WOHER KOMMST DU? 1/21 - OscH eV
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das Leben stellt jedem von uns Fragen, für die wir Ant- worten brauchen. Wir müssen herausfinden: Woher kommen 3 Bauprojekt Ehe wir, wer sind wir, was sollen Persönlich erlebt: Silke und Jens Pöschl, Crottendorf wir tun und wohin gehen wir? Die nächsten vier „Aufwinde“ 6 Woher kommen wir? sind jeweils einem dieser The- Unsere universelle Herkunft men gewidmet. Jedes einzelne würde vermutlich ganze Biblio- 8 Ein Hahn namens Maurice theken füllen; wir beschränken uns auf Ge- Umgang mit unseren Wurzeln dankenanstöße. Beginnen wir in diesem Heft mit der Frage 12 Gott wird persönlich Die Rechenspezialistin Katherine Johnson nach dem Woher: • Einer unserer Mitarbeiter und seine Frau ticken in der Frage, wie ihr persönlicher Weg 16 Vier Fragen Teil 18: Die Apostolische Kirche des Ostens zu Gott und zum Glauben aussieht, sehr un- terschiedlich. Sie erzählen davon. • Wir machen uns Gedanken über unser 19 Aus unseren Diensten Informationen und Gebetsanliegen Wesen als Geschöpfe Gottes und betreiben ein wenig Wurzelbehandlung. • Wir stellen eine Amerikanerin vor, die 22 Termine, Annoncen, Impressum ziemlich genaue Vorstellungen davon hat- te, was es heißt, andere Leute auf den B Mond zu schießen. Was hat das mit unse- rem Thema zu tun? Finden Sie es heraus! au • Unsere Rubrik „Vier Fragen” findet mit einer der ältesten Kirchen der Welt ihren Abschluss. • Und es gibt wieder aktuelle Nachrich- ten aus unseren Dienstbereichen. Viele gute Einsichten und Impulse wünscht Ihnen und Euch, im Namen aller OscH-Mitarbeiter, PERSÖNLICH ERLEBT Stefan Lehnert Bautzen, im März 2021 Manche Leute sind zufrieden, Titelfoto: Aus einem Familienalbum wenn es gut läuft und man gut unterwegs ist. Andere wollen auf Das Offene sozial-christliche Hilfswerk (OscH) e.V. ist eine überkonfessionelle Dienstgemeinschaft. Wir ihrer Wanderung durch das Leben möchten Menschen mit der Botschaft von Jesus Christus erreichen, Gemeinden auf der Grundlage des Wor- tes Gottes dienen und Christen zu verbindlicher die Wege erkunden, auf die man Nachfolge und Jüngerschaft ermutigen. Das Werk besteht aus mehreren Arbeitsbereichen: Gemeinde- dienste • Rüstzeiten für verschiedene Altersgruppen normalerweise nicht kommt. • Jüngerschaftsschule • Arbeit mit Kindern und Teen- agern • Begegnungsstätte „Schmiede“ • Mission-Ost- hilfe mit Begegnungsstätte „Ruth“ • Medien/„Aufwind“ 2 • Audio- und Beschallungsdienst • Büro.
Wir fragten unseren Annaberger Mitarbeiter Zum einen war das „Silke hatte Wert- Jens Pöschl und seine Frau Silke, wie sie zum für mich sehr irritie- Glauben fanden und wie sich das in ihrem rend, auf der ande- vorstellungen, die ich Miteinander bemerkbar macht. ren Seite hat mich nicht kannte, aber im diese Klarheit beein- Silke: druckt. eigenen Leben Ich bin behütet und materiell abgesichert in Praktisch sah das vermisste.” Jens einer traditionell evangelisch-lutherischen Fa- so aus: Wenn Kirche milie aufgewachsen: als Baby getauft, dann oder Junge Gemein- Christenlehre, Kindergottesdienst, Konfirman- de war, hatte sie für mich keine Zeit. Es sei denn, denstunde, Konfirmation. Die Junge Gemeinde ich wäre mitgegangen – was mir mein Stolz und prägte mich maßgeblich. meine Unsicherheit natürlich verboten. Über- Meine Bekehrung ist nicht klar definierbar. zeugend war dann für mich, dass sie Wertvor- Jesus war für mich schon in der Kindheit mein stellungen und Sichtweisen hatte, die ich nicht bester Freund. kannte, aber im eigenen Leben vermisste. Dabei muss man wissen, dass mir meine Eltern so Jens: etwas nicht mitgeben konnten und es in unse- Ich konnte mit dem christlichen Glauben in mei- rer Familie eine Menge Probleme gab. ner Kinder- und Jugendzeit nichts anfangen Aber auch wenn ich nicht gleich zusammen und es war in unserer Familie auch kein Thema. mit Silke in die Kirche ging, setzte ich mich mit An einem Wochenende lernte ich in der Disco dem Glauben auseinander und fing an, mich an Silke kennen. Sie hat von Anfang an klar gestellt, Gott zu wenden. Eigenartigerweise konnte ich was ihr der Glaube an Jesus bedeutet und wel- beten, obwohl mir das niemand beigebracht che Priorität er für sie hat. Kurz und knapp sagte hatte und irgendwie tat mir das gut. sie: „Zuerst kommt Jesus und dann kommst du!“ projekt E e Fotos: privat 3
Daraus ist dann Vertrauen in den Glauben ge- eine ungewisse Zukunft lag, hatte das eine ganz wachsen und ich ging weitere Schritte, fand Zu- andere Dimension. Da wurde unsere Unter- gang zu anderen Christen und dadurch zu einer schiedlichkeit sehr deutlich. neuen Lebenserfahrung. Von da an ging es fast im Selbstlauf. Auf einmal gab es offene Türen Jens: und neue Erfahrungen, die mich auf diesem Ich muss zugeben, das hatte etwas Herausfor- Weg bestärkten. derndes für beide Seiten. Und in solchen He- Dann hatte ich einen Motorradunfall. Danach rausforderungen kommen grundlegende Un- war es nur noch ein kleiner Schritt. Während desterschiede so richtig zur Geltung. Aufenthaltes in der Klinik bat ich Gott, mit mir Sicherheit ist zum Beispiel so eine Sache. Man- weiter durchs Leben zu gehen. Jesus Christus, che Leute fühlen sich wohl, wenn um sie herum von dem ich am Anfang irritiert war, wurde für ein gewisses Maß an Stabilität da ist und man mich die Rettung. Er ist der Halt meines Lebens.die Dinge überschauen kann. Andere werden in Übrigens hat Jesus meine ganze Familie ver- so einer Situation unruhig und vermissen die ändert. Sie fanden alle so nach und nach zu ihm.Spannung des Ungewissen. Manche sind zufrieden, wenn es gut läuft und Silke: man gut unterwegs ist. Andere wollen auf ihrer An uns wurde oft die Frage gerichtet, wie sich Wanderung durch das Leben die Wege erkun- unsere unterschiedlichen Prägungen zusam- den, auf die man normalerweise nicht kommt. menfügen. Jens und ich heirateten 1987 und Manche öffnen das Fenster und freuen sich bekamen unsere Tochter Anne-Kathrin, später an der frischen Luft und dem Gezwitscher der noch Patricia und Sebastian. Viele Jahre waren Vögel. Andere geben sich nicht damit zufrieden wir mit Hausbau und Familienalltag beschäftigt. und lehnen sich lieber weit aus dem Fenster, um Wir brachten uns beide in der Gemeinde ein noch mehr Sicht zu bekommen. und hatten immer ein offenes Haus. Dass Jens Jetzt kann sich jeder selbst aussuchen, in wel- ständig Leute besuchte oder im Schlepptau che Kategorie man uns stecken würde. S hatte, für die das Leben nicht so einfach war – damit konnte ich gut leben. Als er im Herbst 1998 allerdings mit dem Gedanken spielte, sei- nen Beruf als Elektriker aufzugeben und vor uns „Statt Leistungssport oder Extremsport zu betreiben, investiert Jens seine Kraft und Ausdauer in Menschen.” Silke 4
Silke: „Wir haben in Jesus eine Ja, Jens ist ein Grenzgänger. Er ist immer mit Vollgas und einem gewissen Risiko unterwegs, gemeinsame Basis, auch wenn ich brauche mehr Ruhe und Sicherheit. Zum Ver- gleich: Wenn Jens einen 800er Akku hat, dann unsere Denk- und Herangehens- bin ich höchstens mit einem 400er ausgestattet. Seine Zähigkeit, Ausdauer und Geduld kommen weisen unterschiedlich vielen Menschen zugute. Er hat eine besondere Wellenlänge für Außenstehende. Das hilft ihm sind.” Silke & Jens in seiner sozialmissionarischen Arbeit mit Kin- dern und Jugendlichen. Ich sehe hier klar seine Berufung, die ich nicht habe. Mein Wirkungsbe- reich erstreckt sich mehr in Familie, Gemeinde und bei Kranken. genseitige Bereicherung und Horizonterweite- Hier gab es natürlich reichlich Konfliktpunkte, rung zu sehen und nicht zu hinterfragen, ist ein aber ich schätze nach wie vor sehr an ihm, dass guter Weg, mit Unterschiedlichkeiten umzuge- er statt Leistungssport oder Extremsport zu be- hen. treiben, seine Kraft und Ausdauer in Menschen investiert. Silke: Wir versuchen, uns zu ergänzen, stehen zu las- Jens: sen und geben uns individuelle Freiräume. Ich Wir haben uns oft gegenseitig gefragt, was Gott sehe Jens als Außenminister, mich als Innenmi- sich dabei gedacht hat, uns zusammenzubrin- nister. S gen. Aber wenn wir uns so umschauen, scheint Wir haben in Jesus eine gemeinsame Basis, es Paare mit gegensätzlicher Prägung oft zu können gemeinsam Bibel lesen, beten und uns geben. über vieles austauschen, auch wenn unsere Grundlegend für uns ist, dass wir von Gott zu- Denk- und Herangehensweisen unterschiedlich sammengestellt worden sind. Die Frage nach sind. dem Warum ist eher unwichtig. Wichtiger ist: Er Uns wurden drei wunderbare Kinder ge- hatte einen Plan damit. Das wollen wir festhal- schenkt, die selbst mit Jesus gehen und sehr so- ten, leben, gestalten und im täglichen Miteinan- zial unterwegs sind. Sie schätzen und unter- der Kompromisse finden. Das alles auch als ge- stützen die Arbeit von Jens. Mit dem Herrn in der Mitte haben wir viele Kri- sen gemeistert und Wunder erlebt. Dafür sind wir ihm sehr dankbar. • 5
Diese Frage beschäftigt sowohl Philosophen als auch Physiker seit Jahrhunderten. Auch au- ßerhalb dieser Wissenschaften stellen sich Menschen die Fragen: Wo komme ich her? Wozu bin ich hier? Wo gehe ich hin? Ü R Z L I C H L A S I C H das Buch eines Physikers. Darin geht es um die Entstehung des Kosmos, warum wir Menschen hier auf der Erde sind und sie ideal zum Leben für uns ist. Der Autor erklärt dabei sie- ben mögliche Theorien. Die biblische Schöp- fungsgeschichte ist eine davon. Am Schluss ten- diert er zu zwei anderen Erklärungen, die ihm am wahrscheinlichsten vorkommen, obwohl viele Fragen offen bleiben. Er räumt aber ein, „dass es Vater, Sohn und Heiliger Geist könnten sich ja zumindest so scheint, als wenn das Universum selbst genügen. Aber sie wollen ihre Liebe mit an- von einem Designer mit einem hohen Maß von deren teilen. Mit uns! Gott will von uns geliebt Einfallsreichtum geschaffen wurde.” * werden, nicht gezwungenermaßen oder auto- Interessiert lese ich diese Theorien und denke matisch. Gott will Freiwillige. darüber nach. Überzeugend finde ich keine davon, bis auf das „intelligente Design“. Das ist die I N P S A L M 1 3 9 B E T E T König David begeistert: Annahme, dass hinter der Entstehung des Kos- „Du hast mich mit meinem Innersten geschaffen, mos eine Art intelligenter Urheber steckt, der im Leib meiner Mutter hast du mich gebildet … alles bewusst kreiert hat. Als Christ fällt mir da Schon als ich im Verborgenen Gestalt annahm, un- gleich die biblische Schöpfungsgeschichte ein. Es sichtbar noch, kunstvoll gebildet im Leib meiner erfordert natürlich Glauben, dass da ein Gott sein Mutter, da war ich dir dennoch nicht verborgen. soll, der den Kosmos und uns Menschen ge- Als ich gerade erst entstand, hast du mich schon schaffen hat. Dieser Glaube führt mich zurück ins gesehen. Alle Tage meines Lebens hast du in dein biblische Paradies: Gott bereitete einen Lebens- Buch geschrieben – noch bevor einer von ihnen be- raum vor mit Licht, Luft, Pflanzen, Tieren. Aber er gann!“ (V. 13ff) entschied sich, mit dieser genialen Kreation nicht Du bist ein Gedanke und ein Wunsch Gottes, allein zu bleiben. „Jetzt wollen wir den Menschen der von ihm im Mutterleib geformt wurde und machen, unser Ebenbild, das uns ähnlich ist … So Gestalt annahm. Du bist kein Unfall, kein Zufall, schuf Gott den Menschen als sein Ebenbild, als sondern gewollt. Du sollst leben. Gerade du! Das Mann und Frau schuf er sie“ (1Mo 1,26f). ist Gottes Geschenk an dich. Es ist eine Ehre, dass er dich ins Leben gerufen hat, dir das Dasein er- W O KO M M E N W I R H E R ? Die Menschheit ent- möglicht. Dadurch hast du die Chance, den stand aus Sicht der Bibel durch die bewusste Ab- Schöpfer allen Lebens, dein ursprüngliches Ge- sicht Gottes. Er wollte ein Du, ein Gegenüber genüber, kennenzulernen und in Beziehung zu haben, ein Ebenbild seiner selbst. Das heißt, er ihm zu treten. hat sein Bild in uns hineingeprägt. Wir sind nicht Vielleicht könnte man auf die Frage der Her- vollständig identisch, aber ein direktes Gegen- kunft auch sagen: Wir kommen aus den Armen über und damit Gott sehr ähnlich. Geschaffen zur Gottes hinein in diese Welt. Und wir gehen ir- Beziehung mit dem Schöpfer. gendwann zurück in seine Arme. Geschaffen aus Aus der Gesamtheit der Bibel leite ich ab, dass Liebe, um in eben diese Liebe hineinzufinden. Gott uns aus Liebe geschaffen hat. „Gott ist Liebe“ Das göttliche Du zu entdecken. lesen wir, und Liebe kann nicht bei sich selber bleiben. Liebe will sich verschenken, weiterflie- Wir sind geschaffen aus Liebe, um ßen, Anteil geben und nehmen, Intimität. in diese Liebe hineinzufinden Vielleicht ist Gottes Aussage „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein lebt“ auch eine Selbstaussage. Er hat uns schon vor unserer Geburt gekannt. Vielleicht ist es nicht gut, wenn Gott allein lebt? Das wird bei dem Propheten Jeremia deutlich. Gott erklärt ihm: „Ich habe dich schon gekannt, ehe * Paul Davis, „Der kosmische Volltreffer”, S. 336 ich dich im Mutterleib bildete, und ehe du geboren (Campus Verlag Frankfurt/New York, 2008) wurdest, habe ich dich erwählt, um mir allein zu 6
Gerti G / photocase.de dienen. Du sollst ein Prophet sein, der den Völkern meine Botschaften verkündet“ (Jer 1,5). Gott hat das Leben von Jeremia geplant, ihn erwählt und be- auftragt. Auch bei Johannes dem Täufer wird diese Her- Wir kommen von Gott her, und durch Jesus ist kunft von Gott deutlich. Ein Engel kündigt dem uns das Leben geschenkt worden. „Schon vor Be- gealterten Zacharias die Geburt eines Sohnes an. ginn der Welt, von allem Anfang an, hat Gott uns In Gottes Plan hat er bereits einen Platz und eine auserwählt. Wir sollten zu ihm gehören, befreit Berufung auf der Erde. Seine Eltern sehen noch von aller Sünde und Schuld. Ja, seine eigenen Kin- nichts davon, aber Gott schon. der sollten wir werden, durch seinen Sohn Jesus Noch bevor Johannes das Licht der Welt er- Christus. Das hat Gott schon damals aus Liebe zu blickt, ist klar: Gott wird ihm das Leben schenken. uns beschlossen“ (Eph 1,4f). Bei ihm existiert Johannes bereits, auf welche Diese Schlussfolgerung ist vielen Wissen- Weise auch immer. Er ist gewollt, geliebt, beru- schaftlern zu primitiv. Doch auch ihre Ansätze zu fen und beauftragt. Er wird die Menschen bereit unserer Herkunft sind unbewiesene Theorien, machen, sich mit Gott zu versöhnen und den die Glauben erfordern. Für mich ist die biblische Messias Jesus willkommen zu heißen (Lk 1,15ff). Antwort schlüssig. Ich bin dankbar für meine Herkunft von Gott. Ich bin dankbar, von ihm ins B E I J E S U S I S T E S N O C H ein bisschen anders, weil Leben hineingeliebt zu sein und als eines seiner er nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist. Und weil er von Anfang an da war, wie Johannes 1, 1ff Kinder zu einer großen Familie zu gehören. • erzählt: „Am Anfang war das ewige Wort Gottes: Christus. Immer war er bei Gott und ihm in allem Karin Schwab gleich. Durch ihn wurde alles geschaffen. Nichts ist ist Mitarbeiterin im Offenen sozial- ohne ihn geworden. Von ihm kommt alles Leben, christlichen Hilfswerk. Sie lebt in Bautzen. und sein Leben ist das Licht für alle Menschen.“ Wenn wir der Bibel glauben, dann dürfte die Bibelstellen: „Hoffnung für alle“ Frage nach unserer Herkunft beantwortet sein: 7
Ein Hahn Ende Januar kursierte folgende Meldung: „Frankreichs Regierung erklärt typische Geräu- namens sche vom Lande zum sinnlichen Kulturerbe – den Hahnenschrei, das Blöken der Schafe, das Läuten Maurice von Kirchenglocken, das Zirpen der Grillen.” Dieser Schritt soll künftige Klagewellen verhin- dern, denn diese Klänge hatten für juristische ÜBER UNSERE WURZELN UND WIE WIR MIT IHNEN UMGEHEN Scharmützel zwischen genervten Städtern und Dorfbewohnern gesorgt. Auslöser war ein Hahn namens Maurice, der einem zugezogenen Rentner- ehepaar gnadenlos den Ruhestand zerkräht hatte. Stephen Llevares - pexels 8
ken und sind nachsichtig mit ihren Schwä- chen. Natürlich sind Vater und Mutter nur iese Geschichte zeigt einmal Menschen und als solche mit Fehlern be- mehr: Es ist hilfreich, seine haftet. Sie können egoistisch und verlet- Wurzeln zu kennen und ein Ja zend sein, auch gegenüber ihren Spröss- zu ihnen zu finden. Schließlich lingen. Manche Eltern-Kind-Beziehung ist stammen wir alle irgendwie vom belastet und braucht, um heil zu werden, Lande; man muss nur weit genug zurück- nicht nur Zeit und Abstand, sondern viel- gehen. leicht sogar professionelle Beratung. Die Frage, wo wir herkommen, gehört Manchmal geschieht Versöhnung erst am zu den wichtigsten des Lebens. Sie be- Sterbebett des Vaters, der Mutter. Oder an stimmt, wohin die Reise geht, denn ihren Gräbern. unser Blick zurück hat Einfluss auf unse- Das Leiden an der eigenen mangeln- ren Blick nach vorn. Der Apostel Paulus den Versöhnungsbereitschaft kann der mahnt: „Nicht du trägst die Wurzel, son- erste Schritt zur Versöhnung sein. Auch dern die Wurzel trägt dich“ (Röm 11,18). Man hier schaut Gott das Herz an. möchte hinzufügen: „Also geht entspre- chend pfleglich mit ihr um!“ Christen haben Glaubensväter Paulus meint unser Verhältnis als Hei- und -mütter denchristen zum Volk Israel. Doch diese Viele können sich ein Leben lang an die In gewisser Wurzel ist nur eine von vielen, die uns tra- Leute erinnern, die sie im Glauben ge- Weise repräsen- gen. prägt, ihnen von Jesus erzählt oder sie be- gleitet haben. Die Eltern, die Großmutter, tieren unsere Jeder hat Vater und Mutter der fromme Nachbar, die Kindertante aus Eltern Gott und Gradmesser für unsere Liebe zu Gott ist der Gemeinde. unsere Nächstenliebe. In den Zehn Gebo- Bei mir war es ein reisender Evangelist, machen seine ten, dem Grundgesetz für Gläubige, wird dem ich einen entscheidenden Impuls Arbeit. das ganz konkret: „Ehre deinen Vater und verdanke. In den 1980er Jahren sprach er deine Mutter“ (2Mo 20,12). abends in einer vollbesetzten Kirche in Warum sollen wir unsere Eltern in be- Sangerhausen/Südharz. Als junger Athe- sonderer Weise ehren? Weil sie gewisser- ist auf der Suche saß ich zusammen mit maßen Gott repräsentieren und seine Ar- meinen Freunden von der Jungen Ge- beit machen – ganz gleich, ob sie an ihn meinde in der Kirchenbank. Vieles von glauben oder nicht. Vater und Mutter dem, was ich hörte, sagte mir nichts. schaffen neues Leben und prägen es Plötzlich kriegte ich große Ohren: Es nach ihrem Bild. Sie bringen ihre Kinder ging darum, dass man auch ohne christ- in die Lebensspur, lehren sie, geradeaus liche Erziehung zu Jesus kommen und zu laufen, versorgen, trösten und ermuti- Christ werden könne. Genau das war es, gen sie. Sie übernehmen Verantwortung was ich wollte: richtig dazugehören. So für sie und machen sie fit, einmal selbst einfach war das also! Nach der Predigt Verantwortung zu übernehmen. Sie ging ich nach vorn, kniete mich hin und geben ihnen eine Stimme, damit sie in die betete alles mit, was ein Mitarbeiter mir ernste und schöne Musik des Lebens ein- vorgab … stimmen. Es dauerte noch ein paar Jahre, bis ich Das hebräische Wort für „ehren“, kabed, begriff, dass es im Christsein mehr gibt als geht auf ein Wort zurück, das so viel be- nur dazuzugehören. Aber für mich war deutet wie „jemandem Gewicht geben“. das der erste Schritt. Und dem Evangelis- Indem wir unsere Eltern ehren, sehen wir ten Werner Morgenstern werde ich im- sie sozusagen als gewichtige, als bedeu- mer dankbar sein. tende Personen an und behandeln sie Einmal erzählte ich einem katholischen auch so. Wir sind ihnen dankbar für das, Pfarrer von meinen zwei Bekehrungen – was sie uns mit auf den Weg gegeben die eine zu den Christen, die andere zu haben. Wir versuchen, ihnen etwas zu- Jesus. Er schaute mich groß an und frag- > rückzugeben, freuen uns über ihre Stär- 9
te: „Ist das nicht ein und dasselbe?“ Ich brauchte ein wenig, bis mir dämmerte, was er meinte: Die Gemeinschaft der Gläu- teten Kirchen, gründeten Klöster, fällten bigen ist der Leib Christi und mit ihm, kultisch verehrte Bäume – oft unter dem dem Haupt, untrennbar verbunden. Die Jubel der heidnischen Stämme, weil da je- Kirchenväter haben auf die geheimnisvol- mand den Mut hatte, die Quelle ihrer le Einheit von Christus mit der Gemein- Angst zu zerstören … schaft seiner Gläubigen hingewiesen 1. Ei- Warum ist es hilfreich, diese Wurzeln zu- nige nannten sogar in einem Atemzug mindest zu kennen? Weil die Kirchenge- Gott Vater und die Kirche Mutter 2. schichte nicht mit uns und unserer Ge- Kirche bzw. Gemeinde als Mutter – das meinde angefangen hat. Eigentlich eine ist für viele Gläubige sicher eine Heraus- Binsenweisheit. Wir sind nicht die ersten, forderung. Aber liegt dieser Gedanke so die an Gott glauben; auch vor uns haben fern? Es wird Leute geben, die den Ruf sich schon Leute mit geistlichen Dingen „Komm und folge mir nach“ direkt von beschäftigt. Von ihnen zu lernen kann uns Jesus gehört haben. Doch den meisten davor bewahren, das Rad immer neu zu Christen hat ein anderer Christ den Weg erfinden oder Irrtümer zu wiederholen. zu ihm gezeigt. Natürlich ist es Gott, der Glaube, Liebe und Hoffnung in unsere Christen haben ältere Geschwister Herzen legt. Aber wer hat uns etwas von Wenn wir durch den Glauben mit Jesus Glaube, Liebe und Hoffnung beigebracht? Christus verbunden sind, dann sind wir Es war die gute alte Kirche und ihre Die- auch mit dem Volk verbunden, aus dem er ner, die die Gläubigen hervorgebracht, so- kam. Es gibt im Alten Testament eine wun- zusagen „zur Welt gebracht“ hat. derbare Prophezeiung: „So spricht der Herr Das erweitert den Kreis unserer geistli- der Heere: In jenen Tagen werden zehn Män- chen Väter und Mütter enorm. In unseren ner aus Völkern aller Sprachen einen Mann Wenn wir durch Breiten reichen die ersten Berührungs- aus Juda an seinem Gewand fassen, ihn punkte mit dem Evangelium zurück ins festhalten und sagen: Wir wollen mit euch den Glauben mit Mittelalter. Wir denken da schnell an Mis- gehen; denn wir haben gehört: Gott ist mit Jesus Christus sion mit Feuer und Schwert. Sicher, die euch“ (Sach 8,23). Wenn wir uns in die zehn gab es. Aber es gab auch Leute, die ihre Männer aus allen Völkern einreihen, dann verbunden sind, Köpfe dafür hingehalten haben, damit aus wird der Mann aus Juda, an dem wir uns dann sind wir unseren Urahnen – den alten Germanen, festhalten, niemand anderes als Jesus den Franken, den Sachsen – Christen wur- sein. auch mit dem den. Etwa der irische Mönch Columban; Durch ihn hat der Gott Israels den Bund Volk verbunden, oder der Brite Wynfrith, besser bekannt mit seinem Volk erweitert auf alle Völker. als Bonifatius, der „Apostel der Deut- Er hat uns, die Christen aus den Heiden- aus dem er kam. schen“. Die Bischöfe Boso von Merseburg völkern, in die lebensspendende Wurzel oder Otto von Bamberg; letzterer gilt als des jüdischen Ölbaumes eingesetzt. Ihr „Apostel der Pommern”. Gott ist unser Gott, denn ihr Messias ist Leuten wie ihnen haben wir es zu ver- der unsere geworden. Ihre Propheten und danken, dass wir in einem christlich ge- ihre heiligen Schriften reden zu uns. Ihr prägten Land leben. Diese Gottesmänner Segen ist unser Segen und ihr Heil ist zogen zwischen dem 6. und 11. Jahrhun- unser Heil (Joh 4,22). dert predigend durch die Lande, tauften Neubekehrte, lehrten das Volk. Sie errich- Niemand ist eine Insel Hat ein Ja zu unseren Ursprüngen auch (1) u. a. Augustinus: „Die Fülle Christi, das ist also Haupt etwas mit dem Verhältnis zum eigenen und Glieder. Was heißt: Haupt und Glieder? Christus und Volk zu tun? Ein heikles Kapitel für uns die Kirche.“ Deutsche, haben wir doch wie kaum eine (2) u. a. Clemens v. Alexandrien: „Einer ist der Vater aller andere Nation ein ausgesprochen schwie- Dinge, einer auch der Logos aller Dinge, und der Heilige riges Verhältnis zu unserer Vergangenheit. Geist ein und derselbe überall, und es gibt auch nur eine Was angesichts der Abgründe ja auch ver- einzige jungfräuliche Mutter, ich liebe es, sie Kirche zu ständlich ist. Sämtliche Sternstunden der nennen.“ deutschen Geschichte können nicht das 10
Elend aufwiegen, das unser Volk Mitte des Hat Vater und letzten Jahrhunderts über die Menschheit gebracht hat. Wie können wir da zu unse- Mutter zu ehren ren Wurzeln ein Ja finden? auch etwas mit Könnte uns ausgerechnet der Stamm- baum Jesu eine Hilfe sein? Von Abraham, Seine Hände zitterten, er kleckerte und dem Verhältnis Isaak und Jakob geht es über König David sabberte. Sein Sohn ekelte sich und ver- und König Salomo bis hin zu Josef, den bannte ihn zum Essen in sein kleines zum eigenen Mann der Maria, die Jesus zur Welt ge- Schlafzimmer. Da saß der alte Vater nun Volk zu tun? Ein bracht hat (Mt 1). Zwischendurch stehen und löffelte einsam und traurig seine dort etwa die Moabiterin Ruth oder roya- Suppe. Er sehnte sich nach Gemeinschaft. heikles Kapitel. le Glaubenshelden wie Hiskia oder Josia. Einmal fiel ihm aus Versehen der Teller Es sind aber auch Leute verzeichnet, die runter und zersprang. Wortlos knallte man sich eher nicht im Familienalbum ihm seine Schwiegertochter eine hölzer- wünscht. Etwa Tamar, die als Prostituierte ne Schale hin. In die passte zwar nicht viel verkleidet mit ihrem eigenen Schwieger- hinein, dafür ging sie nicht kaputt. Nach vater ins Bett ging. Oder die Frau des Uria, dem Essen ging der sechsjährige Enkel die sich mit König David auf eine außer- nach draußen und schnitzte etwas. Sein eheliche Affäre einließ. Und die beiden Vater fragte: „Was wird das, wenn es fertig sind noch vergleichsweise harmlos. Wir ist?“ Der Junge antwortete: „Ich mache treffen auf Könige wie Joram, der seine ei- eine Schale für Mama und dich. Wenn ich genen Brüder ermorden ließ; auf Ahas groß bin und ihr alt seid, dann werdet ihr oder Manasse, die nicht davor zurück- daraus essen“ … schreckten, ihre Kinder als Brandopfer zu Die Wurzeln, die uns tragen, sind kein Stefan Lehnert verbrennen … abstraktes Gedankenspiel. Sie stehen für ist Mitarbeiter im Dennoch wurden diese Leute nicht aus Menschen, durch die wir geworden sind, Offenen sozial-christ- dem Stammbaum Jesu gelöscht. Er hat was wir sind. Auch im Blick auf sie gilt die lichen Hilfswerk. auch für ihre Schuld bezahlt. Sie stehen Goldene Regel Jesu: Behandle sie so, wie Er ist verheiratet mit Beate und lebt drin, weil sie nun mal dazugehören. Auch du selbst behandelt werden möchtest in Bautzen. wenn sie Dinge getan haben, die nicht zu (Mt 7,12). Jeder von uns ist auf irgendeine begreifen sind. Weise Vater und Mutter bzw. wird es ein- Bibelzitate nach Ein- Das könnte ein Hinweis sein, wie wir als mal sein. Damit sind wir Vorbild für ande- heitsübersetzung Gläubige mit der Geschichte unseres Vol- re, wie wir zu unseren Ursprüngen stehen kes umgehen können – einschließlich und sie behandeln. Lassen wir dabei Liebe allem, was wir gerne unge- und Vergebung walten und ver- schehen machen würden: leugnen sie nicht. Alles ins Licht Gottes stel- Sonst könnte es passieren, len. Nichts beschönigen, dass ein Hahn wie Maurice um relativieren oder verleug- die Ecke kommt und uns nen, sondern akzeptie- lautstark an unsere Her- ren, und dafür Verant- wortung übernehmen. Eine • kunft erinnert. schmerzhafte Wurzelbehandlung. Vielleicht wird für uns das Verhältnis zu unserem Volk immer auch eine Zu- mutung sein. Und nun? Es gibt eine nachdenkliche Geschichte von den Brüdern Grimm: Ein alter Mann lebte bei seinem Sohn und dessen Frau. Zu den Mahlzeiten saß er bei ihnen am Tisch, aber es wurde immer schwieriger. 11
RECHEN Im Portr ait: Menschen DIE aus Vergangenheit und Gegenwar t, in deren Leben Gottes Wirken deutlich wird Katherine Johnson (1918-2020) Rückblick: 1960er Jahre. Es ist die Zeit des Kalten Krieges. Die politi- sche Großwetterlage ist bestimmt durch den Machtkampf zwischen der Sowjetunion und den USA, zwei gegensätzlichen politischen Syste- men. Auch im Weltall will jeder der Erste sein. Die Russen schicken Anfang 1961 den Hund Laika, im April Juri Gagarin und im August German Titow in einer Kapsel um die Erde. Ein Schock für die USA. Katherine Johnson 1966 an ihrem Schreibtisch, wo sie u. a. Flugprofile wie das der Apollo- 13-Mission berechnete 12
SPEZIALISTIN I m Februar 1962 sind die Amerikaner auch soweit. John Glenn umkreist als erster US- Astronaut die Erde. Vorangegangen sind ca. 20 unbemannte Testflüge. Und schier endlo- se Berechnungen. Hier kommt Katherine John- West-Virginia zu Virginia müssen die schwarzen Passagiere auf die hinteren Plätze im Bus wech- seln. So will es das Gesetz. Am Stadtrand muss die Lehrerin sogar aussteigen und mit dem Taxi weiterfahren, weil der Bus die Viertel der Schwar- son ins Spiel. Sie ist die Frau, deren mathemati- zen nicht anfährt. Auch verdient sie weniger als sches Können John Glenn den Weg ebnet. der weiße Hausmeister ihrer Hochschule. Katherine ist gern Lehrerin. Sie will den Schü- KATHERINE COLEMAN lern nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern sie Das spätere Mathematik-Genie wird am 26. Au- auch zu Disziplin und Selbstachtung erziehen. gust 1918 in einer Kleinstadt in West Virginia, USA Beides ist für ein berufliches Vorankommen in geboren. Sie ist ein sehr aufgewecktes und wiss- einer rassistisch geprägten Gesellschaft wichtig. begieriges Kind. Besonders viel Spaß macht es ihr, alles zu zählen: das Geschirr, ihre Schritte bis KATHERINE GOBLE zur Kirche, die Sterne … Manchmal begleitet sie An der Marion lernt sie James Francis Goble ken- ihre drei älteren Geschwister zur Schule. Als sie nen. 1939 heiraten die beiden. Erstmal halten sie selbst eingeschult wird, kann sie bereits lesen und ihre Hochzeit geheim, denn verheiratete Frauen darf gleich in die zweite Klasse. In ihrem Heimat- durften damals nicht unterrichten. Als sich das ort kann sie aufgrund ihrer Hautfarbe nur bis zur erste Kind ankündigt, bleibt die Lehrerin zu 8. Klasse eine Schule besuchen. Ihr Vater legt Hause. Sie hat einen liebevollen Ehemann und Wert auf eine gute Schulbildung seiner Kinder genießt ihr Familienleben. Das Paar bekommt und meldet sie in einer afroamerikanischen High- drei Töchter, die Katherine sehr liebt und denen school an. Sie ist 200 km entfernt. Gemeinsam sie ihre Zeit widmet. mit ihrer Mutter ziehen die Geschwister jedes Anfang der 1950er Jahre starten die USA ihr Jahr im September dorthin um. Die Mutter, eine Weltraumprogramm. Dafür müssen Flugdaten Lehrerin, findet Arbeit als Dienstmädchen, der gesammelt und ausgewertet werden. Aber wer Vater bleibt zu Hause und schlägt sich als Hotel- soll diese Arbeit tun? Die NACA* (später: NASA) portier durch. geht auf Werbetour unter den afroamerikani- Die hochintelligente Katherine überspringt ein schen Lehrerinnen – mit Erfolg. Computer ste- weiteres Mal eine Klasse, bekommt ein Stipendi- cken in dieser Zeit noch in den Kinderschuhen. um und studiert als einzige Schülerin analytische Sie sind zwar riesengroß, aber fehlerbehaftet. Es Geometrie. Die Lehrer sehen ihre Begabung und ist Aufgabe der Frauen, ihre Ergebnisse zu über- fördern sie. Einer richtet sogar extra für die Zah- prüfen (!). Auch sollen sie Flugbahnen und Treib- lenbegeisterte einen Kurs ein und will sie damit stoffmengen für die Testflüge berechnen. Durch NASA / Wikimedia-Commons auf eine Karriere als Wissenschaftlerin vorberei- ihre Kompetenz erwerben sie sich rasch den Res- ten. Nur: Wie und wo soll sie eine Stelle finden? pekt ihrer Vorgesetzten. Viele weiße Mitarbeiter Schwarze wurden damals Dienst- oder Zimmer- wissen dennoch nichts von der Existenz der mädchen, Kellner oder Portier … „schwarzen Computer“. Ihre Arbeit geschieht im Zunächst schließt sie die Hochschule mit Aus- Hintergrund, in einer gesonderten Halle. zeichnung in Mathematik und Französisch ab. Da Aber Katherine Goble hört davon. Das Mathe- ist sie gerade 18 Jahre alt. An der Marion, der Gen in ihr reagiert sofort, sie ist begeistert und be- Hochschule für Afroamerikaner in Virginia, findet wirbt sich als Rechnerin im Forschungszentrum Katherine Arbeit als Lehrerin – die höchstmögli- che Karrierestufe für Schwarze. Ein Bus soll sie * National Advisory Commitee for Aeronautics; später umbenannt in dorthin bringen. An der Grenze von ihrer Heimat NASA – National Aeronautics and Space Administration ALS SIE EINGESCHULT WIRD, DARF SIE GLEICH IN DIE ZWEITE KLASSE. 13
Langley, Virginia. 1952 zieht die ganze Familie dort- beiten, die nützlich ist und ihr auch noch großen hin. Ihr Mann, der Chemie-Lehrer ist, findet Arbeit Spaß macht. auf der Werft – als Maler und Anstreicher. Die Atmosphäre im Forschungszentrum gefällt Bevor sie ihre Arbeit antreten kann, muss sie al- der Rechenspezialistin von Anfang an. Einziger lerdings noch fast ein Jahr warten. Diese Zeit Minuspunkt – und für uns heute ein Unding: Es nutzt sie, indem sie in der Presbyterianischen Ge- gibt getrennte Toiletten für Weiße und Schwarze. meinde und in einer sozial engagierten Schwes- Letztere liegen sehr weit entfernt, so dass die ternschaft namens Alpha-Kappa-Alpha (AKA) schwarzen Mitarbeiterinnen regelmäßig die Pau- aktiv ist. Dadurch fällt es der Familie leicht, sich sen überziehen müssen. Als es darüber Be- in ihrer neuen Heimat einzuleben. Katherine hilft schwerden gibt, rastet eine schwarze Kollegin besonders jungen Frauen – die meisten davon aus und beschwert sich über diese Zustände. Der ebenfalls Rechnerinnen an der NACA –, sich in Chef – der davon keine Ahnung hatte – nimmt der neuen Umgebung zurechtzufinden. Sie kurzerhand das Schild „Nur für Weiße“ von der knüpft Kontakte, organisiert praktische Hilfe, Tür. Eine Revolution. aber auch gemeinsame Feste. Lange Zeit ist Ka- 1956 stirbt James Goble an einem Hirntumor. therine Goble sogar Präsidentin bzw. Vizepräsi- So ist Katherine bereits mit 38 Jahren alleinerzie- dentin der örtlichen AKA-Gruppe. hende Witwe. Aber sie ist berufstätig und kann Zu den Aufgaben während der Einarbeitungs- ihre Kinder versorgen. Drei Jahre später heiratet zeit bei der NACA gehört das Ausfüllen von Da- sie einen Veteranen des Koreakrieges, James A. tenbögen anhand mathematischer Gleichungen. Johnson. Katherine ist in ihrem Element. Bereits nach zwei Die Mathematikerin ist an ihrem Arbeitsplatz Wochen wird sie an die Abteilung Flugforschung ebenso glücklich wie im Chor ihrer Kirche. Ihr wa- „ausgeliehen“, die zusätzliche Rechnerinnen be- cher Verstand will die Zusammenhänge wissen, nötigt. So wechselt Katherine Goble vom Re- in denen die Zahlen stehen, die sie berechnet. So chenzentrum – den „Computern mit Röcken“, wie fragt sie immer wieder nach. Katherine sie nennt –, in die wichtigste Abteilung Was irgendwann in der für sie folgerichtigen des Forschungszentrums. Nach sechs Monaten Frage mündet: „Warum darf ich eigentlich nicht stellt ihre Chefin fest, dass man wohl vergessen an den Redaktionskonferenzen teilnehmen?“ hat, ihre Rechnerin zurückzuschicken. Doch die „Mädchen gehören da nicht hin“, ist die Ant- Ingenieure der Flugforschung wollen sie gar wort. nicht zurückgeben. Durch ihre Kenntnisse in hö- „Gibt es eine entsprechende Verordnung?“ herer Mathematik, besonders in analytischer Die gibt es tatsächlich nicht, aber es war schon Geometrie, ist sie vielseitig einsetzbar. Ihre Che- immer so. Damit gibt sich Katherine nicht zufrie- fin lässt Katherine nur unter einer Bedingung zie- den. Sie wird nicht müde, immer wieder nachzu- hen: dass sie besser bezahlt wird. Das ist das erste fragen. Höflich, aber eindringlich. Am Ende heißt Mal, dass in Langley eine Frau von den „schwar- es: „Soll sie doch teilnehmen.“ Man ist des ewigen zen Computern” dauerhaft in das Forschungs- Nein-Sagens leid. Außerdem will man einer Frau, zentrum wechselt. die so darauf erpicht ist, dabei zu sein und zu ver- stehen, nicht im Wege sein. So nimmt die Ma- IM RAUMFAHRT-FORSCHUNGSZENTRUM thematikerin 1958 an ihrer ersten Redaktions- Eine von Katherines ersten Aufgaben ist es, einen konferenz in der Forschungsabteilung für Raum- Flugzeugabsturz zu analysieren. Die Mathemati- flugmechanik teil. kerin bekommt die Daten des Fluges und rech- Im gleichen Jahr wird aus der NACA die NASA. net wochenlang. Schließlich legt sie ihre Ergeb- Es gibt noch keine Fachliteratur zur Weltraum- nisse den Ingenieuren vor. Diese sind begeistert, fahrt, alles ist Neuland. So müssen die Mitarbei- als sie anhand von Katherines Auswertung die Ur- ter selbst Fachbücher schreiben, auch Katherine sache für das Unglück finden. ist federführend daran beteiligt. Gemeinsam mit Katherine Gobles Analyse trägt mit dazu bei, einem Kollegen veröffentlicht sie eine wissen- dass die Regeln für den Flugverkehr geändert schaftliche Abhandlung. Und sie wird als Mitau- werden. Sie ist glücklich, an einer Sache mitzuar- torin genannt. Es ist das erste Mal, dass einer Frau, DIE MATHEMATIKERIN IST AN IHREM ARBEITSPLATZ EBENSO GLÜCKLICH WIE IM CHOR IHRER KIRCHE. 14
den Weg für eine Karriere in Technik und Wissen- schaft für Frauen, besonders mit dunkler Haut- farbe, in den USA geebnet haben. In ihrem Ruhestand hielt sie weiter Kontakt zur NASA. Gern ging sie in Schulen und ermutigte junge Leute, eine Laufbahn in Wissenschaft und Technologie einzuschlagen. Die Schwestern- schaft Alpha-Kappa-Alpha, in der die Pensionärin ebenfalls Mitglied blieb, unterhält ein Zentrum für berufliche Bildung und fördert besonders NASA/Sean Smith Kontakte in der schwarzen Bevölkerung. Diese Anliegen unterstützte sie mit ganzer Kraft. Die Mathematikerin 2008 in ihrem Ruhestand KATHERINES GLAUBE Man kann ihr Arbeits- und Glaubensleben nicht noch dazu einer Afroamerikanerin, diese Ehre zu- voneinander trennen. Die Werte, die ihr wichtig teil wird. waren, lebte sie in allen Lebensbereichen. Kathe- rine Johnson war mehr als 50 Jahre Mitglied der KATHERINE JOHNSON Carver Presbyterian Church. Dort sang sie im Chor Ein weiteres Buch, an dem sie mitarbeitet, dient und arbeitete in verschiedenen Gremien. Natür- als theoretische Grundlage der bemannten Welt- lich – wen wundert‘s – auch in der Finanzkom- raumfahrt. Insgesamt hat sie an ca. 20 Büchern mission, die sie lange Zeit leitete. Einer ihrer Pas- mitgewirkt. Als sich John Glenn 1962 auf die erste toren nannte sie eine wahre Weltraumheldin, Erdumrundung vorbereitet, ist sein Vertrauen in aber auch eine Person, die sich nicht in den Vor- Katherines Fähigkeiten größer als in die immer dergrund drängte. Ein anderer Pastor bekam erst noch fehlerbehafteten Computer. Bevor er star- nach drei Jahren mit, wer da die Finanzen in sei- tet, sagt er: „Veranlassen Sie, dass sie die Zahlen ner Gemeinde verwaltet. Wie bei der NASA gab prüft! Wenn sie nichts zu beanstanden hat, dann sie auch hier ihr Bestes. Sie setzte ganz selbstver- bin ich bereit.“ Erst als die Rechenspezialistin die ständlich ihre von Gott geschenkten Gaben ein Daten bestätigt, steigt er in die Weltraumkapsel. und diente damit ihm und den Menschen. Nach seiner Rückkehr zur Erde ist John Glenn der Die Mathematikerin wurde mit vielen Aus- amerikanische Nationalheld; Katherine Johnsons zeichnungen geehrt. Trotzdem blieb ihr Name Name ist bald wieder vergessen. selbst bei Mitarbeitern der NASA lange Zeit un- Aber ihre mathematischen Fähigkeiten sind bekannt. 2015 erhielt sie von Barack Obama die weiterhin gefragt, z. B. berechnet sie für die Apol- Freiheitsmedaille des Präsidenten, die höchste zi- lo-11-Mission die korrekte Raketen-Umlaufbahn. vile Auszeichnung der USA. 2016 kam der Film Damit hat sie großen Anteil am Erfolg der ersten „Hidden Figures“, der die Geschichte der „Com- Mondlandung. Als bei Apollo 13 während des Flu- puter mit Röcken“ erzählt, in die Kinos. Bei der ges ein Treibstofftank explodiert, muss der Navi- Oscar-Verleihung bekam er zwar nicht die be- gationscomputer abgeschaltet werden. Katheri- rühmte Trophäe, aber die anwesende Katherine ne berechnet unter Zeitdruck die Daten für den erhielt stehende Ovationen. Rückflug und ermöglicht so die sichere Rückkehr Katherine Johnson starb am 24. Februar 2020. der Besatzung zur Erde. Auch am späteren Space- Sie war 101 Jahre alt geworden. Shuttle-Programm hat sie maßgeblichen Anteil. Insgesamt arbeitet die Mathematikerin 33 Jahre in der Luft- und Raumfahrt-Technologie. Sie sagt: Beate Lehnert „Es gab nicht einen Tag, an dem ich mich nicht auf ist Mitarbeiterin im Offenen sozial- christlichen Hilfswerk. Sie ist verheiratet mit die Arbeit gefreut hätte.“ Stefan und lebt in Bautzen. Besonders in den 1960er Jahren erschütterten Rassenunruhen und Polizeigewalt die USA. Auch viele Reaktionen darauf waren nicht frei von Ag- Quellen: Margot Lee Shetterley, „Hidden Figures“, Harper Collins gressivität. Aber es gab Leute wie Katherine John- Germany GmbH, 2016 • wikipedia.org • greenroomblog.org • pres- son, die kompetent und still ihren Job machten – byterianmission.org und plötzlich Dinge verändern konnten. Mit ihrem Engagement war sie eine von denen, die 15
Eine k leine kon fessionelle S chatzsuche Teil 18: Die Ap ostolische Kirche des Ostens Was schätzen Sie am meisten an Ihrer Kirche? Simon Yonan: Es gibt drei Gründe, warum wir unsere Kirche so lieben. 1. Wir sind assyrische Christen. Vor allem unsere jüngs- te Geschichte ist voll von Märtyrertum, so dass unsere Kirche eigentlich eine Märtyrerkirche ist. Besonders 1830, 1914, 1933 und 2013 wurde sie von radikalen mus- limischen Kräften vernichtet und die Menschen vertrie- ben. Alles das bindet uns an diese Kirche. Wir sind ihre Söhne und gehören ihr seit Jahrtausenden an. Darum hängen wir an ihr. 2. Sie ist eine der wenigen Kirchen, die bis heute in ihrer Unser Blick auf die Kirchengeschich- Liturgie, in ihren Gebeten und in ihrem Glauben die ara- mäische Sprache verwendet, die Jesus Christus ge- te ist oft sehr westlich geprägt. Das sprochen hat. Unsere Kirche war im Mittelalter in ganz Zentralasien verbreitet. Bis heute gibt es in Südindien mag daran liegen, dass die Apostel- eine Gemeinschaft von über einer Million Gläubigen, die der alten orientalischen Kirche des Ostens ange- geschichte den Weg des Paulus nach hören. Man nennt sie Thomas-Christen, weil unsere Kir- che von dem Apostel Thomas gegründet wurde. Rom beschreibt. Andere Apostel gin- 3. Weil wir kein eigenes Land haben, ist unsere Kir- che regelrecht eine Heimat für unsere Gläubigen. Sie gen nach der Überlieferung in Rich- verbindet uns. Zu unseren Gottesdiensten kommen Leute aus allen möglichen Ecken Deutschlands, weil tung Osten und verkündigten dort das ihnen die Gemeinschaft so wertvoll ist. Und nicht nur die Gottesdienste feiern wir auf Aramäisch, sondern Evangelium, etwa Thomas. Auf ihn es ist auch unsere Umgangssprache untereinander. geht eine Kirche zurück, die sich später Welche Möglichkeiten gibt es in Ihrer Kirche, Christus zu begegnen und ihm zu dienen? bis nach China und Indien ausbreitete. Wir dienen Jesus Christus, indem wir an sein Heili- ges Evangelium glauben, das natürlich Grundstein Die Apostolische Kirche des Ostens ist jeder christlichen Kirche ist. Wir suchen es nach dem Willen Christi zu praktizieren. Und wir dienen sozusagen „östlicher“ als die orthodoxen ihm durch unsere Liturgie. Sie basiert auf der Lehre des großen Lehrers des orientalischen Chris- Kirchen. Sie hat keine Ikonen, aber eine tentums Mar Ephräm*. Er legte zusammen mit Mar Nasrai den Grundstein der Liturgie der ori- große liturgische Tradition. Heute ist sie entalischen Ostkirchen – der Chaldäer, der Assy- rer und der Syrisch-Orthodoxen. Nach der Lehre durch Vertreibung und Verfolgung in ihren dieser beiden Theologen wurde sie über die Jahrhunderte auch in unseren Gemeinden und Ursprungsgebieten fast völlig verschwun- Klöstern praktiziert, bis heute. Die Liturgie der orientalischen Ostkirchen unterscheidet sich den. Aber es gibt sie u. a. in Deutschland. Wir nicht wesentlich. Zum Abschluss unserer Gottesdienste sprachen mit Simon Yonan aus Borken, NRW, empfangen die Gläubigen von den Geistli- chen – die auf aramäisch Rabban genannt über seine Kirche. werden – das heilige Brot, den Leib Christi, * Mar oder Mor heißt auf Syrisch „Herr“ oder „Meister“ und 16 meint so viel wie „Heiliger“
Wir verwenden in der Liturgie und in den Gebeten die Sprache, die Jesus Christus Das Kreuz der Heiligen und gesprochen hat: Aramäisch. Apostolischen Katholischen Assyri- schen Kirche des Ostens zusammen mit dem Blut Christi. Nach der Über- mit ihm mehrere Bischöfe und 32 weitere Men- lieferung geht das heilige Brot zurück auf das Brot, schen. Er gilt heute für uns als heiliger Sohn un- das unser Herr Jesus Christus als seinen Leib unter serer Kirche, der sich für sie, für ihren Glauben seinen Jüngern verteilt hat. Es heißt, als die Jün- und für die Assyrer geopfert hat. Am Gedenktag ger Jesu sich voneinander verabschiedeten und des Mar Benyamin gedenkt unsere Kirche dieses jeder in eine andere Himmelsrichtung ging, dass Patriarchen. der Heilige Thomas ein Stück vom Leib Christi nach Mesopotamien mitgenommen hat. Bis Was schätzen Sie an anderen Kirchen oder heute wird immer etwas davon aufgehoben und Konfessionen, das Ihre Kirche von ihnen lernen beim Backen dem neuen Abendmahlsbrot hin- könnte – und umgekehrt? zugefügt. Unsere Gemeinde in Borken ist u. a. nach dem Darüber gab es viele theologische Untersu- Heiligen Mar Odisho benannt. Sie wurde zum chungen und Bücher. Aber während der Erobe- vierten Mal in der Geschichte meines Volkes ge- rungskriege und Vertreibungen durch die Mon- gründet. Bis 1830 gab es eine gleichnamige Kir- golen, die Tartaren und später durch ISIS wurden che in einem Dorf im Südosten der Türkei, in der viele Schätze unserer Kirche vernichtet, ver- Nähe von Hakkâri. Sie wurde niedergebrannt mit brannt. Man konnte sie nicht retten. Wenn man allem, was dazugehört und die Menschen ver- auf der Flucht ist, kann man nicht alles retten. trieben. Sie konnten sich im Iran niederlassen Aber diese Tradition ist bewahrt worden. und wieder eine Kirche aufbauen. Aber auch die ließ der damalige Schah später Gibt es jemanden aus der Geschichte Ihrer zerstören. Die Menschen flohen in den Irak, wo Kirche, der Ihnen besonders viel bedeutet? sie wieder eine Kirche mit diesem Namen grün- Das ist unser Patriarch Mar Benyamin Shimun, deten und ihre Gottesdienste feierten. der sowohl nationaler Führer unseres Volkes und Dann kamen die Pogrome von 1933 und die ein geistlicher Führer der Assyrischen Kirche des Menschen mussten wieder fliehen. Durch die Ostens war. Er lebte im 19. Jahrhundert im Süd- Hilfe des Völkerbundes, dem Vorgänger der UNO, osten der Türkei, wo damals viele assyrische kamen sie nach Syrien und ließen sich in der Christen lebten. Mar Benyamin wurde eines Tages Ebene des Flusses Chabur nieder. Dort bauten sie mit seinen Begleitern von einem Kurdenführer wieder eine Kirche mit dem Namen Mar Odisho. zum Mittagessen eingeladen. Als sie seinen Hof 2013 kamen die islamischen Terroristen der betraten, wurden alle ermordet – der Patriarch, ISIS und zerstörten die 36 assyrischen christlichen 17
Dörfer, vertrieben die Bewohner und machten deutschen Freunden. Es gibt regen Austausch – die Kirche dem Erdboden gleich. Mithilfe westli- geistlich, kulturell, liturgisch und auch, was den cher Menschenrechtsorganisationen und Kir- Gaumen betrifft. Das alles hilft uns, dass wir uns chen kamen viele unserer Gläubigen nach an unsere neue Heimat gewöhnen, in der wir in Schweden und nach Deutschland. Frieden leben und unseren Glauben nach unse- In Borken konnten wir unsere Kirche Mar Odis- ren Traditionen leben können. ho neu gründen. Wir sind die einzige Gemeinde Wenn Sie einmal unsere Gottesdienste besu- der Apostolischen Kirche des Ostens in Deutsch- chen, werden sie gar keinen Platz finden. Sowohl land, die ein eigenes Gotteshaus mit Gemeinde- unsere Jugendlichen als auch die älteren Men- zentrum hat. Das konnten wir durch Spenden un- schen freuen sich, in ihre Kirche zu kommen und serer eigenen Leute, aber auch der evangeli- ihren christlichen Glauben nach ihrer Tradition zu schen und katholischen Kirche, aufbauen. In praktizieren. Das ist ein wunderbares Geschenk Deutschland gibt es weitere assyrische Gemein- Gottes. den. Sie feiern ihre Gottesdienste zu Gast in an- deren Kirchen und kommen bei gemeinsamen Kontakt: Assyrische Kirche des Ostens – Veranstaltungen zu uns nach Borken. Mar Odisho & Mar Qardagh e. V. Warum erzähle ich das? Weil wir nie vergessen, An der Evangelischen Kirche 4, 46325 Borken wie sehr uns die evangelische Kirche Deutsch- lands und der Schweiz geholfen haben. Sie zeig- Simon Yonan stammt aus Syrien und war viele Jahre Dozent in Berlin. Als as- ten uns, was christliche Liebe ist. Diese Hilfe, so- syrische Flüchtlinge nach Borken wohl moralisch als auch finanziell, lässt uns für kamen und Hilfe brauchten, ging er immer dankbar sein. dort hin. Heute ist er Sprecher der Assy- rischen Gemeinde des Ostens Mar Odis- Mit unseren Schwesterkirchen haben wir sehr ho und Mar Qardagh in Borken-Burlo guten Austausch, feiern ökumenische Gottes- und Vertreter des Bischofs, der die west- dienste – wir als assyrische Kirche zusammen mit europäische Diözese seiner Kirche von der evangelischen und der katholischen Kirche. Schweden aus leitet. Es gibt gemeinsame Treffen unserer assyrischen Herzlich bedanken wir uns bei Achour Jugendgruppe mit der evangelischen Jugend- Givargis, Borken, für die Korrekturen gruppe der Region Borken, in denen sie sich aus- und die Fotos. tauschen über ihre Sorgen, Wünsche und Per- spektiven. Diese Begegnungen lehren uns, mit- einander auf christlicher Basis umzugehen; das ist für mich wirkliche Integrationsarbeit. Unsere Damit beenden wir unsere Serie Gläubigen sind Flüchtlinge, die am Anfang kaum „Vier Fragen” – im Wissen, dass sie Deutsch reden und von tausenden Sorgen bela- unvollständig bleiben wird. den sind. Sie freuen sich riesig über die ökume- • nischen Gottesdienste und die Gemeinschaft mit Über allem das Kreuz – Feierliche Messe mit dem Bischof der Assyri- schen Kirche des Ostens in Borken 18 Fotos: Assyrische Gemeinde Borken
Freude über die Weih- nachtspäck- chen in Ru- mänien Home Office war gestern. Home Studio ist die Zukunft: Birgit liest Geschichten für den akustischen Advents- kalender Rosina Depner schein. Wurde nicht pünktlich gesendet, kamen gleich bange Akustischer Adventskalender Rückfragen – ob denn heute In der Adventszeit machte keine Geschichte kommt? Eini- Am Ziel angekommen abends bei etwa 49 Familien ge Hörer waren so angetan, Bei einem Besuch bei Thomas das Handy „Pling“. Sie konnten dass sie sie gleich an ihre Freun- und Rosina Depner, unseren dann der Stimme unserer de weiterschickten. In Zeiten langjährigen Freunden in Ur- Schmiede-Mitarbeiterin Birgit auf Distanz konnte der akusti- wegen/Gârbova (RO), fragten Pohl lauschen, die ihnen als sche Adventskalender mitein- wir sie einmal nach ihrem Lieb- akustischen Adventskalender ander verbinden … lings-Bibelvers. Ohne zu zögern Geschichten vorlas. sagte Rosina: „Dienet dem Herrn Es ging um einen Jungen, der mit Freuden” (Ps 100). zusammen mit seiner Familie Dienstfahrt nach Rumänien Damit hatte sie den Nagel auf und Freunden die Weihnachts- Gegen Ende der Adventszeit den Kopf getroffen. Dienst für geschichte in einem ehemali- düsten Matthias Mühlbauer Gott und für andere war ihr gen Möbelhaus gestaltet, um und ich von Tauscha aus mit vie- Leben. Seit 1986 waren Mitar- den Menschen seiner Stadt die len Weihnachtspäckchen nach beiter unseres Hilfswerks zu Be- frohe Botschaft von Weihnach- Rumänien. Für unsere siebentä- suchen in Rumänien unterwegs. ten näher zu bringen. gige Reise hatten wir zwölf Be- Auf einer ihrer ersten Reisen Birgit nahm die Geschichten suche geplant, bei Familien, hatten sie Rosina und Thomas zu Hause am Küchentisch mit Ehepaaren, Lehrern, alten und kennen- und ihren hinge- ihrem Sohn Johannes auf. neuen Freunden – darunter bungsvollen Dienst schätzen Conny schickte sie dann per viele, die im geistlichen Dienst gelernt. Ihr Grundstück war Zwi- Smartphone an verschiedene stehen. Wir fragten sie, wie es schenstation für Hilfsgüter, die Leute: an Familien, die in nor- ihnen geht, beteten für sie, sie an Bedürftige weitergaben. malen Zeiten zum Schmiede- konnten sie finanziell unterstüt- Ihr Haus stand uns immer offen, Kindertreff kommen, an Frauen zen und ihnen mit Weihnachts- wann immer wir in Rumänien vom Kreativ-Treff, an Enkelkin- päckchen eine Freude bereiten. unterwegs waren. der und Freunde. Viele warte- Viele hatten nicht geglaubt, Jetzt ist Rosinas irdischer ten jeden Abend gespannt da- dass sich in der Corona-Zeit je- Dienst zu Ende gegangen. Kurz rauf und genossen das Hören mand aus Deutschland zu vor Weihnachten 2020 ist sie als Familien-Zeit bei Kerzen- ihnen auf den Weg macht. heimgegangen. Mit Thomas und ihrer Familie trauern wir um sie. Danke, Gott, dass wir sie Viele genossen die Adventsgeschichte kennen durften. als Familien-Zeit bei Kerzenschein. 19
Vorweihnachtliches Beate Lehnert Plinsen backen online – Duo-Konzert im und Jürgen Werth Aaron und Jan hats „Marthastift” Bautzen bei Advents- und gemundet mit Jörg Kamenz und Weihnachtsgot- Stefan Lehnert tesdiensten Am eindrucksvollsten für Fotos S. 19 -2 1: J mich waren die beiden Tage, an ohan ne s S teinm üller denen wir in zwei Schulen und „So macht das , Ma tthia s Mü hl b a Kindergärten etwa 500 Päck- Jesus! Ich wollte schon uer, Albre cht T etzn chen verteilten. Wir überreich- immer mal zur Familienrüstzeit er, Jo ha n n es Po hl, Ti ten sie den Kindern klassenwei- mitfahren, aber das geht leider na S teink e, He l mu t se auf dem Schulhof. Einige der aus einigen Gründen nicht und - A nd reas S p en gler, Erwachsenen hatten Tränen in jetzt – bin ich einfach dabei und Kreativ in der Krise den Augen. Später erfuhren wir, finde es so cool, was ihr macht. Was tun, wenn unsere Begeg- dass etwa 70% der Eltern für Macht weiter so!” nungsstätten geschlossen sein Weihnachtsgeschenke kein Geld „Plinsen-Workshop – Tolle Vater- müssen und Gemeinschaft als hätten. Sohn-Aktion!” Gruppe nicht möglich ist? – Die Kinder waren glücklich „Danke, dass ich durch die Jün- Dann wird umdisponiert auf und ihre Augen strahlten. Viele gerschaftsschule und vor allem einzelne Treffen. Die Bautzener packten ihr Geschenk gleich da- euch, Teil einer so grandiosen, „Schmiede”-Mitarbeiterinnen nach zu Hause aus und schickten herzlichen, fürsorglichen und starteten eine Familien-Ver- uns Bilder davon. Ein Mädchen starken Gemeinschaft sein darf! wöhn-Aktion: Mit einem schö- malte vor Freude mit den neu- Das erinnert mich gerade an die nen, kreativ gestalteten Brief en Stiften und Papier alles ab, Stelle in der Apostelgeschichte luden sie Familien, die sonst was im Päckchen war. Ein ande- (Apg. 2, 42-47), wo es um das zum Kindertreff kommen, ein- res Mädchen sagte, dass es der Leben in der Gemeinde geht. Ich zeln in die Goschwitzstraße 15 schönste Tag ihres Lebens war. hab den Abschnitt vor kurzem ge- ein. Albrecht Tetzner, Chemnitz lesen und erinnere mich noch, Ab Februar kam dann für je- dass ich gebetet habe, dass sich weils zwei Stunden eine Familie das nach einer so wundervollen zu uns, verbrachte abwech- OscH Online Gemeinschaft anhört und ich selnd Zeit mit Hilli, Conny oder Seit „Corona” hat auch bei uns Gott um genau so etwas bitte. Birgit und ließ sich Kaffee, verstärkt die Digitalisierung Ein- Und jetzt ist mir bewusst gewor- Kakao, Kuchen, Sandwich oder zug gehalten – viele Predigten den, dass ich sowas mit euch ja Pizza schmecken. Die Kinder und Impulse unserer Veranstal- bereits teilen darf! Das ist wie und Eltern entspannten sich bei tungen (Lobpreisabende, Rüst- eine Familie und ich bin so dank- Kicker, Tischtennis oder Billard, zeiten, Frauen-Frühstückstreff ) bar, erfahren zu dürfen, wie Un- nutzten die Rollbretter und den laufen über das Internet. Über terstützung, Ermutigung, Auf- Platz, den wir reichlich in der unseren Kanal bei Youtube fin- richtigkeit und Liebe durch euch Schmiede haben. Die beliebten det man auch einige ältere Auf- in die Welt gebracht werden! Bastelangebote vom Kinder- nahmen wie z.B. „Motivations- gaben” von Paul Otremba; teil- weise mit PDF-Download. Hier einige Kommentare zu „Ich habe meine Tochter schon lange nicht unseren virtuellen Aktionen: mehr so glücklich gesehen.“ 20
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