Wolfgang Borgmann (wenn nicht anders angegeben) - Hylocereus undatus (Foto Andreas Hofacker)
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Der Kaktus des Jahres 2021 ist Hylocereus undatus. Er wird u.a. wegen seiner Früchte als Nutzpflanze angebaut. Hylocereus undatus (Foto © Andreas Hofacker)
Die sogenannten „Drachenfrüchte“ oder Pitayas sind erfrischend und sehr dekorativ. Es gibt aber noch zahlreiche weitere Kakteenarten, deren Früchte gegessen werden. In den meisten Fällen geschieht dies jedoch nur lokal, d.h. sie werden nicht in größerem Maß (erst recht nicht weltweit) angebaut wie Hylocereus undatus. Hylocereus undatus (Foto © CVUAS Stuttgart)
Hier das Angebot von Eulychnia-Früchten – auch Copao genannt – auf einem Markt im chilenischen Elqui-Tal. Sie werden mit Zucker ausgelöffelt oder als Copao Sour (wie Pisco Sour) getrunken. Eulychnia spec. (Foto © Elisabeth Sarnes)
Einige Kakteen haben sogar einheimische Namen, die sich auf ihre essbaren Früchte beziehen, z.B. der texanische Strawberry Cactus (= Erdbeer- kaktus) Echinocereus enneacanthus. Weitere Beispiele sind der Heidelbeerkaktus Myrtillocactus geometrizans und verschiedene Mammillaria-Arten (u.a. Mam. dioica, die ebenfalls lokal als Strawberry Cactus bezeichnet wird). Echinocereus enneacanthus (Fotos © Henk Ruinaard)
Die Gattung Opuntia wiederum wird insgesamt nach ihren essbaren Früchten als Feigenkakteen bezeichnet. Hier werden mehrere Arten entsprechend genutzt und auch angebaut. Am bekanntesten ist sicherlich O. ficus- indica. Opuntia ficus-indica
Aromatischer sind eigentlich die Früchte von O. dillenii, die ebenfalls weltweit verbreitet bzw. häufig verwildert ist. Opuntia dillenii
Dies gilt besonders für Australien, wo sich diese Art Ende des 19. Jh. zu einer großen Plage entwickelt hat. Sie ist aber auch im Mittelmeergebiet und auf den Kanaren regelmäßig anzutreffen. Opuntia dillenii
Die Form ihrer Früchte ähnelt eigentlich wesentlich eher Feigen als diejenigen von O. ficus-indica. Anders als die stark bedornten Triebe es vielleicht erwarten lassen, tragen die Früchte kaum Dornen und nur wenige Areolen – aber die sind natürlich, wie bei allen Opuntien, mit Glochiden gespickt. Opuntia dillenii
Eine weitere Art, Kakteen zu – nun ja – genießen, besteht darin, die Pflanzen zu schälen, zu zerschneiden und dann zu kandieren. Aus C.Backeberg: Die Cactaceae IV (1960)
Dies wird vor allem mit einigen größeren Echinocactus- und Ferocactus-Arten gemacht, die dem entsprechend z.T. „Candy Barrel Cactus“ genannt werden. Aus C.Backeberg: Die Cactaceae V (1961)
Ebenfalls auf traditionellen Speiseplänen stehen Neowerdermannia- Arten. Sie werden von Einheimischen wie Kartoffeln aus- gegraben und zubereitet. Neowerdermannia chilensis (Foto © Manfred Figge)
Als Gemüsebeilage eignet sich wiederum Opuntia ficus-indica. Sie wurde schon in präkolumbianischer Zeit nicht nur wegen ihrer Früchte, sondern auch wegen ihrer essbaren Triebe kultiviert. Als sogenannte Nopales werden sie gebraten oder gekocht. Ähnlich wie bei den Früchten müssen vor dem Verzehr natürlich die Glochiden sorgfältig entfernt werden. Opuntia ficus-indica
Der amerikanische Züchter Luther Burbank entwickelte eine (angeblich?) glochidenlose Form, die als Viehfutter angebaut werden sollte. Sie hat sich aber nicht wirklich durchgesetzt, wie in diesem Beitrag der arte-Reihe „Stadt Land Kunst“ beschrieben wird.
Und noch einmal Opuntia: Abgesehen davon, dass die Früchte offensichtlich auch Tieren schmecken (hier war es eine Eidechse), ist bei O. dillenii das Fruchtfleisch sehr intensiv gefärbt. Die Früchte werden daher auch zum Färben von Naturfasern genutzt. Opuntia dillenii
… oder hier auf Gran Canaria zum Affinieren von Ziegenkäse. Der etwas schrille Farbeffekt dürfte dabei wichtiger sein als das Aroma ...
Wenn es ums Färben geht, dürfen natürlich Cochenille nicht unerwähnt bleiben: Der Karminfarbstoff dieser Schildläuse wurde schon seit 2.000 Jahren von den Zapoteken gewonnen, als die Spanier Mexiko eroberten. Für sie war dieser wasser- unlösliche Farbstoff fast so wertvoll wie Gold, denn alle bis dahin bekannten roten Farben waren nicht wasserfest. Opuntienfeld auf Lanzarote
Die Spanier konnten das Geheimnis dieser Farbe fast 300 Jahre lang für sich behalten - obwohl sie sogar ge- trocknete Cochenille- Läuse exportierten: In anderen Ländern hielt man das Material für Samenkörner einer exotischen Pflanze und versuchte sich immer wieder vergeblich an deren Aussaat! Ende des 18. Jh. wurde das Geheimnis dieser spezielle Läusezucht dann aber bekannt und sogar in einem Kinder-Lehrbuch . Aus F.J. Bertuch: Bilderbuch für Kinder (1795) beschrieben.
Mit der Erfindung synthetischer Farben brach dieser Markt zusammen. Als Nischenprodukt wird der Farbstoff aber weiterhin für verschie- dene Lebensmittel und Kosmetika verwendet, da er völlig geschmacksneutral und ungiftig ist. Cochenille-Läuse auf Opuntia ficus-indica
Es gibt noch zahllose weitere Zwecke, für die Kakteen genutzt werden: z.B. als lebende Zäune, … Zaun aus Trichocereus, Chile (Foto © Manfred Figge)
… für Holz- konstruktionen, … Kirchentore aus Kakteenholz, El Mojon, Argentinien + Chiu Chiu, Chile (Fotos © Elisabeth Sarnes)
… oder in der Kosmetik (es gibt ja nicht nur Aloe vera).
Schließlich werden einige Kakteen auch als Rauschmittel ver- wendet. Möglicher- weise ist das ja auch die Erklärung für solche Ideen … ;-) Ob das noch unter die Definition von „Nutzpflanzen“ fällt? Die Liste ließe sich aber auch sonst noch weiter verlängern: Gekrümmte Kakteen- dornen als Angel- haken, Cephalien- und Scheitelwolle zum Polstern von Kissen, Verwendung zu Aus LIFE Magazine (1941) medizinischen Zwecken …
Und immer wieder Opuntia: Hier eine Kinderbespaßung an der Markthalle in Santa Cruz de Tenerife.
Zum allergrößten Teil sind dies jedoch historische, lokal begrenzte Nutzungen natürlicher Ressourcen. Wenn Kakteen professionell ange- baut werden, geht es in den allermeisten Fällen doch um die Produktion von Zierpflanzen. Und der Kaktus des Jahres 2021 ist bei beiden Anwendungen sehr gut vertreten! Gymnocalycium stenopleurum f. gepfropft auf Hylocereus undatus
Kommentare, Fragen und Hinweise sind herzlich willkommen, entweder über wolfgang.borgmann(at)gmx.net oder im DKG-Forum (https://www.kuas-forum.de/index.php). Hylocereus undulatus (Foto © Markus Peiter)
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