15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald

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                     Schwerpunkt:
                    Waldleistungen
                         abgelten?

Z   Ü   R   C   H     E    R
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
Inhalt                                                                                     ZÜRCHER WALD 5/2018

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Wer setzt sich      Waldleistungen           4     «Wald ist Natur und gehört allen …» Simon Ammann
   für Abgel-            abgelten?           7     Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Kanton
 tungen ein?                                       Zürich Stefan Studhalter und Martin Kistler
 Akteure und                                 13    Wie entgegnen Privatwaldbesitzer der wachsenden Bean-
  ihre Rollen                                      spruchung ihres Waldes durch die Bevölkerung?
             7                                     Hubgenossenschaft Schwamendingen und Privatwald-
                                                   korporation Elsau Werner Meier im Gespräch
                                                   Waldverband Wangen-Brüttisellen Gody Leserf im Gespräch
                                             18    Leistungsabgeltungen aus forstbetrieblicher Sicht –
                                                   Beispiel Forstbetrieb Elgg Andreas Kron & Christian Schaerer im
                                                   Gespräch
                                             		Beispiel Forstrevier Stammertal Christian Bottlang
 Privatwald in                               22 Leistungsabgeltung in der Stadt Adliswil Damian Wyrsch im
 urbanen Ge-                                       Gespräch
       bieten                                24    Waldleistungen und Abgeltungen im Staatswald des Kan-
           13                                      tons Zürich: Leistungsauftrag bewährt sich Erwin Schmid
                                             27    Betriebswirtschaft oder Gemeinwirtschaft Ruedi Weilenmann
                                             29    Gemeinwirtschaftliche Leistungen in der Solothurner
                                                   Waldgesetzgebung Jürg Fröhlicher & Manuel Schnellmann
                                             31    Volksinitiative «JA! für euse Wald» im Kanton Aargau:
                                                   Die Beweggründe und Argumente der Initianten – die
                                                   Haltung von Regierungsrat und Parlament
Lösungen und
Bestrebungen             Waldschutz          35    Die Waldverjüngung im Kanton Zürich 2018             Erich Good
   in anderen
    Kantonen                    Saison       39    aktuell im Wald: Holzschlag absperren
           29
                           Holzmarkt         40    Preisentwicklung Rundholz Kanton Zürich
                                             42    Rundholzmarkt nicht überschwemmen!
                                             43    Holzmarkt-Information Beat Riget

                         Waldpolitik         48

                          Forstkreise        51    Nachruf Kurt Gujer (1953 – 2018)

                  Mitteilungen VZF           52    Aus dem Vorstand VZF

                          WaldZürich         53    Aus dem Vorstand WaldZürich

                  Kurzmitteilungen           55

                 Agenda/Vorschau             59

     Titelbild (l.) Wasserfassung im Wald; Foto: ur
                 (r. v. o.) Zeltlager, lichter Wald, Holzschlag-Blache, Wegweiser; Fotos: Archiv Forstkreis 3 / ur /
                 ur / Ruedi Weilenmann
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
ZÜRCHER WALD 5/2018                                                                                           Editorial
                                                                                                               Editorial
                                                                                                                      3

Mit der Entwicklung von der bäuerlichen                   Nutzungsrechte am Wald: Pilze sammeln,
zu einer Dienstleistungsgesellschaft haben                Würste bröötlen, quer durchs Unterholz
sich die Ansprüche an den Wald massiv                     wandern; man muss nur schauen, keine
verändert, nicht aber die Leistungen, die                 Schäden anzurichten. Trinkwasserfilte-
der Wald für die Gesellschaft erbringt.                   rung und die frische Luft stellt der Wald
Während der ganzen Zeit stellt uns der                    gratis zur Verfügung. Nur der Schutz vor
Wald Holz als Rohstoff zur Verfügung,                     Naturgefahren und manche Biodiversi-
schützt uns vor Naturgefahren, filtert                    tätsleistungen werden mit Steuergelder
unser Trinkwasser, stellt uns Raum für                    abgegolten. Für alle ist dies von grossem
die Erholung zur Verfügung und ist leider                 Wert und eine Stärke, die es zu erhalten
häufig der letzte verbliebene naturnahe                   gilt. Aber wir müssen die betriebswirt-
Lebensraum für die Biodiversität. Der                     schaftlichen Konzepte an die heutige Zeit
wirtschaftliche Bedeutungsverlust des                     anpassen. Die weitergehende Abgeltung
Rohstoffes Holz und die starke Zunahme                    von Waldleistungen ist dazu sicher ein
der Erholungssuchenden im Wald sind si-                   gangbarer Weg.
cher die offensichtlichsten Auswirkungen                  Um die Stärken zu erhalten, erscheint mir
dieser veränderten Ansprüche. Es ist also                 der Weg über eine staatliche Abgeltung
wenig erstaunlich, dass dieser Wandel                     sinnvoller, als Konzepte, die auf Eintritts-
auch die wirtschaftliche Situation der                    gebühren oder ähnlichem basieren. Dies
Forstbetriebe betrifft. Die Kielwasserthe-                bedeutet aber auch, dass die Gesellschaft
orie, wonach der Holzverkauf ausreicht,                   und Politik gemeinsam mit den Wald-
damit alle anderen Leistungen abgegolten                  eigentümern besser klären muss, wo,
sind, funktioniert nicht mehr.                            welche Leistung erbracht werden soll.
Was nun? Der Wald in der Schweiz ist
ein seltsames rechtliches Konstrukt.                                               Thomas Wirth,
Gut die Hälfte des Waldes ist im Besitz                        Vorsitzender der parlamentarischen
von privaten Eigentümern, gleichzeitig                      Gruppe Wald des Zürcher Kantonsrates
besitzt die Allgemeinheit weitgehende

Impressum Zürcher Wald 5/18 (Oktober 2018)                Redaktor
50. Jahrgang, erscheint jeden zweiten Monat               Urs Rutishauser (ur), Forsting. ETH, IWA
                                                          Stellvertretung: Felix Keller, Forsting. ETH, IWA
Herausgeber / Verbandsorgan
Herausgeber ist der Verband Zürcher Forstpersonal         Gestaltung und Satz
VZF. Die Zeitschrift ist zugleich Verbandsorgan von       IWA – Wald und Landschaft AG
WaldZürich Verband der Waldeigentümer                     Adressänderungen und Abonnemente
Trägerschaft                                              an die Redaktionsadresse oder                           VERBAND ZÜRCHER
VZF und WaldZürich sowie Abteilung Wald, ALN,             www.zueriwald.ch                                       FORSTPERSONAL
Baudirektion Kanton Zürich                                Inserate
Redaktionskommission                                      Fabio Gass, Hegnauerstrasse 10, 8604 Volketswil
Fabio Gass, Präsident, Förster, Vertreter VZF             Tel. 044 910 23 43, fabio.gass@volketswil.ch
Alex Freihofer, Privatwaldeigent., Vertreter WaldZürich   Papier
Hanspeter Isler, Forstwartvorarbeiter, Vertreter VZF      Cocoon FSC und Recycling
Nathalie Barengo, Forsting., Vertreterin Abt. Wald
Ruedi Weilenmann, Förster, Vertreter VZF                  Auflage
Urs Rutishauser, Forsting., Redaktor                      1‘250 Exemplare

Redaktionsadresse                                         Druck
IWA – Wald und Landschaft AG                              Mattenbach AG, 8411 Winterthur
Hintergasse 19, Postfach 159, 8353 Elgg                   Online
Tel. 052 364 02 22 E-Mail: redaktion@zueriwald.ch         www.zueriwald.ch/zeitschrift
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
Waldleistungen abgelten?                                                                    ZÜRCHER WALD 5/2018
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«Wald ist Natur und gehört allen …
… und muss daher auch nicht rentieren». Etwa so lässt sich die gängige Einstellung vieler
Leute zum Thema Wald zusammenfassen. Sie ignorieren damit, dass es Waldeigentüme-
rinnen und Waldeigentümer gibt, die zudem auch noch eigene Interessen am Wald haben.
Und trotzdem wird erwartet, dass der Wald Leistungen erbringt.
von Simon Ammann, Leiter Waldentwicklung & Ressourcen, Abt. Wald Kanton Zürich

                 In Anlehnung an Moser und Zimmermann                bestimmten Waldleistung wenden soll.
                 (2011), die den Begriff «Ökosystemlei-              Abbildung 1 gibt dazu einen Überblick.
                 stungen» ausführen, kann man Waldlei-
                 stungen definieren als Güter und Dienst-            Die Waldleistungen lassen sich in die drei
                 leistungen, die dem Menschen durch Inan-            folgenden Gruppen aufteilen:
                 spruchnahme des Waldes Nutzen stiften.
                 Sie sind meist das Ergebnis von natürlichen         Waldleistungen mit gesetzlicher
Im Waldgesetz    Ökosystemprozessen und Bewirtschaf-                 Grundlage
des Bundes       tungseingriffen. Zwischen den Begriffen             Gewisse Waldleistungen, welche einem
wird der
                 «Waldleistungen» und «Waldfunktionen»               öffentlichen Interesse entsprechen, sind
Schutzwald
am höchsten      wird in der Diskussion oft kein Unterschied         in der Waldgesetzgebung verankert. Hier
gewichtet und    gemacht, weshalb hier auch nicht darauf             haben Bund und Kanton die Möglichkeit,
erhält auch am   eingegangen wird.                                   Beiträge auszurichten, wenn der Waldbe-
meisten Geld.
                 Es stellt sich die Frage: Welche Waldlei-           sitzer bestimmte Massnahmen ergreift (z.B.
                 stungen gibt es und wer soll sie erbringen          Pflege des Schutzwaldes). Im Waldgesetz des
                 resp. entschädigen?                                 Bundes wird Schutz vor Naturereignissen
                 Gehen wir zuerst der Frage nach: Welche             (Schutzwald) am höchsten gewichtet und
                 Akteure unterscheiden wir und welche                erhält auch am meisten Geld. Die Förde-
                 Interessen in Bezug auf Waldleistungen ver-         rung der Biodiversität und der Holzversor-
                 folgen sie typischerweise? Diese Überlegung         gung (z.B. über Beiträge an Verbesserungen
                 hilft festzustellen, an wen man sich bei einer      der Strukturen und der Unterhalt der

                       Waldeigentümer                  Einwohner, Waldbesucher              Organisierte
                                                                                          Anspruchsgruppen
                 •   Exklusivität                  •    Möglichst weit gehende       z.B. Naturschutz, Jagd
                 •   Freiheit im Umgang mit             Rechte (Betretungsrecht)     •   Möglichst grosse Freiheit
                     Waldeigentum                  •    Gratis!                          bzgl. eigener Interessen
                 •   Wirtschaftlicher Gewinn       •    Schöne Bilder, wenig             und gleichzeitig möglichst
                                                        Bewirtschaftungsspuren           grosse Einschränkung der
                                                   •    Wege                             anderen Interessen
                                                                                     •   Möglichst einfach und
                     Standortgemeinden                         Behörden                  günstig zu Interessen
                                                                                         kommen
                 •   Versorgungssicherheit         z.B. Bund, Kanton, (Gemein-
                     • Trinkwasser                 den)
                     • Energie                     •     Umsetzung öffentlicher
                 •   Standortattraktivität,        •     Interessen I Waldpolitik
                     Lebensqualität                •     Nachhaltigkeit

                 Abbildung 1: Welche Akteure haben in Bezug auf Waldleistungen welche Interessen?
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
ZÜRCHER WALD 5/2018                                       Waldleistungen abgelten?
                                                                                                           5

Erschliessungen) werden ebenfalls namhaft      Waldexkursionen). Angebote, die nur der
unterstützt. Für kulturelle Leistungen wie     Waldeigentümer resp. Forstbetrieb in sei-
die Erholung besteht keine Gesetzesgrund-      nem Wald anbieten kann, liegen in einem
lage, weshalb dafür keine Bundes- und          engen Bereich (z.B. Kurse für Waldpflege).
Kantonsbeiträge anfallen (vgl. Moser und
Zimmermann 2011, S. 409).                      Waldleistungen auf der Basis von
                                               Verfügungsrechten, die vom Eigen-
Innovationen: Waldleistungen als               tum getrennt sind
Produkte                                       Neben dem freien Betretungsrecht gibt es
Innovative Waldeigentümer und Forst-           weitere Verfügungsrechte, die vom Waldei-
betriebe versuchen immer wieder, Nicht-        gentum getrennt sind, so z.B. die Grundwas-
Holz-Produkte und Dienstleistungen zu          sernutzung oder das Jagdregal. Das heisst,
entwickeln, die sie verkaufen können. Drei     hier kann der Waldeigentümer keine eige-
Grundvoraussetzungen sind dazu wichtig:        nen Produkte entwickeln und verkaufen,          Angebote, die
1. Exklusivität muss hergestellt werden        sondern ist verpflichtet, Einschränkungen       nur der Waldei-
                                                                                               gentümer resp.
können; 2. es muss gesetzlich zulässig sein;   in der Waldbewirtschaftung zu dulden
                                                                                               Forstbetrieb in
3. es müssen zahlungswillige Nachfrager        oder – im Beispiel der Trinkwassernut-          seinem Wald
vorhanden sein.                                zung – bei allfälligen Beeinträchtigungen       anbieten kann,
Punkt 1 wird durch das freie Betretungs-       sogar grundsätzlich schadenersatzpflichtig      liegen in einem
                                                                                               engen Bereich.
recht und die Aneignung von Waldpro-           (Zimmermann 2010). In diesen Bereichen
dukten im ortsüblichen Umfang (Art. 699        schlägt Wagner (2012) vor, dass win-win-
ZGB) stark eingeschränkt. Dieses Recht der     Situationen gesucht werden, indem über das
Öffentlichkeit wird je länger je exzessiver    gesetzliche Minimum hinausgehende Leis-
ausgelegt und eingefordert, was letztlich      tungen konzipiert oder Prozesse vereinfacht
zum eingangs aufgeführten Verständnis,         und vertraglich mit den entsprechenden
«der Wald gehört allen», führt. So ist es      Akteuren (Gemeinde, Jagdgesellschaft) ver-
z.B. nicht möglich, geeignete Baumarten        einbart werden. In vielen Fällen (z.B. Trink-
mit Trüffelpilzen zu impfen in der Absicht,    wasserschutz) ist dieser Weg allerdings sehr
später Trüffel zu ernten und zu verkaufen,     aufwändig. Einfacher ist es, wenn offen-
da jedermann das Recht hat, diese Trüffel      sichtliche Mehrleistungen erbracht werden,
im ortsüblichen Umfang gratis zu sam-          wie zum Beispiel Wegunterhalt mit einem
meln. Die Aufhebung oder eine massive          gewissen Standard. «Vertragspartner» ist
Einschränkung des Betretungsrechtes sind       hier die Standortgemeinde, die im Sinne
illusorisch, da dies auf demokratischem        der Standortattraktivität daran interessiert
Weg bestimmt werden müsste und die Be-         ist, ihren Bürgerinnen und Bürgern einen
völkerung kaum auf dieses Recht verzichten     hochwertigen Erholungsraum zu bieten.
wird (Deegen 2012).
Erholungsdienstleistungen, die mit Infra-      Stossrichtungen und Folgerungen
strukturbauten verbunden sind, sind i.d.R.     Beim Thema «Waldleistungen», verbun-
gesetzlich nicht zulässig. Ebenso sind Anla-   den mit der Entschädigungsfrage, kommt
gen wie Weihnachtsbaumkulturen im Wald         man nicht um die Diskussion des Betre-
nicht gestattet. Am Schluss läuft es darauf    tungsrechtes nach Art. 699 ZGB herum.
hinaus, auf planerischem Weg exklusive         Hier sind die Waldeigentümerverbände
Ausnahmen (z.B. Biketrail, Seilpark, o.ä.)     gefordert, im Sinne ihrer Mitglieder dafür
zu erlangen und darauf aufbauend Pro-          zu sorgen, dass die Interpretation des «orts-
dukte zu entwickeln. Alternativ können         üblichen Umfangs» nicht ausufert und in
Angebote entwickelt werden, die jeder          einem respektvollen Verhältnis zu den Ei-
andere ebenfalls anbieten kann (geführte       gentumsrechten steht (vgl. Deegen 2012, S.
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
Waldleistungen abgelten?                                                                ZÜRCHER WALD 5/2018
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                  14). Dazu gehört auch, dass bei Eingriffen     erbracht werden soll, da ja offensichtlich
                  oder Veranstaltungen im Wald der Waldei-       eine Nachfrage besteht.
                  gentümer frühzeitig einbezogen und nicht       Oftmals ist der Wald in der heutigen Zeit
                  einfach übergangen wird (Brunner 2014).        der einzige Raum, der überhaupt in der
                  Sind die Interessen an einem bestimmten        Lage ist, gewisse Leistungen in nennens-
                  Wald seitens der Öffentlichkeit sehr gross,    wertem Ausmass bereitzustellen. Erholung
                  so müsste sich ein Waldeigentümer zumin-       für die Menschen, Lebensraum für bedrohte
                  dest einmal überlegen, ob es sich lohnt, an    Arten oder eine gesicherte Trinkwasser-
                  diesem Eigentum festzuhalten oder ob z.B.      versorgung sind ohne Wald gar nicht zu
                  die Gemeinde oder der Staat diese Fläche       erbringen. Dies sollte öfters kommuniziert
                  gegen Entschädigung oder Realersatz über-      werden, um ins Bewusstsein jedes Waldbe-
                  nehmen soll. Damit wird dann klar, dass die    suchenden einzudringen. Wald ist viel wert
                  entsprechenden Kosten auch beim Interes-       und erbringt Leistungen sehr effizient. Es
                  senten anfallen, da dann Verfügungsrechte      lohnt sich, hier Mittel zu investieren, da
Erholung für      und Eigentum zusammenfallen.                   eine grosse Wirkung erzielt wird.
die Menschen,     Brunner (2012) stellt fest, dass dem Wald
Lebensraum
für bedrohte
                  droht, zunehmend als Kompensationsstelle       Literatur
Arten oder        für Schutz- und Wohlfahrtsdefizite ausser-     Moser, T., Zimmermann W. (2011): Ökosy-
eine gesicherte   halb des Waldes missbraucht zu werden.           stemleistungen des Waldes im politischen
Trinkwasser-      Das sei zu verhindern. Auf der anderen Seite     Kontext: Bedeutung und Argumenttypen.
versorgung
sind ohne Wald
                  liest man z.B. im Richtplan des Kantons          Schweiz Z Forstwes 162: 405-411.
gar nicht zu      Aargau (S. L4.1-1), dass der Wald «als         Hostettler, M. (2012): Mutwillig den Wald
erbringen.        unverzichtbare Ausgleichsfläche zu den           einzäunen. Schweiz Z Forstwes 163: 2-7.
                  übrigen intensiv genutzten Flächen viel-       Brunner, M. (2014): Situation und Anliegen
                  fältige Schutz- und Wohlfahrtsleistungen         der Waldeigentümer – einige Gedanken.
                  erbringt und wesentlich zur Standort- und        Schweiz Z Forstwes 165: 224-227.
                  Wohnqualität im Aargau beiträgt». Aus          Deegen P. (2012): Die Allokation der Wald-
                  volkswirtschaftlicher Sicht macht die Be-        betretung, ein Beispiel für das Problem
                  trachtung des Kantons Aargau durchaus            gesellschaftlicher Kosten. Schweiz Z
                  Sinn. Waldeigentümerverbände dürften             Forstwes 163: 8-16.
                  gut beraten sein, diese «Kompensations-        Zimmermann (2010): Rechtliche Aspekte
                  funktion» auch als Chance zu begreifen,          bei der Vermarktung von Nichtholz-
                  zu thematisieren, Produkte zu entwickeln         Waldleistungen. . Schweiz Z Forstwes
                  und vertraglich zu sichern, bevor der Ge-        161: 362.367.
                  setzgeber dies als «öffentliches Interesse»    Wagner S. (2012): Verfügungsrechte vertrag-
                  definiert und planungsrechtlich verankert.       lich regeln: ein Modell zur Vermeidung
                  Ein Beispiel dazu: Es ist davon auszugehen,      von Umweltkonflikten. Schweiz Z Forst-
                  dass seltene Arten, die in Obstgärten und        wes 163: 29-35.
                  extensiv genutzten Landwirtschaftsflächen      Kanton Aargau (2011): Richtplan. Departe-
                  vorkamen und zunehmend verschwinden,             ment Bau, Verkehr und Umwelt, Abtei-
                  mit kleinerem Aufwand in lichten Wald-           lung Raumentwicklung. 285 S.
                  Formationen als im Landwirtschaftsgebiet
                  erhalten werden können, da landwirtschaft-
                  liche Flächen nach intensiver Düngung
                  oft nur unter grösstem Aufwand wieder
                  ausgemagert werden können. Hier sei zu-        Kontakt:
                  mindest die Frage erlaubt, ob nicht gegen      Simon Ammann, Abteilung Wald Kanton Zürich,
                  Entschädigung diese Leistung im Wald           simon.ammann@bd.zh.ch
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
ZÜRCHER WALD 5/2018                                           Waldleistungen abgelten?
                                                                                                              7

                      Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen
                                                im Kanton Zürich
Für die Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen existieren zwar keine Patentrezepte,
viele Praxisbeispiele aus den Regionen zeigen aber, dass es gute Lösungen gibt. Dabei waren
es bisher meist die direktbetroffenen Waldeigentümer, welche die Initiative ergriffen.
                                     von Stefan Studhalter, Kreisforstmeister, Forstkreis 7, Kanton Zürich, und
                                                           Martin Kistler, Praktikant Forstkreiszentrum Zürich

Die Abgeltung gemeinwirtschafticher Leis-         menwirken der zahlreichen, sehr unter-
tungen wird im Kanton Zürich seit rund            schiedlichen Akteure hat hierbei einen
30 Jahren diskutiert. Anfangs 2018 wurde          wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis.
von den Kantonsräten Ruedi Lais, Thomas           Insbesondere die Waldeigentümer nehmen
Wirth und Daniel Sommer eine Motion zu            eine zentrale Rolle beim Einfordern von
diesem Thema eingereicht, welches damit           Abgeltungen für erbrachte Leistungen ein.
politisch aktuell ist. In den letzten Jahren                                                       Es müssen je
wurde das Thema auch wieder vermehrt              Gemeinwirtschaftliche Leistungen                 nach Eigen-
                                                                                                   tumsstruktur,
von der Forschung aufgegriffen. Verschie-         Der Begriff «gemeinwirtschaftliche Leis-
                                                                                                   rechtlichem
dene Beispiele im Kanton Zürich und den           tungen» ist nicht einheitlich definiert und      und organisa-
umliegenden Kantonen zeigen, dass es gute         wird unterschiedlich angewendet. Sowohl          torischem Um-
und sehr unterschiedliche Lösungen gibt.          innerhalb des Kantons, als auch darüber          feld individu-
                                                                                                   elle Lösungen
Patentrezepte gibt es nicht: Es müssen je         hinaus. Die Beispiele in Tabelle 1 zeigen
                                                                                                   gefunden
nach Eigentumsstruktur, rechtlichem und           den Interpretationsbereich.                      werden.
organisatorischem Umfeld individuelle             Wer Abgeltungen für gemeinwirtschaftliche
Lösungen gefunden werden. Das Zusam-              Leistungen einfordern möchte, sollte daher

 Kanton Zürich        Als gemeinwirtschaftlich werden jene Leistungen eines Leistungserbrin-
                      gers (i.d.R. der Waldeigentümer) betrachtet, bei denen nicht das Gewinn-
                      streben, sondern das Gemeinwohl im Vordergrund steht. Mit gemein-
                      wirtschaftlichen Leistungen sind Mehraufwendungen bzw. Mindererträge
                      verbunden, da sie über die übliche Waldbewirtschaftung hinausgehen.
                      Leistungen, von denen die Allgemeinheit profitiert, die der Wald aber nur
                      dank der Bewirtschaftung oder bewusstem Verzicht erbringt. Die dem
                      Waldeigentümer anfallenden Kosten werden dabei der Holzproduktion
                      belastet und sind für die Öffentlichkeit damit unentgeltlich.

 Kanton Thurgau       Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen gemäss § 32 WaG Kt. TG:
                      Keine genaue Definition des Begriffs. Finanzielle Unterstützung der Forst-
                      revierkörperschaften durch Finanzierung hoheitlicher und betrieblicher
                      Beförsterungsaufgaben. Dahinter steckt die Annahme, dass eine funktio-
                      nierende und gesetzeskonforme Waldbewirtschaftung die Bereitstellung
                      der (nachgefragten gemeinwirtschaftlichen) Leistungen gewährleistet.

 WaldBeiderBasel      Alle Leistungen die der Wald, neben der Produktion von Holz, erbringt
 (WbB)                und der Allgemeinheit zugänglich sind. Diese können (a) auf Bestellung
                      oder (b) als Folgenutzen forstlicher Arbeiten geschaffen werden. Im en-
                      geren Sinn: Leistungen aus dem Folgenutzen forstlicher Arbeiten.

Tabelle 1: Verschiedene Interpretationen des Begriffes «gemeinwirtschaftliche Leistungen»
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Waldleistungen abgelten?                                                                   ZÜRCHER WALD 5/2018
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                  in einem ersten Schritt definieren, was alles   setzt die rechtlichen Rahmenbedingungen.
                  unter den Begriff fällt. Damit lassen sich      Bezogen werden bisher vor allem Leistun-
                  Missverständnisse bei Verhandlungen von         gen, die räumlich klar abgrenzbar sind.
                  Anfang an vermeiden. WaldBeiderBasel hat        Anfangs 2018 wurde von Ruedi Lais und
                  auf Grundlage der eigenen Definition einen      zwei weiteren Kantonsräten eine Motion
                  umfangreichen Leistungskatalog definiert,       auf kantonaler Ebene eingereicht: «Dem
                  welcher hierzu einen Anhaltspunkt geben         Kantonsrat werden die notwendigen Ge-
                  kann (WaldBeiderBasel, 2015).                   setzesänderungen vorgelegt, damit Leistun-
                  Zentral ist der Begriff der Leistung. Wald-     gen, welche die Forstwirtschaft zugunsten
                  wirkungen erbringt der Wald auch ohne           von Öffentlichkeit und Umwelt erbringt,
                  Bewirtschaftung durch seine natürliche          abgegolten und finanzielle Anreize zu deren
                  Dynamik. Vom Waldzugang darf wegen              Förderung ermöglicht werden können.»
                  des im ZGB gesetzlich verankerten, freien       Der Regierungsrat lehnt die Motion ab,
                  Betretungsrechts des Waldes, niemand            findet aber die zu Grunde liegende Idee prü-
                  ausgeschlossen werden. Verkauft werden          fenswert und hat beantragt die Motion als
                  sollten gemäss Haltung der Abteilung Wald,      Postulat entgegenzunehmen. Der Vorstoss
                  Kanton Zürich, nur Leistungen, welche           ist aktuell hängig und wird noch diskutiert
                  dank der Bewirtschaftung oder bewusstem         werden. Wird der Antrag angenommen, so
                  Verzicht sichergestellt werden (sogenannter     muss der Regierungsrat die Notwendigkeit
                  Folgenutzen).                                   einer Gesetzesänderung prüfen.

                    Bsp: Waldbestand und –boden haben             Rolle der Waldeigentümer
                    eine natürliche Filterfunktion, welche        Die Waldeigentümer bewirtschaften ihren
Wird die Moti-      für sauberes Trinkwasser sorgt, auch          Wald und stellen automatisch gemeinwirt-
on als Postulat     ohne Bewirtschaftung. In der natür-           schaftliche Leistungen bereit. Sie bleiben ins-
angenommen,
                    lichen Zerfallsphase des Waldes und           besondere auf Mehrkosten bei der Holzerei
so muss der
Regierungsrat       nach Sturmereignissen ist der Schutz          und Mindererträgen in der Holzproduktion
die Notwen-         vor Bodenerosion und die Filterwir-           sitzen. Grundsätzlich sind sie selbst in der
digkeit einer       kung jedoch messbar kleiner. Die              Verantwortung, Abgeltungen für gemein-
Gesetzesände-
rung prüfen.
                    Bewirtschaftung sorgt dafür, dass die         wirtschaftliche Leistungen einzufordern.
                    Trinkwasserqualität durch eine dauer-
                    hafte Bestockung (> Folgenutzen) und          Eigentümer mit Steuerhoheit und eige-
                    (je nach dem) bessere Baumartenmi-            nem Forstbetrieb (35% der kantonalen
                    schung (> Folgenutzen und/oder auf            Waldfläche, vgl. Tabelle 2) können solche
                    Bestellung) stets in einem Optimum ist.       Kosten mit Steuergeldern relativ unkom-
                    Die erbrachte Leistung ist demnach die        pliziert (als Deckung vom Betriebsdefizit)
                    Sicherstellung sauberen Trinkwassers.         decken. Die Vorteile dabei sind: Weitgehend
                    Für entsprechende Flächen sollte daher        faire Abwälzung der Mehrkosten auf die
                    ein Teil der Bewirtschaftungskosten           Leistungsbezüger, sehr kleiner admini-
                    durch den Eigentümer des Wassers              strativer Aufwand, gelebte Bescheidenheit
                    übernommen werden, der im Minimum             des Waldes (Einfordern von Geldern nur,
                    die Mehraufwände bei der Holzerei in          wenn nicht anders möglich). Der Ansatz
                    Grundwasserschutzzonen deckt.                 ist jedoch nicht unumstritten und kann
                                                                  dazu führen, dass erbrachte Leistungen
                  Rolle des Kantons                               unsichtbar für die (Gemeinde)Bevölke-
                  Der Kanton Zürich ist ein bedeutender Ein-      rung werden. Für den Steuerzahler bleibt
                  käufer von gemeinwirtschaftlichen Leistun-      unklar, welche konkreten Leistungen (des
                  gen (vgl. Artikel von S. Ammann S.4f) und       Waldes) er mitfinanziert. Wirtschaftlich
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
ZÜRCHER WALD 5/2018                                         Waldleistungen abgelten?
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 Waldeigentümer nach      [ha]    [%]    Eigentums-                             [ha]                           [%]
 ihrer Position                          kategorie       FK1    FK2    FK3    FK4 FK5      FK6    FK7   Tot.

 mit Steuerhoheit und                    Bund                                               67            67    0%
 mit eigenem Betrieb
                         17665     35% Kanton             622    175 1019      797   424    286    239 3562     7%
 oder Anschluss an Kopf-
 betrieb                                 Polit. Gde.      479 1761      237 3478 3190 3004 1887 14036          28%

                                         Bund              59                                             59    0%
 mit Steuerhoheit, ohne
                          1161      2% Kanton                           53                                53    0%
 Betrieb
                                         Polit. Gde.      148    42     149          138    197    375 1049     2%
 ohne Steuerhoheit, mit                  Korporationen    527    534           623          80     507 2271     5%
 eigenem Betrieb oder
                          3375      7%
 Anschluss an Kopfbe-                    Privatwald-
                                                         1069                  35                       1104    2%
 trieb                                   verbände

                                         Korporationen    940 1156      465    208    33    147    643 3592     7%
 ohne Steuerhoheit und                   Privatwald-
                          28007    56%                                 2115     86                 26 2227      4%
 ohne Betrieb                            verbände
                                         Privatwald      1815 2935 5858 5332 2019 1941 2288 22188              44%

Tabelle 2: Unterscheidung der Waldeigentümer mit und ohne Steuerhoheit und nach dem Vorhandensein eines
Forstbetriebes. Weitere Aufgliederung nach Eigentumskategorie und nach Forstkreis (FK).
Quelle: Forststatistik 2017 und Zusatzerhebung der Redaktion ZW September 2018.

ineffiziente, defizitäre Betriebsstrukturen       Leistungen aufzunehmen. Weitere Käufer
können bei diesem System, auf Kosten der          von Leistungen können z.B. auch Vereine
Allgemeinheit, überdurchschnittlich lange         sein. Für eine gute Verhandlungsposition
erhalten werden. Diese Nachteile lassen           kommen sie aber grundsätzlich nicht darum
sich umgehen, indem erbrachte Leistungen          herum, die Kosten für erbrachte Leistungen
erfasst und (in der Betriebsabrechnung)           detailliert auszuweisen und in einem zwei-
transparent ausgewiesen werden.                   ten Schritt (im Rahmen der Verhandlungen)
                                                  mit einem Preis zu versehen. In der Praxis
  Bsp. Forstbetrieb Oberes Wehntal: Die           zeigt sich:
  Gemeinden bezahlen das Defizit des              • Mehrere Jahre und viel Informations-
  Betriebs. Für die Zusammenarbeits-                bedarf sind notwendig, bis Verständnis
  vereinbarung wurde ein Leistungska-               und Zahlungsbereitschaft auf politischer
  talog erstellt. An mehreren defizitären           Ebene erreicht wird. Die Bevölkerung
  Leistungen wollten die Gemeinden                  und Politik sind sich zu grossen Teilen
  festhalten. Diese werden nun über die             nicht bewusst, dass unser natürlich
  Defizitdeckung finanziert, wenn die               wirkender Wald ein Kunstprodukt ist.
  Betriebserlöse nicht ausreichen.                  Visualisierungen wie Naturwald aussieht
                                                    (z.B. Fotos aus Totalwaldreservaten) sind
Eigentümer ohne Steuerhoheit mit eigenem            hilfreich. Gute Videos zur Bedeutung der
Forstbetrieb (7% der kantonalen Wald-               Waldbewirtschaftung gibt es z.B. auch
fläche) sollten im Allgemeinen genügend             von WaldSchweiz.
Waldfläche und Ressourcen haben, um Ver-          • Investition von Zeit (und Geld) lohnt
handlungen mit der politischen Gemeinde             sich, da einmal geschaffene Budget-Posten
als Käuferin von gemeinwirtschaftlichen             in der Gemeinde selten ganz gestrichen
15/18 Schwerpunkt: Waldleistungen abgelten? - zueriwald
Waldleistungen abgelten?                                                                   ZÜRCHER WALD 5/2018
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                    werden. Von PR-Arbeit profitiert die            sungsansätze, welche grösstenteils darauf
                    gesamte Waldbranche, inkl. kleinerer            abzielen Kosten zu übernehmen, die bei der
                    Waldeigentümer.                                 Bewirtschaftung in jedem Fall entstehen.
                  • Die Festlegung des Preises ist letztlich Ver-
                    handlungssache. Ein Vorschlag kann z.B.           Bsp. Forstrevier Katzensee-Buchs-Diels-
                    mit einem detaillierten Leistungskatalog          dorf & Limmattal-Nord: Die Gemein-
                    oder einer Pauschalen (z.B. 20% gemäss            den bezahlen Beiträge an die Unter-
                    Betriebsabrechnung) hergeleitet werden.           haltsgenossenschaften und übernehmen
                  • Geht es dem Waldeigentümer gut, sinkt             zusätzlich zu den hoheitlichen Beförste-
                    die Bereitschaft zur Bezahlung des ver-           rungskosten die Kosten für Schlagpla-
                    einbarten Preises. In solchen Fällen muss         nung, -organisation und Holzverkauf.
                    der Eigentümer beharrlich bleiben, um
                    für schlechte Jahre ausreichend Reserven        Rolle der Forstbetriebe
                    bilden zu können. Eine vertragliche Ver-        Der Forstbetrieb setzt die vom Waldeigen-
                    einbarung über eine längere Zeit würde          tümer geplanten Massnahmen um und ist
                    diesbezüglich helfen, kann aber in den          damit der Ersteller gemeinwirtschaftlicher
                    meisten Fällen nicht ausgehandelt wer-          Leistungen. Für ihn sollte die Abgeltung
Eigentümer          den.                                            gemeinwirtschaftlicher Leistungen grund-
ohne Steu-                                                          sätzlich irrelevant sein, da die Herkunft
erhoheit und
                    Bsp. Bürgergemeinde Liestal BL:                 des Geldes für seine Aufträge nicht ent-
ohne eigenen
Betrieb weisen      Die Einwohnergemeinde bezahlt der               scheidend ist.
mehrheitlich zu     Bürgergemeinde einen Pauschalbetrag             In der Praxis zeigt sich jedoch oft, dass (a)
wenig Wald-         an den Strassenunterhalt. Die gemein-           viele Waldeigentümer mit Steuerhoheit auch
fläche auf, um
als Verkäufer
                    wirtschaftlichen Leistungen sind auf der        einen eigenen Forstbetrieb besitzen und (b)
von Leistungen      Basis der Betriebsabrechnung (BAR)              zahlreiche Strategie- und Massnahmen-Ent-
aufzutreten.        pauschal festgelegt und werden jährlich         scheide vom Eigentümer an den Betriebslei-
                    ausbezahlt.                                     ter delegiert werden. Die Unterscheidung
                                                                    von Betrieb und Waldeigentümer ist daher
                  Eigentümer ohne Steuerhoheit und ohne             entscheidend. Auch den Gemeinden mit
                  eigenen Betrieb (56% der kantonalen               eigenem Forstbetrieb kann die klare Un-
                  Waldfläche) weisen mehrheitlich zu wenig          terscheidung helfen, sich der Doppelrolle
                  Waldfläche auf, um gegenüber der politi-          stärker bewusst zu werden.
                  schen Gemeinde oder Dritten als Verkäufer         Als Verkäufer gemeinwirtschaftlicher Leis-
                  von Leistungen aufzutreten. Bei genügend          tungen sollte der Waldeigentümer und
                  Waldfläche ist dies jedoch möglich.               nicht der Forstbetrieb auftreten. Gehört
                                                                    der Forstbetrieb dem Waldeigentümer
                    Bsp. Bürgergemeinde Hölstein BL, 120            und repräsentiert er diesen gegen aussen,
                    ha Wald, nur Waldeigentum / keine               kann davon abgewichen werden. Werden
                    sonstigen Einkünfte: Ein nachvollzieh-          strategische und operative Entscheide vom
                    barer Leistungskatalog wurde erstellt,          Waldeigentümer an den Forstbetriebsleiter
                    als Grundlage für Verhandlungen mit             delegiert, lohnt es sich besonders die er-
                    der Einwohnergemeinde. Ein pau-                 brachten Leistungen auszuweisen und vom
                    schaler Jahresbetrag für gemeinwirt-            Eigentümer von Zeit zu Zeit bestätigen zu
                    schaftliche Leistungen wurde damit mit          lassen.
                    der Einwohnergemeinde ausgehandelt.
                                                                    Rolle des Försters
                  Für die Mehrheit der kleinen Privatwald-          Der Förster ist die wichtigste Ansprechper-
                  eigentümer gibt es unterschiedliche Lö-           son vor Ort, insbesondere für die Waldei-
ZÜRCHER WALD 5/2018                                         Waldleistungen abgelten?
                                                                                                           11

 Waldeigentümer /   • Sind gefordert auf Gemeinden und weitere Nutzniesser gemeinwirtschaftlicher Leistungen
 Waldeigentümer-      (z.B. Vereine) aktiv zuzugehen. Der Waldeigentümer sollte eine Strategie haben und wissen,
 verbände             was er für wen produzieren möchte. Waldbewirtschaftung sollte kein Selbstzweck sein. Wer
                      keinen Käufer findet sollte bereit sein, auf die Herstellung gewisser Leistungen, oder die
                      Bewirtschaftung an sich, zu verzichten.
                    • Eine Auflistung von erbrachten Leistungen und vorhandenen Einschränkungen und Mehr-
                      aufwendungen (Bsp. Grundwasserschutzzonen) ist eine wichtige Basis für Verhandlungen.
                      Wer nicht weiss, was für Leistungen er erbringt, kann diese auch nicht verkaufen.
 Kanton / Abtei-    • Ist gefordert die Anzahl der Vorschriften in einem angemessenen Rahmen zu halten. Es ist
 lung Wald            zu prüfen, ob die Waldeigentümer für Mehrkosten, die aus neuen Vorschriften entstehen,
                      entschädigt werden können.
                    • Soll prüfen, ob die Bereitstellung von Waldflächen für Naturschutzmassnahmen entschädigt
                      werden kann.
                    • Die Wiedereinführung der kantonalen Revierbeiträge und der «S4-Beiträge» für die Sicher-
                      heitsholzerei entlang von Kantonsstrassen ist prüfenswert.
                    • Die Wertschätzung des Waldes und seiner Leistungen muss erhöht werden. Eine PR-
                      Kampagne könnte diesbezüglich helfen. Auch bei diversen kantonalen Amtsstellen besteht
                      diesbezüglich noch Aufklärungsbedarf.
 Gemeinden          • Reduktion der Vorschriften bzgl. Zugänglichkeit der Strassen und Schlagräumung, oder
                      angemessene Entschädigung / Kostenbeteiligung.
                    • Beiträge für Sicherheitsholzerei, z.B. infolge Eschentriebsterben.
 Förster            • Sind gefordert auf die Waldeigentümer und Gemeinden zuzugehen, um auf das Problem
                      aufmerksam zu machen und, je nachdem, Verhandlungen anzustossen (insbesondere auch
                      hinsichtlich der Problematik Sicherheitsholzerei).
Tabelle 3: Akteure und ihre Rollen, um eine faire Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen zu erreichen.

gentümer, aber auch für die Nutzniesser          sich im Erholungswald deutlich erhöht. Die
gemeinwirtschaftlicher Leistungen. Von           Eigentümer müssen diese vergleichsweise
den Waldeigentümern geht häufig, oft             kostenintensiven Eingriffe auf eigene Rech-
mangels Wissen über die Möglichkeiten,           nung ausführen.
keine Initiative aus. Der Förster hat in         Der Kanton leistet Beiträge für gewisse
diesen Fällen die Rolle eines Initiators und     Naturschutz-Massnahmen. Der Waldei-
Beraters. Entscheidend ist seine Rolle auch      gentümer erhält für die Bereitschaft, seine
bei der Wissensvermittlung im Kontakt mit        Waldfläche mittel- bis langfristig nach
der Bevölkerung und den Gemeinden. Wer           Naturschutzzielen zu bewirtschaften oder
eine Leistung nicht sieht kann sie auch nicht    bewirtschaften zu lassen, zurzeit jedoch
wertschätzen. Die Bedeutung der Bewirt-          keine Entschädigung. Dies ist aus Sicht der
schaftung für die Erzeugung des bekannten        Waldeigentümer störend. Es ist zu prüfen,
und geschätzten Waldbildes muss vermittelt       wie die Waldeigentümer dafür zukünftig
werden.                                          entschädigt werden können.
                                                 Auch bei der Abgeltung des Mehraufwands
Handlungsbedarf in verschiedenen                 und der Einschränkungen bei der Waldbe-
Bereichen                                        wirtschaftung in Grundwasserschutzzonen
Der grösste Handlungsbedarf im Kanton            besteht weiterhin Handlungsbedarf.
Zürich besteht zurzeit wohl im Bereich
der Erholungsleistungen. Die Eigentümer          Handlungsbedarf auf mehreren
bleiben grösstenteils auf dem Mehrauf-           Ebenen
wand beim Holzen im Erholungswald (z.B.          Zahlreiche Akteure können zu einer bes-
Reinigung von Strassen nach und während          seren und faireren Abgeltung gemeinwirt-
der Holzerei, Schlagräumung) sitzen. Die         schaftlicher Leistungen beitragen (vgl.
Anzahl notwendiger Sicherheitsschläge hat        Tabelle 3).
Waldleistungen abgelten?                                                                  ZÜRCHER WALD 5/2018
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                Schlussfolgerungen                              Literatur
                 Es lässt sich festhalten, dass es bereits      Amt für Landschaft und Natur, Abteilung
                 viele erfolgreiche Beispiele zur Abgeltung       Wald, 2006: Bericht Vorstudie gemeinwirt-
                 gemeinwirtschaftlicher Leistungen gibt.          schaftliche Leistungen des Zürcher Waldes
                 Besonders im Bereich der Erholungslei-         Schwager G., 1999. Gemeinwirtschaftliche
                 stungen, dem Trinkwasserschutz und be-           Leistungen - von der Idee zur Umsetzung
                 stimmten Biodiversitätsleistungen besteht        | Performance of Public Management -
                 jedoch nach wie vor Handlungsbedarf.             from the Initial Idea to the Realisation.
                 Die Stellungnahme des Regierungsrates zur        Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen:
Es ist wichtig,  eingereichten Motion zeigte, dass dies auch      1999/7, Vol. 150, No. 7, pp. 267-269.
dass die Wal-    auf politischer Ebene anerkannt wird. Ob       WaldBeiderBasel, 2015. Leistungskatalog
deigentümer
                 eine gesetzlich verankerte, gesamtkantonale      – gemeinwirtschaftliche Leistungen des
aktiv werden
und die Abgel- Lösung zustande kommt ist zurzeit noch             Waldes. http://www.waldbeiderbasel.ch/
tung gemein-     offen. Es ist unabhängig davon wichtig,          page.asp?DH=33 (29.08.2018).
wirtschaftlicher dass die Waldeigentümer aktiv werden
Leistungen
konsequent
                 und die gemeinwirtschaftlichen Leistungen
und transpa-     konsequent und transparent ausweisen und
rent einfordern. einfordern. Ein transparentes Ausweisen
                 der erbrachten Leistungen gegenüber Politik
                 und Öffentlichkeit ist auf jeden Fall sinn-
                 voll. Denn Waldeigentümer und Forstbe-
                 triebe dürfen stolz auf die für den Wald und   Kontakt:
                 die Gesellschaft erbrachten Leistungen sein!   Stefan Studhalter, stefan.studhalter@bd.zh.ch

                Silvanas spitze Feder

                                                                                                                Silvana Wölfle
ZÜRCHER WALD 5/2018                                      Waldleistungen abgelten?
                                                                                                         13

                    Wie entgegnen Privatwaldbesitzer der wachsenden
                   Beanspruchung ihres Waldes durch die Bevölkerung?
Foto: ur

           Der Schwamendinger Korporationswald im Hintergrund – Naherholungsgebiet für über 30‘000 Einwohner.

           Hubgenossenschaft Schwamendingen und Privatwaldkor-
           poration Elsau: Bevölkerungsdruck wird zur Kostenfrage
           Werner Meier, Präsident Hubgenossenschaft Schwamendingen und Gründungspräsident Pri-
           vatwaldkorporation Elsau und Umgebung, im Gespräch mit Ruedi Weilenmann

           Privatwaldkorporationen mit unter-             Forstunternehmer und führt die angezeich-
           schiedlichen Rahmenbedingungen                 neten Holzschläge in beiden Körperschaften
           Viele Korporationen führen keinen eigenen      zusammen mit seiner Equipe aus.
           Forstbetrieb (mehr), unterhalten daher         Beide Korporationen, die von der Lage
           wenig Infrastruktur und schon gar kein         her unterschiedlicher nicht sein könnten,
           festangestelltes Personal. Das macht sie mit   schreiben Jahr für Jahr schwarze Zahlen.
           wenig Fixkosten sehr flexibel.                 Doch sind die sinkenden Holzpreise und
           Werner Meier wohnt in Tolhusen, Ge-            die steigenden Ansprüche der Öffentlichkeit
           meinde Elsau. Er hat den Landwirtschafts-      an die Waldungen der Wohnumgebung eine
           betrieb seinem Sohn weitergegeben, der
           nebst Landwirt auch gelernter Forstwart
           ist. Als Präsident amtet er seit 1995 in der   Was sind Privatwaldkorporationen?
           Hubgenossenschaft Schwamendingen, einer        Privatwaldbesitzer haben sich zu einer
           öffentlich-rechtlichen Körperschaft, mit       Einheit mit aufgelösten Eigengrenzen zu-
           etwa 110 ha. Zudem ist er Gründungsprä-        sammengeschlossen. Das Eigentum wird
           sident der Privatwaldkorporation Elsau         über Anteilsscheine ausgedrückt und die
           und Umgebung, die seit 1987 auf 43 ha          Geschäfte werden durch einen gewählten
           gewachsen ist. Werner Meier ist aber auch      Vorstand besorgt.
Waldleistungen abgelten?                                                                                ZÜRCHER WALD 5/2018
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                                   Herausforderung. Zunehmend sind diese         Gefahren denkt niemand und das Verständ-
                                   «Selbstverständlichkeiten» eine Bedrohung     nis für die Waldbewirtschaftung ist völlig
                                   der Farbe Schwarz im Finanzergebnis und       abhandengekommen. Das bedeutet, dass
                                   darum die Abgeltung gemeinwirtschaft-         Fäll- und oft auch Rückearbeiten nur mit
                                   licher Leistungen bald einmal Teil der        zusätzlichem Personal auf der Strasse, das
                                   Überlebensstrategie.                          Verkehrsdienst leistet, ausgeführt werden
                                                                                 können. In der Mittagszeit – die dauert an
                                   Elsau: Druck noch nicht so gross              schönen Tagen mit der nahen Uni von 11.30
                 Elsau ist eine Stadtrandgemeinde von Win-                       bis 14.00 Uhr – ist das Bäume-Fällen nicht
                 terthur. Die einstige Landgemeinde wurde                        mehr verantwortbar geworden. Wenn dann
Fäll- und oft    durch Zuzüger urbanisiert. Der Druck auf                        noch ganze Spielgruppen mit ihren Leite-
auch Rückear-    den Wald ist (noch) nicht so gross, Tendenz                     rinnen unter der Absperrblache hindurch
beiten können
                 steigend. Der Waldbesitz der Korporation                        kriechen, oder wie letzten Winter zwei
nur mit zusätz-
lichem Personal ist nicht zusammenhängend, die Fläche                            uniformierte Stadtpolizisten, dann stellen
auf der Strasse, eines Holzschlages daher überschaubar.                          sich die Nackenhaare der Holzereiequipe.
das Verkehrs-    Die Absperrungen der Strassen während                           Die Summe der Waldnutzung durch Wald-
dienst leistet,
ausgeführt
                 Holzschlägen werden meist respektiert. Im                       besucher aller Interessensgruppen hat hier
werden.          November und Dezember, wenn die Leute                           das Mass des für den Waldbesitzer und
                 Tannenäste suchen, sei die Gefahr von                           Waldbewirtschafter Zumutbaren schon
                 Waldbesuchern im Holzschlag am grössten,                        deutlich überschritten. «Alle profitieren
                 so der Präsident. Die Einschränkungen                           vom Wald, nur darf es nichts kosten!» lautet
                 durch Waldbesucher, welche zusätzlichen                         die Zusammenfassung von Werner Meier.
                 Aufwand verursachen, sind nicht so gross.
                 Das Verständnis für die Notwendigkeit der                       Das Problem «Haftpflichtrisiken»
                 Waldarbeiten ist (noch) vorhanden.                              bleibt ungelöst
                                                                                 Im Juni 2013 hat Nationalrat von Siebenthal
                                   Schwamendingen: das zumutbare                 (Mitunterzeichner u.a. NR Max Binder, da-
                                   Mass ist überschritten                        mals auch Präsident WVS) in einem Postulat
                Ruedi Weilenmann

                                   Ganz anders in Zürich! Der Schwamendin-       den Bundesrat angefragt, «…wie Artikel
                                   ger Wald ist Naherholungsgebiet für die       699 ZGB angepasst werden kann, damit die
                                   über 30‘000 Einwohner des Zürcher Stadt-      Haftpflichtrisiken der Waldeigentümer dem
                                   kreises. Dazu stossen vor allem über Mittag   heutigen Benutzungsverhalten der Bevölke-
                                   viele Studenten der Universität Zürich und    rung angepasst werden können. Vor allem
Werner Meier,                      Werktätige aus den Dienstleistungsbetrie-     ist eine Ergänzung von Artikel 699 Absatz
Präsident                          ben. Zudem führen verschiedene Wald-          1 ZGB zu prüfen, damit das Betreten des
Privatwald-                        strassen durch den Korporationswald auch      Waldes auf eigene Verantwortung erfolgt
korporation                        zum Zoo. Die Waldfläche ist fast zu einer     und eine Haftung des Waldeigentümers für
                                   Parzelle arrondiert, langgezogen, mit etwa    waldtypische Gefahren ausgeschlossen ist.»
                                   drei Kilometer Waldrand, der auch als Hun-    Der Bundesrat wollte sich der Sache nicht
                                   deklo dient. Die Dauerwaldbewirtschaftung     annehmen, weil «…Aus Sicht des Bundes-
                                   bedingt hier eine Holzschlagfläche von        rates stehen daher Lösungen ausserhalb der
                                   rund 20 Hektaren. Die Buche gehört zu         Rechtsetzung im Vordergrund, z.B. durch
                                   den Hauptbaumarten und verjüngt sich          die Erarbeitung und Verbreitung von In-
                                   auch dem entsprechend. Was vom Wald-          formationen und Empfehlungen zuhanden
                                   bild her prächtig anzusehen ist, bewirkt      der Waldbesuchenden und Waldeigentümer,
                                   eine schlechte Übersicht bei Waldarbeiten.    damit es im Wald gar nicht erst zu Schaden-
                                   Signalisationen sind für viel blosse Ein-     fällen kommt.» Und hat die Ablehnung des
                                   schränkung der persönlichen Freiheit. An      Postulates empfohlen.
ZÜRCHER WALD 5/2018                                       Waldleistungen abgelten?
                                                                                                               15

Dieses wurde in der Folge am 19. Juni 2015     deutsamkeit des Problems für die im Wald
abgeschrieben (unerledigt beerdigt), weil es   Tätigen nicht begriffen. Ein offensichtliches
nicht innert zwei Jahren abschliessend im      Problem wird wenig ernst genommen, ja es
Rat behandelt worden ist.                      wird nicht einmal im Nationalrat behandelt
Aus Sicht der Waldbesitzer und Waldbewirt-     und unerledigt beerdigt!
schafter hat unsere Landesregierung die Be-

Wangen-Brüttisellen: Wichtig ist es zu steuern, dann
braucht es weniger Verbote
Gody Leserf, Privatwaldbesitzer und Präsident des Waldverbandes Wangen-Brüttisellen, im
Gespräch mit Nathalie Barengo

Du bist Privatwaldbesitzer und Prä-            denn es versickert ziemlich schnell. Die
sident des Waldverbandes Wangen-               Auswirkungen zeigen sich mit den Bor-
Brüttisellen. Kannst du etwas über             kenkäfern, mit denen wir momentan zu
deinen Wald erzählen?                          kämpfen haben.
Auf Gebiet der Gemeinde Wangen-Brütti-         Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass sich
sellen gibt es rund 180 ha Wald. Von den       bei uns der geografische Mittelpunkt vom
120 Waldeigentümern sind etwa 30 aktiv         Kanton Zürich befindet!
und bewirtschaften den Wald. Der grösste
Teil gehört Einzelpersonen, z.T. aber auch     Welche Waldfunktionen stehen im

                                                                                               Fabio Gass
Erbengemeinschaften. Etwa 38 ha besitzt        Vordergrund?
die Holzkorporation, 6 ha hat die Gemeinde     Gemäss Waldentwicklungsplan ist die
und wenige Hektaren gehören dem Kanton.        Vorrangfunktion Holznutzung. Die Holz-
Ich selber bin Waldeigentümer von rund         nutzung erfolgt unkompliziert. Diese un-                 Gody Leserf,
10 ha Wald. Alle Waldeigentümer gehören        komplizierte Arbeitsweise kommt nicht                    Präsident des
zum Waldverband Wangen-Brüttisellen.           von ungefähr. Ich würde sagen, dass wir ein              Waldverbandes
Auch die Gemeinde und Holzkorporation          erfolgreicher Waldverband mit engagierten
sind Mitglieder. Da eine frühere Zusam-        Leuten sind. Wir sind ein «beweglicher
menlegung misslang, zeigt sich unser Wald      Verband» und können rasch handeln. Der
mit den vielen Hosenträgerparzellen un-        Vorstand organisiert Weiterbildungsreisen
verändert. Die kleinste Parzelle ist rund 1    und Exkursionen, damit die Eigentümer gut
m2 gross und baumlos. Die grösste Parzelle     informiert sind und andere Waldbilder se-
beträgt etwa 2.5 ha. Da sich eine grosse       hen. So bleiben wir stets auf einem aktuellen
Problematik wegen dem Strassennetz ab-         Stand, was den Waldbau und die Holzerei
zeichnete, wurde der Waldverband Wangen-       betrifft. Zudem stärken solche Aktivitäten
Brüttisellen gegründet.                        auch der Zusammenhalt des Verbandes.
Hauptbaumarten sind Buche und Fichte,          Für die Holznutzung braucht es auch Stras-
wobei letztere mehrheitlich angepflanzt        sen. Die Waldstrassen gehört zur Hälfte
wurde. Eingesprengt wachsen wenige             der Gemeinde und zur anderen Hälfte den
Eschen, Eichen und Bergahorne. Unser           Privatwaldeigentümern. Dank dem kleinen
Wald stockt zum grössten Teil auf Kies-        Wegnetz ist der Unterhalt gut finanzierbar.
boden, was in diesem trockenen Sommer          Von der Gemeinde erhalten wir einen Bei-
deutlich zu sehen war. Das Wasser ist das      trag für den Unterhalt der Waldstrassen: So
Hauptproblem auf unseren Standorten,           machen wir den laufenden Unterhalt selber.
Waldleistungen abgelten?                                       ZÜRCHER WALD 5/2018
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 Holzbringung mit Doppellaufwagen
                                                            ideal
                                                                  f
                                                           Gerin ür
                                                                 n
                                                           holze e-
                                                                rei

                      Abächerli Forstunternehmen AG   Telefon +41 41 675 17 92
                      Hofstrasse 7, CH-6074 Giswil    www.abaecherli-forst.ch
                                                      info@abaecherli-forst.ch
ZÜRCHER WALD 5/2018                                      Waldleistungen abgelten?
                                                                                                       17

Zusätzlich zahlen die Verbandsmitglieder       Wald ausserhalb des üblichen Masses
einen Mitgliederbeitrag ein. Mit diesem Teil   nutzen möchte und kein Konzept vorlegt.
geht ein Teil für den Unterhalt weg und mit    Das «ich will – ihr müsst» ist für mich kein
dem anderen Teil bezahlen wir den Kies für     Argument, jeden Anlass dulden zu müssen.
die Wege.                                      Es kommt immer auf die Art und Weise an,
Zurück zu den Vorrangfunktionen. Be-           wie man auf die Waldeigentümer zugeht.
sondere Naturschutzfunktionen haben wir        Wichtig scheint mir, dass die Zusammen-
keine im Wald. Aber die Erholung spielt        arbeit mit allen Akteuren in der Gemeinde
eine grosse Rolle.                             gut läuft. Sie muss offen und transparent
                                               sein. Jährlich erfolgt durch die Landwirt-
Welche Nutzergruppen besuchen                  schaftskommission eine Sitzung. Vertreten
deinen Wald?                                   ist dabei je ein Gemeinderat, der Förster,
Wie erwähnt, suchen viele Erholungsu-          die Präsidenten des Waldverbandes sowie
chende unseren Wald auf, wahrscheinlich        der Holzkorporation, der Naturschutzbe-
unterscheiden sie sich nicht von jenen         auftragte, ein Vertreter der Pferde-Umwelt,
anderer Naherholungsgebiete. Im grossen        ein Jagdvertreter und der Chef Gemeinde-
Ganzen haben wir keine Probleme mit den        Unterhalt. Lösungen werden gemeinsam
Waldbesuchern, Diskussionen gibt es aber       gesucht und getragen.
immer wieder.
Die grösste Gruppe sind Fussgänger und         Habt ihr auch eine Lösung für den              Wichtig scheint
«Hündeler». Organisierte Hündeler tummel-      Umgang mit Grossanlässen?                      mir, dass die
                                                                                              Zusammenar-
ten sich kreuz und quer durch die Bestände.    In der Regel haben wir keine grossen An-       beit mit allen
Dies führte zu Problemen und Diskussionen.     lässe. Wir versuchen es so zu regeln, dass     Akteuren in
Darum suchten wir zusammen eine Lö-            Sportanlässe im Wald nur sporadisch zu         der Gemeinde
sung. Ein Verbot schien uns unpassend, wir     bewilligen sind. Ein Grund sind auch die       gut läuft.
wollten lieber etwas anbieten. So haben wir    Wildruhezonen. Ein grösserer Anlass ist
eine «Hundeparzelle» für spezielle Anlässe     demnächst ein Bike-Event. Der Veranstal-
mit Hunden ausgeschieden. Damit stellen        ter erhielt von der Gemeinde die Auflage,
wir Gruppen, die mit Hunden trainieren,        sämtliche betroffenen Waldbesitzer selber
eine Waldparzelle (rund 8000 m2) zur Ver-      anzufragen. Das zeigt meiner Meinung nach
fügung. Die Parzelle hat eine Feuerstelle      die transparente Zusammenarbeit mit der
und liegt direkt neben einem Parkplatz. Via    Gemeinde. Treten Fragen auf, dann stellen
Förster kann die Parzelle von Ortsansässigen   wir sie dem Förster. Er ist unsere erste
reserviert und benützt werden.                 Ansprechperson. Auch da funktioniert die
Eine weitere Nutzergruppe, die uns regelmä-    Zusammenarbeit einwandfrei.
ssig besucht, ist die Waldspielgruppe. Auf
einer privaten Waldparzelle durften sie sich   Was sollte in Zukunft anders oder
einrichten. Neben einem Waldsofa spannen       besser laufen?
die Lehrerinnen bei Schlechtwetter eine        Für die Zukunft würde ich mir wünschen,
Blache auf. Sowohl bei der Hundeparzelle       dass man den Wert der Natur und des
als auch bei der Waldspielgruppe wurde der     Holzes mehr zu schätzen weiss und die
Förster informiert und hat der Sache zuge-     Preise entsprechend angepasst werden.
stimmt. Auch viele Reiter und Biker treffen    Wir sollten immer daran denken: Wir
wir im Wald an.                                brauchen den Wald, aber der Wald braucht
                                               uns nicht…
Habt ihr noch weitere Probleme zu
lösen?
Ich ärgere mich, wenn jemand unseren
Waldleistungen abgelten?                                                                   ZÜRCHER WALD 5/2018
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Leistungsabgeltungen aus forstbetrieblicher Sicht
– Beispiel Forstbetrieb Elgg
Andreas Kron, Forstvorstand Gemeinde Elgg, und Christian Schaerer, Revierförster Elgg-Hagenbuch, im
Gespräch mit Urs Rutishauser

                   Welche Bedeutung haben Leistungsauf-             der Kläranlage. Die Arbeiten werden gemäss
                   träge für den Forstbetrieb?                      den effektiv geleisteten Aufwendungen den
                   Klar formulierte Leistungsaufträge haben         zuständigen Gemeinderessorts verrechnet.
                   für uns grosse Vorteile. Der Arbeitsaufwand      Die Pflichtenhefte sind so ausgehandelt, dass
                   ist besser abschätzbar, die Pflichtenhefte für   die zuständigen Mitarbeiter dahinterstehen
                   Mitarbeiter werden konkreter, und wir erhal-     können.
                   ten eine Bestätigung, dass unsere Leistungen     Eine zweite Kategorie bilden die vielen etwas
Wenn der           gewünscht sind. Auch Nachfolgeregelungen         kleineren wiederkehrenden Leistungen, die
Forstbetrieb in    seitens Behörde oder Personal werden mit         ebenfalls den zuständigen Gemeinderessorts
seinem Kernge-
                   klaren Aufträgen einfacher.                      verrechnet werden und im oder ausserhalb
schäft ein gutes
Betriebsergeb-     Mit den Leistungsaufträgen können wir un-        des Waldes stattfinden. Der Stundenaufwand
nis ausweisen      sere Tätigkeiten konsequent jenen Ressorts       kann von Jahr zu Jahr erheblich schwanken.
kann, haben        zuweisen, welche von uns eine Dienstleistung     Der Gewässerunterhalt, die Pflege kommu-
wir eine starke
Position.
                   erwarten. Damit schälen wir gleichzeitig aus     naler Naturschutzgebiete, der Unterhalt von
                   allen Tätigkeiten heraus, was zu unserem         Erholungseinrichtungen, die Bekämpfung
                   Kerngeschäft, der Waldbewirtschaftung,           von Neophyten und des Feuerbrands oder
                   gehört. Wenn der Forstbetrieb in seinem          der Häckseldienst sind etwa solche Aufträge.
                   Kerngeschäft ein gutes Betriebsergebnis aus-     Sie müssen im Rahmen der Jahresbudgetie-
                   weisen kann, wird dies von der Behörde und       rung bestimmt werden.
                   der interessierten Bevölkerung estimiert und     Eine dritte Kategorie von Leistungen, die
                   wir haben eine starke Position. Dies spielt      im Wald stattfinden aber nicht direkt mit
                   uns wiederum bessere Karten in die Hand,         der Waldbewirtschaftung zusammenhän-
                   wenn wir Ziele und Wünsche zu Personal           gen, muss der Forstbetrieb auf seine eigene
                   und Investitionen durchbringen wollen.           Rechnung nehmen. So fallen z.B. Sicherheits-
                                                                    kontrollen von Bächen und von Bäumen an
                   Welche Leistungen erbringt der Forst-            frequentierten Stellen, Strassenräumungen
                   betrieb ausserhalb des Kerngeschäfts             nach Schadenereignissen, der Waldhütten-
                   «Waldbewirtschaftung» und in welcher             betrieb, Waldumgänge und andere Öffent-
                   Form sind sie geregelt?                          lichkeitsarbeit darunter. Die Aufwendungen
                   Unser Team mit fünf Mitarbeitern – alle          werden unter den separaten Kostenstellen
                   mit forstlicher Ausbildung – und zwei Ler-       verbucht und können so in der Betriebsab-
                   nenden arbeiten in verschiedenen Bereichen       rechnung mindestens als Leistungen für die
Christian          der Gemeinde, die auf unterschiedlichen          Allgemeinheit nachgewiesen werden.
Schaerer,          Vereinbarungen beruhen.                          Daneben treten wir auch als Anbieter von
Revierförster      Die umfangreichsten Aufgaben in anderen          Dienstleistungen für Dritte auf. Dies ist
                   Werken und Ressorts sind in Pflichtenheften      ein weiteres wichtiges Standbein für den
                   geregelt. Dazu gehören die Betriebsleitung,      Forstbetrieb. Wir erwirtschaften dabei einen
                   -wartung und Schnitzelbelieferung des            Gewinn, der für das positive Betriebsergebnis
                   Wärmeverbundes, die Unterstützung des            relevant ist. Dazu gehören Gartenholzerei,
                   Winterdienstes, die Unterhaltsarbeiten am        Holzernte im Privatwald, Naturschutzauf-
                   Sportplatz und die Wochenendaushilfe in          träge für den Kanton, u.a.
ZÜRCHER WALD 5/2018                                         Waldleistungen abgelten?
                                                                                                           19

Sind damit heute alle Leistungen für              Jetzt wird vom selben Ansatz ausgegangen,
die Allgemeinheit transparenten ausge-            den wir bei Arbeiten für Dritte verrechnen
wiesen?                                           (Staatswald-Ansätze Kanton Zürich), aller-
Nein, der Forstbetrieb Elgg erbringt noch         dings mit einem Rabatt von 10%, sowohl für
verschiedene gemeinwirtschaftliche Leistun-       Personal wie für Maschinenstunden.
gen «im Stillen». Der Waldstrassenunterhalt
ist ein Beispiel dafür. Heute wird der laufende   Welches sind die wichtigen Führungs-
und periodische Unterhalt vollumfänglich          aufgaben für die Zukunft?
dem Forstbetrieb angelastet. Dabei betreiben      Eine Herausforderung besteht bei der Pri-
wir auf vielen Wegen klar einen Mehrauf-          vatwaldbetreuung. Da haben wir in Elgg
wand, um die Erwartungen der Waldbesu-            die Situation, dass der Forstbetrieb aus dem
cher zu erfüllen.                                 Ressort Landwirtschaft einen Pauschal-
Auch der Mehraufwand, der bei der Wald-           betrag erhält. Dieser liegt heute unter der
bewirtschaftung in Gewässerschutzzonen            Empfehlung des Kantons – dort wird von 1.1
entsteht, ist heute nirgends ausgewiesen.         Std. pro ha Privatwald ausgegangen – und
Wichtig ist uns weiterhin eine korrekte           der effektive Aufwand übersteigt zunehmend
Kostenzuweisung. Beispielsweise strebt            diese Pauschale. Die Öffentlichkeit sollte
der Forstbetrieb beim Unterhalt und der           in diesen Bereich künftig mehr investieren,    Andreas Kron,
Erneuerung von Erholungseinrichtungen             denn nur mit Beratung und Überzeugungs-        Forstvorstand
eine klarere Trennung der Kostenträger an;        arbeit kann künftig sichergestellt werden,
Kosten für die Kneippanlage, Waldbrunnen,         dass sich Privatwaldeigentümer für Wald-
Feuerstellen und Bänke sollten nicht dem          baumassnahmen entscheiden – Eingriffe die
Forstbetrieb sondern dem Ressort «Freizeit        für die langfristige Erfüllung der Waldfunk-
und Kultur» verbucht werden.                      tionen nötig sind. Und es gehört zur Kern-
                                                  aufgabe des Försters dafür zu sorgen, dass     Die Öffent-
Wie entwickelt sich der «Leistungskata-           der Qualitätsstandard bei der Ausführung       lichkeit sollte
                                                                                                 künftig mehr
log» weiter?                                      erreicht wird.                                 in die Privat-
Entscheidend ist, dass die konkreten Fragen       Neben allen Bemühungen, die gewünschten        waldberatung
laufend geklärt und passende Lösungen             Leistungen möglichst gut zu erbringen,         investieren.
gefunden werden. Hierbei erfüllt die NFLK         müssen wir die Bevölkerung darüber auch
– Naturschutz, Forst- und Landwirtschafts-        noch verstärkt informieren: Zeitungsartikel,
Kommission – eine zentrale Rolle. Das             Führungen, Präsenz an Veranstaltungen.
fünfköpfige Gremium mit ortsansässigen            Wichtig ist auch, das gesunde Augenmass zu
Fachleuten schafft mit fünf Sitzungen pro         behalten. Wenn wir z.B. an die Förderung
Jahr die Grundlage für politisch akzeptierte      der Biodiversität denken, kann wohl nicht
Lösungen und entsprechende Gemeinderats-          jede letzte Massnahme im Wald betrieblich
beschlüsse. Ein solches Gremium gewährlei-        kostendeckend sein, trotz der Möglichkeit
stet Kontinuität und Ausgewogenheit und           kantonaler Beiträge, z.B. gewisse Waldrand-
arbeitet günstig.                                 aufwertungen, Baumpflanzungen oder die
Mit der Forst-BAR haben wir zudem ein             Erhaltung von Biotopbäumen. Es gehört
geeignetes Controlling-Instrument. Wir nut-       auch zur betrieblichen Freiheit, unkompli-
zen es für eine geordnete und konsequente         ziert etwas Sinnvolles zu machen.
Stundenerfassung. Es zeigt uns so, was ko-        Bei allen betrieblichen Optimierungen ist es
stendeckend ist und was nicht.                    wichtig, dass der Wald nicht in den Hinter-
                                                  grund gerät, um einen höheren Betriebsge-
Welche Ansätze werden innerhalb der               winn zu erwirtschaften.
Gemeinde verrechnet?
Früher galt ein gemeindeinterner Ansatz.
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