Vetsuisse NEWS www.vetsuisse.ch Nr. 4 Dezember 2016 - Vetsuisse-Fakultät
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VetsuisseNEWS www.vetsuisse.ch Nr. 4 Dezember 2016 Die Biochemiker Seite 4 Das Chaos Seite 21 Die Baustelle Seite 14 Die Perspektiven Seite 30 Der AntibioticScout Seite 17 Mörderhölzli Seite 36
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Inhalt Inhalt Interview Interview mit Matthias Altmeyer und Tuncay Baubec Seite 4 Biobank Die Vetsuisse-Biobank Seite 7 Im Gespräch mit … Veronika Stein Professorin für klinische Neurologie an der Vetsuisse-Fakultät Bern Seite 11 Curriculum vitae Die ständige Baustelle: das CV Seite 14 Online-Entscheidungshilfe Kick-off AntibioticScout Seite 17 Publikationen Welche Publikation hat Ihr Leben verändert? Seite 19 Guidelines Publikationen und das Chaos mit den dpi Seite 21 Emeritierung Prof. Joachim Frey Symposium «Molekulare Pathogenitätsmechanismen bakterieller Infektionserreger» Seite 25 Tagung Von Bodenmikroorganismen und unbekannten Astroviren am Tierspital Seite 29 SEMP statt Erasmus Neues entdecken – Perspektiven verändern Seite 30 Fachverein Infoanlässe der Vetsuisse-Fakultät für zukünftige Studierende Seite 34 Bibliothek Danach war nichts mehr wie früher Seite 36 Herausgeber Redaktion E-Mail: Vetsuisse-Fakultät Mathias Ackerman (ma), Text, Zürich irene.schweizer@vetcom.uzh.ch Universität Bern/Universität Zürich Thomas Lutz (tal), Text, Zürich Marcus Clauss (mc), Text, Zürich Tel.: 044 635 81 30 Meike Mevissen (mm) Text, Bern Michael H. Stoffel (mhs) Text, Bern Irene Schweizer (is) Layout, Zürich Michelle Aimée Oesch (mao) Fotos, Zürich 2
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Vorwort Liebe Leserin, Lieber Leser Ein unvollständiges Weihnachtsguetsli Ein unvollständiges Weihnachtsguetsli ziert die Front- lich so gut mit der Süsse des darüber gestreuten seite unserer Dezember-Ausgabe von VetsuisseNEWS. Zuckers kontrastiert. Genau über solche Erfahrungen er- «Unvollständig»? Weshalb nicht «angebissen»? Was ist zählen unsere Biochemiker (Seite 4), unsere Austausch- denn wichtiger – was da ist, oder was fehlt? Weshalb Studierenden (Seite 30) und auch unser Fachverein etwas fehlt, oder wer schuld daran ist, dass etwas (Seite 34). fehlt? Und schon könnten wir uns in einen Streit ver- wickeln über political correctness und wissenschaftli- Wenden wir uns nun der Spekulation über das fehlende che Wahrheitsbezüge. Jumping to conclusions ist doch Stück des Guetslis zu. Sicher ist – selbst wenn wir es fin- eine Zeiterscheinung unserer Gesellschaft, aber auch den würden, wäre das Guetsli nie mehr so wie früher eine grosse Versuchung in der Wissenschaft. (Seite 36). Nicht sicher ist, ob es überhaupt (noch) da ist oder nicht (wie der Artikel auf Seite 11, der erst nach Re- Betrachten wir aber zunächst die Tatsachen. Das Bild daktionsschluss eingetroffen ist). zeigt uns ein Brunsli mit einer Mindestauflösung von 300 dpi (Seite 23) und einem Massstab, der das Objekt Auch VetsuisseNews wird nicht mehr sein, wie es bisher nicht verdeckt. Man erkennt, dass es mit seinen 9 cm war. Die Redaktion hat sich entschlossen, nur noch drei Durchmesser für ein Weihnachtsguetsli sehr gross ist. statt vier Ausgaben pro Jahr herauszubringen. Ausser- Gottseidank grösser als die Mikroorganismen, die auf dem tritt der hier schreibende Redaktor zurück. Er verab- den Seiten 19, 25 und 29 behandelt werden. Dass ein schiedet sich nicht nur von VetsuisseNews und seinem Stück fehlt, ist ebenfalls auf den ersten Blick erkennbar. Redaktionsteam (dem er sowohl für die friedlichen als Aber ist es (noch) unvollständig, wie die Vetsuisse Bio- auch die streitbaren Momente dankt), sondern auch von bank (Seite 7) oder unser überarbeitungsbedürftiger der Vetsuisse Fakultät, an der er viele süsse, aber auch Lebenslauf (Seite 14)? Oder ist es bereits im Verfall be- ein paar bittere Zeiten erlebt hat. Wenn es sich jedoch um griffen, gestützt auf die Angaben des AntibioticScout sein Brunsli handeln würde, dann wäre das fehlende (Seite 17)? Wir müssten es versuchen, wenn wir wissen Stück sicher nicht mehr da und der Rest auch nicht. Er wollten, ob die zarte Bitterkeit der Schokolade tatsäch- kann Brunsli einfach nicht widerstehen. Mit freundlichen Grüssen Mathias Ackermann 3
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Interview Interview mit Matthias Altmeyer und Tuncay Baubec SNF-Assistenzprofessoren in der Biochemie Autor: Thomas Lutz (TAL) Zuerst einmal Dir, Matthias, ganz erleichtert aber Interaktionen über nach Kopenhagen zur Danish Can- ganz herzlichen Glückwunsch zum die Fakultätsgrenzen hinweg und cer Society und zum Novo Nordisk ERC Grant, das Du kürzlich erhalten ermöglicht durch das Promotions- Foundation Center for Protein Re- hast, das ist grossartig! recht an der MNF die Betreuung search. Ich beschäftigte mich dort (Matthias Altmeyer, MA) Vielen von PhD-Studierenden innerhalb mit verschiedenen Aspekten der Dank. Ich freue mich selbstver- der Life Science Zurich Graduate Genom-Stabilität innerhalb des Ge- ständlich sehr über diese Förderung School. biets der molekularen Krebsfor- durch die EU. (Tuncay Baubec, TB) Auch wenn schung. Seit Oktober 2014 bin ich als meine wissenschaftliche Arbeit viel- SNF-Professor zurück in Zürich. Die «Biochemie» wächst und wächst, leicht näher bei der MNF liegt, fühle (TB) Ich bin seit Sommer 2015 an der heisst jetzt offiziell Institut für Mole- ich mich doch klar der VSF zugehö- Fakultät, direkt aus Basel sozusa- kulare Mechanismen bei Krankheiten, rig. Vor allem möchte ich mich aber gen. Studiert habe ich in Wien im und gehört nicht mehr nur zu unserer gern in beide Fakultäten einbringen. Fach Genetik, dort absolvierte ich Fakultät, sondern auch zur MNF. Zu auch mein PhD, allerdings in einem wem fühlt ihr euch eigentlich zugehö- Wahrscheinlich kennen euch in der nicht zur Uni gehörenden Institut, rig? Fakultät relativ wenige Leute, erstens im Bereich Pflanzen-Epigenetik. Da- (MA) Ja stimmt, wir wachsen, und seid ihr neu, zweitens «wohnt» ihr am nach ging ich als PostDoc ans Fried- kürzlich stiess sogar noch der Kol- Irchel. Wer seid ihr, wo kommt ihr her? rich Miescher Institut nach Basel lege Francisco Verdeguer als neuer (MA) Ich bin Biologe, studierte in und arbeitete über die Epigenetik Professor für Metaboloepigenetics Konstanz am Bodensee und kam bei embryonalen Stammzellen; von zu uns. Unsere Heimatfakultät ist danach zum ersten Mal nach Zürich, Basel aus hatte ich mich wie gesagt weiterhin die VSF, auch wenn wir als PhD-Student in die Gruppe von dann auf die SNF Professur bewor- als Doppelinstitut nun ebenfalls zur Michael Hottiger. Anschliessend ben. MNF gehören. Die Doppelaffiliation ging ich für vier Jahre als PostDoc 4
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Interview Warum seid ihr nach Zürich gekom- men, worin lag der Anreiz? (MA) Ich kam sehr gern nach mei- ner PostDoc Zeit zurück nach Zü- rich. Vor allem die hervorragenden Forschungsbedingungen, das inter- nationale Forschungsklima und die guten Erinnerungen an die Zusam- menarbeiten mit Gruppen der UZH und der ETH haben mich dazu be- wogen. Nicht zuletzt ist Zürich aber auch eine sehr lebenswerte Stadt in Alpennähe, und ich wohne sehr gerne hier. (TB) Für mich waren neben familiä- ren Gründen (es gefällt uns sehr sehr gut in der Schweiz) vor allem das Forschungsumfeld, die Infra- struktur und die Vernetzung in Sys- ring als Ansatz verwenden, um die tem-Biologie ausschlaggebend, dass Forschungsthema ist molekularen Vorgänge besser zu ich nach Zürich, und nicht nach nach wie vor die Genom- verstehen. Es macht mir viel Spass, München oder Dresden ging, wo ich Stabilität mich mit anderen Gruppen der auch Angebote hatte. MNF aber auch innerhalb des Insti- tuts auszutauschen, intern am Insti- Was erwartet ihr vom Institut, von der Was sind eure Hauptaufgaben im Ins- tut gibt es natürlich viele Möglich- Fakultät, oder den Fakultäten, von der titut? Macht ihr in der Lehre mit? Über keiten. Meine Forschung führe ich UZH? was forscht ihr? an Mäuse-Stammzellen durch, die (MA) Ich erhoffe mir weiterhin gute (MA) Ich unterrichte Biochemie und Rahmenbedingungen für den Auf- Teile der Molekularbiologie im 1. bau meiner Forschungsgruppe, Studienjahr bei den Veterinärmedi- viele spannende Interaktionen in zin-Studierenden, betreue Master- Meine Forschung beiden Fakultäten, und ich würde Studierende im Schwerpunkt Bio- befasst sich mit der mich freuen, wenn sich meiner medizinische Forschung und Genregulation und Gruppe hier an der UZH auch beteilige mich bei der universitären Epigenetik langfristige Perspektiven bieten Selbstverwaltung. Meine For- würden. schungsgruppe besteht momentan (TB) Am meisten liegt mir an guten aus sechs Personen, durch das neue Rahmenbedingungen, und dass ERC Grant werden voraussichtlich ich u.a. zu Neuronen differenziere meine Forschung geschätzt wird. noch drei Personen dazukommen. und so Änderungen der Genaktivi- Die grössten Erwartungen habe ich Forschungsthema ist nach wie vor tät beobachten und beeinflussen allerdings nicht an die Fakultät oder die Genom-Stabilität, d.h. wir unter- kann. Daneben unterrichte ich die Uni, sondern an mich selbst. Vor al- suchen, wie sich schnell teilende Veterinärstudenten im 1. Jahr in der lem möchte ich auch in der universi- Zellen ein intaktes Genom bewah- Molekularbiologie, an der MNF und tären Umgebung klarkommen, die ren. ETH trage ich auch noch zu ver- für mich sehr abwechslungsreich (TB) Meine Forschung befasst sich schiedenen Vorlesungen und Prak- und spannend ist. mit der Genregulation und Epigene- tika bei, wie zum Beispiel Functio- tik, wobei wir System-Biologische nal Genomics und der Epigenetik Wie steht es mit der Erfüllung eurer Aspekte und viel genomic enginee- bei Tumoren. Wünsche, oder soll ich sagen Träume? 5
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Interview Mit der vom SNF penhagen, auch wenn sich meine tung, Forschung und Lehre, und und der EU geförderten Forschung natürlich nun mehr und trotz der z.T. heterogenen Interessen Arbeitsgruppe hat sich mehr in eine etwas andere Richtung empfinde ich den inneren Zusam- bereits ein grosser Wunsch entwickelt. menhalt und die Zusammenarbeit erfüllt. (TB) Ich möchte mein Level halten als sehr gut. können, und noch besser werden. (TB) Das Dromedar, das sich mir (MA) Mit der vom SNF und der EU kürzlich in den Weg stellte. Das war geförderten Arbeitsgruppe hat sich Wie sieht es heute aus, nach einiger sehr gut! bereits ein grosser Wunsch erfüllt. Zeit bei uns an der UZH? Gleichzeitig ist diese Förderung (MA) Die Leitungsaufgabe ist im- Von was seid ihr enttäuscht? eine Riesenmotivation, neue Pro- mer noch herausfordernd, jeder Tag (MA) Zum Glück wurde ich bisher jekte anzustossen, Technologien bringt etwas Neues. Am Institut, in nicht enttäuscht und hoffe natürlich, aufzubauen, u.a. zusammen mit der VSF und der MNF fühlen wir dass dies so bleiben wird. dem Zentrum für Mikroskopie und uns aber sehr gut aufgehoben und (TB) Ich bin wahrscheinlich noch Bildanalyse, und offene, spannende integriert, und unsere Projekte und nicht lange genug hier, um ent- Fragen in unserem Gebiet zu bear- Kollaborationen laufen sehr vielver- täuscht zu sein… Nein, im Ernst, es beiten. sprechend und konnten bereits inte- klappt alles sehr gut. (TB) Ich muss sagen, bis jetzt läuft es ressante Erkenntnisse liefern. sehr gut, meine Forschung läuft, (TB) Ich bin sehr zufrieden mit mei- Was sind eure mittel- und langfristi- und ich bin mit mir zufrieden ner Zeit an der UZH und der VSF, gen Pläne? (lacht…). ich möchte aber gern noch weitere (MA) Ich würde gerne meine Interaktionen mit anderen Institu- Gruppe konsolidieren und weiter Wo liegen für euch die grossen Her- ten und Gruppen aufbauen. Ich ein eigenes Forschungsgebiet auf- ausforderungen? kenne bis jetzt in der Fakultät die bauen. Ich würde mich freuen, wenn (MA) Der Übergang vom PostDoc einzelnen Gruppen noch zu wenig, wir mit unserer Arbeit auch dauer- zum Leiter der eigenen Gruppe ist ich hoffe aber, dass sich dies ändert. haft zum Erfolg der VSF beitragen herausfordernd, aber auch sehr viel- Ich bin ja noch nicht sehr lange hier. könnten. seitig und interessant. Diesen Über- (TB) Ich möchte meine Forschung gang gut zu meistern, ein neues For- Kennt ihr eigentlich das Tierspital? weiter verbessern und sehr gern an schungsgebiet zu erschliessen und Habt ihr damit etwas zu tun? der Uni bleiben. Ich war bislang ver- die Jüngeren, die Studierenden und (MA) Ehrlich gesagt nicht gut ge- wöhnt von Forschung an nicht-uni- unsere PhDs, nachhaltig für For- nug. Ich würde sehr gern einmal versitären Instituten (wo man z.B. eine Führung durch das ganze Ge- praktisch keine Lehre hat), aber ich lände mitmachen. Ein bisschen finde nun das Uni-Umfeld sehr sehr kenne ich den Stallgeruch nun trotz- spannend, v.a. auch die Interaktion Ich muss sagen, bis jetzt dem, weil mich der tägliche Weg zur mit unseren Studierenden. läuft es sehr gut, meine Arbeit durch das Tierspital führt. Forschung läuft, und ich (TB) Ich kenne das Tierspital, aber Herzlichen Dank für das Interview bin mit mir zufrieden mehr vom Durchlaufen zu Sitzun- und weiterhin viel Erfolg bei eurer Ar- (lacht…). gen oder Besprechungen; von innen beit! kenne ich das Spital noch nicht. Es macht aber immer Spass zu sehen, schung zu begeistern, ist schon eine was so ein Spital bietet. grosse Aufgabe. Ich versuche, die Erfahrungen aus meiner Diplom-, Was ist das Spannendste, das ihr bei PhD- und PostDoc-Zeit möglichst uns schon erlebt habt? gut umzusetzen und pflege noch (MA) Die VSF ist sehr vielseitig, mit Kontakte nach Konstanz und Ko- ihrer Kombination von Dienstleis- 6
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Biobank Die Vetsuisse Biobank Die Vetsuisse-Biobank soll Proben mit einer einheitlichen und transparent dokumentierten Qualität für die Forschung zugänglich machen. Seit 2016 werden verschiedene grosse Biobanken schweizweit durch die Swiss Biobanking Platform koordiniert. Autorenschaft: Ronald Dijkman, Michaela Drögemüller, Bruno Gottstein, Franco Guscetti, Regina Hofmann-Lehmann, Jörg Jores, Tosso Leeb, Anna Oevermann, Sven Rottenberg Was ist denn eigentlich eine Biobank? tung von Daten und Hintergrundin- Proben sammeln. Warum sollte eine zen- Es gibt verschiedene Definitionen formationen zu jeder Probe (Daten- tralisierte Biobank von Vorteil sein? des Begriffes Biobank. Wir verste- bank). Die Proben müssen mit Viele individuelle Sammlungen hen darunter eine Infrastruktur, die bestimmten Daten verknüpft wer- werden speziell für ein ganz be- die systematische Sammlung von den können, damit sie in der For- stimmtes Forschungsprojekt ange- biologischen Proben und der damit schung verwendet werden können. legt, und aus ihnen können assoziierten Daten unterstützt. Eine unbestritten ausgezeichnete For- Biobank kann mehrere verschiedene Es gibt doch eigentlich viele Wissen- schungsergebnisse resultieren. Sammlungen unterhalten. Konkret schaftlerinnen und Wissenschaftler, die Manchmal sind diese projektbezo- werden beispielsweise an der Vetsu- isse-Fakultät in den Kliniken ver- schiedene flüssige Proben wie Se- rum, Vollblut oder auch Urin gesammelt. Die Sammlung der Pa- thologie besteht hauptsächlich aus formalinfixierten und in Paraffin eingebetteten Gewebeproben, wäh- rend es in den infektiologischen Ins- tituten umfangreiche Sammlungen von Infektionserregern gibt. Die Aufgabe einer Biobank besteht zum einen aus der Probenaufbewahrung Abbildung 1. Extrembeispiel aus dem Alltag im Biobanking. Nach einem (z.B. in -80 °C-Tiefkühlschränken) Personalwechsel wurden wertvolle Proben beim Aufräumen eines -80 °C Kühlschranks «wiederentdeckt». Unsachgemässe Einlagerung hatte zu einer und zum anderen aus der Verwal- massiven Vereisung geführt, welche das Identifizieren der Proben erschwert. 7
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Biobank genen Sammlungen jedoch stark von Einzelpersonen abhängig. So sammeln zum Beispiel einige Dok- torierende während ihrer Promo- tion Proben für ihr Projekt. Sobald die Dissertation eingereicht ist und die Doktorandin oder der Dokto- rand die Vetsuisse-Fakultät verlas- sen hat, kann es vorkommen, dass sich niemand mehr mit dem Lage- rungs-, Beschriftungs- und Daten- system auskennt. Eine zentralisierte Biobank könnte dabei helfen, dass wertvolle Proben und die dazuge- hörigen Daten über viele Jahre und auch für andere Forschungsprojekte genutzt werden können. Abbildung 2. Steigende ethische und rechtliche Anforderungen. Für jede Probe sollte dokumentiert sein, ob sie im Rahmen eines bewilligten Tierversuchs oder zu diagnostischen und/oder therapeutischen Ein weiteres Problem in der For- Zwecken gewonnen wurde. Darüber hinaus muss das Einverständnis des Eigentümers der Probe schung sind häufig die Probenzah- nachvollziehbar dokumentiert sein. len. Viele Forschende führen Stu- dien mit kleinen oder wenig zahlreiche weitere Aspekte, bei de- Es wird immer schwieriger und auf- einheitlichen Kohorten durch, weil nen eine zentralisierte Biobank Vor- wändiger, die gesamte erforderliche die Sammlung der aus wissenschaft- teile bietet, insbesondere auch in Dokumentation zu den Proben vor- licher Sicht erforderlichen Proben ethisch-rechtlichen Fragen. zuhalten, um mit ihnen auch tat- viel zu lange dauern würde und/ sächlich forschen zu dürfen. Die oder vom Projektbudget nicht ge- Welche ethischen und rechtlichen As- massiv zunehmende administrative deckt ist. Wir plädieren dafür, be- pekte muss ich beim Sammeln von Pro- Belastung könnte zumindest teil- stimmte Proben prospektiv und ben beachten? weise kompensiert werden, indem nicht zweckgebunden zu sammeln. Für die Gewinnung von Proben zu wir versuchen, Einwilligungserklä- Ganz viele Studien brauchen Pro- Forschungszwecken braucht man in rungen und Tierversuchsgesuche ben von gesunden Kontrolltieren. der Regel eine Tierversuchsbewilli- innerhalb der Vetsuisse-Fakultät so Es ist beispielsweise für die Abtei- gung. Wir erleben aktuell, dass wis- weit wie möglich zu standardisieren lung klinische Dermatologie nicht senschaftliche Journale viel detail- und so umfassend wie möglich zu so einfach, im Rahmen einer Studie liertere Nachweise als früher formulieren. Ein Wunschszenario zur atopischen Dermatitis, Proben verlangen, dass alle tierschutzrecht- wäre beispielsweise, die Entnahme von Hunden mit gesunder Haut ei- lichen Bestimmungen eingehalten von Blutproben aller Haustierarten ner bestimmten Rasse zu bekom- werden. Weiterhin ist es so, dass zu Forschungszwecken im Bereich men. Vielleicht gibt es aber geeig- man bei vielen Proben die Einwilli- der gesamten Vetsuisse-Fakultät nete Proben aus der Abteilung für gung des Besitzers braucht, bevor durch eine einzige Tierversuchsbe- Kleintierchirurgie, in der häufig man damit forschen darf. Bei Mate- willigung und eine standardisierte Traumapatienten behandelt wer- rial von Exoten müssen die CITES Einverständniserklärung des Tier- den? Entsprechend könnte in der Bestimmungen eingehalten werden. halters zu regeln. Eine zentralisierte Pathologie Probenmaterial von Pati- Schliesslich werden bei Proben aus Biobank könnte am Ende des Jahres enten mit bestimmten Tumoren ge- dem Ausland möglicherweise noch aus ihrer Datenbank ermitteln, wie- lagert sein, während die Genetik zusätzliche rechtliche Anforderun- viele Proben entnommen wurden Proben von gesunden Tieren der gen aus dem Nagoya-Protokoll da- und das entsprechende Reporting in gleichen Rasse aufbewahrt. Es gibt zukommen. eTierversuche übernehmen. 8
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Biobank Vet School in Cornell oder die SLU in Uppsala Millionenbeträge in ihre zentralisierten Biobanken investie- ren. Was hat Biobanking mit Personalized Health zu tun? In der humanmedizinischen For- schung ist Personalized Medicine eine wichtige Entwicklung, in die seit wenigen Jahren riesige Beträge an Forschungsgeldern fliessen. Nachdem es bereits heute möglich ist, ein menschliches Genom für we- Abbildung 3. In der VET-GEN-BERN Sammlung des Instituts für Genetik in Bern sollen handgeschriebene niger als Fr. 2000.– zu sequenzieren, Etiketten durch maschinenlesbare Barcodes ersetzt werden, um das Risiko von Probenverwechslungen zu minimieren. Ein zentralisiertes Biobanking mit einheitlichen technischen Lösungen für die Probenbe- existieren grosse Hoffnungen, dass schriftung könnte für die Vetsuisse-Fakultät eine Kostenersparnis gegenüber zahlreichen Einzellösungen zukünftige Behandlungen viel stär- bringen. ker den Genotyp eines Patienten be- rücksichtigen werden. Es ist abseh- bar, dass andere «omics» Das hört sich ja alles ganz gut an. Warum Protokollierung der Abweichungen -Technologien wie z.B. Trancripto- haben wir denn nicht schon längst ein erforderlich machen. Je nach beab- mics, Proteomics und Metabolomics zentralisiertes Biobanking? Gibt es auch sichtigter Analyse müssen auch an- zukünftig ebenfalls wesentlich um- Nachteile? dere präanalytische Bedingungen fangreichere und hoffentlich auch Zunächst einmal ist ein zentralisier- standardisiert werden. Weil Bioban- aussagekräftigere diagnostische Pa- tes Biobanking nur dann sinnvoll, king ein sehr spezialisiertes Know- rameter als bisher liefern werden. wenn eine grundsätzliche Bereit- how benötigt, gibt es an mehreren All diese Technologien kann man in schaft besteht, dass Proben für meh- Universitäten im Ausland bereits Forschung und Klinik nur dann nut- rere Forschungsprojekte zur Verfü- eigene Studiengänge für Bioban- zen, wenn die entsprechenden Pro- gung gestellt werden dürfen. Man king. Andererseits wird neben der ben zur Verfügung stehen und Pro- muss transparente Kriterien entwi- physischen Probeneinlagerung eine ben und Daten in der richtigen ckeln, wer unter welchen Vorausset- Datenbank benötigt, in der Informa- Weise verknüpft werden können. zungen welche Proben bekommt. tionen zu den Proben gespeichert Wir erwarten, dass Personalized Ein qualitativ hochwertiges Bioban- werden. Für ein zentralisiertes Bio- Medicine früher oder später auch in king verursacht zudem hohe Kos- banking bedeutet das konkret, dass der Veterinärmedizin Einzug halten ten. Es braucht einerseits eine gute Daten zwischen verschiedenen In- wird und denken, dass die Vetsu- technische Infrastruktur, um Proben formationssystemen der einzelnen isse-Fakultät im Wettbewerb mit an- unter möglichst klar definierten Be- Organisationseinheiten ausge- deren tiermedizinischen For- dingungen lagern zu können. Hier- tauscht werden müssen. Derartige schungsstätten eine Vorreiterrolle für reicht es unter Umständen eben Datenbanklösungen kosten viel spielen könnte. nicht, die Probe lediglich in den Geld in der Erstbeschaffung und im -80 °C-Tiefkühlschrank zu stellen. laufenden Betrieb für Pflege und Li- Was bietet die Koordination der Bioban- Es kann wichtig sein, standardi- zenzen. Der Übergang zu einem ken durch die Swiss Biobanking Platform sierte Protokolle zu entwickeln, in zentralisierten Biobanking ist also (SBP)? denen zum Beispiel festgelegt ist, sicherlich ein Grossprojekt für eine Seit diesem Jahr ist die vom SNF in- wieviel Zeit zwischen Entnahme veterinärmedizinische Fakultät. Es itiierte und zunächst vom SNF der Probe und Erreichen des Lager- ist aber kein Zufall, dass forschungs- finanzierte Swiss Biobanking platzes vergehen darf und die eine starke Spitzeninstitutionen, wie die Platform (SBP) die nationale Koordi- 9
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Biobank nierungsplattform für Biobanken in Tabelle 1 Biobanken des VSF der Schweiz (www.swissbioban- king.ch/). Eine der Hauptaufgaben Sammlung Art der Proben KoordinatorIn Anzahl Proben der SBP ist die Harmonisierung der Biobanken der fünf Schweizer Uni- VET-GEN-BERN EDTA-Blut, DNA Tosso Leeb 100‘000 versitätsspitäler. Die SBP ist aber grundsätzlich Ansprechpartner für Regina Hofmann- alle Biobanken aus dem humanen VET-LAB-ZURICH versch. flüssige Proben Lehmann 40‘000 und nicht-humanen Bereich (inklu- sive Pflanzen und Mikroorganis- formalinfixiertes und VET-NEURO-BERN Anna Oevermann 50‘000 men). Michaela Drögemüller arbei- frisches Gewebe tet zu 40% als SBP-Koordinatorin für nicht-humane Proben. Durch die formalinfixiertes und VET-PATH-BERN Sven Rottenberg 285‘000 frisches Gewebe Aktivitäten der SBP kann die Vetsu- isse-Biobank zum Beispiel auf Pro- formalinfixiertes und tokolle zur korrekten Einlagerung VET-PATH-ZURICH frisches Gewebe Franco Guscetti 180‘000 von humanen Proben zurückgrei- fen, welche umfassend validiert sind. Die SBP bietet darüber hinaus auch Beratung und Information im ethisch-rechtlichen Bereich sowie bezüglich möglicher IT-Lösungen für Biobanken an. Wie sieht das Biobanking an der Vetsu- isse-Fakultät aus? An der Vetsuisse-Fakultät gibt es zahlreiche Sammlungen von inter- essanten Proben. In einem ersten Schritt haben die Koordinatorinnen und Koordinatoren von mehreren grossen Sammlungen die Vetsuisse Biobank gegründet und damit be- gonnen, nach möglichen techni- schen Lösungen für ein stärker har- monisiertes Biobanking zu suchen (Tabelle 1). Die grossen Sammlun- gen aus den infektiologischen Insti- tuten in Bern sollen demnächst da- zukommen. Die Vetsuisse Biobank ist offen für die Aufnahme weiterer Sammlungen und interessierte An- gehörige der Vetsuisse-Fakultät können sich jederzeit bei Michaela Abbildung 4. Moderne Biobank für flüssige Proben am Inselspital Bern (Foto mit freundlicher Genehmi- gung von Dr. Ursula Amstutz). Hier können Millionen von Probengefässen mit 2D-Barcodes vollautoma- Drögemüller melden. tisch bewegt und unter genau kontrollierten Bedingungen eingefroren und wieder aufgetaut werden. 10
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Interview Im Gespräch mit Veronika Stein Professorin für klinische Neurologie an der Vetsuisse-Fakultät Bern Mit Veronika Stein sind die Führungspositionen im Bereich Neurologie wieder vollständig besetzt. Autorenschaft: Michael H. Stoffel und Meike Mevissen Aus Schweizer Sicht kommst du aus dem «Hohen Norden» – Wie hast du dich bisher eingelebt? Die fünfmonatige Übergangszeit, während der wir zunächst in der Gästewohnung auf dem Campus und dann als Zwischenlösung zur Untermiete in der Elfenau wohnten, war eine organisatorische und logis- tische Herausforderung. Vor zwei Wochen konnten wir nun aber in unser neues Heim in Schüpfen ein- ziehen, und damit haben wir wieder festen Boden unter den Füssen. Wir fühlen uns dort sehr wohl und freuen uns auf die sich anbahnen- den Kontakte zur Nachbarschaft. Wie habt ihr euch denn nun organi- siert? Mein Partner hat zurzeit eine 60%-Anstellung, so dass er sich an zwei Tagen um unsere Tochter An- tonia und um die beiden Hunde Wilma und Paul kümmern kann. Die übrigen drei Tage verbringt An- tonia in der Kita, wo sie sich auch 11
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Interview Es gibt eine Menge zu tun: Eben war ich gerade noch im Skills Lab. bereits ganz selbstverständlich auf Schweizerdeutsch verständigt. Da habe ich noch etwas Nachholbedarf! Das Umfeld stimmt somit sehr gut für uns, und dies zeigt ja auch, dass es mit echtem Bemühen, effizienter Organisation und gutem Willen auf allen Seiten möglich ist, die Lebens- bereiche Beruf und Familie mitein- ander in Einklang zu bringen. Es war gar nicht so leicht, einen Ter- min für dieses Gespräch zu finden. Wie sieht es im beruflichen Umfeld aus? Es gibt eine Menge zu tun: Eben war ich gerade noch im Skills Lab. Ich habe nämlich einen Liquorent- nahme-Simulator angeschafft, an dem die Liquorpunktion sowohl ok- zipital als auch lumbosakral recht lebensnah und mit unmittelbarer Erfolgskontrolle geübt werden kann. Gegenwärtig läuft sogar eine wissenschaftliche Studie, die evalu- iert, wie realitätsnah das Modell tat- sächlich ist. Diesen Simulator möchte ich gern in meiner Lehre einsetzen. Statt dieses Übungsobjekt jedoch bei mir an der Klinik zu la- Die Familienhunde Paul und Wilma gern, wird es jetzt das Angebot im Skills Lab erweitern. Dieses Hunde- modell wird übrigens nur in sehr Ideen in der Lehre, wie eine engere nische Neurologie organisiert wer- begrenzter Stückzahl produziert Verknüpfung der Neurologie mit den, die eine sehr beschäftigte und daher war auch ein wenig den Grundlagenfächern und be- Abteilung ist. Glück dabei, dass ich ein Exemplar nachbarten Disziplinen, umzuset- erstehen konnte. Mein Tagesablauf zen. Das lässt sich dann sicher noch Und wie sieht es mit der Unterstüt- steht derzeit ganz im Zeichen des auf andere Fachgebiete ausweiten. zung in deiner klinischen und wissen- Neuanfangs: als Verantwortliche Zudem muss die Infrastruktur für schaftlichen Tätigkeit aus? des Studienblocks ‚Sinnesorgane die Forschungsausrichtung aufge- Da muss ich schon sagen, dass die und Nervensystem‘ gilt es, neue baut werden und dann muss die kli- strukturellen Voraussetzungen in 12
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Interview In der Division of sehr im Klaren, dass für meine Wei- Freunde, Bekannte, das Zuhause Neurological Sciences in terentwicklung eine Veränderung und das familiäre Umfeld zurück. Bern sind nun alle unumgänglich ist. Im deutschspra- Die Kontakte aufrecht zu erhalten Schlüsseldisziplinen der chigen Raum gibt es nur recht we- wird von Bern aus aber sicher einfa- Neurologie vorhanden nige Institutionen, an denen die cher sein als aus den USA. Gleich- und eng miteinander Neurologie als eigene, selbststän- zeitig bin ich sehr zuversichtlich, verbunden. dige Einheit etabliert ist, und oft dass wir uns hier bald wieder ein gibt es dort, wo eine entsprechende tragfähiges Beziehungsnetz auf- Einheit vorhanden ist, keine Profes- bauen und heimisch werden. Bern für mich hervorragend sind. In sur. Daher hatte ich meine Suche auf Hannover gab es zwar eine sehr den englischsprachigen Raum aus- Welche Pläne hast du in Sachen For- starke Neuropathologie, dafür war gedehnt und mich auch an der Uni- schung? die Neurochirurgie etwas weniger versity of California in Davis auf Seit meiner Dissertation beschäftige gut aufgestellt. In der Division of eine Professur beworben und auch ich mich mit der Mikroglia. Nach Neurological Sciences in Bern sind dort habe ich den Ruf bekommen. der Promotion konnte ich dann nun alle Schlüsseldisziplinen der Somit ging es letztlich um eine Ent- diese Forschungsrichtung im Rah- Neurologie vorhanden und eng mit- scheidung zwischen der Position an men eines DFG-Projektes in einem einander verbunden. Ich freue mich der UC Davis und der Vetsuisse kombinierten PhD-Residency-Pro- deshalb sehr über diese – wie ich Bern. gramm nahtlos weiterführen. In denke – einmalige Konstellation, in Philadelphia bot sich mir die Mög- die ich nun mit Franck Forterre als Und was hat denn den Ausschlag ge- lichkeit, die Untersuchungen auf Neurochirurgen, Daniela Gorgas als geben? eine andere Spezies und Erkran- Radiologin mit dem Schwerpunkt Aufgrund meines ca. eineinhalbjäh- kung zu erweitern. Mit der Mikrog- Neuro-Radiologie, Anna Oever- rigen Aufenthalts in Philadelphia lia werde ich mich auch in Bern wei- mann als Neuropathologin und An- konnte ich schon einige Erfahrun- ter beschäftigen. Gleichzeitig werde dreas Zurbriggen als Leiter der ex- gen über die amerikanische Hoch- ich, wie in den letzten Jahren, weiter perimentellen klinischen Forschung schul- und Forschungslandschaft am Modell «spinal cord injury» ar- eingebettet bin. Hinzu kommt die sammeln. Diese Einrichtungen bie- beiten – in enger Zusammenarbeit Unterstützung aus weiteren Fachbe- ten ein sehr starkes Umfeld für die mit der Neurochirurgie. reichen wie Anästhesiologie, Gene- Forschung, und an der UC Davis tik und Immunologie – um nur ei- besteht zudem auch eine personell Was möchtest du für die Nachwuchs- nige zu nennen! Besonders schätze sehr gut ausgestattete und renom- förderung tun? ich dabei, dass ich hier in Bern einen mierte Neurologie. Gleichzeitig ist Ich habe den Eindruck, dass es in intensiven Kontakt mit Kolleginnen die Forschungsstruktur vom ameri- der jetzigen Zeit nicht leicht ist, und Kollegen pflegen kann, die in kanischen Finanzierungsmodell her junge Kolleginnen und Kollegen für einer ähnlichen Phase ihres berufli- aber auch weniger stabil als dies in eine akademische Laufbahn zu ge- chen Werdegangs sind. Europa der Fall ist. Ganz wesentlich winnen. Letztlich bin ich aber davon für meine Entscheidung war dann überzeugt, dass es entscheidend ist, Gegen welche Alternativen galt es die bereits angesprochene optimale das berufliche Engagement und die denn abzuwägen? Struktur für die Neurologie und Vereinbarkeit von Familie und Be- Einerseits hatte ich in Hannover neurologische Forschung in Bern. ruf vorzuleben. Dabei muss man kurz nach meiner Vorstellung in auch immer wieder bewusst Priori- Bern eine Dauerstelle erhalten, ich Dann fiel dir der Wegzug aus Nord- täten setzen. Ich hoffe deshalb, dass war dort sehr gut in Lehre und For- deutschland nicht schwer? mein eigener Lebensweg junge Kol- schung integriert und zusammen Vom beruflichen Umfeld her habe leginnen und Kollegen ermutigt, mit Andrea Tipold bildeten wir ja ich diesen Wechsel als Herausforde- eine universitäre Laufbahn einzu- ein sehr gutes und produktives rung und Bereicherung erlebt. Aber schlagen. Team. Dennoch war ich mir darüber natürlich lässt man dabei viele 13
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Curriculum vitae Die ständige Baustelle: das CV So wie früher die Jäger und Sammler am Lagerfeuer von ihren Taten berichteten, oder wie man sich durch Statussymbole wie Auto, Kleidung, Schmuck und Anwesen oder Verhaltensweisen wie Tischmanieren und Sprachwahl darstellt, so definieren sich AkademikerInnen durch ihren Lebenslauf (Curriculum vitae, CV). Das CV ist im akademischen Leben allgegenwärtig. Hier werden einige Aspekte dazu aufgeführt, wie man sein CV planen und pflegen kann. V Autor: mc or einiger Zeit1 hatte ich an dieser Stelle von lustigen Details in Lebensläufen in Bewerbungen berichtet, wie die Auflis- tung körperlicher Masse (incl. Schuhgrösse!) ei- nes Bewerbers, oder ein 50-seitiges Foto-Tage- buch der Auslandspraktika einer Bewerberin. Man könnte aus diesem Erfahrungsschatz noch mehr erzählen - wie eine ausführliche Schilde- rung einer militärischen Laufbahn oder missio- narischer Tätigkeit für eine bestimmte Denomi- nation. Die unfreiwillige Komik entspringt in solchen Momenten nicht einer Missachtung von militärischem oder religiösen Engagement, son- dern der Diskrepanz zu dem eigentlichen Zweck des jeweiligen CV - einer Bewerbung auf eine Stelle als Assistierender oder Doktorierender in der Veterinärmedizin. Diesmal geht es mir um eine andere Art von CV - das akademische CV, das man abliefern muss, wenn man sich um eine Habilitation, eine (Titu- lar-, Assistenz-, ad personam- oder Voll-)Profes- 1 Vetsuisse News vom März 2015 14
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Curriculum vitae sur, eine Stellenverlängerung oder Frage gefallen lassen, wovon sie richtung äussert, der sollte in sei- einen Forschungsgrant bewirbt. Als oder er nachts träumt. nem CV kurze Beschreibungen Mitglied der Vetsuisse-Kommission davon führen. Diese Liste liesse für Beförderungsgeschäfte oder als • Wer möchte, dass ein Gutachter sich noch beliebig fortsetzten, Gast-Gutachter für andere Universi- schreibt, wieviele Master- und doch das Prinzip ist längst klar. täten stellt sich bei mir manchmal PhD-Studierende man betreut der Eindruck ein, dass vereinzelte hat, der listet die einfach im CV Wie bei einem guten Film ist dabei BewerberInnen Ihr CV eher als läs- auf. Wer möchte, dass ein Gut- die Konsistenz in der Geschichte tige, abzuhakende Pflicht verstehen achter darauf kommt und hin- wichtig. Wer angibt, dass Nach- und weniger als Möglichkeit, sich weist, dass man die meisten Mas- wuchsförderung ein wesentliches selbst positiv darzustellen. Zwar ter-Studierenden auch zu einer Ziel ist, und aber kaum Masterarbei- gibt es auch hier Anleitungen im In- Publikation geführt hat, der sollte ten zur Publikation gebracht hat ternet2 , aber ich möchte trotzdem im CV jeder Master-Arbeit die oder immer selbst als Erst- oder verschiedene Aspekte des akademi- daraus entstandene Publikation Letztautor aufgetreten ist, wirkt ein- schen CV aufführen. zuordnen. geschränkt glaubwürdig. Wer 20% Verwaltungstätigkeit angibt, aber Am besten fährt man aus meiner • Wer möchte, dass ein Gutachter an keiner Stelle fakultäre Gremien- Sicht, wenn man das CV als Vor- bemerkt, dass bestimmte Publi- arbeit, muss sich nicht wundern, lage für eine Geschichte begreift, kationen häufig zitiert wurden, wenn das nicht überzeugt. Wer die potentielle Gutachter erzählen legt sich am besten eine Resear- Drittmitteleinwerbungen älteren sollen. Das kann man ihnen leicht cherID3 oder ein Google scholar Datums führt, die sich vom Titel her oder schwer machen. Der offen- Profil zu (und hält die auf dem nicht direkt mit Publikationen in sichtlichste Weg, es internationalen neuesten Stand), ermöglicht so ei- Verbindung bringen lassen, macht Gutachtern schwer zu machen, ist, nen raschen Zugriff auf Zitat- damit nicht immer einen guten Ein- ein CV in deutscher Sprache abzu- Zahlen und andere Kenngrössen, druck. Wer zahlreiche Konferenz- liefern (es mag belanglos klingen, und erwähnt besondere High- beiträge auflistet, denen nicht zeit- aber das passiert immer wieder). Es lights im jeweiligen aktuellen CV. nah entsprechende Publikationen gibt viele Geschichten, die Gutach- Auch wenn eine Publikation ein gefolgt sind, wirft damit eher Fra- ter erzählen könnten. eigenes Editorial bekommen hat, gen auf, als positiv zu punkten. oder z.B. im Veterinary Record • Wer möchte, dass ein Gutachter unter 'Highlights from other jour- Das CV ist niemals fertig, sondern schreibt, dass man x Drittmittel nals' aufgeführt wurde, sollte das eine ewige Baustelle. Mit jeder Pub- eingeworben und y Publikatio- im CV vermerkt werden. likation, die erscheint, jeder Master- nen aufzuweisen hat, der führt arbeit, die man betreut, jedem Gut- genau das einfach im CV auf. Wer • Wer möchte, dass ein Gutachter achten, das man schreibt, jedem möchte, dass ein Gutachter er- die Stelle, die man momentan Vortrag, den man hält, und jedem kennt und erwähnt, dass man zu- ausfüllt, versteht und korrekt Didactica-Kurs, den man besucht, verlässig zu allen Drittmittelpro- wiedergibt, der verfasst einen hat man auch wieder etwas, was jekten, an denen man mitgewirkt kurzen Stellenbeschrieb, in der man im CV in die entsprechende hat, zahlreiche Publikationen ver- die Anteile Klinik, Forschung, Liste einpflegen kann. Und je zuver- fasst hat, der sollte im CV jedem Lehre, Verwaltung dargestellt lässiger man das macht, desto weni- eingeworbenen Drittmittel-Pro- sind, incl. der Angabe, wie viele ger böse Überraschungen erlebt jekt die entsprechenden Publika- Mitarbeiter welcher Qualifikati- man, wenn man noch schnell am tionen zuordnen. Wer glaubt, onsstufen man führt. Wer möchte, Wochenende das CV für eine Stel- dass die meisten Gutachter solche dass ein Gutachter sich zu einem lenbewerbung, eine Einreichung Querverbindungen schon selber durchdachten Lehrkonzept oder beim SNF oder für die Beförderung zustande brächten, muss sich die einer ausgeprägten Forschungs- zur Assistenzprofessorin fertig stel- len will. 2 http://www.cvcorrect.de 3 http://www.researcherid.com 15
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Curriculum vitae Damit das klappt, sollte man von angebracht sein. Bei einer Bewer- tionen nicht primär chronologisch, Anfang an ein einheitliches System bung um eine Vollprofessur kreiert sondern nach Themen geordnet nutzen, das leicht zu erweitern ist. ein solches Detail vermutlich vor al- sind (hier lassen sich auch nicht wei- Wer den Fehler macht, eine Publika- lem den Eindruck, dass das CV seit ter publizierte Konferenzbeiträge tionsliste zu basteln, auf der die Jahren nicht mehr überdacht wurde. dazugruppieren); Publikationen neueste Publikation die Nummer 1 Für eine Bewerbung um eine Assis- und Drittmitteleinwerbungen ohne trägt und zur ältesten hin hochge- tenzprofessur erscheint es sinnvoll, eigene Beteiligung von Personen, zählt wird, muss theoretisch bei je- eine Liste der abgeleisteten Di- die man in entsprechenden Zeit- der neuen Publikation neu durch- dactica-Kurse im CV zu führen, um raum betreut hat (um zu demonst- nummerieren. Einfacher ist es, eine zu belegen, dass man sich in Sachen rieren, dass man 'seine Leute' auch allgemein übliche, anti-chronologi- Lehre gezielt weitergebildet hat. In eigenständig arbeiten lässt, ohne sche und rückwärts nummerierte einem CV für einen Forschungs- sich immer als Autor 'mit draufzu- Liste zu führen, bei der die älteste grant ist solch eine Auflistung eher schreiben'); Rufe an andere Univer- Publikation mit der Nummer 1 ganz fehl am Platz. Macht im CV für eine sitäten oder Rangierung in hinten steht, und ganz vorne oben Assistenzprofessur eine Auflistung Berufungslisten; Medienauftritte; die neueste Publikation (mit der wissenschaftlicher Beiträge zu Kon- Fachgutachter-Tätigkeit; gesell- Nummer, die der Gesamtzahl des ferenzen noch Sinn, so möchte in schaftspolitisches, soziales oder entsprechenden Publikationstyps der Regel niemand eine Liste all der NGO-Engagement; persönliche In- entspricht). Dann kann man jeden gewöhnlichen Konferenzbeiträge teressen. neuen Punkt auf der Liste ganz ein- lesen, die Kandierende für ein Ordi- fach oben anfügen. nariat angehäuft haben (in diesem Letztendlich muss jeder selber ent- Es erstaunt mich übrigens immer Fall interessieren eher nur die 'ein- scheiden, welches Material den Gut- wieder, wie häufig in CVs die Publi- geladenen Vorträge'). achtern zur Verfügung gestellt wird kationslisten nicht mit einem ein- für die Geschichte, die sie erzählen heitlichen Layout geführt werden, Hier noch ein paar Hinweise für Ka- werden. Aber wenn man eine Vor- sondern lieblos aus dem Netz zu- tegorien, die man im Mutter-CV stellung von der Geschichte hat, die sammenkopiert sind - und nicht sel- führen könnte: Stichpunktartige Be- man gerne hören würde, dann kann ten eine 2-3 Jahre alte Publikation schreibungen der Tätigkeiten, die man mit dem CV darauf hin arbei- z.B. immer noch keine Seitenzahl man als Inhaber einer Stelle durch- ten. trägt, sondern als 'accepted' geführt geführt hat; Listen der Zeitschriften, wird. für die man als Reviewer tätig war (mit Zählen der entsprechenden So ratsam es ist, ein sehr ausführli- Gutachten); Mitgliedschaft in be- ches CV kontinuierlich zu pflegen - rufsbezogenen Organisationen und das bedeutet nicht, dass es in dieser Fachgremien; erfolglose Drittmittel- Form weitergereicht werden sollte. Anträge (um zu dokumentieren, Für jeden einzelnen Zweck gilt es, dass man es versucht hat - im Rah- Anpassungen vorzunehmen. Dies men von Habilitationsanträgen von geht schneller, wenn diese Anpas- Bedeutung); besondere Erwähnung sungen durch Löschen im Mutter- eigener Arbeiten in Medien, Editori- CV vorgenommen werden können, als, als Zeitschriften-Titelbild, oder als durch zusätzliches Recherchie- - falls mit einer eleganten Formulie- ren in alten Agenden. rung verknüpft - auch als Zitat aus Dazu hier einige Beispiele: In einem Texten anderer WissenschaftlerIn- CV, mit dem sich ein Kandidat für nen; Listen der Fort- und Weiterbil- eine Postdoc-Stelle bewirbt, mag ein dungen, an denen man teilgenom- Hinweis auf einen zweiten Poster- men hat; eine zweite preis auf einer Studentenkonferenz Publikationsliste, in der die Publika- 16
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 AntibioticScout Kick-off AntibioticScout Online-Entscheidungshilfe für den umsichtigen Einsatz von antimikrobiellen Wirkstoffen Die korrekte Antibiotikatherapie ist in Anbetracht der sich verschärfenden Resistenzproblematik zu einer komplexen Herausforderung geworden. Das nachfolgend präsentierte Vetsuisse-Projekt «AntibioticScout» stellt benutzerfreundliche Empfehlungen zum umsichtigen Einsatz von antimikrobiellen Wirkstoffen bei Nutz- und Haustieren bereit. Autorenschaft: Ruth Peter, Meike Mevissen Institut für Veterinärpharmakologie und H. Naegeli –toxikologie der Universität Zürich C.R. Müntener und Hanspeter Naegeli R. Peter Jetzt ist es soweit: das Vetsuisse-Pro- D.C. Demuth jekt «AntibioticScout» geht in die Abteilung Veterinär-Pharmakologie und Toxikologie M. Mevissen Implementierungsphase. Viel ist ge- der Universität Bern schehen seit Hanspeter Naegeli und Klinik für Kleintiermedizin der Universität Bern S. Schuller Meike Mevissen im Winter 2015/2016 Klinik für Kleintiermedizin der Universität Zürich B. Willi den Grundstein für ein Programm zum umsichtigen Einsatz von Anti- Veterinary Public Health Institute G. Schüpbach-Regula biotika gelegt und damit den «Anti- der Universität Bern bioticScout» ins Leben gerufen BLV Bern D. Heim haben. Das Projekt wurde Ende F. Stucki Juni 2016 für das Nationale For- Projektverantwortliche schungsprogramm 72 (NFP 72) na- mens «Antimikrobielle Resistenz» (www.nfp72.ch) eingereicht und Wesentlich ist sicherlich die Beteili- schungsprogrammes 72 an der Ein- Anfang November 2016 genehmigt. gung von Partnern aus diversen Ins- führung und Umsetzung des Der Vorschlag, ein Nationales For- titutionen, nämlich Pharmakologie, nachfolgend vorgestellten Projekts. schungsprogramm zum Thema An- Veterinary Public Health und Klini- tibiotikaresistenzen / One Health zu ken sowie des Bundesamts für Le- Angesichts der zunehmenden Re- lancieren wurde vom ehemaligen bensmittelsicherheit und Veterinär- sistenzentwicklung ist die rationale Vetsuisse-Dekan Felix Althaus so- wesen (BLV). Derzeit arbeiten die Verschreibung und Anwendung wie von Joachim Frey und Gerti Projektverantwortlichen (siehe Ta- von antimikrobiellen Wirkstoffen Schüpbach-Regula eingegeben. Was belle) unter der wissenschaftlichen («Antibiotic Stewardship») für hu- macht dieses Vetsuisse-Projekt aus? Begleitung des Nationalen For- man- wie auch veterinärmedizini- 17
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 AntibioticScout Die derzeitig erarbeiteten Leitlinien zur Behandlung von Infektions- krankheiten bei Nutztieren, Pfer- den, Klein- und Zootieren werden durch die Kliniken der Vetsuisse Fa- kultäten Bern und Zürich, dem Bun- desamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen sowie der Schweizerischen Vereinigung für Pferdemedizin koordiniert, und gleichzeitig bilden sie die Daten- grundlage der AntibioticScout-Ent- scheidungshilfe. Die Daten werden laufend in das System eingespeist. Um die Auswirkungen des Anti- bioticScout sowohl in den universi- tären als auch in ausgewählten pri- Ablauf einer Suche nach dem empfohlenen Antibiotikum im AntibioticScout. vaten Tierkliniken und –praxen zu evaluieren, wird dessen Einführung sche Einrichtungen unerlässlich ge- lung und -ausbreitung, erreicht wer- mit Unterstützung des NFP72 na- worden. Die Ursachen für die den. Die Online-Leitlinien werden mens «Antimikrobielle Resistenz» Zunahme der Resistenzen werden durch ein Meldesystem für die Mit- wissenschaftlich begleitet. Mittels insbesondere der unkontrollierten, teilung von Unwirksamkeiten er- statistischer Studien wird geprüft, massiven und oftmals überflüssigen gänzt. Die Auswirkungen auf die ob sich die Verschreibungspraxis für Verabreichung von Antibiotika so- Verschreibungspraxis der Schwei- bestimmte Krankheitsbilder nach wohl in der Humanmedizin wie zer Tierärzteschaft werden in Be- der Verwendung der AntibioticS- auch in der Veterinärmedizin zuge- gleitstudien wissenschaftlich unter- cout-Entscheidungshilfe verändert. schrieben. In der Schweiz führte der sucht. Bundesrat das StAR (Strategie Über die Adresse http://www.Anti- Bis 2015 existierte in der Schweiz Antibiotikaresistenzen)-Programm bioticScout.ch gelangt man direkt keine Strategie zur Eindämmung als koordinierte Strategie zur Ver- zur Anfangsseite mit den verschie- der Resistenzverbreitung und zum meidung von Antibiotikaresisten- denen Suchprogrammen. Der An- umsichtigen Einsatz von Antibio- zen auf nationaler Ebene ein, um die wender kann die spezifischen Emp- tika bei Mensch und Tier. Mit StAR Wirksamkeit von Antibiotika für fehlungen rasch und bequem via soll auf nationaler Ebene diese Her- Mensch und Tier langfristig zu PC, Notebook, Tablet oder Smart- ausforderung bereichsübergreifend erhalten. Das in diesem phone abrufen. Diese neue Entschei- angegangen und gelöst werden. An- Kontext lancierte Vetsuisse-Projekt dungshilfe ist eng in das bereits be- tibioticScout bietet dabei ein inno- «AntibioticScout» stellt einen umfas- stehende Informations- und vatives Konzept für die rasche Um- senden Online-Leitfaden für den Beratungssystem zur veterinärme- setzung der Richtlinien und soll verantwortungsvollen Einsatz von dizinischen Pharmakotherapie inte- helfen, die Wirksamkeit von Anti- antimikrobiellen Wirkstoffen in der griert. Somit sind die antimikrobiel- biotika durch einen verantwor- Veterinärmedizin zur Verfügung. len Wirkstoffe sowohl mit den tungsvollen Einsatz in der Veteri- Mit den darin enthaltenen Empfeh- zugelassenen Präparaten im Tier- närmedizin nachhaltig zu lungen, soll die Qualität des Anti- arzneimittelkompendium der gewährleisten. In Kürze wird ein biotikaeinsatzes bezüglich Auswahl, Schweiz (www.Tierarzneimittel.ch) Artikel im Schweizerischen Archiv Dosierung, Applikation und An- wie auch mit der Wirkstoffdaten- für Tierheilkunde (SAT) erscheinen, wendungsdauer nachhaltig gesi- bank (www.CliniPharm.ch) ver- um die Tierärzteschaft in der ge- chert und ein optimales klinisches linkt, so dass alle relevanten Infor- samten Schweiz über dieses Projekt Behandlungsergebnis, mit dem Ziel mationen jederzeit rasch abgerufen zu orientieren. einer minimalen Resistenzentwick- werden können. 18
VetsuisseNEWS Nr. 4, Dezember 2016 Publikationen Welche Publikation hat Ihr Leben verändert? In unserer Serie fragen wir Exponenten von Vetsuisse, welche Werke – von anderen – ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind und warum. Dieses mal Prof. Salomé LeibundGut-Landmann Virologisches Institut Vetsuisse-Fakultät und PD Dr. Paola Pilo, Institut für Veterinärbakteriologie, Vetsuisse Bern Prof. Salomé LeibundGut-Landmann Virologisches Institut Vetsuisse-Fakultät Glocker EO, Hennigs A, Nabavi M, Schäf- fer AA, Woellner C, Salzer U, Pfeifer D, Veelken H, Warnatz K, Tahami F, Jamal S Mitglieder an einer schweren chro- Diese Publikation war für mich da- (2009) A homozygous CARD9 mutation nischen Infektion mit dem Hefepilz rum wichtig, weil sie meinen eige- in a family with susceptibility to fungal Candida leiden. Als Ursache wurde nen Arbeiten, die ich als Postdoc in infections. New England Journal of Medi- in den betroffenen Patienten eine London durchgeführt hatte, grosse cine 361: 1727-1735 Punktmutation im Gen CARD9 ge- Relevanz verlieh. Anhand eines ex- funden. Das Fehlen von funktionel- perimentellen Modells untersuchte Diese Studie ist die erste einer gan- lem CARD9 Protein führt zu einer ich zusammen mit Kollaboratoren zen Serie von Studien, die über die Lücke im Abwehrsystem, was un- in München die Funktion des Sig- letzten Jahre unser Wissen über die kontrollierte Vermehrung und Ge- nalmoleküls CARD9, und wie es die Schutzmechanismen des Wirts ge- webeinvasion des Pilzes zur Folge Produktion des Zytokins Interleu- gen Pilzkrankheiten grundlegend hat, der normalerweise ohne Konse- kin-17 reguliert. Die Identifizierung verändert haben. Die Arbeit be- quenzen im Mikrobiom in unserem von CARD9 Mutationen in Patien- schreibt eine Familie, in der mehrere Gastrointestinal Trakt lebt. ten mit Pilzinfektionen gab unseren 19
VetsuisseNEWS Nr.4, Dezember 2016 Publikationen Daten einen neuen Kontext und be- PD Dr. Paola Pilo, einflusste meinen Entscheid mass- Institut für Veterinärbakteriologie, geblich, auf dem Gebiet längerfris- tig weiter zu forschen. In der Folge Vetsuisse Bern: haben mehrere unabhängige Stu- dien an Patienten mit primären Im- mundefekten zur Identifizierung Shohdy N, Efe JA, Emr, SD, Shuman HA weiterer Gene geführt, die wie (2005) Pathogen effector protein scree- CARD9 den Interleukin-17 Signal- ning in yeast identifies Legionella factors weg regulieren und dadurch auf di- that interfere with membrane traf- rekte oder indirekte Weise Schutz ficking. PNAS 102:4866-4871 vor Candida Infektionen bieten. Es ist eindrücklich, wie trotz generell Meine Postdoc-Ausbildung in How- cerevisiae Stamm basiert, das ein grosser Redundanz im Immunsys- ard Shumans Labor an der Colum- Invertase-Carboxypeptidase-Fusi- tem die Veränderung eines einzigen bia University in New York war eine onsprotein exprimiert, wurde als Basenpaars in einem Gen schwer- lehrreiche Zeit in meinem wissen- Reportersystem verwendet, um wiegende Konsequenzen für die schaftlichen Leben. Daher kann ich Gene zu identifizieren, die an der Gesundheit des Wirts haben kann. den jungen Wissenschaftlern nur Umleitung des normalen eukaryoti- Interleukin-17 ist ein evolutionär gut empfehlen, ins Ausland zu gehen, schen Membrantransports beteiligt konserviertes Zytokin. Auch wenn ihre berufliche und persönliche Er- sind. Das Screening ist sehr einfach, unser Wissen über die Abwehrme- fahrung zu erweitern und die große da es zur Bildung von braunen Ko- chanismen gegen Pilzinfektionen Vielfalt der Laboratorien kennenzu- lonien führt. Shohdy und Kollegen beim Tier noch in den Kinderschu- lernen. Howard ist ein brillanter bestätigten ferner die Translokation hen steckt, gibt es verschiedene Hin- Mikrobiologie-Molekulargenetiker der identifizierten Effektorproteine weise, dass Interleukin-17 auch da und hat während seiner Karriere in Säugetierzellen unter Verwen- eine wichtige Rolle spielt. So wird es von der Entwicklung des lac-Fusi- dung von Mauszellen und Fusions- zum Beispiel in Fledermäusen, die onssystems und des Zuckertrans- proteinen mit einer Bordetella per- vom Weissnasen-Syndrom betrof- ports in Bakterien zu Wirt-Patho- tussis-Toxin-abgeleiteten fen sind (welches durch den Pilz gen-Interaktion gewechselt. Adenylatcyclase, die durch Calmo- Pseudogymnoascus destructans Phänotypische Screenings sind nach dulin in eukaryotischen Zellen akti- ausgelöst wird), hochreguliert. Zu- wie vor essentiell in der biologi- viert wird. Dies ist ein intelligenter künftige Studien lassen uns darüber schen Forschung. Heutzutage wer- Ansatz, die Genetik von multiplen hoffentlich mehr erfahren. den innovative genetische Scree- Spezies mit der Molekular- und nings weniger beachtet als früher. Zellbiologie zu kombinieren, um Im Jahr 2005 veröffentlichte die biologische Fragen zu beantworten. Gruppe von Shuman eine sehr inte- ressante Arbeit in Proceedings of the National Academy of Sciences. Diese Studie untersuchte Effektor- proteine von Legionella pneumo- phila, einem fakultativ intrazellulä- ren Bakterium, das die Legionellose beim Menschen verursacht. Intra- zelluläre Bakterien haben auf eine oder andere Weise den Austausch in Wirtsmembranen manipuliert. Ein eukaryotisches Modell, das auf ei- nem rekombinanten Saccharomyces 20
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