Züchtung für den Biolandbau - Liveseed

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Züchtung für den Biolandbau - Liveseed
Züchtung für den
Biolandbau
B I OA K T U E L L 8|2018   6
Züchtung für den Biolandbau - Liveseed
Züchtung

Das Wissen ist da, aber
an der Finanzierung hapert es
An die Bedingungen des Betriebs angepasste Sorten
und Rassen sind die Grundlage des Biolandbaus.
Bei den Pflanzen gibt es zwar Biosorten, aber nicht
für jede Art. Bei den Tieren steht die Biozucht
erst am Anfang.

«Bio von Anfang an» ist einer der Grundgedanken des biologischen Landbaus. Die        Biopflanzenzüchter in der Schweiz
Richtlinien von Bio Suisse schreiben daher vor: «Die zur Herstellung von Knospe-
Produkten verwendeten Pflanzensorten stammen vorzugsweise aus biologischer            Weizen, Dinkel, Emmer, Triticale, Erbsen,
Pflanzenzüchtung.» Sorten aus biologischen Pflanzenzüchtungsprogrammen gibt           Mais
es aber noch nicht bei allen Kulturen. «Es bräuchte bei allen Kulturen biologisch         www.gzpk.ch
gezüchtete Sorten», sagt Monika Messmer, Leiterin der Gruppe Pflanzenzüchtung
beim FiBL. «Biobetriebe benötigen Sorten, die Nährstoffe effizient nutzen, das Un-    Gemüse
kraut unterdrücken und krankheitstolerant sind.»                                         www.sativa-rheinau.ch
   Wird von Biozucht gesprochen, ist meistens die Pflanzenzucht gemeint. Doch            www.zollinger.bio
auch in der Tierzucht sei eine Ausrichtung auf Bedürfnisse des Biolandbaus nötig,
                                                                                      Apfel
sagt Anet Spengler, Leiterin der Gruppe Tierzucht beim FiBL. «Das Bewusstsein
                                                                                          www.pomaculta.org
dazu entsteht langsam.» In den Richtlinien von Bio Suisse sind die Anforderungen
an die Biotierzucht vage formuliert: «Es sollen Tiere gezüchtet werden, die inner-
                                                                                      Pfirsich
halb der ökologischen Grenzen den unterschiedlichen Bedürfnissen und Bedingun-
                                                                                           www.realisation-schmid.ch
gen auf den Biobetrieben angepasst sind. Anzustreben ist eine hohe Lebensleistung
der Tiere.»                                                                           Weizen, Soja, Futterpflanzen, Reben, Äpfel,
                                                                                      Birnen, Aprikosen, Medizinal- und
Finanzierung auf wackligen Beinen                                                     Aromapflanzen
Bei den Pflanzen ist die Züchtung professionalisiert und in den Händen von Züch-          www.agroscope.ch Themen Acker-
tungsunternehmen. In der Schweiz züchten aktuell fünf nicht-öffentliche Organisa-         bau Pflanzenzüchtung und genetische
tionen Biosorten: Die Getreidezüchtung Peter Kunz (GZPK) hat ihren Schwerpunkt            Ressourcen
bei den Ackerkulturen, Sativa Rheinau AG und Zollinger Bio GmbH beim Gemüse.
Poma Culta und Realisation Schmid züchten Bioobstsorten.                             Bilder Seite 6–9: Bio Suisse, FiBL, Marion Nitsch

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Züchtung

                                                                               erste Biosorte auf den Markt gebracht, das italienische
                                                                              Raygras Rabiosa. Bei den anderen Kulturen erfolgt je
                                                                            nach Kultur ein kleinerer oder grösserer Teil der Zuchtar-
                                                                          beit unter Biobedingungen, der Hauptteil findet jedoch un-
         Diese                                                          ter Extenso­bedingungen statt. Die Züchter legen dabei einen
       Züchtungsorgani-                                                 Schwerpunkt auf eine gute Krankheitsresistenz gegen die in
     sationen müssten mit den Lizenzeinnahmen aus dem Ver-              der Schweiz vorkommenden Krankheiten. «Die Sorten von
  kauf des Saatguts beziehungsweise Pflanzguts die Züchtungs-           Agroscope sind deshalb auch im Biolandbau geschätzt», sagt
  arbeit für neue Sorten finanzieren. Weil die verkaufte Menge          Michael Winzeler, Leiter Forschungsbereich Pflanzenzüch-
  allerdings klein ist, reichen diese Einnahmen nicht, um die           tung bei Agroscope.
  gesamte Züchtungsarbeit zu finanzieren. «Mit den Lizenzein-
  nahmen decken wir rund einen Siebtel unserer Ausgaben. Wir            Biosorten im Härtetest
  sind deshalb auf zusätzliche Finanzierung angewiesen», sagt           Mit dem Züchten einer neuen Sorte alleine ist es jedoch noch
  Michael Locher, Weizenzüchter bei der GZPK. Die Zukunfts-             nicht getan: Eine in der Schweiz gezüchtete Sorte muss eine
  stiftung Landwirtschaft, der Coop Fonds für Nachhaltigkeit,           Prüfung bestehen, um als Sorte anerkannt zu werden und
  Bio Suisse sowie weitere Spender sind deshalb wichtige Fi-            damit marktfähig zu sein. Bei dieser von Agroscope durchge-
  nanzierungspartner für die GZPK und ermöglichen, Biosorten            führten Sortenprüfung muss sich die neue Sorte im Feld ge-
  für Weizen, Dinkel, Emmer, Erbsen und, in kleinerem Umfang,           gen bestehende Sorten beweisen. Vor einigen Jahren gab es
  Triticale und Mais zu züchten. «Diese Gelder werden oft nur           für Weizen eine eigene Sortenprüfung unter Bio­bedingungen.
  für wenige Jahre gesprochen und nicht für die gesamte Dau-            «Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Bioweizen-
  er des Züchtungs­programmes», erklärt Michael Locher. Dies            sorten in dieser Biosortenprüfung ähnlich abschnitten wie
  erschwere die langfristige Planung der Züchtungsprogramme.            unter Extenso-Bedingungen», sagt Michael Winzeler. Aus die-
                                                                        sem Grund sei diese separate Biosortenprüfung für die Zulas-
  Agroscope züchtet mit Schwerpunkt auf Extenso                         sung als Sorte wieder fallengelassen worden, zumal das Füh-
  Private Finanzierungsquellen sind wichtig für die Schweizer           ren von zwei Prüfungen sehr aufwendig und kostenintensiv
  Pflanzenzucht – nicht nur für die biologischen Züchtungs-             sei. Die Sortenprüfung wird nun an neun Extenso- und einem
  programme. Gemäss Bundesamt für Landwirtschaft werden                 Biostandort durchgeführt.
  in der Schweiz jährlich etwa 10 Millionen Franken für die
  Pflanzenzüchtung aufgewendet. Davon sind rund 4 Millionen             Weizen: Sortenvergleich für den Biolandbau
  Bundesgelder, sie fliessen in die Züchtungsprogramme von              Um aus der grossen Anzahl von Brotweizensorten die für den
  Agroscope. Damit entwickelt die Forschungsanstalt Sorten              Schweizer Biolandbau geeignetsten herauszukristallisieren,
  für Brotweizen, Soja, Futterpflanzen, Äpfel, Birnen, Apriko-          haben Agroscope und das FiBL bereits vor Jahren ein grosses,
  sen, Reben sowie Medizinal- und Aromapflanzen. Letztere               mehrjähriges Versuchsnetz für Bioweizen angelegt. Die Sor-
  werden vollständig unter Biobedingungen gezüchtet. Bei den            ten, die dort gute Resultate zeigten, werden in die Liste der
  Futterpflanzen hat Agro­scope bereits vor Jahren einen Teil des       für den Biolandbau empfohlenen Sorten aufgenommen. Al-
  Zuchtprogrammes auf Bio umgestellt und vor drei Jahren ihre           lerdings ist die Durchführung dieser Versuche keine Vollzugs-

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aufgabe des Bundes, sondern eine Dienstleistung und          Seit 2013 gibt es einen eigenen Budgetposten Pflanzenzüch-
       muss deshalb von den Branchenorganisationen mitfi-            tung. Daraus werden dieses Jahr drei private Züchtungsorga-
    nanziert werden. Für die konventionellen Versuche ist es         nisationen mit total 50 000 Franken unterstützt. Bio Suisse
  Swissgranum, für den Biolandbau ist es Bio Suisse. Um die-         finanziert zudem ein Projekt zum zell­fusionsfreien Gemü-
se Versuche mitzufinanzieren, wird den Knospe-Ackerbauern            sebau und Projekte zur Tierzucht. Ausserdem ist Bio Suisse
deshalb pro Dezitonne abgeliefertes Biobrotgetreide automa-          daran, alle Sorten zu kategorisieren, damit ersichtlich ist, mit
tisch ein Franken abgezogen.                                         welchen Methoden eine Sorte gezüchtet wurde.
   Bei der Liste der empfohlenen Weizensorten für den Bio-
landbau basieren die Ergebnisse auf mehrjährigen Feldversu-          Andere Finanzierungsmodelle wären hilfreich
chen an verschiedenen Orten. Auch für andere Kulturen gibt           Wenn Landwirte Saatgut von Biosorten kaufen, unterstützen
es diese Listen für den Bioanbau. Allerdings handelt es sich         sie mit den Lizenzabgaben die Biozüchter. Kaufen sie hin-
bei diesen nur um Verfügbarkeitslisten, das heisst, dort sind        gegen biologisch vermehrtes Saatgut einer konventionellen
alle Sorten aufgeführt, die als Biosaatgut oder als konventi-        Sorte, gehen die Lizenzabgaben an den Sortenzüchter dieser
onelles aber ungebeiztes Saatgut zur Verfügung stehen. «Es           konventionellen Sorte. Deshalb wäre ein anderes Finanzie-
wäre wünschenswert, wenn alle wichtigen Kulturen nach dem            rungssystem der Biozüchtung hilfreich, sagt Michael Locher
Vorbild von Brotweizen ausreichend finanziert werden könn-           von der GZPK. «Wir fänden es richtig, wenn alle Akteure der
ten, um aussagekräftige Versuche durchführen zu können»,             Wertschöpfungskette einen Beitrag an die Biozüchtung leis-
sagt Hansueli Dierauer, Leiter der Gruppe Ackerkulturen beim         teten. Ein Promille des Verkaufspreises an der Ladentheke
FiBL. Dank der Finanzierung über die Knospe-Ackerbaubei-             würde reichen, um die Biozüchtung der wichtigsten Kultur-
träge können bei einzelnen Kulturen wenigstens noch drei-            pflanzen in der Schweiz zu finanzieren.» Claudia Frick    •
jährige Sortenversuche durchgeführt werden. Die Ergebnisse
solcher Sortenversuche auf Bioflächen helfen dem Landwirt
bei der Sortenwahl. Kann er dabei noch auf Sorten zurückgrei-
fen, die für den Biolandbau gezüchtet wurden, so ist die Wahr-
scheinlichkeit hoch, dass er eine für seinen Betrieb passende
Sorte findet.

Immer auf der Suche nach Projektfinanzierung
Das FiBL führt nebst diesen Sortenversuchen diverse For-                    Knospe-Ackerbaubeiträge (KABB)
schungsprojekte im Bereich der Pflanzenzüchtung durch,                      Pro Hektare Ackerbaufläche zahlt jeder Knospe-Landwirt
meist in Kooperation mit Biozüchtern. «Wir konzentrieren                    20 Franken in den Fonds zur Weiterentwicklung des Bio­
uns auf Projekte zu Leguminosen und Gemüsesorten, da hier                   ackerbaus ein. Total stehen ungefähr 250 000 Franken pro
für den Biolandbau ein sehr grosser Forschungsbedarf be-                    Jahr zur Ver­fügung, damit werden um die 20 Projekte
steht», sagt Monika Messmer. Diese Projekte muss das FiBL                   ­finanziert. Das FiBL führt damit beispielsweise Sortenversu-
mit externen Geldern finanzieren. Vier Projekte sind EU-Pro-                 che für Winterweizen, Mais, Kartoffeln und Süsslupinen
jekte, acht weitere werden vom Bund aus dem Projektfonds                     durch, die Getreidezüchtung Peter Kunz prüft Dinkelsorten.
«Förderung der Biozüchtung» finanziert. «Dieses Jahr haben                   Projekteanträge können jährlich eingereicht werden.
wir zudem den ersten Biopflanzenzüchtungstag am FiBL                              www.bio-suisse.ch Über uns ­Verbandsintern
durchgeführt, um die verschiedenen Akteure besser mitein-                        ­Ackerbaubeiträge
ander zu vernetzen», ergänzt Monika Messmer.
   Auch Bio Suisse finanziert einzelne Züchtungsprojekte.                   Bio Suisse unterstützt 2018 folgende
«Wir sind uns der Bedeutung der Biozüchtung bewusst und                     ­Organisationen aus dem Pflanzenzüchtungsbudget
haben sie in die Strategie Avanti 2025 aufgenommen», sagt Urs               • Getreidezüchtung Peter Kunz
Brändli, Präsident von Bio Suisse. «Bio hat eigene Zuchtziele                 20 000 Franken für Sommererbsen, Mahlweizensorten
und lässt gentechnische Eingriffe in die Erbsubstanz nicht zu.              • Poma Culta
Es ist darum wichtig, die Biozüchtung als nachhaltige Alterna-                10 000 Franken für Apfelsorten
tive weiterzuentwickeln.» Im Jahr 2010 haben die Delegierten                • Sativa Rheinau AG
von Bio Suisse entschieden, die Biozüchtung finan­ziell zu un-                20 000 Franken für Broccoli, Chinakohl,
terstützen mit einem einmaligen Betrag von 150 000 Franken.                   genetische Vielfalt Kohlarten

                                                                 9                                                   B I OA K T U E L L 8|2018
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Züchtung

  «Eine Biokuh ist eine gute,
  fleissige Raufutterfresserin»
  Das ideale Biorind braucht wenig oder
  gar kein Kraftfutter, ist gesund
  und leistungsfähig. Die Zuchtexpertin
  Anet Spengler erklärt, worauf bei der
  Auswahl der Zuchttiere zu achten ist.
   Wieso braucht der Biolandbau eine eigene Rinderzucht?
   Anet Spengler: Es gibt zwar schon viele Milchviehrassen und
  -typen. Trotzdem braucht es eine Weiterzüchtung speziell für
   Biobetriebe, denn die Fütterungs- und Haltungsbedingungen
   sind anders als auf einem konventionell und intensiv geführ-
   ten Betrieb. Die Zucht muss Richtung standortangepasster
   Rinder gehen. Ich glaube zudem, dass das Zweinutzungsrind
   wieder wichtiger wird, um auch die Stierkälber unter Biobe-
   dingungen gut mästen zu können.

  Wie könnte ein Biorind in 30 Jahren aussehen?
  Da die Biobetriebe verschieden sind, wird diese Kuh nicht
  überall gleich aussehen. Eine mittelgrosse Kuh mit einem Ge-                  Anet Spengler am Bio-Rindviehtag. Bild: Marion Nitsch
  wicht von 500 bis 600 Kilogramm und einem Stockmass bis
  zu 145 Zentimeter eignet sich für viele Betriebe. Grössere Tie-        Worauf ist bei der Wahl des Stieres zu achten?
  re sind meist ungeeignet, denn sie haben einen hohen Erhal-            Kleeblatt-Stiere sollten in die engere Auswahl kommen, da sie
  tungsbedarf. Wenn sie auch noch viel Milch geben, müssten              eine gute Gesundheit vererben. Die Milchleistung ist ebenfalls
  sie mehr Raufutter fressen als sie aufnehmen können. Diese             wichtig, sie soll zur Fütterung passen. Stiere sollten zudem
  Kühe benötigen Kraftfutter und eignen sich daher nicht für             gut bemuskelt sein für eine ansprechende Fleischleistung so-
  Biobetriebe. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Knospe-               wie eine hohe Persistenz vererben, so dass die Nachkommen
  Betriebe ab dem Jahr 2022 nur noch fünf Prozent Kraftfutter            zu Beginn der Laktation nicht zu viel Milch geben und somit
  einsetzen dürfen. Da Biorinder viel weiden und dies oft im             nur wenig Kraftfutter benötigen. Ein weiteres Kriterium ist
  Berggebiet, ist auch ein hoher Klauensatz wichtig. Erfreuli-           eine geringe Grösse. Leider gibt es nicht viele KB-Stiere, die
  cherweise sind in der klassischen Milchviehzucht die Gesund-           diese vererben. Im online-Katalog der Genetikanbieter sind
  heitsmerkmale gegenüber den Produktionsleistungsmerkma-                auch ältere und damit meist kleinere Stiere aufgeführt, auch
  len wichtiger geworden. Von dieser Entwicklung profitieren             die IG neue Schweizer Kuh listet gute, eher kleine Stiere auf.
  auch die Biozüchter und -züchterinnen.
                                                                         Lohnt es sich, eigene Stiere auf dem Betrieb zu haben?
  Welche Kühe sollten für die Biozucht ausgewählt werden?                Ich ermuntere dazu, Stiere mit guten mütterlichen Vorfahren
  Als Züchterin oder Züchter sollte man seine Herde durchge-             nachzunehmen aus der eige­nen Herde oder derjenigen eines
  hen und überlegen: Welche Kühe benötigen wenig Kraftfutter,            passenden Partnerbetriebes. Ich kann mir gut vorstellen, dass
  sind gesund und haben eine gute Milchleistung? Es lohnt sich,          sich einzelne Biobetriebe künftig auf die Zucht konzentrieren
  die Körperkondition (BCS) der Kühe zu Beginn der Laktati-              und eigene Stiere absamen lassen. Das FiBL und Bio Suisse
  on gut zu beobachten. Für die Zucht sollten nur Tiere einge-           planen ein Projekt, um gute Biostiere für die künstliche Be-
  setzt werden, die wenig abmagern und dennoch ansprechend               samung aufzuziehen und die Samen in Zusammenarbeit mit
  Milch geben. Diese Tiere passen ihr Fressverhalten und ihre            Swiss­genetics auf den Markt zu bringen.
  Milchleistung dem vorhandenen Futter an. Die regelmässige              Interview: Claudia Frick
  Körperkonditionsbeurteilung ermöglicht zudem, die Kraftfut-
  tergaben den Einzeltieren anzupassen: das heisst, jeder Kuh
  wird nur so lange Kraftfutter gefüttert, bis sie nicht mehr ab-
  magert. Ein anderes Auswahlkriterium ist das Fressverhalten:
  Auf Biobetrieben benötigen wir Kühe, die gerne viel weiden,                        Auswahl von Stieren
  also gute, fleissige Raufutterfresserinnen sind. Diese Kühe                             www.bioaktuell.ch Magazin Archiv 2017
  zeigen mit ihrem Verhalten und ihrer Körperkondition, ob sie                            Bioaktuell 7|2017 S. 24, «Neue und alte
  zum Betrieb passen. Bei Stieren aus dem Katalog fehlen diese                            ­Stiere für die Biozucht»
  Informationen.                                                                          www.bioaktuell.ch Tierhaltung Rindvieh Zucht

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Biotierzucht: Fokus auf den Rindern
Bei den Rindern ist die Zucht weitgehend in den Händen der            gen Magen-Darm-Strongyliden (MDS) resistent sind, für die
Landwirtinnen und Landwirte. Sie können ihr Zuchtziel selber          Zucht selektioniert. Der Befall mit diesen Würmern führt bei
wählen und diesem so über die Jahre immer näher kommen.               Schafen zu grossen gesundheitlichen Problemen. Ein weiteres
Bei den Schweinen hat die hofeigene Zucht neu begonnen,               Projekt hat sich die Erhaltung und Zucht der dunklen euro­
Betriebe mit Eigenremontierung züchten mit den Tieren wei-            päischen Biene zum Ziel gesetzt. Diese auch schwarze Biene
ter, die sich für den Biolandbau eignen.                              genannte Rasse ist die einzige, die ursprünglich aus dem Ge-
   Am FiBL werden mehrere Projekte mit Schwerpunkt Bio-               biet nördlich der Alpen stammt. Claudia Frick              •
tierzucht durchgeführt, diejenigen zur Rinder- und Schwei-
nezucht sind nachfolgend vorgestellt. Nebst diesen Projek-               www.fibl.ch Themen Tierzüchtung
ten leitet das FiBL auch solche zur Ziegen- und Bienenzucht:             anet.spengler@fibl.org
Beim Projekt «Bockweide» werden Milchschafwidder, die ge-                Tel. 062 865 72 90

                               Für ein effizientes und gesundes Rindvieh
                               Am FiBL laufen verschiedene Projekte zur stand-        Im Projekt «Organic Dairy Health» vergleichen die
                               ortangepassten Rindviehzucht.                          Forschenden Milchrinderrassen, die in einer Region
                               Im Projekt «GenTore» beobachten die Forschenden        typisch und ursprünglich sind, mit kommerziellen
                               das Fress- und Wiederkäuverhalten von Kühen            Rassen auf Biobetrieben in fünf europäischen
                               auf vier Betrieben bei wechselndem Futter, v. a. auf   Ländern, darunter die Schweiz. Finanziert wird das
                               der Weide. Auch die Körperkondition, die Milch­        Projekt von den jeweiligen Ländern; der Schweizer
                               leistung und -zusammensetzung, der Gesundheits-        Teil wird von Österreich mitfinanziert. cfr
                               zustand und die Fruchtbarkeit werden erhoben. Es
                               wird vermutet, dass Kühe, die ihr Verhalten gut            www.biorindviehzucht.ch
                               an wechselndes Futter anpassen können, gesünder            shop.fibl.org
                               und effizienter sind als andere. Aus den erhobenen          Merkblatt Nr. 1686 «Kuhfamilienzucht»
                               Daten versuchen die Forschenden abzuleiten,                 Merkblatt Nr. 1468 «Stierhaltung für die
                               welche Eigenschaften die Tiere vererben. Das               Zucht im Biobetrieb»
                               Projekt wird finanziert von der EU und dem Staats-          Merkblatt Nr. 1586 «Biomilchviehzucht
                               sekretariat für Bildung, Forschung und Innovation.         im Berggebiet»
                               Im von Bio Suisse finanzierten Projekt «Milchvieh-         www.bioaktuell.ch Tierhaltung
                               zucht Umsetzung» führt das FiBL regelmässige               Rind­vieh Zucht
                               Gesprächsrunden mit Biozüchtern und -züchterin-
                               nen zu Kriterien des Kleeblattlabels für KB-Stiere     Die IG neue Schweizer Kuh unterstützt ihre Mit­
                               durch. Zudem werden Stellungnahmen zu Zucht­           glieder dabei, wirtschaftliche Kühe zu züchten auf
                               zielen formuliert und Vorschläge und Forderungen       der Basis der einheimischen Futtergrundlage.
                               zur Förderung der Biozucht gemacht.                        www.swiss-cow-index.ch

                               Eine Bioschweinerasse als Ziel
                               In der Schweiz gibt es nur wenige Schweinerassen,      Biobetrieben werden die Jungsauen nachgenom-
                               deren Eigenschaften entsprechen oft nicht den          men, deren Mütter sich bewährt haben und zu
                               Ansprüchen der Demeter- und Biobetriebe. Im vom        den Futter- und Haltungsbedingungen des
                               FiBL geleiteten Projekt «Unser Hausschwein – Eine      Biolandbaus passen. Mit dieser neuen Regelung
                               Schweinerasse für die Schweiz» soll eine neue          sollen auch zukünftige Bio-Remontierungsbetrie-
                               Bioschweinerasse gezüchtet werden. Zuchtziel ist       be eine Chance erhalten, ihre Biojungsauen zu
                               ein genügsames, robustes und gesundes Haus-            vermarkten. cfr
                               schwein, das den Grundsätzen einer wesensgemä-
                               ssen Tierhaltung entspricht. Die Zuchtkriterien sind       shop.fibl.org Merkblatt Nr. 1695
                               Mastleistung, Fleischqualität, Raufutterverwer-           «Zu grosse Würfe und Ferkelverluste vermeiden»
                               tungspotenzial, Robustheit und Reproduktionsleis-          www.bioaktuell.ch Tierhaltung Schweine
                               tung. Das Projekt wird von Demeter und Bio Suisse
                               finanziell unterstützt.                                Hilfreich bei der Remontierung ist der Bio-Index
                               Auch Bio Suisse möchte die Bioschweinezucht            der Suisag. Er zeigt die wichtigsten Naturalzucht-
                               voranbringen. Deshalb verlangt sie per Januar          werte und Teilindices auf.
                               2020, dass 100 Prozent der Jungsauen (Mutter­               www.suisag.ch Service Dokumente:
                               schweine) von Biobetrieben stammen. Denn auf               «Bio-Index für Mutterlinien KB-Eber»

                                                                 11                                                  B I OA K T U E L L 8|2018
Züchtung für den Biolandbau - Liveseed
Züchtung

  «Ohne Biozüchtung kann
  es keinen Biolandbau geben»
  Chronisch unterfinanziert, kämpfen
  private Biozüchter in der Schweiz für die
  Zukunft des Biolandbaus. Wir haben
  mit Amadeus Zschunke von Sativa über
  die Herausforderungen gesprochen.
  Herr Zschunke, wo liegen die Herausforderungen in
  der Biozüchtung?
  Amadeus Zschunke: Das grösste Problem für uns ist die Fi-
  nanzierung: Der Verkauf unseres Biosaatgutes reicht nicht,
  um die neue Züchtung zu finanzieren. Dafür ist der Bio-
  landbau flächenmässig einfach zu klein. Also benötigen wir
  externes Geld: vom Bund, von Stiftungen und von Privaten.
  Diese sprechen ihr Geld jedoch oft nur für ein Jahr, was bei
  Zuchtprojekten, die im Durchschnitt zwölf Jahre dauern, kei-
  ne mittelfristig stabile Finanzierung ermöglicht. Ein weiteres
  Problem ist, dass die Biosorten mit den konventionellen in
  Konkurrenz stehen. Handel sowie Konsumentinnen und Kon-
  sumenten sind sich ein sehr hohes Homogenitätsniveau bei                     Amadeus Zschunke, Geschäftsführer von Sativa. Bild: zVg
  Gemüse gewohnt. So sollte beispielsweise der Broccoli immer
  gleich aussehen, egal ob bio oder nicht. Diese Homogenität            sichert ist. Darüber hinaus fehlt es uns an gut ausgebildeten
  ist aber ohne die Züchtungstechnik der Zellfusion schwierig           Leuten, die Züchtungserfahrung mitbringen und bereit sind,
  zu erreichen, und diese Technik ist im Biolandbau verboten.           sich in der Biozüchtung zu engagieren.
  Wir müssen daher oft erst eigene Züchtungsmethoden entwi-
  ckeln, um zu einem gleichen Ergebnis zu gelangen wie in der           Wie sehen Sie die Rolle von FiBL und Bio Suisse in Bezug
  konventionellen Züchtung.                                             auf die Biozüchtung?
                                                                        Das FiBL ist ein sehr kooperativer Partner. Die Forschenden
  Wann hat sich das Verständnis entwickelt, dass es eine                bearbeiten vor allem Grundlagenfragen. Bei Bio Suisse ist es
  eigene Biopflanzenzüchtung braucht?                                   ein Fortschritt, dass die Unterstützung der Züchtung in der
  Die Anfänge reichen sehr weit zurück, aber allgemein ist die          neuen Strategie Avanti 2025 festgeschrieben ist. Insgesamt
  Biozüchtung vielleicht seit zehn Jahren akzeptiert. Als vor-          könnte Bio Suisse aber mehr in die Züchtung investieren. Als
  gelagerte Branche ist Saatgut ein Bereich, dessen Wichtig-            Verband hätte man die Möglichkeit, mit einem Infrastruktur-
  keit erst nach und nach ins Bewusstsein dringt. Klar ist aber:        beitrag die privaten Züchter zu unterstützen. Das würde den
  Wenn die Finanzierung der Biozüchtung nicht langfristig ge-           Handel hoffentlich ebenfalls motivieren, sich an der Züch-
  klärt wird, wird sich der Biolandbau verändern müssen.                tungsfinanzierung zu beteiligen. Grundsätzlich sollten Pro-
                                                                        duktion, Verarbeitung und Konsum gemeinsam die Züchtung
  Was meinen Sie damit?                                                 finanzieren. Wäre beispielsweise jedes Bioprodukt fünf Rap-
  Mit Biosorten fängt der Biolandbau an. Deshalb müssen wir             pen teurer, wäre die gesamte Biozüchtung finanziert.
  als Branche dafür sorgen, dass wir das Saatgut haben, mit dem         Interview: Katharina Scheuner
  wir in der Produktion die Richtlinien erfüllen können. An-
  dernfalls müssen wir uns von gewissen Idealen verabschieden.
  Konkret: Der Preis für die Homogenität von Bioprodukten im
  Handel ist hoch. Die Ausbeute ist kleiner, die Arbeitskosten                     Amadeus Zschunke und Sativa Rheinau AG
  grösser, daher der höhere Preis. Oder Branche und Konsu-                         Nach einer Lehre als Biogärtner hat Amadeus Zschunke
  menten müssen akzeptieren, dass Biogemüse anders aussieht.                       Gartenbau mit Schwerpunkt Samenbau und Züchtung in
  Nicht vergessen darf man ausserdem, dass Konsumenten da-                         Deutschland studiert. 2003 gründete er zusammen mit
  von ausgehen, «Bio von Anfang an» sei Realität.                                  Partnern Sativa. Sativa züchtet vor allem Gemüsearten, bei
                                                                                   denen es keine oder zu wenig brauchbare Alternativen zu
  Was müsste sich zudem ändern, damit es die Biozüchtung                           Hybridsorten gibt: Broccoli, Chinakohl, Fenchel, Karotten,
  weniger schwer hat?                                                              Kohlrabi, Rosenkohl, Sellerie, Zucchetti, Zuckermais und
  Es braucht Verbesserungen auf allen Ebenen. Am wichtigsten                       Zwiebel.
  wäre, dass unsere Züchtungsarbeit finanziell langfristig ge-                         www.sativa-rheinau.ch

  B I OA K T U E L L 8|2018                                        12
Züchtung für den Biolandbau - Liveseed
Das macht eine Biosorte aus
Die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaube-              tung in der Öffentlichkeit populärer zu machen. Der Verein
wegungen (IFOAM) hat in groben Zügen festgelegt, welche                 vergibt das Label «Bioverita» an Pflanzenzüchter, deren Sor-
Anforderungen eine Biozüchtung erfüllen muss. So muss                   ten nach den Vorgaben des Bioverita-Reglements biologisch
beispielsweise bei einer biologisch gezüchteten Sorte die an-           gezüchtet wurden. Aktuell sind 56 Sorten als Bioverita-Sorten
gewandte Zuchttechnik offengelegt und die natürliche Ver-               anerkannt, davon 19 von Schweizer Züchtern. Die Liste aller
mehrung der Sorte respektiert und aufrechterhalten werden.              Bioverita-Sorten ist online verfügbar.
Zudem dürfen Biosorten nicht patentiert werden; verboten                   Bio Suisse hat ihre Anforderungen an die biologische Pflan-
sind auch Zuchtmethoden, die in das Erbgut eingreifen. Die              zenzüchtung detailliert in ihren Richtlinien festgehalten. So
bei Gemüse oft angewandte Methode der Zellfusion greift                 werden beispielsweise alle Bioverita-Sorten automatisch als
aber ins Erbgut ein. Deshalb sucht das FiBL mit der Unter-              Sorte der Kategorie I klassifiziert. Claudia Frick           •
stützung von Bio Suisse nach Gemüsesorten ohne Zellfusion,
die trotzdem die Bedürfnisse des Marktes abdecken.                         www. bioaktuell Pflanzenbau Saat- und Pflanzgut
   Der Schweizer Verein Bioverita setzt sich international für             www.bio-suisse.ch Produzenten Richtlinien und Merkblätter
eine bessere Bekanntmachung der Biozüchtung ein. Der Ver-                  Richtlinien und Weisungen
ein wurde im Jahr 2010 mit dem Ziel gegründet, die Biozüch-                www.bioverita.ch

                                Biologische Pflanzenzüchtung für eine grosse Vielfalt
                                Eine Biosorte wird unter Biobedingungen entwickelt,     für Mischkulturen gezüchtet – zwei Kulturen also,
                                unter jenen Bedingungen also, unter denen sie           die nicht nur jede für sich, sondern in der Interaktion
                                später ihre produktive Leistung erbringt: mit Hofdün-   miteinander eine gute Leistung erbringen. Pflanzen
                                ger, biologischer Schädlingsregulierung und an          existieren nur in Verbindung mit ihrer Umgebung,
                                diversen sehr unterschiedlichen Stand­orten. Bio­       insbesondere den Bodenmikroben. In der Biozüch-
                                diversität wird erzielt, indem viele verschiedene       tung wird auch diesen Helfern Rechnung getra-
                                Kulturarten, aber auch verschiedene Sorten gezüch-      gen, indem auf eine grosse Vielfalt geachtet wird.
                                tet werden. Der Biolandbau ist besonders auf diese      In der Schweiz ist die Biozüchtung dezentral und
                                unterschiedlichen Sorten angewiesen, da Stand­ort­      partizipativ organisiert. Das ermöglicht, viele
                                unterschiede nicht mit chemischen Mitteln aus­          verschiedene lokale Bedingungen in die Züchtung
                                geglichen werden können. Im Biolandbau wird auch        einer Biosorte einfliessen zu lassen. ks

                                Sortenkategorisierung
                                In den Richtlinien von Bio Suisse werden folgende       III. Sorten aus konventioneller Züchtung oder
                                Sortenkategorien unterschieden:                              Sorten ohne Deklaration der Zuchtmethoden.
                                I. Sorten aus zugelassenen biologischen Pflan-          IV. Sorten aus Züchtungsprogrammen mit kriti-
                                    zenzüchtungsprogrammen (z. B. Bioverita) oder            schen Züchtungsmethoden (z. B. Blumenkohl-
                                    vergleichbarer Züchtung.                                 sorten, die mittels Zellfusion gezüchtet wurden).
                                II. Sorten aus Züchtungen für den biologischen          X.		Alte Sorten und Herkünfte (z. B. ProSpecieRara-
                                    Landbau, welche die Anforderungen an die                 Sorten oder Hofsorten), die dem Erhalt der
                                    biologischen Pflanzenzüchtungsprogramme                  Agro-Biodiversität dienen. cfr
                                    nicht vollständig erfüllen, keine kritischen
                                    Züchtungstechniken verwenden und mindes-            Aktuell sind erst Gemüsesorten kategorisiert, die
                                    tens teilweise unter biologischen Bedingungen       Kategorisierung für weitere Arten läuft momentan.
                                    selektiert wurden. Die Sorten müssen unter              beatrice.scheurer@bio-suisse.ch
                                    biologischen Bedingungen geprüft worden sein.           Tel. 061 204 66 18
                                                                                                            

                                Einstufung des Vermehrungssaatgutes
                                Die Richtlinien von Bio Suisse schreiben vor,            material gelten Bezugsprioritäten, wenn das
                                dass grundsätzlich biologisches Ausgangsmaterial        V­ ermehrungsmaterial von den Anbietern selbst auf
                                aus inländischer Knospe-Produktion verwendet            organicXseeds veröffentlicht wird. Nur dann gilt
                                werden muss. Sobald eine genügende Auswahl zur          eine Sorte als verfügbar. cfr
                                Verfügung steht, ist unter Biobedingungen gezüchte-
                                tes Ausgangmaterial solchem, das unter Bio­                 www.organicXseeds.ch
                                bedingungen vermehrt, aber konventionell gezüchtet          matthias.klaiss@fibl.org
                                wurde, vorzuziehen. Beim Bezug von Vermehrungs-             Tel. 062 865 72 08

                                                                   13                                                   B I OA K T U E L L 8|2018
Züchtung für den Biolandbau - Liveseed
Züchtung

  Forschung und Züchtung arbeiten Hand
  Biopflanzenzüchterinnen und -züchter                                            Beispiel in der Biopflanzenzüchtungs-Organisation ECO-PB.
                                                                                  Für den Biosektor ist es dabei besonders wichtig, sich nicht
  werden in zahlreichen Projekten                                                 nur auf die Verbesserung einzelner Gene zu konzentrieren.
  vom FiBL wissenschaftlich begleitet.                                            Das FiBL geht deshalb stets von einem Systemansatz aus. Das
                                                                                  heisst, dass der Fokus auf der Züchtung für komplexe Sys-
  Die privaten Züchterinnen und Züchter wissenschaftlich zu                       teme liegt, steht doch eine Pflanze in ständigem Austausch
  begleiten gehört zu den Schwerpunkten des FiBL als Kom-                         mit anderen Pflanzen, mit dem Klima, mit Insekten und mit
  petenzzentrum für Biopflanzenzüchtung. Aktuelle Projekte                        Bodenmikroben. Das FiBL setzt dabei auch auf partizipative
  werden auf dieser Seite vorgestellt. Zudem ist das FiBL daran                   Züchtung mit Landwirtinnen und Landwirten, wie etwa in
  beteiligt Züchtungsaktivitäten weltweit zu koordinieren, zum                    den Soja- und Baumwollprojekten. Franziska Hämmerli        •

  Das FiBL begleitet Pflanzenzüchtung

                              Lupine                                                                          Erbse
                               Der Anbau der wertvollen heimischen                                            Die Erbse ist eine wichtige heimische
                               Eiweisspflanze Weisse Lupine ist durch die                                     Proteinpflanze und wertvolle Stickstoff-­
                               Krankheit Anthraknose stark beeinträch-                                        Fixiererin. Sie kann aber nur alle sieben bis
                               tigt. Das FiBL testet Landsorten aus                                           acht Jahre angebaut werden, da Resisten-
                              aller Welt auf dem Praxisbetrieb Bio-­                                          zen gegen die sogenannte Erbsenmüdig-
                               Böhler auf Toleranz und kreuzt die besten                                      keit fehlen. Diese Krankheit wird durch
                               mit aktuellen Sorten. Die Selektion erfolgt                                    Erreger im Boden verursacht und kann zu
  auf dem Feld, auch werden molekulare, mikrobiologische und                      grossen Schäden bis hin zum Totalausfall führen. Daher ist das FiBL
  ­biochemische Diagnostikverfahren entwickelt und angewandt. Die                 gemeinsam mit Projektpartnern Mechanismen auf der Spur, die die
  Getreidezüchtung Peter Kunz (GZPK) und Partner der Wertschöpfungs-              Erreger unschädlich machen und nützliche Mikroben fördern können.
  kette sind beteiligt. GZPK züchtet die Linien bis zur Marktreife.               Das Wissen soll für die Züchtung resistenter Erbsen genutzt werden.

                              Soja                                                                            Apfel
                             Während der Markt für Biospeisesoja eher                                           Die wertvollen genetischen Ressourcen
                             bescheiden wächst, besteht an Biosoja zu                                          der Schweizer Apfelsorten sollen vermehrt
                             Futterzwecken ein grosser Bedarf, dort ist                                         in den Verkauf gelangen und züchte-
                             allerdings der Marktpreis viel geringer.                                           risch für den Biomarkt angepasst werden.
                             Neben der Züchtung neuer, biogeeigneter                                            Zum einen geschieht dies durch den
                             Sorten (bei Agroscope oder durch Ausbil-                                          ­direkten Anbau von geeigneten alten
                             dung von Bauern, damit sie eine für ihre                                         ­Apfelsorten, zum anderen durch die
  Bedingungen geeignete Sojapopulation selektionieren), müssen                    Kreuzung von alten mit modernen Sorten, um Eigenschaften wie eine
  deshalb vor allem die Produktionskosten gesenkt und das Beratungs-              dauerhafte Krankheitstoleranz und gute Lagerfähigkeit zu verbessern.
  angebot ausgebaut werden. Daran wird das FiBL auch zukünftig mit                Dabei arbeitet das FiBL mit Poma Culta, einem Verein für biodynami-
  Akteuren der Wertschöpfungskette in mehreren Projekten arbeiten.                sche Apfelzüchtung, und Agroscope zusammen.

                              Aprikose                                                                        Baumwolle
                              Es könnten viel mehr Schweizer Bioapriko-                                       Kleinbauern von Biobaumwolle sind
                              sen verkauft werden. Bislang produzieren                                        massiv unter Druck geraten, da sie kaum
                              jedoch nur wenige Betriebe Aprikosen.                                           mehr Saatgut bekommen, das gentech-
                              Diese sind starken Ertragsschwankungen                                          nisch unverändert ist. Zudem sind die
                              ausgesetzt, da die Schlüsselkrankheiten                                         erhältlichen älteren Sorten nicht auf
                              Monilia und Pseudomonas kaum reguliert                                          ihre Eignung für den Bioandbau geprüft.
                              werden können. Um einen ertrags­                                                Das FiBL fördert daher seit über 8 Jahren
  sicheren Anbau zu entwickeln, fördert das FiBL die Suche nach                   die partizipative Baumwollzüchtung für den kleinbäuerlichen Bioanbau
  moniliatoleranten Sorten mittels innovativer Züchtungsmethoden wie              in Projekten wie «Seeding the Green Future» (Grüne Zukunft säen)
  der ­markergestützten Selektion (MAS), die gemeinsam mit Agro­                  und «Green Cotton» (Grüne Baumwolle). In einem innovativen trans-
  scope durch­geführt wird. Zudem werden biologische Pflanzenschutz-              disziplinären Ansatz sind Kleinbauern, Züchter, Forscher, Berater und
  massnahmen gegen Blüten- und Fruchtmonilia geprüft.                             Vertreter der Spinn- und Textilindustrie von Anfang an aktiv beteiligt.

  B I OA K T U E L L 8|2018                                                  14
Züchtung für den Biolandbau - Liveseed
in Hand
  Sortenprüfung                                   Züchtung europaweit
                                                                                                   Ansprechpartnerin
  Das FiBL führt auf Betrieben sowie am            Biopflanzenzüchtungs-Organisationen sind        ­Pflanzen­züchtung
  Standort Frick Sortenprüfungen durch. Dabei      europaweit organisiert im ECO-PB (European      Bei Fragen oder Anregungen zur Biopflanzen-
  werden Pflanzensorten bezüglich ihrer            Consortium for Organic Plant Breeding). Hier    züchtung kontaktieren Sie Monika Messmer,
  Eignung für den Bioanbau, die Verarbeitung       werden Meetings organisiert, Positionspa-       Leiterin der FiBL-Pflanzenzüchtungsgruppe.
  und die Vermarktung beurteilt.                   piere entwickelt und Vorlagen für verbesserte       monika.messmer@fibl.org
  Derzeit werden folgende Kulturen geprüft:        gesetzliche Rahmenbedingungen erarbeitet.           Tel. 062 865 04 43
  Ackerkulturen: Kartoffeln, Weizen, Mais,         ECO-PB wird von Monika Messmer geleitet.
  Soja, Süsslupinen                                    www.eco-pb.org
  Gemüse: Tomaten, Gurken, Broccoli, Bohnen
  Obst: Äpfel, Birnen, Kirschen, Aprikosen         Eine Supportstelle für ökologische Pflanzen-
  Beeren: Erdbeeren, Himbeeren                     züchtung wird vom FiBL Schweiz gemeinsam
  Wein: Pilzwiderstandsfähige (PIWI) Reb­          mit dem FiBL Deutschland seit 2014 geleitet.
  sorten                                           Hier können sich Züchterinnen und Züchter
                                                   melden, die für ihre Projektanträge fachliche
  Details zu den Sortenprüfungen oder Züch-        Hilfe wünschen, um erfolgreicher öffentliche
  tungsprojekten, deren Finanzierung und den       Gelder akquirieren zu können.
  beteiligten Partnern sind in der Projektda-      Ansprechpartnerinnen sind Monika Messmer
  tenbank des FiBL per Volltextsuche zu finden.    vom FiBL Schweiz und Freya Schäfer vom
      www.fibl.org Projekte                        FiBL Deutschland.

  Das FiBL in internationalen Züchtungsprojekten

                                  Liveseed                                                                Remix
                                  Um die Leistungsfähigkeit des                                           Die Entwicklung von Zuchtmaterial
                                  biologischen Landbaus zu steigern,                                      für Mischkulturen ist ein Hauptfokus
                                  fördert das Projekt die Verbesserung                                    des Projekts. Zudem werden zusam-
                                  von Biosaatgut und die Biopflanzen-                                     men mit 22 Partnern Techniken und
                                  züchtung in ganz Europa. Das FiBL                                       Maschinen für Anbau und Verarbei-
                                  leitet die wissenschaftliche Koordi-                                    tung von Mischkulturen optimiert
                                  nation dieses Projekts mit 49 Part-                                     sowie Merkblätter für Landwirte und
                                  nern in 18 Ländern Europas.                                             Beraterinnen entwickelt.
                                       www.liveseed.eu                                                        www.remix-intercrops.eu

                                  Bresov                                                                  Diversifood
                                  Für Broccoli, Gartenbohne und                                           Die Nutzpflanzenvielfalt soll erhalten
                                  Tomate soll die genetische Basis                                        und vergrössert werden. So werden
                                  erweitert werden. Dazu werden alte                                      Gemüsesorten, aber auch Weizen,
                                  und neue Sorten weitergezüchtet.                                        Mais, Lupinen oder Kastanien auf
                                  Sie sollen ertragreicher und wider-                                     Pflanzengesundheit, stabile Erträge
                                  standsfähiger gegenüber Krankhei-                                       und gute Produktqualität untersucht,
                                  ten, Schädlingen und Umwelteinflüs-                                     vermehrt und gemeinsam mit Land-
                                  sen werden.                                                             wirten weitergezüchtet und evaluiert.
                                      www.bresov.eu                                                           www.diversifood.eu

                                                                         15                                                B I OA K T U E L L 8|2018
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