Zwischenbilanz: E-Government und Verwaltungsmodernisierung
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Zwischenbilanz: E-Government und Verwaltungsmodernisierung Klaus Lenk, Martin Brüggemeier Electronic Government als Schlüssel zur Modernisierung von Staat und Verwaltung Memorandum des Fachausschusses Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik e.V. und des Fachbereichs 1 der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE September 2000 Hochschulkolleg E-Government 91
Seite 1 Zwischenbilanz: E-Government und Verwaltungsmodernisierung Dokumentation zur Veranstaltung „Zehn Jahre Memorandum „Electronic Government als Schlüssel zur Modernisierung von Staat und Verwaltung“, Berlin, 1. Oktober 2010 Inhaltsverzeichnis Konferenz „Zehn Jahre Memorandum E-Government“ - Eine grundlegende 3 Besinnung auf die Reformnotwendigkeiten des kommenden Jahrzehnts Klaus Lenk und Martin Brüggemeier Impressum Verwaltungsmodernisierung in der Informationsgesellschaft: Stiftungsreihe 91 Was ist erreicht? Was bleibt zu tun? 5 Cornelia Rogall-Grothe Redaktion Dr. Dieter Klumpp (Leitung) Petra Bonnet M.A. „E-Government is about Government“. Verwaltungsmodernisierung mit IT im nächsten Jahrzehnt 12 Klaus Lenk Vom Shared Service Center zur Netzwerkverwaltung – Erfolgsfaktoren für Leistungsnetzwerke 22 Marianne Wulff Druck der Broschüre DCC Kästl GmbH & Co. KG Bürokratieabbau im Verwaltungsvollzug: Das Konzept des Alle Rechte vorbehalten FRESKO-Prozessors als Chance 24 © 2011 Peter Schilling und Martin Brüggemeier Die Alcatel-Lucent Stiftung für Kommunikationsfor- schung ist eine nichtrechts- Private Intermediäre als Lösungsansatz: die Vision einer fähige Stiftung in der treu- elektronischen Verwaltungsagentur 26 händerischen Verwaltung des Stifterverbandes für die Marco Brunzel Deutsche Wissenschaft. Angaben nach § 5 TMD/ E-Partizipation als Impulsgeber für die Verwaltungsmodernisierung § 55 RfStv Oliver Märker 29 Stifterverband für die Deut- sche Wissenschaft e.V. Forschungs- und Ausbildungskapazitäten im Public Management Barkhovenallee 1 45239 Essen und in der Verwaltungsinformatik 30 Telefon: (02 01) 8401-0 Dietrich Budäus Telefax: (02 01) 8401-301 E-Mail: mail@stifterverband.de Vom Forschungsplan 2005 zu „Stein-Hardenberg 2.0“ 35 Geschäftsführer: Tino Schuppan Prof. Dr. Andreas Schlüter (Generalsekretär) Blick zurück nach vorn: Was lehren uns die letzten zehn Jahre Modernisierungspraxis? 38 Udo Rienaß Weil Verwaltung sich ändern muss… 42 Dieter Klumpp ISSN 0932-156x
Seite 2 Das Memorandum Electronic Government als Schlüssel zur Modernisierung von Staat und Verwaltung. Ein Memorandum des Fachausschusses Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik e.V. und des Fachbereichs 1 der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE, September 2000, ist abrufbar unter: http://www.gi-ev.de/fileadmin/redaktion/Download/presse_memorandum.pdf
Seite 3 Konferenz „Zehn Jahre Memorandum E-Government“ - Eine grundlegende Besinnung auf die Reformnotwendigkeiten des kommenden Jahrzehnts Klaus Lenk und Martin Brüggemeier Im September 2000 wurde der damaligen Staats- Der 1. Oktober 2010 erschien somit als ein guter sekretärin im Bundesministerium des Innern, Bri- Zeitpunkt, um in der Berlin-Brandenburgischen gitte Zypries, das Memorandum „Electronic Go- Akademie der Wissenschaften auf der Grundlage vernment als Schlüssel zur Modernisierung von einer Bilanz des Erreichten im Sinne eines „Rück- Staat und Verwaltung“ vorgestellt. Mit diesem blicks nach vorn“ die nunmehr anstehenden Ver- vom Fachausschuss Verwaltungsinformatik der änderungen zu umreißen und Aufgaben für das Gesellschaft für Informatik e.V. und der Informa- kommende Jahrzehnt (2011 bis 2020) in den Blick tionstechnischen Gesellschaft im VDE erarbeite- zu nehmen. Dies sollte auf der Tagung nicht nur ten und von über 80 Fachleuten unterzeichnetem im Sinne eines Forderungskatalogs behandelt Weißbuch war eine programmatische Aussage werden, so dass als Ergebnis der Veranstaltung über die Chancen einer durchgreifenden Moder- auch von vorne herein kein weiteres Memoran- nisierung von Staat und Verwaltung mit Electro- dum geplant war. Der Worte sind genug gewech- nic Government getroffen. selt! Die Konferenz zeigte, dass inzwischen zahl- Darüber hinaus wurden 2005 mit dem „E-Go- reiche innovative Ansätze vor dem Durchbruch vernment-Forschungsplan – Handlungsfelder für stehen. Sie sind an der Schnittstelle von E- eine neue Strategie in Deutschland“ des Fachaus- Government, Bürokratieabbau und Public Mana- schusses Verwaltungsinformatik der Gesellschaft gement angesiedelt und betreffen u.a. Möglich- für Informatik e.V. die nötigen wissenschaftlichen keiten zu einem radikalen Bürokratieabbau im Vorarbeiten für dieses Modernisierungspro- Verwaltungsvollzug sowie innovative Verfahren gramm eingefordert. der Elektronischen Demokratie. Zehn Jahre nach seiner Veröffentlichung sind ei- Es gelang jedoch auch, auf der Konferenz die In- nige wichtige Forderungen des Memorandums novationshindernisse deutlich zu benennen, die erfüllt. Sie betreffen vor allem die technischen ihre Verwirklichung bislang hinauszögerten, und und organisatorischen Grundlagen, auf denen E- Wege zu ihrer Überwindung aufzuzeigen. Der Government zum Mittel einer nachhaltigen Mo- beklagenswerte Abbau von universitären For- dernisierung von Staat und Verwaltung werden schungs- und Ausbildungskapazitäten im Public kann. Auch ist im vergangenen Jahrzehnt die Be- Management und in der Verwaltungsinformatik reitschaft zur Zusammenarbeit über die Verwal- spielt dabei ebenso eine Rolle wie eine übertrie- tungsebenen hinweg und mit der Wirtschaft auf bene Technikfaszination mit ihrer Ausrichtung an diesem zukunftsorientierten Handlungsfeld deut- angeblichen Vorbildern für eine „Best Practice“, lich gewachsen. Gleichwohl sind die zentralen die in anderen Verwaltungskulturen gewachsen Aussagen des Memorandums von unveränderter ist und die Gegebenheiten der deutschen Staats- Aktualität. So steht das dort geforderte umfas- und Verwaltungspraxis ignoriert. sende Verwaltungs-Engineering noch ebenso aus Die in dem vorliegenden Heft der Stiftungsreihe wie massive Investitionen in die Qualifikation der dokumentierte Tagung „Zehn Jahre Memoran- Menschen, die in einem von Informationstechnik dum „Electronic Government als Schlüssel zur durchdrungenen Umfeld arbeiten. Modernisierung von Staat und Verwaltung“ – Die
Seite 4 Transformation der öffentlichen Verwaltung im rin des Fachbereichs Rechts- und Verwaltungsin- nächsten Jahrzehnt“ wurde gemeinsam veran- formatik der GI) danken wir für die Übernahme staltet vom Hochschulkolleg E-Government der der Sitzungsleitung am Nachmittag. Alcatel-Lucent-Stiftung, Stuttgart, dem Fachaus- Als besonders wichtig und instruktiv für den schusses Verwaltungsinformatik der Gesellschaft transdisziplinären Austausch erwies sich die von für Informatik e.V. und der Informationstechni- Prof. Dr. Jobst Fiedler (Hertie School of Governan- schen Gesellschaft im VDE. Bei dieser Gelegenheit ce) geleitete Podiumsdiskussion zum Thema liegt uns vor allem daran, der Alcatel-Lucent- „Modernes Regieren und Verwalten 2020 – Wie Stiftung und namentlich ihrem Direktor, Dr. Die- lässt sich das Notwendige möglich machen?“ un- ter Klumpp, für die in den vergangenen Jahren ter Beteiligung von Cornelius Everding (Beauf- unverzichtbare und zentrale Rolle bei der Vernet- tragter für E-Government, Ministerium des In- zung der Wissenschaft und beim Praxistransfer nern des Landes Brandenburg), Prof. Dr. Werner auf dem Gebiet des E-Government zu danken. Jann (Universität Potsdam), Wolfgang Naujokat Ohne die „Anstiftung“ und beharrliche „Beförde- (European Society for eGovernment e.V.) und Willi rung“ durch Dr. Klumpp wären weder das Memo- Kaczorowski (BITKOM und Cisco Systems). Ihnen randum noch die hier dokumentierte Tagung zu- allen und auch den Teilnehmer/innen aus dem stande gekommen. Plenum sei für die engagierten Diskussionsbeträ- Im Namen des Organisationskomitees danken wir ge gedankt. Last but not least gilt unser Dank – neben den drei Veranstaltern – auch allen Part- auch all jenen hier nicht namentlich genannten nern, die die Konferenz durch ihre Unterstützung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die durch ihren mit ermöglicht haben. Maßgeblich sind hier Prof. Einsatz bei der Vorbereitung und Durchführung Dr. Tino Schuppan (IfG.CC - The Potsdam Institute zum guten Gelingen der Konferenz beigetragen for eGovernment), die Hochschule für Technik haben. und Wirtschaft (HTW) Berlin, Frau Prof. Dr.-Ing. Es wäre erfreulich und es ist unseres Erachtens Irene Krebs (Brandenburgische Technische Uni- auch nicht ganz ausgeschlossen, dass die Konfe- versität Cottbus), ESG – European Society for e- renz „Zehn Jahre Memorandum E-Government“ Government e.V., Initiative D21, Public One – Go- im Jahr 2020 als ein wichtiger Meilenstein für die vernance Consulting, ITOB GmbH – IT- und Orga- „E-Transformation“ der öffentlichen Aufgaben- nisationsberatung, Valora Management Group wahrnehmung erinnert wird. Eines zeigte die Ta- GmbH sowie unser Medienpartner, der Behör- gung sehr deutlich: Ob und inwieweit die Realität denSpiegel, zu nennen. Unser besonderer Dank des öffentlichen Sektors dann den Forderungen gilt natürlich allen, die sich mit eigenen Beiträgen des Memorandums entspricht, wird vor allem aktiv beteiligt und so zum Erfolg der Konferenz auch davon abhängen, ob die Communities in beigetragen haben. Da ihre Beiträge nicht in der Wissenschaft und Praxis, die sich mit E-Govern- Tagungsdokumentation enthalten sind, ist hier ment und mit Verwaltungsmodernisierung be- namentlich insbesondere Prof. Dr. Helmut Krcmar fassen, künftig mehr als bisher zusammen fin- (TU München, Sprecher des Hochschulkollegs E- den. Uns allen sei einstweilen die Erkenntnis von Government der Alcatel-Lucent-Stiftung), Jörg Jean Fourastié - Französischer Sozial- u. Wirt- Michael Thielges (Informationstechnische Gesell- schaftswissenschaftler u. Politiker, 1907 –1990 - schaft im VDE) sowie Dr. Wolfgang Bruns (Spre- ins Stimmbuch geschrieben: „Die Zukunft kann cher des Fachausschusses Verwaltungsinformatik man am besten vorhersagen, wenn man sie der GI) für ihre Grußworte zu danken. Frau Prof. selbst gestaltet.“ Dr. Maria Wimmer (Universität Koblenz, Spreche-
Seite 5 Verwaltungsmodernisierung in der Informationsgesellschaft: Was ist erreicht, was bleibt zu tun? Cornelia Rogall-Grothe Ein Memorandum – so sagten einschlägige Nach- Der Staat muss sparen. Im Rahmen der Haus- schlagewerke – ist unter anderem eine Denk- haltskonsolidierung wird die Bundesverwaltung schrift, Stellungnahme, Absichtserklärung. Das allein im Jahr 2011 11,2 Milliarden Euro struktu- Wort, lateinischen Ursprungs, heißt wörtlich „das rell einsparen müssen. Ähnliche Vorgaben wird zu Erinnernde“ beziehungsweise „das, an das es für die Folgejahre geben. Diese Einsparungen sich erinnert werden soll“. In der Politik wird nach sind nicht per legem zu erreichen und erfordern hochrangigen Treffen oft ein Dokument unter- von allen große Anstrengungen. zeichnet, das als Memorandum betitelt wird, In allen Häusern spüren wir den demografischen wenn es für besonders wichtig oder erinne- Wandel. Die Bundesregierung hat beschlossen, rungswürdig gehalten wird. bis 2014 10.000 Stellen in der Bundesverwaltung Denkschrift, Stellungnahme, Absichtserklärung – dauerhaft abzubauen. Demzufolge werden freie als solches verstehe ich das Memorandum, des- Stellen nicht nachbesetzt, die Belegschaft altert. sen 10-jähriges Bestehen wir heute diskutieren. Im Übrigen werden qualifizierte Arbeitskräfte auf Als Beauftragte der Bundesregierung für Infor- dem Markt Mangelware. Wenn die Attraktivität mationstechnik – oder CIO des Bundes – freue ich des öffentlichen Dienstes sich diesen Bedingun- mich, dass ich diese Veranstaltung eröffnen und gen nicht anpasst, drohen Qualitätseinbußen. Ihnen über die Aktivitäten und den Status-quo in Zugleich nimmt die Komplexität der Aufgaben zu, der Bundesverwaltung berichten kann. durch viele internationale, vor allem europäische Unternehmen bauen keine Produktionskapazitä- Aspekte, technologische Herausforderungen, ten in einem Land auf, in dem die Standortfakto- steigende Erwartungen der Bürger und der Wirt- ren nicht stimmen. Ein wichtiger Standortfaktor schaft an Qualität und Tempo von Verwaltungs- ist die öffentliche Verwaltung. Die öffentliche leistungen. Verwaltung in Deutschland steht für Rechtssi- Das sollte uns nicht schrecken. Wie sollten die cherheit und Zuverlässigkeit. Das ist ein Grund, Herausforderungen als Chance begreifen. warum Deutschland weltweit an fünfter Stelle der Investitionsstandorte steht. Regierungsprogramm Diesen Status müssen wir erhalten und ausbau- en. Wir müssen uns immer wieder fragen, ob und In Umsetzung des Koalitionsvertrags hat das welche Anpassungen im konkreten Verwaltungs- Bundesministerium des Innern (BMI) – zusammen handeln, in unserer Leistungsfähigkeit für dieses mit allen Ressorts – das neue Regierungspro- Ziel nötig und möglich sind. Reicht es, Rechtssi- gramm „Vernetzte und transparente Verwaltung“ cherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten? erarbeitet. Die Bundesregierung hat dieses Pro- Oder müssen nicht auch Fragen nach der Effi- gramm am 18. August beschlossen. In den Hand- zienz, Effektivität, Qualität von Verwaltungsleis- lungsfeldern Personal, Organisation sowie Infor- tungen und Bürgerorientierung gestellt und be- mations- und Kommunikationstechnologie sind antwortet werden. Die Antwort ergibt sich aus 20 Leitprojekte genannt und bereits mit konkre- den aktuellen sozio-ökonomischen Rahmenbe- ten Planungen für diese Legislaturperiode unter- dingungen. Ich möchte kurz darauf eingehen. legt. Im Sinne von Nachhaltigkeit setzen wir Maß- nahmen konsequent fort, die bereits in der letz-
Seite 6 ten Legislaturperiode begonnen wurden: der sammenhang zu stellen. Das betrifft in erster Li- Ausbau von Dienstleistungszentren, die einheitli- nie Fragen nach der Rolle des Staates im Zeitalter che Behördenrufnummer und ergänzen um sol- des Internets. Das Internet bietet uns unendliche che, die durch mehr Zusammenarbeit Qualität Chancen. Wie bei jeder technischen Neuerung und Effizienz in der Verwaltung steigern, z.B. gehen damit auch Risiken einher. Hierauf muss Leistungsvergleiche, Prozessmanagement, E-Ver- der Staat angemessen regieren. Er muss zum ei- waltung, Open Government/Open Data. Das nen die Chancen ergreifen und befördern und Thema Personal bleibt ein wichtiges: Eine demo- zum anderen die Risiken minimieren. Er tut das – grafiesensible Personalpolitik, die lebenslanges das möchte ich ausdrücklich betonen – im Rah- Lernen, Wissens- und Gesundheitsmanagement men seiner Aufgaben und seiner Funktionen, die sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Staat allgemein zu erfüllen hat. Mit dem In- mit Leben erfüllt, ist ein zentrales Anliegen des ternet müssen wir den Staat nicht neu erfinden. Programms. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat Die Bundesregierung folgt – das wird an den ge- im ersten Halbjahr 2010 vier Dialogveranstaltun- rade genannten Projekten deutlich – bei der Mo- gen zu den Perspektiven deutscher Netzpolitik dernisierung von Staat und Verwaltung einem durchgeführt. Er diskutierte mit Experten aus der ganzheitlichen Ansatz: Wir müssen überflüssige, Netzgemeinde, der Wirtschaft und Wissenschaft vermeidbare Bürokratie weiter abbauen. Wir sowie aus der Zivilgesellschaft und von Behörden müssen aber auch für effiziente und effektive Themen wie Datenschutz und Internet, Internet Verwaltungsabläufe sorgen, indem wir optimier- als Mehrwert, staatliche Angebote sowie Krimi- te Prozesse bündeln, eine effektive Behördenor- nalität im Internet. ganisation schaffen und eine gute Führung ge- Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Insti- währleisten, die sich ihrer Verantwortung für das tutionen konnten sich jeweils im Vorfeld über die Gemeinwohl wie auch für die Mitarbeiter und ih- Online-Plattform www.e-konsultation.de in den rem politischen Auftrag bewusst ist. Dialog einbringen und dort Meinungen, Ideen Innovative Lösungen durch Einsatz von Informa- und Anregungen mitteilen. Das BMI hat die Bei- tions- und Kommunikationstechniken sind ge- träge laufend ausgewertet und sowohl in die fragt: Viele Maßnahmen der Verwaltungsmoder- weiteren Dialogveranstaltungen als auch in die nisierung setzen auf die elektronische Abbildung Erarbeitung zukünftiger Grundsätze einer Netz- von Verwaltungsprozessen. Die konsequente politik einfließen lassen. Diese Grundsätze stellte Nutzung moderner Informations- und Kommuni- der Minister in seiner Grundsatzrede zur Netzpo- kationstechnik und E-Government sind in der In- litik am 22. Juni 2010 vor. formationsgesellschaft ein unabdingbarer Teil Alle Informationen zu den Dialogveranstaltungen der Verwaltungsmodernisierung. Sie helfen da- und die 14 Grundsätze einer gemeinsamen Netz- bei, unsere Effizienz und Wirksamkeit zu steigern politik sind im Internet nachzulesen. An dieser und Behördendienste kontinuierlich zu verbes- Stelle nur so viel: Allgemein und auch in Bezug sern. Motor für eine stärkere Zusammenarbeit auf das Internet können wir zwischen drei unter- sind die Web- 2.0-Technologien. schiedlichen Rollen und Funktionen des Staates unterscheiden: Netzpolitik 1. einer Freiheits- und Ausgleichsfunktion Ein ganzheitlicher Ansatz bedeutet auch, Verwal- 2. einer Schutz- und Gewährleistungsfunktion tungsmodernisierung, und damit auch das E-Go- und vernment, in einen größeren netzpolitischen Zu- 3. einer Angebots- und Innovationsfunktion.
Seite 7 Ich möchte mich hier lediglich der dritten Funkti- zuloten und festzulegen, an welchen Stellen die on, der Angebots- und Innovationsfunktion, zu- Online-Konsultation sinnvoll oder sogar notwen- wenden. Zu ihr gehört auch der Bereich des E-Go- dig ist. vernment. Der moderne Staat hat aber auch die Aufgabe Vor dem Hintergrund des klassischen Staatsver- der Wirtschafts- und Forschungsförderung – das ständnisses ist unbestritten: E-Government be- ist die Innovationsfunktion des Staates. Wirt- fördert Innovationen und muss gefördert wer- schaftliche Innovation kann der Staat fördern, in- den. E-Government ist aber kein Selbstzweck. dem er beispielsweise seine nicht-personenbe- Nicht jedes Angebot ist geeignet und sinnvoll. zogenen Datenbestände online zur Verfügung Zudem sollten elektronische Behördendienste – stellt. Auf der Basis dieser Daten können neue zumindest im Verhältnis zum Bürger – als Zu- Geschäftsmodelle entwickelt werden. Das Statis- satzangebote ausgestaltet sein, als Alternative zu tische Bundesamt stellt bereits 166 Mio. Daten- den konventionellen Behördenkontakten. Anders sätze online zur Verfügung. Die Bereitstellung sieht es in Bezug auf die Wirtschaft aus. Hier von Verwaltungsinformationen wird weltweit können elektronische Behördendienste durchaus unter den Begriffen „Open Data“ bzw. „Open Go- verpflichtend ausgestaltet werden, wie wir es bei vernment“ diskutiert. der Umsatzsteuervoranmeldung bereits kennen. Die Bundesregierung will die Öffnung von Staat Mit Wirtschaft und Wissenschaft entwickeln wir und Verwaltung in Deutschland voranbringen. derzeit ein neues Modell und pilotieren es beim Dazu lud Bundesinnenminister Dr. Thomas de Austausch von Umweltdaten. Maizière am 20. September 2010 zu einem Spit- Fakt ist, dass die elektronischen Behördendienste zengespräch zu Geodatendiensten ein. Unter nach den grundlegenden Eigenschaften der öf- dem Titel „Digitalisierung von Stadt und Land – fentlichen Verwaltung gestaltet sein müssen: Das Chancen und Grenzen von öffentlichen und pri- sind Integrität, Verlässlichkeit, Rechtmäßigkeit, vaten Geodatendiensten“ diskutierte er mit wei- auch Nachvollziehbarkeit, Transparenz. Die An- teren Mitgliedern der Bundesregierung sowie gebote sollen dem Gemeinwohl dienen und nicht hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft und umgekehrt. Damit elektronische Behördendienste Verwaltung über die schwierige Grenzziehung nach gemeinsamen Standards leichter und unab- zwischen Privatem und Öffentlichem im Internet. hängiger von privaten Partnern ausgestaltet und Die Rolle des Staates stand dabei ebenso zur De- angeboten werden können, müssen wir staatli- batte wie die Rolle der IKT-Branche. Sie darf nicht che Kräfte bündeln und eigenes Know-how be- aus der Eigenverantwortung rund um Persön- hördenübergreifend zur Verfügung stellen. Des lichkeitsrechte entlassen werden. Deshalb wurde Weiteren müssen unsere Dienste technisch sicher vereinbart, dass die Internetbranche bis zum IT- funktionieren, denn nur so schaffen wir Vertrau- Gipfel am 7. Dezember 2010 einen Datenschutz- en für die Nutzung. Hier spielt die Frage der offe- Kodex zu Google Street View und ähnlichen Geo- nen Standards hinein, die zu überdenken ist. datendiensten vorlegt und mit den Datenschutz- Darüber hinaus verlangen Verwaltungsvorgänge, beauftragten des Bundes und der Länder ab- in denen sich Staat und Bürger in einem Rechts- stimmt. Der Kodex kann eine gesetzliche Rege- verhältnis gegenüber stehen, regelmäßig eine lung weitgehend überflüssig machen. eindeutige Identifikation des Bürgers. Der Staat Unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg des Da- muss sich sicher sein können, wer einen Antrag tenschutz-Kodex wird das BMI – ebenfalls bis gestellt oder eine Anzeige erstattet hat. Und nicht zum IT-Gipfel – den Entwurf für ein Gesetz vorle- zuletzt hat das Internet auch als Medium der poli- gen. Es soll eine rote Linie markieren, die unter tischen Willensbildung viel Potenzial. Es gilt aus-
Seite 8 keinen Umständen überschritten werden darf Sie sehen: Die Themen rund um moderne IKT und und durch Selbstregulierung nicht ausreichend Netzpolitik sind fachlich vielschichtig und stellen zu sichern ist. Eine solche gesetzliche Grenze ist uns vor neue Rechtsfragen, die wir lösen müssen. dort zu ziehen, wo besonders schwerwiegende Die in aller Kürze beschriebenen Überlegungen Eingriffe in Persönlichkeitsrechte drohen, so etwa und Maßnahmen konnten – so hoffe ich – ver- bei der zielgerichteten Bildung von Persönlich- deutlichen, dass sich die Bundesregierung zur In- keits- und Bewegungsprofilen. formations- und Kommunikationstechnik be- Insgesamt entsteht somit ein zweigleisiges Sys- kennt – in der Förderung, aber auch auf Ange- tem, bestehend aus einem per Gesetz einge- botsseite. räumten Mindestschutzniveau – der roten Linie – E-Government war dafür in der Vergangenheit und dem von der Geodaten-Branche vorzulegen- die treibende Kraft: Viele Themen, die uns heute den Datenschutz-Kodex, den der Gesetzgeber beschäftigen, haben sich aus unseren Anstren- nur bei Bedarf gesetzlich „aufbessert“. gungen rund ums E-Government entwickelt. Die Öffentlichkeit wurde auch bei diesem Spit- Das E-Government der zweiten Generation rich- zengespräch online in die Vorbereitung einge- tete sich auf Kriterien wie eine bedarfsgerechte bunden und konnte Fragen an den Bundesin- Umsetzung von E-Government und die Zusam- nenminister stellen, die dieser per Videopodcast menarbeit über Verwaltungsebenen hinweg. beantwortet hat. Das Podcast kann auf den Sei- Durch diese Schwerpunkte kann die Qualität des ten des BMI abgerufen werden. deutschen E-Government-Angebots weiter ver- Bund und Länder nutzen die Potenziale der mo- bessert werden. dernen IT-Einrichtungen, Web 2.0-Technologien, Um E-Government-Strukturen über Ressortgren- Vernetzung durch Breitband und Satelliten sowie zen schaffen zu können, haben wir die erforderli- Sensortechnologie, um eine Geoinfrastruktur in chen Gremien etabliert: die Funktion des bzw. Deutschland aufzubauen. Gemeinsam mit den der Bundesbeauftragten für Informationstechnik, europäischen Partnern sollen Geodatendienste darüber hinaus den IT-Rat der Bundesregierung. vernetzt und Bürgern und Wirtschaft zur Verfü- Ende 2007 wurden mit dem Kabinettbeschluss gung gestellt werden. „IT-Steuerung Bund“ wichtige strukturelle und Das Projekt Open Government ist auch eine Maß- inhaltliche Weichen gestellt. Trennung von Ange- nahme des neuen Regierungsprogramms „Ver- bot und Nachfrage, starke IT-Dienstleistungs- netzte und transparente Verwaltung“ und zielt zentren und ein aktives Architekturmanagement auf die weitere Öffnung von Staat und Verwal- sind dabei unverzichtbar. Wir haben außerdem in tung. Überall in Deutschland, auf allen Verwal- den vergangenen Jahren verschiedene Netzinfra- tungsebenen, werden bereits einzelne Elemente strukturen gebündelt. So entstand neben der po- eines Open Government verwirklicht. Ziel des litischen auch eine technische Infrastruktur für E- Projekts Open Government ist es nun, die Ange- Government, die zusätzlich die Verbindung der bote in Deutschland zu strukturieren und zu ver- deutschen Verwaltung mit europäischen Struktu- netzen sowie den Zugang zu erleichtern und zu ren sicherstellt. vereinheitlichen. Auf diese Weise kann ein ein- Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein heitlicher Qualitäts- und Servicestandard erreicht erfolgreiches E-Government werden kontinuier- werden. Zugleich wird ein abgestimmter Ausbau lich verbessert. Sowohl auf Landes- als auch auf der einzelnen Elemente von Open Government Bundesebene wurden Rechtsnormen an die An- angestrebt. forderungen des E-Government angepasst. Mit der viel beachteten Aufnahme von Artikel 91c ins
Seite 9 Grundgesetz hat Deutschland 2009 auf die zu- krete gemeinsame Ziele für die Weiterentwick- nehmende ebenenübergreifende Vernetzung von lung des E-Government, an denen sich Bund, Verwaltungsverfahren reagiert. Damit wurde die Länder und Kommunen in ihrem jeweiligen Basis für eine effektivere und effizientere födera- Handlungs- und Zuständigkeitsbereich ausrich- le Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern ten können und sollen. bei den technischen Grundlagen des E-Govern- Zweitens – als Agenda gemeinsamer Vorhaben: ment geschaffen. Das ist ein wesentlicher Er- Die nationale E-Government-Strategie definiert folgsfaktor für die Standortsicherung und -för- konkrete Maßnahmen zur Koordinierung der Zu- derung. sammenarbeit, zur Vereinbarung von Standards und E-Government-Projekte mit Leuchtturmcha- IT-Planungsrat rakter, die für eine gezielte Weiterentwicklung und Neupositionierung des deutschen E-Govern- Mit Artikel 91 c GG und dem IT-Staatsvertrag, der ment erfolgskritisch sind. am 1. April 2010 in Kraft getreten ist, werden Bund, Länder und Kommunen die Entwicklungen Der IT-Planungsrat hat die Strategie am 24. Sep- auf dem Gebiet der IT und des E-Government mit tember 2010 beschlossen. Zugleich hat der Rat mehr Verbindlichkeit befördern. Die ehemaligen den Auftrag erteilt, Maßnahmen zur Umsetzung Strukturen der E-Government- und IT-Steuerung der Strategie bis Mitte 2011 zu erarbeiten. Die sind im April dieses Jahres im IT-Planungsrat auf- Bundesverwaltung wird ihr Handeln im E-Go- gegangen. Es ist das Ziel, auf Ebene der Staats- vernment an den Leitgedanken und an den Zie- sekretäre und CIO gemeinsam eine politisch fo- len der nationalen E-Government-Strategie aus- kussierte Steuerung im Bereich IT und E-Govern- richten. ment vorzunehmen, um Qualität und Effizienz der IT-Infrastrukturen in Deutschland zu gewähr- E-Government-Gesetz leisten. Parallel zu den jetzt neuen Infrastrukturen und Bei Standardisierung und Vernetzung dürfen wir Institutionen stellte sich erneut die Frage nach auch über die Grenzen unseres Landes hinausge- rechtlichen Regelungen: Reichen sie aus? Oder hend nicht den Anschluss verlieren. stehen Regelungen einem weiteren Ausbau von E-Government im Weg? Nationale E-Government-Strategie In meinem Haus wird in Zusammenarbeit mit an- Seit einer Woche hat Deutschland erstmals eine deren Ressorts derzeit geprüft, ob wir für ein be- nationale E-Government-Strategie. Sie konkreti- darfs- und nutzerorientiertes E-Government not- siert die inhaltlichen Aufgaben für eine enge ü- wendige rechtliche Voraussetzungen schaffen bergreifende Zusammenarbeit im E-Government, und Hürden abbauen müssen. Die hierfür erfor- und zwar unter zwei Aspekten: derlichen bundesrechtlichen Regelungen sollen in einem E-Government-Gesetz festgeschrieben Erstens - als Leitbild für koordiniertes Handeln in werden. Eigenverantwortung: Die nationale E-Govern- ment-Strategie strebt die gemeinsame Ausrich- Bereits jetzt ist klar: Das größte Hindernis für me- tung von Bund, Ländern und Kommunen in der dienbruchfreie E-Government-Lösungen ist das Weiterentwicklung von E-Government an und zahlreich gesetzlich vorgeschriebene Schriftform- möchte das Handeln der Beteiligten koordinieren, Erfordernis. Hier stellt sich die Frage, ob nicht der um Interoperabilität und Wirtschaftlichkeit zu si- Einsatz neuer Techniken, wie etwa die Funktion chern. Hierfür formuliert sie ein Leitbild und kon- des elektronischen Identitätsnachweises (eID) im
Seite 10 neuen Personalausweis, die elektronische Kom- IT-Sicherheit munikation und Bearbeitung stärken kann. Um die Existenz solcher Angebote wie De-Mail nicht zu gefährden – das gilt auch allgemein für Neuer Personalausweis elektronische Märkte und E-Government-Lei- stungen –, ist das Vertrauen der Bürgerinnen und Gute Ideen aus Deutschland – so lautet die Über- Bürger, Wirtschaft und Verwaltung in die Sicher- schrift auf einem unserer Werbemotive für den heit der Internetkommunikation erforderlich. Aus neuen Personalausweis, der ab 1. November ein- diesem Grund räumen wir der IT-Sicherheit bei geführt wird. Er ist abgebildet, in einer Reihe mit allen Aktivitäten einen besonderen Stellenwert dem Buchdruck, dem Fernseher und dem PC. Ich ein. Die Bundesregierung hat bereits 2007 mit bin überzeugt, dass der neue Personalausweis dem „Umsetzungsplan für die Gewährleistung tatsächlich ein revolutionäres Potenzial in sich der IT-Sicherheit in der Bundesverwaltung“ eine birgt, und zwar besonders für die Verwaltungs- einheitliche und verbindliche IT-Sicherheitsleit- modernisierung. Warum? linie für die gesamte Bundesverwaltung be- Die meisten E-Government-Lösungen setzen eine schlossen. Die Umsetzung der darin vorgesehe- rechtssichere und verbindliche Abwicklung des nen Maßnahmen ist Grundlage für die mittel- und Prozesses voraus, vor allem eine eindeutige Iden- langfristige Gewährleistung der IT-Sicherheit auf tifikation des Bürgers. Die im neuen Personal- hohem Niveau in der Bundesverwaltung. ausweis enthaltene Funktion des elektronischen Hier werden wir weiterhin aktiv sein, auch in der Identitätsnachweises – die eID-Funktion – sowie Netzinfrastruktur des Bundes. Sie ist das zentrale seine Nutzungsmöglichkeit für die qualifizierte Nervensystem einer modernen Verwaltung. Im elektronische Signatur bieten die Grundlage da- Projekt „Netze des Bundes“ des neuen Regie- für. rungsprogramms werden in den kommenden Mit der eID-Funktion kann man sich nicht nur si- Jahren die zentralen ressortübergreifenden Re- cher und zuverlässig online ausweisen, sondern gierungsnetze in einer leistungsfähigen und si- gleichermaßen auf die Identität seines Gegen- cheren gemeinsamen Netzinfrastruktur neu auf- übers vertrauen. Ein besonderer Schwerpunkt stellen. Aufbauend auf der gemeinsamen Netz- wird auf den Schutz persönlicher Daten gelegt: infrastruktur können Behörden ihre Liegenschaf- Nur staatlich berechtigte Anbieter dürfen die Da- ten anforderungsgerecht und sicher miteinander ten des Ausweises abfragen, der Inhaber selbst vernetzen, behördenübergreifend kommunizie- behält die volle Kontrolle über seine persönlichen ren sowie IT-Verfahren anbieten oder selbst nut- Daten. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zum zen. Ziel ist es, langfristig eine gemeinsame Netz- Vertrauen geleistet, das für die Zukunft des E-Go- infrastruktur für die Bundesverwaltung zu schaf- vernments bedeutsam ist. fen. Mit dem neuen Personalausweis stellt der Staat eine Infrastruktur bereit, um das E-Government IT-Investitionsprogramm weiter voranzutreiben. Für den Erfolg ist es ent- scheidend, dass zahlreiche Dienstanbieter aus IT-Sicherheit ist auch ein Handlungsfeld des IT-In- vielen Verwaltungsbereichen die Online-Aus- vestitionsprogramms, über das ich abschließend weisfunktion und die qualifizierte Signaturfunk- sprechen möchte. Anfang 2009 hat die Bundes- tion in verschiedene Bürgerdienste einbinden. regierung das IT-Investitionsprogramm im Um- fang von 500 Millionen Euro verabschiedet. Allein für den Bereich IT-Sicherheit stehen 170 Millio- nen € zur Verfügung, zum Beispiel für die Etablie-
Seite 11 rung gemeinsamer Standards für die mobile Government steht, erreicht haben – auch wenn Kommunikation (Stichworte: Krypto-Handys oder das Szenario im Abschnitt D nicht Realität ge- PDAs – Personal Digital Assistants). Damit werden worden ist. Wir werden beim weiteren Aufbau innovative Sicherheitstechnologien zeitnah in der des E-Governments nicht stehen bleiben. Verwaltung eingesetzt und zugleich Technologie- Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass wir E- innovationen am Markt nachgefragt. Government nicht als Serviceleistung de luxe be- Bis 2011 unterstützen wir mit dem IT-Investi- trachten, sondern als schlichte Selbstverständ- tionsprogramm, das ich als IT-Beauftragte der lichkeit. Es geht uns also schon lange nicht mehr Bundesregierung gemeinsam mit dem IT-Rat des um das Ob, sondern nur noch darum, wie die Lö- Bundes steuere, insgesamt über 370 Projekte. sungen aussehen. Da E-Government vielfältige Neben der IT-Sicherheit ist das Programm auf die Bezüge zu nahezu allen Politikfeldern hat, ist es Handlungsfelder IT-Organisation, Green-IT (Er- ohne die Abstimmung mit Wissenschaft, Wirt- richtung eines Kompetenz- und Musterrechen- schaft und Bürgerinnen und Bürgern nicht denk- zentrums) und Zukunftsfähigkeit durch Innovati- bar. Insofern werden wir den Austausch mit allen onen (De-Mail, Geodatenmanagement, neuer gesellschaftlichen Gruppen suchen, um die Mög- Personalausweis, elektronische Prozessketten) lichkeiten sinnvoll zu nutzen. Das größere Stück gerichtet. Über 60 Prozent der Gesamtmittel sind des Weges liegt dabei noch vor uns. Das Memo- inzwischen ausgegeben (ca. 94 Mio. EUR) oder randum E-Government ist dafür – trotz der Jah- vertraglich festgelegt (ca. 223 Mio. EUR). Über reszahl 2010 – eine fundierte Erinnerung – eben 200 (IKT-) Unternehmen konnten bislang von der eine Denkschrift, Stellungnahme, Absichtserklä- Unterstützung profitieren. Auch über das Investi- rung. tionsprogramm hinaus bleiben diese Bereiche – und damit auch die IT-Sicherheit – prioritäre Cornelia Rogall-Grothe ist Staatssekretärin im Themen der Bundesregierung im ITK-Bereich. Bundesministerium des Innern und Beauftragte Es ist anzuerkennen, dass wir in den vergange- der Bundesregierung für Informationstechnik. nen Jahren schon vieles, was im Memorandum E-
Seite 12 „E-Government is about Government“ Verwaltungsmodernisierung mit IT im nächsten Jahrzehnt Klaus Lenk 1. Verwaltungsmodernisierung mit zeigt sich in Projekten wie D115, der einheitlichen E-Government über zwei Jahrzehnte nationalen Call-Center-Struktur. Verstärkte Transparenz des Verwaltungshandelns und bes- sere Mitsprache der Bürger in öffentlichen Ange- Vor zehn Jahren brachten zwei wissenschaftliche legenheiten, damals noch geradezu exotisch, Gesellschaften, der Fachausschuss Verwaltungs- stehen heute im Mittelpunkt des Interesses. informatik der Gesellschaft für Informatik e.V., dessen Sprecher damals Prof. Dr. Klaus Lenk war, Zugleich muss man aber feststellen, dass es nicht sowie die Informationstechnische Gesellschaft im gelungen ist, die Kluft zwischen klassischen Re- VDE mit dem Sprecher Dr. Dieter Klumpp, ein formthemen und E-Government zu schließen. E- Memorandum auf den Weg. „Electronic Govern- Government wird oft nur technisch verstanden; ment als Schlüssel zur Modernisierung von Staat neue Modewellen („Web 2.0“) befestigen dieses und Verwaltung“ (Bonn und Frankfurt, Septem- Verständnis noch und lenken von der Dringlich- ber 2000). Hier wurde in mehreren Kernthesen keit einer durchgreifenden Verwaltungsmoderni- dargelegt, sierung ab. • dass Electronic Government das gesamte Han- Daher stellen sich drei Fragen: deln von Staat und Verwaltung, nicht nur neue • Was hat sich im letzten Jahrzehnt verändert? Bürgerdienste und elektronische Demokratie • Wie lassen sich E-Government und Verwal- betrifft, tungsmodernisierung zusammenführen? • dass die bessere Nutzung von Information und • Wie kann die Transformation des öffentlichen Wissen eine entscheidende Triebkraft der Ver- Sektors in Deutschland durch seine Informati- waltungsmodernisierung ist, sierung auf anerkannte Zielwerte einer Good • dass eine umfassende Gestaltung der Prozesse Governance ausgerichtet werden? und Ressourcen der Verwaltungsarbeit möglich und zugleich unabdingbar ist, • dass Erfolge nur zu erzielen sind, wenn strate- 2. Was hat sich verändert? gisches Denken, Finanzierung, innere Bereit- schaft der Menschen und ein gutes Änderungs- In den letzten Jahren hat sich der Zwang, das Ge- management zur Deckung gebracht werden. schäft der öffentlichen Verwaltung und darüber hinaus des gesamten öffentlichen Dienstes zu Zehn Jahre später kann man befriedigt feststel- vereinfachen, dramatisch verstärkt. Und nach len, dass sich schon Manches in diese Richtung wie vor sind viele Reserven für ein effizienteres bewegt, im Denken wie im Handeln. So finden und auch seine Adressaten entlastendes Verwal- wir breite Unterstützung für die Umgestaltung tungshandeln nicht ausgeschöpft, trotz unbe- von Geschäftsprozessen der Verwaltung, die mit streitbarer Anstrengungen, vor allem in Richtung IT anders erledigt werden können als zuvor. Do- Bürokratieabbau. Denn Not macht nicht unbe- kumentenmanagement und Vorgangsbearbei- dingt erfinderisch. Allzu leicht wird die alte Weis- tungssysteme sind keine Fremdwörter mehr. heit „Erst investieren, dann kassieren“ unter dem Stärkere Berücksichtung der Belange der Bürger politischen und medialen Druck vergessen. Und
Seite 13 wie noch auszuführen ist, sind Verfahren eines samkeitsschwelle überschritten, und die in KoopA weitsichtigen Verwaltungs-Engineering immer und Deutschland Online eingeübte Zusammenar- noch Mangelware. beit hat zu unbestreitbaren Erfolgen geführt. Vor Insofern hat sich wenig geändert seit dem Jahr zehn Jahren, als auf Bundesebene die soundso- 2000. Dennoch ist etwas hinzugekommen, näm- viel Prozent „Services“ online stolz verkündet lich die Rückbesinnung auf die klassischen wurden, hätten wir das so nicht erwartet. Staatsaufgaben der Wahrung von Recht und Si- Dies ist beachtlich angesichts der Großwetterlage cherheit. Das Memorandum rügte, dass in den eines technisch verengten Begriffs von E-Govern- vor einem Jahrzehnt propagierten E-Govern- ment, erzeugt von technikverliebten Akteuren ment-Konzepten diese Aufgaben praktisch nicht durch sanften und weniger sanften Druck sowie vorkamen; E-Government erschien als eine durch Seelenmassage. Hier wirken lautstark agie- Schönwetterveranstaltung. Die Wirklichkeit hat rende internationale Modernisierungskarawa- die Sicht des Memorandums inzwischen einge- nen, die ohne Rücksicht auf nationale Verwal- holt. Heute drängt sich die Notwendigkeit in den tungskultur ihr Gepäck abladen. Reformkonzepte Vordergrund, die staatlichen Strukturen robust jagen sich in solcher Geschwindigkeit, dass die und krisenfest zu gestalten, ihre Verwundbarkeit Reformen gar nicht zu Ende geführt werden durch unvorgesehene Ereignisse zu minimieren können. Lenkt uns heute beispielsweise Cloud und die Resilience, das Wiederhochfahren der Computing nicht wieder ab von der Umsetzung Leistungen im Falle von Beeinträchtigungen, zu kommunaler Shared Service Zentren? gewährleisten. Aber hat sich das geweitete Bewusstsein auch niedergeschlagen in der Reformrhetorik, die sich 3. Wie lässt sich E-Government in den Haupt- um die vor 15 Jahren losgetretene Kampagne des strom der Verwaltungsmodernisierung ein- E-Government rankt? Die Ausweitung dieses betten und auf anerkannte Zielwerte einer Begriffs auf die gesamte Informatisierung der Good Governance ausrichten? Verwaltung und der Politik, die das Memoran- dum bereits einforderte, stößt sich zwar interna- tional immer noch an einem engen Verständnis, Das führt zur zweiten Frage: Wie verhalten sich das E-Government auf sog. Online-Dienste redu- Verwaltungsmodernisierung und E-Government ziert; die EU und angebliche Spitzenreiter richten zueinander, wie lässt sich E-Government in den sich weiter daran aus. Dennoch ist es heute leich- Hauptstrom der Verwaltungsmodernisierung ein- ter als vor zehn Jahren, die seit einem halben betten? Jahrhundert fortschreitende Informatisierung der Wenn die seit einem halben Jahrhundert voran- Verwaltung in den Mittelpunkt zu rücken. schreitende Informatisierung der Verwaltungs- Deutschland ist mit einem unserer Verwaltungs- arbeit noch nicht im Hauptstrom der Verwal- kultur angepassten Verständnis von E-Govern- tungsmodernisierung verankert ist, dann hat dies ment sehr weit gekommen, und wir sollten uns nicht nur mit der Techniklastigkeit der E-Govern- auf unserem föderalen Weg nicht beirren lassen. ment-Rhetorik zu tun. Die Programme verwal- Der Bund hat eine Leitfunktion übernommen. Die tungswissenschaftlicher Tagungen lesen sich seit Innovationsleistungen auf allen Verwaltungsebe- Jahren so, als gäbe es E-Government nicht. Wis- nen, vor allem aber bei den Kommunen, sind be- achtlich. Mit Art. 91c GG hat die Informatisierung der Verwaltung endlich die politische Aufmerk-
Seite 14 senschaftler-Gemeinden leben nebeneinander Herbert Fiedler als Dienstmädchenstaat bezeich- her.1 nen.2 Festzuhalten ist: E-Government muss in den Folgt man dieser verengten Sicht, dann sind bes- Hauptstrom der Verwaltungsmodernisierung ein- serer Service, Abbau von Lasten und Belästigun- münden. Es darf nicht an die Techniker abge- gen der Wirtschaft vordringliche Ziele. Welchen schoben werden. Die Technik muss man freilich Stellenwert haben diese Ziele in dem Wandel der kennen um zu erkennen, was mit ihr bewirkt Staatlichkeit, den wir heute beobachten? Die ge- werden kann. Aber auch der Hauptstrom der Ver- wandelten und keineswegs weniger gewordenen waltungswissenschaft muss daraufhin befragt Staatsaufgaben bilden den Rahmen, in dem die werden, wohin er fließt, was er transportiert. Hier laufende Informatisierung der Verwaltung sich klafft eine Lücke, die uns zur dritten Frage führt: vollzieht. Es würde zu weit führen, dies hier im Um die zu Verbindung von Verwaltungsmoderni- einzelnen zu behandeln. Weltweite Entwicklun- sierung und E-Government endlich zu erreichen gen im Übergang zu einem Sich-Einrichten der und sie auf anerkannte Zielwerte einer Good Go- Menschheit in einer endlichen Welt werfen ihren vernance auszurichten, sind zwei Schritte erfor- Schatten. Die einstweilen zu den Akten gelegte derlich. Der erste wurde bereits angesprochen: Finanzkrise und die kommende Fiskalkrise ma- das Konzept E-Government ist im Sinne der Ver- chen nur einen heute schon sichtbaren Teil davon waltungsinformatik zu erweitern. Zweitens aber aus. muss man auch die unterschiedlichen Zielvorstel- Die neue Lage macht es erforderlich, sich die un- lungen kennen, die hinter den zusammenzufüh- terschiedlichen Zielvorstellungen der Verwal- renden Reformbestrebungen stehen. Das ist nicht tungstransformation zu vergegenwärtigen und ganz einfach, denn es führt hin zu Staatsvorstel- ihren Zusammenhang wie auch Prioritätenset- lungen, die oft nicht deutlich ausgesprochen zungen offen zu legen. Wohlgemerkt, hier geht werden. Begibt man sich auf die Suche nach die- es nicht um einzelne politische Ziele, sondern um sen Zielvorstellungen, dann wird deutlich, dass die Grundwerte, nach denen wir Staatlichkeit und eine Gesamtstrategie der Transformation der gute Verwaltung beurteilen. Wie sind diese in Verwaltung nicht existiert. der Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts zu fassen? Vor 15 Jahren wurde dem E-Government welt- Ein Weißbuch der Europäischen Kommission zum weit ein Verständnis mit auf den Weg gegeben, guten Regieren aus dem Jahr 2001 gibt uns hier das den Staat auf eine Einrichtung zur Erbrin- einen gewissen Anhalt.3 Ich erweitere den dorti- gung von „Services“ für benennbare Adressaten gen Katalog von Zielen einer Good Governance reduziert. Die Erweiterung des Konzepts E-Go- und forme ihn ein wenig um. So gelange ich zu vernment, wie sie mit der Definition des Memo- der folgenden Reihung, die ich nur kurz kom- randums vorgeschlagen wurde, bedeutet auch mentiere, und die um weitere modale Nebenziele einen Abschied von dieser verengten Sicht des ergänzt werden könnte: Staates, in welcher der Zusammenhalt der Gesell- schaft, das Zusammenleben auf engem Raum und soziale Gerechtigkeit gar nicht mehr gedacht 2 Fiedler, H., Die Utopie einer libertären Informationsgesell- werden können. Diesen Minimalstaat, der nur schaft und die Zukunft des Staates. In: Klewitz-Hommelsen, „Services“ erbringt für benennbare Adressaten, S.; Bonin, H. (Hg.), Die Zeit nach dem E-Government. Münster 2005 (= Band 2 der Reihe E-Government und die Erneuerung die zu Kunden ernannt werden, kann man mit des öffentlichen Sektors), S.67-75 (69). 3 Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Europäi- 1 Vgl. Lenk, K., Reconstructing Public Administration theory sches Regieren. Ein Weißbuch, Brüssel 2001 (=KOM (2001) from below. In: Information Polity 12 (2007), pp. 207-212. 428 endgültig)
Seite 15 • Demokratie Breiter aufgestellt ist insofern das Public Mana- • Effektivität gement als die praktisch wohl wichtigste Rich- • Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und Accoun- tung der Verwaltungstransformation. Es verbin- tability det Effektivität und Qualität des Verwaltungs- • Kapazitätspflege, Bewahrung der Handlungs- handelns mit Effizienz und Sparsamkeit. Jedoch fähigkeit, Resilience kann das Bestreben, möglichst viel vom privat- • Effizienz wirtschaftlichen Management zu übernehmen, leicht zu Zielverschiebungen führen. • Minimierung administrativer Lasten, Bürger- nähe und Servicequalität Je ein Vierteljahrhundert Ausrichtung der deut- schen Verwaltung erst auf Rechtsstaatlichkeit und dann auf Sparsamkeit und Effizienz haben Inhaltliche Ziele müssen demokratisch zustande diesen Werten einen gewissen Vorrang ver- kommen; dies ist das oberste Formalziel. Was be- schafft. Die gegenwärtige Überbetonung von schlossen ist, muss dann effektiv umgesetzt wer- Transparenz und demokratischer Mitgestaltung, den. Aber der Staat tut nicht nur, was er sagt, die man jetzt mit Technikeinsatz leichter errei- sondern er sagt auch, was er tut. Damit sind wir chen zu können glaubt, signalisiert einen gewis- bei Transparenz als wichtigem Zielwert. Erst da- sen Nachholbedarf für solche bislang eher im nach sollte das heute im Vordergrund stehende Schatten stehenden Aspekte von Good Gover- Ziel Effizienz und Sparsamkeit kommen. Weitere nance. modale Nebenziele wie eine möglichst wider- spruchsfreie, kohärente Politik, Entlastung der Aber andere modale Nebenziele des Verwal- Wirtschaft und der Bürger durch Bürokratieab- tungshandelns bleiben weiterhin unterbelichtet: bau kommen hinzu. All das zusammen kann man Robustheit, Minimierung von Verwundbarkeit als Good Governance bezeichnen. (nicht leichtfertig immer wieder neue kritische Infrastrukturen schaffen, etwa durch vernetzte Public Management, E-Government, Governance Großsysteme), Stärkung der Resilience, also die der Bürgerkommune, Bürokratieabbau und Bet- Fähigkeit, mit Unerwartetem umzugehen. Es gibt ter Regulation haben je für sich Teilaspekte einer noch keine anerkannte Wissenschaftsdisziplin, Good Governance im Blick. Somit arbeiten vor- die ihren Leuchtkegel auf diese Werte richtet. findliche Reformstränge in Theorie und Praxis mit nicht deckungsgleichen Zielvorstellungen. Das kann hier nur angedeutet werden. Steue- rungsfähigkeit gegenüber der Gesellschaft und 4. Wachsende Systematisierung des Verwal- damit Effektivität des staatlichen Handelns, Ver- tungshandeln als übergreifender Trend der waltung eingeschlossen, stehen im Vordergrund Informatisierung für Better Regulation und für die steuerungs- und governancebezogene Richtung der Wissenschaft. Was ist nun die Rolle von E-Government im Rah- Das trifft aber nicht die Realität des gesamten öf- men einer solchen Sicht? Im Schulterschluss mit fentlichen Dienstes. Es ist ausgerichtet am inno- Reformbestrebungen, die sich der genannten vierenden Interventionsstaat. Die alltäglichen Werte und Ziele einer Good Governance anneh- Stabilisierungsleistungen gegenüber der Gesell- men, insbesondere dem Public Management, schaft sind kaum im Blickfeld. Erbracht werden kann Electronic Government zu technisch ermög- sie auf den klassischen Aufgabenfeldern der in- lichten organisatorischen Entwicklungen führen, neren Sicherheit und der Rechtspflege, der Bil- die über das hinausweisen, was vor zehn Jahren dung und der sozialen Dienste. gesagt wurde. Die Aussagen des Memorandums
Seite 16 können jetzt erweitert werden. Wir müssen uns gewollt sind – zu einem Gemeineigentum an Da- nicht länger um die Durchsetzung des Denkens in ten, zu einer „Daten-Allmende“ zu kommen.“ 5 Geschäftsprozessen, des Denkens von den Adres- Solches erwartete der Speyerer Verwaltungsin- saten her („die Bürgerbrille aufsetzen“) und in formatiker Heinrich Reinermann im Jahre 1986 neuen Architekturen des Bürgerservice sorgen. für das Jahr 2006. Wie weit sind wir heute? Hier müssten nun mehrere Felder angesprochen Robuste technisch-organisatorische Infrastruktu- werden, die das Memorandum behandelte und ren für im einzelnen nicht voraussehbares Ver- die aus wissenschaftlicher Sicht fünf Jahre später waltungshandeln werden bald verfügbar sein. im Forschungsmemorandum der GI exemplarisch Denn die Infrastruktur, die entsteht, um dem E- auftauchten. Aus Zeitgründen ist das nicht mög- Government (im engen Verständnis) eine Grund- lich. Statt dessen sei nur ein wichtiger Zusam- lage zu liefern, begründet zugleich eine neue Ar- menhang genannt, nämlich die wachsende Sys- chitektur öffentlichen Handelns, eine bessere, die tematisierung und Modularisierung des Verwal- Potentiale der Informationstechnik nutzende Or- tungshandelns, die einhergeht mit der Herausbil- ganisation. dung einer technisch-organisatorischen Infra- Die sich herausbildende informationstechnische struktur für das gesamte Verwaltungshandeln. und organisatorische Infrastruktur aus Netzen, Eine zunehmende Systematisierung des Verwal- Basisregistern, Geodaten, Prozessbausteinen, tungshandelns, schon seit langem gefordert, usw. führt in eine Welt, dies es erst noch zu er- rückt in greifbare Nähe. Leistungskataloge füh- kunden gilt.6 Eine Zukunftsvision sah bereits den ren zu einer sprachlichen Standardisierung, die zusammen mit Behördenfindern wesentliche Voraussetzungen für ein einfacheres und damit auch transparenteres Verwaltungshandeln 5 Heinrich Reinermann, Die Verwaltung der Zukunft. In: schafft. Der organisatorische Rahmen hierfür Schulz, Arno, Hg. Die Zukunft der Informationssysteme, Leh- wurde jetzt im Rahmen der gesamtschweizeri- re der 80er Jahre. Fachtagung, Linz, September 1986. Hei- delberg u.a. 1986, S.111-136. schen E-Government-Strategie formuliert, soweit 6 Ein Beispiel: Teil der Infrastruktur ist das künftige Wis- es sich um nach außen gerichtete Verwaltungs- sensmanagement. Wir reden seit 20 Jahren darüber, begin- leistungen handelt.4 nen aber erst jetzt, die Konturen der Problematik zu erken- nen. Weil Wissen nicht leicht messbar ist und weil sein Bei- Diese Perspektiven der Systematisierung des trag zur Effektivität und Effizienz von vielen Zufällen ab- Verwaltungshandelns wurden in der deutschen hängt, wird es allzu leicht einem verkürzten Effizienzdenken geopfert. Die „Besinnung auf das Kerngeschäft“ ließ viel an- Verwaltungsinformatik schon frühzeitig erblickt. geblich überflüssiges Wissen verkümmern. So es ist nur allzu Sie erfordern ein ganzheitliches Herangehen in verständlich, dass Wissensmanagement als Ausgleich dienen der Tradition des Systemdenkens. Aber – und sollte. Aber seine zentralen Probleme wurden lange über- deckt durch die Suche nach technischen Möglichkeiten bes- hier zitiere ich einen Kollegen – ist es wirklich seren Wiederauffindens gespeicherter Informationen und schon so, dass „mehr Ordnung in die Datenwirt- durch die Deklination einiger Grundbegriffe. Nicht Wissen, schaft gebracht [wird? und dass]... damit aufge- sondern die Zeit der Menschen ist das knappe Gut. Überlas- tung mit Unnützem steigert nicht die Qualität des Verwal- hört ... [wird], Daten quasi als Eigentum bestimm- tungshandelns, missbraucht vielmehr die knappe Aufmerk- ter Behörden oder Programme anzusehen; viel- samkeit. Und die doppelte Realität des Dienstwissens, die mehr ist – soweit Berechtigungen zum Zugriff aus der innigen Verbindung von offiziellem und lokalem Wissen entsteht, ist schwer fassbar. Kulturelle Kompetenz, Wissensverdichtung, Einfühlung in den Wissenshorizont des Gegenüber bleiben zentral. Gleichwohl können Konzepte 4 Klaus Lenk, Tino Schuppan, Marc Schaffroth, Vernetzte und Instrumente des Wissensmanagements, richtig einge- Verwaltung. Organisationskonzept für ein föderales E-Go- setzt, entlastend wirken und die Informationslage der Orga- vernment Schweiz, hrsg. vom Informatikstrategieorgan nisation oder der Prozesskette als Ganzem wesentlich ver- Bund ISB, Bern, Juni 2010. (www.ech.ch) bessern.
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