit
(MgCl2*6H2O), das nur bei hohen Verdunstungsraten bildbar ist (Voigt, 2014). Um die restli-
chen Sulfate, Mg- und K-Ionen zu entfernen, muss die LiClMg-Lösung, welche einen Li-Anteil
von 4-6% besitzt, in einer Fabrik chemisch fein gereinigt werden (Voigt, 2014). Dies ist durch
eine selektive Fällung mit Zusatz von Chemikalien möglich (Voigt, 2014). Dabei ist die größte
Herausforderung die Abtrennung des Mg von Li, da sich beide Elemente chemisch ähnlich
verhalten und somit die Lösungsunterschiede nicht groß sind (Voigt, 2014). Ein niedriges
 8
Mg:Li-Verhältnis ist essentiell, um das Li-Vorkommen wirtschaftlich rentabel abbauen zu kön-
nen. Je höher das Mg:Li-Verhältnis, desto mehr Prozesse sind notwendig, um die Elemente zu
trennen, das mit zusätzlichen Kosten verbunden ist (Voigt, 2014). Abschließend wird durch die
Zugabe von Natriumkarbonat eines der möglichen Zielprodukt Li-Karbonat (Li2CO3) ausgefällt
(Hao et al., 2017). Neben Li-Karbonat kann auch Li-Hydroxid, Li-Chlorid oder Li-Metall her-
gestellt werden.

Abbildung 2: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Solen (Eigene Darstellung nach Voigt 2014
& Dessemond et al. 2019).

Im Vergleich dazu werden Li-Erze aus Pegmatit-Lagerstätten durch traditionelle Bohr- und
Sprengmethoden gewonnen (Hao et al., 2017). Um das Endprodukt zu erhalten, sind viele ver-
schiedene Zwischenschritte notwendig. Die wichtigsten Teilschritte, die zur Li-Aufbereitung
aus Mineralen nötig sind, werden in Abbildung 3 dargestellt. Spodumen wird am meisten ab-
gebaut, da dieses Mineral als am rentabelsten gilt (Ober, 1994). Bei diesem Mineral gilt es
allerdings zu beachten, dass mehrere Spodumenformen existieren. α-Spodumen hat eine mono-
kline Kristallstruktur und ist die Form des abgebauten, natürlichen Materials (Dessemond et al.,
2019). Dieses muss zur Li-Aufbereitung in β-Spodumen mit tetragonaler Struktur durch Hitze-
zufuhr umgewandelt werden (Dessemond et al., 2019). Die dritte Form, γ-Spodumen, ist weni-
ger bekannt und kommt nie in purer Form vor, sondern gemeinsam mit β-Spodumen und wan-
delt sich ebenfalls bei höheren Temperaturen in β-Spodumen um (Dessemond et al., 2019). Um
Li zu gewinnen, muss das Mineral zunächst aufgearbeitet werden. Durch Mahlen, Klassieren
und anschließend Flotieren, einem mechanischen Trennprozess, wird Li-Konzentrat gebildet
(Voigt, 2014). Es entstehen simultan zwei Konzentrate: Ein Konzentrat technischer Qualität
mit einem Anteil von 5-7.5% Li20 und geringer Eisenmenge, und das Konzentrat chemischer
 9
Qualität mit 6% Li20 und einem verhältnismäßig höheren Eisengehalt (Hao et al., 2017). Ers-
teres wird primär in der Glas- und Keramikindustrie verwendet. Li-Konzentrat chemischer Qua-
lität kann weiter aufbereitet werden, um Li-Chemikalien zu produzieren (Hao et al., 2017).

Abbildung 3: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Mineralen am Beispiel von Spodumen (Eigene
Darstellung nach Voigt 2014 & Dessemond et al. 2019).

Schwefelsäure (H2SO4) wird zugesetzt und das Gemisch wird bei 150 bis 200°C geröstet
(Voigt, 2014). Anschließend entsteht durch die Zugabe von Wasser eine Lauge. Um die
Schwermetalle auszufällen, wird zuerst Kalkmilch und dann Natriumkarbonat bei 70°C zuge-
geben (Voigt, 2014). Abschließend kann entweder eine Elektrodialyse mit anschließender Kris-
tallisation zur Produktion von LiOH durchgeführt, oder durch Konzentration und Karbonation
Li2CO3 gewonnen werden (Dessemond et al., 2019). Oftmals wird das primäre Li-Karbonat
neu aufgelöst und ausgefällt, um die angestrebte Reinheit für die Batterie zu generieren (Flexer
et al., 2018). Die Li-Karbonatproduktion für Li-Ionenbatterien ist folglich aufwendiger.

Beide Gewinnungs- und Aufbereitungsverfahren haben Vor- und Nachteile. Der große Vorteil
der Gewinnungsmethode aus Salzseen ist die Nutzung der solaren Energie, weswegen der Pro-
zess wenig energieintensiv ist und somit relativ geringe Kosten entstehen (Clarke, 2013). Das
Li liegt in mobiler Form vor, das heißt es müssen keine aufwendigen Abbaumethoden wie z.B.
 10
Sprengungen angewendet werden (Voigt, 2014). Dafür kommt das Li verdünnt vor (Voigt,
2014). Ein weiterer Nachteil ist die Exposition der Vorkommen, die logistisch aufwendig sind,
da die Salare typischerweise in erhöhten Gebieten, größtenteils im Hochgebirge, mit extrem
wenig Niederschlag liegen (Flexer et al., 2018). Der Ausbau der Infrastruktur stellt ein Hinder-
nis dar (Voigt, 2014). Einer der größten Nachteile ist jedoch, dass die Aufbereitung lange Zeit-
räume in Anspruch nimmt. Es kann bis zu 18 Monate dauern, bis die Lösung durch Evaporation
konzentriert ist (Gibson et al., 2017). Ab Beginn des Pumpens ist eine Zeitspanne von 12 bis
24 Monaten nötig, bis das gewünschte Li-Produkt aufbereitet ist (Flexer et al., 2018). Es ist
folglich nicht möglich, schnell auf eine plötzliche Steigerung der Nachfrage zu reagieren. Eine
schnellere Reaktion ist beim traditionellen Bergbau möglich, da die Aufbereitungskette nicht
von natürlichen Gegebenheiten, wie beispielsweise die Anzahl an Sonnenstunden pro Tag be-
stimmt wird und somit beschleunigt werden kann. Li-Minerale, insbesondere Spodumen, haben
den Vorteil, dass die Li-Konzentration hoch und das Endprodukt Li-Karbonat reiner ist (Voigt,
2014). Ein Nachteil ist aber die Lokalisierung der Vorkommen, da Spodumen in Gang- und
Linsenform vorkommt (Voigt, 2014). Da die thermische Aktivierung, aber auch das Zermahlen
des Gesteins viel Energie benötigt, ist die Aufbereitung kostenaufwendig und auch kompliziert
(Gibson et al., 2017). Die Kosten zur Gewinnung sind fast doppelt so hoch wie aus Solevor-
kommen (Flexer et al., 2018). Die Abbauprozedur ist teuer, weswegen sich die Gewinnung von
Li aus Pegmatit nur in ausgewählten Gebieten mit hohem Li-Gehalt, wie z.B. Australien, ren-
tiert. Falls der Marktpreis ansteigt, können jedoch weitere Lagerstätten rentabel abgebaut wer-
den.

2.4 Angebot und Nachfrage

Nach USGS 2020 gibt es weltweit 17 Mio. t Reserven und 80 Mio. t Ressourcen. Abbildung 4
zeigt die globale Aufteilung der Ressourcen, wobei Bolivien mit 21 Mio. t Li die Liste anführt,
dicht gefolgt von Argentinien (17 Mio. t Li) und Chile (9 Mio. t Li). Folglich befinden sich
mehr als 60% der weltweiten Ressourcen im südamerikanischen Dreieck Bolivien, Chile und
Argentinien. In den USA werden 6,8 Mio. t Li vermutet, in Australien 6,3 Mio. t, in China 4,5
Mio. t und im Kongo (Kinshasa) 3 Mio. t (Jaskula, 2020). Auch in Europa gibt es Li-Ressour-
cen: die größten befinden sich in Deutschland (2,5 Mio. t), Tschechien (1,3 Mio. t), Russland
und Serbien (je 1 Mio. t) (Jaskula, 2020).

Die Reserven sind ebenfalls in Abbildung 4 dargestellt. Die größte Reserve liegt in Chile mit
8,6 Mio. t Li. Australien hat das zweitgrößte Reserveaufkommen mit 2,8 Mio. t Li, produzierte
 11
aber im Jahr 2019 die größte Menge Li (42.000 t) (Jaskula, 2020). Auf dem dritten Platz liegt
Argentinien mit 1,7 Mio. t Li-Reserven (Jaskula, 2020). Innerhalb Europas ist Portugal das
einzige Land, das aktuell Li abbaut. Im Jahr 2019 wurden von den berechneten 60,000 t Reser-
ven 1200 t Li gefördert (Jaskula, 2020).

Abbildung 4: Die Verteilung der globalen Li-Ressourcen und Reserven (Datenquelle: siehe Anhang 2).

 12
Um Ressourcen in neue Reserven umwandeln zu können, ist die Li-Konzentration, das Aus-
maß der Sole, das ohne Verdünnung gewonnen werden kann und ob weitere Solebestandteile
(z.B. K und Mg) die Aufbereitung oder die Kapazität der Produktion einschränken, essentiell
(Kesler et al., 2012). Es gilt zu beachten, dass sich die Klassifikation der Ablagerung von Re-
serve in Ressource ändern kann, wenn beispielsweise der Preis fällt (Flexer et al., 2018). Im
Umkehrschluss ist es durch einen Preisanstieg oder Entwicklung neuer Technologien, die einen
kostensparenderen Abbau und Aufbereitung ermöglichen, Ressourcen in Reserven zu konver-
tieren (Flexer et al., 2018). Zum Beispiel haben viele Salzseen in China ein schlechtes Mg/Li
Verhältnis und rentieren sich aktuell nicht für den Abbau (Song et al., 2017). Reserven sind
relevant für die aktuelle Zulieferung und des Angebots in naher Zukunft (Flexer et al., 2018).
Somit kann nur eine Abschätzung zum aktuellen Stand erfolgen, die sich aber im Laufe der
Jahre drastisch ändern kann.

Abbildung 5 zeigt die Angebots- und Nachfragekurve von Li der Jahre 2010 bis 2019. Im Jahr
2010 lag das Angebot bei 28.100 t und stieg bis 2012 auf 35.000 t an. In den Folgejahren ging
der Wert leicht zurück. Ab dem Jahr 2015 stieg der Angebotsbetrag allerdings steil an und
erreichte 2018 einen Höchstwert von 95.000 t Li. Die Nachfrage steigt dagegen seit 2010 stetig
an. 2010 wurden 22.500 t Li nachgefragt. 2018 erhöhte sich die Menge auf 49.100 t und wurde
2019 auf 57.000 t geschätzt. Im Vergleich zur Nachfrage soll die Produktion jedoch auf 77.000
t im Jahr 2019 zurückgehen. Dieser Wert ist geringer als von der Li-Industrie erwartet und hängt
mit der Verringerung der Subventionen Chinas für Elektroautos und allgemein niedrigeren Ver-
kaufsvolumen von E-Autos zusammen (Wiesmayer, 2019).

China ist derzeit der weltweit größte Markt für Elektroautos, auf dem im Jahr 2016 mehr als
500.000 Stück verkauft wurden (Cheng und Tong, 2017). Norwegen ist weltweit führend in
Bezug auf den Marktanteil von EVs (Agusdinata et al., 2018). Die Prozentzahl der Elektroautos
stieg von 20,8 % im Jahr 2017 auf 31,2 Prozent aller Verkäufe im vergangenen Jahr, während
die Verkäufe von Benzin- und Dieselfahrzeugen zurück gingen (Knudsen und Doyle, 2019).
Auch in den USA ist eine wachsende Nachfrage nach elektrischen Automobile zu verzeichnen,
deren Marktanteil 2017 mehr als 9% des gesamten Fahrzeugbestands erreicht hat (Agusdinata
et al., 2018).

Insgesamt wird ein stetiger Anstieg im jährlichen Bedarf von 8 bis 11% angenommen
(European Commission, 2014). Die wichtigste Komponente ist Li-Karbonat (46% des gesam-
ten Li-Bedarfs im Jahr 2015) (Martin et al., 2017).

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Abbildung 5: Das weltweite Li-Angebot (U.S. Produktion ausgenommen), die weltweite Li-Nachfrage sowie die
jährlichen durchschnittlichen Li-Karbonatpreise der Großaufträge innerhalb der Periode 2010 bis 2019 (Daten-
quelle: siehe Anhang 3).

2.5 Preisentwicklung

Um die Entwicklung des Li-Preises prognostizieren zu können und Schlüsse über zukünftige
Entwicklungen zu gewährleisten, ist es wichtig, den vergangenen Preisverlauf und die Gründe
für diesen zu analysieren. Da Lithium in unterschiedlichen Formen gehandelt wird, von Kon-
zentraten (Spodumen, Petalit) bis hin zu Lithiumkarbonat und Lithiumhydroxid in unterschied-
lichen Qualitäten, resultieren unterschiedliche Preise (Schmidt, 2017). Die Preise für Lithium-
metall und Lithiumverbindungen werden allerdings nicht veröffentlicht (Bradley und Jaskula,
2014), da diese üblicherweise zwischen dem Produzenten und den Verbrauchern ausgehandelt
werden (Schmidt, 2018). Außerdem variiert der Preis, abhängig von der Qualität des Produkts
sowie den Spezifikationen, z.B. Langzeitverträge (Schmidt, 2018). Aus diesem Grund ist eine
genaue Analyse der Preisentwicklung ohne der Datensätze einzelne Firmen nicht möglich. Da
ein Teil des Li-Karbonats auf dem Spotmarktgehandelt wird, können diese Preise herangezogen
werden, um einen allgemeinen Trend ausfindig zu machen. Es gilt jedoch zu beachten, dass
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diese Preise zum Teil deutlich über den Langzeitlieferverträgen liegen (Schmidt, 2018). Außer-
dem ermittelt „Industrial Minerals“ den jährlichen Durchschnitt des Preises für Li-Karbonat
innerhalb der fixen Verträge, der in den „Mineral Commodity Summeries“ von USGS der ein-
zelnen Jahre veröffentlicht ist. Aus diesen Daten entwickelt sich die Preiskurve für die Jahre
2010 bis 2019, die in Abbildung 5 gezeigt wird. Li-Karbonat ist das meist nachgefragteste Pro-
dukt, da es in spezifische industrielle Salze und Chemikalien oder in Li-Metall umgewandelt
werden kann (Flexer et al., 2018). Aus diesem Grund ist die Preisanalyse im Folgendem auf
das Produkt Li-Karbonat bezogen.

In Martin et al. (2017) ist der Preisverlauf für Li-Karbonat von 1990 bis ins Jahr 2010 geschil-
dert. Bis zum Jahr 1995 war das Li-Karbonat-Angebot und somit auch der Preis konstant. Als
die Firma Sociedad Quimica y Minera de Chile SA, kurz SQM, in den Markt eingetreten ist,
kam es aufgrund des erhöhten Angebots zu einem rapiden Preisfall. 1999 bis 2002 stagnierte
die Nachfrage, weil Asien in einer ökonomischen Krise steckte und es eine Rezession in Nord
Amerika gab. Dagegen stieg zwischen 2002 und 2007 der Preis für Li-Karbonat stark an, da
China einen ökonomischen Aufschwung erlebte. Nach 2008 viel der Preis schlagartig aufgrund
der Weltwirtschaftskrise und erreichte 2010 seinen niedrigsten Punkt. Der jährliche Durch-
schnitt von Li-Karbonat in Batteriequalität lag bei 5,180 $ pro metrische Tonne (Jaskula, 2015).
Bis 2013 stieg der Preis wieder auf 6,800 $/t und verringerte sich im Folgejahr um 4%. Nach
2015 stieg der Preis stark an. 2016 steigerte sich dieser von 6,500 $/t im Jahr 2015 auf 8,650
$/t (Jaskula, 2020). Auch der chinesische Spotmarktpreis stieg auf einen Wert von 20,000 $/t
an und erhöhte sich um 300% (Jaskula, 2017). Der Preisanstieg entstand aufgrund der hohen
Nachfrage für Li-Karbonat in Batteriequalität und einem vergleichsweise geringen Angebot
(The economist, 2016). 2018 war der höchste jährliche Durchschnitt mit 17,000 $/t erreicht
(Jaskula, 2020). Am Anfang des Jahres lag ebenfalls der chinesische Spotmarktpreis mit 21,000
$/t am Höchstpunkt, fiel jedoch im dritten Quartal auf 12,000 $/t ab, da die weltweite Li-Pro-
duktion höher als dessen Konsum war (Jaskula, 2019). 2019 fielen ebenfalls die Vertragspreise
im Jahresdurchschnitt um 24% (13,000 $/t) (Jaskula, 2020). Die Preise auf dem Spotmarkt ver-
ringerten sich von 11,600 $/t am Anfang des Jahres 2019 auf 7,300 $/t im Dezember (Jaskula,
2020). Dieser Preisfall soll durch das erhöhte Li-Angebot aus australischen Minen resultieren,
aber auch aufgrund der Nachfragesenkung Chinas durch Verringerung der Subventionen für
Elektroautos und allgemein niedrigere Verkaufsvolumen von E-Autos (Wiesmayer, 2019).

In vielen Arbeiten wurde ein weiterer Anstieg des Preises prognostiziert, wie z.B. in Grosjeana
et al. (2012) auf 25,500 $/t für Li-Karbonat im Jahr 2020. Davon ist zum aktuellen Zeitpunkt

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jedoch nicht auszugehen, da aufgrund der Covid-19-Pandemie die weltweite Produktion einge-
schränkt wurde, worunter auch die Li-Ionenbatterieherstellung möglicherweise beeinflusst
wird. Es wird jedoch erwartet, dass sich der Markt für Lithium aufrechterhält (Grand View
Research, 2020).

2.6 Recycling

Um Probleme beim Abbau, der Aufbereitung, der Energiekosten usw. zu beseitigen, stellt das
Recycling eine Möglichkeit dar, Li effizient wiederzugewinnen (Meshram et al., 2019). Es kön-
nen schwankende Kosten aufgrund der Preisänderungen von Li ausgeglichen und eine Liefer-
sicherheit garantiert werden (Meshram et al., 2019). Der Anteil des zukünftigen Bedarfs, der
durch recyceltes Lithium gedeckt wird, hängt von der Lebensdauer der produzierten Güter, ih-
rem Marktwachstum, der Materialrückgewinnungsrate und den Verbesserungen der Material-
intensität ab (Zubi et al., 2018). Je nach Produkt ergibt sich ein unterschiedliches Potenzial für
das Li-Recycling. Li-Ionenbatterien besitzen die größte Möglichkeit (Hao et al., 2017). Weitere
Nutzungsfelder sind unattraktiv für das Recycling, da der Metallgehalt zu gering ist (Meshram
et al., 2019).

Es gibt allerdings einige Probleme, die die großräumige Nutzung von Recycling noch behin-
dern, welche unter anderen in Hao et al. (2017) geschildert werden. Erstens werden die Pro-
dukte, wie beispielsweise Li-Ionenbatterien, exportiert, aber als E-Abfall nicht wieder impor-
tiert. Folglich fließt das Li nicht in das jeweilige Herkunftsland zurück. Zweitens beträgt die
Lebenszeit eines Elektroautos über zehn Jahre. Aufgrund der großen Zeitspanne zwischen dem
Erwerb und der Beseitigung, ist es schwer möglich, auf Engpässe und Preisschwankungen zu
reagieren. Darüber hinaus ist Li schwieriger zu recyceln als andere Materialien (Schüler et al.,
2018), da sich die Trennung der Batterie in die einzelnen Komponenten aufgrund der Verkle-
bungen oder dem Eingießen in Kunststoff oder Harz, als schwierig erweist (Schmidt, 2018).
Um beispielsweise Lithiumkonzentrat aus einer Autobatterie zu lösen, wird mit Hilfe des hyd-
rometallurgische Prozesses, der eine großen Menge an Chemikalien benötigt, gearbeitet, der
langsam, aufwendig und störanfällig ist (Friedrich, 2009).

Aktuell wird Li nur wenig recycelt, da der Marktpreis noch niedrig genug ist, sodass es sich
lohnt, neues Material abzubauen, anstatt die einzelnen Bestandteile aus dem Müll wiederzuge-
winnen (Meshram et al., 2019). Ebenfalls gibt es für bestimmte Anwendungen technologische
Ansprüche an die Reinheit des Lithiums, die durch Recycling nicht erreicht werden kann

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(Schmidt, 2018). Bis zum Jahr 2017 ist Lithium nicht wiedergewonnen worden, da ausschließ-
lich andere Rohstoffe, wie beispielsweise Cobalt und Nickel, recycelt worden sind (Schüler et
al., 2018). Wenn der Preis allerdings aufgrund von temporärer Verknappung des Rohstoffs
steigt, wird das Recycling möglicherweise attraktiver (Hao et al., 2017). Die Bedeutung von Li
aus Sekundärproduktion wird bei einer Nachfrage- sowie Marktpreissteigerung folglich zuneh-
men.

Beispielweise hat der größte Konsument China noch eine schwache und limitierte Infrastruktur
für das Li-Ionenbatterierecycling installiert (Hao et al., 2017). Allerdings birgt ein funktionie-
rendes Wiedergewinnungssystem ein großes Potenzial für andere Länder, die Li in der Industrie
verwenden, aber selbst kein bis wenig Li abbauen können, da die Importabhängigkeit verringert
wird (Hao et al., 2017). China hat im Februar 2018 angekündigt, dass Hersteller von Elektro-
fahrzeugen zukünftig die Verantwortung für das Batterierecycling übertragen wird und diese
dafür zuständig sind, Einrichtungen zum Sammeln und Recyceln verbrauchter Batterien einzu-
richten (Reuters, 2018). Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Weichen für eine funktionierende
Sekundärproduktion zu stellen.

Auch für Europa bietet Recycling die Chance, die außereuropäischen Rohstoffimporte und die
Abhängigkeit von außereuropäischen Länder zu reduzieren (Buchert et al., 2019). In Deutsch-
land gibt es beispielsweise Recyclinganlagen zum Recyceln von Li-Ionenbatterien, jedoch wird
dort kein Li wiedergewonnen, sondern Rohstoffe wie z.B. Nickel, Kupfer und Mangan, da zu
wenig Li recycelt werden kann, als dass es sich wirtschaftlich rentieren würde (Janssen, 2019).
Die Li-Ionen-Akkus von beispielsweise Elektrofahrrädern beinhalten ein bis zwei Prozent Li
und stellen eine zu geringe Menge an Li zu Verfügung, da aktuell noch zu wenig Produkte
entsorgt werden. Falls sich die Menge jedoch ändert, könnte sich die Lage bezüglich des Li-
Recyclings innerhalb Europas ändern (Janssen, 2019).

3 Risikobeurteilung

Die allgemeine Definition von Weber et al. (2020) beschreibt den Begriff Risiko als eine Kenn-
zeichnung der Möglichkeit, dass mit einer bekannten oder ungewissen Wahrscheinlichkeit ein
Schaden bei einer Entscheidung entsteht oder auch ein erwarteter Vorteil verwehrt bleibt. Be-
sonders für Länder wie Deutschland, die auf Rohstoffimporte angewiesen sind, ist die Stabi-
lität der Rohstoffversorgung eine wichtige politische Zielsetzung (Deutscher Bundestag,
2013). Aus diesem Grund ist es essenziell, den Rohstoff Li, der maßgeblich für zukünftige

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Entwicklungen insbesondere im Mobilitätssektor bedeutend sein wird, wirtschaftsgeolo-
gisch zu beurteilen und das Risiko abzuschätzen.

Laut Zubi et al. (2018) sind kritische Materialien Elemente, die ein Versorgungsunterbre-
chungsrisiko darstellen. Risiken entstehen, wenn es zur Verknappung kommt, zusammen mit
mehreren anderen Faktoren, einschließlich der Nachfrageprognosen konkurrierender Sektoren,
ihres Potenzials die Materialintensität zu verringern und auf alternativen Materialien zu wech-
seln, sowie der Rolle der Rückgewinnung und des Recyclings, um den Bedarf an Neumaterial
zu verringern (Zubi et al., 2018). Ein Rohstoff könnte dabei auch als kritisch eingestuft werden,
wenn sein Angebot auf wenige Länder konzentriert ist, insbesondere wenn einige dieser Länder
politisch instabil sind.

Zur Ermittlung des Risikos werden drei Bereiche analysiert. Die Beurteilungsschritte mit der
jeweiligen Vorgehensweise sind in Abbildung 6 veranschaulicht. Zuerst wird die geologische
Verfügbarkeit überprüft, um abschätzen zu können, ob genügend Li für die verschiedenen
Nachfrageszenarien vorhanden ist. Als Zweites wird analysiert, ob es in der Gegenwart zu
Schwierigkeiten kommen kann. Hierzu wird das Länderrisiko herangezogen, um eine Beurtei-
lung bezüglich der Li-exportierenden Ländern zu liefern. Als Letztes wird ermittelt, ob die Li-
thiumproduktion auf lange Sicht potenzielle Gefahren beinhaltet. Die Überprüfung der Nach-
haltigkeit aus wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Sicht ist für diese Zeitachse ein aus-
sagekräftiger Parameter.

Abbildung 6: Die grundlegenden Pfeiler der durchzuführenden Risikobeurteilung.

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3.1 Geologische Verfügbarkeit

Die geologische Verfügbarkeit ist stark an die Marktentwicklung des Rohstoffs gekoppelt. Der
an den Markt gebundene Li-Preis ist entscheidend für die Realisierung neuer Projekte, die wie-
derum die aktuelle Verfügbarkeit des Rohstoffes terminieren. Um eine langfristige Vorhersage
treffen zu können, wird zunächst die sogenannte Hubbert Linearisierung von Hubbert (1956)
berechnet und visualisiert. Die Linearisierung extrapoliert durch vergangene Produktionszahlen
(P) die maximale Fördermenge. Mit Hilfe der Produktionsdaten des USGS, die in Anhang 4
gelistet sind, lässt sich ein Graph generieren, der den Anteil der vergangenen Produktionszahlen
pro Jahr (P/Q) zu den kumulierten Produktionszahlen (Q) darstellt (siehe Abbildung 7).

Abbildung 7: Die Hubbert Linearisierung der Li-Produktion im Zeitraum 1975-2019 (Datenquelle: siehe Anhang
4).

Bei der Erstellung der Gerade werden die Daten aus den frühen Produktionszeiten ignoriert, da
das P/Q-Verhältnis bei kleinen Q-Werten eine große Fluktuation aufweist (Frimmel und
Müller, 2011). Mit der Zunahme von Q nimmt die Variation von P/Q ab und nähert sich einem
linearen Trend an. Da es sich bei der Linearisierung um eine Schätzung handelt, wäre in den
meisten Fällen die Darstellung eines Ergebnisraums um die Gerade zielführender. Allerdings
sind die Produktionszahlen in den letzten Jahren deutlich gestiegen, was zu einer großen Spann-
breite des Ergebnisraums führt. Folglich gibt es eine große Variabilität bezüglich der gesamten
Fördermenge, weswegen der Ergebnisraum in dieser Veranschaulichung vernachlässigt wird.
Aus der Grafik geht hervor, dass keine Schnittstelle mit der Abszisse sichtbar ist, die den Er-
wartungswert für die kumulierte Gesamtfördermenge bestimmt. Die Linie, die eine genauere

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Aussage bezüglich der maximalen Fördermenge zulässt, wird sich erst herauskristallisieren,
wenn sich der Graph der Abszisse annähert. Es lässt sich allerdings schlussfolgern, dass Li in
naher Zukunft geologisch verfügbar ist, da die maximale Fördermenge in absehbarer Zeit nicht
erreicht wird.

Um die Aussage zu manifestieren, werden Ergebnisse weiterer Arbeiten überprüft und vergli-
chen. Aufgrund der unterschiedlich möglichen Marktszenarien ist die Spannweite der Analy-
seergebnisse groß. Auch durch die Verwendung verschiedener Bezugsjahre und Formen des
gewonnenen Lithiums ist es schwierig, die geschätzte geologische Verfügbarkeit verschiedener
Studien zusammenzufassen. Aus diesem Grund wird die Literatur nicht direkt verglichen, son-
dern das Endergebnis dieser auf Stimmigkeit überprüft. Die für die Bewertung herangezogene
Analysen sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

Tabelle 2: Die angenommenen Szenarien und Ergebnisse weiterer Arbeiten bezüglich der geologischen Verfüg-
barkeit von Li.

In Angerer et al. (2009) sind zwei Marktentwicklungen analysiert worden. Ersteres ist das Plu-
ralismus-Szenario, bei dem von einem gemäßigten Wachstum der Elektromobilität ausgegan-
gen wird. Insgesamt wird eine Menge von 3,57 Mio. t Li in den Jahren 2008 bis 2050 benötigt.

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Im Jahr 2050 sind in dieser Berechnung 51 % der derzeitig angenommenen Reserven aufge-
braucht. Im Dominanzszenario wird dagegen mit einem Bedarf von 8,59 Mio. t Li gerechnet,
wovon 6,82 Mio. t Li für die Elektromobilität nachgefragt werden. In diesem Szenario wird von
einer Dominanz der Elektromotoren ausgegangen. Dabei machen die Verbrennungsmotoren im
Jahr 2050 nur noch 9% des Gesamtbestandes aus. Im Vergleich zu den damaligen Reserven (6
Mio. t) und abgeschätzten Ressourcen (13,8 Mio. t), sind im Jahr 2050 selbst unter den extrem
hohen Annahmen des Dominanzszenarios für das Wachstum der Elektromobilität erst knapp
die Hälfte (49 %) der geologischen Li-Vorkommen aufgebraucht (Angerer et al., 2009).

Laut Martin et al. (2017) wird die Nachfrage für Li zwischen 6% (Basisszenario) und 9% (Op-
timistisches Szenario) pro Jahr steigen. Ein weiteres Szenario soll durch politische Einflüsse
möglich sein. Bis 2020 ist ein zusätzlicher Konsum von 70.000 t LCE (Lithium-Karbonat-
Äquivalent) aufgrund von staatlichen Subventionen möglich. Allerdings erwähnen Martin et al.
(2017), dass eine genaue Vorhersage nicht möglich ist, da der Batteriemarkt von vielen ver-
schiedenen Parametern, wie z.B. von politischen Entscheidungen, Rohmaterialien und neue
Batterietechnologien, abhängig ist. Durch die Realisierung neuer Projekte mit jährlichen Pro-
duktionsvolumen von jeweils über 20.000 t LCE, werden insgesamt 169.000 t LCE mehr ex-
trahiert. Da sich die Nachfrage bis 2020 nur um 117.000 t LCE erhöht, wird der Bedarf gedeckt
sein.

Buchert et al. (2019) analysierten eine größere Zeitspanne und ausschließlich den Bedarf an Li
für die Automobilindustrie. Im Jahr 2030 soll die Nachfrage auf 240.000 t Li steigen, wobei
10% aus der Sekundärproduktion stammen soll. Im Jahr 2050 wird ein Bedarf von 1,1 Mio. t
Li und ein Prozentsatz von 40% aus Recycling prognostiziert. Die Nachfragekurve basiert auf
dem B2DS-Szenario. Im „Beyond-2°C-Szenario“ wird vorausgesetzt, dass eine Klimaneutrali-
tät im Jahr 2060 erreicht wird, um den Temperaturanstieg auf 1,75°C 2100 zu begrenzen
(International Energy Agency, 2017). Der Anteil des Lithiumbedarfs der Automobile soll im
Jahr 2030 auf 82% und 2050 auf 83 % anwachsen (Öko-Institut, 2017). Folglich steigt der Be-
darf an E-Autos stark an. Trotz des steilen Anstiegs geht Buchert et al. (2019) nicht von einer
physischen Verknappung des Rohstoffs aus, was bedeuten würde, dass alle natürlichen Vor-
kommen aufgebraucht sind. Die Nachfrage weiterer Anwendungsgebiete sind nicht mit einbe-
rechnet worden, allerdings ist davon auszugehen, dass sich die Entwicklung der Verwendungs-
bereiche von Li nicht grundlegend ändert. Es ist anzunehmen, dass der Batteriesektor der größte
Anwendungsbereich bleibt und die Nachfrage dominiert.

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Das Öko-Institut (2017) hat ebenfalls eine Untersuchung der geologischen Verfügbarkeit von
Li im Bezug aus das B2DS-Szenario durchgeführt. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen,
dass im Jahr 2030 anstelle von 240.000 t, die in Buchert et al. (2019) genannt sind, nur 148.000
t Li benötigt werden. Im Jahr 2050 sollen 307.000 t Li für den Automobilsektor nachgefragt
werden. Allerdings wird auch hier nicht davon ausgegangen, dass es zu einer physischen Ver-
knappung von Li bis zum Jahr 2050 kommen wird.

Wenn die Nachfrage der Elektroautoindustrie auf 565.000 t LCE oder 106.000 t Li im Jahr 2027
steigt (Roskill, 2018), dann könnten Li-Minerale laut Dessemond et al. (2019) die Nachfrage
der EV-Industrie im maximalen Konsumszenario für mehr als 130 Jahre stellen. In dieser Be-
rechnung sind allerdings andere Anwendungsgebiete nicht berücksichtigt.

Die derzeitigen globalen Reserven sind 50-mal so hoch wie der für 2050 prognostizierte jährli-
che Primärverbrauch (Schüler et al., 2018). Wenn der Li-Verbrauch konstant ist (57.000 t Li)
und würde sich die Reservemenge von 17 Mio. t Li nicht verändern, würden die Vorkommen
für 298 Jahre ausreichen. Falls anschließend die 80 Mio. t Li-Ressourcen in Reserven umge-
wandelt werden können, ist Li für ca. weitere 1400 Jahre verfügbar. Es handelt sich bei dieser
Abschätzung nur um eine Überschlagsrechnung ohne Einbezug der Marktveränderungen. Die
Berechnung zeigt allerdings, dass die Menge an Li-Reserven und Ressourcen sehr groß ist.
Trotz der unterschiedlichen Angebots- und Nachfrageszenarien gibt es in der Literatur eine
Übereinstimmung über die geologische Verfügbarkeit des Rohstoffs. Die durchgeführte Hub-
bert Linearisierung bestätigt das Ergebnis. In den nächsten Jahrzehnten ist nicht von einer Ver-
knappung auszugehen. Tabelle 2 zeigt, dass mit den fortschreitenden Jahren die Reserven- und
Ressourcengröße zugenommen hat. Es sind mehr Vorkommen entdeckt worden. Folglich ist zu
erwarten, dass bis dato noch nicht alle Li-Vorkommen in die Datenbank mit aufgenommen sind
und weitere potenzielle Abbaugebiete folgen könnten. Somit ist das Risiko der vollkommenen
Erschöpfung der Vorkommen als gering einzuschätzen.

3.2 Länderrisiko

Nicht nur die geologische Verfügbarkeit stellt ein potenzielles Risiko dar. Trotz ausreichender
Li-Reserven kann es dennoch zu temporären Lieferengpässen und -ausfällen kommen. Das An-
gebot kann in verschiedenen Maßstäben eingeschränkt werden. Ereignisse wie Naturkatastro-
phen, politische Umwälzungen, Arbeitsunfälle oder Streiks von Mitarbeitern können dazu füh-
ren, dass die Versorgung einer Mine, Region oder eines Landes unterbrochen wird (Long et al.,

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