1T Vielfalt in der Einheit - Klosterlandschaft Plasy Kulturlandschaftsinventarisation - Cisterscapes
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1 Vielfalt in der Einheit Ausarbeitung Zisterziensische Klosterlandschaften in Mitteleuropa Textliche Kulturlandschaftsinventarisation Klosterlandschaft Plasy
Kulturlandschaftsinventarisation der Klosterlandschaft Plasy im Rahmen des ECHY-Projekts „Vielfalt in der Einheit - Zisterziensische Klosterlandschaften in Mitteleuropa“ Auftraggeber: Landkreis Bamberg Ludwigstraße 23 96052 Bamberg Auftragnehmer: Elisabeth Seel MSc in Landschaftsarchitektur Planung + Gartendenkmalpflege Hallandstraße 21, 13189 Berlin seel@krt-gartendenkmalpflege.de Mitarbeit: M.Sc.Katharina Matheja Berlin, 06.03.2018 3
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 7 2. Naturraum 9 2.1. Topographie 9 2.2. Geomorphologie & Böden 9 2.3. Hydrologie 11 2.4 Klima & Vegetation 11 3. Kulturlandschaftsgeschichte 15 3.1. Vorgeschichte, Früh- und Hochmittelalter bis zur Klostergründung 15 3.2. Klostergründung 17 3.3. Erste Blütezeit 17 3.4. Der Anfang vom Ende 19 3.5. Niedergang des Klosters 19 3.6. Wiederaufbau 21 3.7. Zweite Blütezeit 21 3.8. Auflösung im Zuge der Josephinischen Reform 23 3.9. Die Zeit danach 23 4. Prägende Einflussfaktoren und Elemente der zisterziensischen Klosterlandschaft 25 4.1. Klosterkomplex 27 4.2. Hydraulisches System im Klosterbereich 29 4.3. Grangien 29 4.4. Ackerbau & Viehzucht 31 4.5. Weinbau, Obstgarten, Hopfen, & weitere Sonderkulturen 33 4.6. Teichwirtschaft 33 4.7. Waldwirtschaft 37 4.8. Gewerbe, Verkehr, Mühlen, Bergbau & Ziegeleien 37 4.9. Sakrallandschaft 41 4.10. Siedlungsstrukturen, Flurformen, Dorf & Stadt 43 4.11. Territoriale und rechtspolitische Elemente 47 4.12. Orientierung und Freizeit 49 5. Zusammenfassung 51 6. Quellenverzeichnisse 55 5
1. E i n l e i t u n g Im Rahmen des ECHY-Projektes „Vielfalt in ensischen Klosterlandschaft sowie prägende der Einheit – Zisterziensiche Klosterlandschaf- Einflussfaktoren sind im folgenden Kapitel dar- ten in Mitteleuropa“ und der damit verbunde- gestellt. Dieser Teil der Untersuchung ist zum nen Ausstellung im Sommer 2018, liefert die besseren Verständnis noch einmal in einen vorliegende Untersuchung einen Überblick einleitenden Text und weitere zwölf Unterpunk- über die Klosterlandschaft des Klosters Plasy te aufgeteilt. Zu Beginn werden prägenden in Tschechien. Einflussfaktoren benannt, wichtige Begrifflich- 1144 wurde das Kloster in Plasy gegründet. In keiten definiert und Zusammenhänge darge- den folgenden Jahrhunderten hat die umge- stellt. Es folgen die zwölf Themenbereiche, in bende Landschaft nachhaltig geprägt. denen die erfassten und untersuchten Elemen- Die Einfluss der Zisterzienser in Plasy und die te, angefangen mit dem Klosterkomplex selbst, daraus hervorgegangenen Kulturlandschaft- beschrieben werden. selemente werden im Folgenden aufgezeigt Die wichtigsten Erkenntnisse der Untersu- und genauer erläutert. Zunächst werden die chung der Klosterlandschaft werden mit Fokus naturräumlichen Gegebenheiten wie Klima, auf die „Vielfalt in der Einheit“ in einer ab- Topographie und Geomorphologie beschrie- schließenden Zusammenfassung benannt. ben. Um die Ursprünge der Entwicklung der Land- Den zweiten Teil der Untersuchung bilden die schaft zu verdeutlichen, wird im anschließen- vor Ort erfassten Elemente, aufgeführt in einer den Teil die Kulturlandschaftsgeschichte Art Katalog. Informationen zu Standort, Ent- dargelegt mit Schwerpunkt auf der Geschichte stehungszeit und Zustand sowie eine Abbil- des Klosters, da beide Historien untrennbar dung und eine kurze textliche Beschreibung miteinander verknüpft sind. erläutern jedes einzelne Element im Detail. Die verschiedenen Komponenten der zisterzi- 7
Rakovnická pahorkatina / Rakonitzer Hügelland Kralovice Plasy Plaská pahorkatina / Plasser Hügelland Třemošná Plzeň Abb.2 Topogpraphie und Landschaftsraum, Seel 2018. Grundlagenkarte: GEOPORTAL.GOV.CZ. DGMR 4G [Stand 02.03.2018]. 8
2. N at ur r aum 2.1. Topographie 2.2. Geomorphologie & Böden Das ehemalige Kloster Plasy liegt in der Geologisch betrachtet gehört der Großteil der gleichnamigen Ortschaft in der Region Pilsen, Republik Tschechien zur sogenannten Böhmi- genauer im Verwaltungsbezirk Pilsen-Nord. schen Masse. Diese bildet gemeinsam mit den Damit befindet es sich im westlichen Teil der Vogesen und dem Schwarzwald den zentralen heutigen Republik Tschechien im ehemaligen Bereich des mitteleuropäischen variszischen Königreich Böhmen. Dieses Gebiet ist nahezu Gebirges, einem Teil der sogenannten Zen- durchgehend umrandet von verschiedenen traleuropäischen Mittelgebirgsschwelle5. In Mittelgebirgen: So wird die Begrenzung nach der Umgebung von Plasy dominieren zwei Nordwesten hin vom Erzgebirge, dem Elb- Gesteinsarten (vgl. Abb. 3): Im Westen finden sandsteingebirge sowie dem Lausitzer Ge- sich vorzugsweise Sedimentgesteine wie Ton- birge gebildet und setzt sich nach Nordosten und Sandstein, teilweise in grobkörnigeren in Form der Sudeten fort. Im Osten schließen Konglomeraten mit Braunkohleeinlagerun- die Mährischen Höhen an. Der Böhmerwald gen. Im östlichen Bereich bilden Grauwacke, formiert die südöstliche Begrenzung und ebenfalls eine Sandsteinart, und Schiefer den zieht sich weiter nach Westen, wo er mit dem Bodengrund, wobei es sich bei letzterem um Fichtelgebirge die topographische Grenze einen Gefügetyp handelt. Vereinzelte Vorkom- zu Deutschland bildet1.Das so umschlosse- men von Diabas, Sanden, Kiesen und Tonen ne Hochland wird auch als „Kessel“2 oder sind im gesamten gebiet verstreut. Direkt beim „Becken“3 bezeichnet. Kloster verläuft eine Zone granitoiden Gang- gesteins. Der Ort Plasy liegt auf 350 m N.N. im Plas- In den flacheren Bereichen sind fruchtbare ser Hügelland (Plaská pahorkatina). Nördlich Braunerden vorherrschend, die je nach pH- schließt das Rakonitzer Hügelland (Rakov- Wert als Ackerstandort (basenreich) oder nická pahorkatina) an4 (siehe Abb. 2). Weidefläche (basenarm) genutzt werden kön- nen. In Hanglagen und im Hügelland sind die 1 Bosl 1967, S. 22 Böden dagegen nährstoffärmer. Ein höherer 2 ebd. Steingehalt erschwert die Bewirtschaftung zu- 3 Hoensch 1997, S. 16 4 Geomorfologická mapa ČR 2018 5 Hoensch 1997, S. 17 9
Kralovice Plasy Třemošná Sande, Kiese, Tone mit Braunkohleflözen Gabbro, Metagabbro Biotite roter und grauer Tonstein, Schiefer und Grauwacke Sandstein, Konglomerate mit Schiefer und Grauwacke (Chlorite, Biotite) Kohleeinlagerungen Amphibole, Biotite, Granodiorite Diabas Granitoides Ganggestein Abb.3 Geologie im Bearbeitungsgebiet, SEEL 2018. Grundlagenkarte: GEOPORTAL.GOV.CZ. Geomorfologická mapa [Stand 02.03.2018]. 10
sätzlich, weshalb die höher gelegenen Stand- orte sich vor allem für forstwirtschaftliche Nut- 2.3. Hydrologie zung eignen6. Im Norden Böhmens kommen auch kalkreiche Kreide- und Mergelböden vor, Das gesamte Gewässernetz – sowohl des die mit einer fruchtbaren Lößschicht bedeckt Hügellandes als auch des Flachlandes – ge- sind. Aber auch besonders karge Sandbö- hört zum Einzugsgebiet der oberen Elbe, die den finden sich nahe dem Elbebogen, die im Norden das Elbsandsteingebirge bei Dečin zum Teil sogar Dünen formen. Dennoch kann durchbricht. Bedeutende Nebenflüsse der Elbe die nord-östliche Hälfte Böhmens insgesamt sind die Moldau, die Eger und die Berounka als ertragreiche Region bezeichnet werden7. (deutsch Beraun)13. Der Südwesten stellt sich dagegen als wenig fruchtbares Berg- und Hügelland dar. Die Ge- Die Střela (deutsch Schnella), ein Nebenfluss gend ist stark bewaldet und weniger besiedelt, der Berounka, fließt direkt durch die Stadt Ausnahmen bilden die ebenen Bereiche um Plasy, südlich am ehemaligen Kloster vorbei. Pilsen, Pisek oder Budweis8. Natürliche Stillgewässer finden sich dagegen kaum in der Umgebung. Seen und Teiche Diese großmaßstäbliche Gliederung lässt sich wurden künstlich angelegt. Vor allem in den auch auf die Umgebung von Plasy übertragen: feuchten Tallagen, welche ab dem 19. Jahr- Die Stadt, deren Zentrum das Kloster bildet, hundert meist melioriert wurden, finden sich liegt in der Flussniederung der Střela (Schnel- noch zahlreiche Relikte künstlich angelegter la) auf etwa 350 Meter Höhe und ist von vier Staugewässer wie Dämme oder Geländever- Erhebungen umgeben: dem Táhly (457 m) im tiefungen. Norden, der Spálenáhora (514 m) im Westen, dem Špitál (410 m) im Süden und Na Krásnici (462 m) im Südwesten. Im Střelatal, wo das 2.4. Klima & Vegetation Gelände eher flach ist, sind die Böden frucht- barer als in größeren Höhen, wo das Erdreich Die Republik Tschechien befindet sich in der zunehmend karger und steiniger wird9. Übergangszone zwischen atlantischem und kontinentalem Klima14. Sie gehört zur Ökozone Der Abbau von Buntmetallen wie Zinn, Magne- der feuchten Mittelbreiten, die auch als feuchte sit, Wolfram oder Antimon verhalf der Region kühl-gemäßigte Zone bezeichnet wird.15. vor allem im Mittelalter zu großem Reichtum10. Natürliche Vorkommen an Kaolin und Toner- Der Westen des Landes, die Region Böhmen, den wurden später in der Porzellanherstellung unterliegt eher dem maritimen Einfluss als der genutzt11, Kalke und Quarzit lieferten Rohstof- trockenere Südosten. Das Klima ist hier daher fe für die Glasindustrie12. Im Gebiet um das feucht-gemäßigt, die Sommer sind relativ Kloster Plasy waren die Vorkommen an Erzen, kühl und niederschlagsreich, während die Edelmetallen und Mineralien jedoch relativ ge- Winter überwiegend mild und trocken sind16. ring, so dass sich die Abbautätigkeiten vermut- Abgesehen von den Jahreszeiten sind Tem- lich in Grenzen hielten. peraturdifferenzen in der Region auch durch die abwechslungsreiche Topographie bedingt: 6 Zech 2014, S. 28 7 Hoensch 1997, S. 18 In höheren Lagen kann es im Winter auch zu 8 Bosl 1967, S. 23 9 Schaller 1785, S. 149 13 Hoensch 1997, S. 17 10 Hoensch 1997, S. 18 14 Nemitz 2017 11 Maur 2001, S. 59f 15 Zech 2014, S. 26 12 Hoensch 1997, S. 18. 16 Nemitz 2017 11
Klimatische Zonen Klimatische Zonen Klimatische Zonen Klimatische Zonen Plasy Plzeň https://geoportal.gov.cz/php/print/#H4|Mapa https://geoportal.gov.cz/php/print/ https://geoportal.gov.cz/php/print/#H4|M https://geoportal.gov.cz/php/print/#H4|Mapa https://geoportal.gov.cz/php/print/#H4|Mapa https://geoportal.gov.cz/php/print/ sehr warm warm warm mit wenig Niederschlag https://geoportal.gov.cz/php/print/ gemäßigt warm kalt sehr kalt Abb.4 Klimaregionen im Bearbeitungsgebiet, SEEL 2018. Grundlagenkarte: GEOPORTAL.GOV.CZ. Klimatické oblasti [Stand 02.03.2018] 12
längeren Frostperioden kommen17. Im Unter- suchungsgebiet liegt die Jahresdurchschnitts- temperatur bei etwa 8°C. Höchsttemperaturen von ca. 17°C werden im Juli vor allem im Südwesten erreicht (vgl. Abb. 4), während der Januar mit durchschnittlich -2,4°C der kältes- te Monat im Jahr ist18. Der durchschnittliche Jahresgesamtniederschlag beträgt 591 mm. Die Niederschlagsmengen variieren in Plasy je nach Jahreszeit. Im Juli fallen durchschnittlich 79 mm Regen, im Februar nur 31 mm19. Die vorherrschende natürliche Vegetation der feuchten kühl-gemäßigten Zone besteht aus sommergrünen Laubwäldern, dominierende Baumgattungen sind Eichen, Buchen und Ahorn. In höheren Berglagen wachsen zu- nehmend Nadelhölzer wie Tanne, Pinie oder Fichte20. 17 Nemitz 2017 18 climate-data.org 2018 19 ebd. 20 Zech 2014, S. 26 13
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3. Kul t ur la ndschaf t sge schichte 3.1. Vorgeschichte, Früh- und Machtbereich auszuweiten. Von ihrem Haupt- Hochmittelalter bis zur sitz in Prag aus vereinten sie die verschiede- nen Fürstentümer zu einem Herrschaftsgebiet, Klostergründung namentlich dem Herzogtum Böhmen. Der wohl bekannteste böhmische Herrscher dieser Im 9. Jahrhundert wurde Böhmen immer Zeit war der Heilige Wenzel, der 921 nach wieder Schauplatz von kriegerischen Aus- dem Tode seines Vaters Vratislav I. zu dessen einandersetzungen zwischen dem damaligen Nachfolger gewählt wurde23. Über Wenzel I. Mährischen Reich und dem Ostfrankenreich, entstanden zahlreiche Legenden: Aufgrund das sein Territorium in Richtung Osten er- seines ausgeprägten Gerechtigkeitssinnes und weitern wollte. Im Jahr 845 bekannten sich seiner Mildtätigkeit war er beim Volk sehr an- viele böhmische Adlige zum Frankenreich und gesehen. So soll er angeblich dem Kouřimer seinen karolingischen Herrschern. Als Böh- Fürsten Radislav befohlen haben, alle Galgen men unter Svatopluk I., Fürst von Mähren (ab in seinem Fürstentum niederzureißen. Wenzel 880 König von Mähren) Teil von Großmähren I. war zudem gläubiger Christ und führte der wurde, sympathisierten die adligen Landes- Legende nach ein sehr asketisches Leben24. herren auch weiterhin mit den ostfränkischen Diesen ihm zugeschriebenen Tugenden und Karolingern21. Offensichtlich bewahrten sich seinem tragischen Tod – er wurde von seinem die böhmischen Fürstentümer stets eine Bruder Boleslav I. ermordet25 – ist es wohl zu gewisse Souveränität gegenüber dem Mähri- verdanken, dass Herzog Wenzel post mortem schen Reich. Ihre Eigenständigkeit wurde heiliggesprochen wurde. Unmittelbar nach noch gestärkt, als nach dem Tode Svatopluks seinem Tod, wurde von Wundern an seiner Ende des 9. Jahrhunderts das Großmährische Ruhestätte berichtet und es entstand ein re- Reich zerschlagen wurde22. Aber auch das gelrechter Kult um den beliebten Herrscher26. fränkische Karolingerreich verlor zu dieser Noch heute ist sein Todestag ein staatlicher Zeit an Einfluss, und so begannen Anfang des Feiertag in Tschechien27. 10. Jahrhunderts die böhmischen Herzöge Kirchen wurden in Böhmen bereits im 23 ebd. aus dem Geschlecht der Přemysliden, ihren 24 Hoensch 1997, S. 45 25 ebd. 21 Hoensch 1997, S. 35-40 26 Schäfer 2018 22 ebd., S. 44 27 Schulferien.org 2018 15
Abb.5 Territorium Plassii, Vogt 1729 16
9. Jahrhundert von Mitgliedern des terziensermönche aus dem oberfränkischen Přemyslidengeschlechts auf deren Privat- Kloster Langheim – einem Tochterkloster besitz errichtet. So wurde die erste christli- des Kloster Ebrach – die zunächst aus Holz che Kirche Böhmens 885 bei Prag auf der gebauten, einfachen Stiftsgebäude. Zum Přemyslidischen Burgstätte Levý Hradec Herrschaftsgebiet des Klosters gehörten zu gegründet. Im 10. Jahrhundert entstanden die diesem Zeitpunkt die umliegenden Dörfer frühesten böhmischen Klöster, die den Regeln Kázňejov, Sechutice, Vrážné und Nebřeziny35. des Benediktinerordens folgten. Diese Abteien In den folgenden Jahren gingen durch Schen- waren ebenfalls Stiftungen der Přemysliden28. kungen Adliger weitere Dörfer in den Klos- terbesitz über36. 1154 wurde mit dem Bau der steinernen Stiftskirche begonnen, welche 3.2. Klostergründung jedoch erst 50 Jahre später fertiggestellt wur- de37. Das 12. Jahrhundert bescherte dem Stift Die ersten Zisterzienserklöster wurden in Böh- einen enormen Zuwachs an Besitztümern. Die men Mitte des 12. Jahrhunderts gegründet. Christianisierung hatte dazu geführt, dass Mit- Das Kloster Plasy wurde auf dem Areal eines glieder des Adels zum Schutz ihres eigenen ehemaligen Hofes errichtet, der zum Besitz Seelenheils und dem ihrer Familie das Kloster des damaligen Landesherrn Herzog Vladis- mit großzügigen Schenkungen bedachten. So lav II. aus dem Geschlecht der Přemysliden stiftete Herzog Sobieslaw dem Kloster im Jahr gehörte29. 1144 übergab dieser das Gut und 1175 die Siedlungen Břečow, Babina, Lomnitz, die angrenzenden Ländereien an die Zisterzi- Lutti und Lukow38. Leso von Železnice übergab enser und legte damit den Grundstein für die 1180 die Ortschaften Bikow und Wilčekow an Stiftsgründung30. Wie im Fall von Chorin und das Stift, 1183 kamen die Dörfer Cželowitz, Rein bestand also auch in Plasy an der Stelle, Zechuritz und Kočin aus dem Besitz des Her- auf der das Kloster gegründet wurde, zuvor zogs Friedrich hinzu39. Weitere Schenkungen schon eine Siedlung noch aus der Eisenzeit, folgten und so erweiterte sich die Grundherr- später dann ein fürstlicher Hof31. Dies brach- schaft des Klosters Stück für Stück40. te den Vorteil, dass sich die Mönche bereits während der Bauzeit provisorisch einrichten konnten. Zudem waren auch die dazugehöri- 3.3. Erste Blütezeit gen Ländereien vermutlich zumindest teilweise erschlossen und urbar gemacht32. Auch wenn Das 13. Jahrhundert kann allgemein als die dies nicht ganz den Ordensidealen von der Blütezeit der Zisterzienser in Böhmen be- abgeschiedenen Einöde entsprach, so traf das zeichnet werden. Die Konvente gewannen an doch auf die Lage in einer Niederung, an ei- Grundherrschaft und politischem Einfluss. Ver- nem Fließgewässer, umgeben von bewaldeten antwortlich dafür war die große Beliebtheit des Hügeln und abseits größerer Ortschaften zu33. Ordens bei einigen Mitgliedern des damals in Böhmen herrschenden Geschlechts der Nachdem mit dem Bau der Klosteranlage Přemysliden. Vor allem Vaclav II. bevorzugte begonnen wurde, bezogen 114634 neun Zis- die Zisterzienser vor allen anderen Orden, die zu dieser Zeit in diesem Gebiet existierten, 28 Hoensch 1997, S. 60 29 Seibt 1974, S. 42, 66 35 ebd. 30 VISIT PILSEN 2018 PILSEN TOURISMUS 2018 36 ebd. 31 Charvátová 1998, S. 158 37 ebd. 32 Sydow 1989, S. 54 38 Schaller 1785, S.150 33 Hertkorn 1989, S. 181 39 ebd. 34 Schaller 1785, S. 149 40 ebd. 17
Abb.6 Die Ereignisse des Deutschen Bauernkrieges 1523-1525, wikimedia.org [Stand 03.03.2018]. 18
wie zum Beispiel die Praemonstratenser oder Mit dem wachsenden Besitz sank jedoch Benediktiner41. Die Verbindung von Askese gleichzeitig das Ansehen der Mönchen in und Fleiß, die den Lebensstil der Zisterzienser der Bevölkerung. Die ursprünglich asketi- prägte, beeindruckte Vaclav II., und so ernann- sche Glaubensausrichtung verlor für viele an te er Zisterzienseräbte zu seinen persönlichen Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft, da Ratgebern und lies seine Kinder von ihnen die Ordensbrüder schlichtweg zu erfolgreich taufen42. Im 13. Jahrhundert verbreitete sich wirtschafteten. Zudem viel es den Mönchen der Orden in ganz Böhmen und Mähren und schwer, sich an die neu entstehenden Han- dehnte seinen Einflussbereich bis nach Schle- delsstrukturen anzupassen: Der Austausch sien und in die Lausitz aus43. von Waren war nicht länger auf lokale oder Die Grundherrschaft des Klosters Plasy ver- regionale Beziehungen beschränkt, sondern größerte sich durch weitere Schenkungen,44 fand zunehmend auch länderübergreifend und auch die Klosteranlage selbst wurde statt. Handelszentren waren in noch stärkerem erweitert. 1202 wurde die romanische Basilika Maße als zuvor die städtischen Märkte48. Das fertiggestellt45 und zwei Jahre später einge- Kloster Plasy war daher in der zweiten Hälfte weiht. Um 1265 entstand die zweistöckige Ka- des 14. Jahrhunderts dazu gezwungen, Teile pelle als Teil der Königlichen Residenz. Heute seiner Grundherrschafft zu verpachten oder zu bildet sie das Zentrum des großen Speichers verpfänden49. und ist das älteste noch erhaltene Gebäude der Klosteranlage. 3.5. Niedergang des Klosters 3.4. Der Anfang vom Ende 1363 trat Wenzel IV. (1361-1419), Sohn von Karl IV., die Thronfolge im Böhmischen Kö- Nach dem Ende der Přemyslidenherrschaft nigreich an. Der neue König, auch Wenzel Anfang des 14. Jahrhunderts übernahmen die der Faule genannt, kümmerte sich nur wenig Luxemburger die Herrschaft über das König- um die Belange der Bevölkerung Böhmens. reich Böhmen. Johann von Luxemburg (1296- Zudem geriet er immer wieder in Streit mit 1346) war ab 1311 König von Böhmen. Nach den kirchlichen Institutionen. Diese Auseinan- seinem Tod ging die Regentschaft an seinen dersetzungen gipfelten auf grausame Weise Sohn Karl IV. (1316-1378). Auch die Luxembur- in der Ermordung des Prager Generalvikars ger waren den Zisterziensern wohlgesonnen, Johann Nepomuk im Jahr 1393. Mit dieser so dass bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts brutalen Tat brachte Wenzel IV. auch die Ad- bereits 70 Dörfer Teil der klösterlichen Grund- ligen in Böhmen gegen sich auf. Folge dieser herrschaft von Plasy waren46. Die größte innenpolitischen Zwistigkeiten waren die Hus- Ausdehnung des Kerngebietes der Grundherr- sitenkriege (1419-1434), benannt nach dem schaft, wie sie der Mönch Mauritius Vogt 1729 Reformator Jan Hus (um 1370-1415)50, die sich in seiner Karte Territorium Plassii als „Limites mit Unterstützung des Adels sowohl gegen antiqui“ festgehalten hat (Abb. 5), dürfte zu den herrschenden König als auch gegen die jener Zeit erreicht worden sein47. römisch-katholische Kirche richteten51. Kriege- rische Auseinandersetzungen wüteten in ganz 41 Schaller 1785, S. 43, 149 42 Charvátová 2013, S. 63-74 Böhmen, so auch um Plasy und Kralovice 43 Seibt 1974, S. 52 44 Schaller 1785, S. 149 48 Seibt 1987, S. 325 f 45 Charvátová 1998, S. 169 49 Charvátová 1998, S. 163 46 Schaller 1785, S. 52 50 Bautz 1990 47 Territorium Plassii 1729 51 Seibt 1987, S. 332-333 19
http://digitool.is.cuni.cz:1801/view/action/nmets.do?metsid=808062&op=showView&divid=DTL2 Abb.7 Die Burg Krašov in der Karte des Grenzstriches der Klosterherrschaft aus dem J. 1674, Zilynská; Zilynskyj 1674. 20
südöstlich von Prag (vgl. Abb. 6). zur Mitte des 18. Jh. weitgehend unverändert. Die mit den Hussitenkriegen einhergehenden Die Ausdehnung der Grundherrschaft auf dem Reformationsbewegungen beendeten schließ- Höhepunkt dieser zweiten Blütezeit Anfang lich die erste Blütephase nahezu aller Zister- des 18. Jahrhunderts wird in der Karte von zienserklöster, die traditionell an der Seite der Vogt (Abb. 5) mit der Umgrenzung „Limites katholischen Landesherrscher standen52. hodierni“ dargestellt. Diese Markierung ent- Plasy wurde 142153 zu großen Teilen niederge- spricht in etwa auch den Grenzen der heutigen brannt, die meisten noch zur Grundherrschaft Klosterlandschaft und somit auch denen des gehörigen Dörfer wurden verpfändet54. gewählten Untersuchungsgebiets. In dieser zweiten Hochphase konnten auf- grund des wiedererlangten Wohlstandes viele 3.6. Wiederaufbau niedergebrannte und verfallene Gebäude der Klosteranlage wieder hergestellt werden, neue Auf Initiative der deutschen Mutterklöster wur- Bauten wie der große Speicher und die Prä- de im 16. Jahrhundert mit dem Wiederaufbau latur wurden errichtet. Ebenso wie die Abtei einiger weniger Konvente begonnen. selbst wurden auch die zurückgegebenen Mit Unterstützung aus Langheim konnte auch Grangien im Barockstil saniert. Nachhaltigen Plasy wieder zum Ordenssitz aufgebaut we- Einfluss hatten zu dieser Zeit der französische den55. Maler und Architekt Jean-Baptiste Mathey (1630-1695) sowie Johann Blasius Santini- Aichel (1677-1723), ebenfalls Maler und Archi- 3.7. Zweite Blütezeit tekt. Mathey veranlasste unter Abt Andre Tro- jer (1648-1699) den Bau der Prälatur und den Doch erst mit dem Dreißigjährigen Krieg barocken Umbau der St.-Wenzels-Kirche57. (1618-1648) wurde dem Niedergang der Zis- Unter Abt Eugen Tyttl (1666-1738) leitete terzienserklöster wirklich Einhalt geboten56. Santini-Aichl am Kloster weitere umfangreiche In der Schlacht am Weißen Berg 1620 gelang Umbaumaßnahmen im barocken Stil ein. Des den kaiserlichen Truppen mit Unterstützung Weiteren baute er die Wallfahrtskirche Ma- der Katholischen Liga unter Kurfürst Maxi- riä Verkündigung bei der Propstei Mariánská milian von Bayern (1573-1651) der Sieg über Týnice, unterstützte Abt Tyttl beim Bau seiner die böhmischen Heere und damit auch die Privatkapelle in Mladotice und war federfüh- Rekatholisierung der protestantischen Gebie- rend beim Wiederaufbau der Grangie Hube- te. Kaiser Ferdinand II., der sich während der nov. Unruhen stets der Unterstützung durch das Bis heute prägen barocke Gebäude die histo- Kloster Plasy sicher sein konnte, gab dem Stift rische Kulturlandschaft, die Spuren aus dem große Teile des verloren gegangenen Besitzes Mittelalter wurden nahezu vollständig über- zurück. Bis ins 17. Jh. konnten noch weitere formt. ehemalige Besitztümer zurückerworben wer- den. Die Burg Krašov mit den dazugehörigen Ländereinen (Abb. 7) wurde 1678 als eines der letzten Güter vom Kloster zurückgekauft. Danach blieb der Grundbesitz des Klosters bis 52 Seibt 1974, S. 43 53 Charvátová 1998, S. 163 54 Seibt 1974, S. 43 55 Seibt 1974, S. 43 56 Hojda 2005, S. 105, 106 57 Bukačová 2015, S. 168 21
Abb.8 Prospekt des gewesten Klosters Plaß, Cistercienser Ordens im Böheim, PRusIK 1809. 22
Gebäude zu Lagerräumen und Wohnungen für 3.8. Auflösung im Zuge der Bedienstete umgewandelt. Metternich erwählte Josephinischen Reform die dem Konventsgebäude gegenüberliegende Kapelle zur letzten Ruhestätte für seine Fami- lie und ließ sie im Empire-Stil umgestalten. Die Die Machtübernahme durch die Habsburger Brauerei, in der heute das Technikmuseum Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) im Jahr untergebracht ist, baute er im Klassizistischen 1740 brachte auch für Böhmen politische Stil um. Unruhen mit sich. Die langwierigen Auseinan- Während die historische Substanz des Klos- dersetzungen waren sehr kostenintensiv und ters also in vielen Bereichen verloren ging, ließen die Wirtschaft stagnieren. Selbst die profitierte die Ortschaft Plasy von der Habs- bis dahin von Abgaben verschont gebliebenen burger Herrschaft. Neu geschaffene Betrie- Klöster wurden nun zu Kontributionszahlungen be zogen Arbeitskräfte aus der Umgebung an die Regierung gezwungen58. Mit der Katho- an, und so dehnte sich die Siedlung im 19. lischen Aufklärung kam es im 18. Jahrhundert Jahrhundert auf das Gebiet östlich der Střela unter Maria Theresias Sohn Kaiser Joseph II. aus. 1873 wurde Plasy an die Eisenbahnlinie zur Auflösung fast aller Zisterzienserkonvente zwischen Pilsen und Saaz angeschlossen. im heutigen Tschechien59. Einzig die Konvente In den folgenden Jahrzehnten förderten die Ossegg und Hohenfurth überdauerten und Metternichs vor allem den Waldbau um Plasy. wurden bis zur Enteignung durch den tsche- Nach der Enteignung des Fürstenhauses mit choslowakischen Staat 1950 als klösterliche dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfiel das Institutionen geführt60. Kloster zusehends. Zur Zeit des Sozialismus 1785 ging der Ordenssitz in Plasy sowie der wurden die Gebäude teilweise umgenutzt und gesamte Klosterbesitz, der zu diesem Zeit- die einzelnen Parzellen zu großen Landwirt- punkt noch 55 Dörfer umfasste, in einen staat- schaftsbetrieben zusammengelegt. Mit der lichen Religionsfond über61. Restauration und Sanierung der Anlage wurde aber erst 1993 begonnen, nachdem archäolo- gische Ausgrabungen den Standort der ehe- 3.9. Die Zeit danach maligen Königlichen Residenz beim späteren Kornspeicher freilegten63. 1826 kaufte der damalige österreichische Außenminister Klemens Wenzel Lothar von Metternich (1773-1859) die gesamte Grund- herrschaft Plasy. Er ließ Teile des Klosters zu einem Schloss im Empirestil umbauen und legte einen englischen Landschaftsgarten sowie zahlreiche Alleen an62. Der ehemalige Klostergarten sowie das eindrucksvolle Was- sersystem wurden weitestgehend zerstört bei der Verlegung der Hauptstraße entlang dem Ostflügel des Konventsgebäudes. Mit bauli- chen Ergänzungen wurden die historischen 58 Bĕlina, Kaše, Kučera 2001, S. 41-45 59 Seibt 1974, S. 43 60 Seibt 1974, S. 43 61 ebd. 62 Kuča 2015, S. 323f 63 Charvátová 1998, S. 195 23
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4. P r ä g e n d e E i n f l u s s f a k t o r e n u n d Elemente der zisterziensischen Klosterlandschaft Prägende Einflussfaktoren der Forstwirtschaft, dem Getreideanbau und Klostergründungen trugen in ganz Mitteleuro- der Schafzucht, hatten Mühlen als verarbeiten- pa einen nicht unbedeutenden Teil zur Neu- des Gewerbe eine besondere Bedeutung. Da besiedlung bei, vor allem im Zusammenhang die Ordensregeln den Mönchen den Verzicht mit der Ostkolonisation. Gemäß ihrer Glau- auf Fleisch vorschrieben, den Verzehr von bensgrundsätze bevorzugten die Zisterzienser Fisch aber gestatteten, legten sie zudem in der bewaldete Standorte fernab der Zivilisation64. Umgebung des Klosters oft großzügige Teich- Der Wald war ein wichtiger Rohstofflieferant anlagen für die Fischzucht an. Diese Form der für Bau- und Brennholz und diente zudem als landschaftlichen Nutzung zeichnet sich in den Waldweide. Ebenso wichtig wie die isolierte meisten Fällen auch heute noch deutlich in der Lage war der Zugang zu Fließgewässern und Landschaft ab und ist, neben der Grangien- der damit zur Verfügung stehenden Wasser- struktur, wohl auch am spezifischsten für den kraft.65 Die Zisterzienser waren Meister darin, Orden der Zisterzienser. Die Grangien, die nur sich diese zunutze zu machen. So wurden in in den Anfängen des Ordens von den Mön- Ihrem Zutun ausgeklügelte Be- und Entwäs- chen bzw. Konversen in Eigenbewirtschaftung serungssysteme entwickelt, die das Kloster unterhalten wurden, lagen in der Regel ma- mit fließendem Wasser versorgten und das ximal eine Tagesreise vom Kloster entfernt Abwasser direkt wieder vom Kloster ablei- und waren in manchen Fällen auf einen Wirt- teten. Zum anderen wurden Fließgewässer schaftszweig spezialisiert, was die optimale genutzt, um die für die Eigenwirtschaft wich- Ausnutzung der Kapazitäten ermöglichte. tigen Mühlen zu betreiben, potentielle Acker- Im Falle von Plasy gibt es auf diese Form flächen zu entwässern oder trockene Wiesen der Arbeitsteilung allerdings keine konkreten zu bewässern. Das Kloster Plasy bildete hier Hinweise. Forswirtschaft, Getreideanbau und keine Ausnahme: Wasserkraft war im Über- Schafzucht wurden in allen Wirtschaftshö- maß vorhanden, denn das ehemalige Stifts- fen betrieben. Die Grangienwirtschaft war im gebiet ist durchzogen von diversen kleineren hohen Maße abhängig von den Laienbrüdern, und größeren Fließgewässern. Aufgrund der auch Konversen genannt66. Denn für die Mön- wirtschaftlichen Schwerpunkte des Klosters in che, die fest an den liturgischen Ablauf inner- halb des Klosters gebunden waren, war das 64 Küster 2013, S. 233-235 65 Tremp 1997, S.21 66 Küster 2013, S. 233-235 25
Abb.9 Modell des Klosterkomplexes, Seel 2018 unveröffentlicht. 26
Bewirtschaften der weit auseinanderliegenden Wirtshäuser oder Herbergen für die Reisen- Höfe aus Zeitmangel gar nicht möglich. Für den errichtet, Zölle erhoben und Siedlungen die Konversen hingegen, die unabhängig von entlang der Verkehrswege gegründet. ihrem bisherigen gesellschaftlichen Stand in den Orden aufgenommen wurden und Wo Klima und Topographie es erlaubten, streng getrennt von den Chormönchen auch legten die Mönche auch Weingärten an. Da es innerhalb des Klosters lebten, galten weniger um Plasy jedoch nur wenige warme und ganz- strenge Regeln. So mussten Sie nicht an allen jährig frostfreie Hänge gibt, konzentrierten sich Gebeten teilnehmen. Zudem war es ihnen auf- die Mönche zunehmend auf den Anbau von grund der harten körperlichen Arbeit gestattet, Hopfen für die Bierproduktion. Fleisch in Maßen zu essen67. Ohne die Einfüh- rung des Konversentums hätten die anfallen- den Arbeiten auch schon im Mittelalter kaum 4.1. Klosterkomplex bewältigt werden können. Viele Laienbrüder kamen aus eher ärmlichen Verhältnissen und Die imposante, in der Flussniederung der nutzten die Gelegenheit, ihren bis dahin oft Střela gelegene Klosteranlage im barocken präkeren sozialen Verhältnissen zu entkom- Stil, bildet das historische Zentrum der Stadt men68. Diese Organisationsstruktur begrün- Plasy. 1144 auf einer Schenkung von Vladislav dete den anfänglichen Erfolg des Ordens, ist II. gegründet, entwickelte sich das Kloster in jedoch gleichzeitig der Grund, weshalb Gran- den letzten Jahrhunderten zu einem Gebäude- gien in den meisten Fällen, so auch in Plasy, ensemble, dessen Strahlkraft auch heute noch früher oder später von Lohnarbeitern betrieben zu spüren ist70. Unter der Leitung des Abts werden mussten. Denn mit dem Erstarken der Konrad aus dem Mutterkloster Langheim71 Städte und der damit einhergehenden Ent- konnte der erste steinerne Bau, die romani- wicklung des Bürgertums ab dem 14. Jahrhun- schen Basilika, 1202 fertiggestellt werden72. dert geriet das Konversentum in eine Krise, In den folgenden Jahren wurde ein Konvents- die großen Höfe konnten aus eigener Kraft gebäude errichtet, in dem zur ersten Blüte- schlicht nicht mehr betrieben werden. zeit des Klosters 60 Mönche Platz fanden73. Während der Hussitenkriege (1419-1434) Das einträgliche Wirtschaften der Zisterzien- wurde das Kloster fast vollständig zerstört. ser brachte auch einen nicht unerheblichen Die Ländereien der Grundherrschaft wurden Machtgewinn mit sich. Zunehmend wurden an verschiedene Adlige verteilt. Erst nach der bereits kultivierte Ländereien vom Kloster Schlacht am Weißen Berg 1621 und der damit eingekauft, bestehende Dörfer wurden umge- einhergehenden Rekatholisierung ging es mit siedelt oder zu Grangien umgewandelt69. Der den Zisterziensern in Plasy wieder bergauf. wirtschaftliche Einfluss des Ordens wuchs. Sie erhielten einen Großteil ihres Besitzes Wichtige Handelsrouten, wie im Falle von zurück und wurden vom damaligen Kaiser Plasy die Strecke von Pilsen nach Norden Ferdinand II. unterstützt. So war das Stift auch Richtung Eger, führten nicht selten in der Nähe finanziell in der Lage, mit dem Wiederaufbau des Klosters vorbei. Dies wiedersprach zwar des Klosters zu beginnen. Unter Abt Trojer der eigentlichen Ordensidee der Abgeschie- (1681-1699) und seinem Nachfolger Abt Tyttl denheit, wurde aber dennoch intensiv von wurden, in Zusammenarbeit mit bedeutenden den Klöstern genutzt. Beispielsweise wurden 70 Charvátová 1998, S. 155-158 71 ebd., S. 176 67 Sydow 1989, S. 56 68 Tremp 1997, S. 29-33 72 ebd., S. 169 69 ebd., S. 26-27 73 Pokorný 1995, S. 143-150 27
Abb.10 Hydraulisches System im Klosterbereich, Unbekannt 1882. 28
Künstlern und Baumeistern wie Jan Baptis- wurde ein ebenfalls aus Eichenholz bestehen- ta Mathey und Johann Blasius Santini-Aichl des Gitter konstruiert. Darüber folgten mehre- (1677-1723), viele Gebäude wieder aufgebaut re steinerne Schichten, die den Aufstieg des und zahlreiche Neubauten errichtet: 1666 Wassers im Fundament verhindern sollten. Zur wurde die romanische Basilika im Barockstil Versorgung der Klosteranlage mit Frischwas- hergerichtet. Ihr ursprünglicher Grundriss blieb ser wurden Kanäle angelegt, die aus höher dabei unverändert. Der dreistöckige Speicher gelegenen Quellen in der Umgebung gespeist wurde 1686 fertiggestellt. Zentral integriert wurden. Zwei Bassins innerhalb des Gebäu- in das immer noch prächtige Wirtschaftsge- des ermöglichten das Ablesen des Wasser- bäude ist die Königliche Kapelle aus dem 13. standes, was grundlegend für die Stabilität Jahrhundert. Sie ist der letzte, noch sichtbare war. Eine historische Inschrift an einem der romanische Teil des Klosterkomplexes. Die Bassins bezeugt diese Bedeutung. Sie lautet: Prälatur aus dem Jahr 1699 diente den Äbten „Aedificium hoc sine aquis rust“ = „Ohne Was- als repräsentative Residenz, beispielsweise ser wird dieser Bau einstürzen“. Außerdem für den Empfang von Gästen. 1739 wurde konnten die Mönchen hier die Qualität des schließlich das neue Konventsgebäude fer- Frischwassers überprüfen. Ein System aus tiggestellt. Es ist nach Süden ausgerichtet mehreren Kanälen sammelte Wasser, das bei und umfasst neben dem Sommer- und Win- Starkregen oder Überschwemmungen anfiel terrefektorium, die Kapelle St. Benedikt, eine und führte es zusammen mit dem Abwasser Bibliothek sowie ein Spitalflügel mit eigener in den sogenannten „Königlichen Stollen“. Kapelle und einer Apotheke74. Im Westen Dabei handelte es sich um einen künstlich schließen die ehemalige Klostermühle und angelegten Abzweig aus der Střela, der das die Brauerei an, die im 19. Jahrhundert unter überschüssige Wasser über die Klostermühle Metternich im klassizistischen Stil umgebaut zurück in den Fluss leitete75. Auch der Teich wurde und in der sich heute das Technikmu- südlich des Klosters76, aus dem sich die Mön- seum befindet. Zwischen dem Konvent und che mit Fisch versorgten, wurde aus der Střela der Prälatur liegt die zentrale Kirche. Der und einem kleineren Zufluss in östlicher Rich- Getreidespeicher mit der romanischen Kapelle tung gespeist. Diese Art der Wassernutzung schließt das Ensemble nach Osten hin ab. hatte nicht nur hygienische Gründe, sondern auch einen symbolischen Wert für die Mön- che, wonach der Fluss, ebenso wie das Leben 4.2. Hydraulisches System im Kloster einen dienenden und reinigenden im Klosterbereich Charakter hat77. Das Wassersystem des Klosters ist ein be- eindruckendes Beispiel für die fortschrittliche 4.3. Grangien / Meierhöfe Bauweise der Zisterzienser und hängt eng mit der Gebäudekonstruktion zusammen. Der Bei den Grangien oder Meierhöfen, wie sie feuchte Untergrund im Střelatal zwang den später bezeichnet wurden, handelt es sich um Architekten Santini bei der Planung des neuen eindrucksvolle, teils architektonisch einzig- Konventbaus zu besonderen Maßnahmen: Um artige Wirtschaftshöfe. Im Zuge der zweiten die Stabilität des mächtigen Gebäudes zu ge- Blütephase des Klosters im 17. Und 18. Jahr- währleisten, wurden 5100 Pfähle aus Eichen- hundert wurden die Meierhöfe aufwendig im holz senkrecht im Boden versenkt. Auf ihnen 75 Řehák et al. 2015, S. 89f 76 Territorium Plassii 1729 74 vgl. hierzu Charvátová 1998 77 Hertkorn 1989, S. 182 29
Grangien, Ackerbau und Viehzucht Meierhof / Grangie Schäferei Kalec Olšany Hubenov Kralovice Sechutice Lomany Plasy Lednice Rohy Býkov Třemošná Plzeň Plzeň Abb.11 Grangien und historische Schäferei im Gebiet der ehemaligen Grundherrschaft, Seel (2018). 30
Barockstil saniert, was die große ökonomische gen (1419-1436) nahezu völlig zerstört wurde. Bedeutung für das Kloster unterstreicht78 Die Florian Griespek von Griespach (1504-1588) klösterlichen Wirtschaftshöfe wurden höchs- erwarb die Überreste des Dorfes und veran- tenfalls bis ins 14. Jahrhundert von Konver- lasste den Wiederaufbau mit eigener Braue- sen betrieben, weshalb diese maximal einen rei und Schenke, einer Schäferei und sogar Tagesmarsch vom Kloster entfernt sein soll- einem kleinen Schlösschen. Auch dieser ten79. So konnten die Laienbrüder zumindest Besitz ging 1632 an das Kloster zurück. In den an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst Jahren 1699 -1707 wurde der Meierhof saniert besuchen. Noch heute ist diese Verteilung in und ausgebaut. Mit den neuen Getreidehäu- der Landschaft nachvollziehbar (siehe Abb.11). sern, einer großen Scheune, der Schäferei Zentraler Bestandteil der Vierseitenhöfe ist und einem Brunnen wurde Sechutice zur größ- der Kornspeicher, der sich meist diametral ten Grangie der Klosterherrschaft80. gegenüber des Wohntraktes befindet. In den Klösterliche Wirtschaftshöfe konnten aber Seitenflügeln sind Stallungen und weitere auch maßgebend für die Siedlungsentwick- Wirtschaftsräume untergebracht. Im Innenhof lung sein. Beispiele hierfür sind die Dörfer befindet sich in der Regel ein kleiner Teich, Kaznějov, Hodyně, Nynice und Mladotice die der auch als Viehtränke diente. Im Falle des sich aus ehemaligen Grangien des Stiftes Hofes Hubenov steht zusätzlich ein kleines aus dem 12. Jahrhundert entwickelten. Aller- Kühlhaus für die Milchprodukte im Zentrum dings ist zu erwähnen, dass diese Orte schon der Anlage. Hubenov, nördlich von Kralovice, zuvor besiedelt waren, also nicht von den zählt zu den imposantesten Meierhöfen, die Zisterziensern kolonisiert wurden81. Die heu- bis heute die Kulturlandschaft um das Klos- te noch erhaltenen Meierhöfe sind nicht nur ter prägen. Ursprünglich existierte an diesem beispielhaft für die Architektur der Grangien. Standort ein gleichnamiges Dorf, das in der Sie verdeutlichen auch die Siedlungspolitik Zeit von 1250 und 1420 in Klosterbesitz war. des Stiftes in besonderer Weise: Die Errich- Die Siedlung wurde jedoch im 15. Jahrhun- tung klösterlicher Wirtschaftshöfe auf bereits dert zerstört, die Wüstung ging in den Besitz bestehenden Siedlungsplätzen, wurden von der adligen Familie Griespek von Griesbach den Zisterziensern in allen Phasen des Auf- über. Im Zuge der Rekatholisierung erhielt schwungs systematisch vorangetrieben82 83. das Kloster das Grundstück 1623 zurück. Als besondere Schmuckstücke und prägen- Ein neues Dorf wurde gegründet, das jedoch de Landschaftselemente sind vor allem die 1726 vom damaligen Abt Tyttl wieder aufge- Meierhöfe Kalec, Hubenov, Lednice, Býkov, löst wurde. Die Bewohner wurden in anderen Sechutice, Lomany und Rohy hervorzuheben. Dörfern untergebracht und an gleicher Stelle Sie können als das hervorstechende Merkmal entstand 1730 der Meierhof nach den Plänen der historischen Klosterlandschaft von Plasy des Architekten Santini-Aichl. Ein weiterer bezeichnet werden. auf einer Wüstung errichteter Meierhof ist der Hof Sechutice nordöstlich von Plasy. Bereits vor 1250 wurde das dem Kloster geschenkte 4.4. Ackerbau & Viehzucht Dorf in eine Grangie umgewandelt. Vermutlich wegen Unwirtschaftlichkeit entstand Anfang Im 9. Jahrhundert besiedelten Bauern aus- des 14. Jahrhunderts an gleicher Stelle wieder schließlich die flachen Ebenen, vorwiegend im eine Siedlung, die jedoch in den Hussitenkrie- 80 Charvátová 2013, S.162 81 ebd. 78 Charvátová 2013, S.184f 82 Charvátová 2013, S.184f 79 Sydow 1989, S. 62 83 Sydow 1989, S. 56. 31
Spuren von Sonderkulturen Ackerterassen Weinbergrelikt Kralovice Plasy Třemošná Plzeň Abb.12 Spuren von Sonderkulturen im Gebiet der ehemaligen Grundherrschaft, Seel (2018). 32
Norden und Osten Böhmens. Die fruchtbaren Wein nur für eine kurze Periode während der Böden sowie das gemäßigte Klima boten gute Amtszeit des Abts Trojer (1681-1699) ange- Voraussetzungen für ertragreichen Ackerbau baut. Da die Weinernte nicht ergiebig war, wur- und die Nutztierhaltung. Angesiedelt in offe- den auf den Terrassen stattdessen Apfelbäu- nen Dorfgemeinschaften, bauten die Bauern me gepflanzt. Weingärten existierten also nur Getreide an und hielten kleinere Herden von temporär in direkter Klosterumgebung und bei Schafen. Handwerkliche Berufe wurden zu Kralovice sowie in der Nähe von Prag88. Ver- dieser Zeit ausschließlich in den Burganla- mutlich konnte so gerade der Eigenbedarf der gen ausgeübt84. In der zweiten Hälfte des Mönche an Messwein gedeckt werden. Hop- 10. Jahrhunderts wurde die Landwirtschaft fen wurde dagegen in vielen Gärten in kleine- in Böhmen intensiviert: Die Verwendung von rem Stil angebaut und in privaten Brauereien Düngemitteln, der Einsatz spezieller Geräte verarbeitet. Mit der Einrichtung der großen und die Einführung der Dreifelderwirtschaft Brauerei 1558 auf dem Stiftsgelände prospe- führten zu höheren Erträgen. Neben Getreide rierte die Bierherstellung in Plasy. Zur Stiftsan- und Feldfrüchten wurden nun auch Sonderkul- lage gehörte in der Regel ein Klostergarten, in turen wie Obst, Flachs oder Wein angebaut. dem Obst- und Gemüse sowie die wichtigsten Die Viehzucht etablierte sich zunehmend, Medizinalkräuter angepflanzt wurden. Solche weshalb Jagd und Fischfang blad nur noch Nutzgärten innerhalb der Klostermauern gab zum Zeitvertreib des Adels betrieben wurde85. es auch in Plasy89. Jedoch sind von diesen Unter dem Einfluss des Klosters wurde die Sonderkulturen nur noch wenige Spuren in der Schafzucht weiter ausgebaut. Jeder Meierhof Landschaft zu finden (siehe Abb.12). So kann verfügte über mindestens eine Schäferei, in man besispielsweise am Südhang, nördlich erster Linie für die Wollgewinnung, zunächst des Klosterkomplexes noch eine deutliche für die Herstellung der traditionellen Mönchs- Terrassierung erkennen. kutten, später dann auch für den Handel. Zur Blütezeit des Klosters besaß jedes Dorf im Einflussbereich des Klosters mindestens 500 4.6. Teichwirtschaft Tiere86. Die ehemalige Schäferei nördlich des Meier- Neben Ackerbau und Viehzucht war die hofes Býkov wird in der I. Militärischen Auf- Fischzucht für die Mönche von großer Bedeu- nahme von 1764-68 noch als „Schåfferey“87 tung, denn die Ordensregeln schrieben den bezeichnet. Trotz der vermutlich intensiven Verzicht auf Fleisch vor. Da keine natürlichen baulichen Veränderungen, stellt sie eines Seen oder Teiche in der Umgebung von Plasy der letzten Zeugnis dieses wirtschaftlichen existierten, aber zahlreiche Fließgewässer das Schwerpunkts der klösterlichen Wirtschaft dar. Stiftsland durchziehen, war es nur logisch, dass die Mönche durch die Errichtung von Stauwerken und die gezielte Umleitung des 4.5. Weinbau, Obstgarten, Hopfen, Wassers ihre eigenen Fischteiche anlegten. & weitere Sonderkulturen Diese künstlichen Gewässer waren zum Teil von erstaunlichen Ausmaßen und prägen die Aufgrund der klimatischen Verhältnisse mit Landschaft, in Form von Teichen und Teich- relativ kühlen Sommertemperaturen, wurde relikten, bis heute (siehe Abb.13). So wurde 84 Hoensch 1997, S. 56 1373 bei Mladotice, etwa sieben Kilometer 85 ebd., S. 43 86 Bukačová mdl. 2018 88 Charvátová 1998, S. 183, 186 87 I. Militärische Aufnahme 1764 - 68 89 vgl. hierzu: Prusik 1809, Abb. 8 33
Teichwirtschaft Teich Teichrelikt Kralovice Plasy Třemošná Plzeň Abb.13 Teiche und Teichrelikte im Gebiet der ehemaligen Grundherrschaft, Seel (2018). 34
nördlich von Plasy, ein rund 100 ha großer starker Regenfälle oder der Schneeschmelze Stausee gebaut. Nach einem verheerenden abgefangen werden, was in der Vergangenheit Dammbruch im Jahr 1830 ist von dem künst- auch für den Mühlenbetrieb von Bedeutung lichen Gewässer nur eine weitläufige Ebene war. geblieben sowie Fragmente der ursprüngli- Häufig sind mehrere Teiche als Ketten mitein- chen Dammanlage. In unmittelbarer Nähe zum ander verbunden, wie zum Beispiel in Bykov90 Kloster war ebenfalls ein Teich angestaut, der oder bei Kralovice91, wo jeweils vier Teiche in aus der Střela gespeist wurde. Dieser ist heute unterschiedlichen Abständen zueinander, hin- nur noch zu einem kleinen Teil erhalten. Weite- tereinander geschaltet sind. Einige der künstli- re Teiche für die Fischzucht finden sich verteilt chen Gewässer sind inzwischen trockengefal- im gesamten Untersuchungsgebiet, vor allem len92, andere werden heute als Badegewässer im Zusammenhang mit den Siedlungen. Ne- genutzt. Diese Teichketten bilden in der ben ihrer Funktion als Zuchtteiche dienen die heutigen Landschaft ein markantes Element, Wasserbecken bis heute auch der Regulierung das für die Gegend charakteristisch ist. des Wasserstandes. Durch die Retentions- 90 I. Militärische Aufnahme 1764 – 68 91 I. Militärische Aufnahme 1764 – 68 funktion können Hochwasserspitzen in Folge 92 Territorium Plassii 1729 http://digitool.is.cuni.cz:1801/view/action/nmets.do?metsid=808062&op=showView& Abb.14 Teiche in der Karte des Grenzstriches der Klosterherrschaft aus dem J. 1674, Zilynská; Zilynskyj 1674 35
Waldwirtschaft Klosterwald Forsthaus Kralovice Plasy Třemošná Plzeň Abb.15 Klosterwald und historische Forsthäuser im Gebiet der ehemaligen Grundherrschaft, Seel (2018). 36
auch alle anderen Arbeiten selbst durchführen. 4.7. Waldwirtschaft Das angestrebte Ziel, die Klosterwirtschaft gänzlich ohne fremde Hilfe zu bewältigen, Waldflächen finden sich, bedingt durch die überdauerte jedoch nur kurze Zeit, da die Ver- Topographie, vor allem im Südwesten des richtung der geistlichen Aufgaben schon einen Untersuchungsgebietes (siehe Abb.15). Hier großen Teil des Tages in Anspruch nahm. Aus ist das Gelände steiler, die Landschaft insge- diesem Grund wurden Laienbrüder in den samt bewegter. In den höheren Lagen sind die Orden aufgenommen. Neben der Bestellung Böden nährstoffärmer als in den tieferliegen- der Felder und der Versorgung der Haustiere, den Ebenen und das Klima ist deutlich rauer. gehörte auch die Handarbeit in den kloster- Ackerbau wäre hier kaum möglich gewesen eigenen Werkstätten zu ihren Aufgaben98. und so wurden die bestehenden Wälder für Jedes Zisterzienserkloster verfügte üblicher- die Waldweide, vor allem aber zur Gewinnung weise über eine Mühle und ein Backhaus, eine von Brenn- und Bauholz genutzt. In den Fun- Brauerei und einen Weinkeller. Manufakturen damenten des Stiftsgebäudes wurden allein zur Herstellung von Kleidung und Werkstätten schon 5100 Eichenpfähle verbaut93. In der wie eine Schreinerei oder eine Schmiede, um historischen Karte Territorium Plassii von 1729 einfache Werkzeuge anzufertigen, waren in ist bereits der „Silva magna“ verzeichnet, was vielen Klöstern ebenfalls Teil der Abtei99. Bis soviel bedeutet wie „der große Wald“94. auf die Mühle und die Brauerei waren in Plasy Aufgrund der landschaftlichen Situation ist die solche handwerklichen Betriebe jedoch in die Waldfläche aus der Klosterzeit bis heute weit- umliegenden Dörfer ausgelagert. Von ihnen gehend konstant geblieben und entspricht der bezog das Kloster die weiterverarbeiteten Ausdehnung auf der I. Militärische Aufnahme Produkte100. von 1764 – 6895. Für die Mönche war die Waldwirtschaft ein be- H an d e l un d Ve r ke h r deutender Teil ihrer autarken Eigenwirtschaft. Die im Stift hergestellten Waren dienten Auch heute wird der Forst intensiv bewirt- zunächst ausschließlich der Eigenversorgung schaftet. Für die Holzgewinnung werden inzwi- der Mönche. Als Resultat der erfolgreichen schen vorwiegend Nadelhölzer angepflanzt. Wirtschaftsführung entstand jedoch eine Über- An den klösterlichen Waldbau erinnern zwei produktion. Überschüssige Waren wurden historische Forsthäuser nördlich von Plasy und zunächst gegen andere Güter und Naturalien im Tiergarten bei Sechutice96. getauscht, später aber auch verkauft. Pro- dukte aus Plasy fanden guten Absatz, und so entwickelte sich, vor allem auf den Märkten in 4.8. Gewerbe, Verkehr, Mühlen, Pilsen101, ein reger Handel mit den weltlichen Bergbau & Ziegeleien Bürgern, der den Ordensidealen eigentlich entgegenstand. Im 16. Jahrhundert wurde mit dem Bau der Werkstätten klostereigenen Brauerei 1558 die Bierprodukti- Für die Mönche war ihre Autarkie eines der on als weiterer wichtiger Wirtschaftszweig aus- wichtigsten Ordensideale97. Daher mussten sie gebaut. Weinherstellung spielte dagegen eine neben den täglichen Chorgebeten eigentlich untergeordnete Rolle. Das Klosterbier wurde 93 Řehák et al. 2015, S. 90-91 94 vgl. hierzu: Territorium Plassii 1729 98 ebd., S. 54, 67 95 vgl. hierzu: I. Militärische Aufnahme 1764 – 68 99 ebd., S.67 96 I. Militärische Aufnahme 1764 – 68 100 Ranochová ohne Datum 97 Sydow 1989, S. 54 101 Charvátová 1998, S. 188-190 37
Gewerbe und Verkehr Mühlen historischer Mühlenstandort Mühlengraben Alaunabbau Steinbruch Klosterbrauerei Herberge / Wirtshaus historischer Handelsweg historischer Brückenstandort Kralovice Plasy Plasy Třemošná Plzeň Abb.16 historische Kulturlandschaftselemente aus dem Bereich Gewerbe und Verkehr im Gebiet der ehemaligen Grundherrschaft, Seel (2018). 38
im Klostergasthof in Kralovice ausgeschenkt. sich im breiten Tal der Berounka meist als vom Aber auch andere vom Stift produzierte Waren Hauptstrom abgezweigter künstlicher Gra- wurden hier zum Verkauf angeboten102. Eine ben der an der Mühle vorbeiführt und danach weitere Gaststätte in Klosterbesitz war das wieder zum Fluß geleitet wird. In den schma- Gasthaus Na Dyškánce in Hadačka. Die Her- leren Seitentälern liegen die Mühlen meist berge war eine wichtige Raststation auf der direkt am Rand des bestehenden Fließgewäs- Strecken von Pilsen in Richtung Norden nach sers, welches immer oberhalb der Mühle zu Prag oder Eger103. Diese historische Handels- einem Teich angestaut wurde. Wie im Falle route führte östlich von Plasy über die Brücke der Podměstský Mühle bei Kralovice, wurden von Nebřeziny. Diese Brücke war neben der die Mühlen meist vom Kloster an den Müller Brücke in Plasy der einzig ganzjährig pas- verpachtet und später verkauft106. sierbare Übergang über die Střela104 und war somit ein wichtiger Verkehrsknoten- und Kont- Steinabbau rollpunkt innerhalb des Klostergebietes105. Die Steinabbau spielte vor allem in der Bauzeit heutige Verkehrsführung der Hauptstraße von des Klosters eine Rolle. Nahe Potvorov, etwa Pilsen über Plasy wurde erst unter Metternich 10 Kilometer nördlich von Plasy, gibt es einen im 19. Jahrhundert ausgebaut und hatte bis zu ehemaligen Steinbruch, der noch bis ins 19. dieser Zeit nur lokale Bedeutung. Jahrhundert in Betrieb war. Vermutlich wurden von hier die rötlichen Sandsteine entnommen, Mühlen die bei den Baumaßnahmen im Rahmen der Entlang der Fließgewässer errichteten die Zis- Neugestaltung der Klosteranlage im 17. Jahr- terzienser zahlreiche Mühlen. Sie finden sich hundert verwendet wurden. Die gleiche Sand- noch überall entlang der Fließgewässer und steinart findet sich auch in etlichen Bauwerke sind großenteils noch in sehr gutem Zustand, und Heiligenstatuen auf dem Klostergebiet wenn sie auch nicht mehr als Mühle in Betrieb und ist prägend für die Klosterlandschaft von sind. Meist wurden sie zu Wohngebäuden Plasy. umgenutzt. Die Mühlen trugen meist die Fa- miliennamen der darin wirtschaftenden Müller, Ziegeleien weshalb sie auch des öfteren den Namen Aufgrund der reichen Vorkommen an Tonen wechselten. Bei den meisten Mühlen handelte war auch die Ziegelherstellung während der es sich um Kornmühlen, da der Schwerpunkt Bauphasen immer ein wichtiger Produktions- der Klosterwirtschaft auf dem Getreideanbau schritt. Ziegeleinen existierten jedoch meist lag. Aber auch Walkmühlen und Sägemüh- temporär, v.a. im Sommer, und wurden nach len für die Weiterverarbeitung von Wolle und den Baumaßnahmen wieder abgebaut107. Holz gehörten zum Klosterbesitz. Nicht selten An einigen Orten weisen noch Flurnamen waren die Mühlen auch mehrgängig, erfüllten auf die ehemaligen Standorte der Ziegeleien also mehrere Funktionen gleichzeitig. Die hin108. Um den wertvollen Naturstein nicht zu Mühlenkomplexe sind heute noch fast aus- verschwenden, wurde dieser beim Bau von nahmslos in ihrer ursprünglichen Situation Gebäuden mit dem leichter zu beschaffen- erhalten, in den meisten Fällen ist also auch den Ziegel ergänzt. So entstanden die typi- noch der Mühlgraben erhalten. Dieser zeigt schen Mischmauerwerke, die auch unter der 102 Bukačová mdl. 2018 bröckelnden Fassade des Klosters sichtbar 103 Vereinigung der Städte mit hussitischer Geschichte und Tradition, werden. zuletzt geprüft am 04.03.2018. 106 Sklenář 1997, S.113-115 104 vgl. Müllersche Landkarte Böhmens 1720 107 Bukačová mdl. 2018 105 vgl. Schaller 1788, S. 218 108 Bukačová mdl. 2018 39
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