Vetsuisse NEWS www.vetsuisse.ch Nr. 4 Dezember 2016 - Vetsuisse-Fakultät

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VetsuisseNEWS
www.vetsuisse.ch                                          Nr. 4   Dezember 2016

Die Biochemiker Seite 4        Das Chaos Seite 21

Die Baustelle Seite 14         Die Perspektiven Seite 30

Der AntibioticScout Seite 17   Mörderhölzli Seite 36
Vetsuisse NEWS www.vetsuisse.ch Nr. 4 Dezember 2016 - Vetsuisse-Fakultät
VetsuisseNEWS                    Nr.4, Dezember 2016                                                                              Inhalt

Inhalt
Interview
Interview mit Matthias Altmeyer und Tuncay Baubec                                                                                  Seite 4

Biobank
Die Vetsuisse-Biobank                                                                                                              Seite 7
Im Gespräch mit …
Veronika Stein Professorin für klinische Neurologie an der Vetsuisse-Fakultät Bern                                                Seite 11
Curriculum vitae
Die ständige Baustelle: das CV                                                                                                    Seite 14
Online-Entscheidungshilfe
Kick-off AntibioticScout                                                                                                          Seite 17
Publikationen
Welche Publikation hat Ihr Leben verändert?                                                                                       Seite 19

Guidelines
Publikationen und das Chaos mit den dpi                                                                                           Seite 21

Emeritierung Prof. Joachim Frey
Symposium «Molekulare Pathogenitätsmechanismen bakterieller Infektionserreger»                                                    Seite 25
Tagung
Von Bodenmikroorganismen und unbekannten Astroviren am Tierspital                                                                 Seite 29
SEMP statt Erasmus
Neues entdecken – Perspektiven verändern                                                                                          Seite 30
Fachverein
Infoanlässe der Vetsuisse-Fakultät für zukünftige Studierende                                                                     Seite 34
Bibliothek
Danach war nichts mehr wie früher                                                                                                 Seite 36

    Herausgeber                                        Redaktion                                  E-Mail:
    Vetsuisse-Fakultät                                 Mathias Ackerman (ma), Text, Zürich
                                                                                                  irene.schweizer@vetcom.uzh.ch
    Universität Bern/Universität Zürich                Thomas Lutz (tal), Text, Zürich
                                                       Marcus Clauss (mc), Text, Zürich           Tel.: 044 635 81 30
                                                       Meike Mevissen (mm) Text, Bern
                                                       Michael H. Stoffel (mhs) Text, Bern
                                                       Irene Schweizer (is) Layout, Zürich
                                                       Michelle Aimée Oesch (mao) Fotos, Zürich
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VetsuisseNEWS           Nr. 4, Dezember 2016                                                            Vorwort

Liebe Leserin, Lieber Leser

Ein unvollständiges
Weihnachtsguetsli
Ein unvollständiges Weihnachtsguetsli ziert die Front-       lich so gut mit der Süsse des darüber gestreuten
seite unserer Dezember-Ausgabe von VetsuisseNEWS.            Zuckers kontrastiert. Genau über solche Erfahrungen er-
«Unvollständig»? Weshalb nicht «angebissen»? Was ist         zählen unsere Biochemiker (Seite 4), unsere Austausch-
denn wichtiger – was da ist, oder was fehlt? Weshalb         Studierenden (Seite 30) und auch unser Fachverein
etwas fehlt, oder wer schuld daran ist, dass etwas           (Seite 34).
fehlt? Und schon könnten wir uns in einen Streit ver-
wickeln über political correctness und wissenschaftli-       Wenden wir uns nun der Spekulation über das fehlende
che Wahrheitsbezüge. Jumping to conclusions ist doch         Stück des Guetslis zu. Sicher ist – selbst wenn wir es fin-
eine Zeiterscheinung unserer Gesellschaft, aber auch         den würden, wäre das Guetsli nie mehr so wie früher
eine grosse Versuchung in der Wissenschaft.                  (Seite 36). Nicht sicher ist, ob es überhaupt (noch) da ist
                                                             oder nicht (wie der Artikel auf Seite 11, der erst nach Re-
Betrachten wir aber zunächst die Tatsachen. Das Bild         daktionsschluss eingetroffen ist).
zeigt uns ein Brunsli mit einer Mindestauflösung von
300 dpi (Seite 23) und einem Massstab, der das Objekt        Auch VetsuisseNews wird nicht mehr sein, wie es bisher
nicht verdeckt. Man erkennt, dass es mit seinen 9 cm         war. Die Redaktion hat sich entschlossen, nur noch drei
Durchmesser für ein Weihnachtsguetsli sehr gross ist.        statt vier Ausgaben pro Jahr herauszubringen. Ausser-
Gottseidank grösser als die Mikroorganismen, die auf         dem tritt der hier schreibende Redaktor zurück. Er verab-
den Seiten 19, 25 und 29 behandelt werden. Dass ein          schiedet sich nicht nur von VetsuisseNews und seinem
Stück fehlt, ist ebenfalls auf den ersten Blick erkennbar.   Redaktionsteam (dem er sowohl für die friedlichen als
Aber ist es (noch) unvollständig, wie die Vetsuisse Bio-     auch die streitbaren Momente dankt), sondern auch von
bank (Seite 7) oder unser überarbeitungsbedürftiger          der Vetsuisse Fakultät, an der er viele süsse, aber auch
Lebenslauf (Seite 14)? Oder ist es bereits im Verfall be-    ein paar bittere Zeiten erlebt hat. Wenn es sich jedoch um
griffen, gestützt auf die Angaben des AntibioticScout        sein Brunsli handeln würde, dann wäre das fehlende
(Seite 17)? Wir müssten es versuchen, wenn wir wissen        Stück sicher nicht mehr da und der Rest auch nicht. Er
wollten, ob die zarte Bitterkeit der Schokolade tatsäch-     kann Brunsli einfach nicht widerstehen.

                                                             Mit freundlichen Grüssen
                                                             Mathias Ackermann

                                                                                                                      3
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VetsuisseNEWS              Nr.4, Dezember 2016                                                                Interview

Interview mit
Matthias Altmeyer
und
Tuncay Baubec
SNF-Assistenzprofessoren in der Biochemie

Autor: Thomas Lutz (TAL)
Zuerst einmal Dir, Matthias, ganz                erleichtert aber Interaktionen über       nach Kopenhagen zur Danish Can-
ganz herzlichen Glückwunsch zum                  die Fakultätsgrenzen hinweg und           cer Society und zum Novo Nordisk
ERC Grant, das Du kürzlich erhalten              ermöglicht durch das Promotions-          Foundation Center for Protein Re-
hast, das ist grossartig!                        recht an der MNF die Betreuung            search. Ich beschäftigte mich dort
(Matthias Altmeyer, MA) Vielen                   von PhD-Studierenden innerhalb            mit verschiedenen Aspekten der
Dank. Ich freue mich selbstver-                  der Life Science Zurich Graduate          Genom-Stabilität innerhalb des Ge-
ständlich sehr über diese Förderung              School.                                   biets der molekularen Krebsfor-
durch die EU.                                    (Tuncay Baubec, TB) Auch wenn             schung. Seit Oktober 2014 bin ich als
                                                 meine wissenschaftliche Arbeit viel-      SNF-Professor zurück in Zürich.
Die «Biochemie» wächst und wächst,               leicht näher bei der MNF liegt, fühle     (TB) Ich bin seit Sommer 2015 an der
heisst jetzt offiziell Institut für Mole-        ich mich doch klar der VSF zugehö-        Fakultät, direkt aus Basel sozusa-
kulare Mechanismen bei Krankheiten,              rig. Vor allem möchte ich mich aber       gen. Studiert habe ich in Wien im
und gehört nicht mehr nur zu unserer             gern in beide Fakultäten einbringen.      Fach Genetik, dort absolvierte ich
Fakultät, sondern auch zur MNF. Zu                                                         auch mein PhD, allerdings in einem
wem fühlt ihr euch eigentlich zugehö-            Wahrscheinlich kennen euch in der         nicht zur Uni gehörenden Institut,
rig?                                             Fakultät relativ wenige Leute, erstens    im Bereich Pflanzen-Epigenetik. Da-
(MA) Ja stimmt, wir wachsen, und                 seid ihr neu, zweitens «wohnt» ihr am     nach ging ich als PostDoc ans Fried-
kürzlich stiess sogar noch der Kol-              Irchel. Wer seid ihr, wo kommt ihr her?   rich Miescher Institut nach Basel
lege Francisco Verdeguer als neuer               (MA) Ich bin Biologe, studierte in        und arbeitete über die Epigenetik
Professor für Metaboloepigenetics                Konstanz am Bodensee und kam              bei embryonalen Stammzellen; von
zu uns. Unsere Heimatfakultät ist                danach zum ersten Mal nach Zürich,        Basel aus hatte ich mich wie gesagt
weiterhin die VSF, auch wenn wir                 als PhD-Student in die Gruppe von         dann auf die SNF Professur bewor-
als Doppelinstitut nun ebenfalls zur             Michael Hottiger. Anschliessend           ben.
MNF gehören. Die Doppelaffiliation               ging ich für vier Jahre als PostDoc

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VetsuisseNEWS           Nr. 4, Dezember 2016                                                              Interview

                                                                                      Warum seid ihr nach Zürich gekom-
                                                                                      men, worin lag der Anreiz?
                                                                                      (MA) Ich kam sehr gern nach mei-
                                                                                      ner PostDoc Zeit zurück nach Zü-
                                                                                      rich. Vor allem die hervorragenden
                                                                                      Forschungsbedingungen, das inter-
                                                                                      nationale Forschungsklima und die
                                                                                      guten Erinnerungen an die Zusam-
                                                                                      menarbeiten mit Gruppen der UZH
                                                                                      und der ETH haben mich dazu be-
                                                                                      wogen. Nicht zuletzt ist Zürich aber
                                                                                      auch eine sehr lebenswerte Stadt in
                                                                                      Alpennähe, und ich wohne sehr
                                                                                      gerne hier.
                                                                                      (TB) Für mich waren neben familiä-
                                                                                      ren Gründen (es gefällt uns sehr
                                                                                      sehr gut in der Schweiz) vor allem
                                                                                      das Forschungsumfeld, die Infra-
                                                                                      struktur und die Vernetzung in Sys-
                                               ring als Ansatz verwenden, um die      tem-Biologie ausschlaggebend, dass
 Forschungsthema ist                           molekularen Vorgänge besser zu         ich nach Zürich, und nicht nach
 nach wie vor die Genom-                       verstehen. Es macht mir viel Spass,    München oder Dresden ging, wo ich
 Stabilität                                    mich mit anderen Gruppen der           auch Angebote hatte.
                                               MNF aber auch innerhalb des Insti-
                                               tuts auszutauschen, intern am Insti-   Was erwartet ihr vom Institut, von der
Was sind eure Hauptaufgaben im Ins-            tut gibt es natürlich viele Möglich-   Fakultät, oder den Fakultäten, von der
titut? Macht ihr in der Lehre mit? Über        keiten. Meine Forschung führe ich      UZH?
was forscht ihr?                               an Mäuse-Stammzellen durch, die        (MA) Ich erhoffe mir weiterhin gute
(MA) Ich unterrichte Biochemie und                                                    Rahmenbedingungen für den Auf-
Teile der Molekularbiologie im 1.                                                     bau meiner Forschungsgruppe,
Studienjahr bei den Veterinärmedi-                                                    viele spannende Interaktionen in
zin-Studierenden, betreue Master-
                                                Meine Forschung                       beiden Fakultäten, und ich würde
Studierende im Schwerpunkt Bio-
                                                befasst sich mit der                  mich freuen, wenn sich meiner
medizinische       Forschung       und
                                                Genregulation und                     Gruppe hier an der UZH auch
beteilige mich bei der universitären
                                                Epigenetik                            langfristige Perspektiven bieten
Selbstverwaltung.        Meine     For-                                               würden.
schungsgruppe besteht momentan                                                        (TB) Am meisten liegt mir an guten
aus sechs Personen, durch das neue                                                    Rahmenbedingungen, und dass
ERC Grant werden voraussichtlich               ich u.a. zu Neuronen differenziere     meine Forschung geschätzt wird.
noch drei Personen dazukommen.                 und so Änderungen der Genaktivi-       Die grössten Erwartungen habe ich
Forschungsthema ist nach wie vor               tät beobachten und beeinflussen        allerdings nicht an die Fakultät oder
die Genom-Stabilität, d.h. wir unter-          kann. Daneben unterrichte ich die      Uni, sondern an mich selbst. Vor al-
suchen, wie sich schnell teilende              Veterinärstudenten im 1. Jahr in der   lem möchte ich auch in der universi-
Zellen ein intaktes Genom bewah-               Molekularbiologie, an der MNF und      tären Umgebung klarkommen, die
ren.                                           ETH trage ich auch noch zu ver-        für mich sehr abwechslungsreich
(TB) Meine Forschung befasst sich              schiedenen Vorlesungen und Prak-       und spannend ist.
mit der Genregulation und Epigene-             tika bei, wie zum Beispiel Functio-
tik, wobei wir System-Biologische              nal Genomics und der Epigenetik        Wie steht es mit der Erfüllung eurer
Aspekte und viel genomic enginee-              bei Tumoren.                           Wünsche, oder soll ich sagen Träume?

                                                                                                                          5
Vetsuisse NEWS www.vetsuisse.ch Nr. 4 Dezember 2016 - Vetsuisse-Fakultät
VetsuisseNEWS           Nr.4, Dezember 2016                                                                Interview

 Mit der vom SNF                              penhagen, auch wenn sich meine           tung, Forschung und Lehre, und
 und der EU geförderten                       Forschung natürlich nun mehr und         trotz der z.T. heterogenen Interessen
 Arbeitsgruppe hat sich                       mehr in eine etwas andere Richtung       empfinde ich den inneren Zusam-
 bereits ein grosser Wunsch                   entwickelt.                              menhalt und die Zusammenarbeit
 erfüllt.                                     (TB) Ich möchte mein Level halten        als sehr gut.
                                              können, und noch besser werden.          (TB) Das Dromedar, das sich mir
(MA) Mit der vom SNF und der EU                                                        kürzlich in den Weg stellte. Das war
geförderten Arbeitsgruppe hat sich            Wie sieht es heute aus, nach einiger     sehr gut!
bereits ein grosser Wunsch erfüllt.           Zeit bei uns an der UZH?
Gleichzeitig ist diese Förderung              (MA) Die Leitungsaufgabe ist im-         Von was seid ihr enttäuscht?
eine Riesenmotivation, neue Pro-              mer noch herausfordernd, jeder Tag       (MA) Zum Glück wurde ich bisher
jekte anzustossen, Technologien               bringt etwas Neues. Am Institut, in      nicht enttäuscht und hoffe natürlich,
aufzubauen, u.a. zusammen mit                 der VSF und der MNF fühlen wir           dass dies so bleiben wird.
dem Zentrum für Mikroskopie und               uns aber sehr gut aufgehoben und         (TB) Ich bin wahrscheinlich noch
Bildanalyse, und offene, spannende            integriert, und unsere Projekte und      nicht lange genug hier, um ent-
Fragen in unserem Gebiet zu bear-             Kollaborationen laufen sehr vielver-     täuscht zu sein… Nein, im Ernst, es
beiten.                                       sprechend und konnten bereits inte-      klappt alles sehr gut.
(TB) Ich muss sagen, bis jetzt läuft es       ressante Erkenntnisse liefern.
sehr gut, meine Forschung läuft,              (TB) Ich bin sehr zufrieden mit mei-     Was sind eure mittel- und langfristi-
und ich bin mit mir zufrieden                 ner Zeit an der UZH und der VSF,         gen Pläne?
(lacht…).                                     ich möchte aber gern noch weitere        (MA) Ich würde gerne meine
                                              Interaktionen mit anderen Institu-       Gruppe konsolidieren und weiter
Wo liegen für euch die grossen Her-           ten und Gruppen aufbauen. Ich            ein eigenes Forschungsgebiet auf-
ausforderungen?                               kenne bis jetzt in der Fakultät die      bauen. Ich würde mich freuen, wenn
(MA) Der Übergang vom PostDoc                 einzelnen Gruppen noch zu wenig,         wir mit unserer Arbeit auch dauer-
zum Leiter der eigenen Gruppe ist             ich hoffe aber, dass sich dies ändert.   haft zum Erfolg der VSF beitragen
herausfordernd, aber auch sehr viel-          Ich bin ja noch nicht sehr lange hier.   könnten.
seitig und interessant. Diesen Über-                                                   (TB) Ich möchte meine Forschung
gang gut zu meistern, ein neues For-          Kennt ihr eigentlich das Tierspital?     weiter verbessern und sehr gern an
schungsgebiet zu erschliessen und             Habt ihr damit etwas zu tun?             der Uni bleiben. Ich war bislang ver-
die Jüngeren, die Studierenden und            (MA) Ehrlich gesagt nicht gut ge-        wöhnt von Forschung an nicht-uni-
unsere PhDs, nachhaltig für For-              nug. Ich würde sehr gern einmal          versitären Instituten (wo man z.B.
                                              eine Führung durch das ganze Ge-         praktisch keine Lehre hat), aber ich
                                              lände mitmachen. Ein bisschen            finde nun das Uni-Umfeld sehr sehr
                                              kenne ich den Stallgeruch nun trotz-     spannend, v.a. auch die Interaktion
 Ich muss sagen, bis jetzt                    dem, weil mich der tägliche Weg zur      mit unseren Studierenden.
 läuft es sehr gut, meine                     Arbeit durch das Tierspital führt.
 Forschung läuft, und ich                     (TB) Ich kenne das Tierspital, aber      Herzlichen Dank für das Interview
 bin mit mir zufrieden                        mehr vom Durchlaufen zu Sitzun-          und weiterhin viel Erfolg bei eurer Ar-
 (lacht…).                                    gen oder Besprechungen; von innen        beit!
                                              kenne ich das Spital noch nicht. Es
                                              macht aber immer Spass zu sehen,
schung zu begeistern, ist schon eine          was so ein Spital bietet.
grosse Aufgabe. Ich versuche, die
Erfahrungen aus meiner Diplom-,               Was ist das Spannendste, das ihr bei
PhD- und PostDoc-Zeit möglichst               uns schon erlebt habt?
gut umzusetzen und pflege noch                (MA) Die VSF ist sehr vielseitig, mit
Kontakte nach Konstanz und Ko-                ihrer Kombination von Dienstleis-

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Vetsuisse NEWS www.vetsuisse.ch Nr. 4 Dezember 2016 - Vetsuisse-Fakultät
VetsuisseNEWS               Nr. 4, Dezember 2016                                                                                  Biobank

Die Vetsuisse
Biobank
                                                   Die Vetsuisse-Biobank soll Proben mit einer einheitlichen
                                                   und transparent dokumentierten Qualität für die Forschung
                                                   zugänglich machen. Seit 2016 werden verschiedene grosse
                                                   Biobanken schweizweit durch die Swiss Biobanking Platform
                                                   koordiniert.

Autorenschaft: Ronald Dijkman,
Michaela Drögemüller, Bruno Gottstein,
Franco Guscetti, Regina Hofmann-Lehmann,
Jörg Jores, Tosso Leeb, Anna Oevermann,
Sven Rottenberg

Was ist denn eigentlich eine Biobank?              tung von Daten und Hintergrundin-                 Proben sammeln. Warum sollte eine zen-
Es gibt verschiedene Definitionen                  formationen zu jeder Probe (Daten-                tralisierte Biobank von Vorteil sein?
des Begriffes Biobank. Wir verste-                 bank). Die Proben müssen mit                      Viele individuelle Sammlungen
hen darunter eine Infrastruktur, die               bestimmten Daten verknüpft wer-                   werden speziell für ein ganz be-
die systematische Sammlung von                     den können, damit sie in der For-                 stimmtes Forschungsprojekt ange-
biologischen Proben und der damit                  schung verwendet werden können.                   legt, und aus ihnen können
assoziierten Daten unterstützt. Eine                                                                 unbestritten ausgezeichnete For-
Biobank kann mehrere verschiedene                  Es gibt doch eigentlich viele Wissen-             schungsergebnisse     resultieren.
Sammlungen unterhalten. Konkret                    schaftlerinnen und Wissenschaftler, die           Manchmal sind diese projektbezo-
werden beispielsweise an der Vetsu-
isse-Fakultät in den Kliniken ver-
schiedene flüssige Proben wie Se-
rum, Vollblut oder auch Urin
gesammelt. Die Sammlung der Pa-
thologie besteht hauptsächlich aus
formalinfixierten und in Paraffin
eingebetteten Gewebeproben, wäh-
rend es in den infektiologischen Ins-
tituten umfangreiche Sammlungen
von Infektionserregern gibt. Die
Aufgabe einer Biobank besteht zum
einen aus der Probenaufbewahrung                           Abbildung 1. Extrembeispiel aus dem Alltag im Biobanking. Nach einem
(z.B. in -80 °C-Tiefkühlschränken)                         Personalwechsel wurden wertvolle Proben beim Aufräumen eines -80 °C
                                                           Kühlschranks «wiederentdeckt». Unsachgemässe Einlagerung hatte zu einer
und zum anderen aus der Verwal-                            massiven Vereisung geführt, welche das Identifizieren der Proben erschwert.

                                                                                                                                             7
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VetsuisseNEWS         Nr.4, Dezember 2016                                                                                      Biobank

genen Sammlungen jedoch stark
von Einzelpersonen abhängig. So
sammeln zum Beispiel einige Dok-
torierende während ihrer Promo-
tion Proben für ihr Projekt. Sobald
die Dissertation eingereicht ist und
die Doktorandin oder der Dokto-
rand die Vetsuisse-Fakultät verlas-
sen hat, kann es vorkommen, dass
sich niemand mehr mit dem Lage-
rungs-, Beschriftungs- und Daten-
system auskennt. Eine zentralisierte
Biobank könnte dabei helfen, dass
wertvolle Proben und die dazuge-
hörigen Daten über viele Jahre und
auch für andere Forschungsprojekte
genutzt werden können.                      Abbildung 2. Steigende ethische und rechtliche Anforderungen. Für jede Probe sollte dokumentiert sein,
                                            ob sie im Rahmen eines bewilligten Tierversuchs oder zu diagnostischen und/oder therapeutischen
Ein weiteres Problem in der For-            Zwecken gewonnen wurde. Darüber hinaus muss das Einverständnis des Eigentümers der Probe
schung sind häufig die Probenzah-           nachvollziehbar dokumentiert sein.

len. Viele Forschende führen Stu-
dien mit kleinen oder wenig                 zahlreiche weitere Aspekte, bei de-                  Es wird immer schwieriger und auf-
einheitlichen Kohorten durch, weil          nen eine zentralisierte Biobank Vor-                 wändiger, die gesamte erforderliche
die Sammlung der aus wissenschaft-          teile bietet, insbesondere auch in                   Dokumentation zu den Proben vor-
licher Sicht erforderlichen Proben          ethisch-rechtlichen Fragen.                          zuhalten, um mit ihnen auch tat-
viel zu lange dauern würde und/                                                                  sächlich forschen zu dürfen. Die
oder vom Projektbudget nicht ge-            Welche ethischen und rechtlichen As-                 massiv zunehmende administrative
deckt ist. Wir plädieren dafür, be-         pekte muss ich beim Sammeln von Pro-                 Belastung könnte zumindest teil-
stimmte Proben prospektiv und               ben beachten?                                        weise kompensiert werden, indem
nicht zweckgebunden zu sammeln.             Für die Gewinnung von Proben zu                      wir versuchen, Einwilligungserklä-
Ganz viele Studien brauchen Pro-            Forschungszwecken braucht man in                     rungen und Tierversuchsgesuche
ben von gesunden Kontrolltieren.            der Regel eine Tierversuchsbewilli-                  innerhalb der Vetsuisse-Fakultät so
Es ist beispielsweise für die Abtei-        gung. Wir erleben aktuell, dass wis-                 weit wie möglich zu standardisieren
lung klinische Dermatologie nicht           senschaftliche Journale viel detail-                 und so umfassend wie möglich zu
so einfach, im Rahmen einer Studie          liertere Nachweise als früher                        formulieren. Ein Wunschszenario
zur atopischen Dermatitis, Proben           verlangen, dass alle tierschutzrecht-                wäre beispielsweise, die Entnahme
von Hunden mit gesunder Haut ei-            lichen Bestimmungen eingehalten                      von Blutproben aller Haustierarten
ner bestimmten Rasse zu bekom-              werden. Weiterhin ist es so, dass                    zu Forschungszwecken im Bereich
men. Vielleicht gibt es aber geeig-         man bei vielen Proben die Einwilli-                  der gesamten Vetsuisse-Fakultät
nete Proben aus der Abteilung für           gung des Besitzers braucht, bevor                    durch eine einzige Tierversuchsbe-
Kleintierchirurgie, in der häufig           man damit forschen darf. Bei Mate-                   willigung und eine standardisierte
Traumapatienten behandelt wer-              rial von Exoten müssen die CITES                     Einverständniserklärung des Tier-
den? Entsprechend könnte in der             Bestimmungen eingehalten werden.                     halters zu regeln. Eine zentralisierte
Pathologie Probenmaterial von Pati-         Schliesslich werden bei Proben aus                   Biobank könnte am Ende des Jahres
enten mit bestimmten Tumoren ge-            dem Ausland möglicherweise noch                      aus ihrer Datenbank ermitteln, wie-
lagert sein, während die Genetik            zusätzliche rechtliche Anforderun-                   viele Proben entnommen wurden
Proben von gesunden Tieren der              gen aus dem Nagoya-Protokoll da-                     und das entsprechende Reporting in
gleichen Rasse aufbewahrt. Es gibt          zukommen.                                            eTierversuche übernehmen.

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                                                                                                         Vet School in Cornell oder die SLU
                                                                                                         in Uppsala Millionenbeträge in ihre
                                                                                                         zentralisierten Biobanken investie-
                                                                                                         ren.

                                                                                                         Was hat Biobanking mit Personalized
                                                                                                         Health zu tun?
                                                                                                         In der humanmedizinischen For-
                                                                                                         schung ist Personalized Medicine
                                                                                                         eine wichtige Entwicklung, in die
                                                                                                         seit wenigen Jahren riesige Beträge
                                                                                                         an Forschungsgeldern fliessen.
                                                                                                         Nachdem es bereits heute möglich
                                                                                                         ist, ein menschliches Genom für we-
Abbildung 3. In der VET-GEN-BERN Sammlung des Instituts für Genetik in Bern sollen handgeschriebene      niger als Fr. 2000.– zu sequenzieren,
Etiketten durch maschinenlesbare Barcodes ersetzt werden, um das Risiko von Probenverwechslungen zu
minimieren. Ein zentralisiertes Biobanking mit einheitlichen technischen Lösungen für die Probenbe-      existieren grosse Hoffnungen, dass
schriftung könnte für die Vetsuisse-Fakultät eine Kostenersparnis gegenüber zahlreichen Einzellösungen   zukünftige Behandlungen viel stär-
bringen.
                                                                                                         ker den Genotyp eines Patienten be-
                                                                                                         rücksichtigen werden. Es ist abseh-
                                                                                                         bar,      dass    andere     «omics»
Das hört sich ja alles ganz gut an. Warum             Protokollierung der Abweichungen                   -Technologien wie z.B. Trancripto-
haben wir denn nicht schon längst ein                 erforderlich machen. Je nach beab-                 mics, Proteomics und Metabolomics
zentralisiertes Biobanking? Gibt es auch              sichtigter Analyse müssen auch an-                 zukünftig ebenfalls wesentlich um-
Nachteile?                                            dere präanalytische Bedingungen                    fangreichere und hoffentlich auch
Zunächst einmal ist ein zentralisier-                 standardisiert werden. Weil Bioban-                aussagekräftigere diagnostische Pa-
tes Biobanking nur dann sinnvoll,                     king ein sehr spezialisiertes Know-                rameter als bisher liefern werden.
wenn eine grundsätzliche Bereit-                      how benötigt, gibt es an mehreren                  All diese Technologien kann man in
schaft besteht, dass Proben für meh-                  Universitäten im Ausland bereits                   Forschung und Klinik nur dann nut-
rere Forschungsprojekte zur Verfü-                    eigene Studiengänge für Bioban-                    zen, wenn die entsprechenden Pro-
gung gestellt werden dürfen. Man                      king. Andererseits wird neben der                  ben zur Verfügung stehen und Pro-
muss transparente Kriterien entwi-                    physischen Probeneinlagerung eine                  ben und Daten in der richtigen
ckeln, wer unter welchen Vorausset-                   Datenbank benötigt, in der Informa-                Weise verknüpft werden können.
zungen welche Proben bekommt.                         tionen zu den Proben gespeichert                   Wir erwarten, dass Personalized
Ein qualitativ hochwertiges Bioban-                   werden. Für ein zentralisiertes Bio-               Medicine früher oder später auch in
king verursacht zudem hohe Kos-                       banking bedeutet das konkret, dass                 der Veterinärmedizin Einzug halten
ten. Es braucht einerseits eine gute                  Daten zwischen verschiedenen In-                   wird und denken, dass die Vetsu-
technische Infrastruktur, um Proben                   formationssystemen der einzelnen                   isse-Fakultät im Wettbewerb mit an-
unter möglichst klar definierten Be-                  Organisationseinheiten          ausge-             deren      tiermedizinischen     For-
dingungen lagern zu können. Hier-                     tauscht werden müssen. Derartige                   schungsstätten eine Vorreiterrolle
für reicht es unter Umständen eben                    Datenbanklösungen kosten viel                      spielen könnte.
nicht, die Probe lediglich in den                     Geld in der Erstbeschaffung und im
-80 °C-Tiefkühlschrank zu stellen.                    laufenden Betrieb für Pflege und Li-               Was bietet die Koordination der Bioban-
Es kann wichtig sein, standardi-                      zenzen. Der Übergang zu einem                      ken durch die Swiss Biobanking Platform
sierte Protokolle zu entwickeln, in                   zentralisierten Biobanking ist also                (SBP)?
denen zum Beispiel festgelegt ist,                    sicherlich ein Grossprojekt für eine               Seit diesem Jahr ist die vom SNF in-
wieviel Zeit zwischen Entnahme                        veterinärmedizinische Fakultät. Es                 itiierte und zunächst vom SNF
der Probe und Erreichen des Lager-                    ist aber kein Zufall, dass forschungs-             finanzierte     Swiss      Biobanking
platzes vergehen darf und die eine                    starke Spitzeninstitutionen, wie die               Platform (SBP) die nationale Koordi-

                                                                                                                                              9
Vetsuisse NEWS www.vetsuisse.ch Nr. 4 Dezember 2016 - Vetsuisse-Fakultät
VetsuisseNEWS           Nr.4, Dezember 2016                                                                                     Biobank

nierungsplattform für Biobanken in            Tabelle 1 Biobanken des VSF
der Schweiz (www.swissbioban-
king.ch/). Eine der Hauptaufgaben              Sammlung                 Art der Proben                KoordinatorIn            Anzahl Proben
der SBP ist die Harmonisierung der
Biobanken der fünf Schweizer Uni-
                                               VET-GEN-BERN             EDTA-Blut, DNA                Tosso Leeb               100‘000
versitätsspitäler. Die SBP ist aber
grundsätzlich Ansprechpartner für
                                                                                                      Regina Hofmann-
alle Biobanken aus dem humanen                 VET-LAB-ZURICH           versch. flüssige Proben
                                                                                                      Lehmann
                                                                                                                               40‘000
und nicht-humanen Bereich (inklu-
sive Pflanzen und Mikroorganis-                                         formalinfixiertes und
                                               VET-NEURO-BERN                                         Anna Oevermann           50‘000
men). Michaela Drögemüller arbei-                                       frisches Gewebe

tet zu 40% als SBP-Koordinatorin
für nicht-humane Proben. Durch die                                      formalinfixiertes und
                                               VET-PATH-BERN                                          Sven Rottenberg          285‘000
                                                                        frisches Gewebe
Aktivitäten der SBP kann die Vetsu-
isse-Biobank zum Beispiel auf Pro-
                                                                        formalinfixiertes und
tokolle zur korrekten Einlagerung              VET-PATH-ZURICH
                                                                        frisches Gewebe
                                                                                                      Franco Guscetti          180‘000
von humanen Proben zurückgrei-
fen, welche umfassend validiert
sind. Die SBP bietet darüber hinaus
auch Beratung und Information im
ethisch-rechtlichen Bereich sowie
bezüglich möglicher IT-Lösungen
für Biobanken an.

Wie sieht das Biobanking an der Vetsu-
isse-Fakultät aus?
An der Vetsuisse-Fakultät gibt es
zahlreiche Sammlungen von inter-
essanten Proben. In einem ersten
Schritt haben die Koordinatorinnen
und Koordinatoren von mehreren
grossen Sammlungen die Vetsuisse
Biobank gegründet und damit be-
gonnen, nach möglichen techni-
schen Lösungen für ein stärker har-
monisiertes Biobanking zu suchen
(Tabelle 1). Die grossen Sammlun-
gen aus den infektiologischen Insti-
tuten in Bern sollen demnächst da-
zukommen. Die Vetsuisse Biobank
ist offen für die Aufnahme weiterer
Sammlungen und interessierte An-
gehörige der Vetsuisse-Fakultät
können sich jederzeit bei Michaela            Abbildung 4. Moderne Biobank für flüssige Proben am Inselspital Bern (Foto mit freundlicher Genehmi-
                                              gung von Dr. Ursula Amstutz). Hier können Millionen von Probengefässen mit 2D-Barcodes vollautoma-
Drögemüller melden.                           tisch bewegt und unter genau kontrollierten Bedingungen eingefroren und wieder aufgetaut werden.

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Im Gespräch mit
Veronika Stein
Professorin für klinische Neurologie an der Vetsuisse-Fakultät Bern

                                                  Mit Veronika Stein sind die Führungspositionen im Bereich
                                                  Neurologie wieder vollständig besetzt.

Autorenschaft:
Michael H. Stoffel und Meike Mevissen
Aus Schweizer Sicht kommst du aus
dem «Hohen Norden» – Wie hast du
dich bisher eingelebt?
Die fünfmonatige Übergangszeit,
während der wir zunächst in der
Gästewohnung auf dem Campus
und dann als Zwischenlösung zur
Untermiete in der Elfenau wohnten,
war eine organisatorische und logis-
tische Herausforderung. Vor zwei
Wochen konnten wir nun aber in
unser neues Heim in Schüpfen ein-
ziehen, und damit haben wir wieder
festen Boden unter den Füssen. Wir
fühlen uns dort sehr wohl und
freuen uns auf die sich anbahnen-
den Kontakte zur Nachbarschaft.

Wie habt ihr euch denn nun organi-
siert?
Mein Partner hat zurzeit eine
60%-Anstellung, so dass er sich an
zwei Tagen um unsere Tochter An-
tonia und um die beiden Hunde
Wilma und Paul kümmern kann.
Die übrigen drei Tage verbringt An-
tonia in der Kita, wo sie sich auch

                                                                                                              11
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 Es gibt eine Menge zu tun:
 Eben war ich gerade noch
 im Skills Lab.

bereits ganz selbstverständlich auf
Schweizerdeutsch verständigt. Da
habe ich noch etwas Nachholbedarf!
Das Umfeld stimmt somit sehr gut
für uns, und dies zeigt ja auch, dass
es mit echtem Bemühen, effizienter
Organisation und gutem Willen auf
allen Seiten möglich ist, die Lebens-
bereiche Beruf und Familie mitein-
ander in Einklang zu bringen.

Es war gar nicht so leicht, einen Ter-
min für dieses Gespräch zu finden.
Wie sieht es im beruflichen Umfeld
aus?
Es gibt eine Menge zu tun: Eben war
ich gerade noch im Skills Lab. Ich
habe nämlich einen Liquorent-
nahme-Simulator angeschafft, an
dem die Liquorpunktion sowohl ok-
zipital als auch lumbosakral recht
lebensnah und mit unmittelbarer
Erfolgskontrolle geübt werden
kann. Gegenwärtig läuft sogar eine
wissenschaftliche Studie, die evalu-
iert, wie realitätsnah das Modell tat-
sächlich ist. Diesen Simulator
möchte ich gern in meiner Lehre
einsetzen. Statt dieses Übungsobjekt
jedoch bei mir an der Klinik zu la-           Die Familienhunde Paul und Wilma
gern, wird es jetzt das Angebot im
Skills Lab erweitern. Dieses Hunde-
modell wird übrigens nur in sehr              Ideen in der Lehre, wie eine engere    nische Neurologie organisiert wer-
begrenzter Stückzahl produziert               Verknüpfung der Neurologie mit         den, die eine sehr beschäftigte
und daher war auch ein wenig                  den Grundlagenfächern und be-          Abteilung ist.
Glück dabei, dass ich ein Exemplar            nachbarten Disziplinen, umzuset-
erstehen konnte. Mein Tagesablauf             zen. Das lässt sich dann sicher noch   Und wie sieht es mit der Unterstüt-
steht derzeit ganz im Zeichen des             auf andere Fachgebiete ausweiten.      zung in deiner klinischen und wissen-
Neuanfangs: als Verantwortliche               Zudem muss die Infrastruktur für       schaftlichen Tätigkeit aus?
des Studienblocks ‚Sinnesorgane               die Forschungsausrichtung aufge-       Da muss ich schon sagen, dass die
und Nervensystem‘ gilt es, neue               baut werden und dann muss die kli-     strukturellen Voraussetzungen in

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 In der Division of                            sehr im Klaren, dass für meine Wei-    Freunde, Bekannte, das Zuhause
 Neurological Sciences in                      terentwicklung eine Veränderung        und das familiäre Umfeld zurück.
 Bern sind nun alle                            unumgänglich ist. Im deutschspra-      Die Kontakte aufrecht zu erhalten
 Schlüsseldisziplinen der                      chigen Raum gibt es nur recht we-      wird von Bern aus aber sicher einfa-
 Neurologie vorhanden                          nige Institutionen, an denen die       cher sein als aus den USA. Gleich-
 und eng miteinander                           Neurologie als eigene, selbststän-     zeitig bin ich sehr zuversichtlich,
 verbunden.                                    dige Einheit etabliert ist, und oft    dass wir uns hier bald wieder ein
                                               gibt es dort, wo eine entsprechende    tragfähiges Beziehungsnetz auf-
                                               Einheit vorhanden ist, keine Profes-   bauen und heimisch werden.
Bern für mich hervorragend sind. In            sur. Daher hatte ich meine Suche auf
Hannover gab es zwar eine sehr                 den englischsprachigen Raum aus-       Welche Pläne hast du in Sachen For-
starke Neuropathologie, dafür war              gedehnt und mich auch an der Uni-      schung?
die Neurochirurgie etwas weniger               versity of California in Davis auf     Seit meiner Dissertation beschäftige
gut aufgestellt. In der Division of            eine Professur beworben und auch       ich mich mit der Mikroglia. Nach
Neurological Sciences in Bern sind             dort habe ich den Ruf bekommen.        der Promotion konnte ich dann
nun alle Schlüsseldisziplinen der              Somit ging es letztlich um eine Ent-   diese Forschungsrichtung im Rah-
Neurologie vorhanden und eng mit-              scheidung zwischen der Position an     men eines DFG-Projektes in einem
einander verbunden. Ich freue mich             der UC Davis und der Vetsuisse         kombinierten PhD-Residency-Pro-
deshalb sehr über diese – wie ich              Bern.                                  gramm nahtlos weiterführen. In
denke – einmalige Konstellation, in                                                   Philadelphia bot sich mir die Mög-
die ich nun mit Franck Forterre als            Und was hat denn den Ausschlag ge-     lichkeit, die Untersuchungen auf
Neurochirurgen, Daniela Gorgas als             geben?                                 eine andere Spezies und Erkran-
Radiologin mit dem Schwerpunkt                 Aufgrund meines ca. eineinhalbjäh-     kung zu erweitern. Mit der Mikrog-
Neuro-Radiologie, Anna Oever-                  rigen Aufenthalts in Philadelphia      lia werde ich mich auch in Bern wei-
mann als Neuropathologin und An-               konnte ich schon einige Erfahrun-      ter beschäftigen. Gleichzeitig werde
dreas Zurbriggen als Leiter der ex-            gen über die amerikanische Hoch-       ich, wie in den letzten Jahren, weiter
perimentellen klinischen Forschung             schul- und Forschungslandschaft        am Modell «spinal cord injury» ar-
eingebettet bin. Hinzu kommt die               sammeln. Diese Einrichtungen bie-      beiten – in enger Zusammenarbeit
Unterstützung aus weiteren Fachbe-             ten ein sehr starkes Umfeld für die    mit der Neurochirurgie.
reichen wie Anästhesiologie, Gene-             Forschung, und an der UC Davis
tik und Immunologie – um nur ei-               besteht zudem auch eine personell      Was möchtest du für die Nachwuchs-
nige zu nennen! Besonders schätze              sehr gut ausgestattete und renom-      förderung tun?
ich dabei, dass ich hier in Bern einen         mierte Neurologie. Gleichzeitig ist    Ich habe den Eindruck, dass es in
intensiven Kontakt mit Kolleginnen             die Forschungsstruktur vom ameri-      der jetzigen Zeit nicht leicht ist,
und Kollegen pflegen kann, die in              kanischen Finanzierungsmodell her      junge Kolleginnen und Kollegen für
einer ähnlichen Phase ihres berufli-           aber auch weniger stabil als dies in   eine akademische Laufbahn zu ge-
chen Werdegangs sind.                          Europa der Fall ist. Ganz wesentlich   winnen. Letztlich bin ich aber davon
                                               für meine Entscheidung war dann        überzeugt, dass es entscheidend ist,
Gegen welche Alternativen galt es              die bereits angesprochene optimale     das berufliche Engagement und die
denn abzuwägen?                                Struktur für die Neurologie und        Vereinbarkeit von Familie und Be-
Einerseits hatte ich in Hannover               neurologische Forschung in Bern.       ruf vorzuleben. Dabei muss man
kurz nach meiner Vorstellung in                                                       auch immer wieder bewusst Priori-
Bern eine Dauerstelle erhalten, ich            Dann fiel dir der Wegzug aus Nord-     täten setzen. Ich hoffe deshalb, dass
war dort sehr gut in Lehre und For-            deutschland nicht schwer?              mein eigener Lebensweg junge Kol-
schung integriert und zusammen                 Vom beruflichen Umfeld her habe        leginnen und Kollegen ermutigt,
mit Andrea Tipold bildeten wir ja              ich diesen Wechsel als Herausforde-    eine universitäre Laufbahn einzu-
ein sehr gutes und produktives                 rung und Bereicherung erlebt. Aber     schlagen.
Team. Dennoch war ich mir darüber              natürlich lässt man dabei viele

                                                                                                                          13
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Die ständige
Baustelle: das CV
                                      So wie früher die Jäger und Sammler am Lagerfeuer von ihren
                                      Taten berichteten, oder wie man sich durch Statussymbole wie
                                      Auto, Kleidung, Schmuck und Anwesen oder Verhaltensweisen
                                      wie Tischmanieren und Sprachwahl darstellt, so definieren
                                      sich AkademikerInnen durch ihren Lebenslauf (Curriculum
                                      vitae, CV). Das CV ist im akademischen Leben allgegenwärtig.
                                      Hier werden einige Aspekte dazu aufgeführt, wie man sein CV
                                      planen und pflegen kann.

                                                           V
                                                           Autor: mc
                                                                    or einiger Zeit1 hatte ich an dieser Stelle
                                                                    von lustigen Details in Lebensläufen in
                                                                    Bewerbungen berichtet, wie die Auflis-
                                                           tung körperlicher Masse (incl. Schuhgrösse!) ei-
                                                           nes Bewerbers, oder ein 50-seitiges Foto-Tage-
                                                           buch der Auslandspraktika einer Bewerberin.
                                                           Man könnte aus diesem Erfahrungsschatz noch
                                                           mehr erzählen - wie eine ausführliche Schilde-
                                                           rung einer militärischen Laufbahn oder missio-
                                                           narischer Tätigkeit für eine bestimmte Denomi-
                                                           nation. Die unfreiwillige Komik entspringt in
                                                           solchen Momenten nicht einer Missachtung von
                                                           militärischem oder religiösen Engagement, son-
                                                           dern der Diskrepanz zu dem eigentlichen Zweck
                                                           des jeweiligen CV - einer Bewerbung auf eine
                                                           Stelle als Assistierender oder Doktorierender in
                                                           der Veterinärmedizin.
                                                           Diesmal geht es mir um eine andere Art von CV
                                                           - das akademische CV, das man abliefern muss,
                                                           wenn man sich um eine Habilitation, eine (Titu-
                                                           lar-, Assistenz-, ad personam- oder Voll-)Profes-

                                                           1
                                                               Vetsuisse News vom März 2015

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VetsuisseNEWS                     Nr. 4, Dezember 2016                                                 Curriculum vitae

sur, eine Stellenverlängerung oder                         Frage gefallen lassen, wovon sie        richtung äussert, der sollte in sei-
einen Forschungsgrant bewirbt. Als                         oder er nachts träumt.                  nem CV kurze Beschreibungen
Mitglied der Vetsuisse-Kommission                                                                  davon führen. Diese Liste liesse
für Beförderungsgeschäfte oder als                       • Wer möchte, dass ein Gutachter          sich noch beliebig fortsetzten,
Gast-Gutachter für andere Universi-                        schreibt, wieviele Master- und          doch das Prinzip ist längst klar.
täten stellt sich bei mir manchmal                         PhD-Studierende man betreut
der Eindruck ein, dass vereinzelte                         hat, der listet die einfach im CV     Wie bei einem guten Film ist dabei
BewerberInnen Ihr CV eher als läs-                         auf. Wer möchte, dass ein Gut-        die Konsistenz in der Geschichte
tige, abzuhakende Pflicht verstehen                        achter darauf kommt und hin-          wichtig. Wer angibt, dass Nach-
und weniger als Möglichkeit, sich                          weist, dass man die meisten Mas-      wuchsförderung ein wesentliches
selbst positiv darzustellen. Zwar                          ter-Studierenden auch zu einer        Ziel ist, und aber kaum Masterarbei-
gibt es auch hier Anleitungen im In-                       Publikation geführt hat, der sollte   ten zur Publikation gebracht hat
ternet2 , aber ich möchte trotzdem                         im CV jeder Master-Arbeit die         oder immer selbst als Erst- oder
verschiedene Aspekte des akademi-                          daraus entstandene Publikation        Letztautor aufgetreten ist, wirkt ein-
schen CV aufführen.                                        zuordnen.                             geschränkt glaubwürdig. Wer 20%
                                                                                                 Verwaltungstätigkeit angibt, aber
Am besten fährt man aus meiner                           • Wer möchte, dass ein Gutachter        an keiner Stelle fakultäre Gremien-
Sicht, wenn man das CV als Vor-                            bemerkt, dass bestimmte Publi-        arbeit, muss sich nicht wundern,
lage für eine Geschichte begreift,                         kationen häufig zitiert wurden,       wenn das nicht überzeugt. Wer
die potentielle Gutachter erzählen                         legt sich am besten eine Resear-      Drittmitteleinwerbungen       älteren
sollen. Das kann man ihnen leicht                          cherID3 oder ein Google scholar       Datums führt, die sich vom Titel her
oder schwer machen. Der offen-                             Profil zu (und hält die auf dem       nicht direkt mit Publikationen in
sichtlichste Weg, es internationalen                       neuesten Stand), ermöglicht so ei-    Verbindung bringen lassen, macht
Gutachtern schwer zu machen, ist,                          nen raschen Zugriff auf Zitat-        damit nicht immer einen guten Ein-
ein CV in deutscher Sprache abzu-                          Zahlen und andere Kenngrössen,        druck. Wer zahlreiche Konferenz-
liefern (es mag belanglos klingen,                         und erwähnt besondere High-           beiträge auflistet, denen nicht zeit-
aber das passiert immer wieder). Es                        lights im jeweiligen aktuellen CV.    nah entsprechende Publikationen
gibt viele Geschichten, die Gutach-                        Auch wenn eine Publikation ein        gefolgt sind, wirft damit eher Fra-
ter erzählen könnten.                                      eigenes Editorial bekommen hat,       gen auf, als positiv zu punkten.
                                                           oder z.B. im Veterinary Record
• Wer möchte, dass ein Gutachter                           unter 'Highlights from other jour-    Das CV ist niemals fertig, sondern
  schreibt, dass man x Drittmittel                         nals' aufgeführt wurde, sollte das    eine ewige Baustelle. Mit jeder Pub-
  eingeworben und y Publikatio-                            im CV vermerkt werden.                likation, die erscheint, jeder Master-
  nen aufzuweisen hat, der führt                                                                 arbeit, die man betreut, jedem Gut-
  genau das einfach im CV auf. Wer                       • Wer möchte, dass ein Gutachter        achten, das man schreibt, jedem
  möchte, dass ein Gutachter er-                           die Stelle, die man momentan          Vortrag, den man hält, und jedem
  kennt und erwähnt, dass man zu-                          ausfüllt, versteht und korrekt        Didactica-Kurs, den man besucht,
  verlässig zu allen Drittmittelpro-                       wiedergibt, der verfasst einen        hat man auch wieder etwas, was
  jekten, an denen man mitgewirkt                          kurzen Stellenbeschrieb, in der       man im CV in die entsprechende
  hat, zahlreiche Publikationen ver-                       die Anteile Klinik, Forschung,        Liste einpflegen kann. Und je zuver-
  fasst hat, der sollte im CV jedem                        Lehre, Verwaltung dargestellt         lässiger man das macht, desto weni-
  eingeworbenen Drittmittel-Pro-                           sind, incl. der Angabe, wie viele     ger böse Überraschungen erlebt
  jekt die entsprechenden Publika-                         Mitarbeiter welcher Qualifikati-      man, wenn man noch schnell am
  tionen zuordnen. Wer glaubt,                             onsstufen man führt. Wer möchte,      Wochenende das CV für eine Stel-
  dass die meisten Gutachter solche                        dass ein Gutachter sich zu einem      lenbewerbung, eine Einreichung
  Querverbindungen schon selber                            durchdachten Lehrkonzept oder         beim SNF oder für die Beförderung
  zustande brächten, muss sich die                         einer ausgeprägten Forschungs-        zur Assistenzprofessorin fertig stel-
                                                                                                 len will.
2
    http://www.cvcorrect.de
3
    http://www.researcherid.com
                                                                                                                                     15
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Damit das klappt, sollte man von             angebracht sein. Bei einer Bewer-        tionen nicht primär chronologisch,
Anfang an ein einheitliches System           bung um eine Vollprofessur kreiert       sondern nach Themen geordnet
nutzen, das leicht zu erweitern ist.         ein solches Detail vermutlich vor al-    sind (hier lassen sich auch nicht wei-
Wer den Fehler macht, eine Publika-          lem den Eindruck, dass das CV seit       ter publizierte Konferenzbeiträge
tionsliste zu basteln, auf der die           Jahren nicht mehr überdacht wurde.       dazugruppieren);        Publikationen
neueste Publikation die Nummer 1             Für eine Bewerbung um eine Assis-        und Drittmitteleinwerbungen ohne
trägt und zur ältesten hin hochge-           tenzprofessur erscheint es sinnvoll,     eigene Beteiligung von Personen,
zählt wird, muss theoretisch bei je-         eine Liste der abgeleisteten Di-         die man in entsprechenden Zeit-
der neuen Publikation neu durch-             dactica-Kurse im CV zu führen, um        raum betreut hat (um zu demonst-
nummerieren. Einfacher ist es, eine          zu belegen, dass man sich in Sachen      rieren, dass man 'seine Leute' auch
allgemein übliche, anti-chronologi-          Lehre gezielt weitergebildet hat. In     eigenständig arbeiten lässt, ohne
sche und rückwärts nummerierte               einem CV für einen Forschungs-           sich immer als Autor 'mit draufzu-
Liste zu führen, bei der die älteste         grant ist solch eine Auflistung eher     schreiben'); Rufe an andere Univer-
Publikation mit der Nummer 1 ganz            fehl am Platz. Macht im CV für eine      sitäten    oder     Rangierung     in
hinten steht, und ganz vorne oben            Assistenzprofessur eine Auflistung       Berufungslisten; Medienauftritte;
die neueste Publikation (mit der             wissenschaftlicher Beiträge zu Kon-      Fachgutachter-Tätigkeit;       gesell-
Nummer, die der Gesamtzahl des               ferenzen noch Sinn, so möchte in         schaftspolitisches, soziales oder
entsprechenden Publikationstyps              der Regel niemand eine Liste all der     NGO-Engagement; persönliche In-
entspricht). Dann kann man jeden             gewöhnlichen Konferenzbeiträge           teressen.
neuen Punkt auf der Liste ganz ein-          lesen, die Kandierende für ein Ordi-
fach oben anfügen.                           nariat angehäuft haben (in diesem        Letztendlich muss jeder selber ent-
Es erstaunt mich übrigens immer              Fall interessieren eher nur die 'ein-    scheiden, welches Material den Gut-
wieder, wie häufig in CVs die Publi-         geladenen Vorträge').                    achtern zur Verfügung gestellt wird
kationslisten nicht mit einem ein-                                                    für die Geschichte, die sie erzählen
heitlichen Layout geführt werden,            Hier noch ein paar Hinweise für Ka-      werden. Aber wenn man eine Vor-
sondern lieblos aus dem Netz zu-             tegorien, die man im Mutter-CV           stellung von der Geschichte hat, die
sammenkopiert sind - und nicht sel-          führen könnte: Stichpunktartige Be-      man gerne hören würde, dann kann
ten eine 2-3 Jahre alte Publikation          schreibungen der Tätigkeiten, die        man mit dem CV darauf hin arbei-
z.B. immer noch keine Seitenzahl             man als Inhaber einer Stelle durch-      ten.
trägt, sondern als 'accepted' geführt        geführt hat; Listen der Zeitschriften,
wird.                                        für die man als Reviewer tätig war
                                             (mit Zählen der entsprechenden
So ratsam es ist, ein sehr ausführli-        Gutachten); Mitgliedschaft in be-
ches CV kontinuierlich zu pflegen -          rufsbezogenen Organisationen und
das bedeutet nicht, dass es in dieser        Fachgremien; erfolglose Drittmittel-
Form weitergereicht werden sollte.           Anträge (um zu dokumentieren,
Für jeden einzelnen Zweck gilt es,           dass man es versucht hat - im Rah-
Anpassungen vorzunehmen. Dies                men von Habilitationsanträgen von
geht schneller, wenn diese Anpas-            Bedeutung); besondere Erwähnung
sungen durch Löschen im Mutter-              eigener Arbeiten in Medien, Editori-
CV vorgenommen werden können,                als, als Zeitschriften-Titelbild, oder
als durch zusätzliches Recherchie-           - falls mit einer eleganten Formulie-
ren in alten Agenden.                        rung verknüpft - auch als Zitat aus
Dazu hier einige Beispiele: In einem         Texten anderer WissenschaftlerIn-
CV, mit dem sich ein Kandidat für            nen; Listen der Fort- und Weiterbil-
eine Postdoc-Stelle bewirbt, mag ein         dungen, an denen man teilgenom-
Hinweis auf einen zweiten Poster-            men         hat;      eine      zweite
preis auf einer Studentenkonferenz           Publikationsliste, in der die Publika-

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Kick-off
AntibioticScout
Online-Entscheidungshilfe für den umsichtigen
Einsatz von antimikrobiellen Wirkstoffen

                                                    Die korrekte Antibiotikatherapie ist in Anbetracht der sich
                                                    verschärfenden Resistenzproblematik zu einer komplexen
                                                    Herausforderung geworden. Das nachfolgend präsentierte
                                                    Vetsuisse-Projekt «AntibioticScout» stellt benutzerfreundliche
                                                    Empfehlungen zum umsichtigen Einsatz von antimikrobiellen
                                                    Wirkstoffen bei Nutz- und Haustieren bereit.

Autorenschaft:
Ruth Peter, Meike Mevissen                          Institut für Veterinärpharmakologie und               H. Naegeli
                                                    –toxikologie der Universität Zürich                   C.R. Müntener
und Hanspeter Naegeli
                                                                                                          R. Peter
Jetzt ist es soweit: das Vetsuisse-Pro-                                                                   D.C. Demuth
jekt «AntibioticScout» geht in die                  Abteilung Veterinär-Pharmakologie und Toxikologie     M. Mevissen
Implementierungsphase. Viel ist ge-                 der Universität Bern

schehen seit Hanspeter Naegeli und                  Klinik für Kleintiermedizin der Universität Bern      S. Schuller
Meike Mevissen im Winter 2015/2016
                                                    Klinik für Kleintiermedizin der Universität Zürich    B. Willi
den Grundstein für ein Programm
zum umsichtigen Einsatz von Anti-                   Veterinary Public Health Institute                    G. Schüpbach-Regula
biotika gelegt und damit den «Anti-                 der Universität Bern

bioticScout» ins Leben gerufen                      BLV Bern                                              D. Heim
haben. Das Projekt wurde Ende                                                                             F. Stucki

Juni 2016 für das Nationale For-                    Projektverantwortliche
schungsprogramm 72 (NFP 72) na-
mens «Antimikrobielle Resistenz»
(www.nfp72.ch) eingereicht und                      Wesentlich ist sicherlich die Beteili-          schungsprogrammes 72 an der Ein-
Anfang November 2016 genehmigt.                     gung von Partnern aus diversen Ins-             führung und Umsetzung des
Der Vorschlag, ein Nationales For-                  titutionen, nämlich Pharmakologie,              nachfolgend vorgestellten Projekts.
schungsprogramm zum Thema An-                       Veterinary Public Health und Klini-
tibiotikaresistenzen / One Health zu                ken sowie des Bundesamts für Le-                Angesichts der zunehmenden Re-
lancieren wurde vom ehemaligen                      bensmittelsicherheit und Veterinär-             sistenzentwicklung ist die rationale
Vetsuisse-Dekan Felix Althaus so-                   wesen (BLV). Derzeit arbeiten die               Verschreibung und Anwendung
wie von Joachim Frey und Gerti                      Projektverantwortlichen (siehe Ta-              von antimikrobiellen Wirkstoffen
Schüpbach-Regula eingegeben. Was                    belle) unter der wissenschaftlichen             («Antibiotic Stewardship») für hu-
macht dieses Vetsuisse-Projekt aus?                 Begleitung des Nationalen For-                  man- wie auch veterinärmedizini-

                                                                                                                                      17
VetsuisseNEWS                 Nr.4, Dezember 2016                                                    AntibioticScout

                                                                                             Die derzeitig erarbeiteten Leitlinien
                                                                                            zur Behandlung von Infektions-
                                                                                            krankheiten bei Nutztieren, Pfer-
                                                                                            den, Klein- und Zootieren werden
                                                                                            durch die Kliniken der Vetsuisse Fa-
                                                                                            kultäten Bern und Zürich, dem Bun-
                                                                                            desamt für Lebensmittelsicherheit
                                                                                            und Veterinärwesen sowie der
                                                                                            Schweizerischen Vereinigung für
                                                                                            Pferdemedizin koordiniert, und
                                                                                            gleichzeitig bilden sie die Daten-
                                                                                            grundlage der AntibioticScout-Ent-
                                                                                            scheidungshilfe. Die Daten werden
                                                                                            laufend in das System eingespeist.
                                                                                            Um die Auswirkungen des Anti-
                                                                                            bioticScout sowohl in den universi-
                                                                                            tären als auch in ausgewählten pri-
Ablauf einer Suche nach dem empfohlenen Antibiotikum im AntibioticScout.
                                                                                            vaten Tierkliniken und –praxen zu
                                                                                            evaluieren, wird dessen Einführung
sche Einrichtungen unerlässlich ge-                 lung und -ausbreitung, erreicht wer-    mit Unterstützung des NFP72 na-
worden. Die Ursachen für die                        den. Die Online-Leitlinien werden       mens «Antimikrobielle Resistenz»
Zunahme der Resistenzen werden                      durch ein Meldesystem für die Mit-      wissenschaftlich begleitet. Mittels
insbesondere der unkontrollierten,                  teilung von Unwirksamkeiten er-         statistischer Studien wird geprüft,
massiven und oftmals überflüssigen                  gänzt. Die Auswirkungen auf die         ob sich die Verschreibungspraxis für
Verabreichung von Antibiotika so-                   Verschreibungspraxis der Schwei-        bestimmte Krankheitsbilder nach
wohl in der Humanmedizin wie                        zer Tierärzteschaft werden in Be-       der Verwendung der AntibioticS-
auch in der Veterinärmedizin zuge-                  gleitstudien wissenschaftlich unter-    cout-Entscheidungshilfe verändert.
schrieben. In der Schweiz führte der                sucht.
Bundesrat das StAR (Strategie                       Über die Adresse http://www.Anti-       Bis 2015 existierte in der Schweiz
Antibiotikaresistenzen)-Programm                    bioticScout.ch gelangt man direkt       keine Strategie zur Eindämmung
als koordinierte Strategie zur Ver-                 zur Anfangsseite mit den verschie-      der Resistenzverbreitung und zum
meidung von Antibiotikaresisten-                    denen Suchprogrammen. Der An-           umsichtigen Einsatz von Antibio-
zen auf nationaler Ebene ein, um die                wender kann die spezifischen Emp-       tika bei Mensch und Tier. Mit StAR
Wirksamkeit von Antibiotika für                     fehlungen rasch und bequem via          soll auf nationaler Ebene diese Her-
Mensch und Tier langfristig zu                      PC, Notebook, Tablet oder Smart-        ausforderung bereichsübergreifend
erhalten.     Das      in      diesem               phone abrufen. Diese neue Entschei-     angegangen und gelöst werden. An-
Kontext lancierte Vetsuisse-Projekt                 dungshilfe ist eng in das bereits be-   tibioticScout bietet dabei ein inno-
«AntibioticScout» stellt einen umfas-               stehende       Informations-     und    vatives Konzept für die rasche Um-
senden Online-Leitfaden für den                     Beratungssystem zur veterinärme-        setzung der Richtlinien und soll
verantwortungsvollen Einsatz von                    dizinischen Pharmakotherapie inte-      helfen, die Wirksamkeit von Anti-
antimikrobiellen Wirkstoffen in der                 griert. Somit sind die antimikrobiel-   biotika durch einen verantwor-
Veterinärmedizin zur Verfügung.                     len Wirkstoffe sowohl mit den           tungsvollen Einsatz in der Veteri-
Mit den darin enthaltenen Empfeh-                   zugelassenen Präparaten im Tier-        närmedizin        nachhaltig      zu
lungen, soll die Qualität des Anti-                 arzneimittelkompendium            der   gewährleisten. In Kürze wird ein
biotikaeinsatzes bezüglich Auswahl,                 Schweiz (www.Tierarzneimittel.ch)       Artikel im Schweizerischen Archiv
Dosierung, Applikation und An-                      wie auch mit der Wirkstoffdaten-        für Tierheilkunde (SAT) erscheinen,
wendungsdauer nachhaltig gesi-                      bank (www.CliniPharm.ch) ver-           um die Tierärzteschaft in der ge-
chert und ein optimales klinisches                  linkt, so dass alle relevanten Infor-   samten Schweiz über dieses Projekt
Behandlungsergebnis, mit dem Ziel                   mationen jederzeit rasch abgerufen      zu orientieren.
einer minimalen Resistenzentwick-                   werden können.

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VetsuisseNEWS             Nr. 4, Dezember 2016                                                   Publikationen

Welche Publikation
hat Ihr Leben
verändert?
                                                 In unserer Serie fragen wir Exponenten von Vetsuisse, welche
                                                 Werke – von anderen – ihnen besonders im Gedächtnis
                                                 geblieben sind und warum. Dieses mal Prof. Salomé
                                                 LeibundGut-Landmann Virologisches Institut
                                                 Vetsuisse-Fakultät und PD Dr. Paola Pilo, Institut für
                                                 Veterinärbakteriologie, Vetsuisse Bern

Prof. Salomé LeibundGut-Landmann
Virologisches Institut
Vetsuisse-Fakultät

Glocker EO, Hennigs A, Nabavi M, Schäf-
fer AA, Woellner C, Salzer U, Pfeifer D,
Veelken H, Warnatz K, Tahami F, Jamal S          Mitglieder an einer schweren chro-   Diese Publikation war für mich da-
(2009) A homozygous CARD9 mutation               nischen Infektion mit dem Hefepilz   rum wichtig, weil sie meinen eige-
in a family with susceptibility to fungal        Candida leiden. Als Ursache wurde    nen Arbeiten, die ich als Postdoc in
infections. New England Journal of Medi-         in den betroffenen Patienten eine    London durchgeführt hatte, grosse
cine 361: 1727-1735                              Punktmutation im Gen CARD9 ge-       Relevanz verlieh. Anhand eines ex-
                                                 funden. Das Fehlen von funktionel-   perimentellen Modells untersuchte
Diese Studie ist die erste einer gan-            lem CARD9 Protein führt zu einer     ich zusammen mit Kollaboratoren
zen Serie von Studien, die über die              Lücke im Abwehrsystem, was un-       in München die Funktion des Sig-
letzten Jahre unser Wissen über die              kontrollierte Vermehrung und Ge-     nalmoleküls CARD9, und wie es die
Schutzmechanismen des Wirts ge-                  webeinvasion des Pilzes zur Folge    Produktion des Zytokins Interleu-
gen Pilzkrankheiten grundlegend                  hat, der normalerweise ohne Konse-   kin-17 reguliert. Die Identifizierung
verändert haben. Die Arbeit be-                  quenzen im Mikrobiom in unserem      von CARD9 Mutationen in Patien-
schreibt eine Familie, in der mehrere            Gastrointestinal Trakt lebt.         ten mit Pilzinfektionen gab unseren

                                                                                                                        19
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Daten einen neuen Kontext und be-             PD Dr. Paola Pilo,
einflusste meinen Entscheid mass-             Institut für Veterinärbakteriologie,
geblich, auf dem Gebiet längerfris-
tig weiter zu forschen. In der Folge
                                              Vetsuisse Bern:
haben mehrere unabhängige Stu-
dien an Patienten mit primären Im-
mundefekten zur Identifizierung               Shohdy N, Efe JA, Emr, SD, Shuman HA
weiterer Gene geführt, die wie                (2005) Pathogen effector protein scree-
CARD9 den Interleukin-17 Signal-              ning in yeast identifies Legionella factors
weg regulieren und dadurch auf di-            that interfere with membrane traf-
rekte oder indirekte Weise Schutz             ficking. PNAS 102:4866-4871
vor Candida Infektionen bieten. Es
ist eindrücklich, wie trotz generell          Meine Postdoc-Ausbildung in How-              cerevisiae Stamm basiert, das ein
grosser Redundanz im Immunsys-                ard Shumans Labor an der Colum-               Invertase-Carboxypeptidase-Fusi-
tem die Veränderung eines einzigen            bia University in New York war eine           onsprotein exprimiert, wurde als
Basenpaars in einem Gen schwer-               lehrreiche Zeit in meinem wissen-             Reportersystem verwendet, um
wiegende Konsequenzen für die                 schaftlichen Leben. Daher kann ich            Gene zu identifizieren, die an der
Gesundheit des Wirts haben kann.              den jungen Wissenschaftlern nur               Umleitung des normalen eukaryoti-
Interleukin-17 ist ein evolutionär gut        empfehlen, ins Ausland zu gehen,              schen Membrantransports beteiligt
konserviertes Zytokin. Auch wenn              ihre berufliche und persönliche Er-           sind. Das Screening ist sehr einfach,
unser Wissen über die Abwehrme-               fahrung zu erweitern und die große            da es zur Bildung von braunen Ko-
chanismen gegen Pilzinfektionen               Vielfalt der Laboratorien kennenzu-           lonien führt. Shohdy und Kollegen
beim Tier noch in den Kinderschu-             lernen. Howard ist ein brillanter             bestätigten ferner die Translokation
hen steckt, gibt es verschiedene Hin-         Mikrobiologie-Molekulargenetiker              der identifizierten Effektorproteine
weise, dass Interleukin-17 auch da            und hat während seiner Karriere               in Säugetierzellen unter Verwen-
eine wichtige Rolle spielt. So wird es        von der Entwicklung des lac-Fusi-             dung von Mauszellen und Fusions-
zum Beispiel in Fledermäusen, die             onssystems und des Zuckertrans-               proteinen mit einer Bordetella per-
vom Weissnasen-Syndrom betrof-                ports in Bakterien zu Wirt-Patho-             tussis-Toxin-abgeleiteten
fen sind (welches durch den Pilz              gen-Interaktion          gewechselt.          Adenylatcyclase, die durch Calmo-
Pseudogymnoascus          destructans         Phänotypische Screenings sind nach            dulin in eukaryotischen Zellen akti-
ausgelöst wird), hochreguliert. Zu-           wie vor essentiell in der biologi-            viert wird. Dies ist ein intelligenter
künftige Studien lassen uns darüber           schen Forschung. Heutzutage wer-              Ansatz, die Genetik von multiplen
hoffentlich mehr erfahren.                    den innovative genetische Scree-              Spezies mit der Molekular- und
                                              nings weniger beachtet als früher.            Zellbiologie zu kombinieren, um
                                              Im Jahr 2005 veröffentlichte die              biologische Fragen zu beantworten.
                                              Gruppe von Shuman eine sehr inte-
                                              ressante Arbeit in Proceedings of
                                              the National Academy of Sciences.
                                              Diese Studie untersuchte Effektor-
                                              proteine von Legionella pneumo-
                                              phila, einem fakultativ intrazellulä-
                                              ren Bakterium, das die Legionellose
                                              beim Menschen verursacht. Intra-
                                              zelluläre Bakterien haben auf eine
                                              oder andere Weise den Austausch in
                                              Wirtsmembranen manipuliert. Ein
                                              eukaryotisches Modell, das auf ei-
                                              nem rekombinanten Saccharomyces

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