Wirtschaftsgeologische Beurteilung des Rohstoffs Lithium - Bachelorarbeit Julius-Maximilians-Universität Würzburg
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Wirtschaftsgeologische Beurteilung des Rohstoffs Lithium Bachelorarbeit Julius-Maximilians-Universität Würzburg Philosophische Fakultät Studienfach: Geographie vorgelegt von Sarah Dehling aus Weiden i.d. Opf. Würzburg, 2020
Die vorliegende Arbeit wurde im Zeitraum vom 28.04.2020 bis zum 21.07.2020 am Lehrstuhl für Geodynamik und Geomaterialforschung der Julius-Maximili- ans-Universität Würzburg unter der Leitung von Prof. Dr. Hartwig E. Frimmel angefertigt.
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................................ I Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................. II Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................ III Zusammenfassung ...................................................................................................................... 1 Abstract ...................................................................................................................................... 1 1 Einleitung ................................................................................................................................ 2 2 Wirtschaftsgeologische Betrachtung von Lithium .................................................................. 3 2.1 Eigenschaften und Verwendung ....................................................................................... 3 2.2 Vorkommen ...................................................................................................................... 6 2.3 Abbaumethoden und Verarbeitung .................................................................................. 8 2.4 Angebot und Nachfrage.................................................................................................. 11 2.5 Preisentwicklung ............................................................................................................ 14 2.6 Recycling ........................................................................................................................ 16 3 Risikobeurteilung .................................................................................................................. 17 3.1 Geologische Verfügbarkeit ............................................................................................ 19 3.2 Länderrisiko ................................................................................................................... 22 3.3 Nachhaltigkeit ................................................................................................................ 25 3.3.1 Ökonomie ................................................................................................................ 25 3.3.2 Ökologie .................................................................................................................. 26 3.3.3 Soziale Gerechtigkeit .............................................................................................. 31 4. Diskussion ............................................................................................................................ 32 5. Schlussfolgerung und Ausblick ............................................................................................ 35 Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 37 Anhang ..................................................................................................................................... 43 I
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Der globale Durchschnitt der Anwendungsbereiche des Endverbrauchermarktes von Li 2019 (A) und 2020 (B) in Prozent sowie die Verteilung der drei Hauptanwendungsbereiche zwischen 2010 und 2020 (C) (Datenquelle siehe Anhang 1). ... 5 Abbildung 2: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Solen (Eigene Darstellung nach Voigt 2014 & Dessemond et al. 2019). ......................................................................... 9 Abbildung 3: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Mineralen am Beispiel von Spodumen (Eigene Darstellung nach Voigt 2014 & Dessemond et al. 2019). ................... 10 Abbildung 4: Die Verteilung der globalen Li-Ressourcen und Reserven (Datenquelle: siehe Anhang 2). ........................................................................................................................... 12 Abbildung 5: Das weltweite Li-Angebot (U.S. Produktion ausgenommen), die weltweite Li- Nachfrage sowie die jährlichen durchschnittlichen Li-Karbonatpreise der Großaufträge innerhalb der Periode 2010 bis 2019 (Datenquelle: siehe Anhang 3). ................................ 14 Abbildung 6: Die grundlegenden Pfeiler der durchzuführenden Risikobeurteilung. ............. 18 Abbildung 7: Die Hubbert Linearisierung der Li-Produktion im Zeitraum 1975-2019 (Datenquelle: siehe Anhang 4). ........................................................................................... 19 II
Abkürzungsverzeichnis Einheiten a Jahr cm Centimeter g Gramm kg Kilogramm l Liter Mio. Millionen ppm parts per million t Tonne Wh Wattstunde wt% Gewichtsprozent Chemische Elemente/Formeln Al Aluminium B Bor C Kohlenstoff CO2 Kohlenstoffdioxid F Fluor H Wasserstoff K Kalium H2O Wasser H2SO4 Schwefelsäure Li Lithium LiOH Lithiumhydroxid Li2O Lithiumoxid Li2CO3 Lithiumkarbonat Mg Magnesium Na Natrium O Sauerstoff P Phosphor S Schwefel Si Silizium Weitere B2DS Beyond 2°C-Szenario CR Konzentrationsrate E-Abfall elektronischer Abfall E-Auto Elektroauto etc. et cetera GLR gewichtete Länderrisiko HHI Hirshman-Herfindal-Index LCE Lithiumkarbonat-Äquivalent EV electric vehicel (Elektroauto) SQM Sociedad Quimica y Minera de Chile SA TDS total dissolved solids (gesamte gelöste Feststoffe) usw. und so weiter z.B. zum Beispiel III
Zusammenfassung Lithium ist die Schlüsselkomponente in der modernen Energiespeichertechnologie und von ent- scheidender Bedeutung für die Europäische Union, um eine klimaneutralere Mobilität durch wiederaufladbare Li-Ionenbatterien zu etablieren. Um eine risikofreie Entwicklung zu ermög- lichen, gilt es, die geologische Verfügbarkeit von Lithium sowie das Länderrisiko und die Nachhaltigkeit zu überprüfen, um Engpässe prognostizieren zu können. Aktuell gibt es zwei unterschiedliche Abbaumethoden: die Gewinnung aus Solevorkommen und aus Pegmatit. Um die Sicherheit des zukünftigen Angebots greifbar zu machen, wird eine Hubbert Lineari- sierung durchgeführt. Diese sowie die Ergebnisse anderer Studien zeigen, dass ausreichend Li- thiumreserven und -ressourcen existieren. Im Gegensatz dazu hat die Bewertung des Länderri- sikos auf Basis des prozentualen Marktanteils der Produktionsfirmen, des Konzentrationsver- hältnisses, des Hirschman-Herfindal-Indexes sowie des gewichteten Länderrisikos ergeben, dass es zu einem temporären Engpass kommen kann, da die globale Lithium-Versorgungskette von einigen wenigen führenden Ländern dominiert wird. Einerseits ist der Abbau von Lithium weniger umweltschädlich als von anderen Elementen, andererseits ist der Wasserverbrauch und die potenzielle Wasserverschmutzung in beiden Verfahren als nicht nachhaltig zu bewerten. Durch neue Innovationen, die beispielsweise Konzepte für die Rückgewinnung und Rückfüh- rung des Wassers in die Salzseen entwickeln, kann die Wasserproblematik gemindert werden. Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und auch zur Verringerung des Länderrisikos stellt der Ausbau der Recyclingsysteme innerhalb Europas dar. Abstract Lithium is a key component in environmentally friendly energy storage technologies and of crucial importance for the European Union to establish a more climate-neutral mobility with the help of rechargeable Li-Ion batteries. In order to enable risk-free development, the geologi- cal availability of lithium, as well as the country risk and its sustainability must be reviewed to avoid bottlenecks. Currently there are two different mining methods: extraction from brine de- posits and from pegmatite. In order to ensure future supply, a Hubbert linearization is being carried out. These and other studies show that sufficient lithium reserves and resources exist. However, the assessment of 1
country risk based on the percentage market share of the production companies, the concentra- tion ratio, the Hirschman-Herfindal index and the weighted country risk has shown that a tem- porary bottleneck may occur as the global lithium supply chain is dominated by a few leading countries. Although the mining of lithium is less environmentally harmful than that of other elements, the water consumption and potential water pollution in both processes are un- sustainable. The water problem can be alleviated by new innovations, for example by develo- ping concepts for the recovery and return of water to the salt lakes. Another way to improve sustainability and reduce country risk is to expand recycling systems within Europe. 1 Einleitung Mit dem technologischen Fortschritt geht ein wachsender Bedarf an Rohstoffen einher. Allein für die Herstellung eines Smartphones werden mittlerweile 60 verschiedene Stoffe benötigt, darunter 30 Metalle (Informationszentrum Mobilfunk, 2020), deren Produktionsstandorte welt- weit verteilt sind. Durch die Globalisierung ist der Markt weltweit verknüpft, was die Produk- tion und Weiterverarbeitung von Gütern an verschiedenen Standorten ermöglicht. Dadurch kann eine Importabhängigkeit entstehen. Dies zeigt sich am Beispiel der Seltenen Erdelemen- ten, die für die Herstellung moderner Technologien essenziell sind. Mit einem Marktanteil von fast 90% besitzt das Land China eine Monopolstellung, die als Druckmittel ausgenutzt werden kann (iwd, 2019). Beispielsweise drohte China im Juni 2019 der USA, die Exporte Seltener Erden einzuschränken (iwd, 2019). Ein Handelskrieg zwischen den beiden Industrienationen hätte auch fatale Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft gehabt, da Deutschland ebenfalls auf viele Rohstoffimporte angewiesen ist (Deutscher Bundestag, 2013). Rohstoffe sind nicht nur für die Herstellung einer breiten Palette von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Lebens von wesentlicher Bedeutung, sondern auch für die Entwicklung neuer Innovationen in der EU. Diese sind insbesondere für Entwicklung ökoeffizienterer und weltweit wettbewerbs- fähigerer Technologien notwendig (European Commission, 2017). Im Jahr 2015 wurde auf der internationalen Klimakonferenz in Paris beschlossen, dass die Staaten dazu verpflichtet sind, die Weltwirtschaft auf klimafreundliche Weise zu verändern (Bmu, 2020). Um den Kohlen- stoffausstoß zu reduzieren werden nun verschiedene Maßnahmen gesucht und diskutiert. Eine Idee ist der Umstieg von Verbrennungs- auf Elektromotoren. Die zentrale Technologie ist hier- bei die Lithium-Ionenbatterie, die unter anderem in Elektro- und Hybridautos, Elektrofahrrä- dern und Elektrorollern verbaut wird. Eines der Schlüsselelemente zur Herstellung dieser Mo- toren ist Lithium. Die Entwicklung der elektrischen Mobilität ist mit einem großen 2
wirtschaftlichen Potenzial verbunden, das für die Entwicklung eines Landes wegweisend sein kann. Durch die Produktion aber auch Weiterverarbeitung des Rohstoffs, die Fertigung der Bat- terien und Vertrieb des Endprodukts erschließt sich ein neuer, zukunftsträchtiger Markt, an dem europäische Länder, wie beispielsweise Deutschland beteiligt sein möchten (Deutscher Bundestag, 2013). Eine Voraussetzung für eine funktionierende Lieferkette ist die Sicherheit der Zulieferung der benötigten Rohstoffe. Zur Vermeidung eines Szenarios wie im obigen Bei- spiel der Seltenen Erdelementen erläutert, gilt es zu prüfen, ob es eine derartige Marktstellung eines Anbieters gibt. Wenn dies der Fall ist, sollten rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Es gilt ebenfalls zu prüfen, ob ein Umstieg auf die E-Mobilität für den Großteil der Bevölkerung aufgrund der geologischen Verfügbarkeit des Rohstoffes überhaupt möglich ist. Darüber hinaus wird die Nachhaltigkeit des Lithiumabbaus bewertet, um zu überprüfen, ob Risiken in den Abbauregionen resultieren können. Um diese Fragen zu beantworten, wird in dieser Arbeit der Rohstoff Lithium zunächst wirtschaftsgeologisch analysiert, um die Eigen- schaften, Verwendungsmöglichkeiten, die Vorkommen, die Abbaumethoden, die Recyclings- möglichkeiten und den Markt bezüglich der Angebot- und Nachfragetrends sowie die daraus resultierenden Preisänderungen aufzuzeigen. Auf Basis dieser Informationen ist anschließend eine Risikoabschätzung durchführbar. 2 Wirtschaftsgeologische Betrachtung von Lithium 2.1 Eigenschaften und Verwendung Lithium, kurz Li, ist ein silberweißes Alkalimetall (Gibson et al., 2017) und Silikat-liebend, lithophil (Pohl, 2005). Als das 3. Element im Periodensystem gehört es mit einer Dichte von 0,53 g/cm³ bei 20 °C neben Wasserstoff und Helium zu den leichtesten Elementen mit der zu- sätzlich höchsten spezifischen Hitzekapazität (Christmann et al., 2015). Es besitzt eine hohe Reaktionsfreudigkeit und kommt daher auf natürliche Weise in Verbindungen vor (Hao et al., 2017). Li ist in mehreren Formen auf dem Markt, nämlich als Mineralkonzentrat, Sole, Li- Karbonat- und Li-Hydroxidverbindungen oder als Metall erhältlich (Jaskula, 2016). Je nach Produkttyp ergeben sich unterschiedliche Verwendungszwecke. Beispielsweise ist Lithium- Karbonat ein essenzieller Bestandteil in der Batteriekathodenproduktion, der Keramikvergla- sung und Aluminiumelektrolysen (Hao et al., 2017). Des Weiteren eignet sich Lithium- 3
Konzentrat zur Herstellung von Li-basierten Schmierfetten oder als Flussmittel in der Glas- und Keramikindustrie (Hao et al., 2017). Aufgrund des leichten Gewichts und des hohen elektrochemischen Potenzials spielt das Ele- ment eine wichtige Rolle in der Herstellung von wiederaufladbaren Batterien (Bradley und Jaskula, 2014). Lithium-Ionen-Batterien haben im Vergleich zu anderen Batterietypen die höchste Energiedichte (ca. 250 Wh/kg), die längste Zykluslebensdauer, den weitesten Tempe- ratureinsatzbereich und die geringsten Selbstentladeraten (1 – 2 %/a) (Bauer, 2017) und eignen sich deswegen für die Anwendung in alltagsgebräuchlichen Elektroautos. Dabei wird Lithium größtenteils als aktives Material in der positiven Elektrode (Kathode), aber auch im Elektrolyt und untergeordnet in der negativen Elektrode (Anode) verwendet (Schmidt, 2017). Neben der Batterieherstellung wird Li in weiteren Industriefeldern genutzt. Beispielsweise in der Glas- und Keramikindustrie, dem zweitgrößten Anwendungsbereich. Dort wird Li der Ke- ramik beigesetzt, um die mechanische Widerstandsfähigkeit und Resistenz gegenüber Tempe- raturänderungen zu erhöhen (Bradley und Jaskula, 2014). Durch die Verwendung von Li bei der Glasproduktion kann außerdem die Schmelztemperatur herabgesetzt und die Viskosität auf- grund der höheren Schmelzrate verringert werden (Schmidt, 2017). Dadurch wird Energie ge- spart und die Blasenbildung innerhalb der Schmelze geht zurück. Glasuren werden durch den Einsatz von Li widerstandsfähiger gegen Chemikalien sowie Abrasion, und gewinnen zusätz- lich an Glanz und Leuchtkraft (Schmidt, 2017). Im Bereich der Schmierfette, die bei Zufuhr von Druck und Hitze benutzt werden, entwickeln diese durch das Mischen mit Li-Seife eine höhere Widerstandskraft gegen Hitze und können somit ihre fettenden Eigenschaften in höheren Temperaturbereichen aufrechterhalten (Martin et al., 2017). Auch in der Stahlgussindustrie wird Spodumen und Petalit, zwei Li-Minerale, als Bestandteil in Flussmitteln verwendet, um den Gussprozess durch die Verringerung der Visko- sität und der damit verbundenen schnelleren Fließgeschwindigkeit zu optimieren (Schmidt, 2017). In der Luftaufbereitung spielt Li in drei unterschiedlichen Bereichen eine Rolle. Eine Möglich- keit ist die Verwendung in Kältemaschinen (Schmidt, 2017). Dabei dienen Lithiumbromidlö- sungen in Kombination mit Wasser als Kältemittel (Roskill, 2016). Im zweiten Anwendungs- bereich wird die Reaktionsfreudigkeit des Elements ausgenutzt, um CO₂ in geschlossenen Sys- temen, unter anderem in U-Booten und Raumschiffen, zu entfernen (Christmann et al., 2015). Dabei reagiert Li-Hydroxid mit CO₂ zu Li-Karbonat oder Li-Peroxid zu Li-Karbonat und 4
Sauerstoff (Schmidt, 2017). Als Li-Chlorid besitzt Li außerdem die Eigenschaft, die zehnfache Menge an Wasser speichern zu können und dient damit zur Verwendung als Luftentfeuchter (Schmidt, 2017). Li-Karbonat erhöht als elektrolytische Zugabe zu geschmolzenem Aluminium außerdem die elektrische Leitfähigkeit und reduziert die Schmelztemperatur (Martin et al., 2017). Als Zusatz zu Aluminium oder Kupfer wird darüber hinaus das Gewicht von Flugzeugstrukturbauteilen reduziert (Bradley und Jaskula, 2014). Des Weiteren wird Butyllithium bei der Herstellung von naturähnlichen Kautschukverbindungen als Katalysator benötigt (Schmidt, 2017). Abbildung 1 A und B zeigt die weltweite, prozentuale Aufteilung der Anwendungsgebiete im Endverbrauchermarkt. Im Vergleich zu 2019 ist im Jahr 2020 ein prozentualer Anstieg in der Batterieproduktion von 56% auf 65% zu erkennen. Dafür ist der Prozentsatz der anderen Ver- wendungszwecke, außer in der Flussmittelproduktion, gesunken. Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass es sich bei der Prozentzahl nicht um die tatsächliche verwendete Li-Menge in der jeweiligen Branche handelt, sondern lediglich der Anteil an der weltweiten Gesamtmenge. Abbildung 1: Der globale Durchschnitt der Anwendungsbereiche des Endverbrauchermarktes von Li 2019 (A) und 2020 (B) in Prozent sowie die Verteilung der drei Hauptanwendungsbereiche zwischen 2010 und 2020 (C) (Datenquelle siehe Anhang 1). 5
In Abbildung 1 C wird die zeitliche Entwicklung der Anwendungsgebiete veranschaulicht. Es geht deutlich hervor, dass der Anteil der Batterieproduktion nicht nur vom Jahr 2019 auf 2020 zugenommen hat, sondern ebenfalls in den Jahren zuvor. 2015 war die Verwendung für Li in der Glas- und Keramikindustrie mit einem Anteil von 35% führend (Jaskula, 2015). In den darauffolgenden Jahren nahm die Batterieproduktion weiter zu und dominiert den Anwen- dungsbereich für Li. Es ist anzunehmen, dass dieser Bereich weiter wachsen wird. Die Sektoren Glas und Keramik und Flussmittel werden von Martin et al. (2017) steigend prognostiziert. Die weiteren Felder besitzen ein negatives jährliches Wachstum. Die Verwendung von Substituten hängt in hohem Maße von den Rohstoffpreisen ab. Li wird benutzt, um verschiedene Produkteigenschaften zu verbessern, weswegen das Element nur schwer ersetzt werden kann (Martin et al., 2017). Hauptsächlich wird es dazu verwendet, die Qualität der Produkte zu erhöhen und gleichzeitig Kosten einzusparen, wie beispielsweise zur Schmelzpunktreduktion (Martin et al., 2017). Die Substitution von Lithiumverbindungen ist in Batterien, Keramiken, Fetten und hergestelltem Glas generell möglich. Beispiele dafür sind Kalzium, Magnesium, Quecksilber und Zink als Anodenmaterial in Primärbatterien, Kalzium- und Aluminiumseifen als Ersatz in Fetten, und Natrium- und Kaliumflussmittel in der Keramik- und Glasherstellung (Jaskula, 2020). 2.2 Vorkommen Um die Vorkommen zu bestimmen, gibt es zwei Unterteilungen, die zuerst definiert werden müssen. Es gibt in der Literatur Unstimmigkeiten darüber, was Ressourcen und Reserven be- schreiben. In dieser Arbeit wird die Definition von Arndt et al. (2017) herangezogen. Der Be- griff Ressource bezieht sich auf verschiedene Schätzungen des weltweit gesamten Mineralma- terials, ungeachtet, ob das Vorkommen bekannt ist oder nicht, oder ob es sich wirtschaftlich abbauen lässt oder nicht. Die Reserven stellen dagegen den Teil der Ressourcen dar, der zum aktuellen Zeitpunkt bekannt ist und ein profitabler Abbau möglich ist. Die weltweiten Li-Vorkommen teilen sich hauptsächlich in drei Kategorien auf: Solen, Pegma- tit und sedimentäre Ablagerungen (Dessemond et al., 2019). 58% der Ressourcen sind Solen mit geschlossenem Becken, 26% sind an Pegmatite gebunden, darunter auch Li-angereicherte Granite, 7% Li-Tone (Hectorit), und jeweils 3% Ölfeldsolen, geothermale Solen und Li-Zeo- lithe (Jadarit) (Bradley et al., 2017). Zwar ist Li auch im Meerwasser zu finden, jedoch ist die Konzentration zu gering, als dass es für den kommerziellen Abbau relevant wäre (Voigt, 2014). 6
Es existieren mehr als 150 Mineralen, jedoch eignen sich aufgrund der Größe und der Konzent- ration wenige zur Li-Extraktion (Flexer et al., 2018). Die kommerziell oder wissenschaftlich wichtigsten Li-haltigen Minerale sind in Tabelle 1 gelistet. Tabelle 1: Die kommerziell und/oder wissenschaftlich wichtigsten Li-Minerale laut Bradley et al. 2017. Die Hauptquelle für Lithium sind Solevorkommen, die 60% der global identifizierten Reserven definieren (Grosjeana et al., 2012). Bei 78% der Solen handelt es sich um Salare, ausgetrock- nete Salzseen (Dessemond et al., 2019). Der Li-Gehalt beträgt in Salzseelösungen 0,2 bis 2,0 g/l (Voigt, 2014). Eine Ausnahme stellen die Salzseen innerhalb der Atacamawüste mit einem Wert von 6,0 g/l dar (Voigt, 2014). Aus diesem Grund gehören die Solen mit einer Ressour- cenmenge von 6.3 Mio. t Li innerhalb Chiles zu den wichtigsten Vorkommen weltweit (Jaskula, 2020). Ein großes Potential birgt das Salar de Uyuni in Bolivien mit geschätzten 10.2 Mio. t Li (Martin et al., 2017). Aufgrund der hohen Lage, dem vergleichsweise niedrigen Li-Gehalt von 320 ppm und den schlechteren klimatischen Verhältnissen ist aktuell jedoch keine großräumige Produktion möglich (An et al., 2012; Kesler et al., 2012) Des Weiteren sind 23-30% der Reserven Pegmatitvorkommen (Jaskula, 2019). Lithium-ange- reicherte Pegmatite sind allerdings im Vergleich zum gesamten Pegmatitvorkommen gering (Laznicka, 2006), da diese weniger als 0,1% der Familie betragen (Dessemond et al., 2019). Eines der wichtigsten Li-Minerale ist Spodumen (Voigt, 2014), da es einen theoretischen Li2O- Gehalt von 8 wt% besitzt und deshalb ökonomisch relevant ist (Gibson et al., 2017). Dieser 7
Lagerstättentyp entsteht folgendermaßen: Als ein lithophiles Element bleibt Li bei der Mag- menkristallisation bis kurz vor Schluss in der überbleibenden Schmelze (Bradley et al., 2017). Aufgrund dieser Eigenschaft konzentriert es sich in der kontinentalen Kruste, nachdem der Mantel unter Mittelozeanischer Rücken und Vulkangürtel aufgrund von aktiver Plattentektonik innerhalb der Erdgeschichte mehrmals partiell aufgeschmolzen ist. Anschließend steigt die Schmelze auf, kühlt ab und bildet eine neue, Li-beinhaltende Erdkruste. Die größte Ressource ist mit einer Menge von 6.3 Mio. t Li in Australien lokalisiert (Bradley und Jaskula, 2014). Unter Anderem sind Li-Ressourcen im Kongo (2,5 Mio. t Li), in Deutschland (2,5 Mio. t Li) oder Tschechien (1.3 Mio. t Li) vorhanden (Jaskula, 2020). Sedimentäre Ablagerungen stellen einen Anteil von weniger als 3 Prozent der globalen Res- sourcen dar (Dessemond et al., 2019). Diese bestehen zum einen aus Tonablagerungen, in denen Li in Smektiten, hauptsächlich in Hectorit, vorkommt (Barrera, 2019). Die Li-haltigen Tone bilden sich durch Verwitterung von Li-haltigen vulkanischen Intrusivgestein (Schmidt, 2017). Eine weitere Anreicherung kann durch hydrothermale Prozesse stattfinden. Bis dato sind zwei Hectoritlagerstätten bekannt: McDermitt in den USA und Sonora in Mexico (Dessemond et al., 2019). Darüber hinaus findet sich Li auch lacustrinen Evaporiten, die ausschließlich als Jadarit im namensgebenden Jadar in Serbien vorkommen (Barrera, 2019) 2.3 Abbaumethoden und Verarbeitung Abhängig von der Art des Vorkommens und des Verwendungszeckes resultieren unterschied- liche Abbauverfahren und Verarbeitungsprozesse. Ein schematisches Modell zur Li-Gewin- nung aus Salzseen ist in Abbildung 2 dargestellt. Um Li aus Salzseen zu gewinnen, muss das Li-Salz von weiteren gelösten Salzen, wie beispielsweise Na, K und Mg, getrennt werden (Voigt, 2014). Die Salzlösung wird aus geringer Tiefe an die Oberfläche gepumpt (Pohl, 2005) und in Verdunstungsbecken geleitet, in denen sich das Li durch solare Evaporation, die durch Wind angetrieben wird, konzentriert (Gibson et al., 2017). Zuerst fällt NaCl aus und wird ab- geschieden, anschließend KCl, Carnallit (KCl*MgCl2*6H2O) und als letztes Bischofit (MgCl2*6H2O), das nur bei hohen Verdunstungsraten bildbar ist (Voigt, 2014). Um die restli- chen Sulfate, Mg- und K-Ionen zu entfernen, muss die LiClMg-Lösung, welche einen Li-Anteil von 4-6% besitzt, in einer Fabrik chemisch fein gereinigt werden (Voigt, 2014). Dies ist durch eine selektive Fällung mit Zusatz von Chemikalien möglich (Voigt, 2014). Dabei ist die größte Herausforderung die Abtrennung des Mg von Li, da sich beide Elemente chemisch ähnlich verhalten und somit die Lösungsunterschiede nicht groß sind (Voigt, 2014). Ein niedriges 8
Mg:Li-Verhältnis ist essentiell, um das Li-Vorkommen wirtschaftlich rentabel abbauen zu kön- nen. Je höher das Mg:Li-Verhältnis, desto mehr Prozesse sind notwendig, um die Elemente zu trennen, das mit zusätzlichen Kosten verbunden ist (Voigt, 2014). Abschließend wird durch die Zugabe von Natriumkarbonat eines der möglichen Zielprodukt Li-Karbonat (Li2CO3) ausgefällt (Hao et al., 2017). Neben Li-Karbonat kann auch Li-Hydroxid, Li-Chlorid oder Li-Metall her- gestellt werden. Abbildung 2: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Solen (Eigene Darstellung nach Voigt 2014 & Dessemond et al. 2019). Im Vergleich dazu werden Li-Erze aus Pegmatit-Lagerstätten durch traditionelle Bohr- und Sprengmethoden gewonnen (Hao et al., 2017). Um das Endprodukt zu erhalten, sind viele ver- schiedene Zwischenschritte notwendig. Die wichtigsten Teilschritte, die zur Li-Aufbereitung aus Mineralen nötig sind, werden in Abbildung 3 dargestellt. Spodumen wird am meisten ab- gebaut, da dieses Mineral als am rentabelsten gilt (Ober, 1994). Bei diesem Mineral gilt es allerdings zu beachten, dass mehrere Spodumenformen existieren. α-Spodumen hat eine mono- kline Kristallstruktur und ist die Form des abgebauten, natürlichen Materials (Dessemond et al., 2019). Dieses muss zur Li-Aufbereitung in β-Spodumen mit tetragonaler Struktur durch Hitze- zufuhr umgewandelt werden (Dessemond et al., 2019). Die dritte Form, γ-Spodumen, ist weni- ger bekannt und kommt nie in purer Form vor, sondern gemeinsam mit β-Spodumen und wan- delt sich ebenfalls bei höheren Temperaturen in β-Spodumen um (Dessemond et al., 2019). Um Li zu gewinnen, muss das Mineral zunächst aufgearbeitet werden. Durch Mahlen, Klassieren und anschließend Flotieren, einem mechanischen Trennprozess, wird Li-Konzentrat gebildet (Voigt, 2014). Es entstehen simultan zwei Konzentrate: Ein Konzentrat technischer Qualität mit einem Anteil von 5-7.5% Li20 und geringer Eisenmenge, und das Konzentrat chemischer 9
Qualität mit 6% Li20 und einem verhältnismäßig höheren Eisengehalt (Hao et al., 2017). Ers- teres wird primär in der Glas- und Keramikindustrie verwendet. Li-Konzentrat chemischer Qua- lität kann weiter aufbereitet werden, um Li-Chemikalien zu produzieren (Hao et al., 2017). Abbildung 3: Die Aufbereitungsschritte zur Gewinnung von Li aus Mineralen am Beispiel von Spodumen (Eigene Darstellung nach Voigt 2014 & Dessemond et al. 2019). Schwefelsäure (H2SO4) wird zugesetzt und das Gemisch wird bei 150 bis 200°C geröstet (Voigt, 2014). Anschließend entsteht durch die Zugabe von Wasser eine Lauge. Um die Schwermetalle auszufällen, wird zuerst Kalkmilch und dann Natriumkarbonat bei 70°C zuge- geben (Voigt, 2014). Abschließend kann entweder eine Elektrodialyse mit anschließender Kris- tallisation zur Produktion von LiOH durchgeführt, oder durch Konzentration und Karbonation Li2CO3 gewonnen werden (Dessemond et al., 2019). Oftmals wird das primäre Li-Karbonat neu aufgelöst und ausgefällt, um die angestrebte Reinheit für die Batterie zu generieren (Flexer et al., 2018). Die Li-Karbonatproduktion für Li-Ionenbatterien ist folglich aufwendiger. Beide Gewinnungs- und Aufbereitungsverfahren haben Vor- und Nachteile. Der große Vorteil der Gewinnungsmethode aus Salzseen ist die Nutzung der solaren Energie, weswegen der Pro- zess wenig energieintensiv ist und somit relativ geringe Kosten entstehen (Clarke, 2013). Das Li liegt in mobiler Form vor, das heißt es müssen keine aufwendigen Abbaumethoden wie z.B. 10
Sprengungen angewendet werden (Voigt, 2014). Dafür kommt das Li verdünnt vor (Voigt, 2014). Ein weiterer Nachteil ist die Exposition der Vorkommen, die logistisch aufwendig sind, da die Salare typischerweise in erhöhten Gebieten, größtenteils im Hochgebirge, mit extrem wenig Niederschlag liegen (Flexer et al., 2018). Der Ausbau der Infrastruktur stellt ein Hinder- nis dar (Voigt, 2014). Einer der größten Nachteile ist jedoch, dass die Aufbereitung lange Zeit- räume in Anspruch nimmt. Es kann bis zu 18 Monate dauern, bis die Lösung durch Evaporation konzentriert ist (Gibson et al., 2017). Ab Beginn des Pumpens ist eine Zeitspanne von 12 bis 24 Monaten nötig, bis das gewünschte Li-Produkt aufbereitet ist (Flexer et al., 2018). Es ist folglich nicht möglich, schnell auf eine plötzliche Steigerung der Nachfrage zu reagieren. Eine schnellere Reaktion ist beim traditionellen Bergbau möglich, da die Aufbereitungskette nicht von natürlichen Gegebenheiten, wie beispielsweise die Anzahl an Sonnenstunden pro Tag be- stimmt wird und somit beschleunigt werden kann. Li-Minerale, insbesondere Spodumen, haben den Vorteil, dass die Li-Konzentration hoch und das Endprodukt Li-Karbonat reiner ist (Voigt, 2014). Ein Nachteil ist aber die Lokalisierung der Vorkommen, da Spodumen in Gang- und Linsenform vorkommt (Voigt, 2014). Da die thermische Aktivierung, aber auch das Zermahlen des Gesteins viel Energie benötigt, ist die Aufbereitung kostenaufwendig und auch kompliziert (Gibson et al., 2017). Die Kosten zur Gewinnung sind fast doppelt so hoch wie aus Solevor- kommen (Flexer et al., 2018). Die Abbauprozedur ist teuer, weswegen sich die Gewinnung von Li aus Pegmatit nur in ausgewählten Gebieten mit hohem Li-Gehalt, wie z.B. Australien, ren- tiert. Falls der Marktpreis ansteigt, können jedoch weitere Lagerstätten rentabel abgebaut wer- den. 2.4 Angebot und Nachfrage Nach USGS 2020 gibt es weltweit 17 Mio. t Reserven und 80 Mio. t Ressourcen. Abbildung 4 zeigt die globale Aufteilung der Ressourcen, wobei Bolivien mit 21 Mio. t Li die Liste anführt, dicht gefolgt von Argentinien (17 Mio. t Li) und Chile (9 Mio. t Li). Folglich befinden sich mehr als 60% der weltweiten Ressourcen im südamerikanischen Dreieck Bolivien, Chile und Argentinien. In den USA werden 6,8 Mio. t Li vermutet, in Australien 6,3 Mio. t, in China 4,5 Mio. t und im Kongo (Kinshasa) 3 Mio. t (Jaskula, 2020). Auch in Europa gibt es Li-Ressour- cen: die größten befinden sich in Deutschland (2,5 Mio. t), Tschechien (1,3 Mio. t), Russland und Serbien (je 1 Mio. t) (Jaskula, 2020). Die Reserven sind ebenfalls in Abbildung 4 dargestellt. Die größte Reserve liegt in Chile mit 8,6 Mio. t Li. Australien hat das zweitgrößte Reserveaufkommen mit 2,8 Mio. t Li, produzierte 11
aber im Jahr 2019 die größte Menge Li (42.000 t) (Jaskula, 2020). Auf dem dritten Platz liegt Argentinien mit 1,7 Mio. t Li-Reserven (Jaskula, 2020). Innerhalb Europas ist Portugal das einzige Land, das aktuell Li abbaut. Im Jahr 2019 wurden von den berechneten 60,000 t Reser- ven 1200 t Li gefördert (Jaskula, 2020). Abbildung 4: Die Verteilung der globalen Li-Ressourcen und Reserven (Datenquelle: siehe Anhang 2). 12
Um Ressourcen in neue Reserven umwandeln zu können, ist die Li-Konzentration, das Aus- maß der Sole, das ohne Verdünnung gewonnen werden kann und ob weitere Solebestandteile (z.B. K und Mg) die Aufbereitung oder die Kapazität der Produktion einschränken, essentiell (Kesler et al., 2012). Es gilt zu beachten, dass sich die Klassifikation der Ablagerung von Re- serve in Ressource ändern kann, wenn beispielsweise der Preis fällt (Flexer et al., 2018). Im Umkehrschluss ist es durch einen Preisanstieg oder Entwicklung neuer Technologien, die einen kostensparenderen Abbau und Aufbereitung ermöglichen, Ressourcen in Reserven zu konver- tieren (Flexer et al., 2018). Zum Beispiel haben viele Salzseen in China ein schlechtes Mg/Li Verhältnis und rentieren sich aktuell nicht für den Abbau (Song et al., 2017). Reserven sind relevant für die aktuelle Zulieferung und des Angebots in naher Zukunft (Flexer et al., 2018). Somit kann nur eine Abschätzung zum aktuellen Stand erfolgen, die sich aber im Laufe der Jahre drastisch ändern kann. Abbildung 5 zeigt die Angebots- und Nachfragekurve von Li der Jahre 2010 bis 2019. Im Jahr 2010 lag das Angebot bei 28.100 t und stieg bis 2012 auf 35.000 t an. In den Folgejahren ging der Wert leicht zurück. Ab dem Jahr 2015 stieg der Angebotsbetrag allerdings steil an und erreichte 2018 einen Höchstwert von 95.000 t Li. Die Nachfrage steigt dagegen seit 2010 stetig an. 2010 wurden 22.500 t Li nachgefragt. 2018 erhöhte sich die Menge auf 49.100 t und wurde 2019 auf 57.000 t geschätzt. Im Vergleich zur Nachfrage soll die Produktion jedoch auf 77.000 t im Jahr 2019 zurückgehen. Dieser Wert ist geringer als von der Li-Industrie erwartet und hängt mit der Verringerung der Subventionen Chinas für Elektroautos und allgemein niedrigeren Ver- kaufsvolumen von E-Autos zusammen (Wiesmayer, 2019). China ist derzeit der weltweit größte Markt für Elektroautos, auf dem im Jahr 2016 mehr als 500.000 Stück verkauft wurden (Cheng und Tong, 2017). Norwegen ist weltweit führend in Bezug auf den Marktanteil von EVs (Agusdinata et al., 2018). Die Prozentzahl der Elektroautos stieg von 20,8 % im Jahr 2017 auf 31,2 Prozent aller Verkäufe im vergangenen Jahr, während die Verkäufe von Benzin- und Dieselfahrzeugen zurück gingen (Knudsen und Doyle, 2019). Auch in den USA ist eine wachsende Nachfrage nach elektrischen Automobile zu verzeichnen, deren Marktanteil 2017 mehr als 9% des gesamten Fahrzeugbestands erreicht hat (Agusdinata et al., 2018). Insgesamt wird ein stetiger Anstieg im jährlichen Bedarf von 8 bis 11% angenommen (European Commission, 2014). Die wichtigste Komponente ist Li-Karbonat (46% des gesam- ten Li-Bedarfs im Jahr 2015) (Martin et al., 2017). 13
Abbildung 5: Das weltweite Li-Angebot (U.S. Produktion ausgenommen), die weltweite Li-Nachfrage sowie die jährlichen durchschnittlichen Li-Karbonatpreise der Großaufträge innerhalb der Periode 2010 bis 2019 (Daten- quelle: siehe Anhang 3). 2.5 Preisentwicklung Um die Entwicklung des Li-Preises prognostizieren zu können und Schlüsse über zukünftige Entwicklungen zu gewährleisten, ist es wichtig, den vergangenen Preisverlauf und die Gründe für diesen zu analysieren. Da Lithium in unterschiedlichen Formen gehandelt wird, von Kon- zentraten (Spodumen, Petalit) bis hin zu Lithiumkarbonat und Lithiumhydroxid in unterschied- lichen Qualitäten, resultieren unterschiedliche Preise (Schmidt, 2017). Die Preise für Lithium- metall und Lithiumverbindungen werden allerdings nicht veröffentlicht (Bradley und Jaskula, 2014), da diese üblicherweise zwischen dem Produzenten und den Verbrauchern ausgehandelt werden (Schmidt, 2018). Außerdem variiert der Preis, abhängig von der Qualität des Produkts sowie den Spezifikationen, z.B. Langzeitverträge (Schmidt, 2018). Aus diesem Grund ist eine genaue Analyse der Preisentwicklung ohne der Datensätze einzelne Firmen nicht möglich. Da ein Teil des Li-Karbonats auf dem Spotmarktgehandelt wird, können diese Preise herangezogen werden, um einen allgemeinen Trend ausfindig zu machen. Es gilt jedoch zu beachten, dass 14
diese Preise zum Teil deutlich über den Langzeitlieferverträgen liegen (Schmidt, 2018). Außer- dem ermittelt „Industrial Minerals“ den jährlichen Durchschnitt des Preises für Li-Karbonat innerhalb der fixen Verträge, der in den „Mineral Commodity Summeries“ von USGS der ein- zelnen Jahre veröffentlicht ist. Aus diesen Daten entwickelt sich die Preiskurve für die Jahre 2010 bis 2019, die in Abbildung 5 gezeigt wird. Li-Karbonat ist das meist nachgefragteste Pro- dukt, da es in spezifische industrielle Salze und Chemikalien oder in Li-Metall umgewandelt werden kann (Flexer et al., 2018). Aus diesem Grund ist die Preisanalyse im Folgendem auf das Produkt Li-Karbonat bezogen. In Martin et al. (2017) ist der Preisverlauf für Li-Karbonat von 1990 bis ins Jahr 2010 geschil- dert. Bis zum Jahr 1995 war das Li-Karbonat-Angebot und somit auch der Preis konstant. Als die Firma Sociedad Quimica y Minera de Chile SA, kurz SQM, in den Markt eingetreten ist, kam es aufgrund des erhöhten Angebots zu einem rapiden Preisfall. 1999 bis 2002 stagnierte die Nachfrage, weil Asien in einer ökonomischen Krise steckte und es eine Rezession in Nord Amerika gab. Dagegen stieg zwischen 2002 und 2007 der Preis für Li-Karbonat stark an, da China einen ökonomischen Aufschwung erlebte. Nach 2008 viel der Preis schlagartig aufgrund der Weltwirtschaftskrise und erreichte 2010 seinen niedrigsten Punkt. Der jährliche Durch- schnitt von Li-Karbonat in Batteriequalität lag bei 5,180 $ pro metrische Tonne (Jaskula, 2015). Bis 2013 stieg der Preis wieder auf 6,800 $/t und verringerte sich im Folgejahr um 4%. Nach 2015 stieg der Preis stark an. 2016 steigerte sich dieser von 6,500 $/t im Jahr 2015 auf 8,650 $/t (Jaskula, 2020). Auch der chinesische Spotmarktpreis stieg auf einen Wert von 20,000 $/t an und erhöhte sich um 300% (Jaskula, 2017). Der Preisanstieg entstand aufgrund der hohen Nachfrage für Li-Karbonat in Batteriequalität und einem vergleichsweise geringen Angebot (The economist, 2016). 2018 war der höchste jährliche Durchschnitt mit 17,000 $/t erreicht (Jaskula, 2020). Am Anfang des Jahres lag ebenfalls der chinesische Spotmarktpreis mit 21,000 $/t am Höchstpunkt, fiel jedoch im dritten Quartal auf 12,000 $/t ab, da die weltweite Li-Pro- duktion höher als dessen Konsum war (Jaskula, 2019). 2019 fielen ebenfalls die Vertragspreise im Jahresdurchschnitt um 24% (13,000 $/t) (Jaskula, 2020). Die Preise auf dem Spotmarkt ver- ringerten sich von 11,600 $/t am Anfang des Jahres 2019 auf 7,300 $/t im Dezember (Jaskula, 2020). Dieser Preisfall soll durch das erhöhte Li-Angebot aus australischen Minen resultieren, aber auch aufgrund der Nachfragesenkung Chinas durch Verringerung der Subventionen für Elektroautos und allgemein niedrigere Verkaufsvolumen von E-Autos (Wiesmayer, 2019). In vielen Arbeiten wurde ein weiterer Anstieg des Preises prognostiziert, wie z.B. in Grosjeana et al. (2012) auf 25,500 $/t für Li-Karbonat im Jahr 2020. Davon ist zum aktuellen Zeitpunkt 15
jedoch nicht auszugehen, da aufgrund der Covid-19-Pandemie die weltweite Produktion einge- schränkt wurde, worunter auch die Li-Ionenbatterieherstellung möglicherweise beeinflusst wird. Es wird jedoch erwartet, dass sich der Markt für Lithium aufrechterhält (Grand View Research, 2020). 2.6 Recycling Um Probleme beim Abbau, der Aufbereitung, der Energiekosten usw. zu beseitigen, stellt das Recycling eine Möglichkeit dar, Li effizient wiederzugewinnen (Meshram et al., 2019). Es kön- nen schwankende Kosten aufgrund der Preisänderungen von Li ausgeglichen und eine Liefer- sicherheit garantiert werden (Meshram et al., 2019). Der Anteil des zukünftigen Bedarfs, der durch recyceltes Lithium gedeckt wird, hängt von der Lebensdauer der produzierten Güter, ih- rem Marktwachstum, der Materialrückgewinnungsrate und den Verbesserungen der Material- intensität ab (Zubi et al., 2018). Je nach Produkt ergibt sich ein unterschiedliches Potenzial für das Li-Recycling. Li-Ionenbatterien besitzen die größte Möglichkeit (Hao et al., 2017). Weitere Nutzungsfelder sind unattraktiv für das Recycling, da der Metallgehalt zu gering ist (Meshram et al., 2019). Es gibt allerdings einige Probleme, die die großräumige Nutzung von Recycling noch behin- dern, welche unter anderen in Hao et al. (2017) geschildert werden. Erstens werden die Pro- dukte, wie beispielsweise Li-Ionenbatterien, exportiert, aber als E-Abfall nicht wieder impor- tiert. Folglich fließt das Li nicht in das jeweilige Herkunftsland zurück. Zweitens beträgt die Lebenszeit eines Elektroautos über zehn Jahre. Aufgrund der großen Zeitspanne zwischen dem Erwerb und der Beseitigung, ist es schwer möglich, auf Engpässe und Preisschwankungen zu reagieren. Darüber hinaus ist Li schwieriger zu recyceln als andere Materialien (Schüler et al., 2018), da sich die Trennung der Batterie in die einzelnen Komponenten aufgrund der Verkle- bungen oder dem Eingießen in Kunststoff oder Harz, als schwierig erweist (Schmidt, 2018). Um beispielsweise Lithiumkonzentrat aus einer Autobatterie zu lösen, wird mit Hilfe des hyd- rometallurgische Prozesses, der eine großen Menge an Chemikalien benötigt, gearbeitet, der langsam, aufwendig und störanfällig ist (Friedrich, 2009). Aktuell wird Li nur wenig recycelt, da der Marktpreis noch niedrig genug ist, sodass es sich lohnt, neues Material abzubauen, anstatt die einzelnen Bestandteile aus dem Müll wiederzuge- winnen (Meshram et al., 2019). Ebenfalls gibt es für bestimmte Anwendungen technologische Ansprüche an die Reinheit des Lithiums, die durch Recycling nicht erreicht werden kann 16
(Schmidt, 2018). Bis zum Jahr 2017 ist Lithium nicht wiedergewonnen worden, da ausschließ- lich andere Rohstoffe, wie beispielsweise Cobalt und Nickel, recycelt worden sind (Schüler et al., 2018). Wenn der Preis allerdings aufgrund von temporärer Verknappung des Rohstoffs steigt, wird das Recycling möglicherweise attraktiver (Hao et al., 2017). Die Bedeutung von Li aus Sekundärproduktion wird bei einer Nachfrage- sowie Marktpreissteigerung folglich zuneh- men. Beispielweise hat der größte Konsument China noch eine schwache und limitierte Infrastruktur für das Li-Ionenbatterierecycling installiert (Hao et al., 2017). Allerdings birgt ein funktionie- rendes Wiedergewinnungssystem ein großes Potenzial für andere Länder, die Li in der Industrie verwenden, aber selbst kein bis wenig Li abbauen können, da die Importabhängigkeit verringert wird (Hao et al., 2017). China hat im Februar 2018 angekündigt, dass Hersteller von Elektro- fahrzeugen zukünftig die Verantwortung für das Batterierecycling übertragen wird und diese dafür zuständig sind, Einrichtungen zum Sammeln und Recyceln verbrauchter Batterien einzu- richten (Reuters, 2018). Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Weichen für eine funktionierende Sekundärproduktion zu stellen. Auch für Europa bietet Recycling die Chance, die außereuropäischen Rohstoffimporte und die Abhängigkeit von außereuropäischen Länder zu reduzieren (Buchert et al., 2019). In Deutsch- land gibt es beispielsweise Recyclinganlagen zum Recyceln von Li-Ionenbatterien, jedoch wird dort kein Li wiedergewonnen, sondern Rohstoffe wie z.B. Nickel, Kupfer und Mangan, da zu wenig Li recycelt werden kann, als dass es sich wirtschaftlich rentieren würde (Janssen, 2019). Die Li-Ionen-Akkus von beispielsweise Elektrofahrrädern beinhalten ein bis zwei Prozent Li und stellen eine zu geringe Menge an Li zu Verfügung, da aktuell noch zu wenig Produkte entsorgt werden. Falls sich die Menge jedoch ändert, könnte sich die Lage bezüglich des Li- Recyclings innerhalb Europas ändern (Janssen, 2019). 3 Risikobeurteilung Die allgemeine Definition von Weber et al. (2020) beschreibt den Begriff Risiko als eine Kenn- zeichnung der Möglichkeit, dass mit einer bekannten oder ungewissen Wahrscheinlichkeit ein Schaden bei einer Entscheidung entsteht oder auch ein erwarteter Vorteil verwehrt bleibt. Be- sonders für Länder wie Deutschland, die auf Rohstoffimporte angewiesen sind, ist die Stabi- lität der Rohstoffversorgung eine wichtige politische Zielsetzung (Deutscher Bundestag, 2013). Aus diesem Grund ist es essenziell, den Rohstoff Li, der maßgeblich für zukünftige 17
Entwicklungen insbesondere im Mobilitätssektor bedeutend sein wird, wirtschaftsgeolo- gisch zu beurteilen und das Risiko abzuschätzen. Laut Zubi et al. (2018) sind kritische Materialien Elemente, die ein Versorgungsunterbre- chungsrisiko darstellen. Risiken entstehen, wenn es zur Verknappung kommt, zusammen mit mehreren anderen Faktoren, einschließlich der Nachfrageprognosen konkurrierender Sektoren, ihres Potenzials die Materialintensität zu verringern und auf alternativen Materialien zu wech- seln, sowie der Rolle der Rückgewinnung und des Recyclings, um den Bedarf an Neumaterial zu verringern (Zubi et al., 2018). Ein Rohstoff könnte dabei auch als kritisch eingestuft werden, wenn sein Angebot auf wenige Länder konzentriert ist, insbesondere wenn einige dieser Länder politisch instabil sind. Zur Ermittlung des Risikos werden drei Bereiche analysiert. Die Beurteilungsschritte mit der jeweiligen Vorgehensweise sind in Abbildung 6 veranschaulicht. Zuerst wird die geologische Verfügbarkeit überprüft, um abschätzen zu können, ob genügend Li für die verschiedenen Nachfrageszenarien vorhanden ist. Als Zweites wird analysiert, ob es in der Gegenwart zu Schwierigkeiten kommen kann. Hierzu wird das Länderrisiko herangezogen, um eine Beurtei- lung bezüglich der Li-exportierenden Ländern zu liefern. Als Letztes wird ermittelt, ob die Li- thiumproduktion auf lange Sicht potenzielle Gefahren beinhaltet. Die Überprüfung der Nach- haltigkeit aus wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Sicht ist für diese Zeitachse ein aus- sagekräftiger Parameter. Abbildung 6: Die grundlegenden Pfeiler der durchzuführenden Risikobeurteilung. 18
3.1 Geologische Verfügbarkeit Die geologische Verfügbarkeit ist stark an die Marktentwicklung des Rohstoffs gekoppelt. Der an den Markt gebundene Li-Preis ist entscheidend für die Realisierung neuer Projekte, die wie- derum die aktuelle Verfügbarkeit des Rohstoffes terminieren. Um eine langfristige Vorhersage treffen zu können, wird zunächst die sogenannte Hubbert Linearisierung von Hubbert (1956) berechnet und visualisiert. Die Linearisierung extrapoliert durch vergangene Produktionszahlen (P) die maximale Fördermenge. Mit Hilfe der Produktionsdaten des USGS, die in Anhang 4 gelistet sind, lässt sich ein Graph generieren, der den Anteil der vergangenen Produktionszahlen pro Jahr (P/Q) zu den kumulierten Produktionszahlen (Q) darstellt (siehe Abbildung 7). Abbildung 7: Die Hubbert Linearisierung der Li-Produktion im Zeitraum 1975-2019 (Datenquelle: siehe Anhang 4). Bei der Erstellung der Gerade werden die Daten aus den frühen Produktionszeiten ignoriert, da das P/Q-Verhältnis bei kleinen Q-Werten eine große Fluktuation aufweist (Frimmel und Müller, 2011). Mit der Zunahme von Q nimmt die Variation von P/Q ab und nähert sich einem linearen Trend an. Da es sich bei der Linearisierung um eine Schätzung handelt, wäre in den meisten Fällen die Darstellung eines Ergebnisraums um die Gerade zielführender. Allerdings sind die Produktionszahlen in den letzten Jahren deutlich gestiegen, was zu einer großen Spann- breite des Ergebnisraums führt. Folglich gibt es eine große Variabilität bezüglich der gesamten Fördermenge, weswegen der Ergebnisraum in dieser Veranschaulichung vernachlässigt wird. Aus der Grafik geht hervor, dass keine Schnittstelle mit der Abszisse sichtbar ist, die den Er- wartungswert für die kumulierte Gesamtfördermenge bestimmt. Die Linie, die eine genauere 19
Aussage bezüglich der maximalen Fördermenge zulässt, wird sich erst herauskristallisieren, wenn sich der Graph der Abszisse annähert. Es lässt sich allerdings schlussfolgern, dass Li in naher Zukunft geologisch verfügbar ist, da die maximale Fördermenge in absehbarer Zeit nicht erreicht wird. Um die Aussage zu manifestieren, werden Ergebnisse weiterer Arbeiten überprüft und vergli- chen. Aufgrund der unterschiedlich möglichen Marktszenarien ist die Spannweite der Analy- seergebnisse groß. Auch durch die Verwendung verschiedener Bezugsjahre und Formen des gewonnenen Lithiums ist es schwierig, die geschätzte geologische Verfügbarkeit verschiedener Studien zusammenzufassen. Aus diesem Grund wird die Literatur nicht direkt verglichen, son- dern das Endergebnis dieser auf Stimmigkeit überprüft. Die für die Bewertung herangezogene Analysen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Tabelle 2: Die angenommenen Szenarien und Ergebnisse weiterer Arbeiten bezüglich der geologischen Verfüg- barkeit von Li. In Angerer et al. (2009) sind zwei Marktentwicklungen analysiert worden. Ersteres ist das Plu- ralismus-Szenario, bei dem von einem gemäßigten Wachstum der Elektromobilität ausgegan- gen wird. Insgesamt wird eine Menge von 3,57 Mio. t Li in den Jahren 2008 bis 2050 benötigt. 20
Im Jahr 2050 sind in dieser Berechnung 51 % der derzeitig angenommenen Reserven aufge- braucht. Im Dominanzszenario wird dagegen mit einem Bedarf von 8,59 Mio. t Li gerechnet, wovon 6,82 Mio. t Li für die Elektromobilität nachgefragt werden. In diesem Szenario wird von einer Dominanz der Elektromotoren ausgegangen. Dabei machen die Verbrennungsmotoren im Jahr 2050 nur noch 9% des Gesamtbestandes aus. Im Vergleich zu den damaligen Reserven (6 Mio. t) und abgeschätzten Ressourcen (13,8 Mio. t), sind im Jahr 2050 selbst unter den extrem hohen Annahmen des Dominanzszenarios für das Wachstum der Elektromobilität erst knapp die Hälfte (49 %) der geologischen Li-Vorkommen aufgebraucht (Angerer et al., 2009). Laut Martin et al. (2017) wird die Nachfrage für Li zwischen 6% (Basisszenario) und 9% (Op- timistisches Szenario) pro Jahr steigen. Ein weiteres Szenario soll durch politische Einflüsse möglich sein. Bis 2020 ist ein zusätzlicher Konsum von 70.000 t LCE (Lithium-Karbonat- Äquivalent) aufgrund von staatlichen Subventionen möglich. Allerdings erwähnen Martin et al. (2017), dass eine genaue Vorhersage nicht möglich ist, da der Batteriemarkt von vielen ver- schiedenen Parametern, wie z.B. von politischen Entscheidungen, Rohmaterialien und neue Batterietechnologien, abhängig ist. Durch die Realisierung neuer Projekte mit jährlichen Pro- duktionsvolumen von jeweils über 20.000 t LCE, werden insgesamt 169.000 t LCE mehr ex- trahiert. Da sich die Nachfrage bis 2020 nur um 117.000 t LCE erhöht, wird der Bedarf gedeckt sein. Buchert et al. (2019) analysierten eine größere Zeitspanne und ausschließlich den Bedarf an Li für die Automobilindustrie. Im Jahr 2030 soll die Nachfrage auf 240.000 t Li steigen, wobei 10% aus der Sekundärproduktion stammen soll. Im Jahr 2050 wird ein Bedarf von 1,1 Mio. t Li und ein Prozentsatz von 40% aus Recycling prognostiziert. Die Nachfragekurve basiert auf dem B2DS-Szenario. Im „Beyond-2°C-Szenario“ wird vorausgesetzt, dass eine Klimaneutrali- tät im Jahr 2060 erreicht wird, um den Temperaturanstieg auf 1,75°C 2100 zu begrenzen (International Energy Agency, 2017). Der Anteil des Lithiumbedarfs der Automobile soll im Jahr 2030 auf 82% und 2050 auf 83 % anwachsen (Öko-Institut, 2017). Folglich steigt der Be- darf an E-Autos stark an. Trotz des steilen Anstiegs geht Buchert et al. (2019) nicht von einer physischen Verknappung des Rohstoffs aus, was bedeuten würde, dass alle natürlichen Vor- kommen aufgebraucht sind. Die Nachfrage weiterer Anwendungsgebiete sind nicht mit einbe- rechnet worden, allerdings ist davon auszugehen, dass sich die Entwicklung der Verwendungs- bereiche von Li nicht grundlegend ändert. Es ist anzunehmen, dass der Batteriesektor der größte Anwendungsbereich bleibt und die Nachfrage dominiert. 21
Das Öko-Institut (2017) hat ebenfalls eine Untersuchung der geologischen Verfügbarkeit von Li im Bezug aus das B2DS-Szenario durchgeführt. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2030 anstelle von 240.000 t, die in Buchert et al. (2019) genannt sind, nur 148.000 t Li benötigt werden. Im Jahr 2050 sollen 307.000 t Li für den Automobilsektor nachgefragt werden. Allerdings wird auch hier nicht davon ausgegangen, dass es zu einer physischen Ver- knappung von Li bis zum Jahr 2050 kommen wird. Wenn die Nachfrage der Elektroautoindustrie auf 565.000 t LCE oder 106.000 t Li im Jahr 2027 steigt (Roskill, 2018), dann könnten Li-Minerale laut Dessemond et al. (2019) die Nachfrage der EV-Industrie im maximalen Konsumszenario für mehr als 130 Jahre stellen. In dieser Be- rechnung sind allerdings andere Anwendungsgebiete nicht berücksichtigt. Die derzeitigen globalen Reserven sind 50-mal so hoch wie der für 2050 prognostizierte jährli- che Primärverbrauch (Schüler et al., 2018). Wenn der Li-Verbrauch konstant ist (57.000 t Li) und würde sich die Reservemenge von 17 Mio. t Li nicht verändern, würden die Vorkommen für 298 Jahre ausreichen. Falls anschließend die 80 Mio. t Li-Ressourcen in Reserven umge- wandelt werden können, ist Li für ca. weitere 1400 Jahre verfügbar. Es handelt sich bei dieser Abschätzung nur um eine Überschlagsrechnung ohne Einbezug der Marktveränderungen. Die Berechnung zeigt allerdings, dass die Menge an Li-Reserven und Ressourcen sehr groß ist. Trotz der unterschiedlichen Angebots- und Nachfrageszenarien gibt es in der Literatur eine Übereinstimmung über die geologische Verfügbarkeit des Rohstoffs. Die durchgeführte Hub- bert Linearisierung bestätigt das Ergebnis. In den nächsten Jahrzehnten ist nicht von einer Ver- knappung auszugehen. Tabelle 2 zeigt, dass mit den fortschreitenden Jahren die Reserven- und Ressourcengröße zugenommen hat. Es sind mehr Vorkommen entdeckt worden. Folglich ist zu erwarten, dass bis dato noch nicht alle Li-Vorkommen in die Datenbank mit aufgenommen sind und weitere potenzielle Abbaugebiete folgen könnten. Somit ist das Risiko der vollkommenen Erschöpfung der Vorkommen als gering einzuschätzen. 3.2 Länderrisiko Nicht nur die geologische Verfügbarkeit stellt ein potenzielles Risiko dar. Trotz ausreichender Li-Reserven kann es dennoch zu temporären Lieferengpässen und -ausfällen kommen. Das An- gebot kann in verschiedenen Maßstäben eingeschränkt werden. Ereignisse wie Naturkatastro- phen, politische Umwälzungen, Arbeitsunfälle oder Streiks von Mitarbeitern können dazu füh- ren, dass die Versorgung einer Mine, Region oder eines Landes unterbrochen wird (Long et al., 22
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