BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...

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BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
BUND                 FAKTEN, ANALYSEN,
                    AKTIONEN UND TIPPS
                  FÜR UMWELTBEWUSSTE
                                          04
                                          20

MAGAZIN
WIRD UNSER
WASSER KNAPP?

ZUR ZEIT                    GUTER RAT
Fair Handeln            Silvester mal ohne?
Bunter BUND     Schadstoffe in der Innenluft
BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
DIE SCHÄTZE DES REGENWALDES -
          VEREDELT ZU FEINSTER BIO SCHOKOLADE

    100 %                   ÜBER 20                    AKTIV
 ÖKOLOGISCH           VERSCHIEDENE VEGANE             GEGEN
  VERPACKT               SCHOKOLADEN               KINDERARBEIT
MIT KOMPOSTIERBARER    ZUM TEIL MIT KOKOSBLÜTEN-         EIGENE
     INNENFOLIE             ZUCKER GESÜSST         PRÄVENTIV-PROJEKTE

                              VIVA N I. D E
BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
BUNDmagazin 4 | 20   ›   INHALT 3

                                                 INHALT
  10

                                                                    Getty Images / StockSeller_ukr              LIEBE LESERINNEN
                                                                                                                   UND LESER,

                                                                                                            die Pandemie hat unser Leben wieder
                                                                                                            vollständig im Griff, die Freiheiten des
                                                                                                          Sommers sind in weite Ferne gerückt. So
                                                                                                            lautet einmal mehr die Frage: Wird die
                                                                                                          Menschheit aus der Heimsuchung Corona
                          31
                                                  D. Jansen

                                                                                                           die richtigen Lehren ziehen? Oder bleibt
                                                                                                     34     diese Hoffnung ein frommer Wunsch?

                                                                                                            Gerichtet war die Hoffnung zum Beispiel
     AKTUELLES                                                ZUR ZEIT                                     darauf, wie wir Landwirtschaft betreiben.
4 Kurznachrichten                                26 Handel: fair statt fragwürdig                          Doch die EU scheint die Chance auf einen
7 Gerettete Landschaft                           27 Hilfsfonds: BUND sagt Danke                            Neuanfang wieder einmal zu versäumen.
8 Kommentar                                      28 Jagdgesetz: zahnloser Tiger                             Ihre Agrarpolitik, der weitaus wichtigste
                                                 29 Erfolgsgeschichte Grünes Band                          Hebel für die Agrarwende, muss dringend
     TITELTHEMA                                  30 Bunter BUND                                            reformiert werden. Erste Signale aus dem
10   Wird unser Wasser knapp?                    31 BUND-Reisen 2021                                          Europaparlament und dem Agrarrat
12   Aus dem Gleichgewicht                                                                                deuten darauf hin: Die EU will auch künftig
15   Lebensraum Grundwasser                         NATUR IM PORTRÄT                                      ihre Milliarden mit der Gießkanne verteilen.
16   BUND aktiv                                  32 Bedroht: Fischotter                                     Der BUND fordert endlich nur noch jene
18   Strategie – und weiter?                     34 Wälder bei Cappenberg                                   Höfe zu fördern, die etwas leisten für die
19   Elbe: Fluss der Extreme                                                                              biologische Vielfalt und das Klima, für den
                                                    AKTIV                                                   Tierschutz und eine gesunde Ernährung.
     AKTIONEN                                    36 Ulrike Hunold im Gespräch                             Eine ökologische Landwirtschaft ist auch
22 Wir haben es satt!                            38 Neues aus dem BUND                                    darum nötig, weil nach einigen trockenen
23 Rettet den Dannenröder Wald                   40 Internationales                                       Jahren in vielen Regionen Deutschlands
                                                 42 Die junge Seite                                       das Wasser knapp wird. Im Schwerpunkt
     GUT LEBEN                                                                                             dieser Ausgabe lesen Sie, wie sehr sich
24 Silvester mal ohne?                              SERVICE                                               der sinkende Wasserspiegel schon heute
25 Schadstoffe: Da liegt was in der Luft         44 Leserbriefe                                            auswirkt. Und wie aus Sicht des BUND
                                                 46 Marktplatz                                               hier gegengesteuert werden muss.
                                                 48 Medien: Neu erschienen
                                                 50 Kontakte und Impressum

                         Das BUNDmagazin ist die
                                                                                                                        Severin Zillich
                         Mitgliederzeitschrift des BUND.                                                                    Redaktion
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4 BUNDmagazin 4 | 20   ›   AKTUELLES

                                                                       AKTUELLES
                                                                                                             verkehr im Ost- und Westharz nutzen. Das

                                                                                   Simon Bauer Photography
                                                                                                             Biosphärenreservat »Flusslandschaft Elbe«­
                                                                                                             schuf ebenfalls ein attraktives Angebot
                                                                                                             für Gäste und Einheimische. Dazu zählt
                                                                                                             der barrierefreie PlusBus »Prignitzer Elb-
                                                                                                             talaue«. Er fährt ab Bahnhof Wittenberge
                                                                                                                          im Stundentakt die Elbtalaue
                                                                        Ausgezeichnet                                     an, so auch das BUND-Auen-
                                                                                                                          zentrum und Biohotel Burg
                                                                                                                          Lenzen. Der Naturpark »Am-
Regionalbahn vor den Ammergauer Alpen.
                                                                                                                          mergauer Alpen« schließlich
                                                                         Award 2020
BESSER MOBIL                                 Ort dann autofrei mobil
                                             sein – dafür wirbt
                                                                                                                          hat sein Engagement für klima-
                                                                                                                          freundliche Mobilität noch
Preisverleihungen vor viel Publikum, das     »Fahrtziel Natur« seit                                                       einmal ausgeweitet. Wer hier
war einmal. Auch die Preisträger des         bald zwei Jahrzehnten. 21 deutsche                              seinen Urlaub verbringt, kann im weiten
»Fahrtziel Natur-Award« waren nur on-        Großschutzgebiete haben dieses Ziel be-                         Umkreis alle regionalen Bus- und Bahn­
line zugeschaltet, als die Kooperations-     reits zu ihrem gemacht. Drei von ihnen                          linien gratis nutzen; und wird zudem her-
partner BUND, NABU, VCD und Deutsche         wurden nun für ihre Fortschritte geehrt.                        ausragend gut über seine Möglichkeiten
Bahn am 30. Oktober drei besondere             So entwickelte der Nationalpark Harz                          informiert.
Mobilitätskonzepte auszeichneten.            sein Urlaubsticket HATIX weiter: Urlau-
Mit Bahn und Bus klimaschonend in unsere
schönsten Naturregionen reisen und vor
                                             ber*innen können damit kostenlos und
                                             länderübergreifend den öffentlichen Nah-
                                                                                                               i     WWW.FAHRTZIEL-NATUR.DE

WISSENSCHAFT + NACHHALTIGKEIT
Ohne eine aktive Rolle der Wis­senschaft     nachhaltige Entwicklung besser zu unter-
wird unsere Gesellschaft nicht den nöti-     stützen? Was können die Politik und die
gen Wandel hin zu einer nachhaltigen         Forschungsförderung leisten, damit die
Entwicklung vollziehen können. Auch in       Nachhaltigkeitsziele relevanter und die
der Corona-Krise hat wissen­schaftliches     Prozesse des Wandels wirksamer werden?
Know-how eine große Bedeutung. Darum         Hierzu hat der BUND Forderungen erstellt,
veranstaltete der BUND am 26. Oktober        die auf der Konferenz lebhaft diskutiert
eine Konferenz zur Wissenschaftspolitik.     und weiterentwickelt wurden. Mit einem
Im Mittelpunkt stand hier – neben der        Vortrag führte der Umweltwissenschaftler
Verleihung von vier Forschungspreisen –      Ernst Ulrich von Weizsäcker in die Online-
die Frage: Wie lässt sich der kurzfristige   Konferenz ein.                                                                     Ernst Ulrich von Weizsäcker.
Kamp­f gegen die Krise mit unseren lang-        Im Rahmen der Konferenz zeichnete
fristigen Zielen verbinden?                  der BUND vier Nachwuchswissenschaft-                            Forschung sowie die Ergebnisse der Kon-
Die Antworten der Wissenschaft auf diese     ler*innen für ihre Abschlussarbeiten aus:                       ferenz erfahren Sie unter www.bund.net/
drängende Frage sind vielfach unbefriedi-    Anna Glindemann (Bachelor), Lisa Kolde                          forschungspreis. Übrigens: Bis Mitte Ja-
gend oder unbequem. Wie muss sich das        und Thilo Wellmann (Master) sowie Kirs-                         nuar können Sie sich hier für die nächsten
Wissenschaftssystem verändern, um eine       ten David (Dissertation). Mehr über ihre                        Forschungspreise bewerben!
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BUNDmagazin 4 | 20   ›   AKTUELLES 5

                                                                                     Andrea Beverungen
     Anja Möller

                                                                                                                                              Von links: die drei
                                                                                                                                              ­Siegerbilder des
                                                                                                                                               Fotowettbewerbs.

    ALLEE DES JAHRES
    In jedem Herbst weist der BUND auf die                           und kein Strauch wachsen in dieser Ödnis
    Bedeutung unserer heimischen Alleen hin.                         – einzig das doppelte Band der Eichen
    Zum Tag der Allee am 20. Oktober kürte                           kündet von Leben. Wie einladend Alleen
    eine Jury aus 350 Einsendungen die neue                          wirken können, zeigt das Bild einer statt-

                                                                                                                                                           Björn Steinberg
    »Allee des Jahres«: eine Eichenallee in                          lichen Lindenallee im Hochsauerlandkreis;
    Brandenburg.                                                     Andrea Beverungen erreichte damit den
    »Symmetrie« hat Anja Möller ihr Siegerfo-                        zweiten Platz. Mit dem dritten Platz zeich-
    to genannt. Nahe bei Lenzen an der Elbe                          nete die Jury das Bild einer jungen Allee im
    verläuft diese Allee mitten durch ausge-
    räumtes Agrarland. Kein weiterer Baum
                                                                     Morgennebel des Havellandes aus; Björn
                                                                     Steinberg hat es eingesendet.
                                                                                                                    i   WWW.BUND.NET/ALLEE2020

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BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
6 BUNDmagazin 4 | 20   ›   AKTUELLES

                                             KURZ & GUT
                                                                                             Wildkatzen entdeckt: Im Hohen
        »Only bad news                                                                       Fläming konnte der BUND kürzlich
          is good news«                                                                      mindestens vier Wildkatzen nach-
                                                                                             weisen. 2019 war ein überfahrenes
     heißt es, vor allem                     Der BUND Hamburg hat erfolgreich ge-            Tier der erste Beleg seit Jahrzehn-
schlechte Nachrichten                        gen das Kohlekraftwerk Moorburg geklagt         ten, dass die Art in Brandenburg
                                             – es darf nicht mit großen Mengen Elb-          wieder vorkommt. Nun wissen wir:
   erregen also unsere                       wasser gekühlt werden. Geschäftsführer          Es gibt mehrere Tiere, womöglich
      Aufmerksamkeit.                        Manfred Braasch: »Ein guter Tag für die         sogar eine kleine Population. Ein
                                             Tideelbe! Das Kraftwerk ist ein Klimakiller     anderer Nachweis wenig entfernt in
  Doch positive Neuig-                       und schädigt zudem massiv die Fische            Sachsen-Anhalt deutet auf die Her-
   keiten aus unserem                        der Elbe, wenn es mit deren Wasser ge-          kunft der Neubürger hin. Dazu der
                                             kühlt wird. Auch darum ist etwa der Stint       BUND-Vorsitzende in Brandenburg,
 Verband und aus dem                         hier zuletzt dramatisch seltener gewor-         Carsten Preuß: »Wir freuen uns,
   Umwelt- und Natur-                        den.« Nur zwei Tage nach der Schlappe           dass neben dem Wolf und einzelnen
                                             vor Gericht gab Betreiber Vattenfall an,        Elchen nun auch die Wildkatze wie-
schutz tun einfach gut.                      Moorburg stilllegen zu wollen – gegen           der durch unsere Wälder streift. Im
Einige aus jüngster Zeit                     eine Entschädigung aus dem Kohleaus-            Winter wollen unsere Ehrenamtlichen
                                             stiegsgesetz. Was beweist: Ohne massive         nach weiteren Tieren fahnden.«
  haben wir wie immer                        Umweltzerstörung rechnet sich die Kohle-        www.bund.net/wildkatze
    für Sie ausgewählt.                      verbrennung nicht.

                                               Sicherer im Advent: Die EU hat den
                                               Vertrieb einer Lichterkette verboten,       Im Oktober scheiterte der Öl- und Gas-
                                               die der BUND vor einem Jahr we-             konzern Wintershall Dea mit dem Plan,
Im BUND-Wildkatzendorf Hütsche­      roda      gen unzulässig hoher Schadstoff-            die Ölförderung im Nationalpark Watten-
(Thüringen) hat Luchsin Kaja im Juli ein       werte behördlich angezeigt hatte.           meer auszuweiten. Abgelehnt hat jenes
Junges bekommen. Im großzügigen und            Zwei weitere Lichterschläuche des-          Landesbergamt, das noch 2011 den Be-
naturnahen Gehege bedurfte es einer            selben Herstellers wurden ebenfalls         trieb der Ölplattform Mittelplate im Watt
Wildkamera, um das Jungtier Wochen             EU-weit aus dem Verkehr gezogen.            um 30 Jahre verlängert hatte. Die Schutz-
nach seiner Geburt erstmalig zu doku-          Bei einem Test hatte der BUND ge-           station Wattenmeer fordert die Plattform
mentieren. Mitte September begann der          sundheitsschädliche Weichmacher             nun stillzulegen: »Dieser Schandfleck darf
tapsige Jungluchs eigene Erkundungen           in drei von vier der beliebten Lichter-     nicht erst 2041 verschwinden.« Lärm und
und ist seitdem leichter zu beobachten.        ketten/-schläuche nachgewiesen.             Schiffsverkehr seien nur ein Teil des Prob-
»Dass Kaja und Looki bereits ein Jahr          Und die dürfen in Elektrogeräten            lems; ständig drohe ein Ölunfall oder ein
nach ihrem Einzug Nachwuchs haben,             nicht mehr verarbeitet werden. Nach         Schiff gegen die Plattform zu fahren. Der
zeigt, dass sich die Tiere wohlfühlen«, so     einer Vor-­Ort-Kontrolle musste die         Amtsentscheid bringe das endgültige
die Geschäftsführerin Katrin Vogel. Das        betroffene Firma die Produktion             Aus der Ölförderung im Watt näher. Auch
Schaugehege und die Ausstellung »Aug’          stoppen und bereits ausgelieferte           die BUND-Meeresschutzexpertin Nadja
in Aug’ mit Luchs und Wildkatze« laden         Produkte zurückrufen und entsorgen.         Ziebarth freute sich: »Eine gute Nachricht!
Jung und Alt dazu ein, über zwei unserer       www.bund.net/lichterkette                   Und hoffentlich der Anfang vom Ende der
faszinierendsten Tiere mehr zu erfahren.                                                   Ölförderung im Weltnaturerbe.«
BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
GERETTETE
                 LANDSCHAFT
                 Jahrzehntelang gelangten aus einer riesigen Schweine-
                 mast in Hassleben U­ nmengen Gülle über das Wasser und
                 die Luft ins benachbarte Kuhzer Grenzbruch. In dem einst
                 nährstoffarmen Moor wuchsen Birken auf. Eine wesentlich
                 vom BUND unterstützte Bürgerinitiative konnte im Som-
                 mer gerichtlich verhindern, dass die 1991 geschlossene
                 Anlage wieder in Betrieb geht. Das Kuhzer Grenzbruch
                 kann sich damit weiter erholen und bleibt Lebensraum
                 für Kranich, Moorfrosch und viele andere bedrohte Tiere,
                 Pflanzen und Pilze. Unsere Aktiven vor Ort bemühen sich
                 nun, den Moorwald dauerhaft zu schützen.
Thomas Volpers
BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
8 BUNDmagazin 4 | 20   ›   AKTUELLES

                                            KOMMENTAR

       SCHLUSS
        MIT DER
HEIMLICHTUEREI
                                                                                                                       OLAF BANDT

                                                                                                                     ist der Vorsitzende
                                                                                                                              des BUND.

    Die Suche nach einem deutschen                                 gefordert, in Deutschland einen sicheren Umgang damit zu finden.
                                                                   Zurzeit wird der Abfall in Zwischenlagern verwahrt, die gegen
       Atommülllager ist in eine neue                              Terrorangriffe oder Flugzeugabstürze nicht ausreichend ge-
     ­Runde gegangen. Die passenden                                schützt sind. Nötig ist stattdessen ein sicheres Langzeitdepot.
                                                                   Dabei darf sich die Geschichte nicht wiederholen: Die Lagerungs-
      Regionen sind nun identifiziert.                             versuche in der Schachtanlage Asse, im Bergwerk Morsleben
      Für die weitere Suche brauchen                               oder in Gorleben zeigen, wie es nicht geht.

   wir volle Transparenz, öffentliche                              Entscheidend für die weitere Suche ist Transparenz – bezüglich
   Beteiligung und die Wissenschaft.                               aller Entscheidungen und der zugrundeliegenden Informationen
                                                                   und Daten. Begonnen hat das Verfahren denkbar schlecht. Drei
                                                                   Jahre hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung an ihrem

E   nde September veröffentlichte die staatliche »Bundes-
    gesellschaft für Endlagerung« ihren Bericht zu möglichen
Regionen für ein Atommülllager in Deutschland. Wirklich über-
                                                                   Bericht gearbeitet, ohne der Öffentlichkeit, kritischen Wissen-
                                                                   schaftler*innen oder den Umweltverbänden Einblick zu gewähren.
                                                                   Nur wenige geologische Daten, auf denen der Bericht beruht,
rascht hat das Ausscheiden Gorlebens. Der Salzstock, der seit      sind bisher öffentlich, die meisten gehören Privatunternehmen.
über 40 Jahren im Fokus der »Endlager«-Suche stand, ist das        Der BUND drängt hier auf vollständige Transparenz.
Symbol der intransparenten und gescheiterten Atompolitik.
Gorleben war politisch gewollt, aber nie geologisch geeignet.      Geplant ist nun eine Reihe von Konferenzen, die den neuen Be-
Das Ende Gorlebens ist auch ein Erfolg unserer Arbeit. Jahr-       richt kommentieren sollen. Dafür brauchen wir einen Dialog auf
zehntelanger Protest vor Ort, zahlreiche Gutachten und Studien     Augenhöhe. Viele von uns beschäftigen sich bereits ehrenamtlich
sowie unser vehementer Einsatz in der Atommüll-Kommission          mit der Suche nach einem Atommülllager. Andere werden sich
waren der Entscheidung vorausgegangen. Gorleben ist nun aus        nun erstmalig mit einem möglichen Lager in ihrer Nähe befassen.
dem Spiel – und das auf Basis wissenschaftlicher Kriterien.        Dazu möchte ich Sie ausdrücklich ermutigen. Denn um einen
                                                                   fachlichen Dialog über die geologischen Hintergründe zu führen,
Weniger überraschend ist, dass mehr als die Hälfte Deutsch-        sind viel Engagement, Zeit und Geld für kritische Gutachten not-
lands als mögliche Suchfläche für ein Endlager gilt. Tatsächlich   wendig. Der BUND wird sich hier weiterhin einbringen und auch
sind die geeigneten Wirtsgesteine Salz, Ton und Kristallin weit    Ihren Einsatz unterstützen.
verbreitet. Auch viele BUND-Mitglieder werden sich jetzt fragen:
Wie ist es zu dieser Auswahl gekommen? Nun muss sich das           Deutschland ist darauf angewiesen, für seinen Atommüll den
Auswahlverfahren beweisen und seinem Anspruch genügen,             Standort mit dem vergleichsweise geringsten Risiko zu finden.
wissenschaftsbasiert, transparent und partizipativ zu sein.        Wir als BUND wollen uns dabei nicht wegducken und die Verant-
                                                                   wortung auf andere schieben. Wir wollen aber auch den Finger in
Der BUND setzt sich seit seiner Gründung 1975 gegen die Atom-      die Wunde legen und für eine wissenschaftliche, transparente
kraft ein. Wir wollten kein einziges Gramm ihres strahlenden       und partizipative Suche sorgen. Jetzt, wo Gorleben Geschichte ist,
Erbes. Doch der Müll ist nun da und gefährdet für mindestens       darf es in zehn Jahren kein zweites Gorleben geben. Bitte bringen
eine Million Jahre Mensch und Natur. Auch wir sehen uns daher      Sie sich dafür mit uns in den Suchprozess ein!
BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
„Klimaschutz
          beginnt bei uns!“
                                                                   Annabelle,
                                                           naturstrom-Kundin
                                                              aus Düsseldorf

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BUND MAGAZIN - WIRD UNSER WASSER KNAPP? 04 20 - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Deutschland ist noch weit von e­ inem Wassernotstand
entfernt – das b
               ­ eteuert zumindest die Bundesumwelt­
ministerin Svenja Schulze. Viele Waldbesitzerinnen,
Landwirte oder Aktive aus dem Naturschutz sehen das
inzwischen anders. Nach drei deutlich zu trockenen
Sommern hinterlässt der Wassermangel immer sicht­
barere Spuren: Dürre Baumkronen, staubige Äcker und
versiegte Bäche zeugen von einer in unseren Breiten
historisch einmaligen Trockenzeit.
WIRD
UNSER
WASSER
KNAPP?
Was können und müssen wir tun, damit all dies in der
Klimakrise nicht zum Normalfall wird? Für 2021 hat die
Umweltministerin eine Wasserstrategie angekündigt.
Der BUND hat sich schon vorher Gedanken gemacht.
Lesen Sie auf den folgenden Seiten unserer Titelstrecke
über die U
         ­ rsachen und die Folgen der zunehmenden
Wasserknappheit. U ­ nd was jetzt aus
                                  ­­  unserer Sicht
vordringlich ist, um in Zukunft wieder mehr ­Wasser
in der Landschaft zu halten.
12 BUNDmagazin 4 | 20   ›   TITELTHEMA

                                                            KLIMAKRISE – WASSERKRISE

      AUS DEM
GLEICHGEWICHT
                 Sind auch in Ihrer Region bereits Quellen
           versiegt oder kleine Gewässer trockengefallen?­­
          Das wäre derzeit nicht ungewöhnlich. V  ­ ielerorts
              sinkt d
                    ­ er Wasserspiegel. R
                                        ­ eagiert die Politik
                nicht rasch, könnten die Folgen fatal sein.

                                         LILIAN NEUER

                                         ist die Wasserexpertin der
                                                                      D     ie Dreisam ist der Hausfluss der Stadt Freiburg im Breisgau,
                                                                            ein ehemals wildes Gewässer aus dem Schwarzwald, das
                                                                      am nahen Kaiserstuhl in den Rhein mündet. Gut geht es ihr
                                         Bundesgeschäftsstelle.
                                                                      schon lange nicht mehr. Auf dem größten Teil ihres Weges ist
                                                                      sie eingezwängt zwischen Uferbefestigungen und Dämmen,
                                         SEBASTIAN SCHÖNAUER
                                                                      belastet mit Feinsediment von Feldern und Weinbergen, belastet
                                                                      auch von Regenüberlaufbecken und Kläranlagen. Seit einigen
                                         ist Sprecher des BUND-       Jahren trocknet die Dreisam im Sommer immer häufiger aus –
                                         Arbeitskreises Wasser.       wie zahllose Flüsse, Bäche, Quellen, Gräben oder Weiher über-
                                                                      all in Deutschland. Dazu liefern viele Brunnen immer weniger
                                                                      Wasser. Neben dem Aufstauen und der Begradigung belastet
                                         HANS JÜRGEN HAHN
                                                                      die Verschmutzung von Bächen und Flüssen unsere Gewässer.
                                         ist Mitglied im BUND-        Die Entwässerung der Landschaft im Klimawandel tut ein Übriges.
                                         Arbeitskreis Wasser.         Der Wasserhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht.

Fast gänzlich ausgetrocknet
waren in diesem Sommer die
Seen im UNESCO-Welterbe
»Dessau-Wörlitzer Gartenreich«.
                                                                                                                                           Iris Brunar
BUNDmagazin 4 | 20   › TITELTHEMA   13

                                                                                  Entscheidend ist ein nachhaltiger »Landschaftswasserhaus-
                                                                                halt«. Er beschreibt, welcher Teil der Niederschläge oberflächlich
                                                                                abfließt, was verdunstet und was unterirdisch abfließt und das
                                                                                Grundwasser anreichert. Neben dem Niederschlag bestimmen
                                                                                vor allem die Böden, die Geologie, die Landnutzung und die
                                                                                Landschaftsformen dieses Wechselspiel von Oberflächen- und
                                                                                Grundwasser: Im Wald mit lockeren Sandböden versickert mehr
                                                                                Wasser als auf ausgeräumten Ackerflächen.
                                                                                  Besonders schnell fließen Niederschläge dort ab, wo das letzte
                                                                                störende Grün (wie Ackerraine) beseitigt ist. Bewaldete Streifen
                                                                                wie die norddeutschen »Knicks« sind wieder nötig, um das Wasser
                                                                                an der Oberfläche und im Wurzelwerk zurückhalten und im Boden
                                                                                länger speichern zu können.

                                                                                GESTÖRTES GLEICHGEWICHT
                                                                                Oberflächenwasser und Grundwasser sollen miteinander im
                                                                                Gleichgewicht stehen. Wo das Grundwasser hoch steht und da-
                                                                   H. J. Hahn

                                                                                mit sein Druck groß ist, speist es Flüsse, Bäche und Seen und ist
                                                                                vor einströmenden Schadstoffen geschützt. Kommt es jedoch
                                           Die ausgetrocknete Dreisam
                                                                                zu einer Druckumkehr, versickert Wasser von der Oberfläche in
                                              bei Freiburg im Juli 2020.        den Untergrund – als würde in einer Badewanne der Stöpsel ge-
                                                                                zogen. Und dann trocknen Gewässer, Wälder und Feuchtgebiete
                                                                                rasch aus.
EINDEUTIGE PROGNOSEN                                                              Offenbar steuern wir hier gerade auf einen Kipppunkt zu oder
»In Deutschland haben wir genug Wasser« hieß es noch vor we-                    haben ihn lokal bereits erreicht: Kippt das Gleichgewicht, steht
nigen Jahren. Das gilt heute vielerorts nicht länger, unsere Land-              der Wasserhaushalt Kopf. Betroffen sind sowohl oberirdische
schaften drohen auszutrocknen. In großen Teilen Deutschlands                    Biotope als auch der Lebensraum Grundwasser mit seinen kaum
steht heute bereits ein Viertel weniger Wasser zur Verfügung als                erforschten Lebensgemeinschaften. Dann leitet das in die Tiefe
noch in den 1980er Jahren. Spätestens seit dem Trocken- und                     strömende Oberflächenwasser (oft viel Abwasser aus Kläranlagen)
Hitzejahr 2003 begann das fein austarierte Gleichgewicht von                    Schadstoffe und schädliche Wärme ins Grundwasser.
Oberflächen- und Grundwasser aus dem Takt zu geraten. Ge-
fährlich für unsere Gewässer und Landschaft könnte es werden,                   BEDROHTE VIELFALT
wenn die Landwirtschaft künftig mehr beregnen oder wenn Firmen                  Der rapide Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt
und Wasserversorger (wie schon gefordert) mehr Grund- oder                      sind eng verknüpft. Wetterextreme wie Dürren, Brände oder
Tiefenwasser entnehmen dürften.                                                 Sturzfluten können – wenn sie gehäuft auftreten – ganze Öko-
  Wie wird die Klimakrise unsere Wasserressourcen beeinflussen?                 systeme nachhaltig schädigen, und damit die Lebensräume un-
Dort, wo sich die Luft und das Wasser erwärmen, steigt bedingt                  zähliger Arten. Obwohl Seen, Flüsse und Bäche nicht einmal ein
durch eine längere Vegetationszeit auch die Verdunstung, es                     Zehntausendstel des globalen Wasservolumens beinhalten, leben
wird weniger Grundwasser gebildet. Zusätzlich wird es in den                    darin zwölf Prozent der uns bekannten Arten. Diese unglaubliche
Sommermonaten mehr und ausgedehntere Trockenzeiten geben.                       Artendichte gilt es zu bewahren.
Die Gesamtsumme der Niederschläge wird sich kaum ändern,                           Immer mehr Gewässer drohen im Sommer trockenzufallen,
doch verlagert sich der Regen eher auf den Winter. Starke Regen-                das Wasser erwärmt sich, der Sauerstoffgehalt sinkt. Für Fische
fälle nehmen zu, deren Wasser in Sturzbächen abfließt, bevor es                 wie Forellen oder Äschen wird es dann schnell lebensbedrohlich.
versickern kann.                                                                Unterhalb von Wasserkraftanlagen verenden besonders häufig
                                                                                massenhaft Fische, da viel zu wenig Restwasser übrig ist. Be-
WEITREICHENDE FOLGEN                                                            troffen sind auch Muscheln, Amphibien- oder Insektenlarven und
Nicht nur bildet sich weniger Grundwasser neu. Auch wird in vielen              alle weiteren Tiere in der Nahrungskette, vom Fischotter über die
Weltregionen bereits zu viel Grundwasser entnommen. Darüber                     Wasser­amsel bis zum Schwarzstorch.
hinaus haben wir Menschen seit Jahrzehnten viele Landschaften                      Apropos Insektensterben: In einem Bach im osthessischen
gezielt entwässert und wichtige Wasserspeicher wie Moore und                    Bergland erwärmte sich das Wasser binnen 40 Jahren um 1,9 Grad.
Auen zerstört, mit weitreichenden Folgen für den Wasserhaus-                    Das mag wenig erscheinen, führte aber dazu, dass 80 Prozent
halt unserer Landschaften.                                                      der Insekten verschwanden.
14 BUNDmagazin 4 | 20      ›   TITELTHEMA

                                                                                     DER BUND FORDERT:
 Iris Brunar

                                                                                      1 WASSER NATÜRLICH IN DER LANDSCHAFT HALTEN
                                                                                     Regenwasser muss möglichst vor Ort versickern können, damit
                                                                                     sich die Grundwasserspeicher wieder auffüllen. Möglichst wenig
                                                                                     darf über Drainagen direkt in Bäche und Flüsse geleitet werden.

                                                                                     2 FLÄCHENVERSIEGELUNG STOPPEN
                                                                                     Wo Gebäude und Straßen den Boden versiegeln, kann kein Wasser
                                                                                     versickern. In den Städten wird Wasser meist schnellstmöglich in
                                                                                     die Kanalisation abgeleitet. Unser Ziel ist die »Schwammstadt«, die
                                                                                     Regen aufnimmt und zurückhält, in Parks, auf Gründächern, in Teichen.
                                                                                     Davon profitieren auch die Bäume und damit das Stadtklima.

                                                                                     3 FLÜSSEN MEHR RAUM GEBEN
                                                                                     Statt unsere Flüsse hinter D
                                                                                                                ­ eichen einzubauen, müssen wir sie
                                                                                     ­wieder mit der Aue vernetzen – damit die uns wie ein natürlicher
                                        Geschädigte und bereits verdurstete Eichen   Schwamm vor Hochwasser schützt und wieder als Lebensraum ­
                                              in der zunehmend trockenen Elbaue.     der biologischen Vielfalt dient.

                                                                                     4 QUERBAUWERKE AB- UND UMBAUEN
NACHHALTIGE NUTZUNG                                                                  Zehntausende Stauwehre zerstückeln unsere Fließgewässer,
Der Zustand unserer Gewässer ist besorgniserregend. Nicht ein-                       meist unüberwindbar für wandernde Fische. So entstehen Ketten
mal acht Prozent erreichen den von der EU geforderten »guten                         von Stauseen, in denen sich mit der Wassertemperatur auch das
ökologischen Zustand«. Dies auch, weil Deutschland die Umset-                        Algenwachstum erhöht. Und das fördert die Eutrophierung und den
                                                                                     Ausstoß von Treibhausgasen. Die 8000 deutschen Kleinwasser-
zung der Wasserrahmenrichtlinie verschleppt hat. Dabei ist es
                                                                                     kraftanlagen sind wirtschaftlich wie energetisch unrentabel, die
wichtiger denn je, dass unsere Gewässer als Wasserspeicher                           ökologischen Schäden für unsere Flüsse nicht hinnehmbar.
und als Kernstück der Biodiversität den Folgen der Klimakrise
standhalten.                                                                         5 GEWÄSSERSTRUKTUR VERBESSERN
   Unsere Wasserressourcen sind oft übernutzt und zudem mit                          Wo Flüsse und Bäche für die Schifffahrt oder Wasserkraft verbaut
vielen Schadstoffen belastet – etwa durch die Gülle aus der                          und begradigt werden, tiefen sie sich stetig ein. Dadurch sinkt der
                                                                                     Grundwasserspiegel der Umgebung, Wälder und Wiesen vertrocknen.
Massentierhaltung oder den diffusen Eintrag von Nitrat. Auch
                                                                                     Naturnahe dynamische Fließgewässer sind sauer­stoffreicher und
erodieren viele Ackerböden, durch den Wind oder die sich häu-                        meist deutlich kühler.
fenden starken Regenfälle. Dann schwemmt tonnenweise Erde
in Bäche und Flüsse, verkleistert die Poren des Gewässerbettes                        6 WÄRMELAST VERRINGERN
und erstickt das Leben.                                                              Immer noch leiten zu viele Heizkraftwerke erwärmtes Kühlwasser ­
   Wie schaffen wir es, unser wichtigstes Lebensmittel und das                       in die Flüsse, was diese aufheizt. Damit die Fische überleben, muss
                                                                                     die Wärmelast verringert werden, nicht nur in Dürresommern mit
Lebenselixier Nr. 1 – sauberes Wasser – nachhaltig zu nutzen?
                                                                                     Niedrigwasser.
So, dass es ausreicht für die Natur, die Trinkwasserversorgung,
die Landwirtschaft? Der BUND hat hierzu (nebenstehend) neun                          7 BINNENSCHIFFFAHRT ÜBERPRÜFEN
Forderungen formuliert. Sicher ist: Deutschland befindet sich,                       Auf welchen Flüssen/Wasserstraßen sind Transporte noch wirt-
wie viele Weltregionen, vor einer immensen Herausforderung:                          schaftlich sinnvoll und in der Klimakrise ökologisch verträglich?
Wir brauchen eine neue, nachhaltige Wasserwirtschaft.                                Statt Fahr­rinnen weiter zu vertiefen, müssen die Schiffe an die Ge-
                                                                                     gebenheiten der Flüsse angepasst werden: Rückbau statt Ausbau!
   Und die werden wir nur bekommen, wenn Bund und Länder
endlich entschlossen handeln und den Schutz unserer Gewässer                         8 WASSER VOR SCHADSTOFFEN SCHÜTZEN
künftig in allen Bereichen ihrer Politik berücksichtigen.                            Hierfür muss das V­ orsorge- und Verursacherprinzip endlich per
                                                                                     Gesetz verwirklicht werden – damit Schadstoffe wie Nitrat erst gar
                                                                                     nicht ins G
                                                                                               ­ ewässer gelangen.
               MEHR ZUM THEMA
          i    ... im Hintergrundpapier »Auswirkungen des Klimawandels auf den
               Wasserhaushalt«: www.bund.net/gewaesserpapier
                                                                                     9 LANDWIRTSCHAFT KLIMAGERECHT BETREIBEN
                                                                                     Wer Böden schonend bearbeitet, fördert den Humusaufbau u     ­ nd
                                                                                     bewahrt und verbessert die Bodenstruktur. Der Boden speichert ­
                                                                                     so auch mehr Wasser (und Kohlenstoff) und ist beständiger gegen
               AKTIV WERDEN
                                                                                     Erosion. Die EU muss ihre Agrarpolitik in der Klimakrise dringend
               Ratgeber »Wasser sparen«: www.bund.net/virtuelles-wasser
                                                                                     umgestalten.
BUNDmagazin 4 | 20   › TITELTHEMA       15

                                                                GRUNDWASSER               tigster Speicher für Trinkwasser, bekommt
                                                                                          also auch ein Qualitätsproblem.

                               DAS PROBLEM                                                Was ist nötig, um das Grund­­wasser als
                                                                                          Lebensraum zu bewahren?

                                LIEGT TIEFER
                                                                                          Wir müssen unsere Wassernutzung der
                                                                                          Klimakrise anpassen. Noch werden zum
                                                                                          Beispiel bestimmte Gemüsekulturen mit
                                                                                          Riesenmengen von Grundwasser bewäs-
                                                                                          sert. Wir müssen genau prüfen: Wo steht
                                                                                          wie viel Wasser zur Verfügung? Und wie

M     ehr als 70 Prozent des deutschen
      Trinkwassers wird aus dem Grund-
wasser gewonnen. Was bedeutet es für
                                              chen wir mehr Wasser, weil es wärmer
                                              wird. Die Schere geht hier immer weiter
                                              auseinander.
                                                                                          viel darf ich also entnehmen, ohne die
                                                                                          Ökosysteme dauerhaft zu schädigen? In
                                                                                          einigen Regionen werden wir massiv
unsere unterirdischen Wasservorräte,                                                      Wasser sparen müssen ­– und uns fragen
wenn es immer trockener und heißer wird?      Warum sollte uns das Grundwasser so         müssen, welche Wirtschaftsformen noch
Und warum sind sie mehr als bloß ein          wichtig sein?                               zeitgemäß und nachhaltig sind.
Speicher für Trinkwasser? Drei Fragen an      Unsere Bäche und Flüsse speisen sich in
den BUND-Experten Hans Jürgen Hahn,           aller Regel von hochstehendem Grund-
Wissenschaftler an der Universität Kob-       wasser. Da immer weniger Grundwasser
lenz-Landau.                                  entsteht und wir zu viel davon entneh-
                                              men, ändern sich die Wasserflüsse in der
Herr Hahn, wie steht es um unser Grund-       Landschaft gerade komplett. Immer mehr

                                                                                                                                       K. Grabow
wasser nach dem nun schon dritten regen-      Bäche trocknen aus, ihr Wasser versickert
armen Sommer?                                 einfach. Das schädigt viele Ökosysteme:
Vor allem die Bodenschichten nahe der         oberirdisch, indem Bäche und auch Klein-
Oberfläche sind ausgetrocknet. Das Prob-      gewässer austrocknen; und unterirdisch,         HÖHLENFLOHKREBS
lem liegt aber deutlich tiefer: Seit Anfang   weil das Grundwasser – unser größter                    (Niphargus aquilex)
der 1990er Jahre ist die Neubildung von       Le­bensraum überhaupt – viele Tiere be-
Grundwasser um ein Viertel gesunken –         herbergt, die empfindlich auf eindringen-     Der Höhlenflohkrebs lebt im Kluftgrund-
höchstwahrscheinlich durch den Klima-         des Oberflächenwasser reagieren. Denn         wasser der Mittelgebirge. Mehr als ein
                                                                                            Zentimeter lang, zählt er zu den größten
wandel. Schwerer als einige trockene          das ist wärmer, nährstoffreicher und oft
                                                                                            Tieren des Grundwassers. Vereinzelt
Jahre wiegt jedoch, dass es seit 2003 kein    schadstoffbelastet. Immerhin führen man-      besiedelt er auch Quellen, wo er sich
wirklich nasses Jahr mehr gab, das die        che Bäche bis zu 100 Prozent Abwasser         unter Blättern oder Steinen versteckt.
Speicher wieder aufgefüllt hätte.             aus Kläranlagen, Neckar oder Rhein bei        Hier muss er sich vor dem viel größeren
  Darum beobachten wir überall sinkende       Niedrigwasser teilweise deutlich mehr als     Bachflohkrebs in Acht nehmen.
Grund­wasserstände. Gleichzeitig verbrau-     die Hälfte. Das Grundwasser, unser wich-
16 BUNDmagazin 4 | 20                 ›   TITELTHEMA

BUND AKTIV

KOSTBARES NASS
                                             In ihrem Mittellauf darf sich
                                                 die Isar wieder umlagern
                                              und neue Kiesbänke bilden.      ein – bis vor knapp 20 Jahren das             weide, bedrohten Laufkäfern und Spin-
                                                                              Wasserwirtschaftsamt München                  nen (wie Arctosa maculata) oder dem
                                                                              begann, an mehreren Stellen die               Flussregenpfeifer. Von den 506 bayeri-
 Klaus Leidorf/www.leidorf.de

                                                                               Uferverbauungen zu entfernen und             schen Wildbienen­arten konnten wir in
                                                                               Hochwasserschutzdeiche zurück-               dem Naturschutz- und FFH-Gebiet 119
                                                                               zuverlegen.                                  Arten nachweisen, dazu 112 Wespen-
                                                                                 Schon nach den ersten Hoch-                arten. Im begleitenden Auwald wurden
                                                                               wassern ergriff die Isar die Chan-           jüngst 2400 Hektar als »Naturwald«
                                                                               ce für mehr Dynamik und Raum.                ausgewiesen – eine Chance für mehr
                                                                               Mancherorts hat sie heute die                Dynamik auch hier. Und ein Erfolg für
                                                                        dreifache Breite und sich auf mehrere               den BUND, der die Mittlere Isar als einen
                     NEUE WILDNIS                                       Arme aufgefächert. Sie verlagert stän-              potenziellen Nationalpark und später
                     AN DER ISAR                                        dig ihren Lauf und bildet wieder Kies-              als Naturwald-Gebiet ins Spiel brachte.
                     Die Isar war früher ein reißender Alpen-           bänke und Uferanbrüche aus. Auch alte               Auch für die Renaturierung hatte sich
                     fluss. Auch zwischen München und                   Flutrinnen in der Aue gräbt die Isar wie-           der BUND seit Jahrzehnten eingesetzt.
                     Landshut wurde sie begradigt, versteint            der an. Die Eintiefung ist gestoppt.
                     und auf 60 Meter Breite eingeengt. Mit               Untersuchungen des BUND in Bayern
                                                                                                                                    FREISING.BUND-NATUR-
                     der Dynamik verschwand eine Vielzahl               zeigen eine erhöhte Vielfalt, mit typi-                     SCHUTZ.DE/BRENNPUNKTE-
                     von Lebensräumen. Die Isar tiefte sich             schen Arten wie der Lavendel- und Reif-                     VOR-ORT/ISAR.HTML

                     VERSALZUNG BEENDEN                                 Reduktion. Im April aber beantragte der               Der BUND fordert K+S auf, feste Ab-
                     Seit über hundert Jahren dient die Werra           Konzern nun, bis 2027 fast unverändert              fälle in ausgebeutete Stollen zurück-
                     der Kali-Industrie als Abwasserkanal.              viel Salz einleiten zu dürfen. Es sei doch          zuschaffen und flüssige Abfälle zu ver-
                     Was der DAX-Konzern K+S nicht direkt               zu teuer, die Versalzung wie zugesagt               meiden oder in Wertstoffe umzuwandeln.
                     als Salzlauge einleitet, wird zu riesigen          zu verringern.
                     Halden getürmt oder im Untergrund ver-               Die BUND-Landesverbände an Werra
                                                                                                                                    WWW.BUND-HESSEN.DE/
                     presst. Durch Auswaschung und Grund-               und Weser nahmen daraufhin umfang-
                                                                                                                                    WERRAVERSALZUNG
                     wasserströme finden die Rückstände                 reich Stellung, weshalb der Antrag nicht
                     auch so in die Werra, den salzigsten               genehmigungsfähig sei. Dazu Jörg
                     Fluss Mitteleuropas. Greift die Politik            Nitsch, der Vorsitzende des BUND
                     hier nicht ein, wird noch tausend Jahre            Hessen: »K+S darf nicht länger
                     lang Salzlauge in die Werra und später             Umweltschutz gegen Arbeitsplät-
                     die Weser fließen ­– bis der Regen die             ze ausspielen. Die betroffenen
                     Halden gänzlich weggespült hat.                    Bundesländer müssen den Antrag
                       Der BUND kämpft seit Langem gegen                gemeinsam zurückweisen. Auch
                     diesen beispiellosen Um­weltfrevel. 2014           weil die EU sonst Deutschland we-
                     sagte K+S zu, ab 2021 deutlich weniger             gen dieses erneuten Verstoßes
                                                                                                               Thomas Wey

                     Salz einzuleiten. Und 2016 vereinbarten            gegen die Wasserrahmenrichtlinie                                            220 Meter hoch ist diese
                                                                                                                                              Abraumhalde bei Bad Hersfeld
                     die betroffenen Bundesländer eine klare            verklagen wird.«                                                      – täglich kommen über 20000
                                                                                                                                              Tonnen Salzrückstände hinzu.
BUNDmagazin 4 | 20   ›   TITELTHEMA 17

Lebendige Bäche und Flüsse und ausreichend Wasser in der Landschaft:
Dafür setzt sich der BUND seit Jahrzehnten ein. Zum Beispiel mit den
­folgenden vier Projekten, getragen von ehren- wie hauptamtlich Aktiven.

 REGENGÄRTEN                                 Überschwemmungen und Wasserver-              speichern mehr Regenwasser, sorgen
 FÜR BERLIN                                  schmutzung durch starke Schauer ab-          durch eine höhere Verdunstung für ein
 Die kontinental geprägte Hauptstadt er-     zumildern, wirbt der Arbeitskreis Wasser     angenehmeres Klima, filtern Schadstof-
 lebt zunehmend lange Trockenphasen.         des BUND Berlin dafür, »Regengärten«         fe aus Wasser und Luft, stiften Lebens-
 Gleichzeitig zählt Berlin zu den am         anzulegen. Die mit Bäumen, Sträuchern        raum für Tiere und Pflanzen und ver-
 stärksten versiegelten Kommunen             und Stauden bepflanzten Versickerungs-       schönern das Stadtbild.
 Deutschlands. In der Folge heizt sich die   flächen sind eine relativ kostengünstige       Damit möglichst viel Regen lokal ver-
 Stadt im Sommer stark auf.                  Methode, um unsere Städte an die Erd-        sickern kann, setzt der BUND Berlin zu-
 Zudem häufen sich                                  erhitzung anzupassen und die          dem auf den Ansatz, unbebautes Land
 heftige Regenschauer,                                  Verschmutzung des Wassers         vorrangig für Natur und Erholung zu
 die (statt zu versickern)                                 zu verringern. Andernorts      schonen, die Entsiegelung (wo immer
 die Kanalisation über-                                       ­– wie in New York – ge-    möglich) zu fördern und verbleibende
 laufen lassen und dann                                          hören sie schon zum      versiegelte Flächen effizienter zu nutzen.
 die Spree verschmutzen.                                          Straßenbild.
   Viele Stadtbäume dürs-                                                Die technisch
 ten, weil der Grundwasser-                                            ausgeklügel­ten
                                                                                                                  WWW.BUND-BERLIN.DE/
 spiegel sinkt. Um den we-                                               Regengärten                              REGENWASSER
 nigen Regen besser zu                                                   bieten etliche                           WWW.BUND-BERLIN.DE/
 halten und zugleich                                                      Vorteile: Sie                           REGENGAERTEN

 AN DER QUELLE                               Lebensraum für Amphibien und andere
 Rheinland-Pfalz ist reich an Wasser.        Arten zu bewahren. Furten wurden rena-
 Doch drei niederschlags­arme Jahre ha-      turiert oder neu geschaffen, dazu Stau-
 ben auch hier Spuren hinterlassen. Seit     flächen für Arten der Nasswiesen. Die
 2013 setzt sich der BUND RLP gezielt        Kreisgruppe begleitete den Prozess mit
 für Quellen und Quellbäche ein. Ehren­      Engagement und öffentlichen Exkursio-
 amtliche »Wasserläufer« bauen Einfas-       nen. Mit betreut wurde auch die Projekt-
 sungen und Verrohrungen zurück, legen       arbeit eines Studenten der TH Bingen
                                                                                               Siglinde Gramoll

 Furten an und entfernen Fichten aus         zur Aufwertung des Feuchtgebiets.
 dem Quellbereich. Als Botschafter*innen        Ein zweites Beispiel: Die BUND-Orts-
 der Natur weisen sie zudem darauf hin,      gruppe Wissen (Sieg) belebte eine Quel-                                                         Wasserläufer
                                                                                                                                              im Einsatz.
 dass Quellbiotope besonders sind.           le wieder, indem sie große Mengen von
   Vor jeder Hilfsaktion erkunden unsere     Müll und Gartenabfällen entfernte. Gras-
 Aktiven die Situation vor Ort. Gemein-      schnitt mag harmlos wirken, führt aber       einer neuen Infotafel wissen das nun
 sam wird untersucht, ein Plan entwickelt    zu einer starken Düngung. Typische           auch die Anrainer der Quelle.
 und umgesetzt. In einem Tal des Alzeyer     Quellbewohner kommen damit schlecht
 Lands im wasserarmen Rheinhessen            zurecht, ist ihr Lebensraum doch von
 wurde der BUND tätig, um mehr Wasser        Natur aus arm an Nährstoffen. Dank                                   WWW.BUND-RLP.DE/
                                                                                                                  QUELLEN-UND-BAECHE
 in der Fläche zu halten und dadurch         zahlreicher »Wasserläufer« vor Ort und
18 BUNDmagazin 4 | 20   ›   TITELTHEMA

BUNDESPOLITIK

STRATEGIe – uND WEiTER?
                                               Anfang Oktober kündigte Umweltministerin
                                               Schulze eine nationale Wasserstrategie an. ­
                 MATTHIAS MEIßNER
                                               Doch will die Bundesregierung ernsthaft gegen
                                               die drohende Wasserknappheit angehen? Dann
                 leitet die Abteilung
                 Biodiversität des BUND.       darf sie nicht weiter Flussnatur zerstören.

N     ationaler Wasserdialog – so nann-
      ten Bundesumweltministerium und
Umweltbundesamt ihren Austausch mit
                                               greifen auch direkt in die Struktur der
                                               Flüsse ein – und stehen damit konträr zu
                                               den Zielen und Richtlinien des nationalen
                                                                                               KOSTEN UND NUTZEN
                                                                                               Doch was, wenn der gesellschaftliche
                                                                                               Schaden das wirtschaftliche Interesse
einer Vielzahl von Fachleuten zum Thema:       und europäischen Naturschutzes. Nega-           am Ausbau weit überwiegt? Zur Zwischen­
Wie können Länder und Kommunen                 tive Auswirkungen auf die Ökologie der          bilanz des derzeitigen Verkehrswege-
künftig besser mit klimabedingter Was-         Flüsse und Auen wären vorprogrammiert.          plans gehören speziell die Bauprojekte an
serknappheit umgehen? Und kann der                Damit Binnenschiffer ihre Güter trans-       jenen Flüssen überprüft, auf denen bisher
natürliche Wasserhaushalt bundesweit           portieren können, müssen bestimmte              nur marginal Güter transportiert werden
erhalten und geschützt werden? Die             Wassertiefen gewährleistet sein. Und da-        (können). Stehen Kosten und Nutzen hier
Empfehlungen des Dialogs sollen in eine        für werden viele Flüsse bis heute kontinu-      wirklich im Einklang? Der BUND wird die
Strategie einfließen, die Svenja Schulze       ierlich ausgebaggert und verbaut. Die           Prüfung nutzen, um auf die absehbaren
im nächsten Sommer vorstellen möchte.          ständige Vertiefung und Begradigung ent-        ökologischen Schäden vieler Projekte hin-
Welche Wirkung das Papier zu entfalten         zieht den Ökosystemen ringsum das               zuweisen, gerade mit Blick auf die Klima-
vermag, wird sich ab Anfang 2021 zeigen:       Wasser und setzt die Süßwasserreserven          krise. Als der aktuelle Verkehrswegeplan
Wenn die großen Vorhaben zur Begradi-          unter Druck. Es ist absurd: Mit Milliarden      vor vier Jahren verabschiedet wurde, waren
gung und Vertiefung unserer Flüsse auf         Euro versucht der Staat die Flüsse schiff-      ihre Folgen längst nicht so spürbar wie
dem Prüfstand stehen, im Rahmen einer          bar zu halten – und steigert ungewollt          heute. Hier jetzt nicht nachzubessern und
»Bedarfsplanüberprüfung« (einer Art von        den Abfluss von kostbarem Süßwasser in          die Planung entsprechend anzupassen,
Zwischenbilanz) des Bundesverkehrs-            Nord- und Ostsee.                               wäre grob fahrlässig.
wegeplans.

WICHTIGER HEBEL
                                                                                                                                     Paul Kröfges

Richtig, Deutschland bedarf einer Strategie.
Zumindest im Umweltministerium ist man
sich des Problems der zunehmenden
Wasserknappheit offenbar bewusst. Was
aber ist mit den anderen Ressorts?
  Einer von vielen Hebeln zur Lösung des
Problems ist der Bundesverkehrswege-
plan. Ein knappes Zehntel seines Finanz-
volumens ist für Bundeswasserstraßen
gedacht. Dahinter stecken im Binnenland
neben Kanälen in erster Linie diverse
Flüsse. Viele der bis 2030 geplanten Pro-      Köln-Langel: Auch geplante Straßenprojekte
                                               ­können der Flussnatur schaden: Südlich von
jekte dienen dazu, Schleusen oder Hafen-        Köln droht eine sechs­spurige Autobahnbrücke
anlagen instand zu halten. Etliche aber         Ufer und Aue des Rheins zu zerstören.
ELBE
Iris Brunar

                                                                                           FLUSS DER
              Die Loire – ein Vorbild für die Elbe. Sie bewegt sich
              frei zwischen ihren Deichen und formt eine attraktive
              und ökologisch wertvolle Flusslandschaft.
                                                                                           EXTREME
                  Nicht nur an Kleingewässern wird das Wasser                                                                        IRIS BRUNAR
                   knapp. Auch die noch relativ naturbelassene
                                                                                                                                     ist für das BUND-Elbeprojekt tätig.
                  Elbe leidet dramatisch unter der Trockenheit.

              S   eit dem Jahrhunderthochwasser im
                  Jahr 2013 herrscht an der Elbe Tro-
              ckenheit. Ein rekordträchtiges Niedrig-
                                                                      an der Elbe überdauert hat: Viele der Ei-
                                                                      chen sind abgestorben oder von Dürre
                                                                      und Schädlingsbefall massiv geschwächt.
                                                                                                                    VISION VERWIRKLICHEN
                                                                                                                    Was bedeutet die Klimakrise für die Elbe?
                                                                                                                    Wegen der extremen und nicht vorhersag-
              wasser folgt dem nächsten. Der Wasser-                  Und die Auengewässer sind großteils aus-      baren Niedrigwasser hat die reguläre
              landschaft Elbaue fehlt das Wasser. Die                 getrocknet. Ihre Lebensgemeinschaften         Schifffahrt auf der Elbe keinerlei Zukunft.
              Ursachen hierfür sind vielfältig – und                  drohen zu verschwinden, darunter Biber,       Um Dürreperioden abzumildern, muss die
              verstärken sich gegenseitig. So bleibt im               Rotbauchunke und seltene Insekten wie         natürliche Funktion der Aue als Schwamm
              Winter immer weniger oder gar kein                      die Grüne Mosaikjungfer.                      wieder gestärkt werden. Konkret heißt
              Niederschlag als Schnee liegen. Und die                                                               das: Die Tiefenerosion muss gestoppt
              typischen kleineren Hochwasser, die ge-                 KAUM NOCH GÜTERSCHIFFE                        und die Sohle des Flusses wieder nach
              rade im Frühjahr die natürlichen Wasser-                Das Niedrigwasser wirkt sich direkt auf       oben gebracht werden.
              speicher der Aue auffüllen, sind in den                 die Güterschifffahrt aus. Die Fahrrinne ist     Das Wasser muss besser in der Land-
              letzten sieben Jahren ausgefallen.                      bis zu sechs Monate lang nicht mal einen      schaft gehalten werden: Dafür setzt sich
                                                                      Meter tief, teils weit darunter. Transporte   der BUND nicht nur in diversen Gremien
              VON TROCKENHEIT GEZEICHNET                              sind so unmöglich zu planen. Die Güter-       und in der Politik ein. Mit der Rückverle-
              Die Tiefenerosion der Elbe verschärft die               menge ist in 20 Jahren um 90 Prozent ein-     gung eines Deiches in der Lenzener Elb-
              Situation. Obwohl sich die Güterschiff-                 gebrochen, auf unter 200000 Tonnen/Jahr.      talaue (Brandenburg) hat der BUND vor-
              fahrt nahezu gänzlich von der Elbe verab-               Auf dem Rhein wurde selbst im Extrem-         gemacht, wie es geht. Und in der Hohen
              schiedet hat, wird der Fluss stetig einge-              jahr 2018 650 Mal so viel transportiert.      Garbe (Sachsen-Anhalt) schließen wir
              engt und vertieft. So gräbt sich die Elbe                 Trotzdem hält das Bundesverkehrs-           Hartholzauwälder und ehemalige Flutrin-
              erzwungenermaßen immer weiter in ihr                    ministerium daran fest, die Elbe von der      nen und Altwasser wieder an die Elbe an.
              Bett aus Sand. Mit der Flusssohle fällt                 Grenze zu Tschechien bis Hamburg zu           Diese wertvollen Auenbereiche wollen wir
              auch der Wasserspiegel und mit ihm der                  vertiefen. Zudem leistet es Tschechien        künftig miteinander vernetzen – damit
              Grundwasserspiegel in der Aue: Die Aue                  Schützenhilfe beim Bau einer grenznahen       unsere Vision für die Elbe im Jahr 2050
              fällt trocken. Das Wasser fehlt also nicht              Staustufe. Bislang konnten Flussfreunde       Wirklichkeit wird.
              nur von oben, es fehlt vor allem von unten.             wie der BUND dies verhindern. Doch auch
                Inzwischen ist die Flusslandschaft von                hierzulande werden Stimmen laut, die
              den Folgen der Trockenheit gezeichnet.                  Elbe aufzustauen. Das aber wäre das Aus
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                                                                                                                                                                           wir geben die       –
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22 BUNDmagazin 4 | 20   ›   AKTION

        FÜR DIE AGRARWENDE

                                                                                                                                                   Fabian Melber/www.wir-haben-es-satt.de
WIR HABEN
  ES SATT!
 Am 16. Januar wollen
     ­wir wie jedes Jahr
  ein Zeichen setzen –
                                                                                            Wegen Corona wird unsere jährliche Agrardemo zur
       für eine umwelt­                                                                    Grünen Woche kleiner ausfallen als im letzten Januar.

 verträg­liche, tier- und                     im Einklang mit der Natur wirtschaften.      TERMIN VORMERKEN
 menschenfreund­liche                         Sollen jährlich 54 Milliarden Euro weiter    Nicht zuletzt die Pandemie zeigt, wie
                                              ein Agrarsystem stützen, das vorwiegend      wichtig es ist, die Umwelt zu schützen,
        Landwirtschaft.                       jenen dient, die viel Fläche besitzen und    regionale Nahrungsmittel nachhaltig zu
                                              intensiv wirtschaften? Oder sollen sie ei-   produzieren und gleichzeitig die industrielle

I  m Januar heißt es wieder: Wir haben
   es satt! Allerdings muss sich der Pro-
test für die Agrarwende neu erfinden und
                                              ner Landwirtschaft zugutekommen, die
                                              Natur und Klima schützt und ihre Nutztiere
                                              besser behandelt?
                                                                                           Tierhaltung zu beenden.
                                                                                             Bundesweit werden wir diesmal nicht
                                                                                           mobilisieren. Doch alle Berlinerinnen und
Corona-konform ausfallen. Auch der po-          Statt den Klimaschutz durchzusetzen,       Brandenburger sollten sich den 16. Januar
litische Rahmen wird ein anderer sein: So     wirbt Julia Klöckner für die Gentechnik      vormerken. Dann wollen wir unseren For-
wird die Grüne Woche diesmal nur als          und dafür, neue Verfahren nicht mehr zu      derungen für eine Agrarwende öffentlich
Fachmesse stattfinden. Dennoch wird es        kennzeichnen und zu regulieren. Statt die    Ausdruck verleihen – kreativ und Corona-
in den Medien wieder um Landwirtschaft        Tierhaltung umzubauen, lässt sie zu, ­dass   konform. Allen anderen, die ein Zeichen
und Ernährung gehen. Zudem läuten wir         immer mehr Schweine, Hühner etc. in im-      setzen wollen, werden wir außerdem eine
im Januar das Jahr der Bundestagswahl         mer größeren Anlagen gehalten und mit        digitale Mitmachaktion anbieten.
ein. Gute Gründe also, erneut ein starkes     importiertem Soja gefüttert werden. Und
Signal zu setzen.                             in den deutschen Megaschlachthöfen
                                                                                                     WWW.BUND.NET/
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EIN RÜCKSCHLAG DROHT                          verhältnisse. All dies haben wir satt!
Das Sterben der Insekten geht unge-
bremst weiter, ein Gesetz für ihren Schutz
steht noch aus. Die Vorschläge der Agrar-       BIENEN, BÄUERINNEN UND BAUERN RETTEN!
ministerin Klöckner lassen ebenso auf
sich warten wie ein klares Ziel der Bundes-     Bis 31. März will die Europäische Bür-     teilen Sie die, lassen Sie Freundinnen
regierung, den Einsatz von Pestiziden zu        gerinitiative »Save Bees and Farmers«      und ­Bekannte unterschreiben und
verringern. Das Verbot von Glyphosat ist        eine Million Unterschriften sammeln:        schicken Sie die Listen bis spätestens
bislang nur angekündigt. Und die geplante       für ein Ende aller chemisch-syntheti-       März an den BUND. Oder nutzen Sie
EU-Agrarreform droht ein herber Rück-           schen Pestizide bis 2035; um Lebens-        aktion.bund.net/fuer-agrarwende­-
schlag zu werden für den Umwelt-, Natur-        räume für ­Insekten zu schaffen; und        und-artenvielfalt – dort
und Tierschutz.                                 um die Landwirte zu unterstützen.          gibts die Liste, Infos
  Das Höfe- und das Artensterben wer-           Helfen Sie mit! Einer Teilauflage          und die Option,
den ungebremst weitergehen, wenn die            dieses BUNDmagazins liegen Unter­          ­online zu unter-
EU nicht gezielt jene Betriebe unterstützt,     schriften­listen bei. Kopieren und ver-     schreiben.
die Umweltleistungen erbringen und die
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