2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau

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2|2021
 Magazin der Stiftung Liebenau

Mit Erfolg
kommunizieren                    10

Mit Mut zur
Gleichberechtigung               21

Mit Schwung
in den Heimalltag                26
2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
ann,
                                                                                                                                                                     th Hofm
                                                                                                                                                              ock, Ru g.)
                                                                                                                                                     H. F. Br         (H
                                                                                                                                             Michael ne Oschwald
                                                                                                                                                    An

                                                                                                                bewegt
                                                                                                                                                   s,
                                                                                                                                         So vieleHerz
                                                                                                                                             e i n

                                                                                                       ein Herz
                                                                                                                                        was mw
                                                                                           auf
                                                                                aue ich
                                                                      Wie sch Mit ihren
                                                           in Herz?

                                                                                                                                           be egt
                                                                                 ?
                                                 wegt me von träume ich toren mit
                                          Was be                                Au
                                                  ben? Wo             en und              welten,
                                          mein Le ben Autorinn ihre Lebens
                                                  ge          blicke
                                                                       in                 ichten
                                          Texten                               n, Gesch kt in
                                                    rung Ein

                                                                                                                       , was m
                                                                      eresse
                                           Behinde icht, ihre Int ene Person rüc n
                                                   lts                                     ge
                                           ihre We süchte. Die eig , Empfindun und                                                                                                     be   n
                                            und Se
                                                   hn                ebtes                uc k                                                                                n schrei
                                                   ttelpunk
                                                              t, Erl
                                                                        n einen
                                                                                  Au  sdr
                                                                                               mmen.                                                                   erunge
                                            den Mi süchte finde Kenntnis geno                                                                                  Behind die Welt
                                                    hn                    r           sagen.                                                           hen mit     h und
                                             und Se           deren zu             zu                                                          Mensc      über sic

    Inhalt
                                                           an

                                                                                                              So vieles
                                                      vo n                 etw as
                                             werden nis: Ich habe
                                                      eb
                                              Das Erg      htig!
                                                       wic
                                              Ich bin
                                                                                      ss
                                                                            mir, da
                                                                 mal zu                  nst-
                                                       sagte ein rschaffenen Ku g
                                             nstlerin          te                     lun
                                    Eine Kü ergie in selbs . Diese Samm gie
                                          re En           h wi rd                  En er
                                    unse          sterblic en trägt diese Menschen

                                                                                                                         ld (Hg.)
                                           en un
                                     werk                Text                   s die
                                                nlichen           ht für un               eren
                                     an persö sich und mac d diese besond

                                                                                                                           wa
                                                in                                       zu
                                      spürbar sichtbar. Es sin sind, erzählt

                                                                                                                            n, Osch
                                                r                 rt                       ngen
                                      dahinte en, die es we hönen Erzählu
                                             hic ht            er sc
                                       Gesc              wund hat dies mit
                                                 . Diese

                                                                                                                               Hofman
                                       werden stehen. Was                gar nicht
                                                                                      s!
                                               n  be              Re  in
                                        bleibe             tun?
                                                   rung zu
                                                                                         hsein
                                                                                   Mensc
                                        Behinde                            arfilms

                                                                                                                                    Brock,
                                                                     ument
                                                             des Dok     er
                                                                 emach
                                                  Klein, Film
                                         Dennis

     3    Editorial
                                                                                                       4                                                                                        Infos online
                                                         OS.DE
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    27    Impressum                                                                          Buchvorstellung: Menschen mit Behinderungen
                                                                                             geben unerwartete Einblicke in ihre Lebenswelt im                                                  Themendossiers:
    28    Spot an: Roman Strübi
                                                                                             Buch „So vieles, was mein Herz bewegt“.                                                            Informieren Sie sich umfassend in
                                                                                                                                                                                                unseren Themendossiers „Sozial
    Stiftung Liebenau
                                                                                                                                                                                                digital“, „Arbeiten“, „Den Menschen
    4     Buch: So vieles, was mein Herz bewegt                                                                                                                                                 zugewandt“, „Medizin und Gesundheit“,
    5     Impuls: Auf dem Weg                                                                                                                                                                   „Gute Arbeit“, „Besondere Familien“ und
    6     Altenhilfe trifft Zukunftstechnologie                                                                                                                                                 „Wohnen“, zu finden unter
    7     kurz und knapp                                                                                                                                                                        www.stiftung-liebenau.de/
                                                                                                                                                                                                themendossiers
    9     Ich finde Impfen wichtig, weil...

    Schwerpunkt:                                                                                                                                                                                „Anstifter“ als e-book:
                                                                                                                                                                                                www.stiftung-liebenau.de/anstifter
    Mit Erfolg kommunizieren
    10    Interview: So gelingt Kommunikation
    12    Verstehen ist leichter als sprechen                                                                                                                                                   Newsletter „Liebenau inklusiv“

    13    Wo ist dein Lächeln geblieben?
                                                                                                   10                                                                                           Bestellen Sie den Newsletter
                                                                                                                                                                                                „Liebenau inklusiv“ unter
    14    Unterstützte Kommunikation                                                         Wie Kommunikation gelingt, auch in schwieri-
                                                                                                                                                                                                www.stiftung-liebenau.de/inklusion
    15    Service: Unterstützte Kommunikation                                                gen Lebenssituationen, ist Thema dieses Anstif-
                                                                                             ter-Schwerpunktes.
    16    Live und digital: Azubis im Gespräch
    17    Seelsorge: Über das Leben reden
    18    Kommunikation hat viele Formen

    Aus der Praxis
    20    Corona: Stimmen aus der Pflege
    21    Mit Mut zur Gleichberechtigung
    21    Kämpfer-Geschichten für Kicker
    22    Inklusive Landesgartenschau
    22    Gemeinsam Inklusion (er)leben
    23    Neues Haus der Pflege in Franken                                                                                                                                                      Gefällt mir!
    23    Start in Owingen gut gelungen                                                           20                                                                                            Auf Facebook und Instagram versorgen
    24    Anlaufstelle Demenz in Oberteuringen                                                                                                                                                  wir Sie mit Neuigkeiten, Veranstaltungs-
                                                                                            Corona nimmt kein Ende: Fachkräfte aus der Alten-
    24    Bundeswehr unterstützt Testungen                                                                                                                                                      tipps und Wissenswertem aus der Stif-
                                                                                            pflege berichten über die Situation während, mit
                                                                                                                                                                                                tung Liebenau. Einfach reinklicken, liken
    25    Applaus für erfolgreichen Abschluss                                               und trotz Corona.
                                                                                                                                                                                                und teilen. Sie finden uns auf beiden
    25    Fotoprojekt: Leben im Lockdown                                                                                                                                                        Kanälen über den Suchbegriff „Stiftung
    26    Zivildiener bringt Schwung ins Heim                                                                                                                                                   Liebenau“.
    26    Selbstständig mit neuer Technik
    27    Wir sagen Danke!

         Text in Leichter Sprache                                                                                                                                                               Mit dem Anstifter informieren wir regel-
                                                                                                                                                                                                mäßig über Ereignisse, Themen und
                                                                                                                                                                                                Projekte in der Stiftung Liebenau. Dazu
                                                                                                                                                                                                verwenden wir personenbezogene
                                                                                                                                                                                                Daten. Sie werden mit der nötigen Sorg-
     Termine                                                                                                                                                                                    falt und unter Beachtung des gesetz-
                                                                                                                                                                                                lichen Datenschutzes verarbeitet. Für
                                                                                                   25                                                                                           Informationen über die gespeicherten
     Über neue Termine halten wir Sie                                                                                                                                                           Daten, zur Ergänzung, Korrektur oder
     weiterhin auf dem Laufenden unter:                                                      Den Abschluss ihrer Berufsausbildung feierten                                                      Löschung wenden Sie sich bitte an die
                                                                                             21 junge Frauen und Männer. Eine besondere Leis-
     www.stiftung-liebenau.de/                                                                                                                                                                  Redaktion. Weitere Informationen über
                                                                                             tung - in Zeiten von Corona noch mehr.
     aktuelles/termine                                                                                                                                                                          unsere Datenschutzmaßnahmen finden
                                                                                                                                                                                                Sie hier:
                                                                                                                                                                                                www.stiftung-liebenau.de/datenschutz.

2                                                                                                                                                                                                               anstifter       2 | 2021
2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Editorial

                                                                                                                            Wie ist Ihre
                                                                                                                            Meinung?
                                                                                                                            Die Vorstände der
                                                                                                                            Stiftung Liebenau
                                                                                                                            freuen sich auf
                                                                                                                            Ihre Rückmeldung:
                                                                                                                            vorstand@
                                                                                                                            stiftung-liebenau.de

Liebe Leserin, lieber Leser,
  kennen Sie den Instagram-Account der Stiftung                Ausbildungsbetriebes oder ihres Arbeitgebers legen
Liebenau? Dort begegnet man seit einigen Monaten               sie auch Wert auf dessen Werte, auf Ökologie und
jungen Menschen, die ihre Ausbildung in der Stif-              Nachhaltigkeit. Auf Arbeitszeitmodelle und zeitgemä-
tung Liebenau beschreiben. Ob Grünland, Pflege oder            ße Technologie. Und, wie wir immer wieder hören, sie
Büro – im Interview erzählen sie ihre Geschichten, von         achten darauf, dass ihre Arbeit einen Sinn hat.
angenehmen Erlebnissen, aber auch von Herausforde-               Genauso brauchen wir Strukturen, die junge Mit-
rungen, offen, ehrlich und humorvoll.                          arbeitende motivieren und begeistern können. Das
  Junge Menschen brauchen wir in der Stiftung Lie-             können Freiräume sein, um neue Ideen einzubringen,
benau. Junge Menschen, die stolz auf ihre Ausbil-              auch Ausprobier- und Versuchsräume. An manchen
dung sind und die sich identifizieren – nicht nur mit          Stellen gibt es das bereits: Das Ausbildungsteam, das
ihrem Beruf, sondern auch mit der Stiftung Liebenau.           sich selbst organisiert, Veranstaltungen plant und
Sie bereichern ihre Teams mit den Erfahrungen und              Themen nach eigenen Interessen festlegt. Die sozialen
Erwartungen ihrer Generation und bringen neue                  Medien, in denen die jungen Leute zu Wort kommen.
Ansätze mit, wie wir den heutigen und künftigen Auf-             Wir wünschen uns junge Menschen, die sich als
gaben besser begegnen können. Da gibt es auch mal              Botschafter der Stiftung Liebenau verstehen. Die für
Reibungspunkte mit den erfahreneren Teammitglie-               ihren Beruf und den Sinn sozialer Arbeit werben, in
dern, und nicht alle Impulse müssen schließlich rea-           Schulen, Bildungseinrichtungen oder Universitäten.
lisiert werden. Doch die Erfahrung zeigt: Langfristig          Nicht zuletzt deshalb fördern wir Projekte, die jun-
zahlt sich aus, wenn Jung und Alt zusammenarbeiten.            gen angehenden Wissenschaftlerinnen und Wissen-
  Von selbst jedoch entsteht sie nicht, die gute               schaftlern eine Chance geben. Bei der Erprobung des
Mischung. Zurzeit ist in allen Branchen der Nachwuchs          humanoiden Roboters Pepper haben wir bewusst auf
knapp, und Sozialunternehmen sind nicht unbedingt              ein Kooperationsmodell mit einer Hochschule gesetzt
erste Wahl bei jungen Leuten. Umso mehr sind wir               – nicht als den einfachsten, aber als den sinnvollsten
gefordert, junge Menschen zu gewinnen und zu hal-              Weg, um Wissen zu erwerben und zu teilen.
ten. Dazu gehört es, Rahmenbedingungen zu setzen,                Junge Menschen werden die Zukunft gestalten, die
die ihr Engagement belohnen, Preise auszuloben oder            der Gesellschaft und die der Stiftung Liebenau. Und
Patenschaften anzubieten beispielsweise. Dass der              viele, die wir erleben, bieten allen Grund zur Zuversicht:
Verdienst im sozialen Bereich besser ist als sein Ruf, ist     Selbst jetzt in Pandemiezeiten, in denen sie in hohem
vielen schon bewusst. Doch es ist nicht nur das Finan-         Maße eingeschränkt sind, verhalten sie sich umsichtig
zielle, was junge Leute bewegt. Bei der Wahl ihres             und verantwortungsvoll. Geradezu vorbildlich.

Das meint Ihr Vorstand            Prälat Michael H. F. Brock         Dr. Berthold Broll          Dr. Markus Nachbaur

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2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Stiftung Liebenau

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                                                                                      Geschichten
             Unter den Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt findet                                 Momente, die die Teilnehmenden besonders berührt haben.
                      sich ein besonderes Buch: Ein Buch, das die Tür zu einer                   Die Fähigkeit, auch in unangenehmen Erlebnissen das Positi-
                                                                                                 ve zu sehen, trat immer wieder zutage. Geprägt war die Arbeit
                      neuen und vielen unbekannten Welt öffnet. Es ermöglicht
                                                                                                 immer von großem Respekt füreinander und von vertrauens-
                      Begegnungen mit anderen Menschen, ihren Erlebnissen und
                                                                                                 voller Offenheit. „Die Schreibwerkstatt war für mich optimal.
                      Perspektiven. Die Autorinnen und Autoren sind Menschen mit                 Da konnte ich schreiben, was ich fühle und denke. Was gerade
                      Behinderungen.                                                             in meinem Kopf herumschwirrt. Schreiben liegt mir am Herzen
                                                                                                 und macht mir sehr viel Freude“, sagt etwa Johanna Stumpfög-
                          Obwohl sie in unserer Nachbarschaft leben, ist ihre Lebens-            ger.
                      welt vielen von uns fremd: In dem Buch „So vieles, was mein                   Parallel zu den Werkstatt-Texten entstanden weitere Texte,
                      Herz bewegt“ geben Menschen mit Behinderungen persönli-                    manche ganz eigenständig daheim, andere bei Gruppenar-
                      che Einblicke, manchmal unscheinbar, manchmal schwelge-                    beiten, begleitet von engagierten Fachkräften. Auch wenn
                      risch. Mit ihren Erinnerungen, Gedichten, Interviews, Gedan-               manche Autorinnen und Autoren nicht namentlich genannt
                      kensplittern lassen sie andere an ihrer Welt teilhaben.                                                werden möchten: Alle sind stolz
                          Den Impuls für dieses Buch gab ein kre-                                                             auf das Geschaffene und blicken
                                                                                        , R u th H ofmann,
                      atives Schreibseminar
                                                                           . F. Broc  k                                       mit Freude und Staunen auf das
                      in der Stiftung Liebe-                      Michael H Oschwald (Hg.)                                     gemeinsame Buch.
                                                                        Anne
                                    z bewegt

                      nau. Nach drei intensi-                                                                                     Und das zu Recht. Die Leser

                                                                                v i e l e s ,
                      ven Tagen merkten die                                                                                     erfahren die Welt mit dem Blick

                                                                            S o
                      zwölf Teilnehmerin-                                                                                       von Menschen mit Behinderun-

                                                                                         H   e r z
                      nen und Teilnehmer:                                                                                        gen. Dabei werden sie merken:

                                                                                 e  i n
                               e ich auf

                                                                           was m gt
                                                                r

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                  ie Es
                                                     as mein He

 in  H e rz                 waren
                                it ih re nlängst     nicht                                                                       Wir sind uns alle ähnlich. Und
               me ich? M n mit
 ovon träu            alleA u to re
                               Worte        gesagt.     Sie                                                                       es ist noch lange nicht alles
             en und                    elten,
Autorinn

                                                                              bewe
              in   ih re  Lebensw
                      hatten        noch      mehr     mit-                                                                       gesagt.
 inblicke                           hichten
                   ssen, Gesc ckt in
   ihre Intere zuteilen,         n  rümehr      zu  schrei-
                 ene Perso
 te. Die eig E          mpfinSie
                      ben.            gen
                                 duntrafen        sich wei-                                                                        Mehr über das Buch, eine
          e b te  s,                    k und
  kt, Erl              e n A u sd  ru c
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                                                    w

                                  g e
                 r Kenntnis en.
 nderen zu werkstatt.           sa g Die Freude dar-                            it B e h  in derungen                               Buchvorstellung finden sich
                           zu                                              n  m                         lt
                                                                  Mensche er sich und die We
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                      für ihre Geschichte und                                                                                        www.stiftung-liebenau.de/
                           ir   dass
                              ,Geschichten
                                         v

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                    r uns die       Erinnerungen,         Kum-
                                                         schwald (H

d macht fü mer,                so  n  d e re  n
                      se beFreuden, Wünsche und                                                                                        bewegt;
  Es sind die erzählt zu
          rt  si  n  d ,
                      Sehnsüchte             ihren    Weg   aufs                                                                       Menschen mit Behinde-
es we                                lungen
     d e rs c h ö   n en ErzähEinige
                      Papier.                    haben    selbst                                                                        rungen schreiben über
                                                            fmann, O

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                     dies mit
  . Was hat geschrieben,                        andere    haben                                                                         sich und die Welt;
                     ar nichts!
  un? Rein g ihre Gedanken                       diktiert.  Dabei                                                                        Patmos Verlag; 2021;
                                  schsein
                                                               Brock, Ho

                      rfilms Men
              mentawurde
  r des Doku                      viel gelacht. Aber auch                                                                                ISBN 978-3-8436-1320-0
                      Tränen des Schmerzes waren
                      bei manchen Erinnerungen
                      nicht zu verhindern. Das waren

        4                                                                                                                                 anstifter   2 | 2021
2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Stiftung Liebenau

                                                                                 Auf dem Weg
                                                                                            von Prälat Michael H. F. Brock

   Erst als es wirklich nicht mehr zu schaffen war, beschlossen     gekräfte begrüßte. Wenn ihr ab heute miteinander Dienst tut,
wir, Oma ins Pflegeheim zu geben. Rund um die Uhr uns zu            sagte sie, versteht euch immer als Team. Und es geht immer
kümmern, hatten wir versucht. Waschen, Essen reichen, anzie-        und ausschließlich um das Wohl unserer Gäste. Ich möchte,
hen, den Tag gestalten: All das wollten wir so lange wie mög-       dass ihr euch immer vor Augen führt: Menschen, die bei uns
lich gemeinsam und zuhause tun. Zeit war eine Grenze und            wohnen, sind auf der Reise. Sie haben ihre Koffer gepackt und
Kraft. Wir konnten die Zeit nicht aufbringen, nicht in der Fülle,   sind von zuhause aufgebrochen. Hier bei uns im Pflegeheim
wie Oma sie gebraucht hätte. Und sie im Bett zu wenden, damit       machen sie noch einmal Rast vor dem Sterben. Und unser gan-
sie nicht immer in gleicher Lage auf der Matratze liegen muss-      zes Bemühen muss es sein, ihnen die Rast so geborgen wie
te, sie gar zu mobilisieren und in den Rollstuhl zu setzen, dafür   möglich zu gestalten. Ich weiß, wir werden für jeden einzelnen
wurde sie zu schwer, oder uns selbst ging die Kraft aus. Schwe-     wenig Zeit haben. So vieles muss geleistet werden. Wecken,
ren Herzens riefen wir im Heim an. Dort stand Oma schon             Medikamente richten, waschen, anziehen, pflegen, den Tag
lange auf der Warteliste. Es ist so weit, sagte ich der Heimlei-    gestalten. Ihr wisst schon, was alles zu tun ist. Das Entschei-
tung, und tatsächlich hatte sie für die darauffolgende Woche        dende aber ist, mit welcher Haltung wir es tun. Denkt immer
ein Zimmer frei. Aber wie würde Oma aufgenommen werden              daran. Die Bewohner sind unsere Gäste auf einer der wichtigs-
von Pflegekräften, Hilfskräften, hauswirtschaftlichen Mitarbei-     ten Reisen ihres Lebens. In ihrem Gepäck ist ihr ganzes Leben.
terinnen und Mitarbeitern. Und wie würde Oma sich fühlen an         Erinnerungen. Glück und Schmerz. Jeder trägt sein ganzes
einem fremden Ort mit fremden Menschen. Ich spürte Trauer           Leben mit sich. Manchen müssen wir tragen helfen, andere
hochkommen, und ich rang ein wenig nach Luft. Frau W., die          gehen unbeschwert, manche freuen sich auf diese Reise, ande-
Heimleiterin des Pflegeheimes, schien es zu spüren. Kaffee?         re haben Angst. Wir wissen nicht, wann sie wieder aufbrechen
Gerne! Wir tranken Kaffee. Ich bekam den Heimvertrag, die           von hier. Aber wie sie sich fühlen hier bei uns, dafür stehen wir
Hausordnung, konnte mir das Zimmer ansehen. Zwanzig Qua-            ein: Wir behandeln unsere Gäste mit großem Respekt und wür-
dratmeter, Nasszelle, Einbauschrank, ein Tisch, zwei Stühle,        devoll. Erst wenn sie sich geborgen fühlen, sind wir zufrieden.
ein Bett, ein Fernseher. Sieht ein wenig nach Hotelzimmer aus,      Gäste auf ihrer wichtigsten Reise, dachte ich. Ja, so ist es und
dachte ich. Herr B., sagte Frau W., heute fangen zwei neue Pfle-    so darf es sein. Und so werde ich es Oma sagen können, dass
gekräfte bei uns an. Ich möchte sie gerne mitnehmen, Herr B.,       sie auf dem Weg in eine neue Heimat noch einmal Herberge
zur Begrüßung. Ich war überrascht, wie Frau W. die neuen Pfle-      bezieht und Gast sein darf.

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2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Stiftung Liebenau

    Altenhilfe trifft Zukunftstechnologie
                          Pflegeroboter Pepper im Praxiseinsatz – Kooperation von Wissenschaft und Praxis

    Den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Pflege erprobt die     „Kooperationen wie diese ermöglichen unseren Studierenden
    Stiftung Liebenau im Haus der Pflege Magdalena in Ehningen.       einen praxisnahen Einstieg in ein hochkomplexes Themenfeld
                                                                      und leisten nebenbei einen Beitrag zum Gemeinwohl in her-
    In einem groß angelegten Kooperationsprojekt wurde der
                                                                      ausfordernden Zeiten.“
    humanoide Roboter Pepper speziell für diesen Einsatz
                                                                         Den Sinn der Kooperation bekräftigt auch Dr. Markus Nach-
    programmiert. Jetzt zeigt er in der Praxis, was er kann.          baur, Vorstand Stiftung Liebenau. „Bewusst hatten wir uns zu
                                                                      Beginn des Projekts dafür entschieden, keine vorgefertigten
      Erwartungsvoll blicken die Teilnehmerinnen der Gymnastik-       Programme zu erwerben, sondern mit einer neuen Program-
    runde auf den Neuzugang. „Guten Morgen, ich hoffe, Sie haben      mierung von Grund auf eng an unseren Praxisbedürfnissen
    alle gut geschlafen“, begrüßt sie Pepper mit einem Zwinkern       entlang zu arbeiten.“ Dass Pepper angeschafft werden konnte,
    seiner großen kugelrunden Augen. Noch haben die betagten          ist der Spende von 10.000 Euro von der Stiftung der Württem-
    Zuhörerinnen sichtlich Mühe, ihn zu verstehen. Betreuungslei-     bergischen Gemeinde-Versicherung a.G. (WGV-Stiftung) zu ver-
    terin Ruth Track springt ein und wiederholt. Im Laufe der Stun-   danken. „Wir freuen uns, dass Pepper nun seine Arbeit aufneh-
    de spielt sich die Zusammenarbeit ein. Pepper sagt Übungen        men kann“, sagt Dr. Klaus Brachmann, Vorstandsvorsitzender
    an, motiviert und lobt die Teilnehmerinnen.                       der WGV-Gruppe.
      Noch kann der Roboter nicht alle Bewegungen selbst vor-            Dass Pepper die Arbeit der Pflegekräfte ergänzen kann, sieht
    machen. Schließlich muss jeder Schritt programmiert werden.       die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohl-
    Diese Aufgabe hat die RWU Hochschule Ravensburg-Wein-             fahrtspflege (BGW), die in verschiedenen Digitalisierungspro-
    garten übernommen – nicht einfach unter Coronabedingun-           jekten mit der Stiftung Liebenau zusammenarbeitet. „Techni-
    gen. Benjamin Staehle, stellvertretender Leiter des Instituts     sche Assistenzsysteme sollen zur Verbesserung der aktuellen
    für Künstliche Intelligenz an der RWU ist trotzdem froh über      Arbeitsbedingungen beitragen und damit auch die Stress- und
    die Möglichkeiten, die das Projekt für die Hochschule bietet:     Belastungssituation der Pflege- und Betreuungskräfte entlas-
                                                                      ten“, sagt Ralf Köhnlein, Koordinator für gesundheitspolitische
                                                                      Kooperationen bei der BGW. Dabei habe in der Arbeit mit Men-
                                                                      schen immer das Zwischenmenschliche Vorrang, betonte Dr.
                                                                      Alexander Lahl, Geschäftsführer der Pflegeunternehmen in der
                                                                      Stiftung Liebenau. Technische Assistenzsysteme würden nur
                                                                      unterstützend eingesetzt, um individuelle Selbstständigkeit zu
                                                                      fördern und den Alltag möglicherweise zu erleichtern.
                                                                         Hausleiter Julian Krüger freut sich über die neuen Impulse,
                                                                      die mit Pepper ins Haus kommen. Gern beteiligt er sich an
                                                                      Peppers weiterer „Ausbildung“. Die geht an der Hochschule
                                                                      weiter, wo er neue gymnastische Übungen lernen soll, ebenso
                                                                      Personen direkt anzusprechen. Dann wird er sie zum Beispiel
                                                                      ans regelmäßige Trinken oder – in Corona-Zeiten besonders
                                                                      wichtig – ans Händewaschen erinnern.

                                                                      Der humanoide Pflegeroboter Pepper im Haus Magdalena: als neuer
                                                                      Mitarbeiter bei einer Anleitung einer Gymnastikstunde. Betreuungs-
                                                                      leiterin Ruth Track unterstützt dabei.

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2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Stiftung Liebenau

                          Den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken

  Wie wollen wir in Zukunft gemeinsam leben, wohnen, arbei-       Wichtig für das Gelingen der Quartiersentwicklung ist eine
ten und versorgt werden? Antworten hierauf gibt die Stiftung    koordinierte Vernetzung vor Ort. Doch genau für die hierzu
Liebenau gemeinsam mit Partnern in einem aktuellen Positi-      nötige Vernetzungsarbeit – wie zum Beispiel die Gemeinwe-
onspapier. Dieses wurde zur Landtagswahl veröffentlicht und     senarbeit in den Mehrgenerationenwohnanlagen nach dem
gibt Empfehlungen und Anregungen zur Quartiersentwicklung       Konzept der Lebensräume für Jung und Alt – gibt es immer
für Politik und Praxis.                                         noch keine dauerhafte öffentliche Finanzierung. Obwohl das
  Quartiere zu stärken, heißt, den gesellschaftlichen Zusam-    Geld dafür gut investiert wäre, wie man in der Stiftung Lie-
menhalt zu stärken. Denn die Herausforderungen, vor denen       benau dank über 25-jähriger Erfahrung mit diesen Projekten
das Gemeinwesen steht, sind immens: Klimawandel, demo-          weiß. Mit vergleichsweise geringen Mitteln erreicht man eine
grafische Entwicklung, Inklusion, Migration und Integration.    sehr hohe Wirkung für die Menschen vor Ort. Diese und weite-
All diese Herausforderungen lassen sich wirkungsvoll in den     re Forderungen der Stiftung Liebenau finden sich im Positions-
Kommunen angehen, im Schulterschluss möglichst vieler           papier, ergänzt durch Praxisbeispiele.
Akteure vor Ort. Hierzu müssen aber Förderprogramme für die       Das gemeinsame Positionspapier und die politischen Forde-
Quartiersentwicklung im Land weiter entwickelt werden. Die      rungen der Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW),
Stiftung Liebenau ist überzeugt, dass „auch die Bewältigung     des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands
der Coronapandemie zeigt, wie wichtig intakte Quartiere und     (BWGV) sowie der Stiftung Liebenau als Gründungsmitglied im
Nachbarschaften für den gesellschaftlichen Zusammenhalt         Netzwerk: Soziales neu gestalten (SONG) steht hier zum Down-
sind“, so Vorstand Dr. Berthold Broll.                          load www.stiftung-liebenau.de/aktuelles/mediathek/

                                              „machtfit“ ist für die Gesundheit gut
  Wie geht eigentlich Intervallfasten? Wie überwinde ich beim   der Kurse sind zertifizierte Online-Präventionskurse und kön-
Training den inneren Schweinehund? Und wie schaffe ich es,      nen von der eigenen Krankenkasse bezuschusst werden.
mich endlich gesünder zu ernähren? Auf der neuen digitalen
Gesundheitsplattform „machtfit“ für die Mitarbeitenden der
Stiftung Liebenau gibt es auf all diese Fragen Antworten. Und
noch viel mehr: Es gibt eine große Auswahl an Online-Angebo-
ten aus den Bereichen Ernährung, Entspannung, Bewegung
und Suchtentwöhnung. Ganz egal, ob jemand in Singen, Opfen-
bach oder in Maikammer arbeitet. Egal, ob im Schichtdienst
oder tagsüber. „machtfit“ hilft, etwas für die eigene Gesund-
heit und gegen die Langeweile zu tun. Man kann ganz einfach
von zu Hause aus aktiv werden, auch per App. Die Nutzung von
„machtfit“ ist für die Mitarbeitenden kostenlos. Manche Ange-
bote sind ebenfalls kostenlos, manche kostenpflichtig. Einige

anstifter   2 | 2021                                                                                                            7
2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Stiftung Liebenau

                                                                                   Grüezi aus der Schweiz

          Du hast die Wahl.
          Und spannende Aussichten!
          Die Stiftung Liebenau ist für Menschen da, die besondere
                                                                          Erfolgreiche „Luftpost“ zum 150-jährigen Stiftungsjubiläum:
          Unterstützung benötigen. Dank unserer Vielfalt und
          unserem hohen Fachwissen bieten wir jede Menge Mög-           Von Ravensburg bis in den Kanton Zürich ist ein Luftballon aus
          lichkeiten für deine Ausbildung und Zukunft. Ob in sozialen   dem Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBS) geflogen.
          oder kaufmännischen Berufen, in Handwerk oder Dienst-
                                                                          150 bunte Luftballons ließen die Jugendlichen aus dem BBW
          leistung. Herzlich willkommen bei uns! Egal, wofür du dich
          entscheidest – es wird eine spannende Zeit.                   am großen Stiftungsgeburtstag im Oktober des vergangenen
                                                                        Jahres hoch in den Himmel über Ravensburg steigen. Und
          Unser Angebot für Ausbildung, Studium und mehr:
                                                                        zumindest einer schaffte es über den Bodensee bis ins Nach-
          • Berufe in Gesundheit, Pflege und Erziehung
          • Dienstleistungsberufe          • DH-Studium                 barland.
          • Kaufmännische Berufe           • FSJ/BFD                      In bestem Schweizerdeutsch hat eine Frau aus Schleinikon
                                                                        ihre Entdeckung gemeldet und daraufhin „ganz liebi Grüess
          In unserer Mitte – Der Mensch
          www.stiftung-liebenau.de/ausbildung                           us em Zürcher Unterland“ ausgerichtet. Auf der am Luftballon
                                                                        angebundenen Karte – so berichtet die Finderin – habe sich
                                                                        der Absender für seinen Ausbildungsplatz im BBW bedankt.
                                                                        Dieser Botschaft schließt sich auch die Schweizerin an und
                                                                        gratuliert der Stiftung Liebenau nachträglich zum Jubiläum:
                                                                        „Super, dass es euch gibt.“

                                                                                                     Akademie Schloss Liebenau

                                               E-Learning wird stiftungsweit eingeführt
         Zu der aktuellen, sogenannten digitalen Transformation         de der Stiftung Liebenau wird mit einem eigenen Log-in ein-
       gehören auch neue Lernformen und -formate. So gibt es in         fach über den Internet-Browser auf die Plattform zugreifen
       der Akademie Schloss Liebenau seit kurzem ergänzend zu           können. In einem ersten Aufschlag sollen darüber nach und
       den wichtigen Präsenzveranstaltungen auch Web-Seminare           nach Pflichtfortbildungen stattfinden, selbstverständlich
       oder Blended Learning-Konzepte, die das Lernen in Präsenz        sind aber auch andere Inhalte vorgesehen, die für diese Art
       mit digitalen Lernformen verbinden. Ergänzt wird dieses          der Wissensvermittlung geeignet sind.
       Spektrum demnächst um ein stiftungsweites Lernmanage-              Die Einladung zum Kennenlernen und Ausprobieren an
       mentsystem, in dem künftig Lerninhalte zeit- und ortsunab-       alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für Herbst dieses
       hängig bereitstehen. Der Plan: Jede und jeder Mitarbeiten-       Jahres geplant.

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2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Stiftung Liebenau

                                                  Ich finde Impfen wichtig, weil…
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung Liebenau beziehen Position

                                                      … der Schutz der Menschen um
                                                      mich herum im Mittelpunkt steht!

                                                                           Marco Brill,
                                                             Haus St. Pirmin, Maikammer

                                                                                            … dies für mich Hoffnung bedeu-
  … wir erstmals in der Menschheitsge-                                                      tet! Eine Hoffnung, dass all die
  schichte die Chance haben, eine Pandemie                                                  Menschen, die mir am Herzen
  wirksam zu beenden.                                                                       liegen, diese Pandemie gesund
                                                                                            überstehen.

                        Heiner Schweigkofler,
                               Liebenau Italia

                                                                                                              Anja Rundel,
                                                                                                        St. Pirmin, Liebenau

                                                      … ich meine Schülerinnen und
                                                      Schüler sorgenfrei in Präsenz
                                                      unterrichten möchte und wir uns
                                                      wieder entspannt in der Schule
                                                      begegnen wollen.

  … Pflege Nähe braucht.

                             Patricia Philips,
                           Pflegedienstleitung                       Karen Hotz-Krumm,
                               Meckenbeuren                 Berufsbildungswerk Adolf Aich

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2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
Schwerpunkt

                                       So gelingt Kommunikation
                                                                           Im Dialog zu gemeinsamen Lösungen kommen

                Mit Worten, mit Gesten, mit unserem Körper: Wir kommunizieren immer. Aber nicht immer verstehen wir uns richtig.
                      Im Gegenteil: Ob auf dem Schulhof, in der Politik, in den sozialen Medien: Kommunikation dient häufig eher der
                            Abgrenzung. Wie Kommunikation zur Verständigung führt, erläutert Anna Jäger. Die Diplompädagogin und
                               Transaktionsanalytische Beraterin arbeitet seit über 20 Jahren freiberuflich im Bereich Kommunikation,
               Führungskräfteschulung und -beratung in Zusammenarbeit mit ihrem Partner Dr. Alexander Myhsok im dialogos team.

     Frau Jäger, was ist gelingende Kommunikation?                      schen überhaupt in Beziehung gehen können und vor allem:
       Seit Ende des 20. Jahrhunderts erleben wir bei uns eine          dass sie Unterschiedlichkeit als Bereicherung ansehen und
     zunehmende Individualisierung. Eine der Auswirkungen ist,          nicht als Angriff oder als Kampfansage.
     dass jeder seine, jede ihre Wirklichkeit konstruiert. Das Kunst-
     stück ist, im Beruf und auch im Alltag trotzdem zu Gemein-         Wird dafür heute etwas anderes gebraucht als früher? Und
     samkeiten zu kommen im Denken, Fühlen, Handeln. Das läuft          woran liegt das?
     wesentlich über Kommunikation. Und die gelingt unter ande-            Ja, heute wird dafür etwas anderes gebraucht. Die Beto-
     rem, wenn wir uns offen einbringen, bereit sind, uns auf ein       nung des „Ich“, gefördert durch eine zunehmende Individua-
     Gegenüber einzulassen und gemeinsame Lösungen zu finden.           lisierung, trägt in sich immer eine Gefahr der Verhärtung. Ich
       Gelingende Kommunikation hängt also davon ab, dass Men-          mache es deutlich an dem Unterschied zwischen „Diskussion“

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Stiftung Liebenau

und „Dialog“. In der Diskussion (im Wort steckt: Analysieren,
Zerlegen, Zerschneiden) geht es letztlich darum, sich durchzu-
setzen. Das führt zu Siegern und Verlierern und zur Verhärtung
letztlich auf beiden Seiten. Der Dialog (nach David Bohm und
Martin Buber) will zu einem gemeinsamen Denken führen, lei-
tet einen Suchprozess ein und führt zu gemeinsamen Lösun-
gen. Der Dialog berücksichtigt damit auch, was Menschen
heute suchen: auf Augenhöhe mit dem anderen sein, sogar in
hierarchischen Beziehungen.

Wie lernt man, „richtig“ zu kommunizieren?
   Über Reflexion! Kommunikation gehört zum Alltagswissen,
und das erwerben wir (zwischen 90 und 98 Prozent) im Alltag,       Anna Jäger beschäftigt sich seit vielen Jahren mit gelingender
in der Familie, von Eltern und Vorgesetzten, Lehrern, Kolle-       Kommunikation.
gen. Manchmal spüren wir dann selber in oder nach einem
Gespräch: „Das war nicht so toll.“ Wir bekommen eine Rück-
meldung oder wir holen sie uns. Es kommt also zunächst auf         meldung, insbesondere positive Bestätigung, erhalten. Diese
die Einsicht an, dann auf die Reflexion. Und dann können wir       Generation geht unbefangener mit Vorgesetzten um, und sie
uns noch zusätzlich qualifizieren über so genanntes organi-        will Rückmeldung, offene Rückmeldung und das oft. Sie ist in
siertes Lernen, wie es die Akademie Schloss Liebenau anbie-        der Kommunikation direkter, und das alles unterscheidet sie
tet. In dieser spezifischen Lernform geht es dann darum, dass      von den früheren Generationen.
vorhandenes, tiefsitzendes Alltagswissen in der Kommunika-
tion in Bewegung gebracht wird. „Störe meine Denke!“ Das ist       In der sozialen Arbeit kommunizieren wir häufig mit Men-
ein Ansatz, den wir heute umsetzen. Das allerdings wieder in       schen, deren Verständigungsmöglichkeiten eingeschränkt
der wertschätzenden, sich auf Augenhöhe befindlichen Rück-         sind. Kann man die Grundsätze gelingender Kommunikation
meldung, ohne Sieger- und Verlierermentalität.                     darauf übertragen?
   Grundlage für die Erhaltung der Wertschätzung ist für mich        Ja – unbedingt! Nehmen wir einige Kernkompetenzen im
die Grundposition der Transaktionsanalyse: „Ich bin o.k. – du      dialogischen Verhalten, zum Beispiel: Zuhören, ohne gleich
bist o.k.“ Sie meint, sich selbst zu achten und wertzuschätzen     eine Antwort zurechtzulegen; die Kommunikation verlangsa-
und ebenso das Gegenüber. Aus dieser Haltung heraus kann           men; offen sein; von sich und von Herzen sprechen. Das sind
ich leichter mit einem Gegenüber sprechen.                         Grundsätze für eine gelingende Kommunikation mit Men-
                                                                   schen, ob mit oder ohne geistige Behinderungen.
Sie arbeiten mit Menschen aus verschiedenen Branchen und             Die vorher genannte o.k.-Haltung sollte ich allen Menschen
unterschiedlichen Generationen. Gibt es Unterschiede im            gegenüber als Grundhaltung leben. Je nach Verständigungs-
Kommunikationsverhalten?                                           möglichkeit kommuniziere ich das, was zwischen uns gut oder
   In eher „praktischen“ Berufen ist die Kommunikation direk-      schwierig, störend ist oder einfach auch nicht geht, offen und
ter, sachbezogener, weniger „empfindlich“. Sie dient dem           direkt. Basis ist eine annehmende, liebende Haltung – ohne
Sachprodukt. Im Sozial- und Bildungsbereich ist Kommunika-         sich selbst aus dem Blick zu verlieren. Und die ist bei Men-
tion und sind kommunikative Fähigkeiten oft schon das „Pro-        schen mit Einschränkungen mehr und auch direkter gefordert.
dukt“. Es steht im Umgang mit der Klientel mehr im Zentrum,
wird auch mehr beobachtet und ist deshalb auch ein explizites      Verändert die digitale Kommunikation etwas? Und wenn ja, in
Thema. Und weil es mit der jeweiligen Person, die kommuni-         welche Richtung?
ziert, direkt zu tun hat, ist es auch ein sensibles Thema. Rück-      Ich mache überraschenderweise gute Erfahrung mit digi-
meldung wird dann oft als Kritik aufgefasst.                       talen Medien. Voraussetzung ist jedoch, dass wir uns bereits
   Zum unterschiedlichen Kommunikationsverhalten von Jung          kennen und einen Stil der Zusammenarbeit gefunden haben
und Alt greife ich beispielhaft die „Generation Y“ heraus, jetzt   auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen. Zwischentöne und
im Alter etwa von 25 bis 30 Jahren. Verallgemeinert gespro-        versteckte Botschaften werden allerdings weniger schnell
chen, ist sie im Gegensatz zu früheren Generationen geprägt        wahrgenommen. Das Funktionale steht im Vordergrund. Ober-
von weniger Hierarchie-Erfahrung. Mama und Papa haben              flächlich gesehen, erleichtert das die Kommunikation. Jedoch:
die Kinder schon früh in Entscheidungen einbezogen, Lehrer         Aussagen wirken nach und hinterlassen oft einen bitteren
kamen aus der 68-er Generation. Und sie haben auch viel Rück-      Geschmack. Dann gilt es wieder, dies offen anzusprechen.

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Schwerpunkt

         Verstehen ist leichter als sprechen
                                                                                                   Arbeiten fernab von zu Hause

     Kalt war es, als Florabel Zaragoza in Deutschland ankam. Bei             „Übung macht den Meister“, sagt Florabel Zaragoza zuver-
     der Landung des Flugzeugs sah sie den ersten Schnee ihres             sichtlich und lächelt. Sie vermisst zwar ihre Eltern und ihre
                                                                           drei Geschwister. Aber ihre Entscheidung, eine Pflegeausbil-
     Lebens – ein unvergesslicher Eindruck. Mehr als
                                                                           dung bei der Stiftung Liebenau zu machen, hat sie noch nie
     10 000 Kilometer hatte die junge Filipina zurückgelegt, um
                                                                           bereut. In Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Kress-
     Pflegefachkraft zu werden.                                            bronn-Toril Education Programm (KTEP) eröffnet die Stiftung
                                                                           Liebenau jungen Filipinos neue berufliche Perspektiven. „Es
       Hier ist vieles so anders: das Wetter, das Essen, die Kultur        ist eine große Chance“, erklärt die 27-Jährige, die früher als
     und vor allem die Sprache. Jedes Wort und jede Spielart der           Kassiererin in einem Einkaufszentrum gearbeitet hat. Diesen
     Grammatik will erarbeitet sein. Kommunikation in einer frem-          Job hat sie gekündigt und zunächst in ihrer Heimat über ein
     den Sprache ist enorm anspruchsvoll.                                  Jahr lang intensiv Deutsch gelernt. Seit Dezember 2020 lebt sie
       Wenn Florabel Zaragoza den ganzen Tag Sprachunterricht              mit neun jungen Landsleuten in einem Wohnheim in Kress-
     hatte, dann ist sie am Ende erschöpfter als nach einem lan-           bronn. Hier setzt sie noch eine Weile ihre Sprachkurse fort,
     gen Arbeitstag. Dabei spricht sie bereits beeindruckend gut           während parallel dazu bereits ihre Berufsausbildung im Pfle-
     deutsch. Aber manchmal kommt ihr Redefluss ins Stocken.               geheim St. Johann in Tettnang begonnen hat.
     Dann sucht sie nach bestimmten Vokabeln, der passenden                   Die Kommunikation mit alten Menschen wird hier durch
     Grammatik und dem richtigen Satzbau. Denn die deutsche                den oberschwäbischen Dialekt zusätzlich erschwert. „Das ist
     Sprache hat eine ganz andere Struktur als ihre Muttersprache.         für mich eine große Herausforderung“, erzählt die 27-Jährige.
     Ein einfaches Präfix zum Beispiel verleiht einem Verb plötzlich       Aber sie findet immer wieder Wege, um zurecht zu kommen.
     eine neue Bedeutung: laufen, weglaufen, zulaufen, verlaufen,          Manchmal bittet sie, das Gesagte auf Hochdeutsch zu wieder-
     entlaufen, unterlaufen – bei so vielen Varianten kann schon           holen. Oft erklärt eine Kollegin, was gemeint ist. „Manchmal
     mal der Kopf schwirren. Und es gibt noch viele weitere kom-           genügt auch ein Schlüsselwort, damit ich den Zusammenhang
     plizierte Details.                                                    verstehe“, berichtet sie. Auch Empathie hilft ihr: „Wenn ich die
                                                                           alten Menschen kenne, kann ich überlegen, was sie brauchen
                                                                           und was sie mir deshalb sagen wollen.“ Ohnehin sei es viel
                                                                           leichter, etwas Gesagtes zu verstehen, als selbst etwas in die
                                                                           Worte zu fassen.
                                                                              Mimik und Gestik spielen ebenfalls eine Rolle. „Am Gesichts-
                                                                           ausdruck kann ich erkennen, in welcher Gefühlslage sich
                                                                           jemand befindet“, sagt Florabel Zaragoza. „Das hilft bei der
                                                                           Verständigung.“ Auch viele Gesten wie zum Beispiel „Dau-
                                                                           men hoch“ haben in beiden Ländern dieselbe Bedeutung. Ein
                                                                           intensiver Blickkontakt hingegen kann auf den Philippinen als
                                                                           Ausdruck von Aggression verstanden werden, während er hier-
                                                                           zulande ein Zeichen für Höflichkeit und Interesse am Gespräch
                                                                           ist.
                                                                              Florabel Zaragoza unterhält sich gerne mit Menschen – auch
                                                                           in der für sie fremden Sprache – und möchte dauerhaft als Pfle-
                                                                           gefachkraft in Deutschland bleiben. „Es gefällt mir hier“, sagt
     Doppelte Herausforderung für Florabel Zaragoza: Ausbildung in frem-   sie und ist fest entschlossen, Ausbildung und Sprache zu meis-
     der Sprache.                                                          tern. (rue)

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Stiftung Liebenau

          „Wo ist dein Lächeln geblieben?“
                                                                           Wie der Mundschutz im Pflegealltag wirkt

Rosaria Helfer, Wohnbereichsleiterin im St. Josefshaus in Gaißau.

Auch für erfahrene Pflegekräfte wie Rosaria Helfer,                 gute Fähigkeit, mich an meiner Stimme zu identifizieren,
Wohnbereichsleiterin im St. Josefshaus in Gaißau, ist das           geschweige denn, dass sie mich beim Namen kennt. Ich denke
                                                                    mir, sie erkennt mich an dem Gefühl, dass ich in ihr auszulösen
ständige Tragen einer Maske neu und im Kontakt mit den
                                                                    vermag, ein Gefühl der Geborgenheit, ein Gefühl der Langsam-
älteren Menschen unangenehm. „Wie erkläre ich einer Frau
                                                                    keit, das ihr eine kleine Chance gibt, Bruchteile zu verstehen.
mit Demenz, dass sie mein Lächeln nicht mehr sehen darf?“,            Mit jedem ihrer Blicke scheint sie zu fragen: „Wer hat dein
fragt sie. Ihre Erfahrung mit der Maske hat Rosaria Helfer          Lächeln gestohlen?“ Es vergehen Wochen. Die angespannte
beschrieben.                                                        Lage scheint kontrollierbar zu werden; seitens des Sicher-
                                                                    heitsmaßnahmenpakets besteht weiterhin die Anordnung,
                                                                    diese Masken zu tragen. Und dann dieser eine Morgen: Fr. W.
  „Ich kenn dich irgendwo her, deine Stimme kommt mir               wird von mir geduscht. Ihr traurig suchender Blick nach dem
bekannt vor.“ Frau W. ist ratlos. Am 13. März 2020 galt auch        „verlorenen Lächeln“. Sie nimmt meine Hand, führt diese zum
für unsere Langzeiteinrichtung der Lockdown. Auch unsere            Gesicht und schnuppert an meinem oft benutzten Parfüm.
Bewohner durften aufgrund der notwendigen Sicherheitsmaß-             Es zerreißt mir das Herz, als sie mit Tränen in ihren Augen zu
nahmen keine Besuche von Angehörigen mehr erhalten. Wir             mir sagt: „Ich kenne dich, ich mag dich.“ Ich lege meine Maske
Pflegekräfte sind verpflichtet, Masken zu tragen, die Angst und     mit Tränen in den Augen ab und nehme sie in meine Arme. Sie
Unsicherheit ist allgegenwärtig – bei den uns Anvertrauten,         hält mich fest, so, als hätte sie gefunden, was ihr Wochen lang
den Angehörigen und dem Personal. Der Sicherheitsleitfaden          verloren gegangen schien. Ja, wir haben unser Lächeln wieder-
schreibt vor, den körperlichen, nahen Kontakt zu unseren            gefunden. (rh)
betagten Bewohnern auf ein Minimum zu reduzieren.
  Frau W. schaut mich mit großen, traurigen Augen an und
versteht nicht, warum sie mein Lächeln nicht mehr erkennt.           Der Wiener Fotograf Christian Holzknecht fotografierte die
Das Lächeln, das ihr in ihrer demenziellen Desorientierung bei       Betreuungs- und Pflegekräfte sowie weitere Mitarbeiter
jeder Pflegehandlung Sicherheit vermittelte. Das Lächeln, das        des St. Josefshauses in Gaißau mit und ohne Mundschutz.
                                                                     Mehr unter: www.christianholzknecht.com/film/
ihr das Gefühl von Geborgenheit schenkte. Sie hat aufgrund
ihrer fortgeschrittenen Demenz leider nicht immer die gleich

anstifter   2 | 2021                                                                                                                  13
Schwerpunkt

                                                                     Kommunikation:
                                                                  Brücke zur Teilhabe
     Schwierigkeiten in der Kommunikation haben besonders               am Bahnübergang Kehlen vorbeifahren. Damit er die Signale
     häufig Menschen mit geistigen oder körperlichen                    prüfen kann.
                                                                          Wichtig für Frederik Lamm, Mitarbeiter der Gruppe Ulrich
     Behinderungen, aber auch Menschen mit Demenz oder
                                                                        11/12, ist auch: „Mit Hilfe des Programms auf dem I-Pad ver-
     Menschen nach einem Unfall mit Spätfolgen. Unterstützte
                                                                        stehen ihn neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leichter.“
     Kommunikation (UK) kann ganz individuell Abhilfe                   Für den Beziehungsaufbau ist das förderlich. Das Snapco-
     schaffen und so die gesellschaftliche Teilhabe fördern.            re-First-Programm bietet verschiedene Möglichkeiten. Neben
     Dieter Kennerknecht zum Beispiel hilft ein I-Pad mit               der Sprachhinterlegung von Piktogrammen können auch Fotos
                                                                        für ein persönliches Album genutzt werden. Kennerknecht
     speziellem Programm bei der Verständigung. Elke Schätzle,
                                                                        kann außerdem lesen, was andere in das Gerät tippen. Frede-
     UK-Fachberaterin der Stiftung Liebenau, hat dafür gesorgt,
                                                                        rik Lamm unterstützt ihn beim „Befüllen“ des Geräts.
     dass er das Gerät bekommt. Sie unterstützt ihn und seine             Die UK-Beauftragte Elke Schätzle ermöglicht, dass solche
     Wohngruppe auch bei der Einarbeitung.                              Geräte zum Einsatz kommen können. „Ich bin regelmäßig in
                                                                        Kontakt mit dem jeweiligen oder künftigen UK-Nutzer,“ schil-
       Erfreut holt Dieter Kennerknecht sein I-Pad aus dem eigenen      dert sie. Dabei findet sie heraus, was gut zur Person passt,
     Zimmer. Mit dessen Hilfe kann er der Besucherin einiges über       was sie kommunikativ unterstützt. Elektronische Geräte mit
     sich erzählen. Er ist ein offener und mitteilsamer Mann von        den entsprechenden Programmen wie das von Kennerknecht
     48 Jahren. Seine Aussprache ist allerdings häufig nicht gut zu     sind verordnungsfähige Hilfsmittel. Neben ärztlichem Rezept
     verstehen. Noch ist zwar nicht alles auf dem Gerät eingerichtet.   braucht es eine Stellungnahme von Elke Schätzle. Damit set-
     Was ihm aber besonders wichtig ist, was er gerne macht und         zen sich die Hilfsmittelfirmen mit der jeweiligen Krankenkas-
     nicht so gerne hat, kann er aber mitteilen. „In Fischbach ist      se in Verbindung, legen ihnen dazu einen Kostenvoranschlag
     eine Kirche mit einem schiefen Kirchturm,“ oder „Bei Schnet-       vor. Beim Einsatz mancher Geräte ist nach ein paar Monaten
     zenhausen ist eine neue Autobahn gebaut,“ sagt die Stimme          ein Verlaufsbericht erforderlich. Mitunter muss Elke Schätzle
     aus dem Gerät nachdem Kennerknecht das passende Pikto-             auch einen Widerspruch an eine Krankenkasse formulieren,
     gramm gedrückt hat. Was rund um seine Heimat – einen Tei-          etwa wenn ein Gerät abgelehnt wird.
     lort von Schnetzenhausen – passiert, ist von besonderem Inte-        Ist ein Gerät dann im Einsatz, bleibt Elke Schätzle weiterhin
     resse für ihn. Auch Signale und die entsprechenden Farben          mit den Mitarbeitenden in Kontakt, erfragt, wie es läuft, bietet
     faszinieren den Mann mit Autismus. Wenn er übers Wochen-           weitere Unterstützung an. Wichtig findet sie, dass ausgewählte
     ende von seiner Familie abgeholt wird, muss diese regelmäßig       Mitarbeitende UK-Nutzer verantwortlich unterstützen, ist es

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Stiftung Liebenau

doch ein gewisser Aufwand, der zu den Aufgaben in den Wohn-        Menschen mit kognitiven Einschränkungen können mit
gruppen hinzukommt.                                              sogenannten Ich-Büchern mit anderen in Beziehung treten.
  Solche UK-Hilfsmittel ermöglichen auch Menschen in             Darin sind wichtige persönliche Informationen enthalten –
gemeindeintegrierten Wohnhäusern eine gelingende Kommu-          vom Geburtstag über den Wohnort bis hin zu Leibspeise und
nikation: Der eigenständige Einkauf, etwa beim Bäcker um die     Lieblingsbeschäftigung. Beim Zeigen erfährt das Gegenüber
Ecke, wird mit Hilfe des I-Pads für manchen möglich. „Integ-     mehr über die Person. Neben I-Pads gibt es bei den elektro-
ration findet dann statt, wenn Menschen über kommunikative       nischen Hilfsmitteln auch Anybook-Reader, bekannt von Kin-
Fähigkeiten verfügen,“ sagt die Fachfrau. Das Interesse ande-    derbüchern, und Talker. Hochtechnisch ist die Kommunikati-
rer an einem Menschen werde größer mit genauer Verständi-        on mit Hilfe der Augensteuerung eines Computers. Sensoren
gung, die über ein Nicken hinausgehen.                           werden auf die entsprechenden Augen programmiert. Je nach
  Unterstützte Kommunikation hat sehr viele Facetten und         Aktion und Stellung der Augen fließen Informationen, lässt
kann individuell auf den Bedarf und die kommunikative Ein-       sich ein Film aufrufen oder ein Spiel bedienen.
schränkung ausgerichtet werden. Oft helfen gut verständli-         Vor Viren und Krankheiten hat Dieter Kennerknecht großen
che Bilder, Piktogramme und Kommunikationstafeln, die zu         Respekt, vor Spritzen aber auch. Beim Tippen auf die Spritze
den nichtelektronischen Mitteln zählen. Auch Kalender, die       sagt die Stimme: Bei der Grippeimpfung muss ich regelmä-
von unten nach oben laufen, und bei denen die vergangenen        ßig ein- und ausatmen. Das hilft ihm jetzt auch vor der Coro-
Tage abgeschnitten werden, kommen zum Einsatz. Sie sind          na-Impfung. (ao)
besonders geeignet für Autisten. Auch Gebärdensprache und
Leichte Sprache sind Teil der Unterstützten Kommunikation.       Kontakt:
Gebärdensprache findet mittlerweile vermehrt Eingang in          UK-Fachberaterin Elke Schätzle, Tel.: 07542 10-2402,
Funk und Fernsehen. Leichte Sprache ist ein Sprachsystem,        elke.schaetzle@stiftung-liebenau.de
das bestimmten Regeln folgt und Sachverhalte einfach und         Auch externe Interessenten und Einrichtungen können die
verständlich darstellt.                                          UK-Fachberatung in Anspruch nehmen.

Informationen zur Unterstützten Kommunikation                    Weiterführende Literatur
                                                                 - Einander verstehen lernen; Claudio Castaneda, Angela Hall-
Leichte Sprache ist ein Sprachsystem, das festen Regeln folgt.     huber, Holtenauer Verlag
Inhalte in Leichter Sprache werden von geschulten Prüferin-      - Unterstützte Kommunikation; Fachzeitschrift der Gesell-
nen und Prüfern, etwa bei der Stiftung Liebenau, auf Ver-          schaft für Unterstützte Kommunikation
ständlichkeit beurteilt. Dadurch können Beiträge das Europäi-    - Unterstützte Kommunikation - Ein Ratgeber für Eltern,
sche Logo für einfaches Lesen von Inclusion Europe erhalten.       Angehörige sowie Pädagogen; Katrin Otto, Barbara Wimmer;
Bundesbehörden müssen entsprechende Sachverhalte in                Schulz-Kirchner Verlag
Leichter Sprache darstellen und auf Anfrage auch Bescheide       - Jetzt sag ich‘s dir auf meine Weise; Annette Kitzinger, Ursi
in Leichter Sprache aushändigen. Der Verein Netzwerk Leichte       Kristen, Irene Leber, von Loeper Verlag
Sprache entwickelt das System laufend weiter, um möglichst       - Unterstützte Kommunikation – Eine Einführung in Theorie
vielen Menschen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.         und Praxis; Etta Wilken, Kohlhammer Verlag
www.leichte-sprache.org                                          - Handbuch der Unterstützten Kommunikation; von Loeper
                                                                   Verlag
Cabito - das barrierefreie Informationssystem: Informationen
werden in dem Computer leicht verständlich mit Hilfe von         Weiterführende Links
Piktogrammen, Bildern und Leichter Sprache eingepflegt und       www.cluks-forum-bw.de
dargestellt, von Speiseplänen über das Wetter bis hin zu Fuß-    www.lifetool.at
ballergebnissen.                                                 https://uk-app-blog.blogspot.com/
                                                                 https://metacom-symbole.de/downloads/download_
                                                                 materialien.html

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Schwerpunkt

          Azubis berichten live bei Instagram
     Welcher Berufstätige erinnert sich nicht an seine Ausbildung?     ihre ganz eigene Art transportiert haben. Mit Fatima aus dem
     Die floskelhaften Weisheiten der Vorgesetzten, dass Lehrjahre     Grünlandbereich, Fridolin, dem angehenden Kaufmann für
                                                                       Büromanagement, oder Jessa, die von den Philippinen nach
     keine Herrenjahre seien, und das Lehrgeld, das man allzu
                                                                       Liebenau gekommen ist, um eine Ausbildung zur Pflegefach-
     oft gezahlt hat. Was im Kanon der als lästig empfundenen
                                                                       frau zu beginnen.
     Pflichten natürlich nicht fehlen darf, ist das Berichtsheft.         Die drei und viele weitere Kolleginnen und Kollegen haben
     Schade, dass die nach der Ausbildung meist verloren gehen         Felix Aggeler in den letzten Wochen ihre Geschichte erzählt,
     oder im Altpapiercontainer enden. Das Socialmedia-Team            von den schönsten Momenten bis zu den kleinen Fettnäpf-
                                                                       chen des Azubi-Alltags. Ehrlich, authentisch und mit einer
     der Stiftung Liebenau hatte deshalb die Idee, das Thema
                                                                       gehörigen Portion Humor. „Besonders wichtig war uns dabei,
     Ausbildungsbericht mal ganz anders anzugehen: digital und
                                                                       die Vielfalt unseres Ausbildungsangebotes darzustellen: ob
     für alle Interessierten zugänglich.                               in sozialen und kaufmännischen Berufen oder im Dienstleis-
                                                                       tungsbereich und im Handwerk. Denn viele Jugendliche ver-
        „Normalerweise wäre jetzt die Zeit der Berufsmessen, in der    binden die Stiftung immer noch ausschließlich mit Pflegeberu-
     wir direkt mit Ausbildungssuchenden in Kontakt kommen und         fen“, sagt Felix Aggeler.
     uns über die zahlreichen Ausbildungsmöglichkeiten in der             Über mangelndes Interesse konnte der „stiftungseigene
     Stiftung Liebenau austauschen können“, sagt Felix Aggeler. Er     Influencer“ übrigens nicht klagen: Bis zu 1200 Instagram-Nut-
     ist in der Stiftung Liebenau für das Thema Recruiting zustän-     zer haben sich die einzelnen Interviews inzwischen ange-
     dig. Neben dem persönlichen Kontakt hat er von Anfang auf         schaut. Auf die Fragen der Ausbildungssuchenden, die live
     die Socialmedia-Kanäle der Stiftung gesetzt, gerade auf Ins-      dabei waren, wurde noch direkt im Gespräch eingegangen.
     tagram fühlt er sich dabei zuhause. So war es nur logisch, dass   Für alle anderen Interessierten stehen die informativen Video-
     Felix Aggeler auch zum Gesicht der digitalen Ausbildungs-         clips weiterhin unter www.instagram.com/stiftungliebenau
     kampagne werden sollte.                                           zur Verfügung.
        Das Setting dabei war denkbar einfach                                 Wer den Stiftungs-Kanal längst abonniert hat und die
     und klingt zunächst wie die Einleitung                                              Videos schon kennt, darf sich in den kommen-
     eines alten Witzes: Treffen sich zwei                                               den Wochen auf weitere Live-Chats freuen.
     Leute und plaudern über ihren Job. Was                                             Die Reihe wird aufgrund des großen Zuspruchs
     dabei herauskam, lässt jeden Witz alt                                             weitergeführt und auch für Ausgelernte geöffnet
     aussehen. Spannende Jobinterviews                                                – auch wenn die ja streng genommen nicht mehr
     mit jungen, motivierten Auszubilden-                                            berichtspflichtig sind. (dk)
     den, die das breite Job-Spektrum auf

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Stiftung Liebenau

                                                 Über das Leben reden
                                                             Kommunikation in der allerletzten Phase des Lebens

  Wenn das Leben sich zum Ende neigt, bleibt nicht mehr viel
Zeit für Kommunikation. Jedes Gespräch könnte das letzte
sein. Als Seelsorger im Franziskuszentrum in Friedrichshafen
geht Jens Fehrenbacher ganz bewusst auf Menschen in solchen
Situationen zu. Er begleitet Heimbewohnerinnen und -bewoh-
ner, Hospizgäste und Angehörige in vielen Lebenslagen – und
ganz besonders beim Abschiednehmen. Die Gesprächsthemen
können dabei so vielfältig sein wie das Leben.
  Wie kann ich einem sterbenden Menschen begegnen? Finde
ich die richtigen Worte? Was soll ich sagen? Solche Fragen vol-
ler Unsicherheit stellen sich Angehörige oft auf ihrem Weg zum
Sterbebett eines geliebten Menschen. „Meine Antwort lautet
dann: Sprechen Sie über das, was Ihnen in den Sinn kommt“,
berichtet Jens Fehrenbacher. Wichtig sei, die letzten Stun-
den im Leben bewusst wertzuschätzen. Deshalb ermuntert er
Angehörige, die verbleibende Zeit zum Gespräch zu nutzen.
„Denn oft bleibt vieles bis zum Schluss unausgesprochen. Da
versuchen wir, nochmals eine tiefe Kommunikation in Gang zu
setzen.“
  Wenn ein Gespräch mit dem sterbenden Menschen gar
nicht mehr möglich ist, dann gebe es andere Möglichkei-
ten der Kommunikation: über Berührung, Zuspruch, Dank
oder versöhnliche Worte. „Das scheint einseitig zu sein, aber      Jens Fehrenbacher, Seelsorgeverantwortlicher im Bereich der Altenhil-
wir bekommen immer eine Antwort aus der Situation her-             fe der Stiftung Liebenau.
aus – nicht verbal, sondern emotional im Herzen“, sagt Jens
Fehrenbacher. Auch bei der Verabschiedung spreche er den           liche Themen ist wichtig, denn es ermöglicht Orientierung und
verstorbenen Menschen noch einmal direkt an. „Wir bleiben          schenkt Zuwendung“, erläutert er.
auch nach dem Tod verbunden. Kommunikation geht weiter                Ob im Hospiz- oder Pflegebereich: Entscheidend sei die
im Gebet und Segenszuspruch. In diesen Prozess möchte ich          innere Haltung bei Gesprächen. „Behutsamkeit, eine große
die Angehörigen mit hineinnehmen“, erklärt der Theologe, der       Offenheit und Wertschätzung sind sehr wichtig.“ Konkret
als Seelsorgeverantwortlicher im Bereich der Altenhilfe auch       bedeute dies, aufmerksam und unvoreingenommen zuzuhö-
Mitarbeitende der Stiftung Liebenau in ihren seelsorgerlichen      ren, nicht zu interpretieren oder keine Ratschläge überzustül-
Aufgaben begleitet.                                                pen. „Die Einordnung dessen, was wichtig ist, überlasse ich
  Kommunikation macht einen Großteil seines Handelns aus.          meinem Gesprächspartner“, betont Jens Fehrenbacher.
„Den Gästen im Hospiz biete ich an, dass sie mit mir über alle        Auch bei Gesprächen mit Bewohnerinnen und Bewoh-
Themen des Lebens reden können – als ganz offenes Angebot“,        nern im Pflegeheim sei es ihm ein Anliegen, Geborgenheit
erzählt er. Manchmal hätten die Menschen am Lebensende             zu vermitteln – und das Gefühl, dass sie nicht allein sind und
das Bedürfnis, über tiefgreifende, existenzielle und persönli-     jemand da ist, mit dem sie über alles reden können. „Eine gute
che Fragen zu sprechen. Das sei aber nicht immer so. Manch-        Kommunikation weiß aber auch, wann es keine Worte mehr
mal möchten die Menschen lieber erfahren, was um sie herum         braucht oder wann jemand müde ist vom Gespräch“, gibt der
geschieht, was in der Zeitung steht, wie das Wetter ist oder was   Seelsorger zu bedenken. „Manchmal besteht Kommunikation
draußen auf der Straße los ist. „Auch ein Gespräch über alltäg-    darin, einfach da zu sein und nichts zu sagen.“ (rue)

anstifter   2 | 2021                                                                                                                      17
Schwerpunkt

                   Leichte Sprache

     Kommunikation hat viele Formen
     Kommunikation heißt: Man verständigt sich mit anderen.
     Es gibt verschiedene Formen von Kommunikation.
     Meistens spricht man miteinander.
     Anna Jäger ist Expertin für Kommunikation.
     Sie ist schon lange Lehrerin an der Akademie Schloss Liebenau.
     Sie sagt:
     Kommunikation gelingt zum Beispiel dann
     - wenn man offen gegenüber anderen ist.
     - wenn Lösungen finden will.
     Kommunikation kann man lernen.
     Man lernt sie im Alltag in der Familie und mit Freunden.
     Wichtig ist: Immer wieder über Gesagtes nachdenken.

     Menschen in praktischen Berufen sprechen klarer.
     Sie sind oft weniger empfindlich.
     Jüngere Menschen sind oft direkter gegenüber den Chefs.

     Verständigung ist auch in der Pflege wichtig
     In der Pflege ist viel Kommunikation über das Gesicht.
     Manche alten Menschen verstehen Sprechen nicht mehr.
     Wegen Corona müssen Pflege-Kräfte Masken tragen.
     Alte Menschen sehen keine Gesichter mehr.
     Viele verunsichert das sehr.
     Auch die Pflege-Kraft Rosaria Helfer findet das traurig.
     Ein Wiener Fotograf hat Fotos gemacht.
     Einmal mit Maske und einmal ohne Maske.
     Das Lachen ist hinter der Maske verschwunden.

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