Lehrplan 21 Sonderdruck Schulblattbeilagen
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Sonderdruck Schulblattbeilagen Lehrplan 21 Ausgaben 1-7 Alle bisherigen und zukünftigen Ausgaben finden Sie auf www.schuletg.ch/news und www.schulblatt.tg.ch>Magazin 1
Kanton Thurgau, Amt für Volksschule Mai 2014 2
Inhalt Fragen & Antworten 4 Wird mit dem Lehrplan 21 die Schule ganz anders? 4 Haben die Lehrpersonen, Schulen und Kantone mit dem Lehrplan 21 noch Freiräume, um eigene Ideen und kantonsspezifische Anteile umzusetzen? 4 Welche Bedeutung hat ein Lehrplan? 4 Wie ist das Projekt Lehrplan 21 entstanden, wie sah der Erarbeitungsprozess aus und wie geht es nach der Konsultation weiter? 4 Welche Veränderungen kommen mit der Kompetenzorientierung auf die Schulen und die Lehrpersonen zu? 5 Wie wurden die Fachbereiche im Lehrplan 21 festgelegt? 5 Stehen bei der Einführung des Lehrplans geeignete Lehrmittel zur Verfügung? 5 Wann und wie wird der Lehrplan 21 im Thurgau eingeführt? 5 Wie sieht eine Beurteilung aus, die sich an Kompetenzen orientiert? 5 An welche Kompetenzstufen können Lehrpersonen der Sekundarstufe I anschliessen? 6 Wie werden die Lehrpersonen weitergebildet und auf den Unterricht mit dem Lehrplan 21 vorbereitet? 6 Schränkt der Lehrplan 21 die kantonale Hoheit ein? 6 Glossen zu einzelnen Begriffen 6 Planungsannahmen für die Verteilung der Zeit 6 Kompetenzerwerb 7 Lernaufgaben 7 Gestaltete Lernumgebungen 7 Ausgewählte Artikel 8 «Bisher konnte man nur in die Küche hineinschauen, jetzt dann bald auch in die Töpfe!» Interview mit dem Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler 8 Beat Meyer: Welche Bedeutung haben Lehrpläne und wie werden sie wirksam 10 Die Vernehmlassung wird den Lehrplanentwurf anreichern. Gespräch mit Sandra Bachmann 12 Karin König: Die Möglichkeit zur Mitgestaltung besteht nur jetzt! 14 Ulrich Halbheer-Edelmann: Ergebnis eines globalen Trends. Ein Überblick darüber, was alles anders wird und worauf die Neuausrichtung gründet. 16 Team Schulentwicklung: Schwung holen für den Lehrplan 21. Thementagung «Kompetenzen beschreiben: Kompetenzmodelle» 18 Sandra Bachmann: Einführung des Lehrplans 21 frühestens auf Schuljahr 2017/18 20 3
Fragen & Antworten Lehrplan 21 allgemein Lernen nicht nur im «klassischen» Fachunterricht, sondern auch in Schulprojekten, an ausserschulischen Wird mit dem Lehrplan 21 die Schule ganz anders? Lernorten auf Exkursionen und Ausflügen etc. statt- Auch in der Schule von morgen werden weiterhin findet. In diesen Gefässen wird ebenfalls am Erwerb Lehrerinnen und Lehrer eine zentrale Rolle spielen fachlicher und überfachlicher Kompetenzen gearbei- und den Unterschied ausmachen: Sie sind die In- tet. struktoren, Begleiter, Förderer, Beurteiler und noch vieles mehr der Kinder und Jugendlichen. Die Lern- Welche Bedeutung hat ein Lehrplan? prozesse werden auch in Zukunft in gemeinsamer Lehrpläne formulieren den gesellschaftlichen Auftrag Verantwortung von Lehrenden und Lernenden gestal- an die Schule. Sie regeln verbindlich Inhalte und Ziele tet werden. bzw. die zu erreichenden Kompetenzen der Volksschu- Einiges wird mit dem neuen Lehrplan so bleiben wie le. Lehrpläne koordinieren zwischen den Schulstufen es bisher war – einiges wird ändern. Der Auftrag der und Schultypen, zwischen den einzelnen Schulen Gesellschaft an die Volksschule, so wie er im Lehrplan eines Kantons und mit dem Lehrplan 21 zukünftig formuliert wird, muss periodisch erneuert werden. Seit auch zwischen den Kantonen. Der Lehrplan dient der der Erarbeitung des letzten Lehrplans an-fangs der Lehrperson zur Planung, Vorbereitung und Überprü- 90-er Jahre hat sich die Lebenswelt der Kinder und fung ihres Unterrichts. Er hilft, Schwerpunkte innerhalb Jugendlichen stark verändert. Inhalte wie das Internet der Fachbereiche und Stufen (Zyklen) zu setzen und und die neuen Medien beispielsweise sind dazu ge- gibt Orientierung in der Vielfalt der möglichen Themen. kommen, der Stellenwert der überfachlichen Kompe- Die Lehrperson kann sich auf den Lehrplan beziehen, tenzen wird höher gewichtet und nebst dem Wissens- um die Inhalte ihres Unterrichts gegenüber Schülerin- erwerb hat dessen Anwendung in konkreten Situatio- nen und Schülern, Eltern, Behörden, anderen Lehrper- nen an Bedeutung gewonnen. Dies zeigt sich im Auf- sonen und der Gesellschaft zu legitimieren. bau des neuen Lehrplans und an der Kompetenzorien- Ein Lehrplan macht nur wenige Aussagen zu den tierung der Fachbereichslehrpläne. grundlegenden Herausforderungen des Unterrichts Je nach Unterrichtspraxis wird mit dem Lehrplan 21 wie Klassenführung, Umgang mit der Vielfalt, Differen- eine mehr oder weniger intensive Weiterentwicklung zierung oder Beurteilungsformen. Er lässt die Wahl der des eigenen Unterrichts verbunden sein. Das Unter- didaktischen Settings und der Methoden frei. Neben richtsprinzip der Kompetenzorientierung ähnelt in dem primären Zielpublikum, den Lehrerinnen und vielem demjenigen der Lernzielorientierung. Hinweise Lehrern, richtet sich ein Lehr-plan auch an die Dozie- hierzu gibt die Broschüre «Lern- und Unterrichtsver- renden der Lehrerbildung, die Bildungsverantwortli- ständnis». Mit dem Lehrplan 21 wird der Blick auf den chen, die Lehrpersonen der weiterführenden Schulen Kompetenzerwerb über alle Stufen der Volksschule und der Berufsbildung und vor allem an die Lehrmit- gerichtet – vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe I. telautoren. Innerhalb einer Schule und zwischen den Die feinen Kompetenzabstufungen erleichtern es der Schulen dient der Lehrplan als gemeinsame Grundla- Lehrperson, vermehrt binnendifferenziert zu unterrich- ge für vielfältige Entwicklungen – er ist der «Auftrag in ten. Neu wird zudem das geforderte Erreichen der einer gemeinsamen Sprache». Inwieweit ein Lehrplan Mindestansprüche am Ende eines Zyklus sein. auch von den Eltern als «roter Faden» durch die Schul- laufbahn ihres Kindes genutzt wird, ist wohl individuell Haben die Lehrpersonen, Schulen und Kantone mit verschieden. dem Lehrplan 21 noch Freiräume, um eigene Ideen und kantonsspezifische Anteile umzusetzen? Wie ist das Projekt Lehrplan 21 entstanden, wie sah Der Lehrplan 21 soll nicht überfüllt werden. Deshalb der Erarbeitungsprozess aus und wie geht es nach der hat die Plenarversammlung der Deutschschweizer Konsultation weiter? Erziehungsdirektoren (D-EDK) entschieden, dass für Die drei deutschsprachigen EDK- die Erarbeitung der zu erreichenden Kompetenzen Regionalkonferenzen (NW EDK, EDK-Ost und BKZ) maximal 80 Prozent der zur Verfügung stehenden 1.3 haben 2004 den Vorschlag, einen gemeinsamen Welche Bedeutung hat ein Lehrplan?Zeit ausreichen Lehrplan zu erarbeiten, zur Diskussion gestellt. Nach- soll. Die übrigen 20 Prozent stehen den Lehrpersonen dem die Kantone positiv darauf reagiert hatten, konn- und Schulen beispielsweise für eigene Projekte und ten Ende 2006 die Arbeiten am Projekt Lehrplan 21 thematische Schwerpunkte sowie dem Kanton für die aufgenommen werden. Das Projekt wurde in zwei Definition kantonsspezifischer Anteile zur Verfügung. Teile aufgeteilt: In einer ersten Phase wurden die Daran arbeitet das Kern-team. Es sichtet die beste- Grundlagen des Lehrplans 21 erarbeitet, diese wurden henden Lehrpläne nach regionalen Inhalten und Lern- im Frühling 2010 verabschiedet. In einer zweiten Pha- zielen und wird unter Berücksichtigung der Vernehm- se haben die Fachbereichteams Entwürfe der Fachbe- lassungsergebnisse 2013 die thurgauspezifischen reichslehrpläne erarbeitet. Im Sommer 2012 wurde die Anteile des Lehrplans definieren. erste interne Version des Lehrplans 21 an einem Es gibt im Verlaufe der elf Schuljahre vielfältige Frei- Lehrplanhearing den Kantonen, dem Lehrerverband räume, um an den zu erreichenden Kompetenzen zu und weiteren Institutionen präsentiert und zur Diskus- arbeiten: Lehrpersonen und Schulen wissen, dass sion gestellt. Zudem fand wiederum in jedem Fachbe- 4
reich ein Fachhearing statt. Von Juli bis Ende Dezem- gionen, Gemeinschaft (ERG) im 3. Zyklus sowie in ber 2013 wurde die zweite Version der Lehrplanvorla- Musik in allen Zyklen, stehen grössere Anpassungen ge einer breiten Konsultation unterzogen. Gestützt auf an. Zurzeit werden bestehende Lehrmittel überarbeitet den Auswertungsbericht der Konsultationsantworten oder die Entwicklungen neuer Lehrmittel sind be- hat die Projektleitung gemeinsam mit den Vertretun- schlossen resp. bereits in Arbeit, was die Situation bis gen der Kantone, des Dachverbands Schweizerischer zur Einführung des Lehrplans zusätzlich begünstigt. Da Lehrerinnen und Lehrer (LCH) und des Verbands die Umsetzung des Lehrplans 21 im Unterricht ein Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz sowie den mehrjähriger Prozess ist, ist es weder nötig noch sinn- Mitgliedern des Fachbeirats Vorschläge zur Überarbei- voll – und auch nicht möglich – bis zum Einführungs- tung des Lehrplans 21 ausgearbeitet. Über diese zeitpunkt des Lehrplans 21 sämtliche Lehrmittel zu Vorschläge wird die Steuergruppe des Projekts Ende ersetzen. Der gestaffelte Ersatz der Lehrmittel ist auch März 2014 entscheiden. Dann wird auch abgeschätzt aus finanziellen Gründen notwendig. werden können, ob die Überarbeitung im Rahmen der aktuellen Projektplanung bis Ende 2014 möglich ist Wann und wie wird der Lehrplan 21 im Thurgau einge- oder ob es allfällige Anpassungen am Zeitplan führt? braucht. Im April 2014 wird die Öffentlichkeit über die Die Einführung des Lehrplans 21 erfolgt in den Kan- geplanten Überarbeitungsschritte informiert, und der tonen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Voraussicht- Auswertungsbericht wird auf der Projekt-Website lich im Herbst 2014 wird der Lehrplan 21 von den veröffentlicht. Deutschschweizer Erziehungsdirektorinnen und - direktoren zur Einführung in den Kantonen freigege- Inhalte Lehrplan 21 ben. Anschliessend entscheidet jeder Kanton gemäss den eigenen Rechtsgrundlagen über die Einführung Welche Veränderungen kommen mit der Kompetenzor- (Zeitpunkt, Einführungsmodell, Weiterbildung u.a.). Im ientierung auf die Schulen und die Lehrpersonen zu? Kanton Thurgau ist dies Sache des Regierungsrates, Die mit der Kompetenzorientierung verbundenen Ver- welcher voraussichtlich im Herbst 2014 über die Ein- änderungen sind weder einschneidend noch bahnbre- führung befinden wird. chend. Sie schliessen an Entwicklungen an, die an Der Ausarbeitung des Lehrplans 21 wird eine sorgfäl- Schulen bereits heute stattfinden und die in der Aus- tige Einführung in den Kantonen folgen. Jeder Kanton und Weiterbildung der Lehrpersonen und in neueren entscheidet in eigener Kompetenz, auf welchen Zeit- Lehrmitteln seit Längerem vermittelt werden. Es ist punkt, mit welchen begleitenden Massnahmen und kein Paradigmenwechsel. welchen kantonalen Ergänzungen der Lehr-plan 21 eingeführt wird. Damit kann auf laufende kantonale Wie wurden die Fachbereiche im Lehrplan 21 festge- Entwicklungen und unter-schiedliche Bedürfnisse und legt? Rahmenbedingungen Rücksicht genommen werden. Die Fachbereiche des Lehrplans 21 wurden in der Aus diesem Grund enthalten die Unterlagen zur Ver- Grundlagenphase von den 21 deutsch- und mehrspra- nehmlassung hierzu keine Aussagen. Die Einfüh- chigen Kantonen festgelegt. Sie schliessen terminolo- rungsmodalitäten sind daher auch nicht Gegenstand gisch und inhaltlich an die heute in den Kantonen der Konsultation der D-EDK. eingesetzten Lehrpläne sowie an den Stand der fach- Im Kanton Thurgau wird der Lehrplan 21 voraussicht- didaktischen Entwicklung an. Die Fachbereichsstruk- lich ab August 2017 der offizielle Lehrplan sein. Die tur wurde - nach der Vernehmlassung zum Grundla- lokal gesteuerte, individuelle Umsetzung erfolgt in den genbericht von 2009 - am 18. März 2010 von den folgenden vier Jahren. Erziehungsdirektorinnen und -direktoren verabschie- det. Sie ist daher nicht Gegenstand der Konsultation Wie sieht eine Beurteilung aus, die sich an Kompeten- im zweiten Halbjahr 2013. zen orientiert? zurück Zum kompetenzorientierten Unterricht gehören kon- struktive Rückmeldungen an die Lernenden. Sie sind Einführung Lehrplan 21 ein zentrales Merkmal der Unterrichtsqualität und befördern nach-weislich das Lernen und den Kompe- Stehen bei der Einführung des Lehrplans geeignete tenzerwerb. Eine Beurteilung von Kompetenzen be- Lehrmittel zur Verfügung? zieht die beiden Dimensionen des fachlichen und des Für die erfolgreiche Einführung und Umsetzung des überfachlichen Lernens (personale, soziale und me- Lehrplans 21 sind geeignete Lehr-mittel ein zentraler thodische Kompetenzen) ein. Im Fachbereich Spra- Erfolgsfaktor. Die Kantone haben der Interkantonalen chen verfügt man bereits über Erfahrungen, wie das Lehrmittelzentrale (ilz) deshalb frühzeitig den Auftrag Erreichen von Kompetenzen beurteilt werden kann erteilt, eine Grobbeurteilung der Lehrmittelsituation im (ESP II, LinguaLevel). In anderen Fachbereichen ste- Hinblick auf die Einführung des Lehrplans 21 vorzu- hen Erfahrungen noch aus. nehmen. Der Lehrplan 21 macht keine Aussagen zur promoti- Diese Grobbeurteilung zeigt, dass die Situation in den onsrelevanten Beurteilung, namentlich nicht zu Prü- meisten Fachbereichen verhältnismässig günstig ist. fungen, Zeugnissen, Notengebung und Promotionsre- Nur in wenigen Fachbereichen, insbesondere in Natur gelungen, die kantonal geregelt sind. Hier sind weiter- und Technik (NT), Wirtschaft, Arbeit, Haushalt (WAH), führende Abklärungen und Erfahrungen nötig, zu Räume, Zeiten, Gesellschaften (RZG) und Ethik, Reli- welchen das Kernteam Vorarbeiten leistet. Neben der 5
summativen ist die formative Beurteilung ein Aspekt, inhaltliche Auseinandersetzung und schrittweise An- der im Zusammenhang mit der kompetenzorientierten näherung an die didakti-schen Herausforderungen Beurteilung an Bedeutung gewinnen wird. Durch die eines kompetenzorientierten Unterrichts erlauben die fein gegliederten Kompetenzstufen und -aufbauten The-mentagungen. In diesem Jahr war sie dem Thema eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten zur formativen «Kompetenzen beschreiben: Kom-petenzmodelle» Beurteilung. Hierzu gibt es Hinweise im Kapitel Lern- gewidmet (vgl. Schwerpunkt in dieser Doppelseite). und Unterrichtsverständnis des Lehrplans 21. 2015 werden «Kompetenzen sichtbar machen» (Auf- gabenkultur) und 2016 «Kompetenzen beurtei-len» An welche Kompetenzstufen können Lehrpersonen der Thema sein. Dank einem Platzkontingent können alle Sekundarstufe I anschliessen? Schulgemeinden im Delega-tionssystem Lehrperso- Alle aus der Primarstufe übertretenden Schülerinnen nen, Schulleitungen und Behördenmitglieder weiterbil- und Schüler haben die Kompetenzstufe erreicht, wel- den lassen. Auf den Lehrplan 21 ausgerichtete Sup- che als Mindestanspruch des 2. Zyklus bezeichnet ist port- und Weiterbildungsangebote werden zu-dem von – ausgenommen Schülerinnen und Schüler mit Lern- der Schulberatung und der Schulentwicklung des zielanpassungen. Die Lehrpersonen im grundlegenden Amtes für Volksschule und dem Prorektorat Weiterbil- Typ G und den Niveaus g der Sekundarstufe I schlies- dung und Dienstleistungen der PHTG sowie privaten sen ihren Unterricht daran an. Sie können zudem da- Anbie-tern laufend entwickelt. Als Richtwert für indivi- von ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler duelle und kollektive Weiterbildungen gel-ten 20 Tage bereits an den nächsten Kompetenzstufen gearbeitet in den vier Umsetzungsjahren. Den Bedarf legen die haben und diese je nach individuellem Lernstand auch Schulen in eigener Kompetenz fest und konkretisieren ganz oder teilweise beherrschen. ihn in ihrer Umsetzungsplanung. Diese legt Art und Lehrpersonen in Schulen bzw. Niveaugruppen mit Umfang der Weiterbildungen sowie die nötigen Zu- erweiterten Anforderungen (Typ E resp. Niveau e) sammenarbeitsgefässe fest. Die Rahmenbedingungen können an die Kompetenzstufen anschliessen, die als wird der Regierungsrat im Frühjahr bestimmen. Auftrag des 2. Zyklus bezeichnet sind. Sie können zurück jedoch nicht davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler in allen Fachbereichen alle Kompetenz- Kontext Projekt Lehrplan 21 stufen des 2. Zyklus vollumfänglich beherrschen. Weitere Differenzierungen und Festlegungen für ein Schränkt der Lehrplan 21 die kantonale Hoheit ein? mittleres Anforderungsniveau macht der Lehrplan 21 Nein. Die Hoheit der Kantone über Kindergarten und nicht. Bei Bedarf treffen die Kantone entsprechende obligatorische Schule bleibt beste-hen. Alle Deutsch- Festlegungen. Im Kanton Thurgau wird die bewährte schweizer Kantone haben entschieden, gemeinsam Einschätzungspraxis der Mittelstufenlehr-personen ein den Lehrplan 21 auszuarbeiten. Nach der Fertigstel- wichtiger Wegweiser bleiben. lung des Lehrplans entscheiden die Kantone in ihren je eigenen Verfahren über dessen Einführung. Der Lehrplan 21 beschreibt den Pflicht- und Wahl- Aus- und Weiterbildung Lehrpersonen pflichtbereich der obligatorischen Schule. Zusätzliche Bildungsangebote bleiben in der Verantwortung der Wie werden die Lehrpersonen weitergebildet und auf Kantone. den Unterricht mit dem Lehrplan 21 vorbereitet? Der Lehrplan nimmt keinen Einfluss auf die Struktur Die Ausgangslage in den Kantonen ist unterschiedlich, der obligatorischen Schule. Die Kantone gestalten den weil die Lehrpläne und der Stand der Unterrichtsent- Schuleingang (Kindergarten oder Eingangsstufe) wicklung unterschiedlich sind. Daher wird jeder Kan- sowie die Sekundarstufe I nach wie vor selbst. Auch ton für sich den Einführungszeitpunkt sowie den Wei- die Festlegung unterschiedlicher Leistungsanforde- terbildungsbedarf und -umfang festlegen. Die Vorbe- rungen für die Niveaus der Sekundarstufe I bleibt reitung der Thurgauer Schulen hat bereits begonnen. Sache der Kantone. Seit Februar 2013 informiert der Kanton kontinuierlich Die Spielräume, die die Kantone den lokalen Schulen in mündlicher (Informationsveranstaltungen, Stufen- gewähren, sowie die Methoden-freiheit der Lehrper- konferen-zen, etc.) und schriftlicher (Doppelseite in sonen werden vom Lehrplan nicht berührt. Auch die der Heftmitte des Schulblatts, Website, etc.) Form. Die Festlegung der Stundentafeln ist Sache der Kantone. Glossen zu einzelnen Begriffen Planungsannahmen für die Verteilung der Auftrag erteilt, die Kompetenzen pro Fachbereich so Zeit zu setzen, dass sie in 80 Prozent der zur Verfügung Die Planungsannahmen sind die zeitlichen Vorgaben stehenden Zeit erreicht werden können. Ein Beispiel: für die Fachbereichteams und dienten ihnen zur Die Planungsannahme für Mathematik beträgt 1375 Orientierung bei der Erarbeitung der Fachbereichs- h für neun Schuljahre. Das Fachbereichsteam Ma- lehrpläne. Bei der Entwicklungsarbeit musste sicher- thematik erhielt den Auftrag, die Ziele des Fachbe- gestellt werden, dass der Lehrplan nicht überfüllt reichs so zu setzen, dass sie in 80 Prozent der zur wird. Deshalb wurde den Fachbereichteams der Verfügung stehenden Zeit, nämlich in 1100h er- 6
reicht werden können. Die überfachlichen Kompe- liches Lernen zu verknüpfen. Gute kompetenzorien- tenzen und fächerübergreifenden Themen mussten tierte Aufgaben sind fachbedeutsame, gehaltvolle darin ebenfalls Platz finden. Die Planungsannahmen Aufgaben. Sie repräsentieren fachinhaltliche wurden basierend auf einer Auswertung der Stun- Kernideen und lenken den Blick auf jene Konzepte, dentafeln der 21 Kantone im Sommer 2007 erarbei- Zusammenhänge, Prozesse, Fertigkeiten und Hal- tet. Gegenüber dem Ist-Zustand wurden nur kleinere tungen, welche den Bildungsgehalt von Fachberei- Korrekturen vorgenommen: Im Bereich der Natur-, chen auszeichnen und an denen sich die in den Sozial- und Geisteswissenschaften erfolgte eine Fachbereichslehrplänen beschriebenen fachlichen Schwerpunktbildung. Das Erarbeitungsprojekt geht und überfachlichen Kompetenzen erwerben lassen. davon aus, dass der Kanton seinen Schulen über die Sie beinhalten herausfordernde aber nicht überfor- Stundentafeln die notwendigen Zeitgefässe gemäss dernde Problemstellungen, welche zum Denken den Planungsannahmen zur Verfügung stellt. Stellt aktivieren und zum Handeln anregen. Sie sprechen ein Kanton weniger zur Verfügung, müsste er die idealerweise schwächere und stärkere Lernende an Zielsetzungen im Lehrplan reduzieren, Leistungsein- und begünstigen individuelle Lern- und Bearbei- bussen in Kauf nehmen oder Freiräume der Lehr- tungswege auf unterschiedlichen Leistungsniveaus personen oder Schulen beschneiden. Der Lehrplan und mit unterschiedlich ausgeprägten Interessens- 21 beschreibt den Pflicht- und Wahlpflichtbereich graden (enge, halboffene und offene Aufgabenstel- der obligatorischen Schule. Zusätzliche Bildungsan- lungen). Sie wecken Neugier und Motivation (z.B. gebote liegen in der Verantwortung des Kantons durch Alltagsnähe, Anschaulichkeit, Spielcharakter) und der Schulgemeinden. Die Planungsannahmen und ermöglichen das Reflektieren der Lernenden sind keine Stundentafeln. Die Festlegung der Stun- über Sachzusammenhänge sowie über ihr eigenes dentafeln bleibt Sache der Kantone. (Quelle: Lernen und Problemlösen. Sie stossen situativ www.lehrplan.ch > Grundlagenbe- Kommunikations- und Kooperationsprozesse an und richt/Argumentarium) lassen Raum für das Lernen von- und miteinander. Kompetenzerwerb Gestaltete Lernumgebungen Im Lehrplan 21wird aufgezeigt, wie Kompetenzen Lernumgebungen und Unterrichtseinheiten beste- über die ganze Schulzeit --- vom Kindergarten bis zum hen aus einem strukturierten Angebot an fachbe- Ende der Volksschule --- aufgebaut werden. Für jede deutsamen Themen, Aufgaben, Gegenständen, Kompetenz wird der erwartete Kompetenzerwerb in Materialien, Methoden und Arbeitstechniken, Sozial- mehreren Kompetenzstufen pro Zyklus beschrieben. formen und Interaktionsmustern in Abstimmung mit In der einzelnen Kompetenzstufe wird formuliert, was daran zu erwerbenden Kompetenzen. Sie bauen auf Schülerinnen und Schüler auf dieser Stufe können dem Vorwissen der Schülerinnen und Schüler auf. bzw. welche Ausprägung eine Kompetenz hat. Wis- Sie sind demnach inhaltlich wie auch in der didakti- sen und Können, fachliche und überfachliche Kom- schen und methodischen Umsetzung auf den aktuel- petenzen (personale, soziale und methodische Kom- len Lernstand der Schülerinnen und Schüler abge- petenzen) werden miteinander verknüpft. In den stimmt. Die Lernenden erhalten dadurch die Gele- Fokus rücken damit die für den Kompetenzerwerb genheit, entsprechend ihren Möglichkeiten optimal notwendigen Lernprozesse der Schülerinnen und vom Arrangement der Lernumgebung zu profitieren. Schüler. Zum kompetenzorientierten Unterricht ge- Idealerweise bieten gestaltete Lernumgebungen hört unter anderem eine gute Feedbackkultur an die mannigfaltige durch Lehrpersonen und Lehrmittel Lernenden. Die Schülerinnen und Schüler erhalten unterstützte Lerngelegenheiten, einzelne oder ver- im Unterricht ermutigende und aufbauende Rück- schiedene Facetten einer Kompetenz zu erwerben, meldungen. Sie erhalten Informationen über ihren zu festigen und in Anwendungssituationen zu nut- Kenntnisstand, ihren Lernfortschritt und über noch zen. Durch ihre Ausrichtung auf die aktive Auseinan- bestehende Lücken oder anzugehende Schwierig- dersetzung mit Gegenständen und Aufgaben, wer- keiten. Eine so verstandene formative Beurteilung den bei Schülerinnen und Schülern vielfältige rezep- trägt zur Entwicklung einer realistischen, auf die tive und gestalterische Arbeits- und Denkprozesse eigenen Entwicklungsmöglichkeiten ausgerichteten angeregt. (Aus: «Einleitung, Lern- und Unterrichts- Selbsteinschätzung bei. Inhaltliches Feedback ist --- verständnis», Lehrplan 21) dies belegt der australische Forscher John Hattie in seiner Metastudie eindrücklich --- ein zentrales Merkmal der Unterrichtsqualität und befördert nach- weislich das Lernen und den Kompetenzerwerb. (Aus: «Einleitung» «Überblick und Anleitung», Lehr- plan 21) Lernaufgaben Attraktive, inhaltlich und methodisch durchdachte Lernaufträge und Aufgaben sind die zentralen fach- didaktischen Gestaltungselemente von Lernumge- bungen und bilden damit das Rückgrat guten Unter- richts. Die Aufgaben werden auf die mit dem Unter- richt verfolgten Zielsetzungen abgestimmt. Sie müs- sen die Gelegenheit bieten, fachliches und überfach- 7
L e h rp lan 21 Ausgabe 1 · S chulblatt April 2 013 Christian Amsler: «Wir erschaffen den Lehrplan 21 nicht zum Selbstzweck!» Bild: zVg War denn bisher alles schlecht? «Bisher konnte Nein, überhaupt nicht! Ich schaue aber die Grundidee des Lehr- plans 21 als sehr positiv an. man nur in die Küche Im Übrigen freut es mich auch sehr, dass die Schweizerische Lehrerschaft (LCH) dem Lehrplan 21 sehr positiv gegenüber hineinschauen, jetzt steht. Ihr Präsident Beat Zemp ist ein grosser Verfechter des gemeinsamen Lehrplans und für mich ein ganz wichtiger und dann bald auch in geschätzter Ansprechpartner und Wegbegleiter bei der Lancie- rung unseres gemeinsamen Werks. die Töpfe!» Wie lautet Ihr grundsätzliches Credo pro Lehrplan 21? Schauen Sie, wir erschaffen den Lehrplan 21 nicht zum Selbst- zweck, sondern aus einem ganz einfachen Grund: Er dient der Der Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler Umsetzung des Auftrags der Bundesverfassung zur Harmoni- ist als Präsident der D-EDK oberster Schirmherr des sierung der Ziele der Bildungsstufen. Es beteiligen sich alle 21 deutsch- und mehrsprachigen Kantone, auch die, welche dem Lehrplans 21. Das SCHULBLATT traf sich mit ihm HarmoS-Konkordat nicht beigetreten sind. Der Lehrplan 21 zum Exklusiv-Gespräch. integriert die nationalen Bildungsziele (Bildungsstandards). Wir gewähren damit Anschlussfähigkeit unter den Kantonen und reagieren sinnvoll auf die reale Mobilität unserer Familien. Das Interview Urs Zuppinger überzeugt mich auch als dreifacher Vater! Grundsätzliches Was überzeugt Sie davon, dass mit dem Lehrplan 21 Weshalb brauchts denn einen neuen Lehrplan? die Qualität der Schule steigen wird? Der mit grossem Mehr vom Schweizer Volk angenommene Das tönt so, wie wenn wir den Anspruch hätten, mit dem Lehr- Bildungsartikel verpflichtet die Kantone, die Bildungssysteme plan 21 die Welt und die Schule verbessern zu wollen. Und untereinander zu harmonisieren. Dies lösen wir ein mit dem wie wenn heute in der Schule keine Qualität zu finden sei. Lehrplan 21, der übrigens kein Reformprojekt ist. Ich würde Das Gegenteil ist der Fall! Schon heute wird sehr gute Arbeit ihn eher als koordiniertes Alltagsgeschäft und unterstützendes an den Schweizer Schulen geleistet. Ich habe bei der Antwort Werkzeug für die wichtige Arbeit unserer Lehrerinnen und Leh- zur letzten Frage ausgeführt, warum wir den Lehrplan 21 ma- rer bezeichnen. Er soll Ruhe, Klarheit und Sicherheit ins Schul- chen. Sicher haben wir aber durchaus auch einen Schulent- feld und in den Unterricht bringen. Es ist doch eine fantastische wicklungs- und Qualitätsanspruch bei dieser Arbeit! Gerade Sache: Da finden sich die 21 Kantone der Deutschschweiz zu- die Kompetenzformulierungen umschreiben konkret, was die sammen und denken gemeinsam über die Beschreibung von Schülerinnen und Schüler können und wissen sollen und dies Kompetenzorientierung und Lerninhalten nach. wirkt sich positiv auf die Qualität des Unterrichts aus. 8
L e h r p la n 21 Ausgabe 1 · S chulblatt April 2 013 Es brauche jemanden mit Herzblut, der das Projekt tragliche Verpflichtung zur Einführung des Lehrplans 21, es gibt vertrete, sagten Sie der Sonntagszeitung. keine überkantonale Lehrplanbehörde. Aufgrund der Schulho- Ging Ihnen bisher alles zu large vonstatten? heit der Kantone kann jeder Kanton auch die ihm nötig erschei- Nein, keinesfalls. Das Projekt ist sehr sorgfältig und professi- nenden Anpassungen an der Lehrplanvorlage vornehmen. onell aufgegleist. Bisher konnte man nur in die Küche hinein- schauen, jetzt dann bald auch in die Töpfe! Das ist doch eine Stellen Sie sich ein Gefäss vor, das wir zu 80% füllen und die spannende Sache … Ich bin einer, der offen und transparent übrigen 20% können noch ortsspezifisch gefüllt werden. Das kommuniziert und den direkten Draht zur der Lehrerschaft sucht. ist eine Wertschätzung dem Föderalismus gegenüber. Auch Ich will den Lehrplan 21 mit Herzblut und Engagement vertre- wenn dadurch gewisse Unterschiede zwischen den Kantonen ten, dafür bringe ich als ehemaliger Lehrer und Prorektor einer bestehen bleiben werden, kann der Verfassungsauftrag trotz- Pädagogischen Hochschule die fachliche Kompetenz mit. Mit dem eingelöst werden, denn die Verfassung verlangt eine Har- meinem pädagogischen Hintergrund bin ich sicher ein glaub- monisierung der Ziele und keine vollständige Vereinheitlichung. würdiger Vertreter für die nun anlaufende wichtige Lancierungs- phase im Jahr 2013. Den Stempel HarmoS bringen Sie dem Lehrplan 21 ein- fach nicht von der Backe! Einführungsphase Das macht doch nichts! Wissen Sie, ich persönlich mag den Beschreiben Sie uns, wie eine Lehrperson an den Lehr- Stempel HarmoS. Das ist doch eine gute Sache. Der Lehrplan plan 21 herangehen soll! 21 wurde unabhängig vom HarmoS-Konkordat lanciert. Dahin- Offen und neugierig! Das ist generell eine gute Haltung im ter steht der Auftrag der Bundesverfassung, die Ziele und In- Leben. Wenn ich an etwas Neues herangehe, dann suche ich halte der Schule zu harmonisieren. nicht primär nach dem Haar in der Suppe, sondern nach dem Positiven und dem Gewinn für meine Arbeit. Der Lehrplan 21 will Auf nationaler Ebene geschieht dies im Rahmen des HarmoS- Klarheit und Verlässlichkeit in den schulischen Alltag bringen. Konkordats. Hier werden übergeordnete Ziele der obligato- rischen Schulzeit definiert. Es wird der Sprachunterricht geregelt Wie motivieren Sie ältere sowie die Einschulung und die Dauer der Schulstufen vorge- Kolleginnen und Kollegen, geben. Zudem werden, gestützt auf das HarmoS-Konkordat, sich mit dem Lehrplan 21 in nationale Bildungsstandards entwickelt. Die Lehrpläne werden der Zielgeraden ihres schu- auf sprachregionaler Ebene mit dem Lehrplan 21 harmonisiert. «Der Lehrplan 21 lischen Wirkens noch aus- Der Lehrplan 21 berücksichtigt grundsätzlich diese Regelungen. einanderzusetzen? Und ganz wichtig zu wissen, gerade für den Kanton Thurgau: will Klarheit und Gerade für Lehrerinnen und Der Lehrplan 21 kann unabhängig davon, ob die Kantone dem Verlässlichkeit in den Lehrer gilt der Grundsatz des HarmoS-Konkordat beigetreten sind, eingeführt werden. Die schulischen Alltag lebenslangen Lernens. Für Hoheit der Kantone bleibt bestehen. mich gilt aber generell und für bringen.» alle Berufe: Man sollte bis zum Herr Amsler, herzlichen Dank für dieses Gespräch! Pensionierungsmoment immer offen bleiben für Neuerungen, Was Christian Amsler zu Vorbehalten, den Noten und den kom- Entwicklungen. Ich halte es da menden Meilensteinen meint, lesen Sie bitte in der kompletten mit dem Lebensgrundsatz: Alt Online-Version unter ist man dann, wenn man an der Vergangenheit mehr Freude hat www.schulblatt.tg.ch > Magazin > April 2013 als an der Zukunft. Oder auch Dante Alighieris berühmtes Zitat: «Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an – und handelt.» Welche äussere Form hat das Teil eigentlich? Der Lehrplan 21 (in A4 Hochformat) wird es in einer Web-Ver- PorträT sion geben. Dies entspricht den heutigen Bedürfnissen. Jede Regierungsrat Christian Amsler (FDP) ist Lehrperson soll schnell zu den Inhalten gelangen, die für sie re- als Vorsteher des Erziehungsdepartements levant sind. Auch können so Verlinkungen z.B. später zu Unter- des Kantons Schaffhausen zuständig für richtsmaterialen einfach erstellt werden. Bei Bedarf wird es auch die Bereiche Bildung, Jugend, Familie, eine Printversion geben. Details sind aber noch nicht geklärt. Sport und Kultur. Der 49-jährige Politiker ist mit einer Lehrerin verheiratet, Vater von Kantonsspezifische Ergänzungen 3 Kindern und präsidiert seit dem 1. Januar Warum sollen Aargau, Schaffhausen oder der Thurgau noch kantonsspezifische Ergänzungen erhalten? 2013 die Erziehungsdirektoren Konferenz Die Lehrplanplanvorlage soll Ende 2014 zur Einführung bereit der Deutschschweiz (D-EDK). Damit ist er stehen. Für die Einführung braucht es in jedem Kanton einen auch Schirmherr des Lehrplans 21. entsprechenden Beschluss der hierfür zuständigen Behörde. www.christianamsler.ch Die Deutschschweiz hat anders als die Romandie keine ver- 9
L e h r p lan 21 Ausgabe 2 · S c h ulblatt J u n i 2 013 Heutige Lehrpläne des Kantons Thurgau (1996). wort auf die Frage, «Welche Bildung soll in der Schule vermittelt Welche Bedeutung werden?» bzw. «Welche Kompetenzen sollen Schülerinnen und Schüler im Laufe der Schulzeit erwerben?» Bildungspolitisch bedeutsam ist darüber hinaus vor allem die koordinierende Wir- haben Lehrpläne kung von Lehrplänen: Koordination zwischen den Schulstufen und Schultypen, zwischen den einzelnen Schulen eines Kantons und wie werden sie und künftig auch zwischen den Kantonen. Politik und Verwal- tung verstehen Lehrpläne zudem als Instrumente zur Umset- zung von Innovationen, seien es die Bildungsstandards der EDK, wirksam? mehr Koordination, schulstrukturelle Veränderung oder neue Bil- dungsinhalte und Fächer. Da Lehrpläne Ziele und Inhalte bzw. zu erwerbende Kompetenzen definieren und z.T. den organisa- Der Lehrplan 21 wird im Kanton Thurgau auf den torischen Rahmen von Schule festlegen (Fächer, Stufen usw.), 1. August 2016 in Kraft gesetzt. Wie im Schulblatt bilden sie eine allgemeine Grundlage für den Unterricht. Sie sind aber auch eine Basis für die Entwicklung von Lehrmitteln, für die vom Februar dargestellt, finden bereits heute inten- Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen und sie legitimieren sive Planungs- und Vorbereitungsarbeiten zur Ein- administratives Handeln (z. B. Anweisungen der Verwaltung an führung des neuen Lehrplans statt – Zeit also, einige die Schulen). grundsätzliche Fragen zur Bedeutung und zu den Was leisten Lehrpläne nicht? Wirkungen von Lehrplänen zu stellen. Beat Mayer, Lehrpläne können nicht alles leisten. Ihr Schwerpunkt liegt bei Fachmann für Lehrplanfragen, hat dazu einen Bei- der Festlegung von Zielen und Inhalten bzw. von Kompetenzen. Zwar enthalten sie in der Regel auch Aussagen zu grundle- trag für das Thurgauer Schulblatt verfasst. genden Herausforderungen des Unterrichts: Umgang mit dem Leistungsspektrum in der Klasse, Integration von Kindern mit besonderem Förderbedarf, Beurteilung der Schülerinnen und Beat Mayer Schüler. Sie sind aber keine Rezeptbücher, mit deren Hilfe Leh- rerinnen und Lehrer die täglichen praktischen Probleme auf Welche Bedeutung haben Lehrpläne? einfache Art lösen können: Was mache ich mit einem Schü- In Gesprächen mit Lehrpersonen trifft man häufig die Meinung ler, der seine Hausaufgaben schon wieder nicht gemacht hat? an, dass Lehrpläne für den konkreten Schulalltag wenig Be- Wie stelle ich die für das Lernen nötige Disziplin nach einem deutung haben, dass sie «fürs Büchergestell» seien. Trotzdem «Tumult» wieder her? Dazu ist der Lehrplan nicht geeignet. Er gibt es sie seit der Einführung der öffentlichen Volksschulen. legt auch nicht fest, welcher Stoff an einem bestimmten Tag zu Es muss wohl Gründe geben, warum alle Kantone Lehrpläne behandeln und welche Methode dabei einzusetzen ist. In diesem haben. Was leisten Lehrpläne wirklich? Lehrpläne formulieren Sinne hat der Lehrplan eine begrenzte Reichweite, belässt den den gesellschaftlichen Auftrag an die Schule und geben Ant- Lehrperson aber auch den nötigen Freiraum (Methodenfreiheit). 10
L e h r p la n 21 Ausgabe 2 · S c h ulblatt J u n i 2 013 An wen richten sich Lehrpläne? dass Lehrpläne allein – das heisst ohne Umsetzung in den Lehr- Thema des Lehrplans ist der Unterricht in den einzelnen Fä- mitteln, ohne begleitende Weiterbildung und gezielte Einführung chern. Deshalb richtet sich der Lehrplan in erster Linie an die - ihre möglichen Wirkungen schlecht entfalten können. Für den Lehrerinnen und Lehrer. Er ist eine Grundlage für die mittel- und Erfolg des Lehrplans 21, d.h. für seine positiven Auswirkungen längerfristige Unterrichtsplanung, er hilft Schwerpunkte setzen, auf den Unterricht und auf den Lernerfolg der Schülerinnen und gibt Orientierung in der Vielfalt der möglichen Unterrichtsthe- Schüler, ist eine vorausschauende und umfassende Einführung men, strukturiert die einzelnen Fächer und formuliert das Fach- und Umsetzung entscheidend. Kern dieser Implementierung ist verständnis, das dem Unterricht zu Grunde liegen soll. Damit eine fachbezogene und von aussen unterstützte lokale Unter- gibt der Lehrplan den Lehrerinnen und Lehrern Sicherheit, das richtsentwicklung an den Schulen vor Ort. Richtige zu tun. Neben den Lehrpersonen richtet sich der Lehr- plan an die Dozierenden der Lehrerinnen- und Lehrerbildung, Eine so verstandene Lehrplaneinführung und -umsetzung kann an die Bildungsverwaltung und an die Autorinnen und Autoren durch die folgenden Eckpunkte umschrieben werden: von Lehrmitteln. Gerade bei der Entwicklung von Lehrmitteln 1) Die Umsetzung des Lehrplans 21 ist ein mehrjähriger Pro- spielt der Lehrplan eine wichtige Rolle: In den Lehrmitteln wer- zess. den die Grundideen, Ziele und Schwerpunkte des Lehrplans so 2) Die Umsetzung erfolgt in erster Linie an den Schulen. konkretisiert, dass sie von den Lehrpersonen mit vertretbarem 3) Die Umsetzung ist im Wesentlichen fachbezogen. Aufwand im Unterricht umgesetzt werden können. Lehrerinnen 4) Der Umsetzungsprozess wird von den Schulleitungen vorbe- und Lehrer können nicht alles selber erfinden – sie sind in den reitet, organisiert und geleitet. meisten Fächern darauf angewiesen, dass ihnen in den Lehrmit- 5) Das Amt für Volksschule leitet und koordiniert die Einfüh- teln sachlich richtige und praxiserprobte Texte, Darstellungen, rung und Umsetzung. Zusammenfassungen, Aufgaben usw. zur Verfügung stehen. 6) Den Schulen stehen professionelle Beratungen zur Verfü- Schliesslich sollen Lehrpläne so formuliert sein, dass sie auch gung. von Eltern, Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitikern und 7) Ein zielgerichtetes Weiterbildungsangebot steht bereit. anderen Interessierten verstanden werden können. 8) Geeignete Lehrmittel und Unterrichtshilfen stehen rechtzei- tig zur Verfügung. Sind Lehrpläne überhaupt wirksam? 9) Beurteilungs- und Übertrittsregelungen, Leistungsteste etc. Die Lehrplanforschung bestätigt im Wesentlichen unser Alltags- sind angepasst. verständnis: Lehrerinnen und Lehrer orientieren sich in ihrer täglichen Arbeit in erster Linie an ihrer Erfahrung und an den Diese Vorstellungen über die Umsetzung des Lehrplans 21 sind Lehrmitteln. Das heisst nicht im Einführungs- und Umsetzungsprojekt des Kantons Thurgau automatisch, dass Lehrpläne bereits gut verankert – das stimmt zuversichtlich. keine Wirkung haben. Ihre Wir- kung ist zu guten Teilen eine Fazit/Zusammenfassung indirekte: Sie wirken sich auf Lehrpläne haben auch in Zukunft eine grosse Bedeutung: Sie Damit gibt der Lehrplan die Entwicklung von Lehrmit- sind Träger der gesellschaftlichen Erwartungen an die Schule, den Lehrerinnen und teln und auf die Lehrerinnen- legen die zu erwerbenden Kompetenzen der Kinder und Jugend- und Lehrerbildung aus und lichen fest und strukturieren den Unterricht in der Volksschule. Lehrern Sicherheit, das dienen als Grundlage für zahl- Eine umsichtige und gut geplante Einführung und Umsetzung Richtige zu tun. reiche Entwicklungsarbeiten des Lehrplans 21 trägt zur kontinuierlichen Verbesserung der (z.B. Hilfen zur Beurteilung Unterrichtsqualität bei. der Schülerinnen und Schü- ler, Leistungstests, Handrei- chungen, Planungshilfen usw.). Auf die direkten Wirkungen bei den Lehrpersonen durch die Nutzung für die Unterrichtsplanung, Schwerpunktsetzung usw. wurde bereits hingewiesen. Diese PorträT Überlegungen zur Wirksamkeit werden mit der Einführung des Lehrplans 21 besonders aktuell. Beat Mayer hat bis 2011 als Erziehungs- wissenschafter in der Bildungsplanung Wie wird der Lehrplan 21 wirksam? der Erziehungsdirektion des Kantons Bern Im Schulalltag ist der bestehende (alte) Lehrplan nur selten ein gearbeitet. Arbeitsschwerpunkte waren Thema. Dies ändert sich, wenn ein neuer Lehrplan ansteht. Be- Lehrplan- und Lehrmittelentwicklung. Seit reits im Vorfeld finden Diskussionen über die geplanten Ver- 2011 selbstständige Tätigkeit: Projekte änderungen statt, Diskussionen auch über die notwendigen Weiterbildungen und über Anpassungen bei den Lehrmitteln, beraten, Konzepte erarbeiten, Texte redi- Übertrittsbestimmungen, Zeugnissen usw. Parteien, Elternver- gieren, Berichte verfassen. eine, Lehrerverbände und andere Interessengruppierungen sind eingeladen, sich an der Vernehmlassung zu beteiligen und ihre Anliegen einzubringen. Aus der Lehrplanforschung wissen wir, 11
Lehrplan 21 Ausgabe 3 · Schulblatt August 2013 Titelbild der Thurgauer Ausstellung zum Lehrplan 21. Gespräch für einen aktuellen und praxistauglichen Lehrplan gut. Ob sich damit auch die Ansprüche der Gesellschaft an die Volksschule decken, wird sich nun in der breiten Vernehm- lassung zeigen. Die Vernehmlassung In welcher Form kann auf den Lehrplan 21 Einfluss wird den Lehrplan- genommen werden? Damit alle, die nicht an der Erarbeitung beteiligt waren, sich entwurf anreichern zum Lehrplanentwurf äussern können, wird die breit ange- legte Konsultation durchgeführt. Neben Institutionen und Organisationen, deren Tätigkeit im direkten Zusammenhang mit der Volksschule stehen, sind primär die Kantone als Auf- Anfangs Juli hat der Kanton Thurgau zur Vernehm- traggeber zur Stellungnahme aufgefordert. Die Lehrpersonen lassung eingeladen. Warum die Auseinandersetzung und Schulleitungen haben gleich doppelt die Möglichkeit, ihre Anliegen einzubringen: Kantonal über Bildung Thurgau resp. mit dem Lehrplanentwurf wichtig ist und was mit den den Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Thurgau sowie Rückmeldungen passiert, darüber gibt Sandra Bach- auf gesamtschweizerischer Ebene über ihre Dachverbände mann, Gesamtprojektleiterin Einführung Lehrplan 21 LCH/VPOD und VSLCH. Somit werden zwei wichtige Stim- men gebührend beachtet. im Thurgau, Auskunft. Wer ist im Thurgau zur Vernehmlassung eingeladen? Wir halten uns an die gesetzlichen Grundlagen und bewährten Interview: Xavier Monn, Karin König (Mitglieder Kernteam) Verfahren. Zur Vernehmlassung, die ab dem 1. Juli vier Mo- nate dauert, sind alle Departemente des Kantons Thurgau, die Auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung PHTG und die Berufs- und Interessenverbände aus dem Bil- haben wir lange gewartet … dungsbereich, der Wirtschaft und der Politik eingeladen (vgl. Ja, und das war gut so! Was wachsen und gedeihen «Weiter in Text & Netz», Konzept zur Vernehmlassung). soll, braucht zuerst einen gewissen Schonraum. Ich bin überzeugt, dass sich der vorliegende Entwurf des Wie sollen die Vernehmlassungsantworten Lehrplans 21 als Grundlage für eine breite Diskussion eingereicht werden? über den inhaltlichen Auftrag an die Volksschule eig- Am liebsten in elektronischer Form! Das erleichtert uns die net. Er wurde in zweieinhalbjähriger, sorgfältiger Ar- Auswertung der Stellungnahmen enorm. Pro Vernehmlas- beit und in teils zähem Ringen von Fachdidaktikern und sungspartner erwarten wir eine Antwort im Fragebogen. Wir Lehrpersonen erarbeitet. Damit stehen die Chancen überlassen es den eingeladenen Verbänden, Parteien und 12
Lehrplan 21 Ausgabe 3 · Schulblatt August 2013 Organisationen, ob und wie sie intern die Meinungen ihrer rund drei Jahre vor der Umsetzung viele Gedanken zum eigenen Mitglieder einholen. Dies kann mit einem Hearing, einer De- Unterricht in Gang. legiertenversammlung oder unter Einbezug jedes Einzelnen geschehen – wichtig ist eine gebündelte Antwort an mich bis Ist die Vernehmlassung eine Alibi-Übung, weil alles am 31. Oktober! schon in Stein gemeisselt ist? Ich bin sicher, dass es der Projektleitung ein echtes Anlie- Zu welchen Teilen des Lehrplans gen ist, eine Aussensicht einzuholen, um den Lehrplan ab- kann Rückmeldung gegeben werden? gestützt zu überarbeiten. Nicht verhandelbar sind die bereits Zum ganzen Lehrplan, inhaltlich wie auch formal. Erwünscht erwähnten Grundannahmen aus dem Jahr 2009. Es ist aber sind inhaltliche Rückmeldungen zu den Fachbereichen, den schon so, dass der Einfluss der einzelnen Person – als Teil überfachlichen Kompetenzen, fächerübergreifenden Themen der Verbandsantwort, welche wiederum Teil einer der 21 Kan- sowie den einleitenden Kapiteln. Im Fragebogen wird erhoben, tonsantworten ist – bescheiden erscheint. Die Kraft der Rück- ob man mit der Auswahl der Kompetenzen und deren Aufbau meldungen entsteht erst durch die Menge. sowie der Setzung der Mindestansprüche einverstanden ist. Aber auch allgemeine und formale Rückmeldungen sind wich- Kann ich den Lehrplan 21 bereits als Instrument für tig, z.B. zur Benutzerfreundlichkeit der Online-Version oder zum meinen Unterricht nutzen? Oder wird sich daran noch Layout. Nicht zur Diskussion steht der Aufbau des Lehrplans mit einiges ändern? den drei Zyklen und der Fachbereichsstruktur, der Einarbeitung Im neuen Lehrplan sind die Struktur (Fachbereiche, über- der nationalen Bildungsstandards (Mindestansprüche) und des fachliche Kompetenzen, fächerübergreifende Themen) und Sprachenmodells der EDK, da diese bereits durch die Vernehm- die Grundausrichtung gesetzt. Wenn man damit leben kann, lassung 2009 abgestützt sind dass möglicherweise einzelne Kompetenzen oder deren Auf- (Grundlagenbericht). bau noch abgeändert werden, können schon heute Teile des Lehrplans genutzt werden. Verbindlich bleiben jedoch die Die Einschätzungen der Was geschieht mit den Ziele der 96-er Lehrpläne, voraussichtlich bis 31. Juli 2016. Lehrpersonen zum Lehr- Stellungnahmen? Am wenigsten von Änderungen betroffen werden wohl die planentwurf sind besonders Nach dem 31. Oktober werden Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften sein, weil wichtig, um ein praxistaug- die kantonsinternen Stellung- hier die nationalen Bildungsstandards zugrunde liegen. Im liches Planungsinstrument nahmen zusammengezogen Moment noch sehr unklar ist der Überarbeitungsbedarf bei zu schaffen. und ausgewertet. Im Dezem- «ICT und Medien» – hier könnte es zu grösseren Änderungen ber verabschiedet der Regie- kommen. Walter Berger, rungsrat die Kantonsantwort, Chef Amt für Volksschule welche bis Ende Jahr dem Was ist das Ziel der Informationsveranstaltungen Projekt Lehrplan 21 (D-EDK) zum Lehrplan 21? zugestellt wird. Von Januar bis Primäres Ziel ist es, die Teilnahme an der Vernehmlassung zu März 2014 werden die Resul- erleichtern. An allen drei Veranstaltungen werden der Aufbau tate der gesamtschweizerischen Konsultation ausgewertet und und das Verständnis des neuen Lehrplans an konkreten Bei- anschliessend die Überarbeitungsaufträge an die Fachbereich- spielen gezeigt und erläutert. Dies lässt sich auch alles in den teams formuliert. Die Freigabe der definitiven Lehrplanvorlage zur einleitenden Kapiteln und der Anleitung nachlesen. Speziell Einführung in den Kantonen ist für Herbst 2014 geplant. sind die Ausstellung und die Einblicke, welche die beiden Lehr- personen Silvia Boxler und Erich Seeger geben. Beide haben Erhofft sich der Kanton Thurgau aus der Vernehmlas- den Lehrplan mit erarbeitet. Die konkrete Auseinandersetzung sung auch kantonsspezifische Hinweise? mit den Auswirkungen der Kompetenzorientierung auf den Für die kantonalen Vorbereitungsarbeiten erhoffe ich mir Hin- Unterricht erfolgt hingegen an den Thementagungen (vgl. «A weise, welche besonderen thurgauischen Prägungen der Lehr- jour») und später an den Schulen. plan erhalten soll. Es kann aber auch sein, dass Anregungen zum Support, zu der Einführung oder zu notwendigen Instru- Wie sind die ersten Erfahrungen? menten und Lehrmitteln kommen. Parallel zur Vernehmlassung Mehrheitlich positiv! Die rund 250 Besucherinnen und Besu- sind wir laufend im Austausch mit Schulleitern, Lehrpersonen cher in Amriswil waren mit dem Abend zufrieden: Informativ und Behörden. Wer gezielt einen Kommentar oder eine Anre- und abwechslungsreich gestaltet, verschiedene Blickwinkel. gung zur Einführung und Umsetzung im Kanton platzieren will, Nach den Sommerferien folgen die öffentlichen Informations- kann den speziell dafür eingerichteten Online-Briefkasten nut- veranstaltungen am 13. August in Frauenfeld und am 20. Au- zen (vgl. «Weiter in Text & Netz», Briefkasten). gust in Kreuzlingen. Die Anmeldung unter www.schuletg.ch ist bis eine Woche vor dem Termin möglich. Die Schulleitungen Warum soll ich mich als Lehrperson informieren wir gesondert am 27. August, sie haben die Einla- an der Vernehmlassung beteiligen? dung bereits erhalten. Der Lehrplan 21 betrifft alle Lehrpersonen in ihrem Kernge- schäft, dem Unterricht! Da lohnt es sich, schon heute den Ent- Vielen Dank für das Gespräch, wurf genauer anzuschauen, ihn kennen zu lernen und seine Sandra Bachmann. Meinung über den Berufsverband einzubringen. So kommen 13
Lehrplan 21 Ausgabe 4 · Schulblatt Oktober 2013 Was kannst du gut – und wo möchtest du noch besser werden? Die Möglichkeit zur verschiedenen Stufen. Die zweitgrösste Gruppe der Inte- ressierten waren Mitglieder der Schulbehörden, gefolgt von Mitgestaltung besteht Schulleiterinnen und Schulleitern, welche sich annähernd vollzählig informieren liessen (vgl. Abb.1). nur jetzt! Informationsveranstaltung Lehrplan 21 – Auswertung der Teilnehmer Die kantonalen Informationsveranstaltungen sind vo- 900 rüber. Nehmen auch Sie sich die Zeit und beschäftigen 800 786 700 sich mit dem Lehrplan 21? Erst wenn sich alle Verbände 600 489 Anzahl und Institutionen an der Vernehmlassung beteiligen, 500 400 bekommt die Thurgauer Antwort ein breites Bild und 300 200 125 117 grösseres Gewicht. 100 0 6 18 3 4 7 14 3 Fachstellen Schulleitung Behörde Kanton/PHTG Lehrpersonen Politik Sek II Verbände/Organisationen Wirtschaft Total Verwaltungspersonal Karin König, Mitglied des Kernteams Lehrplan 21 Mit dem offiziellen Start der Vernehmlassung am 28. Juni 2013 wurden alle Vernehmlassungspartner eingeladen, sich die nötigen Informationen zu holen, um sich kompetent an der Vernehmlassung beteiligen zu können. Bis anhin wurde vor allem schriftlich informiert – viele Beteiligte lassen sich Abb. 1: Auswertung der Teilnehmenden aller Informationsveranstaltungen aber gerne persönlich informieren und nutzen die Gelegen- heit für den persönlichen Austausch. Alle Veranstaltungen wurden mit Voten zur politischen Sicht auf den Lehrplan eröffnet. Mit ihrem Erscheinen haben Informationen im ganzen Kanton Amtschef Walter Berger, Generalsekretär Dr. Paul Roth Rund 800 Personen besuchten die drei Informationsver- oder Regierungsrätin Monika Knill gezeigt, dass der Lehr- anstaltungen in Amriswil, Frauenfeld und Kreuzlingen. Die plan 21 im Kanton einen hohen Stellenwert hat. Schulleiterinnen und Schulleiter wurden an ihrer jährlichen Tagung am 27. August in Weinfelden informiert. Dazu Gut zu wissen kamen noch rund 150 unangemeldete Besucherinnen und Sandra Bachmann, verantwortlich für die Einführung des Besucher, davon rund 40 aus Politik und Wirtschaft. Wie Lehrplans im Kanton, führte souverän und gut strukturiert erwartet sprach die Einladung vor allem Lehrpersonen an: durch die Veranstaltungen. In aller Kürze zeigte sie die Mehr als die Hälfte der Teilnehmer waren Lehrpersonen der wichtigsten Punkte des neuen Lehrplans auf: 14
Lehrplan 21 Ausgabe 4 · Schulblatt Oktober 2013 • Bei der Kompetenzorientierung steht die Anwendbarkeit von aus dem Bildungsbereich, der Wirtschaft und der Politik ein- Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Vordergrund. geladen. Die Lehrpersonen und Schulleitungen haben dank • Der Kompetenzaufbau erfolgt während der ganzen Volks- des zweigleisigen Konsultationsverfahrens gleich doppelt schulzeit, eingeteilt in drei Zyklen die Möglichkeit, ihre Anliegen einzubringen: Kantonal über (Kindergarten – 2. Klasse/3. – 6. Klasse/7. – 9. Klasse). Bildung Thurgau resp. den Verband Schulleiterinnen und • Das Fachbereichskonzept ist bekannt, setzt aber teilweise Schulleiter Thurgau sowie auf der gesamtschweizerischen neue Akzente, z.B. in den Fachbereichen Wirtschaft, Ar- Ebene über ihre Dachverbände. Einzelrückmeldungen beit und Haushalt (WAH) oder Natur, Mensch, Gesell- sind nicht möglich. Um trotzdem persönliche Meinun- schaft (NMG). gen, Kommentare und Hinweise zu erhalten, wurde auf • In allen Fachbereichen eingearbeitet sind die überfach- www.schuletg.ch ein Briefkasten eingerichtet. Jeder dieser lichen Kompetenzen und die fächerübergreifenden The- Vernehmlassungspartner ist eingeladen, bis Ende Oktober men (Querverweise). eine Stellungnahme abzugeben. Es wurde ein Fragebogen • Mit dem Lehrplan sind die Begriffe «Differenzierung», verschickt, der zur Rückmeldung verwendet werden muss. «Mindestanspruch» und «weiterführende Kompetenzen» Wenn möglich sollte die Antwort in elektronischer Form zu- verbunden. rückgeschickt werden, das erleichtert die Auswertung sehr. • Der Kompetenzerwerb gelingt nur im Zusammenspiel von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen (vgl. «Glossar»). Aufruf Es ist wichtig, dass der Lehrplan 21 von den verschiedenen Schülerinnen und Schüler sprechen über ihre Kom- Anspruchsgruppen beurteilt wird. Diese breite Sichtweise petenzen wird entscheidend zur Qualität des Lehrplans beitragen. In drei Filmeinspielungen kamen auch die Schülerinnen und Die Vernehmlassung ist die Möglichkeit zur Mitgestaltung. Schüler vom Kindergarten bis zur Sekundarschule zu Wort. Der Lehrplan 21 betrifft alle Lehrpersonen in ihrem Kern- In kurzen Videostatements sprachen sie über ihre Kom- geschäft, dem Unterricht! Es lohnt sich, schon heute diesen petenzen und beantworteten die Fragen «Was kannst du Auftrag genauer anzuschauen, ihn kennen zu lernen und gut?» – «Was möchtest du noch lernen? Wo möchtest du die eigene Meinung über den Berufsverband einzubringen. dich verbessern?» – «Wozu?». Die Schülerinnen und Schüler Es ist sicher so, dass der Einfluss der einzelnen Person – erwähnten dabei verschiedene Facetten des Kompetenzbe- als Teil der Verbandsantwort, welche wiederum Teil einer griffs wie Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen, aber auch der 21 Kantonsantworten ist – bescheiden erscheint. Die überfachliche Kompetenzen und Haltungen, ihre Motivation Kraft der Rückmeldungen entsteht durch die Menge. Die und Ziele – bis hin zu ihren Berufswünschen. Vernehmlassung ist keine Alibiübung. Der Kanton Thurgau und das gesamtschweizerische Projekt sind an Rückmel- Erfahrungsberichte aus der Lehrplanerarbeitung dungen interessiert. Die Projektleitung und das Kernteam Silvia Boxler und Erich Seeger gaben im Interview mit Xa- erhoffen sich für den Kanton Thurgau Hinweise auf spezi- vier Monn einen Einblick in die Erarbeitung des Lehrplanes. fische Inhalte, die vielleicht noch fehlen oder Anregungen Die beiden arbeiteten in Fachbereichteams mit. Silvia Box- für die Umsetzungsphase. Das Projekt Lehrplan 21 führt ler konnte ihre Erfahrungen als Kindergartenlehrerin und mit dem detaillierten Fragebogen eine sehr tiefgehende Schulische Heilpädagogin im Fachbereit Natur, Mensch, Konsultation durch, auf die im Jahr 2014 eine Überarbei- Gesellschaft einbringen. Erich Seeger war im Fachbereich tungsphase folgt. Sprachen - Fremdsprachen dabei. Beide konnten den Zu- hörern aufzeigen, dass die Auseinandersetzung zwischen Was passiert mit den Rückmeldungen der Vernehm- den Praktikern und den Fachdidaktikern sehr intensiv war. lassungspartner im Kanton Thurgau? Offen, ehrlich und sehr authentisch gaben sie Auskunft. Am 31. Oktober endet die Vernehmlassungsfrist zum Lehr- Erich Seeger sprach auch darüber, dass der Zugang der plan 21 im Kanton Thurgau. Die ausgewerteten Stellung- Kinder zum Fremdsprachen-Lernen ein anderer ist: Da- nahmen werden dem Regierungsrat im Dezember zur durch, dass nicht nur auf die Defizite geachtet wird, sondern Verabschiedung unterbreitet und dem Projekt Lehrplan 21 vor allem auf die Anwendbarkeit, sprechen die Kinder freier (D-EDK) bis 31. Dezember 2013 zugestellt. und offener im Unterricht. Silvia Boxler erklärte, warum im Lehrplan21 mit Beispielen zurückhaltend gearbeitet wurde. Es ist nicht das Ziel, dass in allen Deutschschweizer Schu- PORTRÄT len das Thema «Igel» unterrichtet wird, nur weil der Igel als Beispiel aufgeführt ist. Ist ein Thema verbindlich, so Karin König, Mitglied des Kernteams, werden die Themen in den Kompetenzbeschreibungen für Schulpräsidentin der VSG Tägerwilen abschliessende Aufzählungen in Klammern oder für nicht abschliessende Aufzählungen mit dem einleitenden Wort «Der Lehrplan 21 spricht uns als Volks- «insbesondere» gekennzeichnet. schulgemeinde sehr an. Gilt er doch für alle unsere Stufen und begleitet unsere Vernehmlassungspartner Kinder durch die gesamte Volksschulzeit.» Zur Vernehmlassung sind alle Departemente des Kantons Thurgau, die PHTG und die Berufs- und Interessenverbände 15
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