Zürcher Wirtschaftsmonitoring - Zurück in den Kreislauf: Abfall als Ressource Dezember 2019 - Kanton Zürich
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Kanton Zürich Volkswirtschaftsdirektion Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürcher Wirtschaftsmonitoring Zurück in den Kreislauf: Abfall als Ressource Dezember 2019
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 4 Spezialthema 4 Zurück in den Kreislauf Mit ressourcenschonendem, innovativem Produktedesign und Geschäftsmodellen, die auf Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit der Produkte basieren, können Produktionskreisläufe wieder geschlossen werden. Für den Wirtschaftsstandort Zürich bietet diese wirtschaftli- che Denkweise Chancen 8 Kompostierbarer Plastikersatz aus Abfall Das Zürcher Cleantech-Unternehmen FluidSolids setzt den Kreislaufan- satz konsequent um: Aus Abfällen und Rohstoffen produziert es Werkstoffe, die ohne Plastik auskommen 9 Aus Alt mach Neu Kreislaufwirtschaft in der Baubranche bedeutet, aus alten Gebäuden wieder neue zu bauen. Die Eberhard Unternehmungen setzen auf das Prinzip «Urban Mining» und verarbeiten in ihrer Baustoffrecyclinganlage in Rümlang jährlich bis zu 450 000 Tonnen Bauschutt. Künftig kommen auch Sortierroboter zum Einsatz 11 Kanton Zürich 11 Langsamere Gangart der Zürcher Wirtschaft Die Zürcher Wirtschaft hält sich im rauen internationalen Umfeld nach wie vor relativ gut. Insbesondere die Dienstleistungs- branchen sind robust, von der Industrie kommen jedoch nachlassende Wachstumsimpulse. Die wirtschaftlichen Aus- sichten bis Frühjahr 2020 bleiben verhalten 15 Die Karten in der Fahrzeugindustrie werden neu gemischt Die Fahrzeugindustrie befindet sich im technolo gischen Wandel: Abkehr vom Verbrennungsmotor, Entwick- lung autonomer Fahrsysteme und neues Nutzungsverhalten wie Carsharing stellen die Branche vor vielfältige Herausfor- derungen 18 Schweiz und 18 Zürcher Handelspartner im Tempo eines Lang Ausland streckenläufers Die Weltwirtschaft wächst in diesem Jahr nur noch verhalten, und auch die Wirtschaftsleistung der Zürcher Handelspartner wächst langsamer als in den Vorjah- ren. Die Eurozone durchläuft eine wirtschaftliche Durst- strecke 23 Wirtschaftsdaten & Prognosen Kreislaufwirtschaft als Chance für den Standort Zürich: An den Zürcher Hoch schulen forschen diverse Projektteams an neuen Materialien und Produktionsprozessen, die ressourcenschonend sind und die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten erhöhen 2 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
Editorial Liebe Leserinnen Liebe Leser Produzieren, konsumieren, entsorgen: Dies ist das Prinzip der linearen Wirtschaft, welches der traditio- nellen industriellen Produktion zugrunde liegt und unser heutiges Konsumverhalten prägt. Die Kreislauf- wirtschaft hingegen ist ein regeneratives System, in dem die Produkt- und Geschäftsprozesse darauf ausgerichtet sind, Energie- und Materialkreisläufe zu schliessen. Der Ressourceneinsatz, die Abfallerzeu- gung, Emissionen und der Energieverbrauch sollen möglichst minimiert und Produkte nachhaltig produ- ziert und genutzt werden. Weniger, dafür hochwertig, langlebig und im besten Fall wiederverwertbar. Betriebe, die entsprechende Geschäftsmodelle verfolgen, wie beispielsweise das Zürcher Startup FluidSolids, das aus Abfall hochwertigen Plastiker- satz produziert, können dem Cleantech-Cluster zu- gerechnet werden. Im Kanton Zürich umfasst der Cleantech- Cluster insgesamt rund 15 000 Betriebe, wobei erst ein kleiner Teil der Unternehmen in der Kreislaufwirtschaft tätig ist. Es bestehen interessante und zukunftsweisende Opportunitäten für Unterneh- men mit Geschäftsmodellen, die auf eine nachhaltige Produktion, Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit ih- rer Produkte ausgerichtet sind. Lesen Sie mehr über Chancen der Kreislaufwirtschaft in unserem Spe- zialthema ab Seite 4. Die Weltwirtschaft wächst wegen der schwachen globalen Industriekonjunktur in diesem Jahr ver halten. Dies hat auch Auswirkungen auf die Zürcher Industriebranchen, deren Konjunktur sich insgesamt abgekühlt hat. Zürcher Dienstleistungsbranchen ex- pandieren weiter und kompensieren damit teilweise die schwächere Dynamik in der Industrie. Die Aus- sichten für die kommenden Monate bleiben vorerst verhalten – die Gefahr einer Rezession im Kanton Zürich ist derzeit jedoch nicht erkennbar. Auch der hiesige Arbeitsmarkt zeigt sich robust. Die Zahl der Erwerbstätigen nahm in diesem Jahr im Kanton Zürich nochmals deutlich zu und die Arbeitslosen- quote bleibt seit geraumer Zeit recht stabil auf einem tiefen Niveau. Lesen Sie unsere volkswirtschaftlichen Analysen zu Zürich, der Schweiz und zum Ausland ab Seite 11. Dr. Andrea Engeler Chefin Amt für Wirtschaft und Arbeit a.i. Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019 3
Spezialthema Bericht Zurück in den Kreislauf Die Kreislaufwirtschaft ist eine noch kleine, aber wachsende Form des Wirtschaftens: Mit ressourcenschonendem, innovativem Produktedesign und gezielter Wiederverwendung der Materialien sollen Produktionskreis läufe ganz oder teilweise wieder geschlossen werden. Für den Wirtschafts standort Zürich mit seinen erstklassigen Hochschulen und deren Erfahrung in Materialwissenschaften und Verfahrenstechnik bietet diese wirtschaft liche Denkweise Chancen. Unser Wirtschaftsmodell, das auf Wachstum und Kurzfristig- Bei der Kreislaufwirtschaft handelt es sich grundsätzlich um keit getrimmt ist, stösst an Grenzen. Günstig herstellen, viel eine andere Form des Wirtschaftens. Denn sie betrifft nicht nur verkaufen, kurz nutzen und dann ohne viel Skrupel wegwerfen. das eigene Unternehmen, sondern alle Akteure der entspre- Damit lässt sich zwar häufig Geld verdienen. Doch ein solches chenden Wertschöpfungskette. Deshalb lässt sich dieses Modell hat diverse negative Folgen, allen voran die Ressour- Modell auch nicht so einfach von heute auf morgen umsetzen. cenverschwendung und die Umweltverschmutzung. Neue Bereits bei der Entwicklung eines Produktes muss sich das Lösungsansätze sind notwendig und werden in jüngster Zeit Unternehmen Gedanken darüber machen, wie es gegebenen- insbesondere im Kontext des Klimawandels diskutiert. falls in den Ressourcen- und Produktionskreislauf zurückge- führt werden kann. Lieferanten müssen miteinbezogen wer- Hier kommt das Konzept der Kreislaufwirtschaft ins Spiel: den, neue Materialien und Produktions- sowie Lieferwege Grundlage für Überlegungen zum Kreislaufprinzip in der Wirt- entwickelt werden. schaft ist die Erkenntnis, dass in einer Welt mit begrenzten Ressourcen nur Produktionsverfahren mit einem stofflichen Tüfteln für innovative Materialien Kreisschluss unbeschränkt fortgeführt werden können. Die Fachleute sehen insbesondere im allgemeinen, auf Kurzfristig- Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, die Rohstoffe eines Pro- keit ausgerichteten Marktgeschehen sowie bei der Preisge- duktes über dessen Lebenszyklus hinaus zu verwenden. Zen- staltung Hürden für eine grossflächige Umsetzung der Kreis- traler Bestandteil ist das Recycling von Gütern, indem diese laufwirtschaft. «Ein grosser Teil der Produkte ist auf eine kurze komplett oder teilweise wieder in den Produktionszyklus Lebensdauer ausgerichtet und folgt Modetrends», erklärt übergeführt werden. Armin Eberle, Leiter des Instituts für Nachhaltige Entwicklung an der School of Engineering der Zürcher Hochschule für An- gewandte Wissenschaften (ZHAW). «Viele Ressourcen sind – Ansatzpunkte für eine Kreislaufwirtschaft obwohl sie nicht unendlich verfügbar sind – immer noch relativ billig, ebenso die Entsorgung der Produkte. Sobald die Entsor- Folgende Grundsätze sind Erfolgsfaktoren für den Kreislauf gung relativ teuer ist, wie etwa in der Bauwirtschaft, besteht ansatz in der Wirtschaft: ein ökonomischer Anreiz, die Rohstoffe in den Kreislauf zu- –– Konsumenten und Produzenten überdenken ihren Bedarf an rückzuführen.» Material, natürlichen Ressourcen und Produkten. –– Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten sind zentrale Elemente im Produktedesign. Potenzial und Chancen der Kreislaufwirtschaft sind erkannt. –– Erfolg versprechend sind Geschäftsmodelle, bei denen eine Auf verschiedenen Ebenen setzen sich Umwelt- und Bran- möglichst kundengerechte und ressourcenschonende chenverbände wie swisscleantech dafür ein, den Kreislaufan- Dienstleistung und nicht der Verkauf von möglichst vielen satz zu fördern. An der Eidgenössischen Technischen Hoch- Produkten im Vordergrund steht. Durch Effizienzsteigerun- schule (ETH) sowie an der Zürcher Hochschule für Angewandte gen, optimiertes Design und bedürfnisorientierte Dienstleis- Wissenschaften (ZHAW) forschen diverse Projektteams an tung wie etwa Mieten statt Kaufen können viele Materialien neuen Materialien und Produktionsprozessen, die ressourcen- eingespart werden. schonend sind und die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit –– Produkte werden geteilt, um die Nutzungsintensität zu von Produkten erhöhen. erhöhen. –– Produkte werden in einem zweiten Leben weiterverwendet. Viele Branchen haben Potenzial –– Produkte werden nach Möglichkeit repariert, um die Nut- Nicht überall hat der Kreislaufansatz die gleiche Wirkung. zungsdauer zu verlängern. Nachfolgend Branchenbeispiele, die grosses Potenzial für den –– Veraltete und abgenutzte Produkte werden neu aufbereitet Kreislaufansatz haben. und erhalten allenfalls einen neuen Zweck und Wert. Dies bietet Chancen zu einer technologischen Aufwertung im in- Textilindustrie: dustriellen Prozess (Stichwort «Remanufacturing»). Die Modebranche ist unter dem Begriff «Fast Fashion» als In- begriff der Wegwerfgesellschaft in Verruf geraten. Modekon- Fortsetzung Seite 6 4 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
Spezialthema Infografik Abfall als Ressource Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft ist das Gegenteil der linearen Wegwerfwirtschaft Sekundärrohstoffe Reuse Rohstoffe: Recycle Verminderung wert Weniger und voller Ressourcen intelligentere Verpackung und toxischer Sub stanzen Produkt: Konsument umweltfreundliche und innovative Herstellung Materialwissenschaft Reparieren In der Kreislaufwirtschaft soll nichts verloren gehen, und fast nichts wird zu freundliche und innovative Produkteherstellung, möglichst lange Nutzung und wertlosem, womöglich giftigem Abfall. Die verschiedenen Etappen sind Teil ei- allenfalls Recycling zu Sekundärrohstoffen, die wiederum für neue Produkte nes grossen Kreislaufs: ressourcenschonende Rohstoffgewinnung, umwelt- eingesetzt werden. Die Kreislaufwirtschaft ist ein System, in dem Ressourcen Garantie). Die Kreislaufwirtschaft bedingt deshalb einen Wandel einsatz und Abfallproduktion, Emissionen und Energieverbrauch der herkömmlichen Geschäftsmodelle. Langlebigkeit und minimiert werden. Dies kann durch das Verlangsamen, Verrin- Reparaturfähigkeit von Produkten müssen von Anfang an mit- gern und Schliessen von Energie- und Materialkreisläufen erfol- einbezogen werden. So fördert die Kreislaufwirtschaft auch gen, aber auch durch ein innovatives Design von Produkten, die neue Geschäftsmodelle wie beispielsweise Sharing-Konzepte. langlebig sind, durch gezielte Instandhaltung und Reparatur von Produkten, durch Wiederverwendung oder leicht abgeänderte Das Konzept der Kreislaufwirtschaft wurde 1990 vom britischen Verwendung (Stichwort «Remanufacturing»). Die Kreislaufwirt- Wissenschaftler David W. Pearce eingeführt, der es aus der schaft verfolgt einen gegenteiligen Ansatz der linearen Wirt- «industriellen Ökologie» entwickelte mit der Reduktion von Res- schaft, die von ihrem Verlauf her von der Produktion bis zur Ent- sourcen und dem Einsatz sauberer Technologien als zentralen sorgung auch eine «Wegwerfwirtschaft» ist. Elementen. Viele Produkte wie Elektronikgegenstände sind so konzipiert, > Weiterführende Links und Veranstaltungen zum Thema Kreislauf- dass sie nach einer gewissen Dauer nicht mehr funktionieren wirtschaft finden Sie unter awa.zh.ch/monitoring und entsorgt werden müssen (in der Regel kurz nach Ablauf der Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019 5
Spezialthema Bericht zerne wie H&M oder Zara werfen fast im Wochentakt neue und billige Modekollekti- Zürcher Beiträge onen auf den Markt. Schätzungen gehen davon aus, dass über die Hälfte der zur Kreislaufwirtschaft weltweit neu verkauften Kleidungsstücke nach einem Jahr bereits auf dem Abfall landen, und rund 30 Prozent der neu produzierten Ware überhaupt nie verkauft wird. Tausch-App verlängert Lebensdauer der Freitag-Taschen Die Textilindustrie ist nach der Landwirtschaft der grösste industrielle Verbraucher Seit 25 Jahren ist der Recycling-Pionier von Wasser und gleichzeitig ein starker Verschmutzer dieser Ressource. Für ein Freitag am Markt. Seine trendigen Taschen T-Shirt werden rund zweitausend Liter Wasser, für eine Jeans bis zu achttausend Li- werden aus Lastwagenplanen, Veloschläu- ter Wasser benötigt. Der Fokus der Ressourceneffizienz in der Textilproduktion liegt chen und Sicherheitsgurten hergestellt. daher in der Reduktion des Wasserverbrauches. Ein weiteres Problem ist die starke Um die Lebensdauer der Taschen zu ver- Zunahme von verwendeten Kunstfasern, in erster Linie Polyester, die unter anderem längern, bietet das Unternehmen neu eine für Funktionssportbekleidung verwendet werden und in der Produktion und beim Ge- Tausch-App an. Die Auswahl der zum brauch nach dem Waschen Mikroplastik hinterlassen. Das Recycling von Kleidern ist Tausch angebotenen Taschen funktioniert wegen des wachsenden Anteils an Kunstfasern in der Kleiderproduktion ein noch wie bei der Dating-App «Tinder» über eine nicht gelöstes Problem. Diese lassen sich meist nur schwer von Baumwolle trennen, Wischbewegung nach links oder rechts. sodass daraus kein sortenreines Garn mehr produziert werden kann. Schlieremer Startup will Kleidungs- Bauindustrie: produktion nachhaltiger machen In der Schweiz ist der Bauabfall mit über 7 Mio. Kubikmeter pro Jahr der grösste Ab- Das in Schlieren domizilierte ETH-Spinoff und Startup HeiQ entwickelte ein Clean- fallproduzent. Entsprechend gross ist der Hebel ressourcenschonender und wieder- tech-Verfahren, das beim Färben und der verwertbarer Baumaterialien. Kies und Sand, die Grundlage für Beton, sind knappe Endverarbeitung von Textilien zum Einsatz Güter. Materialien können zurück in den Kreislauf gebracht werden, indem beim Ab- kommt und Wasser, Energie und Chemi bruch von Bauten der Bauschutt sortenrein getrennt wird und die Materialien für kalien spart. Dank dem Ersatz eines Che- neue Bauvorhaben wieder verwendet werden. Das Zürcher Bauunternehmen Eber- miestoffes im Färbprozess von Polyester hard beispielsweise verarbeitet in ihrem Baustoff-Recyclingzentrum jährlich bis zu kann die Produktionszeit verkürzt und um- 450 000 Tonnen mineralischen Bauschutt (vgl. Beitrag auf Seite 9). Viele Baufirmen weltschonender erfolgen. HeiQ arbeitet und Private arbeiten mit dem Verein Madaster zusammen, einer Onlineplattform, die bereits in elf Ländern mit ihrem innovativen Baumaterialien registriert und als Lagerplatz von Materialien fungiert für eine zu- Produkt, unter anderem mit dem Textil künftige Verwendung. unternehmen Twinery aus Sri Lanka. Das 2005 gegründete Unternehmen wurde Verpackungsindustrie: 2019 mit dem Umweltpreis der Wirtschaft Die weltweite Plastikverschmutzung ist als ernsthaftes Problem anerkannt. Die Frage ausgezeichnet. nach sinnvoller und plastikreduzierter Verpackung sowie das Vermeiden von «Food Waste» treibt heute die Nahrungsmittel- und Detailhandelsbranche um. Doch wird Industrieabfall dämmt Gebäude Das ETH-Spinoff FenX verwandelt Indu bei der Verpackung zu stark reduziert, kann dies eine stärkere Verschwendung von striemüll in einen porösen Schaum, der Lebensmitteln zur Folge haben, denn verpackte Lebensmittel sind länger haltbar. sich zur Gebäudeisolation eignet. Das Isolationsmaterial ist nicht nur leicht, son- Die Verpackungsindustrie bietet grosses Potenzial für die Kreislaufwirtschaft, ist sie dern auch nachhaltig hergestellt und nicht doch Zulieferer für diverse Branchen. In der Schweiz und in anderen Ländern sind brennbar. Bis das von den Forschern er- die raschelnden Plasticksäcklein innerhalb weniger Monate praktisch aus den Lä- stellte Isolationsmaterial auf den Markt den verschwunden. Seit diese an der Kasse nicht mehr gratis sind, ist ihr Verbrauch kommt, pröbeln Materialwissenschaftler drastisch zurückgegangen. Gemäss Konsumentenumfragen wollen Kundinnen und noch an den optimalen Abfallstoffen – erste Kunden heute weniger Einwegverpackungen. Dank technologischem Fortschritt Erfolg versprechende Tests wurden mit können beispielsweise Plastikbecher dünner hergestellt werden als noch vor einigen Flugasche gemacht. Künftig will man auch Jahren. Die im Waadtland ansässige TetraPak brachte 2015 weltweit erstmals Ge- Abfallmaterialien aus der Bau-, Metall- oder tränkeverpackungen aus den nachwachsenden Rohstoffen Holz und Zuckerrohr auf Papierindustrie verwenden. FenX ist bereits den Markt. Neben ressourcenschonenden Verpackungen sind im Detailhandel auch an verschiedenen Pilotprojekten mit der innovative Liefer- und Verkaufssysteme gefragt. Wirtschaft beteiligt. Sulzer hilft bei der Gewinnung von Cleantech als zukunftsweisende Herausforderung Treibstoff aus Plastik Um die Einführung der Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen, werden vielfach techno- Das norwegische Startup Quantafuel hat logische Lösungen diskutiert. So wird der 3-D-Druck als potenziell disruptive Tech- eine Technologie entwickelt, mit der bisher nologie identifiziert, die der Kreislaufwirtschaft durch Umgestaltung der Lieferkette nicht verwertbares Plastik in Treibstoff um- zum Durchbruch verhelfen könnte. 3-D-Druck kann zur lokalen Fertigung neuer 6 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
Spezialthema Bericht Güter aus wiederverwerteten Kunststoffabfällen eingesetzt werden, wodurch sich gewandelt werden kann, respektive Plas- Vorteile für die Effizienz und die Effektivität des Materialkreislaufs ergeben. Der Hör- tikpolymere in Kohlenwasserstoff. Der Winterthurer Industriekonzern Sulzer hat gerätehersteller Sonova beispielsweise arbeitet mit der 3-D-Drucktechnologie und Teile der Ausrüstung für die erste Gross minimiert dadurch Abfall sowie Lieferwege (vgl. Kasten links). anlage der Firma in Dänemark geliefert. Sulzer konnte dabei von seiner Erfahrung Die Kreislaufwirtschaft wird dem sogenannten Cleantech-Cluster zugeordnet, der mit Trenn- und Mischtechnologien im Öl- im Kanton Zürich insgesamt über 15 000 Betriebe zählt. Davon fallen knapp 1900 und Gassektor profitieren. Dank der neuen auf die Kreislaufwirtschaft. Weitere Untergruppen der Cleantech-Wirtschaft sind im Methode können aus rezykliertem Kohlen- Bereich Energieeffizienz (2900), Rohstoffeffizienz (knapp 2800), Mobilität (1350), wasserstoff Treibstoffe und andere, bisher Wasserwirtschaft (222) und Erneuerbare Energie (41) tätig. Die grösste Untergruppe auf Erdöl basierende Produkte hergestellt (über 6000) wird schliesslich der «übrigen Cleantech-Wirtschaft» zugeordnet. Die werden. eindeutige statistische Zählung und Zuordnung der Betriebe in diesem Wirtschafts- cluster und den Untergruppen sind jedoch nicht ganz einfach. Vergleichbare Firmen Biologisch abbaubarer Hautsensor mit Cleantech-Dienstleistungen und Produkten verstehen sich teilweise stark als Forscher der Eidgenössischen Material Cleantech-Unternehmen, andere fühlen sich trotz vergleichbarem Ansatz und Struk- prüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) tur nicht zugehörig und treten entsprechend auch nicht unter dem grünen «Brand» in Dübendorf haben gemeinsam mit kana- dischen Kollegen ein Analysegerät ent in Erscheinung. Cleantech ist wie auch die Digitalisierung eine zukunftsgerichtete wickelt, mit dem medizinische Diagnose- Herausforderung von globaler wie auch regionaler Bedeutung. Die Standortförde- werte ohne Nadelstich ermittelt werden rungen von Kanton und Stadt Zürich fokussieren deshalb seit über zehn Jahren ak- können. Der auf der Hautoberfläche ange- tiv auf die Entwicklung und Stärkung des Cleantech-Clusters. brachte Chip wird mit einem 3-D-Drucker aus dem preiswerten und nachwachsen- Übergeordnete Untersuchungen zu volkswirtschaftlichen Effekten der Kreislaufwirt- den Rohstoff Zellulose hergestellt. Derzeit schaft in der Schweiz gibt es derzeit nicht. Um gesamtwirtschaftliche Effekte be- arbeitet das Forscherteam noch an einem rechnen zu können, müsste beim ursprünglichen Ressourcenverbrauch angesetzt leitfähigen Material, das ohne Silberpartikel werden, erklärt Dr. Martin Wörter von der Konjunkturforschung KOF: «Wir verbrau- auskommt – damit der Chip in einem weite- chen Ressourcen wie saubere Luft, für welche wir nicht bezahlen. Würden diese ren Schritt auch biologisch abbaubar wird. praktisch kostenlosen Güter bepreist, hätte dies wahrscheinlich einen stärkeren Ef- fekt und Druck auf einen schonenden Umgang mit Ressourcen.» Kein Produktionsabfall bei Hörgeräten dank 3-D-Druck Heute verleiht der Klimawandel, das wachsende politische Bewusstsein und die Der Hörgerätehersteller Sonova aus Stäfa Erkenntnis, dass Wirtschaft und Konsumenten ökologischer werden müssen, der ist eines der ersten Unternehmen weltweit, das die 3-D-Drucktechnologie in der Ferti- «grünen Wirtschaft» Schub und machen sie zu einem wichtigen Akteur bei der gung von Hörgeräten einsetzt. Dank digi Suche nach ressourceneffizienten Zukunftslösungen. Die Kreislaufwirtschaft ver- talem Herstellungsprozess entstehen spricht, sowohl ökologischen als auch ökonomischen Mehrwert zu schaffen. Doch passgenaue Geräteschalen ohne Produk wie können Unternehmen eine solche Transformation erfolgreich gestalten? Ver- tionsabfall. Sonova bietet nach eigenen schiedene Ansatzpunkte werden heute diskutiert, allen voran stehen Geschäfts Angaben jährlich über eine Million mass modelle, die auf der Langlebigkeit und der Reparaturfähigkeit von Produkten basie- gefertigte Produkte in Massenfertigung an. ren (vgl. Kästchen auf S. 4). Barbara Fuhrer, Verantwortliche Kreislaufwirtschaft beim Verband für nachhaltiges Wirtschaften (öbu), erklärt, warum die Kreislaufwirtschaft Züri-Säcke werden nachhaltiger in der Schweiz erst ansatzmässig existiert: «Heute liegt der Schwerpunkt der Kreis- Ab Januar 2020 wird der Anteil des wieder- laufwirtschaft bei einzelnen Produkten, die kreislauffähig gemacht werden. Firmen, verwerteten Kunststoffs der gebühren- die komplett in der Kreislaufwirtschaft tätig sind, sind noch selten.» Ein Problem pflichtigen Züri-Abfallsäcke von 50 auf stelle die Skalierbarkeit, das heisst die Überführung in eine Massenproduktion kreis- 80 Prozent erhöht. Damit will die Stadt lauffähiger Produkte und Produktionsweisen dar. Doch der Prozess sei angestossen Zürich die Kreislaufwirtschaft fördern und und schreite Schritt für Schritt voran. Ressourcen sparen, denn mit der Erhöhung des Recyclinganteils liessen sich jährlich rund 120 Tonnen Plastikrohstoff einsparen, Technologien und Geschäftsmodelle, die es erlauben, Ressourcen effizienter und wie das Tiefbau- und Entsorgungsdeparte- sauberer zu nutzen, sind Werkzeuge, um dem Kreislaufansatz in der Wirtschaft auf ment mitteilt. Die Reissfestigkeit der Keh- die Sprünge zu helfen. Viel wichtiger scheint jedoch ein grundsätzlicher Wandel in richtsäcke bleibt dabei erhalten. Jährlich Wirtschaft und Gesellschaft, eine Abkehr von der Wegwerfgesellschaft. Solange der landen rund 11 Millionen Züri-Säcke in den Konsumrausch, angefeuert vom Onlinehandel und immer mehr Schnäppchentagen städtischen Müllcontainern. wie dem «Black Friday», aufrechterhalten wird, fristet die Kreislaufwirtschaft noch lange ein Nischendasein. Irene Tschopp, Kommunikation AWA Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019 7
Spezialthema Bericht Kompostierbarer Plastikersatz aus Abfall Das Zürcher Cleantech-Unternehmen FluidSolids produziert aus Abfällen und Rohstoffen kundenspezifische Werkstoffe, die ohne Plastik auskommen und sich kompostieren lassen. Die Weiterverwendung von Resten wie Holz, Kaffee, Papier oder Hanfseilen für die Herstellung neuer Werkstoffe ermög licht eine konsequente Umsetzung des Kreislaufansatzes. Das Areal der ehemaligen SBB-Reparaturwerkstätte an der Marktpotenzial, die Einführung dauert jedoch länger, da umfas- Hohlstrasse in Zürich Altstetten soll sich in den kommenden sende Abklärungen und Anpassungen des Produktionsprozes- Jahren zu einem attraktiven Ort für gewerbliche und industriel- ses nötig sind», erklärt Karrer. le Betriebe inklusive öffentlicher Begegnungszonen entwickeln. Der Gleisraum zwischen dem Zürcher Hauptbahnhof und Alt Weniger Kosten bei Materialbeschaffung, Transport und stetten gehört zu den letzten grossen Entwicklungsgebieten in Entsorgung der Stadt Zürich. In mehreren Etappen wird das Areal mit bau- Die neuen Werkstoffe sind dank dem hohen Faseranteil sehr lichen Massnahmen für neue Nutzungen vorbereitet, damit ab strapazierfähig. So können zum Beispiel Bauteile schlanker 2025 eine «Werkstadt Zürich» entsteht. Bis dahin sind einige und Wandstärken dünner ausgeführt werden. Am Ende des Le- Gebäude vorübergehend nutzbar. Einer dieser Mieter ist das benszyklus können Produktionsabfälle und Produkte von Fluid- Cleantech-Unternehmen FluidSolids. Solids wiederverwendet werden, indem diese dem ursprüngli- chen Material beigemischt werden. Alle Abfälle, die nicht dem «Wir sind eine Mischung aus New und Old Economy», Recycling zugeführt werden, lassen sich im Hauskompost schmunzelt Beat Karrer, Gründer und Geschäftsführer von kompostieren oder thermisch entsorgen. Dadurch sparen Un- FluidSolids. Mit seinem neunköpfigen Team arbeitet der Indu ternehmen Kosten bei der Materialbeschaffung, beim Trans- striedesigner an Zukunftslösungen für Werkstoffe, die ohne port und bei der Entsorgung und verbessern gleichzeitig ihre Plastik auskommen. Die von ihm entwickelte und patentierte Umweltbilanz. Technologie stellt aus industriellen Reststoffen und Abfällen neuartige Biokomposite her, die als Plastikersatz fungieren. Verschiedene Zusammenarbeitsformen existieren bereits mit Ursprünglich hat er im Rahmen von Workshops mit einem der Bauindustrie, der Nahrungsmittelbranche, in den Bereichen Handmixer und Sägemehl experimentiert. Dabei entstand ein Verpackungstechnologie, Innenarchitektur und Design. Kon- Faserbrei, den er weiterentwickelte – bis er das sogenannte krete Namen will Karrer jedoch aus Vertraulichkeitsgründen Biopolymer entdeckte, den eigentlichen Werkstoff, der vielsei- keine nennen. «Wir sind gut unterwegs und seit der Gründung tig einsetzbar ist. 2011 stetig gewachsen», erklärt Karrer. Sorgen um Nachahmer seiner Technologie macht er sich keine – FluidSolids ist welt- Die Werkhalle ist eine Mischung aus Chemielabor, Maschinen- weit patentiert. Dennoch wünscht er, dass wir keine Bilder sei- fabrik und Designstudio. Ein Drittel der Belegschaft kommt ner Maschinen machen. Sein persönliches Ziel sei, mit den aus der Forschung und Entwicklung. Vor Ort werden kunden- richtigen Partnern zu wachsen und seine Technologie langfris- spezifische Werkstoffe für Produkte wie zum Beispiel Socken- tig zu implementieren. «Noch ist die Kreislaufwirtschaft eine Ni- klammern und Kleiderbügel für die Kleiderindustrie, Möbelteile sche, aber sie wird immer wichtiger. Das Bewusstsein für eine oder Abdeckkappen für Industrierohre entwickelt. Sobald der ressourceneffiziente Wirtschaft ist gestiegen und wird noch Werkstoff im hauseigenen Labor diverse Tests in Bezug auf weiter wachsen.» Qualität und Einsatzmöglichkeiten bestanden hat, kann die Massenproduktion starten – diese erfolgt mit externen Pro- > www.fluidsolids.com duktionspartnern. Die Technologie von FluidSolids kann auch > werkstadt-zuerich.ch in den Produktionsprozess der Kunden integriert werden. Also am Ort, wo der Abfall anfällt. «Diese Anwendung hat höheres Irene Tschopp, Kommunikation AWA Der Begriff Biopolymer wird für Werk- stoffe verwendet, die aus biogenen, nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Ein in der Natur sehr häufig vorkommen- des, aber auch in technischen Anwen- dungen genutztes Biopolymer ist die Zellulose. Aus Abfallprodukten aus Industrie und Landwirt- schaft entsteht das Biopolymergranulat (Bild links), woraus zum Beispiel Sockenklammern hergestellt werden. 8 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
Spezialthema Bericht Aus Alt mach Neu in der Bauwirtschaft Der Begriff Kreislaufwirtschaft ist in aller Munde. Für den Bau bedeutet dies, aus alten Gebäuden wieder neue Gebäude zu bauen. Urbane Struk turen bieten ein fast unermessliches Rohstoffpotenzial für die Gewinnung von Recyclingbaustoffen. Die Eberhard Unternehmungen setzen sich seit drei Jahrzehn- Damit keine Schadstoffe wie Asbest oder PCB (Chlorverbin- ten dafür ein, dass mineralische Bauabfälle zurück in den dung) in den Baustoffkreislauf gelangen, müssen diese vor- Kreislauf fliessen. Beton und Kiesgemische aus aufbereiteten, gängig entfernt und fachgerecht entsorgt werden. Um das Ge- mineralischen Bauabfällen haben sich bewährt und erfüllen bäude für den maschinellen Rückbau in den Rohbauzustand sowohl ökologisch als auch bautechnisch höchste Anforde- zurückzuversetzen, erfolgt nach der Schadstoffsanierung die rungen. Sortenreiner Betonabbruch lässt sich heute problem- Entkernung. Diese Arbeiten umfassten in Schlieren neben dem los zu hochwertigem Konstruktionsbeton für den Hochbau ver- Entfernen sämtlicher nicht mineralischer Bauteile wie Fenster, arbeiten. Die Kombination von Recyclingbeton und »Susteno», Türen, Einbauschränke, Bodenbeläge und Isolationen auch dem ersten nachhaltig produzierten Zement der Schweiz, den Rückbau von nicht tragenden Backstein- und Gipswän- schafft die Basis für eine neue Generation von Beton: nachhal- den sowie Unterlagsböden. tig, ressourcenschonend und CO2-arm. Mit Blick auf endliche Primärvorräte und knappe Deponieräume sollte das Bau- Da das 60 Meter hohe Bettenhaus nur 8 Meter vom Neubau stoffrecycling zur selbstverständlichen Grundlage für nachhal- entfernt stand, wurde dieses im Wochentakt Stockwerk für tiges Bauen werden. Durch die Wiederverwendung von mine- Stockwerk abgetragen. Nach dem Abbau der Dachaufbauten ralischen Bauabfällen schliesst sich der Baustoffkreislauf. startete der eigentliche Rückbau im 15. Stock mit einem 19 Ton- nen schweren Kurzheckbagger und zwei Minibaggern mit Ab- Rückbau des Spitals Limmattal in Schlieren bauhämmern und Betonbeissern. «Urban Mining» bezeichnet den Abbau von Rohstoffen für die Herstellung von Recyclingbaustoffen und beginnt in den meis- Erstklassiger Recyclingbeton schliesst den Baustoff ten Fällen mit dem Rückbau von Gebäuden oder Infrastruktur- kreislauf bauten. Für das Bauprojekt Spital Limmattal in Schlieren lief es Um die Unmengen an Bauschutt besser zu rezyklieren, sepa- ausnahmsweise umgekehrt. Um den Spitalbetrieb aufrechtzu- rierten zwei Kompaktlader und die Bagger das Rückbaumate- erhalten, musste zuerst der Neubau realisiert werden. Nach rial vor Ort in Misch- und Betonabbruch. Für den Abtransport dessen Inbetriebnahme im Oktober 2018 nahm die Eberhard wurden einerseits die beiden Lifte als Abwurfschächte benutzt Bau AG Mitte Februar 2019 den Rückbau des 16-stöckigen und andererseits transportierte der vor Ort aufgebaute Hoch- Bettenhauses in Angriff. Das Gebäude war über 60 Meter hoch baukran den Bauschutt mit 7 Kubikmeter fassenden Mulden und ergab zusammen mit dem vier Stockwerke hohen Sockel- nach unten. Anschliessend brachten Lastwagen den Beton- bau ein Rückbauvolumen von rund 110 000 Kubikmetern Ge- schutt und den Mischabbruch ins BaustoffRecyclingZentrum bäuderaum. «Ebirec» in Rümlang. Dort wird das Material Die Baustoffrecyclinganlage in Rümlang verarbeitet jährlich bis zu 450 000 Tonnen Bauschutt. Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019 9
Spezialthema Bericht Aus dem Abbruchmaterial des ehemaligen Spitals Limmattal (links) entstand erstklassiger Recyclingbeton, der unter anderem für den Ausbau der VBZ-Garage in der Zürcher Hardau verwendet wurde (rechts). separat gekippt, gebrochen, gesiebt, von Fremdstoffen wie gerfristig nicht abdecken können. Insbesondere bei der Verwer Plastik, Holz oder Metall befreit und nach Komponenten in Si- tung von Mischabbruch besteht Handlungsbedarf. Deshalb los eingelagert. Die so gewonnenen Sekundärbaustoffe gelan- realisieren die Eberhard Unternehmungen am Standort Ober- gen als erstklassiger Recyclingbeton oder als Recyclingkies- glatt das neue BaustoffRecyclingZentrum «BSR 2.0». Dieses gemisch in ungebundener Form wieder auf die Baustellen zukunftsweisende Werk sichert das gesetzeskonforme Upcyc- zurück und schliessen damit den Baustoffkreislauf. ling von Bauabfällen zu qualitativ höchstwertigen Produkten. Es kommt eine neuartige Vorbehandlung mit Sortierrobotern Für den Ausbau der VBZ-Garage in der Zürcher Hardau liefer- und künstlicher Intelligenz zum Einsatz. Insgesamt wird nahe- te Eberhard Baustoffe insgesamt 7070 Kubikmeter Recycling- zu 100 Prozent Verwertung erreicht. Der Baubeginn des neuen beton. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass ein Teil der da- Werkes wird Anfang 2020 erfolgen, die Inbetriebnahme ist im für benötigten Komponenten aus dem Rückbau in Schlieren Laufe des Jahres 2021 vorgesehen. stammen. Für das Untergeschoss wurde Recyclingbeton mit ressourcenschonendem Susteno-Zement verwendet. Dass Eberhard setzt mit dieser Pionierleistung neue Massstäbe für sich Recyclingbeton auch für Sichtbetonwände bestens eig- die Kreislaufwirtschaft. Der geschlossene Baustoffkreislauf net, beweisen die grossflächigen Fassadenelemente im Erd- schont die natürlichen Ressourcen und erzeugt einen geringe- geschoss der VBZ-Garage. ren CO2-Ausstoss. Dadurch, dass als Baumaterial eine um- weltschonendere Bezugsquelle verwendet wird, braucht es Zukünftig kommen Sortierroboter und künstliche weniger Primärkies und weniger Deponieraum. Die Umwelt Intelligenz zum Einsatz sagt Danke. Obwohl die Baustoffrecyclinganlage in Rümlang pro Jahr bis zu 450 000 Tonnen Bauabfälle verarbeitet, wird sie den stei- Text: Eberhard Unternehmungen, Bilder: Urs Peyer genden Bedarf an hochwertigen, rezyklierten Baustoffen län- 10 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
Kanton Zürich Langsamere Gangart der Zürcher Wirtschaft Die Zürcher Wirtschaft läuft auf geringeren Touren, die Gefahr einer Rezession ist gegenwärtig nicht erkennbar. Die Dienstleistungsbranchen zeigen sich robust – vor allem die Banken und die Verschiedenen Dienst leistungen – und kompensieren damit teilweise die schwächere Dynamik in der Industrie. Die Beschäftigung nahm 2019 noch kräftig zu. Die Aussich ten bis Frühjahr 2020 bleiben verhalten. Das Konjunkturklima verschlechterte sich im Verlauf von 2019. Am wenigsten gut läuft es in der Industrie und im Detailhandel, Einzelne Konjunkturindikatoren im Ausland liessen gar das wie ihre Position sehr nahe an dieser senkrechten Mittellinie Schreckgespenst einer Rezession an der Wand aufleuchten, zeigt. Die Abkühlung der weltweiten Industriekonjunktur belas- eine Entwicklung, die auch im Kanton Zürich unerwünschte tete auch die Zürcher Industrie in den letzten Quartalen spür- Spuren hinterlassen würde. Die jüngsten Stimmungsindikato- bar. Der Detailhandel leidet unter der allgemeinen Trübung des ren der Industrie in Deutschland und in den USA nehmen die- Konsumklimas sowie den Herausforderungen infolge des sen Befürchtungen wieder etwas den Boden. Zu weiteren Aus- Strukturwandels (v.a. Onlinehandel und starker Schweizer führungen zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz und Franken). Das Gastgewerbe und der Grosshandel sind von der im Ausland siehe Seite 18 ff. Die Auslandnachfrage dürfte auch allgemeinen Abschwächung ebenfalls mitbetroffen, allerdings 2020 weiterhin verhalten bleiben. in geringerem Ausmass. Die Bauwirtschaft läuft hingegen un- verändert auf hohem Niveau. Insgesamt gute Geschäftslage bei den Zürcher Branchen Ungebremst gut läuft die Geschäftslage dagegen bei den Ban- Im rauen internationalen Umfeld hält sich die Zürcher Wirt- ken und der gewichtigsten Sammelbranche, den Verschiede- schaft nach wie vor ganz passabel. Ihre Gangart hat sich zwar nen Dienstleistungen, die fast die Hälfte der Wertschöpfung im verlangsamt, aber alle Branchen vermelden in den Umfragen Kanton Zürich umfasst. Diese beiden Branchen konnten im der KOF Konjunkturstelle noch eine «gute» Geschäftslage. Herbstquartal ihre Geschäftslage sogar noch deutlich verbes- Dies ist ersichtlich an der Position der Kreise auf der rechten sern. Dies ist ersichtlich an der Position ihrer Kreise deutlich Seite der senkrechten Mittellinie in Grafik 1. oberhalb der waagrechten Mittellinie in Grafik 1. 1 Stabile Entwicklung der Zürcher Wirtschaft im 4. Quartal Wertschöpfungsanteile und Geschäftslage im Kanton Zürich Verbesserung zur Vorperiode 20 Banken Veränderung der Geschäftslage gegenüber der Vorperiode 10 Versch. Dienstleistungen Die Grösse der Kreise steht proportional für den jeweiligen Anteil der Wertschöpfung einer Branche Baugewerbe an der gesamten Wertschöpfung im Kanton. Die Industrie nimmt dabei einen höheren Anteil als der 0 Detailhandel ein, aber einen kleineren als die Ver- schlechte Geschäftslage Industrie gute Geschäftslage Gastgewerbe schiedenen Dienstleistungen. Die Banken und der Grosshandel sind ebenfalls bedeutende Branchen, Grosshandel gemessen am Anteil ihrer Wertschöpfung, während das Gastgewerbe und auch das Baugewerbe ein −10 Detailhandel deutlich geringeres Gewicht aufweisen. Die aktuellen Daten der Geschäftslage beziehen −20 sich auf die verfügbaren Monate des aktuellen Verschlechterung zur Vorperiode Quartals. Der Vergleich erfolgt zum Mittelwert des Vorquartals. −20 0 20 40 60 Aktuelle Geschäftslage Quellen: BAK Economics (Wertschöpfungsanteil), KOF, ETH Zürich (Geschäftslage im Kanton Zürich) Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019 11
Kanton Zürich Ein genauerer Blick auf die Verschiedenen Dienstleistungen unternehmen die aktuelle Flaute nicht zum Anlass für einen in Grafik 2 zeigt, dass alle Komponenten zum Wachstum bei- Stellenabbau nehmen, sondern ihre Fachkräfte für bessere tragen. Nicht nur die Persönlichen Dienstleistungen mit der Auftragszeiten «horten». Diese insgesamt gute Beschäfti- Boombranche Gesundheitswesen, sondern auch die zahlrei- gungslage widerspiegelt ebenfalls die noch robuste Entwick- chen Wirtschaftlichen Dienstleistungen wie Beratung, Wer- lung bei den Bau- und Dienstleistungsbranchen. bung, Forschung und Entwicklung sowie Grundstück- und Wohnungswesen laufen gleich gut. In der Teilbranche Verkehr, Im Einklang damit steht, dass die Arbeitslosigkeit im Kanton Information und Kommunikation hat sich die Geschäftslage im Zürich saisonbereinigt weiter abgenommen hat. Im November vierten Quartal 2019 sogar noch erholt. Insgesamt halten Ende 2019 betrug die Arbeitslosenquote 2.1 % nach 2.3 % im No- 2019 viele Dienstleistungsbranchen der Zürcher Wirtschaft vember 2018. den dämpfenden Einflüssen des Industriesektors noch recht gut entgegen. Schwächere Gangart hält an Die wirtschaftliche Expansion im Kanton Zürich hält bis Früh- Unbekümmerte Ausweitung der Beschäftigung jahr 2020 weiter an, bleibt jedoch verhalten. Die schwächeren Der Arbeitsmarkt zeigt sich im Kanton Zürich noch vergleichs- Wachstumsimpulse von der Industrie werden von den Bau- weise stark. Die Zahl der Erwerbstätigen nahm im Kanton und zahlreichen Dienstleistungsbranchen teilweise kompen- Zürich im Verlauf von 2019 recht stark zu. Im dritten Quartal siert. Die noch gute Beschäftigungsentwicklung und die tiefe beträgt die Zunahme im Vergleich zum Vorjahresquartal an- Teuerung stützen den privaten Konsum. In den meisten Bran- sehnliche 2.1 %, was die höchste Wachstumsrate der Schwei- chen erwartet die Mehrheit der Unternehmen, dass sich ihre zer Grossregionen darstellt. Der leichte Rückgang zum Vor Geschäfte bis Frühjahr 2020 zwar weiter verbessern, dass es quartal dürfte lediglich eine kleine Korrektur nach einem aber noch nicht zu einer Beschleunigung kommt. Dies sieht überdurchschnittlichen Anstieg sein, wie in Grafik 3 zu sehen ist. man in Grafik 4 daran, dass die Kreise der verschiedenen Branchen mehrheitlich rechts der senkrechten Mittellinie und Die Ostschweiz kommt im Jahresabstand gemessen nur auf gleichzeitig nahe der waagrechten Mittellinie liegen. eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1.2 %, die Schweiz im Total auf 0.3 %. Am schlechtesten entwickelte Eine Ausnahme bildet dabei die Industrie, die direkt auf der sich die Erwerbstätigkeit im Tessin mit einem Rückgang von senkrechten Mittellinie liegt und daher eine unveränderte Ge- 2.7 %. Bisherige Informationen zur Beschäftigungsentwick- schäftslage für das Winterhalbjahr erwartet. Damit hat sich die lung für die Schweiz lassen darauf schliessen, dass Industrie- Einschätzung der Industrie im Vergleich zur Vorperiode etwas 2 Stärke der Zürcher Dienstleistungen ist breit abgestützt Geschäftslage der Komponenten der Verschiedenen Dienstleistungen, saisonbereinigt 60 Zunahme 50 40 30 20 Komponenten der Verschiedenen Dienstleistungen –– Wirtschaftliche Dienstleistungen: Dienstleis- 10 tungen des Grundstücks- und Wohnungs wesens, eine Vielzahl von freiberuflichen, technischen und wissenschaftlichen Dienst- 0 leistungen, Vermittlung von Temporärstellen. Komponente Verkehr, Information, Kommunikation –– Persönliche Dienstleistungen: Gesundheits- Komponente Wirtschaftliche Dienstleistungen und Sozialwesen, Kunst, Unterhaltung und –10 Komponente Persönliche Dienstleistungen Erholung, sonstige Dienstleistungen. Abnahme Total Verschiedene Dienstleistungen –– Verkehr, Transport, Information und Kommu –20 nikation. 2018 2019 Quelle: KOF, ETH ZH 12 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
Kanton Zürich 3 Zürich weist das höchste Wachstum aus Anzahl Erwerbstätige nach Grossregionen, Indices (1.Q. 2015 = 100) 108 107 106 105 104 103 102 101 100 99 98 Q1 2018 Q2 2018 Q3 2018 Q4 2018 Q1 2019 Q2 2019 Q3 2019 Total Espace Mittelland Nordwestschweiz Zürich Ostschweiz Tessin Quelle: Erwerbstätigenstatistik, Bundesamt für Statistik (BFS) 4 Stabile Wirtschaftsentwicklung im Winterhalbjahr 2019/2020 Wertschöpfungsanteile und Geschäftslage im Kanton Zürich 20 Veränderung zur Vorperiode Veränderung der erwarteten Geschäftslage gegenüber der Vorperiode Detailhandel 10 Banken Verschlechterung Verbesserung Gastgewerbe der Geschäftslage Grosshandel der Geschäftslage 0 Baugewerbe Versch. Dienstleistungen −10 Industrie Die Grösse der Kreise steht proportional für −20 den jeweiligen Anteil der Wertschöpfung einer Veränderung zur Vorperiode Branche an der gesamten Wertschöpfung im Kanton. 0 20 40 60 Erwartete Geschäftslage Quellen: BAK Economics (Wertschöpfungsanteil), KOF, ETH Zürich (Geschäftslage im Kanton Zürich) verschlechtert. Auch im Baugewerbe kommt es zu einer leich- nigt um den Einfluss der FIFA-Lizenzeinnahmen. Die aktuellen ten Wachstumsverlangsamung. Auf Expansionskurs bleiben Umfrageergebnisse der KOF Konjunkturforschungsstelle las- dagegen die Banken und neuerdings der Detailhandel. Die sen dagegen auf eine leicht stärkere Dynamik von etwa 1 % Meldung des Detailhandels muss allerdings in den kommen- schliessen. Im Zuge der erwarteten, allmählichen Normalisie- den Monaten noch bestätigt werden, da die Antworten in die- rung des Welthandels ist im Verlauf von 2020 mit einer leichten ser Branche sehr volatil sind. Beschleunigung des Zürcher BIP-Wachstums gegen 1.5 % zu rechnen. Das Forschungsinstitut BAK Economics erwartet für den Kan- ton Zürich für 2019 ein BIP-Wachstum von knapp 0.5 % berei- Dr. Aniela Wirz, Leiterin Fachstelle Volkswirtschaft Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019 13
Kanton Zürich Die deutsche Industrieflaute greift auf Zürich über Verschiedene Faktoren führten Der anhaltende Handelskonflikt zwischen dustrie ist seit Ende 2017 im Vergleich mit zur Abkühlung der internationalen den USA und China aber auch Europa be- der Schweiz, USA und China am stärksten Industriekonjunktur. Frontrunner lastet seit mehr als einem Jahr den Waren- abgesunken (Grafik 5). In der Schweiz hielt dieses Abschwungs ist Deutsch austausch zwischen den Weltregionen. Ne- sich die Industrie noch lange gut. Erst An- land. Die Zürcher Industriebran ben der teilweisen Verteuerung der Importe fang 2019 kam es zu einer abrupten Stim- chen sind davon unterschiedlich durch Importzölle dürfte die Unsicherheit mungsverschlechterung, ersichtlich am betroffen. Insgesamt hatte die über die zukünftigen Handelsbedingungen Einbruch des Einkaufsmanagerindex unter Zürcher Industriekonjunktur im langfristig ausgerichtete Investitionspläne die Marke von 50, der sogenannten Wachs- dritten Quartal 2019 jedoch nach erschwert oder auf Eis gelegt haben. Dies tumsschwelle. In den USA wurde diese gegeben. Die jüngsten Indikatoren und der reduzierte Spielraum der Finanz Wachstumsmarke Mitte 2019 unterschrit- zur Auftragslage deuten erstmals politik in Westeuropa dürften zusammen ten. In China ist dieser Stimmungsindikator eine Wende zum Besseren an. mit den geopolitischen Unsicherheiten den insgesamt weniger volatil. Eine Verschlech- weltweiten Warenhandel seit 2018 ge- terung ist dort seit dem zweiten Halbjahr dämpft haben. 2018 erkennbar. Breit abgestützter Rückgang der Die Stimmungsverschlechterung in der In- Industrieproduktion dustrie zeigt sich im Kanton Zürich seit An- Die Verschlechterung der Industriekon- fang 2019 gemäss den Resultaten der KOF junktur in Deutschland kam früher und war Konjunkturforschungsstelle. Die Indikato- ausgeprägter als in anderen Ländern. Der ren für die Geschäftslage der Industrie der technische Wandel in der Automobilpro- Schweiz und des Kantons Zürich brachen duktion dürfte dabei mit eine der Ursachen parallel zum Einkaufsmanagerindex der CS sein. Sieh dazu die Ausführungen «Die Kar- für die Schweiz Anfang 2019 ein. Die Ent- ten in der Fahrzeugindustrie werden neu wicklung in Zürich ist etwas volatiler als in gemischt» im nebenstehenden Kasten. Der der Schweiz, aber bis im Herbst 2019 ins- Einkaufsmanagerindex für die deutsche In- gesamt vergleichbar. Fortsetzung Seite 16 5 Industrieabschwung in Deutschland am stärksten Einkaufsmanagerindices (PMI), Geschäftslage in der Industrie (GL) 70 40 30 60 20 10 50 0 –10 40 –20 2017 2018 2019 2017 2018 2019 PMI China PMI Deutschland GL Zürich PMI Schweiz PMI USA GL Schweiz Quellen: IHS Markit, CS Schweiz, KOF, ETH Zürich 14 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
Kanton Zürich Die Karten in der Fahrzeug Derweil hängt das Damoklesschwert von der Nachfrage einstellen müssen. Laut industrie werden neu gemischt US-Zöllen weiter über den Automobilpro- Analyse von swiss CAR sind über 40 Pro- duzenten der Europäischen Union, deren zent der Schweizer Unternehmen in der Die Fahrzeugindustrie befindet wichtigster Absatzmarkt in den USA Branche, zum grössten Teil Zulieferbe- sich weltweit im Umbruch. Inmit liegt. triebe, direkt vom Technologiewandel ten der schwachen Wirtschafts betroffen. Gleichzeitig bieten sich neue lage steht die Branche vor struk Etablierte Produzenten müssen Chancen, beispielsweise durch die Posi- turellen Herausforderungen. Diese sich neu erfinden tionierung in den Bereichen Sensorik und sind vielfältig und betreffen neben Der Technologiewandel auf dem globa- Softwareentwicklung, die für das autono- der Abkehr vom Verbrennungs len Fahrzeugmarkt stellt viele etablierte me Fahren einen essenziellen Bestandteil motor mit konventionellen Kraft Produzenten zudem vor tiefgreifende darstellen. stoffen auch die Entwicklung Herausforderungen und verlangt milliar- autonomer Fahrsysteme und die denschwere Investitionen. China ist in- Veränderung im Nutzungsver zwischen für ein Viertel der weltweiten Johanna Zenk, Fachstelle Volkswirtschaft halten wie beispielsweise dem Fahrzeugproduktion verantwortlich. Carsharing. China ist zudem der grösste Markt für Elektrofahrzeuge. Laut Electric Vehicle Die Produktion von Fahrzeugen und Index waren 2018 erstmals über 5 Millio- Fahrzeugteilen nimmt weltweit seit über nen Elektroautos insgesamt registriert, einem Jahr ab. Im vergangenen Jahr sind etwa die Hälfte davon in China. die Fahrzeugverkäufe erstmals seit dem Krisenjahr 2009 zurückgegangen. Aus- Technologie im Wandel schlaggebend hierfür war eine Abnahme Der Technologiewechsel in der Auto der Personenwagenverkäufe um –3 % mobilindustrie wird in China staatlich Der Wettbewerb der Antriebsarten ist indes kein nachdem die Verkäufe 2017 noch um 2 % gefördert und gefordert. Der Fokus auf neuartiges Phänomen. Als 1886 das erste Fahr- und 2016 um 5 % gewachsen waren. Eine den Elektroantrieb hat inzwischen eine zeug mit Verbrennungsmotor zum Patent ange- gesunkene Nachfrage aus China verur- meldet wurde, war der Verbrennungsmotor nur gewisse Pfadabhängigkeit geschaffen eine unter verschiedenen Antriebsarten. Zu Be- sachte etwas mehr als die Hälfte dieses und die Förderung anderer Antriebsarten ginn des 20. Jahrhunderts fuhren in den USA Rückgangs. Dies dürfte auch darauf zu- wie Brennstoffzellen, zumindest bei den beispielsweise 40 Prozent der Fahrzeuge mit rückzuführen sein, dass Steuervergünsti- Personenwagen, in den Hintergrund Dampfantrieb, 38 Prozent mit Elektroantrieb und lediglich 22 Prozent mit einem Verbrennungsmo- gungen auf Personenwagenkäufe letztes gedrängt. Auch die Schweizer Fahrzeug- tor. Letzterer setzte sich aufgrund der grösseren Jahr im Reich der Mitte ausgelaufen sind. industrie wird sich auf Veränderungen in Reichweite zunächst durch. Kräftige Verschiebungen bei der Fahrzeugproduktion Kraftfahrzeugproduktion weltweit, anteilig nach Regionen 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 2003 2008 2013 2018 China Europa Nordamerika Japan/Korea Südasien Südamerika Mittlerer Osten/Afrika Quellen: IHS Markit, OICA Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019 15
Kanton Zürich Produktion von elektrischen Geräten Teilbranche in Zürich stärker von der Che- die Entwicklung der Weltwirtschaft, beson- hielt sich am besten mie- und der Kunststoffproduktion als von ders in den fortgeschrittenen Volkswirt- Die Mehrheit der Zürcher Industriebran- der Pharmaproduktion geprägt ist, ist ein schaften, zu denen der Grossteil der Zür- chen wurde im Zuge dieser internationalen Zusammenhang mit der Verschlechterung cher Handelspartner zählt. Optimistisch Abkühlung in Mitleidenschaft gezogen. Die der deutschen Industriekonjunktur eher stimmen bisher vor allem die Umfrageer- gesamte Industrieproduktion hat seit Ende naheliegend. gebnisse zum Auftragsbestand in Grafik 7. 2018 langsamer zugenommen und nahm ab dem zweiten Quartal 2019 ab, gemäss Zwar könnte im Kontext des Umbruchs von Der Rückgang des gesamten Auftragsbe- den Resultaten der KOF-Umfragen in Gra- Verbrennungsmotoren auf elektrische An- standes lief in den letzten Monaten aus. fik 6. triebe der Schluss gezogen werden, dass Dies ist erkennbar daran, dass die blaue die Produktion der Teilbranche Elektrische Linie in Grafik 7 eine Zunahme seit Som- In welchem Ausmass der Einbruch der Geräte und Metallerzeugnisse durch diesen mer 2019 anzeigt, dank der im vierten deutschen Automobilproduktion auf die Wandel Auftrieb erfährt. Sie wurde erst im Quartal die waagrechte Mittellinie und da- einzelnen Teilbranchen in Zürich direkt dritten Quartal 2019 rückläufig und dies mit eine Stabilisierung des Auftragsbestan- einwirkte, ist nicht nachweisbar, da jede auch nur in vergleichsweise geringem Aus- des erreicht werden. Auch die Branche Teilbranche eine Vielzahl an verschiede- mass. Ebenso wahrscheinlich ist allerdings, Maschinenbau und Fahrzeuge zeigt diese nen Unternehmen enthält und die intrain- dass elektrische Geräte für den Konsum Erholung und scheint so das Gröbste hin- dustriellen Beziehungen sehr komplex der privaten Haushalte für diese noch gute ter sich zu lassen. Ihr Auftragsbestand ist sind. Interessant ist allerdings, dass die Performance sorgten. Das weiter zuneh- sogar schon ganz knapp in den zunehmen- Produktion der Teilbranchen Maschinen- mende Realeinkommen dürfte hier eher den Bereich vorgestossen. bau- und Fahrzeugbranche Ende 2018 eine Rolle spielen. sehr abrupt einbrach und seither rückläu- Einen zumindest verlangsamten Rückgang fig blieb. Am schlechtesten lief die Teil- Erste Zeichen der Besserung vermeldet die Teilbranche Elektrische Ge- branche Chemie, Pharma und Kunststoff- Die weiteren Aussichten für die Zürcher In- räte. Dagegen setzte sich der Rückgang waren; sie scheint schon von Anfang 2018 dustrie sind verhalten wie in Grafik 4 dar- des Auftragsbestandes bei den Metaller- an Dynamik verloren zu haben. Da diese gestellt. Dies entspricht den Prognosen für zeugnissen sowie in Chemie, Pharma und 6 Nachlassende Industrieproduktion in Zürich Zürich: Veränderung der Produktion im Vergleich zum Vorjahresmonat 80 höher 80 60 60 40 40 20 20 0 0 –20 –20 Gesamte Industrie –40 –40 Metallerzeugnisse Maschinenbau- und Fahrzeugbranche –60 Elektrische Geräte –60 Chemie, Pharma und Kunststoffwaren niedriger –80 –80 2017 2018 2019 Quelle: KOF, ETH Zürich 16 Zürcher Wirtschaftsmonitoring / Dezember 2019
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