DAS MEDBUCH ENT WICKLUNGEN DER MEDIZINTECHNIK - STEUTE
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// Das Medbuch Ent w ick lungen der Medizintechnik Herausgegeben von steute Schaltgeräte GmbH & Co. KG., Geschäftsbereich Medizintechnik, mit einer Einführung von Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Thomas Schmitz-Rode
Vorwort 4 Einführung 6 Chirurgie 8 Orthopädie 30 Diagnostik 46 Ophthalmologie 66 Zahnmedizin 82 steute im Kurzporträt 98 Bildnachweis/ 100 Inhalt Quellenverzeichnis Impressum 108
Die Ärzte werden millimetergenau im Gewebe navigieren tun, machen wir gründlich und weil es zu unseren Grundsät- und viele Krankheiten dank neuer bildgebender Verfah- zen gehört, auch über unsere eigentliche Aufgabe hinauszu- ren auch besser erkennen können. Damit sind schonendere denken, haben wir das vorliegende Buch geschrieben. Es soll Eingriffe möglich. Sie werden Gewebe nicht mehr trans- Sie – den Leser bzw. die Leserin – informieren und unterhal- plantieren, sondern im Körper züchten. Man wird seltener ten. konventionell operieren, weil es möglich ist, miniaturisierte Operations-Roboter in den Körper zu entsenden. Außerdem Uns hat es Freude bereitet, in die Historie der Medizintechnik werden wir zunehmend in der Lage sein, menschliche Funk- einzutauchen und auch einen Blick in die Zukunft zu wagen. tionen nachzubilden und mechanische Funktionen über das Was uns dabei besonders gefreut hat: Wir sind bei der Re- Nervensystem anzusteuern. Die künstliche Netzhaut ist cherche in unserem Kundenkreis auf viele Experten gesto- nur ein Anfang, vom Menschen gesteuerte Prothetik ist der ßen, die uns mit Fachwissen unterstützt und unser Projekt nächste Schritt. begleitet haben. Bei ihnen bedanken wir uns herzlich für ihre Beiträge. Unabhängig von diesen Entwicklungen wird es auch künftig Interaktion zwischen Arzt und Patient geben. Das ist gut so. Dipl.-oec. Stefan Schmersal Denn neben der Behandlung fördern auch Information, Zu- spruch und Zuwendung die Heilung. Und letztlich steht im- Geschäftsführender Gesellschafter Vorwort mer der Mensch im Mittelpunkt der Medizin und somit auch steute Schaltgeräte GmbH & Co. KG 5 der Medizintechnik. Die Medizintechnik erlebt in den letzten Jahren große Entwicklungs- Auch in unserer Arbeit steht in erster Linie der Mensch im Mittelpunkt, nämlich jener, der das medizintechnische Ge- sprünge. Wenn man Technologie-Exper ten Glauben schenk t – und dazu rät bedient. Denn wir sind Experten für die Schnittstelle von besteht aller Grund –, wird es in den kommenden zehn, zwanzig oder Mensch und Maschine. Wenn die für die Handhabung der Apparatur verantwortliche Person optimal arbeiten und das dreißig Jahren weitere umwälzende Veränderungen geben. medizintechnische Gerät intuitiv bedienen kann, dann sind die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sie sich auf den Patienten konzentriert. Deshalb denken wir an den mit dem Umgang des Gerätes Betrauten wie natürlich auch an den Patienten, wenn wir Be- diensysteme für die Medizintechnik entwickeln. Das, was wir
Schon diese drei Beispiele zeigen, dass der Maschinenbau der terstützt hat, gibt einen interessanten Überblick über 2500 Medizintechnik wesentliche Impulse geben kann und dass Jahre Medizintechnik und zeigt dabei auch, wie groß die Fort- die Verbindung von medizinischer Forschung und Engineer- schritte sind, die unser Forschungsgebiet gerade in den letz- ing-Kompetenz in den Ingenieursdisziplinen hohen Nutzen ten Jahren gemacht hat. bringt. Sie zeigen auch, dass der medizinische Fortschritt in hohem Maße auf der Entwicklung von neuen medizintechni- Von den Fortschritten profitieren in erster Linie die Patienten, schen Geräten beruht. Wer sich dieser Aufgabe verschreibt, die dank besserer Diagnose früher und dank neuer Therapie- braucht Ingenieurskompetenz. formen auch besser behandelt werden können. Aufgrund von minimal-invasiver Operationstechnik mit begleitender Diese Kompetenz ist auch erforderlich, um die Technologien Bildgebung sind die Eingriffe weniger belastend, und mit ge- und Geräteprototypen, die z. B. an unserem Institut für An- zielter, computergestützter Rehabilitation lassen sich Opera- gewandte Medizintechnik entwickelt werden, in serientaug- tionsfolgen schneller beseitigen. liche Geräte für Kliniken und Arztpraxen zu überführen. Hier spielen Faktoren wie Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und Ob die Zukunftsvisionen, die das Buch am Ende der einzelnen ein flexibles Bedienkonzept eine wesentliche Rolle. Kapitel entwirft, zutreffend sind, wird sich zeigen. Sie regen jedenfalls ebenfalls zum Nachdenken an – und sie ermutigen Im Zuge des Prozesses von der Entwicklung über Labormus- alle, die an der Weiterentwicklung der Medizintechnik arbei- Einführung ter bis zur Serienproduktion sind dann Hersteller und Zuliefe- ten, ihre Tätigkeit zum Nutzen der Patienten fortzusetzen, 7 rer gefragt, die nicht nur die hohen normativen Anforderun- damit Visionen wie langlebige künstliche Organe oder eine gen der Medizintechnik-Produktion erfüllen, sondern auch frühzeitige Erkennung von Gewebeveränderungen Wirklich- Im OP kommen Diagnose-Roboter mit neuar tiger Kinematik zum Ein die Abläufe im OP, in der Arztpraxis oder in der Reha-Klinik keit werden. kennen. satz. Im Dentallabor ver wendet man CNC-Bearbeitungstechnologien Univ.-Prof. Dr. med Dipl.-Ing. Thomas Schmitz-Rode und die Ver fahren des »Rapid Prototyping« zur automatisier ten Herstel- Der Mensch-Maschine-Schnittstelle kommt dabei besondere Bedeutung zu. Für die Akzeptanz neuer Technologien ist es Direktor des Lehrstuhls für Angewandte lung von Zahnersatz. Und die Kunstherzen der nächsten Generation daher wünschenswert, dass sich spezialisierte Unternehmen Medizintechnik, Helmholtz-Institut, RWTH Aachen ver wenden neuar tige verschleißarme Linearantriebe, die eine wesent- mit Medizintechnik-Kompetenz dieser Aufgabe widmen. Und wenn sich ein solches Unternehmen – in diesem Fall steute lich höhere Lebensdauer des künstlichen Organs zur Folge haben. – auf unterhaltsame Weise mit der Geschichte und Zukunft der Medizintechnik beschäftigt, verbindet sich das Angeneh- me mit dem Nützlichen: Das vorliegende Buch, dessen Ent- stehen unser Institut gern durch Informationsgespräche un-
Chirurgie Chirurgie: griechisch, umgangs- Was Arzneien nicht heilen, heilt das Messer; sprachlich, die handwerkliche Kunst was das Messer nicht heilt, heilt (das) Brennen; was aber das Brennen nicht heilt, das muss als unheilbar angesehen werden. Hippokrates von Kós, um 460 v. Chr. – um 375 v. Chr., Aphorismoi 7,87, Schluss
4 1 3 5 2 10 Ein geöffneter Schädel (3) mit Heilungsprozessen an den Knochenrän- Inzwischen hat man an über 500 von knapp 750 gefundenen v. Chr. ist Opium (5) als Schmerzmittel nachgewiesen: offen- 11 Schädeln (3) solche Heilungsprozesse festgestellt. Die Überle- bar der Beginn der Narkose. dern : Dieser Fund lieferte dem Anthropologen Paul Broca 1873 den benschancen für diese Operation lagen also – über verschie- Erst mit der ägyptischen Hochkultur setzte eine Entwicklung Beweis, dass die Steinzeitmenschen die Trepanationen (Schädelöffnun- dene Kulturen und Erdteile hinweg – bei knapp 70 %. Vermut- ein, die man als Beginn der Medizintechnik bezeichnen kann. lich wollte man mit der Operation böse Dämonen vertreiben Diese Entwicklung ermöglichte erhebliche Fortschritte der gen) überlebten, die an vielen Schädeln sichtbar waren und für die oder guten Geistern Einlass in den Körper verschaffen. Medizin, und sie verbesserte die Gesundheit und das Wohl- man primitive Werkzeuge wie Faustkeile (1) verwendete. Für die Heilung von Krankheiten verließ man sich eher auf befinden der Menschen. nicht-technische Methoden wie Beschwörungen oder auch Im Gesetzeswerk »Codex Hammurapi« (4), das um 1800 Tätowierungen: Die gut erhaltene Haut von »Ötzi« weist v. Chr. in Ägypten entstand, werden schon Ärzte erwähnt, de- Markierungen z. B. am Rücken auf, die man als steinzeitliche nen ein reiches Repertoire an chirurgischen Instrumenten zur Schmerzbehandlung durch Tätowierung deutet. Verfügung stand. Das Thema Schmerzbehandlung dürfte auch damals schon eine Rolle gespielt haben. Aber da es keine schriftlichen Auf- zeichnungen gibt, wissen wir darüber nichts. Immerhin hat die Anästhesiologie eine lange Tradition. Schon für 1300 6000 v. Chr. 1300 v. Chr.
3 4 6 5 1 2 12 Im gesamten Altertum waren die »Starstecher« gefragt. Ihre Instru- Um 420 v. Chr. gab es offenbar in Ceylon (heute Sri Lanka) die te im vierten vorchristlichen Jahrhundert. Er legte größten 13 ersten Krankenhäuser. Dass die Rhinoplastik (4) – d. h. Opera- Wert auf Anamnese und Diagnose und empfahl auch die Be- mente (2) sieht man z. B. auf den steinernen Wandreliefs des Kom tionen zur Wiederherstellung der Nase – damals ein gefrag- rücksichtigung der psychischen Situation des Patienten: Ein Ombo-Tempels (3) in Oberägypten, wo sich eine ganze Wand mit Dar- tes Aufgabenfeld war, hatte einen einleuchtenden Grund: In (fast) ganzheitlicher Ansatz, der dem antiken Menschenbild Indien wurden Verbrechen dadurch geahndet, dass man dem entsprach. Und er befasste sich mit den ethischen Grundla- stellungen chirurgischer Instrumente findet. Einige Wissenschaftler Täter Nase, Ohren oder Lippen abschnitt. Schon zu dieser gen des Arztberufes. halten diesen Teil des Tempels für eine Art altägyptischer Arztpraxis. Zeit entwickelte man Techniken, mit den Methoden der – wie Doch auch nach der Blütezeit der Antike war die indische man heute sagen würde – plastischen Chirurgie eine Nasen- Heilkunst der europäischen zumindest in der Chirurgie noch Indische Ärzte beherrschen um 700 v. Chr. schon schwere Magen- und kontur zu formen. Dazu bildete man einen Schwenklappen voraus. Bruchoperationen, und sie haben genaue Kenntnisse der Anatomie aus der Stirn, der zunächst noch mit der Stirn verbunden blieb und erst später abgetrennt wurde: eine »sanftere« Methode und des Blutkreisl aufs. als die Transplantation von Haut aus anderen Körperzonen. Zur selben Zeit, um 400 v. Chr. entwickelte sich auch in Grie- chenland die Heilkunst. Hippokrates (6), der als Begründer der wissenschaftlichen Medizin gilt, lehrte, heilte und forsch- 700 v. Chr. 400 v. Chr.
2 4 1 3 14 In der Antike war man neugierig: Mediziner sezierten häufig Tiere Im »finsteren Mittelalter« konnte sich die Medizintechnik in Klerikern und Mönchen – das waren nahezu die einzigen Ge- 15 Europa nicht wesentlich weiterentwickeln. Erst die Renais- lehrten – die chirurgische Tätigkeit ausdrücklich untersagt: und sogar – wenn auch sehr selten – Menschen. Ein häufig angewen- sance entdeckte das Wissen der antiken Medizin wieder – auf »Brennen und Schneiden« war ihnen verboten. detes »Heilverfahren« war der Aderl ass (1) . Und, so zynisch es klingt, dem Umweg über den arabischen Sprachraum. Das Bild 4 zeigt, dass kriegerische Auseinandersetzungen Zum Beispiel hatte der persische Arzt und Philosoph Ibn Sina der Chirurgie ein breites Betätigungsfeld boten. Hans von Kriege und Gl adiatorenk ämpfe boten den Ärzten reichlich Praxisbei- Avicenna im 11. Jahrhundert den »Qanun al-Tibb« (»Kanon Gersdorff beschrieb 1517 in seinem »Feldbuch der Wundartz- spiele. Davon profitierten Medizin und Medizintechnik. Galen (Gale- der Medizin«; 3) niedergeschrieben. Avicenna lehrt z. B., dass ney« die verschiedenen Arten von Kriegsverletzungen, die man Krebserkrankungen möglichst frühzeitig behandeln und Behandlung von Stichwunden sowie das Durchführen von nos von Pergamon; 2) war als Sport- und Wundarzt der Gl adiatoren das kranke Gewebe vollständig entfernen soll. Er beschreibt Amputationen. Gersdorff selbst soll mehr als 200 Amputa- in Pergamon tätig und begründete die Allopathie. auch, ganz systematisch, 760 Medikamente mit ihren An- tionen durchgeführt haben, sein Buch war das Standardwerk wendungsfeldern und Wirkungen, und er gibt Verfahren zur für viele Generationen von Wundärzten. Prüfung neuer Medikamente an. 1224 wurde an der Universität Neapel, die unter der Herr- schaft Friedrichs II. stand, erstmals die Chirurgie als Lehrfach erwähnt. Allerdings hatte Papst Innozenz III. im Jahr 1211 den 200 n. Chr. 1220
2 3 4 1 5 6 16 Zur gleichen Zeit befasste sich Leonardo da Vinci intensiv mit der Berühmt sind die anatomischen Untersuchungen damaliger Bis dahin hatte es bei chirugischen Eingriffen nur ein Mittel 17 Ärzte u. a. durch das Bild »Die Anatomie des Dr. Tulp« (3), das gegen den Schmerz gegeben: die Geschwindigkeit. Ein Bein menschlichen Anatomie. Eine Zeichnung aus seinen anatomischen Stu- Rembrandt im Jahr 1632 malte. Es zeigt einen der bekanntes- wurde grundsätzlich in weniger als einer Minute amputiert. dien (1) ziert noch heute jede deutsche Krankenversichertenk arte. ten Ärzte des 17. Jahrhunderts, Nicolaes Tulp, bei einer öffent- Das führte nicht selten zum Tod durch Schock. Und wer die lichen Obduktion. Auch Tulp durfte nur öffentlich hingerich- Operation selbst überlebte, der starb häufig an Wundent- Auch andere Wissenschaftler untersuchten den Körper und erarbei- tete Verbrecher sezieren. Die sehr beliebten Veranstaltungen zündungen – bis Joseph Lister (6) 1870 die Antisepsis mit Car- teten eine chirurgische Systematik – zum Beispiel Andreas Vesalius mit waren für die Zuschauer kostenpflichtig. Mit den genaueren bolsäureester einführte. Kenntnissen der Anatomie legten die Mediziner der Renais- Durch diese beiden Fortschritte – Narkose und Antisepsis –, seinem Werk »De humani corporis fabricca« (2) . Er sezierte ab 1536 an sance z. B. die Grundlage für eine verbesserte Prothetik. Auch die zeitlich rasch aufeinanderfolgten, wurden die Heilungs-, der Universität Leuven und später, als Professor für Chirurgie, in die plastische Chirurgie machte im 16. Jh. Fortschritte. und Überlebenschancen von Verletzten deutlich erhöht. Lei- Ein Meilenstein der chirurgischen Medizintechnik war sicher- der mussten diese Errungenschaften nur wenige Jahrzehn- Padua die Leichname von Verbrechern. Ein Skelet t, das er präparierte, lich die Einführung der Narkose im Jahr 1846: W. T. Green te später, im Ersten Weltkrieg, intensiv eingesetzt werden: ist bis heute erhalten geblieben. Morton betäubte seine Patienten erstmals mit Äther (4), Nicht nur die Medizin und die Medizintechnik, auch die Tech- seit 1847 verwendete man Chloroform. Wenig später wurden nologien der Kriegführung und die Entwicklung von Waffen schon Narkosemasken und -apparate (5) eingesetzt. hatten Fortschritte gemacht. 1519 1846
3 9 2 1 4 5 6 7 8 18 Minimaler Eingriff, maximaler Erfolg Neue Verfahren Arbeitsgang operieren. Das spart Zeit und lässt auch den Pa- 19 Im Zentrum der Chirugie steht heute der Gedanke des mini- Letztlich dienen diese Instrumente immer dazu, Energie in tienten nicht lange über einen Befund im Ungewissen. mal-invasiven Eingriffs: Man möchte Heilungserfolge erzie- den Körper einzubringen. Dazu kann man auch andere Ver- len und dabei möglichst wenig in die gesunden Funktionen fahren verwenden – zum Beispiel die Wasserstrahl-Technolo- Aufgeweckte Patienten eingreifen. Hinter dieser Idee steckt nicht nur der alleinige gie. Sie wird bereits in der Gastroenterologie genutzt, um bei Die Fortschritte der Anästhesie (3) tragen maßgeblich zum Wunsch nach schneller und vollständiger Genesung des Pa- einer Dissektion die Schleimhaut nadellos und ohne Instru- Erfolg der Chirurgie bei. Manchmal aber ist die Narkose hin- tienten, sondern immer häufiger auch der Kostenaspekt: Die mentenwechsel abzutrennen. Auch für die Ultraschall-Thera- derlich – zum Beispiel bei Hirnoperationen (5 – 8). Hier setzt Verweildauer des Patienten spielt eine wichtige Rolle bei der pie sieht man neue Anwendungsmöglichkeiten. man neuerdings bewusst die Narkose aus, um den Patienten Beurteilung der Effizienz eines Krankenhauses. um die Ausführung bestimmter Bewegungen zu bitten oder Kombination von Diagnose und Therapie ihm einfach nur Fragen zu stellen. So kann man definierte Das Ziel: Keine Narben Ein weiterer aktueller Trend ist die Kombination von Diagnose Hirnareale testen und die Operation so planen, dass nur ein Die Lösung sind endoskopische Eingriffe. »No scar«-Operati- und Therapie. So kann man – um wiederum ein Beispiel aus Minimum an Funktionen beeinträchtigt wird. onen durch die Körperöffnungen sind heute an der Tagesord- der Gastroenterologie zu geben – eine Endoskop-gestützte nung. Und das Skalpell (2) wird z. B. durch chirurgische Laser- optische Biopsie (4) vornehmen (sofern man auf einen pa- oder Hochfrequenz-Instrumente ersetzt. thologischen Befund verzichten kann und will) und im selben Chirurgie heute
8 1 2 3 7 4 5 6 20 Immer kleiner, immer feiner: Das ist ein zentraler Trend in der Chirurgie. Wer ist die Schönste im ganzen Land? rationen am Rechner durchführen – auf der Basis des realen 21 Wem die eigene Nase zu krumm, der Bauch zu dick, die Brust Datenmaterials. So kann der Arzt sehr genau planen, wie er Minimal-invasive oder endoskopische Eingrif fe verlangen nach ex trem zu flach oder die Lippe zu dünn ist, dem kann die Chirurgie operiert. präzisen Instrumenten wie z. B. Laserskalpellen (2) und einem bildge- helfen. Die Schönheits-Chirurgie (5–7) boomt – und provo- ziert ethische Fragen nach dem, was die Medizin kann und Ein Datenpool für Operationen stützten Navigieren (1, 3) . Hier ist das Ende der Entwicklung noch lange darf. »Design yourself« ist offenbar modern. Der nächste Schritt ist noch nicht verwirklicht. Denkbar – nicht erreicht. In der nahen Zukunf t werden Diagnose und Therapie auf und ansatzweise schon Realität – ist eine strukturierte Da- »Gute Planung ist die halbe Arbeit« tensammlung von Operationen. Ein Beispiel: Wenn ein Arzt der Geräteebene noch stärker verbunden sein. Und schon jetzt kann man Jeder Mensch ist anders: Diese simple Weisheit verhindert vor der Aufgabe steht, die Gallenblase einer 70-jährigen, auf Nano-Ebene operieren. So lassen sich Chromosomen mit dem Laser- bislang in vielen Fällen einen Einsatz von industrialisierten 65 kg schweren Diabetikerin mit Herz-Kreislauf-Erkrankun- Verfahren in der Medizin- bzw. Operationstechnik. Der Ein- gen zu entfernen, dann lädt er sich (anonymisierte) Kranken- skalpell gezielt bearbeiten – nicht im Krankenhaus, aber im Forschungs- satz von modernsten bildgebenden Technologien (8) und akten von ähnlichen Fällen aus einer Datei und kann die Ope- labor (4) . leistungsfähiger Informationstechnik (IT) schafft die Vor- ration am Rechner genau planen. aussetzung dafür, dies zu ändern: Ähnlich wie man ein Auto- rennen am PC fahren kann, so lassen sich auch virtuelle Ope- Chirurgie heute
3 10 7 2 4 5 6 8 1 9 22 Auf der Suche nach Qualität individuell und variabel mit verschiedenen Instrumenten, Arzt an einer Bedienkonsole, der bildschirmgestützt die Ro- wie das Helmholtz-Institut für Angewandte Medizintechnik 23 Hinter diesen Projekten steht das Ziel, höhere Qualität und die ebenfalls intelligent sind, unterschiedlicher Software boterbewegungen ausführt. Dies geht sehr viel genauer als (AME) in Aachen arbeiten an neuartigen künstlichen Herzen bessere Reproduzierbarkeit in die Prozesse der operativen und diversen Zusatzfunktionen ausgestattet werden kön- auf dem konventionellen Operationsweg – ein gutes Verfah- (3) mit innovativen Antrieben, die weniger dem Verschleiß Medizin zu bringen. Immer genauere bildgebende Verfahren, nen. Für die nahe Zukunft stellt sich die Frage, wie weit die ren vor allem dann, wenn es auf Genauigkeit ankommt bzw. unterliegen und daher deutlich längere Standzeiten errei- verbesserte Kooperation unter den Herstellern von medizin- Automation fortschreiten soll. Technologisch machbar ist wenn umliegendes Gewebe geschädigt werden kann. chen. Künftig werden auch »hybride« Strukturen zum Einsatz technischen Geräten und die Möglichkeiten der Datenverar- sie ohne Zweifel. Unsere Kunden – die Krankenhäuser, Ärzte kommen – zum Beispiel Herzklappen mit angezüchtetem beitung schaffen dafür die Voraussetzung. So ist der Opera- und natürlich auch die Patienten – müssen entscheiden, in Kunststoff statt Gewebe Zellgewebe vom Patienten (1). teur besser informiert – vor und während der Operation. welcher Weise sie diesen Weg gehen wollen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind noch immer die Todesur- In anderen Bereichen der Medizin gibt es bereits dauerhaft Christian O. Erbe, geschäftsführender Gesellschafter der sache Nummer Eins und künstliche Herzklappen sind schon funktionsfähige biomechanische »Ersatzteile« – zum Beispiel Die Intelligenz der medizintechnischen Geräte in der Chi- Erbe Elektromedizin GmbH, Tübingen seit vielen Jahren Stand der (Medizin-)Technik. Nun arbeiten Cochlea-Implantate und künstliche Retinae. rurgie und anderen Disziplinen nimmt immer mehr zu. Die Forscher am künstlichen Herzen. Es funktioniert schon sehr Geräte werden immer komplizierter in ihren Funktionalitä- Der Roboter als Operateur zufriedenstellend. Seine Lebensdauer lässt allerdings noch zu ten. Sie aktivieren z. B. eigene Software, geben dem Bedie- Mehr als 400 Prostata-Operationen wurden bereits mit wünschen übrig, so dass es vor allem zur Überbrückung ein- ner Feedback und sind zudem immer flexibler. Deshalb fa- dem »Da Vinci«-Robotersystem (9) durchgeführt. Der Robo- gesetzt wirdww bis ein echtes »Spenderherz« für die Trans- vorisieren wir das Workstation-Prinzip, bei dem die Geräte ter operiert natürlich nicht selbsttätig. Neben ihm sitzt ein plantation zur Verfügung steht. Forschungseinrichtungen Chirurgie heute
10 : 13 : 47 Eastern Time 19 : 13 : 47 CET Patient Surgeon Ohio/USA Dresden /Germany 24 12. Mai 2025. Prof. Dr. Andreas Menzel, Spezialist für die Thoraxchirurgie, bereitet sich im St.-Friedrichs-Hospital in Dresden auf seine nächste Operation vor. Er verlässt den OP und betritt einen Raum, der an den Ü-Wagen einer Fernseh- übertragung erinnert. An der Wand befinden sich zahlreiche Bildschirme, auf einem Bedienpult sind Joysticks und Taster angeordnet, die von Assistenzärzten bedient werden. Dr. Menzel setzt einen Datenhelm auf, zieht Datenhandschuhe an und beginnt nach Rücksprache mit den Kollegen mit der virtuellen Operation an einem realen Patienten, der sich in einem OP in Ohio/USA befindet. Diese Art der Tele-Medizin war vor zehn Jahren noch weiter verbreitet. Es hat sich aber gezeigt, dass der Aufwand bei Standardoperationen zu groß ist. Bei komplizierteren Eingriffen wird die »virtuelle Operati- on« aber nach wie vor häufig eingesetzt. 2025
process screening Mode E n e rg y L eve l A 01 B 02 C 03 - 04 - 05 - 06 - 07 - 08 - 09 - 10 Target Area cover ------------------------- F ile: XC-10 05-54c b/1 - - - - - - - - - - - - loaded - - 26 »Es gab Zeiten, da operierte man ohne Narkose und mit dem Messer.« So beginnt Paula Mitkovic, Medizinprofessorin an der Universität München, ihre Einführungsvorlesung zur Geschichte der Chirurgie – und die Studenten staunen. »Die Narkose wurde erst 1867 eingeführt,« fährt Prof. Mitkovic fort, »und bis etwa 2050 war das Messer bzw. das Skalpell das wichtigste Instrument der Chirurgen. Dann wurde es durch andere Verfahren wie z. B. den Laser ersetzt. Erst seit etwa 50 Jahren kann man zumindest bei der Tumorbehand- lung fast gänzlich auf invasive Verfahren verzichten.« Statt dessen nutzt die Medizin nun – im Jahr 2133 – Strahlenthe- rapien auf zellulärer und molekularer Ebene. Und nicht nur Gewebeveränderungen, auch Stoffwechselfunktionen lassen sich auf diese Weise lokal beeinflussen. 2088
Biochemistry process control monitor D N A u n i t i d : A M/10 01110 0 0101/ k e 8 9 - 0 0 01/π St a t u s Mode P ro ce s s co n t ro l t o o l 1 A 2 B 3 C 4 - 5 - - - P rof i l e - 2C/C A - - St a t u s : o n 28 Den Anfang machte die Krebsforschung. Ihr gelang es zu- nächst, Gewebeveränderungen zu markieren. Dann folgte der Schritt von der Diagnose zur Therapie. Man entwickelte Phar- Report Re fe re n ce v a l u e s c re e n mazeutika, die die derart markierten Zellen erkennen und Mutation detected. zerstören. Ein echter Entwicklungssprung war die Nutzung Irregularities of CC and CF data in zone 446. Surrounding der Gentechnik für die Krebsbekämpfung: Veränderte Zellen tissue not affected. Repair of werden frühzeitig erkannt, entnommen und nach einer Ent- chromosomes in area XCV 552 in process. Reference values fernung des Gens, das die Mutation hervorruft, wieder ein- comparable to patient status. gesetzt. Inzwischen ist es auch möglich, bestimmte Gewebe Monitoring shows no irregularities. Expected z. B. des Herzens ohne operative Eingriffe sehr gezielt zu stär- termination of repair: ken bzw. zu erneuern. Und zurzeit arbeitet man am nächs- 11.31 p.m. ten Entwicklungssprung: Man hat die Stoffe entdeckt, die die Zellalterung bewirken. Die Unsterblichkeit rückt näher – mit allen Vorteilen und Problemen, die dies in der Praxis für den St a t u s : – Planeten Erde mit sich bringt. 2115
Orthopädie Orthopädie, von griechichisch: Falls jemand am Oberarm den oberen Schulterbereich durch 31 »orthos«, richtig, aufrecht und Entfernen der fleischigen Teile freilegt, (ihn) freilegt, wo sich »paideir«, erziehen. der Muskel erstreckt, und die Sehne freilegt, die sich an der Achselhöhle und dem Schlüsselbein zur Brust hinzieht, so dürfte deutlich sichtbar werden, dass der Oberarmkopf stark nach vorn hervorragt, obwohl er nicht ausgerenkt ist. Galenos von Pergamon, griechischer Arzt und Anatom, 129 – 216 n. Chr., im Kommentar zu Hippokrates »Über die Gelenke«
1 Halswirbel Brustwirbel 3 Lendenwirbel 6 4 2 5 Kreuzbein Steißbein 32 Eine Geschichte der Orthopädie k ann streng genommen erst 1741 be- Und diese Erkrankungen gab es in reicher Anzahl. Denn sehr brachial – um. Um 460 v. Chr. beschrieb Hippokrates 33 wenn die Menschen sich von körperlicher Arbeit statt von von Kos (3) die erfolgreiche Behandung einer Schulterluxati- ginnen, denn in jenem Jahr wurde der Begriff erstmals verwendet. Schreibtischtätigkeit ernähren, gibt es vielleicht weniger Rü- on das heisst, das Einrenken des Schultergelenks (4) mit Hilfe Aber natürlich gab es auch vorher schon Therapien und Untersu- ckenschmerzen und Muskelverspannungen, dafür aber umso einer Leiter (1) . mehr Verletzungen wie Luxationen und Brüche. Die römischen Gladiatoren boten reichlich Anschauungs- chungen zu den Erkrankungen und Verletzungen des Halte- und Be- Viele Erkenntnisse der Chirurgie und Orthopädie wurden material für Ärzte, die sich mit dem Bewegungsapparat be- wegungsapparates. von den Wund- und Feldärzten in Kriegen gewonnen. So ge- fassten. Heute würde man von Sportverletzungen sprechen. ben Homers Beschreibungen des Trojanischen Krieges in der Galen, der von 129 bis 216 n. Chr lebte, sammelte als Arzt der Odyssee Aufschluss über die Behandlungsmethoden der alt- Gladiatoren reiche Erfahrungen auf diesem Gebiet und gilt griechischen Orthopädie. daher als Vater der Sportmedizin, der umfassende Untersu- Diese Methoden waren allerdings recht eingeschränkt. Häu- chungen des Skelettes und der Muskeln veröffentlichte. Da- fig verordnete man Luftkuren und Bäder, und angeborene bei stützte er sich auch auf die Ergebnisse von Sektionen, die Schäden des Bewegungsapparates hielt man gar für unheil- er an Schweinen, Affen und Hunden durchführte. bar. Mit einfacheren Muskel- und Knochenverletzungen ging man hingegen ganz pragmatisch – und aus heutiger Sicht 460 v. Chr.
2 9 4 5 6 7 8 1 10 3 34 Um 25 v. Chr. beschrieb Aulus Cornelius Celsus verschiedene eine ruhige Hand. Denn viele Ärzte waren zugleich als Bar- Knopfdruck konnte man alle Finger strecken oder schließen. Begriff geboren, es eröffneten sich auch ganz neue Betäti- 35 Formen der Luxation. Und dann kam das »Finstere Mittelal- bier tätig – oder, umgekehrt, ein umherziehender Bader oder Lorenz Heister (5) beendete Anfang des 18. Jahrhunderts gungsfelder für die Orthopädie. ter«, in dem die Medizin(technik) zumindest in Europa keine Barbier kurierte auch Brüche, zog Zähne und entfernte Bla- die strikte Arbeitsteilung zwischen akademischem Arzt und Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts begann die Institutiona- Fortschritte machte. sensteine. handwerklich geprägtem Wundarzt. Obwohl Professor der lisierung der Orthopädie. 1780 eröffnet der Arzt Louis-Jean Ein Zeitgenosse Luthers, Hans von Gersdorff, beschrieb in Der Franzose Ambroise Paré (1) beispielsweise wurde im 16. Chirurgie, beschrieb er in einem Lehrbuch gängige Opera- Samuel Venel in der Schweiz die weltweit erste orthopädi- seinem »Feldbuch der Wundartzney« unter anderem ver- Jahrhundert zunächst Lehrling eines Barbiers und Chirurgen, tionsmethoden und die dafür notwendigen »neu erfundenen sche Heilanstalt. Und 1816 gründete Johann Georg Heine schiedene Arten von Hieb- und Stichwunden: Es war eine bevor er als Armeechirurg (2) arbeitete. Er beschrieb 1564 und dienlichen Instrumente« (6–9). das »Carolinen-Institut« in Würzburg, das Patienten aus ganz kriegerische Zeit. Wenig später, 1543, stellte der Arzt Andreas Therapiemethoden, die für damalige Verhältnisse sehr mo- 1741 prägte – wie eingangs erwähnt – der Pariser Kinderarzt Europa anzog. Ursprünglich hatte Heine »nur« orthopädische Vesalius (4) in seinem Werk »De humani corporis fabricca«, dern waren, und entwickelte verschiedene medizintechni- Nicolas Andry den Begriff »Orthopädie«. Aber nicht nur das: Apparate angefertigt. Aber nach den napoleonischen Krie- eine chirurgische Systematik auf, in der er u. a. Ligaturen, Am- sche Instrumente sowie Prothesen aus Stahl (3), die zumeist Er empfahl, Verkrümmungen der Wirbelsäule und der Beine gen war der Bedarf an medizinischer Hilfe groß, und er führ- putationen, das Phänomen des Phantomschmerzes und den aus kosmetischen Gründen zum Einsatz kamen. durch Schienen zu korrigieren. Das war eine Revolution, denn te auch selbstständig Behandlungen durch. Für die Heilung »Stand der Technik« in der Prothetik beschrieb. Berühmt wurde die »Eiserne Hand« des Ritters Götz von Ber- bis dahin galten Verkrüppelungen als gottgegeben und nicht komplizierter Knochenbrüche verwendete er zunächst das Zu jener Zeit war die Orthopädie eher ein Handwerk als eine lichingen, die er anfertigen ließ, nachdem ihm 1504 eine Artil- beeinflussbar. Andry hingegen hatte festgestellt, dass das damals übliche »Streckbett« und anschließend so genannte Wissenschaft, denn die eigentlichen Ärzte konzentrierten leriekugel die rechte Hand abschoss. Die voll bewegliche Pro- natürliche Wachstum der Knochen die Fehlstellungen (10) »Tragmaschinen«, die den Patienten beim Gehen unterstüt- sich auf die Diagnose. Hilfreich war bei diesen Tätigkeiten these bestand angeblich aus mehr als 200 Einzelteilen. Per beeinflusst, wenn man sie korrigiert. Damit war nicht nur ein zen – ein früher Vorläufer des »Rollator«. 1550 1750
6 1 2 3 7 8 5 4 36 Nun war es offenbar auch Zeit für die allmähliche wissenschaftliche Bernhard Heine (3) erfindet und entwickelt orthopädische Entdeckung war auch ganz praktischer Natur: Am 22.12.1895 37 Bandagen und Werkzeuge, darunter das »Osteotom« (4) – machte Röntgen das erste »Röntgenbild«. Als Motiv wählte er Würdigung der Orthopädie. 1824 wird Johann Georg Heine (1) zwar eine Art Kettensäge – zur schonenden Durchführung von die Hand seiner Frau, die das Foto zwei Tage später als Weih- noch nicht zum Orthopädieprofessor, aber doch immerhin zum »De- Knochenoperationen. nachtsgeschenk bekam. 1901 erhielt Röntgen den Nobelpreis Viele Chirurgen entwickelten neue Hilfsmittel und Gerä- für seine Entdeckung. monstrator der orthopädischen Maschinenlehre« ernannt. Damit te – zum Beispiel Rollstühle (2). Von Emil Theodor Kocher (7) Auch auf der kurativen und operativen Ebene machte die Or- erkennt man zugleich die medizinische Bedeutung der Orthopädie an stammt die Kocher-Klemme, die noch heute verwendet wird. thopädie um die Jahrhundertwende Fortschritte. 1900 nutz- 1909 erhielt er den Nobelpreis (6) für Medizin. te Sir William Arbuthnot Lane erstmals interne Fixierungen und grenzt sie von der Schönheitskorrektur ab. Fortschritte ergeben sich auch durch neue Methoden der aus Silberdraht und Nägeln zur Heilung von Brüchen – eine 1838 wird in Deutschl and – genauer gesagt in Würzburg – der erste Narkose und der Operationshygiene. So führt W. T. Green Methodik, die in den kommenden Jahrzehnten noch deutlich Morton 1846 die Äthernarkose ein und 1870 Joseph Lister die verfeinert werden sollte. Auch die Anfänge des Bodybuild- Lehrstuhl für Orthopädie und Operationslehre eingerichtet, den Antisepsis mit Carbolsäureester. ings datieren aus dieser Zeit: Der schwedische Arzt Gustav Bernhard Heine (3; ein Neffe von Johann Georg Heine) als erster inne- Ab 1895 wurde die Diagnose in der Orthopädie bedeutend Jonas Zander entwickelt um 1900 die ersten Maschinen für einfacher. Denn Carl Wilhelm Röntgen entdeckte die »X- physiotherapeutische Widerstandsübungen (8). hat. Strahlen«, die später Röntgenstrahlen genannt wurden. Diese 1830
2 4 1 3 5 8 9 6 7 11 10 12 38 Kennen Sie die »Bone & Joint Decade«? Die Weltgesundheits- wachsenden Aufgabenfeld steht: Mit zunehmendem Alter Bio-Engineering: Züchten statt operieren das die Qualität von Operationen verbessern kann. Hier spielt 39 organisation hat die Jahre 2000 bis 2010 zum Jahrzehnt der steigen die Anfälligkeit und der Verschleiß des Bewegungs- Als Alternative kann man heute auch dem Patienten eigene wieder die Informationstechnologie (IT) eine wichtige Rolle – Knochen und Gelenke ausgerufen, um über die zunehmen- apparates. Der Bedarf an künstlichen Hüftgelenken (1–4) und Bandscheibenzellen im Labor »nachzüchten« und wieder in- sie ist ein wesentlicher Treiber auch für den Fortschritt in der den Erkrankungen und Verletzungen der Halte- und Bewe- künstlichen Kniegelenken (5, 6) dürfte also wachsen. jizieren. So repariert sich das Gewebe quasi selbst: ein Trend, Orthopädie. gungsorgane zu informieren. der in vielen Bereichen der Medizin erkennbar ist. Auch Knor- Laser und Wasserstrahl statt Skalpell pelersatzmaterial z. B. für Kniegelenke wird schon aus eige- Biomechanik: Auf dem Weg zum »Cyborg« Kampf den »Volkskrankheiten« Bei der Behandlung von Erkrankungen des Knochengerüstes nem Körpermaterial nachgezüchtet. Ein anderer Weg ist der Ersatz von natürlichen Funktionen, Damit reagiert die WHO auf den Trend, dass gerade im Auf- gibt es neue Ansätze wie z. B. die Kryotherapie (8–10), die mit Organen und Gliedmaßen durch immer intelligentere me- gabenfeld der Orthopädie echte »Volkskrankheiten« wie z. B. Kälte »operiert«. Generell gilt, wie auch für die Chirurgie, dass Qualitätssicherung im OP chanische Hilfsmittel. Das künstliche Hüftgelenk ist nur ein Rückenschmerzen zu behandeln sind – zumindest in den Skalpell und Schere durch alternative, weniger aufwändige Ein auch über die Orthopädie hinaus interessantes Projekt Vorbote dieser Entwicklung. Dass der Mensch zum »kyberne- Industrieländern. Der Trend von der Industrie- zur Dienst- Verfahren wie z. B. den Laser ersetzt werden. So kann man ist die »Orthomed«-Datenbank für Hüftoperationen. Als ein tischen Organismus« (Cyborg) wird, ist keine Vision der Sci- leistungsgesellschaft wird diesen Trend nicht abfedern: inzwischen durch eine Mikrolaserbehandlung Bandscheiben- erster Schritt zum »Üben« bzw. zum besseren Planen von ence Fiction-Literatur, sondern Bestandteil der medizinischen Dauerhaftes Sitzen ist aus orthopädischer Sicht nicht viel ge- vorfälle minimal-invasiv operieren. Man führt nur noch eine Operationen liefert die Datenbank verallgemeinerbare Infor- Forschung. Neue Generationen von Prothesen sollen mit den sünder als das Tragen von Lasten. Auch die demographische Faser in den Körper ein, über die der Laser zur betroffenen mationen und gibt Hilfestellungen für die individuelle OP: Nervenzellen verbunden werden und somit in der Lage sein, Entwicklung lässt erwarten, dass die Orthopädie vor einem Stelle gelangt und dort z. B. Mikrorisse »verschweißt« (11–13). Ein Thema, an dem die gesamte Branche interessiert ist und auf den »Wunsch« des Patienten zu reagieren. Orthopädie heute
5 9 1 6 10 3 7 11 2 4 8 12 13 14 40 Erste Praxisversuche der Verbindung von Prothesen mit dem Prothetik: Größere Freiheitsgrade OP-Roboter, die Hüftgelenke einpassen, haben sich nicht be- führen. Die Kraft des Roboters wird sukzessive zurückgenom- 41 Nervensystem sind vielversprechend: Wenn sich der Pati- Auch unabhängig von der Ansteuerung durchs Gehirn er- währt. Das heißt aber nicht, dass die Robotik »out« ist. Viel- men, wenn der Patient den Arm selbsttätig bewegen kann. ent z. B. darauf konzentriert, am PC einen Kreis zu zeichnen, lauben moderne Prothesen allein aufgrund ihrer mechani- mehr ist Zusammenarbeit von Arzt und Maschine gefragt. Basis dieser neuen Reha-Methode ist ein Leichtbauroboter, zeichnet ein Sensor im Gehirn die Gehirnströme auf, und am schen Konstruktion und der Verwendung von High-Tech- So kann der Operateur z. B. mit dem Joystick einen Roboter der nur 16 kg wiegt und den man somit zuhause einsetzen Bildschirm entsteht tatsächlich ein Kreis. Werkstoffen immer größere Freiheitsgrade. Der Fall des steuern, der hochpräzise und ohne Zittern schneidet oder kann. Das funktioniert im Prototypenstadium auch bereits bei »Paralympics«-Sportlers mit zwei federnden Beinprothesen, vernäht. Andere Entwicklungen sind weiter verfolgt worden, In eine ähnliche Richtung geht ein zweites Projekt des Armprothesen, die die Steuersignale an Brust und Schulter der die 100 Meter schneller absolviert als der Olympiasieger, und die Operationstechniken werden immer genauer. Man Helmholtz-Instituts für Angewandte Medizintechnik in des Patienten »lesen« können. Der Patient aktiviert z. B. ei- ist hier eine Zäsur: Die Verbindung von Organismus und Ma- kann inzwischen sehr präzise navigieren, um Prothesen in Aachen: Künftig wird der Patient des Orthopäden z. B. ein nen bestimmten Brustmuskel, und die Prothese greift zu schine hat den Menschen, im wahrsten Sinne des Wortes, Knie und Hüfte zu implantieren. Der »Orthopilot« (2, 5) über- Deuser-Band mit integrierter Sensorik nach Hause nehmen (7). Zwei bis drei Jahre sollen noch vergehen bis solche ge- überholt. Und diese Entwicklung ist noch nicht am Endpunkt nimmt hier (fast) die Funktion des Autopiloten im Flugzeug. und Übungen machen, die der PC vorgibt. Der PC dokumen- dankengesteuerten Prothesen Serienreife erlangen. Die Ver- angekommen. tiert die Übungen, und der Arzt kann feststellen, ob und wie suchspatienten sind dankbar: Sie konnten erstmals selbsttä- Zukunftsmarkt: Der Reha-Roboter der Patient Fortschritte gemacht hat. tig aus einem Glas trinken oder einen Teller aus einem Regal Robotik: Ohne Arzt geht es nicht Ohne Zweifel sinnvoll ist auch der Einsatz von Robotik bei entnehmen – dank sieben Freiheitsgraden sogar mit fließen- Ein Trend, der bereits zur Vergangenheit gehört, ist die Ro- Reha-Maßnahmen (3, 8). Bei Schlaganfall-Patienten kann der den Bewegungen. botik als Ersatz für den Operateur. Die viel beschriebenen Roboter den Arm des Patienten in vorgegebener Bewegung Orthopädie heute
qertiopasdfghjklcbnm ER:S/C module extremity_ rehab: suit/control version: ER:S/C.01.1 • A R RAY panel m ode • //X > 07/Y > 03/1 > 0 9 • ID moving sequence structu re verify id index X 01 0 2 03 0 4 05 0 6 07 0 8 0 9 1 0 code: //0111A BX9 … Y 01 0 2 03 0 4 05 0 6 07 0 8 0 9 1 0 1 01 0 2 03 0 4 05 0 6 07 0 8 0 9 1 0 t = 1 0 2:23:4 6 … starting moving sequence >>>>>>>>>>>>>>>>>> 42 Heute hat Vincent Rapp ernsthaft Pech. Schon morgens beim also gibt es bei Ihnen praktisch keinen Muskelaufbau.« »Und moving sequence //Ab 1 _ 8.1/ Zähneputzen ermahnt ihn eine freundliche Stimme, die aus was bedeutet das?« »Das bedeutet zunächst mal, dass die seinem (von der Krankenversicherung im Badezimmer ins- Versicherung Sie vermutlich aus dem Disease Management- tallierten) »Personal Health Companion« stammt, dass sei- Programm ausschließt und Ihre Beiträge empfindlich erhöht.« ne Versicherungsbeiträge um 8 % steigern werden, wenn er »Gibt es keine Chance, weiterzumachen?« nicht regelmäßiger und ausdauernder Zahnpflege betreibt. Der Arzt überlegt. »Reden Sie mal mit Ihrer Versicherung. Der Orthopäde, bei dem er anschließend wegen der Nach- Wenn Sie das `All Care´-Paket abschließen, drückt man viel- behandlung seines Bandscheibenvorfalls einen Termin hat, leicht noch ein Auge zu.« Vincent Rapp ist empört: »Das gibt sich schon keine Mühe mehr, freundlich zu bleiben. würde mich exakt die Hälfte meines Gehaltes kosten – nur »Herr Rapp, Sie haben pro Tag weniger als 20 Minuten geübt für die Krankenversicherung.« Der Arzt nickt: »Ja, sicher. Die und gestern gar nicht.«. Vincent Rapp ist verblüfft. »Woher hohen Kosten machen vielen meiner Patienten zu schaffen. wollen Sie das wissen?« »Der Funk-Transmitter Ihres Reha- Aber heute bietet die Medizin auch einfach mehr Möglichkei- Anzugs sendet mir und Ihrer Versicherung die Daten mit den ten und umsonst, so sagte man früher, ist der Tod!« Übungszeiten und den Bewegungsabläufen. Die pneumati- schen Muskeln des Anzugs arbeiten noch mit voller Leistung, 2020 moving sequence //X 1 0 _ 8.2/
:structure regeneration _ matrix _ 01 _ 02 _ 05 1:1 0 1:1 0 1:1 0 _ 03.1 10 5 0 5 10 10 5 0 5 10 10 5 0 5 10 1:2 0 ... X _10 0Xd ... X _10 0Xd ... X _10 0Xd _ 03 _ 04 1:1 0 1:1 0 44 Im Jahr 2052 werden – so die Prognosen von 2009 – Verkehrs- arbeitet – ein Verfahren, das heute schon in der Industrie als 45 unfälle die dritthäufigste Todesursache sein: eine negative »Rapid Prototyping« bekannt ist. Erste Ansätze, dieses Ver- 10 5 0 5 10 10 5 0 5 10 Folge der zunehmenden Motorisierung in den so genannten fahren für das Wachstum von Körpergewebe nutzbar zu ma- Schwellenländern wie China und Indien. In diesem Zusam- chen, gibt es bereits. menhang ist es gut zu wissen, dass die Prothetik in den kom- menden Jahren große Fortschritte machen wird. Das gilt vor ... X _10 0Xd ... X _10 0Xd allem für die Einbindung der Prothesen in den Körper und ins Nervensystem. In nicht allzuferner Zukunft wird man // Prothesen direkt an die Nervenbahnen anbinden, so dass die 3 _d _ regeneration Befehle des Gehirns tatsächlich im künstlichen Fuß oder Arm ankommen. Und bei komplizierten Knochenverletzungen und –erkrankungen nutzt man ebenfalls neue Methoden: Wissenschaftlern ist es gelungen, Knochen und Knochen- segmente aus körpereigenem Material zu erzeugen. Dazu verwendet man ein einfaches Gerät, das wie ein 3D-Drucker 2052
Diagnostik Diagnose: griechisch, jeweils heu- Ich bin der Doctor der Artzney / tige Aussprache diágnosi, wörtlich An dem Harn kann ich sehen frey / »die Durchforschung« im Sinne von Was kranckheit ein Menschn thut beladn / »Unterscheidung«, »Entscheidung«; Dem kan ich helffen mit Gotts gnadn / aus -, dia-, »durch-« und , gnósi, »die Durch ein Syrup oder Recept / Erkenntnis«, »das Urteil« Das seiner kranckheit widerstrebt / Daß der Mensch wider werd gesund / Arabo die Artzney erfund. Hans Sachs, Das Ständebuch, 1568
5 4 2 7 3 1 6 48 Die Lehre von den vier Körpersäften (Humoralpathologie) war damals Beim Choleriker zum Beispiel ist die gelbe Galle zu stark ver- gung und Beobachtung des Patienten gehört, ist auch heute 49 treten, beim Phlegmatiker der Schleim. Und weil zu viel Blut noch Teil jeder Krankenakte. Das war der Anfang der neuzeit- weit verbreitet und wurde auch in Bezug zur Astrologie gesetzt (4) . nach dieser Theorie in vielen Fällen die Krankheitsursache ist, lichen Diagnosemethoden. Heute wird sie bestenfalls als Kuriosum der Medizingeschichte be- wendet man Aderlässe an oder setzte Schröpfköpfe – und Das heißt allerdings nicht, dass die Viersäftelehre »out« war. befördert häufig, aus heutiger Sicht, einen ohnehin schon Galen (1) hat zwar viele moderne Diagnoseverfahren begrün- trachtet. Die Lehre besagt: Nur wenn die vier Körpersäfte Blut, geschwächten Patienten endgültig zum Tode. det – unter anderem empfahl er die genaue Untersuchung Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle im Gleichgewicht zueinan- Was die griechische Ärzteschule von Kos – deren bekann- von Puls und Urin –, aber auch er hielt die Humoralpatholo- tester Vertreter Hippokrates von Kos ist (3) – zwischen 500 gie für grundlegend. Noch Albrecht Dürer hat im 16. Jh. diese der stehen, ist der Mensch gesund. Aus dem Ungleichgewicht hinge- und 400 v. Chr. lehrte, war damals ein immenser Fortschritt. Theorie illustriert (2). Und der umfassende, jahrhundertelan- gen resultieren körperliche und seelische Krankheiten. Denn bis dahin glaubte man, dass übernatürliche Kräfte die ge Gebrauch z. B. von Brenneisen (6) und Schröpfköpfen (5, Ursache für Krankheiten seien. 7) hat seinen Ursprung darin, dass man einen Ausgleich der Hippokrates und seine medizinischen Kollegen holten also Körpersäfte zu erzielen suchte und den Körper gezielt reizen die Medizin auf die Erde – und zum Patienten. Und sie wa- wollte. ren die ersten, die genaue Ursachenforschung betrieben: Die »Anamnese«, zu der nach Hippokrates die sorgfältige Befra- 129 n. Chr.
4 5 6 8 1 7 3 9 2 50 Der Empfehlung von Galen, den Urin der Patienten zu untersuchen, Im Mittelalter wurden Ärzte oft beim Betrachten eines Harn- 1668 bis 1738) bezeichnete den Arzt als »Diener der Natur« 51 glases dargestellt. Das zeigt, dass das »Urinlesen« – die Uro- und trieb an der Universität Leiden den Ausbau der klinischen folgte im Mit tel alter die »Schule von Salerno«, die zum Kloster von skopie – als Diagnosemethode hoch im Kurs stand (3). Dabei Medizin voran. Monte Cassino gehörte. Sie k ann als eine der erste medizinischen prüfte man, so hatte Galen es gelehrt, Dichte, Farbe, Geruch, Eine wichtige Rolle kommt hier einem Schüler Boerhaeves (7), Geschmack und Sediment (2). Die Ergebnisse wurden häufig dem österreichischen Hofmediziner Gerard van Swieten (8; Hochschulen bezeichnet werden und bemühte sich darum, die Er- in einer »Harnkarte« (4) festgehalten, die auch die körperli- 1700 bis 1772) zu. Als Leibarzt der österreichischen Kaiserin kenntnisse der griechischen Heilkunde nutzbar zu machen. Die Ärzte che Verfassung und das Temperament des Patienten (natür- Maria Theresia (9) kämpfte er gegen den Aberglauben und lich auf der Basis der Viersäftelehre) berücksichtigte. suchte nach rationalen Ursachen nicht nur für Krankheiten, der Schule – unter ihnen auch arabische Gelehrte – führten u. a. ana- Im 16. Jahrhundert beließ man es jedoch nicht mehr beim sondern auch für so genannte »übernatürliche« Phänomene tomische Studien an Schweinen durch. Harnlesen. Johannes Baptista Montanus (5; 1498 bis 1551), wie den damals weit verbreiteten Vampirglauben. der in Ferrara und Padua lehrte und auch als der »zweite Die Welt wurde also rationaler, und bei der Diagnose von Galen« bezeichnet wird, griff auf die Autopsie und damit zu Krankheiten wandte man zunehmend Methoden an, die wissenschaftlichen, praxisorientierten Methoden zurück. Ge- auch aus heutiger Sicht als wissenschaftlich gelten können. nerell nutzten die Mediziner der Renaissance verstärkt die Er- Ein wesentlicher Grund hier für ist, dass die Mediziner zuneh- kenntnisse der Naturwissenschaften. Herman Boerhaave (7; mend Hochschulbildung besaßen. 1550 1700
1 3 4 6 8 5 7 2 52 Athanasius Kircher (1; 1602 bis 1680) nutzte ein vergleichs- Marcello Malpighi 1661 erstmals die roten Blutkörperchen – im Dunkeln. Einen wesentlichen Fortschritt erzielte hier der Strahlen« nannte und die heute noch auf Englisch »X-Ray« 53 weise einfaches Mikroskop zur Erforschung von Krankheits- natürlich ohne ihre Funktion zu erkennen. preußische Landarzt Robert Koch. Ihm gelang es, die Erreger heißt. Der praktische Nutzen: Mit diesen Strahlen ließen sich ursachen. So untersuchte er 1665 während einer Pestepide- Eines der grundlegenden Instrumente der medizinischen der Tierseuche Milzbrand nicht nur unter dem Mikroskop (5) menschliche Körper durchleuchten und Knochen sichtbar mie den Eiter aus Pestbeulen und fand dort Lebewesen, die Diagnose – das Stethoskop (3) – wurde um 1820 von René zu identifizieren (das hatten schon andere Mediziner vor ihm machen. Damit wurde zum ersten Mal ein Blick ins Innere des er für »kleine Würmer« hielt. Wahrscheinlich handelte es sich Laennec (4) erfunden. Nicephore Niepce (6) schuf mit der getan), sondern sie durch Farbstoffe im Blut sichtbarer zu Menschen möglich. Röntgen verzichtete übrigens auf eine jedoch um rote oder weiße Blutkörperchen. Letztlich war sei- Fotografie auch die Grundlage für heutige bildgebende Ver- machen und zu fotografieren. Damit waren die bildgebenden Patentierung der X-Strahlen, weil seine Erfindung sofort und ne Theorie zwar falsch, aber der Weg war richtig. Er bemühte fahren, Wilhelm Herschel (7) entdeckte nicht nur den Uranus, Verfahren in der medizinischen Forschung und Diagnostik überall für die medizinische Diagnostik genutzt werden soll- sich um eine wissenschaftliche Diagnose und ging davon aus, sondern auch die Infrarotstrahlung. etabliert. 1882 entdeckte und dokumentierte Koch auf diese te. dass es sich um einen lebendigen Erreger handeln musste. Damals glaubte man, dass schädliche Dünste (Miasmen) viele Weise die Tuberkelbazillen, 1883 die Erreger der Cholera. Die Methodik der Mikroskopie wurde schnell verfeinert, u. a. Krankheiten verursachten. Das war insofern naheliegend, als Ende des 19. Jahrhunderts gab es eine einschneidende Ver- durch die Arbeit von Hans Lipperhey (2). Die Geräte von An- es in vielen Städten mangels Kanalisation in der Tat nicht gut besserung in der bildgebenden Diagnostik. Der Startpunkt toni van Leeuwenhoek zum Beispiel (1632 bis 1732) erlaub- roch, und viele Erreger in diesem Mikroklima gut gediehen. lässt sich exakt datieren. Es geschah am 8.11.1895, einem ten bis zu 270-fache Vergrößerung. In dieser Zeit entdeckte Noch immer wusste man nicht, wie Infektionskrankheiten Freitagnachmittag, »als sich keine dienstbaren Geister mehr man unter anderem Blutkörperchen und Bakterien. Nachdem entstehen und sich verbreiten. Daher tappte man auch bei im Hause fanden«. Da entdeckte der Physiker Wilhelm Con- William Harvey 1658 den Blutkreislauf beschrieben hatte, sah der Diagnose und erst recht bei der Behandlung weitgehend rad Röntgen (8) eine neuartige Art der Strahlung, die er »X- 1800
Natrium 135–145 mmol/l 8 Kalium 3,6–5,0 mmol/l Calcium 2,2–2,6 mmol/l Chlorid 95–110 mmol/l Magnesium 0,7–1,0 mmol/l Glucose 3,33–5,55 mmol/l Harnstoff-N 20–45 mg/dl 5 Kreatinin 0,8–1,2 3 0,9–1,4 mg/dl Kreatinin- © Fraunhofer IMS, Duisburg Clearance >85 >95 ml/min Harnsäure 2,0–6,8 mg/dl Gesamteiweiß 6,0–8,0 g/dl Triglyceride 60–180 mg/dl Cholesterin 140–200 mg/dl 1 Eisen 2 60–160 80–180 μg/dl 6 7 9 Ferritin 35–217 23–110 35–217 μg/l Myoglobin ca < 70 19–56 21–98 ng/ml Troponin 0,01–0,08 ng/ml Bilirubin gesamt < 1,2 mg/dl Fructosamin 2,0–2,8 mmol/dl Bilirubin direkt 42 35 mg/dl mg/dl Der Schlüssel zur effektiveren Therapie Im Fokus: Die bildgebenden Verfahren (8) 55 Mit immer genaueren Methoden lassen sich z. B. Gewebever- Auch wenn diese Zahlen vielleicht zu hoch gegriffen sind: desto schneller die Heilung: Das ist, verkürzt Ammoniak ausgedrück t, die 20–65Erklärung 28–80 μg/dl Lactat 85 >95 ml/min Harnsäure 2,0–6,8 mg/dl Gesamteiweiß 6,0–8,0 g/dl Triglyceride 60–180 mg/dl
2 3 4 6 7 1 5 8 56 Eine deutliche Verbesserung ergibt sich zum Beispiel durch zum Einsatz. Ein Beispiel ist die »C-Bogen«-Technologie. Hier mographie (CT) ist seit einigen Jahren Standard. Beim Ein- Kontrastmittel (3). Zum Beispiel arbeitet man aktuell daran, 57 die »Dual Source«-Technology der Computertomographie. kann man während der Operation CT-Bilder generieren. Ein setzen von Herzklappen bringt die gleichzeitige Nutzung von Krebszellen durch radioaktives Markieren zu erkennen. Dabei Durch den Einsatz von zwei Röntgenquellen mit verschie- C-förmiger Roboterarm »umfährt« dabei den auf dem OP- Kardiographie, Angiographie und Magnetresonanztomogra- macht man sich zunutze, dass die Stoffwechselaktivität im denen Energien kann man z. B. Gefäßstrukturen hinter der Tisch liegenden Patienten (4, 5, 8). Hier zählt auch die Robotik phie (MRT) Vorteile. Ganz neu ist die Kombination von MRT Bereich von Tumoren höher ist als in gesundem Gewebe. Schädelkalotte räumlich darstellen und erkennen (2). Ein zu den Innovationstreibern im OP. und PET. Mit dem 58 Tonnen schweren »Kombi-Tomogra- weiterer Vorteil ist die bessere Zeitauflösung, die z. B. schar- phen« kann man z. B. den Stoffwechsel im Gehirn analysieren Eine weitere Möglichkeit der Frühdiagnose ergibt sich aus fe Darstellungen der Herzkranzgefäße bei unterschiedlicher Im Trend: Kombinationsverfahren und neurologische Krankheiten wie Epilepsie oder Multiple der Kombination von bildgebenden Verfahren wie PET mit Herzfrequenz erlauben. Vorteile ergeben sich auch durch den Wenn während der Operation CT-Bilder aufgenommen wer- Sklerose erforschen. Bio-Markern. Und die Erkennung von Krebszellen auf Moleku- Einsatz minimal-invasiver Diagnosetechniken (6, 7). den, kann sich der Operateur besser orientieren und mit ak- larebene mit dem Fluoreszenzverfahren befindet sich gerade tuellen Bildaten arbeiten. Künftig wird man auch überlagerte Diagnose auf Zell- und Molekülebene in der Industrialisierungsphase: Man gibt dem Patienten eine Bildgebung noch während der OP Kamera- und CT-Bilder darstellen können. Dann ist die Basis, Die höhere Genauigkeit der bildgebenden Verfahren führt Substanz, die an die Krebszellen in der Harnblase andockt Diese Möglichkeiten nutzt man auch für eine optimierte OP- auf der der Operateur arbeitet, nochmals fundierter. dazu, dass man Frühdiagnosen auf zellulärer und sogar mo- und kann über ein Endoskop mit blauem Laser die Fluores- Planung. Denn mit Hilfe der bildgebenden Verfahren kann Weitere Verbesserungen ergeben sich aus der kombinierten lekularer Ebene fällen kann. Dabei kommen auch nukleare zenz der Stoffe anregen. Dieses Verfahren wird zurzeit auch sich der Operateur im Vorfeld besser vorbereiten. Auch im Nutzung von zwei Verfahren. Die gemeinsame Nutzung von oder biologische »Marker« zum Einsatz, die wesentlich dif- für Lungentumore erprobt. Somit befindet sich die Diagnos- OP selbst kommen verstärkt hochmoderne Diagnosegeräte Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Computerto- ferenziertere Diagnosen erlauben als die heute verwendeten tik auf dem Weg zur Molekularmedizin. Diagnostik heute
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