ZIEL ERREICHT? ERGEBNISSE EINER ONLINE-UMFRAGE ZU EFFEKTEN DER PFLEGEPERSONALUNTERGRENZEN IM KRANKENHAUS - DBFK

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ZIEL ERREICHT? ERGEBNISSE EINER ONLINE-UMFRAGE ZU EFFEKTEN DER PFLEGEPERSONALUNTERGRENZEN IM KRANKENHAUS - DBFK
Ziel erreicht?
Ergebnisse einer Online-Umfrage zu Effekten
der Pflegepersonaluntergrenzen im Krankenhaus
ZIEL ERREICHT? ERGEBNISSE EINER ONLINE-UMFRAGE ZU EFFEKTEN DER PFLEGEPERSONALUNTERGRENZEN IM KRANKENHAUS - DBFK
Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

Inhalt

Einführung                                                                 02

       Pflegepersonalbemessung als Spielball ...                          02

       Pflegepersonalbemessung u. Patientenoutcomes 03

Die PpUGV                                                                  04

Hintergrund der Umfrage                                                    05

Die Meinungsumfrage                                                        07

Ergebnisse                                                                 08

Diskussion und Fazit                                                       15

       Ein Wort zum Schluss                                               16
Quellen                                                                    19
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Ziel erreicht?
Ergebnisse einer Online-
Umfrage zu Effekten der
Pflegepersonaluntergrenzen
im Krankenhaus
Am 1. Januar 2019 traten in vier ausgewählten betten-
führenden Bereichen der Krankenhäuser Pflegeperso-
naluntergrenzen in Kraft. Mit einer Umfrage im Herbst
des Jahres haben wir bei professionell Pflegenden er-
fragt, welche Auswirkungen dies hat.
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Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

Einführung
„Immer mehr Intensivstationen überlastet“. Auf diese       den und Versorgungsengpässe entstehen“,                         sagt
Kurzform brachte das Magazin Panorama 3 im NDR             Georg, Baum, Geschäftsführer der DKG.“
Fernsehen am Abend des 11. Februar 2020 - einige           Die Politik lässt sich die Schuld nicht zuschieben. „Das
Wochen vor Beginn der Corona-Krise - seinen Beitrag        Bundesgesundheitsministerium weist die Kritik an den
über abgemeldete Intensiv-Behandlungsplätze in gro-        Personaluntergrenzen zurück. Diese „stellten ein Min-
ßen Krankenhäusern des Sendegebiets. Die Zahlen            destmaß dar, um die Sicherheit der Patientinnen und
basieren auf Daten, die 2019 über einen Zeitraum von       Patienten nicht zu gefährden“, heißt es aus dem Minis-
4 Monaten erfasst wurden, und können einer ver-            terium. Die Krankenhäuser seien selber in der Pflicht,
gleichbaren Analyse aus 2018 gegenübergestellt wer-        „für eine gute Personalausstattung müssen die Kran-
den.                                                       kenhäuser eigenverantwortlich sorgen. Dazu gehört
„Intensivstationen erreichen zunehmend ihre Belas-         auch, dass sie organisatorische Spielräume nutzen,
tungsgrenze und melden sich dauerhaft aus der Not-         bevor Betten stillgelegt oder komplette Stationen ge-
fallversorgung ab. Besonders in Bremen und Nieder-         schlossen werden.“ 1
sachsen verschärft sich die Lage. (…) Die sieben Kli-
niken der Stadt Bremen zusammengenommen haben              Pflegepersonalbemessung als
demnach eine Abmeldequote für die Intensivstationen
von mittlerweile 66% (2018: knapp 50%). (…) Auch in
                                                           Spielball der Krankenhauspolitik
der Region Hannover hat sich die Situation ver-            Nachdem sich Ende der achtziger Jahre in West-
schlechtert: So lag hier die Abmeldequote für die chi-     deutschland ein gravierender Pflegepersonalmangel
rurgischen Intensivbetten bei inzwischen 32% (2018:        entwickelt hatte und die Pflegenden in Scharen auf die
25%), im Bereich der internistischen Intensivbetten bei    Straßen gingen, um für bessere Arbeitsbedingungen
zusammengerechnet 53% der Gesamtzeit (2018:                zu demonstrieren, reagierte die Politik. Mit dem
40%).                                                      „Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der
Auch die Dauer der einzelnen Abmeldungen hat im            gesetzlichen    Krankenversicherung       (Gesundheits-
Vergleich zu damals deutlich zugenommen. Standen           strukturgesetz)“ trat ab 1993 der Artikel 13 dieses Ge-
Intensivstationen Ende 2018 längstens 2 bis 3 Tage         setzes mit der „Regelung über Maßstäbe und Grund-
am Stück auf rot, sind es nun bis zu 8 Tage am             sätze für den Personalbedarf in der stationären Kran-
Stück.“                                                    kenpflege (PflPersRgl)“ in Kraft, die kurz PPR genannt
Die Ursache dieser Entwicklung hatten die Redaktion        wurde und bis heute klinikintern noch genutzt wird.
auch gefunden: Fehlendes Personal. „Ein Grund für          Der damit beabsichtigte und eintretende Pflegeperso-
die zunehmenden Engpässe ist offenbar die Personal-        nalaufwuchs wurde allerdings bereits zwei Jahre spä-
not. Fehlt Personal, werden Betten dauerhaft gesperrt.     ter durch Außerkraftsetzen der PPR beendet. Seit
Nach Panorama 3 Recherchen können in manchen               1996 gelten keine verpflichtenden Vorgaben mehr für
Krankenhäusern bis zu einem Drittel der vorhandenen        das Vorhalten von Pflegepersonal in deutschen Kran-
Intensivkapazitäten nicht genutzt werden, da die not-      kenhäusern. Der unmittelbar einsetzende massive
wendigen Intensivpflegekräfte fehlen. Bettensperrun-       Abbau von Pflegepersonalstellen verschärfte sich ab
gen in der Intensivmedizin sind nach Angaben der           2001 weiter, weil die Änderung der Krankenhausfinan-
Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ein bun-           zierung hin zu DRGs andere Anreize setzte und Pfle-
desweites Problem.                                         ge seitdem vor allem als Kosten– statt als Erlösfaktor
                                                           galt.
Offenbar haben die seit Januar 2019 geltenden Perso-
naluntergrenzen das Problem an einigen Häusern             Von Jahr zu Jahr verschlechterten sich die Arbeitsbe-
noch verschärft. Die DKG bewertet die neuen Grenzen        dingungen des Pflegepersonals im Krankenhaus
angesichts von 17.000 unbesetzten Stellen „hoch            mehr, parallel entwickelten sich zunehmende Versor-
problematisch“. Die Untergrenzen führten dazu, dass        gungsmängel, Sicherheitsrisiken für Patient/innen,
„zusätzliche Versorgungskapazitäten abgemeldet wer-        Hygienefehler, zudem steigen von Jahr zu Jahr die
                                                           Krankheitsausfälle bei Pflegepersonal an. Besorgnis-
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erregend hier sind vor allem die Steigerungsraten der       wurde und die Folgen immer deutlicher zutage traten,
(stressbedingten) psychischen Erkrankungen.                 fehlte es offenbar am politischen Willen für eine Re-
Internationale Studien haben seit langem einen unmit-       form. Grundsätzlich war man sich zwar einig, dass
telbaren Zusammenhang zwischen quantitativer und            etwas getan werden müsse, dennoch reagierte die
qualitativer Pflegepersonalbemessung und zeitglei-          Politik erst spät und lediglich mit zwei halbherzigen
chen Patienten-Outcomes bewiesen.2 In Deutschland           Förderprogrammen für mehr Pflege im Krankenhaus.
hält sich die „Nurse-patient-ratio“ in den Krankenhäu-      Positiv verändert hat sich für die Pflegenden dadurch
sern im Vergleich der Industrienationen seit Jahren auf     nichts. Sie fühlen sich bis heute von der Politik im
beschämend niedrigem Niveau. OECD-Daten bele-               Stich gelassen!
gen, dass in Deutschland zwar viel Geld für Gesund-         Erst Mitte 2017 beschloss die damalige große Koaliti-
heitsversorgung ausgegeben wird, die damit erzielten        on die Einführung sogenannter Pflegepersonalun-
Gesundheitsergebnisse aber bestenfalls im Mittelfeld        tergrenzen (PpUG) zum 1. Januar 2019. Im Juli
liegen.                                                     2017 erhielten der GKV-Spitzenverband und die Deut-
                                                            sche Krankenhausgesellschaft (DKG) den Auftrag, bis
 Die Krankenhauspflege                                      zum 30.06.2018 Pflegepersonaluntergrenzen für 4
                                                            pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern festzule-
 wurde von der Politik im                                   gen sowie Nachweis- und Vergütungsregelungen zu
                                                            vereinbaren (§ 137i SGB V), die ab dem 01.01.2019
     Stich gelassen!                                        für Krankenhäuser verbindlich gelten.
                                                            Die Verhandlungen führten zunächst zu einem ge-
Den zunehmenden Problemen in der Krankenhaus-               meinsamen Vereinbarungsentwurf, letztlich war aber
pflege wurde von der Bundespolitik über mehrere Le-         eine Einigung nicht möglich und die für 2019 gelten-
gislaturperioden hinweg nahezu tatenlos zugesehen.          den PpUG wurden durch Ersatzvornahme des Bun-
Viele Jahre wurde akzeptiert und zugelassen, dass für       desgesundheitsministers definiert.
Pflege vorgesehene Anteile der Erlöse in großem Aus-
maß für andere Zwecke verwendet wurden: einen
enormen Aufwuchs an zusätzlichen Arztstellen, insbe-
sondere aber Modernisierung der Infrastruktur und
sonstige Investitionen. Obwohl seit mehr als 10 Jahren
über eine chronische Unterbesetzung und Arbeitsüber-
lastung im Pflegedienst der Krankenhäuser diskutiert

Pflegepersonalausstattung                                  von weniger als 75% erhöht sich das Sterberisiko um
                                                           über 2%. Das entspricht rund 243 Todesfällen pro Jahr.
und Patienten-Outcomes:                                    Für physiologische/metabolische Entgleisungen ist die-
Ein Forscherteam um den Pflegewissenschaftler Prof.        ser Zusammenhang noch stärker ausgeprägt und trägt
Dr. Michael Simon, Universität Basel & Inselspital Bern,   zu 4649 Fällen pro Jahr bei. Je geringer der Anteil dip-
und den Ökonomen Prof. Dr. Michael Gerfin, Universi-       lomierter Pflegefachpersonen ist, umso länger wird die
tät Bern, konnte mit Daten des Bundesamts für Statistik    Liegedauer. Weniger als 10.0 qualifizierte Pflegestun-
der Schweiz den Zusammenhang zwischen der Pflege-          den/Bettentag und weniger als 88% diplomierte Pflege-
personalausstattung und unerwünschten Ereignissen,         stunden führen zu 223’020 zusätzlichen Pflegetagen im
sowie der Sterblichkeit in Schweizer Akutspitälern auf-    Spital, und damit zu zusätzlichen Kosten von 357 Mio.
zeigen. Auch die Kostenfolgen wurden berechnet.            CHF pro Jahr.
Ergebnisse: Je weniger qualifizierte Pflegestunden         Link zur ausführlichen Dokumentation:              https://
zur Verfügung stehen, umso höher ist die Wahr-             www.sbk.ch/files/sbk/politik/Volksinitiative/Facts-
scheinlichkeit für unerwünschte Ereignisse. So nimmt       heets/2020_01_13__V2__Pubvers_Datenanalyse_Pfle
mit jeder weniger geleisteten qualifizierten Pfle-         geinitiative_SBK_01.pdf
gestunde pro Tag die Sterblichkeit zu. In Spitälern mit    Veröffentlicht am 13.01.2020
weniger als ca. 9.5 zur Verfügung stehenden qualifizier-
ten Pflegestunden/Tag und einem Anteil Diplomierter

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Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

Die PpUGV
PpUGV ist die Verordnung zur Festlegung von Pflege-            § 6 (5) besagt: „Die Krankenhäuser stellen die Einhal-
personaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in          tung der Pflegepersonaluntergrenzen anhand monatli-
Krankenhäusern - Pflegepersonaluntergrenzenverord-             cher Durchschnittswerte fest.“ Und im § 7 (1) heißt es:
nung, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht am 10. Ok-           „Die Krankenhäuser teilen den jeweiligen Vertragspar-
tober 2018.                                                    teien nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes und
Zum Jahreswechsel 2018/19 kündigte das Bundesge-               dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus
sundheitsministerium die neuen Regelungen wie folgt            einmal je Quartal die Anzahl der Schichten mit, in de-
an: „Zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung             nen die Pflegepersonaluntergrenzen nach § 6 nicht
müssen Krankenhäuser Pflegepersonaluntergrenzen                eingehalten worden sind. Die Mitteilung muss spätes-
einhalten. Durch Rechtsverordnung wurden diese Min-            tens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beginn
destgrenzen zunächst für vier pflegesensitive Bereiche         des folgenden Quartals und aufgeschlüsselt nach Mo-
festgelegt: Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie,           naten und nach der Art der Schicht erfolgen.“
Unfallchirurgie. Die Selbstverwaltungspartner er-              Von Anfang an sind die Krankenhausträger, insbeson-
halten den gesetzlichen Auftrag, die Pflegepersonal-           dere die DKG, Sturm gelaufen gegen die Einführung
untergrenzen weiterzuentwickeln.“ 3                            von Pflegepersonaluntergrenzen. Man fühlt sich
Die PpUGV regelt detailliert                                   „reguliert, drangsaliert und stranguliert“ durch die
                                                               Krankenhauspolitik der Bundesregierung. „Mit unrea-
     wie die pflegesensitiven Bereiche zu ermitteln
                                                               listischen Personal- und Strukturvorgaben, unzu-
      sind,
                                                               reichender Finanzierung und ungezügelter Kontrollwut
     wie der Pflegeaufwand zur Festlegung risikoad-           der Krankenkassen werden die Krankenhäuser in ei-
      justierter Pflegepersonaluntergrenzen definiert          nem existenzgefährdenden Ausmaß belastet.“ 4 Der
      werden muss,                                             zu leistende Bürokratieaufwand sei eine zusätzliche
     die Festlegung der Pflegepersonaluntergrenzen            Belastung für die ohnehin strapazierten Kliniken, so
      in der Intensivmedizin, Geriatrie, Unfallchirurgie       die allgemeine Einschätzung.
      und Kardiologie (für jeden Bereich jeweils in der
      Tag– und der Nachtschicht),
     die Mitteilungspflicht bei Nichteinhaltung, sowie
     Ausnahmetatbestände und Übergangsregelun-
      gen.

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Hintergrund der Umfrage
Nachdem die politische Ankündigung von Pflegeperso-        ausrief: schnellstmöglich mehr Patientensicherheit.
naluntergrenzen 2017 zunächst durchaus überra-             Das Ministerium ist offenbar vor dem Widerstand der
schend kam und mit Hoffnung von den Pflegenden             Krankenhausträger eingeknickt – und weicht die ge-
wahrgenommen wurde, gaben die zähen Koalitions-            planten Vorgaben gleich an mehreren Stellen auf“,
verhandlungen zur Regierungsbildung und der 2018           sagt DBfK-Präsidentin Prof. Christel Bienstein.
veröffentlichte Koalitionsvertrag bereits Anlass zur       „Ausgerechnet im Hochrisikobereich Intensivstation
Skepsis. Als sich konkreter abzeichnete, wie mit den       werden eine lange Übergangszeit und für Geschäfts-
Pflegepersonaluntergrenzen verfahren werden sollte         führer bequeme Nurse-Patient-Quoten zugelassen.
und GKV – SV und DKG mit ihrem Auftrag gescheitert         Als gäbe es gerade dort nicht ganz besonderen An-
waren, hat der DBfK im Juli 2018 deutlich kritisiert:      lass, die Patientensituation zu verbessern und abzusi-
„Ausgerechnet die Selbstverwalter Pflegepersonalun-        chern. Mit so wenig Druck wird auch in Kliniken mit
tergrenzen erarbeiten zu lassen, ließ nichts Gutes er-     etwas besserer Pflegepersonalbesetzung das Niveau
warten. Gerade die Krankenhäuser haben seit Jahren         nach unten reguliert werden.“
bewiesen, dass sie trotz ihrer Verantwortung für eine      Die Kritik an der Regelung der PpUG machte sich von
gute Versorgung kein Interesse daran haben, sich in        Anfang an vor allem an folgenden Aspekten fest:
Fragen der Bemessung des Pflegepersonals und der                Die vorgegebene Pflegekraft-Patienten-Relation
Mittelverwendung Vorgaben setzen zu lassen.                      ist zu niedrig, um eine bedarfsgerechte Pflege-
Die Personalbemessung nur an Untergrenzen festzu-                personalausstattung zu gewährleisten.
machen unterhöhlt das Recht von Patienten auf ange-             Grundlage dafür waren die Daten der 25% am
messene Versorgung und Sicherheit.                               schlechtesten ausgestatteten Krankenhäuser
Vorgaben zur Personalbemessung auf nur wenige                    gewesen.
(pflegesensitive) Bereiche zu begrenzen hätte zu kei-
                                                                Die PpUGV enthält kein Verfahren zur Ermitt-
nem Personalzuwachs geführt, sondern zu Verschie-
                                                                 lung des Pflege– und Personalbedarfs, sondern
bungen von Personal innerhalb der Kliniken. Von der
                                                                 legt nur Minimalstandards fest.
Regelung ausgeklammerte Bereiche hätten noch
schlechter dagestanden als heute. Im Übrigen gibt es            Untergrenzen werden nicht als absolute „rote
in Krankenhäusern keine bettenführenden Bereiche,                Linie“ verstanden, sondern sehr schnell zur Nor-
die nicht pflegesensitiv sind.                                   malität gemacht werden.

Die Personalbemessung an einer in hohem Maße un-                Die Begrenzung auf nur 4 Bereiche führt zu
zuverlässigen und dafür nicht geeigneten Datenbasis              ständigen Verschiebungen von Patient/innen
auszurichten wäre fatal und durch nichts zu rechtferti-          und Personal und setzt völlig falsche Anreize.
gen.“                                                      In seinem Positionspapier „Zur geplanten Entwicklung
Leider schwächte der Bundesgesundheitsminister sei-        eines neuen Instrumentes für die Personalbedarfser-
ne ursprünglich festgelegten PpUG-Zahlen im Verlauf        mittlung im Pflegedienst der Krankenhäuser“ hat Prof.
des Verfahrens noch einmal deutlich ab. Die zwangs-        Michael Simon aus Hannover eine Beispielrechnung
läufig zu erwartenden Konsequenzen haben viele Kriti-      durchgeführt:
ker klar benannt, so auch der DBfK in seiner Presse-       „Rechnet man die in der PpUGV vorgegebenen Pfle-
meldung vom 08.10.2018:                                    gekraft-Patienten-Verhältniszahlen in Minuten pro Pati-
„Der DBfK kritisiert scharf die heute bekannt geworde-     ent und Tagschicht um, so ergibt dies für die Geriatrie
nen Anpassungen für die ab 2019 geltenden Pflege-          und Unfallchirurgie bei einer Vorgabe von einer Pfle-
personaluntergrenzen in Krankenhäusern. „Die Anpas-        gekraft je 10 Patienten lediglich 96 Minuten pro Patient
sungen des Verordnungsentwurfs zu Pflegepersonal-          und Tagschicht und für die Kardiologie (1:12) lediglich
untergrenzen bedeuten das Gegenteil dessen, was            80 Minuten pro Patient und Tagschicht. Die PpUGV
Bundesgesundheitsminister Spahn eigentlich als Ziel        bleibt somit nicht nur weit unter den Anforderungen
                                                           der PPR (Pflege-Personalregelung), sondern liegt so-

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ZIEL ERREICHT? ERGEBNISSE EINER ONLINE-UMFRAGE ZU EFFEKTEN DER PFLEGEPERSONALUNTERGRENZEN IM KRANKENHAUS - DBFK
Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

gar noch unter den Werten der Anhaltszahlen von                 kurzfristige Änderungen von Dienstplänen,
1969, die auf arbeitsanalytischen Erhebungen von                Aufbau von Mehrarbeitsstunden,
Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre basier-             mehr Abrufe aus dem Frei,
ten.“ 5                                                         Änderungen der Schichteinteilung,
„Zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung müs-             Verlagerung von Personal aus anderen Abtei-
sen Krankenhäuser Pflegepersonaluntergrenzen ein-                lungen,
halten“, so das Bundesgesundheitsministerium (BMG)              Änderungen der Dienst-/Schichtzeiten,
Anfang 2019. Aber konnte unter solchen Bedingungen              Einführung/Ausbau von Rufdiensten.
eine Verbesserung überhaupt eintreten?                     Vor diesem Hintergrund hat der DBfK vom 1. Oktober
In einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel vom       bis 30. November 2019 eine Online-Umfrage zur
13.01.2020 blickt Bundesgesundheitsminister Spahn          Umsetzung von Pflegepersonaluntergrenzen in den
zurück. Frage: „Thema Pflegenotstand. 95% der gro-         Krankenhäusern durchgeführt.
ßen Kliniken schaffen es nicht mehr, ihre Vakanzen zu
besetzen - in jedem dritten Haus mussten wegen feh-
lender Pflegekräfte schon Betten gesperrt werden. Ist
die Patientensicherheit in Gefahr?“
Darauf Jens Spahn: „Umgekehrt wird ein Schuh dar-
aus. Wir haben jetzt erstmals Mindestvorgaben für die
Pflegepersonal-Besetzung in den Krankenhäusern.
Damit schützen wir Patienten. Die Frage ist doch: Wie      Währenddessen wurde im BMG die nächste Stufe der
ging es vorher auf den Stationen zu? Es gibt Studien,      PpUG-Regelung vorbereitet und die PpUGV neu ge-
die zeigen, dass ab einer bestimmten Unterbesetzung        fasst. Am 31. Oktober 2019 erschien sie im Bundesge-
- etwa in der Kardiologie - die Sterblichkeit massiv       setzblatt und definiert - erneut per Ersatzvornahme, da
zunimmt. Die Sicherheit der Patienten wäre also vor        es unter den Beteiligten wie schon im Vorjahr keine
allem gefährdet, wenn in unterbesetzten Stationen          Einigung gab - ab 2020 auch Grenzwerte für die als
einfach weiter behandelt würde.“ 6                         pflegeintensiv festgelegten Bereiche Herzchirurgie,
                                                           Neurologie, Stroke-Units und Neurologische Frühreha-
Bereits im September 2019 wurden Zwischenergeb-
                                                           bilitation. Zudem erklärt es das Ministerium für
nisse der Auswertung des Krankenhaus Barometers
                                                           „unzulässig“ dass die Kliniken Pflegepersonal aus Ab-
2019 bekannt. Das Krankenhaus Barometer ist eine
                                                           teilungen ohne PpUG abziehen und in den geregelten
jährlich durchgeführte Repräsentativbefragung deut-
                                                           Bereichen einsetzen.
scher Krankenhäuser zu aktuellen gesundheits- und
krankenhauspolitischen Themen. Herausgeber ist das
Deutsche Krankenhausinstitut (DKI). Die jüngste Um-
frage ist eine repräsentative Stichprobe, die von Mitte
April bis Mitte Juli 2019 durchgeführt worden ist und
an der sich 268 Krankenhäuser beteiligt haben. Der
Befragungszeitraum ist insofern interessant, als die
PpUG da bereits im 2. Quartal verpflichtend galten
und ab 1. April 2019 Verstöße auch mit Sanktionen
belegt waren. Die Abfrage des Erfüllungsgrads der
PpUG bezog sich ausdrücklich aber retrospektiv auf
das 1. Quartal mit noch allgemeinen Fragen nach Ein-
haltung der Untergrenzen und jeweiligen Strategien für
eine erfolgreiche Umsetzung.
Die Angaben zu Änderungen in der Organisation des
Pflegedienstes in pflegesensitiven Bereichen waren
alarmierend:
     tagesaktuelle Steuerung der Personalbeset-
      zung,

                                                      06
Die Meinungsumfrage
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
seit Januar 2019 gelten in ersten „pflegesensitiven“       Mit dieser Präambel ging die Meinungsumfrage im
Bereichen der Krankenhäuser Pflegepersonalunter-           vergangenen Herbst an den Start und wurde über Mel-
grenzen (PpUG) und werden bei Nichteinhalten auch          dungen an die Fachpresse, die Webseite und den
mit Sanktionen belegt. Sie sorgen für erhebliche Tur-      Newsletter des DBfK, die sozialen Medien sowie das
bulenzen und heftige Widerstände von vielen Seiten.        DBfK-Verbandsmagazin beworben.
Für die Fortführung in 2020 wird das Bundesgesund-         Mit insgesamt 19 Fragen war die Umfrage durchaus
heitsministerium in Kürze Vorgaben festlegen.              anspruchsvoll und erforderte von den Teilnehmenden
Nach Auffassung des DBfK sind die Untergrenzen in          Zeit. Bei 3 Fragen konnte zur Ergänzung auch eine
der momentanen Form und Höhe kein Instrument, um           Freitextoption genutzt werden, von der ausgiebig Ge-
Pflegequalität in den Krankenhäusern zu sichern, ganz      brauch gemacht worden ist. Die Gesamtzahl der ein-
im Gegenteil. Es muss schnellstens ein angemesse-          gegangenen Antworten: 1069. In 858 Fällen wurden
nes Pflegepersonalbemessungstool entwickelt und zur        alle 19 Fragen vollständig bearbeitet.
verpflichtenden Anwendung gebracht werden, um die          In der Auswertung haben wir zum einen alle 858 voll-
Sicherheit von Patientinnen und Patienten zu gewähr-       ständigen Antworten ausgewertet, separat aber auch
leisten.                                                   noch einmal die 612 (71,3%), die aus Bereichen ge-
Vom 1. Oktober bis 30. November führen wir wieder          kommen waren, für die im laufenden Jahr Pflegeper-
eine Online-Meinungsumfrage durch. Sie richtet sich        sonaluntergrenzen verpflichtend galten. Dabei stellte
ausschließlich an Pflegefachpersonen in Krankenhäu-        sich heraus, dass die jeweiligen prozentualen Anteile
sern (mit mind. 3-jähriger Pflegeausbildung), die in       bei den Antwortoptionen sich grundsätzlich kaum un-
bettenführenden Bereichen tätig oder für diese verant-     terschieden. Das bestätigt, was wir bereits vermutet
wortlich sind. Wir wollen wissen, welche Auswirkungen      hatten: Von den Effekten der Pflegepersonaluntergren-
die Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen für die       zen waren über die 4 Bereiche Intensivmedizin, Geri-
Pflegenden hat. Welche Folgen beobachten Sie in            atrie, Unfallchirurgie und Kardiologie hinaus alle ande-
Ihrer Einrichtung, wie wird mit den Pflegepersonalun-      ren Bereiche ebenfalls sehr stark betroffen.
tergrenzen umgegangen?                                     Daher beziehen sich die im Folgenden dargestellten
Nehmen Sie teil an der Umfrage und liefern Sie uns –       Ergebnisse der Umfrage mit wenigen Ausnahmen auf
anonym natürlich – Ihre Erfahrungen für die pflegepoli-    die 858 vollständig beantworteten Fragen aus allen
tische Argumentation…                                      Bereichen.

                                                          07
Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

Ergebnisse
Die Herkunft der Antworten verteilte sich nach Grö-           Werden die Pflegepersonaluntergren-
ßenklassen der Kliniken wie folgt:
                                                              zen auf Ihrer Station eingehalten?
        Bettenkapazität Ihres Krankenhauses?                  Hier wurden selbstverständlich nur die 612 aus den
                                                              PpUG-Bereichen eingegangenen Antworten gewertet.
                                                              Das Ergebnis:

                                                                                 Angaben in %
                                                                                         2,9% 7,7%

    ·     bis 99 Betten        ·   100 bis 299 Betten                            28,9%
                                                                                                   31,7%
    ·     300 bis 599 Betten   ·   600 Betten und mehr
    ·     nicht bekannt
                                                                                    28,8%

Die Verteilung der Antworten nach Bundesländern                       ·     immer
zeigte eine Parallele zu den auch statistisch standort-               ·     meistens (zu 90 % und mehr)
                                                                      ·     häufig (zu 75 % bis 90 %)
stärksten Bundesländern:                                              ·     weniger häufig (zu weniger als 75 %)
                                                                      ·     nicht bekannt
                                                %
Baden-Württemberg                              10,7
                                                              Wurden in Ihrem Arbeitsbereich wegen
Bayern                                         14,9
                                                              der Einführung der Pflegepersonalun-
Berlin                                         8,7
                                                              tergrenzen Stellen …
Brandenburg                                    1,3
Bremen                                         1,7                                           Alle           Nur PpUG
Hamburg                                        4,1                                           %              %
Hessen                                         5,6
                                                              … aufgebaut?                   23,8           26,5
Mecklenburg-Vorpommern                         1,0
                                                              … abgebaut?                    10,3           9,2
Niedersachsen                                  6,4
Nordrhein-Westfalen                            32,9           … unverändert belassen?        55,4           56,5

Rheinland-Pfalz                                3,8            … nicht bekannt.               10,5           7,8
Saarland                                       1,2
                                                              Summe:                         100,0          100,0
Sachsen                                        2,7
                                                              Diese Ergebnisse sind bemerkenswert, denn sie zei-
Sachsen-Anhalt                                 1,4
                                                              gen, dass in einigen Krankenhäusern, deren Personal-
Schleswig-Holstein                             2,7            ausstattung mit Beginn der PpUG noch oberhalb der
Thüringen                                      0,9            Grenzwerte lag, dieses Niveau offenbar nach unten
                                                              angepasst wurde. Das bestätigen auch Berichte, dass
Von den insgesamt 858 vollständigen Antworten ka-
                                                              sich Pflegeleitungen und Betriebsräte seit Anfang
men 38,3 % von Pflegefachpersonen mit leitender Po-
                                                              2019 noch versuchten, gegen diese Form der
sition, dazu gehören auch stellvertretende Leitungen
                                                              „Bereinigung“ zu wehren, leider meist erfolglos.
aller Ebenen.
                                                         08
chen, ihre Motivation, die zurückbleibenden erheblich
Wurde der Zuschnitt von betroffenen                         geschwächten Teams und die Qualität der Patienten-
Fachbereichen verändert?                                    versorgung hat.
Diese Frage wurde von mehr als der Hälfte (52,5%)
aller Antwortenden verneint, 31.4% gaben an, dass
                                                            Wurden - wegen der Pflegepersonalun-
eine Änderung des Zuschnitts vorgenommen worden             tergrenzen - Pflegefachpersonen mit
sei. 16,1% der Umfrageteilnehmer/innen hatten dazu          anderen patientenfernen Aufgaben
keine Informationen. Diese Anteile bei den Antwortop-       (z.B. Praxisanleiter, Codierer) auf den
tionen unterscheiden sich nur marginal zwischen Be-
                                                            Stellenplan angerechnet?
reichen mit und ohne geltende Untergrenzen.
                                                            Auch hier zeigen sich Strategien im Personalmanage-
Die Personaluntergrenzen haben also, wie es erwartet
                                                            ment, die zur Umsetzung der PpUG herangezogen
worden war, in vielen Krankenhäusern zu Umstruktu-
                                                            werden. Eine knappe Mehrheit von 39,2% aller Ant-
rierungen in den Fachbereichen und Abteilungszuord-
                                                            wortenden hat diese Frage bejaht, 38,7% sagten Nein
nungen geführt. Wie meist in solchen Fällen ist anzu-
                                                            und eine große Zahl der Antwortenden (22,1%) hatte
nehmen, dass dadurch viel Unruhe und Verunsiche-
                                                            zu diesem Thema nicht die erforderlichen Informatio-
rung ausgelöst worden ist, die für alle Beteiligten, vor
                                                            nen zur Verfügung.
allem aber Patientinnen und Patienten, eine große
Belastung und ein nicht zu unterschätzendes Sicher-
                                                            Wurden pflegeferne Aufgaben von Ser-
heitsrisiko darstellen.
                                                            vicepersonal an das Pflegepersonal
Werden Patienten wegen der Pflege-                          zurückverlagert?
personaluntergrenzen vermehrt auf an-                       Im Herbst 2019 war dies nach Meinung von 60% der
dere Stationen ohne Personalunter-                          Antwortenden in Ihrer Einrichtung nicht der Fall, ein
grenzen verlegt?                                            Drittel antwortete aber durchaus mit Ja. Hintergrund
                                                            dieser Frage war, dass die PpUGV nur einen eng be-
58,4% aller Antwortenden haben diese Frage mit Nein
                                                            grenzten Spielraum lässt für die Anrechnung von Hilfs-
beantwortet, mehr als ein Viertel (26,9%) allerdings mit
                                                            kräften auf die PpUG und sich die Krankenhäuser hier-
Ja. Auch hier unterscheiden sich Bereiche mit und
                                                            über von Beginn an vehement beklagen und Änderun-
ohne geltende PpUG kaum voneinander. Die bei an-
                                                            gen fordern.
deren Fragen mitgeteilten Freitexte lassen allerdings
vermuten, dass es sehr häufig vorzeitige (und damit         Werden Entlassungen von Patienten
riskante) Verlegungen aus Intensivbereichen auf Stati-
                                                            zeitlich so gestaltet, dass die Statistik
onen ohne PpUG und ohne für dieses Klientel erfor-
derliche personelle und technische Ausstattung gibt.        zu den Pflegepersonaluntergrenzen
                                                            stimmt?
Wurde/wird Personal auf Stationen mit                       Die PpUGV gibt Untergrenzen für die Tagschicht
Pflegepersonaluntergrenzen versetzt?                        (zwischen 6:00 und 22:00 Uhr) und die Nachtschicht
Der Anteil der Antwortenden, die diese Frage mit Nein       (22:00 bis 06:00 Uhr) vor. Für die Erhebung der Daten
beantworten, beträgt immerhin 45,7%. Dass wie im            zu Patientenzahl, Pflegeaufwand und Personalausstat-
Vorfeld der PpUG-Einführung befürchtet aber Perso-          tung wird u.a. auf den sog. „Mitternachtsbestand“ zu-
nalverschiebungen in beträchtlichem Umfang stattfin-        rückgegriffen. Es gab 2019 Berichte, wonach Entlas-
den, bestätigen 40,7% der Antworten mit Ja. 13,6%           sungen in den PpUG-Bereichen auf den späten Abend
sagen, darüber keine Informationen zu haben.                verlagert und einrichtungsinterne Verlegungen, z.B.
                                                            aus Normalstationen auf die Intensivstation, auf die
Der Systematik der PpUG folgend werden solche Ein-
                                                            Stunden nach Mitternacht datiert worden seien.
satzverschiebungen in aller Regel kurzfristig und nicht
selten sogar nur für Teilschichten vorgenommen. Vie-        Hierzu sind natürlich die Antworten aus den Bereichen
le Freitexte beschreiben, wie die Pflegefachpersonen        relevant, in denen PpUG eingehalten werden müssen.
dies erleben und welche Auswirkungen solches Vorge-         Die Mehrheit der Antwortenden (56,7%) erklärte, dass
hen auf ihre Einsatzfähigkeit in (fach)fremden Berei-       die Entlassung von Patient/innen nicht an den PpUG

                                                           09
Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

ausgerichtet wird. Immerhin 24.7% bestätigten aber,        Frage mit Ja beantwortet, 17.5% sind in ihrem Ar-
dass dies durchaus eine Rolle spielt. 18.6% konnten        beitsbereich keine solchen Vorgaben bekannt.
dazu keine fundierte Aussage treffen.                      Zu dieser Frage gab es die Option, Freitext zu formu-
                                                           lieren, und sie wurde rege genutzt. Zu den 612 Ant-
Gibt es Verhaltensvorschriften beim                        worten aus PpUG-Bereichen gingen ergänzend 154
kurzfristigen Ausfall von Pflegeperso-                     Freitext-Antworten ein. Sie wurden inhaltlich geclustert
nal, falls das die Einhaltung der Pflege-                  und die Häufigkeit der Nennungen ergibt ein eindrück-
personaluntergrenzen gefährdet?                            liches Bild, wie die Krankenhäuser mit kurzfristigem
                                                           Pflegepersonalausfall in den PpUG-Bereichen umge-
Eine spannende Frage, denn kurzfristiger Personal-         hen.
ausfall kommt immer wieder vor und bei ohnehin stark
                                                           Neben den häufigen Nennungen wie in der Tabelle
dezimierten Teams ist eine Kompensation „aus dem
                                                           gelistet gab es vereinzelt Berichte, dass Aufgaben an
Bestand“ oft kaum möglich. Die Einhaltung der Unter-
                                                           die folgende Schicht verlagert, Überstunden bzw. so-
grenzen muss aber dennoch sichergestellt und auch
                                                           gar Doppelschichten verlangt und Pflegeschüler/innen
nachgewiesen werden. Wie gehen die Krankenhäuser
                                                           bzw. Praktikanten zum selbstständigen Arbeiten ohne
damit um?
                                                           Aufsicht herangezogen wurden.
Hier sind natürlich die Berichte aus den PpUG-
                                                           In Bezug auf eine Nachbesetzung aus dem Personal-
Bereichen relevant. Mehr als die Hälfte der Antworten
                                                           pool wurde häufig angemerkt, dass es den Pool zwar
(53,4%) besagt, dass es keine Verhaltensvorgaben zu
                                                           formal gäbe, er aber nicht verlässlich sei und häufig
dieser Problematik gibt. 29,1% dagegen haben die
                                                           keine Nachbesetzung ermöglichen könne.

Vorgaben zum Verhalten bei kurzfristigem Pflegepersonalausfall                          Anzahl Nennungen
in PpUG-Bereichen

Bettensperrung/Aufnahmestopp/Verlegung/Reduzieren der Patientenzahl                                       44

Nachbesetzung aus dem Team, Holen aus dem Frei ohne Rufbereitschaft                                       28

Einspringen/Personalversetzung aus anderen Bereichen                                                      25

Nachbesetzung aus bestehendem Personalpool                                                                22

Priorisierung/Rationierung pflegerischer Aufgaben                                                         13

Ausfallkonzept, Stufenplan/Checkliste bei Personalausfall                                                 11

Definierte Rufbereitschaft im Team/Stand-by-Dienst                                                        10

Nachbesetzung durch Personal-Leasing                                                                       9

Überlastungs– bzw. Gefährdungsanzeige                                                                      6

Wie unzufrieden die professionell Pflegenden mit dieser       “Es wurde eine Liste erstellt mit Pflegetätigkeiten,
Situation aber sind und wie unzureichend so manche die weggelassen, verschoben oder bei Unterbesetzung
schnelle „Lösung“ tatsächlich ist, haben etliche Kolle- “planbar” werden sollen; z.B. darf im Frühdienst die
ginnen und Kollegen beschrieben:                        Körperpflege wegfallen. Es hat sich jedoch in den fol-

                                                      10
genden Schichten herausgestellt, dass die Pflegequal-
ität massiv leidet und es im Grunde keine Entlastung
bringt, wenn man das Abendessenstablett z.B. nicht
abräumen muss. Steht dann ja in den Zimmern rum.”
       “Statt Bettensperrung oder Verlegung warden In-
tensivpatienten einfach zu “Überwachungspatienten”
erklärt und weiter betreut - in den gleichen Räumlich-
keiten. Dann passt es eben wieder.”
      “Aus 2 Stationen mit je 30 Betten wird eine große
Organisationseinheit gemacht, damit auf dem Papier
die Grenzen eingehalten warden.”
      “Es wird mit einem anderen Bereich Personal
getauscht: Pflegeassistent gegen Pflegefachperson.”          bereich nicht in erster Linie ein Bett, sondern vor allem
                                                             genügend qualifiziertes Pflegepersonal braucht, um
In den folgenden drei Fragen aus der Meinungsum-             seine Erkrankung zu überleben, muss Vorrang haben.
frage konnten die Angaben zu Kompensationsstrate-            „Die Vorschrift ist: Es werden keine Betten gesperrt.
gien noch einmal bestätigt werden.                           Die Schichten müssen besetzt werden, ganz egal wie!“
                                                             Eine solche Haltung der Verantwortlichen darf einfach
Haben seit Inkrafttreten der Pflegeper-                      nicht länger hingenommen werden!
sonaluntergrenzen kurzfristige Dienst-                       Kritik an den Pflegepersonaluntergrenzen machte sich
planänderungen zugenommen?                                   von Anfang an auch an dem zu erwartenden bürokrati-
                                                             schen Aufwand fest. Die Krankenhäuser hatten gefor-
54,9% aller Antwortenden bestätigen dies ganz ein-           dert, lediglich Durchschnittswerte, errechnet aus lan-
deutig, 36.1 % antworteten mit Nein. 9% gaben an,            gen Erhebungszeiträumen, melden zu müssen. Damit
dies nicht zu wissen. Und die prozentuale Verteilung         wäre allerdings für mehr Patientensicherheit nichts
war bei Bereichen mit und denen ohne PpUG nahezu             erreicht. Um den Meldeaufwand im Rahmen zu halten,
identisch.                                                   ließ sich die Politik seinerzeit auf die Regelung ein, die
Sehr ähnlich fielen die Antworten auf die nächste Fra-       im § 6(5) der PpUGV beschrieben ist (siehe S. 4 die-
ge aus:                                                      ser Broschüre). Unsere nächste Frage lautete daher:

Wird seit Inkrafttreten der Pflegeperso-                     Hat der bürokratische Aufwand wegen
naluntergrenzen vermehrt kurzfristig                         des Inkrafttretens der Pflegepersonal-
aus dem Frei geholt?                                         untergrenzen zugenommen?
Auch hierauf hat die Hälfte der Befragten (49,9%) mit        Der Aufwand auf der Leitungsebene wurde nicht expli-
Ja geantwortet, 39,1% mit Nein. Das bestätigt die            zit erfragt. Aus den PpUG-Bereichen wurde geantwor-
Ergebnisse des Krankenhaus-Barometers, das bereits           tet:
im April 2019 für das erste Quartal der PpUG diese           Ja: 40,7%
Entwicklung gezeigt hatte.
                                                             Nein: 27,6%
Werden seit Inkrafttreten der Pflege-                        Nicht bekannt: 31,7%
personaluntergrenzen mehr (bzw. häu-                         Bei dieser Frage konnten zusätzliche Angaben ge-
figer) Betten gesperrt als vorher?                           macht werden. „Falls ja - in welchem Umfang in Minu-
                                                             ten pro Tag?“ Insgesamt 153 Freitextantworten gin-
50,6% der Antworten aus den PpUG-Bereichen ant-              gen hierzu aus den PpUG-Bereichen ein und zeigen
worten mit Nein, 45,8% sagen dagegen Ja. Dass Bet-           eine große Bandbreite des zusätzlichen zeitlichen Auf-
tensperrungen - insbesondere in Intensivbereichen, in        wands, der für die Dokumentation und Regelung an-
denen mit jedem belegten Bett viel Geld verdient wird        fällt. Der genannte Aufwand lässt sich offenbar bis auf
- als ultima ratio gelten, ist zwar nachvollziehbar. Dass    5 Minuten/Tag begrenzen, wenn ein gut eingeführtes,
ein Patient aber gerade in einem solchen Hochrisiko-         durchdachtes und integriertes EDV-Programm dafür
                                                            11
Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

genutzt werden kann. Wo dies nicht der Fall ist, rei-              “Dienstplanänderungen, aufwändige Suche von
chen die genannten Zeitwerte bis zu mehr als 2 Stun-          Personal aus dem Frei”
den/Tag.                                                            “Mehr telefonieren, mehr Anträge ausfüllen, mehr
Mehr Zeitaufwand als für die geforderten Daten zu den         E-Mails mit Bettenschließungsbegründung”
PpUG scheint allerdings für deren Umsetzung aufge-                  “Kommunikation mit Ärzten im Durchschnitt ca. 30
bracht werden zu müssen, so jedenfalls wird es von            - 60 Minuten pro Tag, nur auf Leitungsebene”
vielen Antwortenden beschrieben. Einige Beispiele:
                                                                    “Dienstbereitschaften werden gesucht, aber teil-
     “Bettensuche gestaltet sich zunehmend schwierig,        weise auch Personal abbestellt bei geringer Belegung
deshalb lange Telefonate mit verschiedensten Krank-           oder Rufbereitschaft”
enhäusern - auch deutschlandweit. Zudem schriftliche
Rechtfertigung wegen Bettensperrung.”
                                                                      “Es werden      mehr       Überlastungsanzeigen
                                                              geschrieben.”

Es tauchen auch Hinweise auf, dass bei der Doku-              „Es werden nach Abrechnung des Dienstplans zu-
mentation und Meldung der Tatbestände zu den                  sätzliche Pflegefachpersonen dokumentiert, die aber
PpUG nicht immer ganz seriös verfahren wird:                  nicht gearbeitet haben. Nur damit die Personalunter-
„Nachträgliche Manipulation der Dienstpläne, um die           grenzen nicht unterschritten werden.“
Untergrenze einzuhalten.“                                     „Patienten werden nicht als Intensiv-, sondern als IMC
„60 Minuten täglich, um Personal zu verteilen und             -Patienten (Intermediate Care) klassifiziert und so wer-
Nachbarbereiche anzupassen, damit der Betrug im               den die Grenzen ausgehebelt.“
Monatsmittel stimmt.!“                                        „Gezielte Misch-Belegung in früheren Fachbereichen,
„Scheindokumentation, doppelte Dienstpläne. Gerä-             damit die PpUG nicht zum Einsatz kommt.“
temanager, Hygienepfleger, Case-Manager - alles               „Statistiken werden geschönt.“
was Examen hat, aber nie auf Station mitarbeitet, wird        „Mogelpackung! Jede examinierte Kraft wird ange-
gezählt.“                                                     rechnet, ob am Patienten tätig oder nicht.“
„Diagnosen werden angepasst, so dass viel abrechen-
bar ist ohne Personaluntergrenzen. Die lukrativste
                                                              Es ist anzunehmen bzw. zu hoffen, dass es sich hier-
Nebendiagnose wird behandelt.“
                                                              bei um extreme Einzelfälle handelt.
„Vorgesetzte berechnen die Patienten/Pflegekräfte-
Statistik. Dies wird danach vom Verwaltungscontrol-
ling kontrolliert und verändert.“

Erleben Sie sonstige Folgen der Pflege-
                                                                  „Diskussion um Personalbesetzung hat einge-
personaluntergrenzen?                                              setzt.“
Diese Frage haben insgesamt 826 Personen beantwor-                „Endlich wird auf Pflegeausfall reagiert!“
tet, die meisten (44,4%) mit Ja. 34,7% antworteten mit
                                                                  „Für mich als Arbeitnehmer ist die Situation viel
Nein, 20,8 % gaben an, dass ihnen keine sonstigen
                                                                   besser geworden; muss statt vorher 16 jetzt nur
Auswirkungen der PpUG bekannt seien.
                                                                   noch 10 Patienten versorgen.“
Wer bei dieser Frage Ja geantwortet hatte, konnte sei-
                                                                  „Dienste sind wesentlich entspannter, jedes Mal
ne Eindrücke mithilfe von Freitext konkretisieren und
                                                                   ist das Einhalten der Pause möglich.“
beschreiben. Diese Gelegenheit haben viele (n = 331)
der Pflegefachpersonen gerne wahrgenommen.                        „Die Besetzung von Pflegekräften ist als größe-
                                                                   res Thema als bisher in den Krankenhausalltag
                                                                   gebracht worden. Andere Professionen müssen
         Die Pflegepersonaluntergrenzen erhielten
                                                                   ihr Vorgehen anders planen und können nicht
         dabei durchaus eine Reihe von Pluspunk-
                                                                   alles auf den Schultern der Pflege abstreifen.“
         ten:
                                                                  „Mehr Gehör und Hilfe durch übergeordnete Ebe-

                                                     12
nen (Bereichs-, Pflegedienstleitung)“                     „Widerwillige Auseinandersetzung mit dem The-
     „Positiv: gleiche Anzahl an Mitarbeitenden am              ma Pflege, das sonst noch Jahre als Einsparpo-
      Wochenende wie in der Woche bei gleicher Pati-             tenzial gesehen worden wäre.“
      entenzahl.“                                               „Führungskräfte müssen sich für die Bettensper-
     „Es ist durch Reduzieren der Betten erheblich              rung nicht mehr rechtfertigen.“
      ruhiger auf der Station geworden.“                        „Weniger Stress im Nachtdienst, da 2 Fachkräfte
     „Bewusstsein ist gestärkt, dass gute Pflege nur            für 36 Patienten.“
      bis zu einem bestimmten Maß geleistet werden
      kann, v.a. bei den Ärzten.“

                                                Allerdings:
Die Antworten auf die vorangegangenen Fragen lie-                Verärgerte Ärzte und Krankenhausmanager
ßen bei der Mehrheit der Befragungsteilnehmer/innen              Sanktionen bei Nichteinhalten der PpUG wer-
eher eine negative Einschätzung erwarten, dies hat                den in Kauf genommen, sie tun nicht genug
sich in den Freitexten zur Frage nach den „sonstigen              „weh“
Folgen der Plflegepersonaluntergrenzen“ auch klar
                                                                 Abwanderung von Mitarbeiter/innen in die Leih-
bestätigt.
                                                                  arbeit
Die Antworten wurden inhaltlich sortiert und nach we-
sentlichen Stichworten geclustert. Das Ergebnis se-              Ständige Angst, versetzt zu werden
hen Sie in der Tabelle, sortiert nach Häufigkeit der             Wegfall von Pausen wegen der Mindestbeset-
Nennungen.                                                        zung
Über die dort aufgeführten am häufigsten genannten               Arbeit wird nur noch an der Besetzung der Stel-
Beobachtungen und Eindrücke hinaus wurde noch                     len gemessen, nicht mehr an der Qualität.
vereinzelt benannt:
     Auflösung von Angeboten für Patient/innen              Die Minuspunkte überwiegen mehr als
     Holen der eigenen Mitarbeiter aus dem Frei für         deutlich und werden nachvollziehbar
      den Einsatz auf anderen Stationen                      beschrieben.
     Druck zum Verändern der Stationsabläufe

Sonstige Folgen der Pflegepersonaluntergrenzen                                          Anzahl Nennungen
Umverteilung des Pflegepersonals, meist sehr kurzfristig, oft auch stundenweise                   46
Unzufriedenheit der Mitarbeiter/innen, mehr Burnout, mehr Überlastung                             36
Untergrenze wird als Obergrenze (Normalität) angesehen; Personalabbau                             36
Häufige Konflikte in/zwischen Teams und interprofessionell, Spannungen, mehr                      31
Stress, viel Unruhe
Zunahme von Fehlern, drastische Qualitätseinbußen, schlechte Arbeit wird hinge-                   31
nommen
Neid und Unzufriedenheit der Stationen ohne PpUG, Störungen des Betriebsfriedens                  23
Zunahme von Leiharbeit                                                                            21
Viel Umschieben/Umverteilen von Patient/innen                                                     16
Zunahme der Krankheitsausfälle beim Pflegepersonal                                                13
Vorher an Helfer delegierte Aufgaben werden rückübertragen (Zeitdruck steigt)                     11
Kaum noch Flexibilität in der Dienstplanung                                                        9
Zunehmende Kündigungen von Pflegefachpersonen                                                      8
Hoher Druck wird ausgeübt, vor allem auf pflegerische Leitungen                                    6
                                                        13
Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

Zum Abschluss der Meinungsumfrage wollten wir wis-        enten, Es wäre interessant, diesen und ihren An– und
sen:                                                      Zugehörigen dieselbe Frage auch zu stellen
                                                          In Bezug auf den eigenen Arbeitsalltag erleben die
                                                          professionell Pflegenden in den Krankenhäusern aber
                                                          eine ganz erhebliche Verschlechterung. Das gilt nahe-
Das Urteil lässt keine Fragen offen und war auch in       zu gleichermaßen für Bereiche mit und solche ohne
dieser Eindeutigkeit zu erwarten. Die Pflegefachper-      geltende Untergrenzen.
sonen gestehen den Untergrenzen zwar einige positi-
ve Effekte zu, insbesondere für Patientinnen und Pati-

Die Liste der von den professionell Pflegenden in den     Allerdings haben die Pflegefachpersonen all dies auch
Krankenhäusern geschilderten negativen Auswirkun-         hingenommen, ohne sich wirksam auf ihre vertragli-
gen, die sie wegen der Pflegepersonaluntergrenzen         chen Rechte zu berufen und frühzeitig Rückendeckung
Tag für Tag erleben, ist lang und gravierend. Es sind     zu holen. Allein kann man gegen schlechte Arbeitsbe-
keine „Peanuts“, die hier aufgeführt sind, sondern        dingungen wenig ausrichten, in einer starken Gemein-
handfeste Defizite im Umgang mit wertvollen Mitarbei-     schaft - z.B. als Mitglied eines Berufsverbands - lässt
terinnen und Mitarbeitern, in der Qualität der Versor-    sich dagegen viel erreichen.
gung, in der Gestaltung von guten Prozessen, in der
                                                                  Bei den beruflich Pflegenden jedenfalls hat
Vertrauensbildung für Patientinnen und Patienten, in
                                                                  sich offenbar im Jahr 1 der PpUG die Unzufrie-
der Imagegestaltung von Unternehmen, die eigent-
                                                                  denheit und Frustration mit ihrer Arbeitssituati-
lich händeringend nach neuen qualifizierten Fach-
                                                                  on noch verstärkt. In die Untergrenzen hatte
kräften suchen und mehr als je zuvor auf sie ange-
                                                          man die große Hoffnung gesetzt, dass nun endlich
wiesen sind.
                                                          eine rote Linie gezogen würde, die das Schlimmste
Die Liste der negativen Effekte zeigt ein Versagen des    verhindert und die Grundlage für einen schrittweisen
Krankenhausmanagements, ein Zusammentreffen dra-          Aufbau von mehr Pflegekapazität in den Krankenhäu-
matischer Führungsfehler, den Verdacht, dass zuguns-      sern legt. Das Gegenteil ist eingetreten, der Stress hat
ten der Ökonomie nicht nur zu Beginn der Einführung       noch mehr zugenommen, Fehler häufen sich, zusätzli-
der PpUG, sondern im gesamten Jahresverlauf ele-          cher Zündstoff für Konflikte ist entstanden und die so
mentare Faktoren guter und nachhaltiger Betriebssteu-     gebeutelten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagie-
erung vollständig ignoriert und missachtet worden         ren: mit Resignation, vermehrtem Krankheitsausfall
sind. Wie dies möglich war, werden die Verantwortli-      und sogar Kündigungen. Eigentlich kann das kein Ar-
chen in der Politik sowie vor allem in den Trägerver-     beitgeber wollen.
bänden erklären müssen.

                                                     14
Diskussion und Fazit
Eine Pressemitteilung des Bundesgesundheitsmi-             mit Versorgungsqualität und Patientensicherheit zu tun
nisteriums vom 07. März 2017:                              hat und ganz dringend verstärkt werden muss, zeigen
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat ge-            ihre konkreten Vorbereitungen auf die Ausgliederung
meinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der          der Pflegekosten aus den DRGs. Sehr eifrig war man
Koalitionsfraktionen und der Länder die Schlussfolge-      gleich dabei, so viele Beschäftigte wie irgend möglich
rungen aus den Beratungen der Expertenkommission           im Pflegebudget unterzubringen – unabhängig davon,
„Pflegepersonal im Krankenhaus" vorgelegt. (…) In          welche Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens sie
Krankenhausbereichen, in denen dies aus Gründen            ausüben. Physician Assistants, patientenferne Stabs-
der Patientensicherheit besonders notwendig ist, sol-      stellen, Hygieneexperten, Kodierer usw. – wer immer
len künftig Pflegepersonaluntergrenzen festgelegt wer-     irgendwann in seinem Leben eine Pflegeausbildung
den, die nicht unterschritten werden dürfen.               absolviert hat, wird nun buchhalterisch der Pflege zu-
                                                           geschlagen. Bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe:                   die Finanzierung der Krankenhauspflege gegen diese
                                                           Form des Missbrauchs und weitere Begehrlichkeiten
„Eine gute Versorgung im Krankenhaus setzt eine
                                                           des Krankenhaus-Managements absichert.
angemessene Personalausstattung voraus. Ge-
meinsam ist uns eine weitere wichtige Weichen-             Für eine erfolgreiche und nachhaltige Strategie zur
stellung gelungen, um die Pflege am Krankenbett            Lösung der Probleme in den Krankenhäusern reichen
zu stärken. Jetzt muss es darum gehen, dass die            umfangreiche Maßnahmenkataloge oder das Drehen
Regelungen, die wir nun auf den Weg bringen                an einzelnen Stellschrauben bei weitem nicht mehr
werden, fristgerecht von den Krankenhäusern                aus. Zu lange hat man in der Politik der Negativ-
und Krankenkassen mit Leben gefüllt werden." 7             Entwicklung nur zugesehen und einflussreichen Öko-
                                                           nomen nahezu das Feld allein überlassen. Jetzt wird
                                                           nicht weniger als ein vollständiger Paradigmen- und
Was die Ergebnisse der DBfK-Meinungsumfrage ge-            Systemwechsel erforderlich sein, um die Kranken-
zeigt haben - und ähnliches hört man aus beinahe           häuser auf die Spur in eine bessere Zukunft zu setzen.
allen Krankenhäusern - besagt bestenfalls:                 Mitarbeiterorientierung und Mitarbeiterbindung
                                                           haben in der Krankenhauspflege lange kaum eine Rol-
   „Gut gemeint, schlecht                                  le gespielt. Das fatale Ergebnis dieser Personalpolitik
                                                           bekamen alle zu spüren. Es wird nicht reichen, die
        gemacht!“.                                         Zahl der Ausbildungsplätze zu steigern in der Erwar-
                                                           tung, damit den Berufsnachwuchs auf Jahrzehnte hin-
Wie die Politik die Vorgaben in der PpUGV ausgestal-
                                                           aus zu sichern. Solange die praktische Ausbildung in
tete und wie die Krankenhäuser sie begannen umzu-
                                                           den Kliniken unverändert schlecht und geringschät-
setzen, konnte nichts Gutes hervorbringen. Von stän-
                                                           zend bleibt, werden junge Menschen frühzeitig das
dig wechselnden, fach– und stationsfremden und zah-
                                                           Handtuch werfen und sich beruflich anders orientieren.
lenmäßig immer zu wenig Pflegefachpersonen betreut
zu werden, kann weder dem Wohlbefinden noch der            Die Krankenhausträger ebenso wie der Verband der
Versorgungsqualität noch der Sicherheit von Patient/       Krankenhausdirektoren (VKD) erwarten und hoffen,
innen dienen. Welche Arbeitsbedingungen den Be-            dass mit Einführung des von ihnen mitentwickelten
schäftigten zugemutet werden und dass man leis-            Bemessungsinstruments PPR 2.0 sehr bald die unge-
tungsfähige, stabile Teams nach Belieben auseinan-         liebten PpUGs der Vergangenheit angehören und sie
derreißt, um heute hier und morgen da vorhersehbare        wieder ungehindert das Pflegepersonalmanagement
Löcher zu stopfen, spricht von gravierender Missach-       ihrer Häuser frei gestalten dürfen. Sehr gern im ge-
tung der Ressource professionelle Pflege.                  wohnten Stil, die Krankenhausgesellschaften werden
Wie wenig viele Krankenhäuser verstanden haben,            nicht müde, „hohe Autonomie zur Allokation des Pfle-
dass die Kapazität an fachlich guter Pflege unmittelbar    gepersonals“ einzufordern. Der VKD seinerseits for-

                                                          15
Ziel erreicht? Effekte der PpUG im Krankenhaus

dert, dass „dem Management die Möglichkeit zu geben         Er argumentiert, dass wegen des fehlenden Fachkräf-
ist, eigenständig und nach den Erfordernissen jedes         teangebots auf dem Arbeitsmarkt zwangsläufig
einzelnen Krankenhauses das Personal einsetzen zu           „weniger pflegeintensive Krankenhausbetten angebo-
können.“ (VKD-PM vom 15.1. 2020) Dass sie alle über         ten werden können.“ Durch die Umsetzung der PpUGV
Jahrzehnte hinlänglich bewiesen haben, wie wenig sie        entstehe eine „massive Versorgungskrise“, weil immer
dazu in der Lage sind und wie sie an dieser Stelle ihre     der „für eine optimale Pflege als Untergrenze ange-
Verantwortung Beschäftigten gegenüber ignoriert ha-         setzte Wert erreicht werden muss und nicht eine aus-
ben, sollte der Gesetzgeber nicht übersehen!                reichende Pflege in bestimmten Situationen akzeptiert
                                                            werden kann.“
Vor diesem Hintergrund müssen Ansätze der PPR 2.0
vor Umsetzung noch einmal überdacht werden:                 „Optimale Pflege“ auf einer Intensivstation - mit einer
                                                            Besetzung von 2,5 zu 1 in der Tagschicht und 3,5 zu 1
    Der „Ganzhausansatz“. Eine Ermittlung und
                                                            im Nachtdienst, wie es die Personaluntergrenzen vor-
      Definition des Pflegepersonalbedarfs pro Stati-
                                                            geben? Wer dies für eine optimale Pflegepersonalbe-
      on und pro Schicht lehnt die DKG grundsätzlich
                                                            messung hält, hat nicht verstanden, was Pflege leistet
      ab und hat dies auch bei der Verordnung der
                                                            und welche Bedeutung sie für die Chance auf Gene-
      Pflegepersonaluntergrenzen erfolgreich verhin-
                                                            sung und die Sicherheit von Intensivpatient/innen hat.
      dert. Aus gutem Grund haben allerdings Län-
                                                            Und was man seinen Mitarbeiter/innen schuldig ist. Mit
      der, die nurse-to-patient ratios eingeführt haben,
                                                            solchen Quoten liegt die deutsche Intensivpflege im
      um dem Sparen am Pflegepersonal Grenzen zu
                                                            internationalen Vergleich am untersten Level.
      setzen, dies schichtbezogen getan.
                                                            „Immer mehr Intensivstationen überlastet!“ Die am An-
    Die Letztentscheidung für den Stellenplan der
                                                            fang dieser Broschüre erwähnte Panorama 3 Sendung
      Geschäftsführung zu übertragen. Es ist zu be-
                                                            des NDR berichtete über die vielen gesperrten Inten-
      fürchten, dass damit weiterhin ökonomische In-
                                                            sivbetten, die zunehmend eine Versorgung von
      teressen höhere Priorität behalten als eine am
                                                            Schwerkranken zum Problem machen. Überlastet wa-
      individuellen Pflegebedarf ausgerichtete Perso-
                                                            ren die Intensivstationen - vor allem deren Fachkräfte
      nalbemessung.
                                                            - allerdings schon seit vielen Jahren und lange vor Ein-
Nicht zuletzt müssen die Krankenhäuser endlich zur          führung der Pflegepersonaluntergrenzen, nur hat das
Kenntnis nehmen, dass die Ressource Pflegefachper-          niemanden interessiert. Jetzt wird das Ausmaß der
sonen endlich ist und gut behandelt werden muss.            Misere erkennbar und hoffentlich endlich die Ursache
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben inzwischen       wirksam angegangen!
verstanden, dass mit ihnen die Gesundheitsversor-
gung im Land steht und fällt. Und dass es sich nicht        Ein Wort zum Schluss
lohnt, die eigene Gesundheit und das persönliche
Wohlbefinden - auch im Berufsleben - aufs Spiel zu          Pflegepersonaluntergrenzen      und     die    Corona-
setzen.                                                     Pandemie - Bundesgesundheitsminister Spahn hat
                                                            dies gleich zu Beginn der Krise für nicht vereinbar ge-
Auch und gerade die Krankenhäuser beklagen sich
                                                            halten und am 4. März 2020 die Untergrenzen vorläu-
seit langem darüber, dass ihnen die Fachkräfte davon-
                                                            fig ausgesetzt: „Die Krankenhäuser müssen bei der
laufen und sie sie - zum doppelten Preis und mehr -
                                                            Personalplanung flexibel auf die Ausbreitung des
anschließend wieder bei der Zeitarbeit buchen müs-
                                                            Coronavirus reagieren können. Deshalb entlasten wir
sen. Wer aber so wie in dieser Umfrage belegt mit Mit-
                                                            sie in dieser Lage von Dokumentationsaufwand und
arbeiter/innen umgeht, treibt sie in die Teilzeit, aus
                                                            Auflagen in der Pflege.“ Auch der Gemeinsame Bun-
dem Beruf und der Zeitarbeit direkt in die Arme.
                                                            desausschuss genehmigte kurz darauf Abweichungs-
In einem kürzlich erschienenen Gastbeitrag von Prof.        möglichkeiten von der Mindestausstattung mit Intensiv-
Hans Martin Hoffmeister, Präsident des Berufsver-           pflegepersonal bei bestimmten komplexen Behandlun-
bands Deutscher Internisten und Chefarzt im Städti-         gen.
schen Klinikum Solingen, bewertet auch er die Effekte
                                                            Anfang Mai 2020 nahmen immer mehr Kliniken die
der Personaluntergrenzen8. Sein Fokus liegt vor allem
                                                            Regelversorgung wieder auf und erhielten dafür auch
auf den durch die Pflegepersonaluntergrenzen ausge-
                                                            grünes Licht aus dem BMG. Von einer Rückkehr zu
lösten Engpässen in der Intensivmedizin.
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