2|2021 - Mit Erfolg kommunizieren - Stiftung Liebenau
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2|2021 Magazin der Stiftung Liebenau Mit Erfolg kommunizieren 10 Mit Mut zur Gleichberechtigung 21 Mit Schwung in den Heimalltag 26
ann, th Hofm ock, Ru g.) H. F. Br (H Michael ne Oschwald An bewegt s, So vieleHerz e i n ein Herz was mw auf aue ich Wie sch Mit ihren in Herz? be egt ? wegt me von träume ich toren mit Was be Au ben? Wo en und welten, mein Le ben Autorinn ihre Lebens ge blicke in ichten Texten n, Gesch kt in rung Ein , was m eresse Behinde icht, ihre Int ene Person rüc n lts ge ihre We süchte. Die eig , Empfindun und be n und Se hn ebtes uc k n schrei ttelpunk t, Erl n einen Au sdr mmen. erunge den Mi süchte finde Kenntnis geno Behind die Welt hn r sagen. hen mit h und und Se deren zu zu Mensc über sic Inhalt an So vieles vo n etw as werden nis: Ich habe eb Das Erg htig! wic Ich bin ss mir, da mal zu nst- sagte ein rschaffenen Ku g nstlerin te lun Eine Kü ergie in selbs . Diese Samm gie re En h wi rd En er unse sterblic en trägt diese Menschen ld (Hg.) en un werk Text s die nlichen ht für un eren an persö sich und mac d diese besond wa in zu spürbar sichtbar. Es sin sind, erzählt n, Osch r rt ngen dahinte en, die es we hönen Erzählu hic ht er sc Gesc wund hat dies mit . Diese Hofman werden stehen. Was gar nicht s! n be Re in bleibe tun? rung zu hsein Mensc Behinde arfilms Brock, ument des Dok er emach Klein, Film Dennis 3 Editorial 4 Infos online OS.DE WWW .PATM 27 Impressum Buchvorstellung: Menschen mit Behinderungen geben unerwartete Einblicke in ihre Lebenswelt im Themendossiers: 28 Spot an: Roman Strübi Buch „So vieles, was mein Herz bewegt“. Informieren Sie sich umfassend in unseren Themendossiers „Sozial Stiftung Liebenau digital“, „Arbeiten“, „Den Menschen 4 Buch: So vieles, was mein Herz bewegt zugewandt“, „Medizin und Gesundheit“, 5 Impuls: Auf dem Weg „Gute Arbeit“, „Besondere Familien“ und 6 Altenhilfe trifft Zukunftstechnologie „Wohnen“, zu finden unter 7 kurz und knapp www.stiftung-liebenau.de/ themendossiers 9 Ich finde Impfen wichtig, weil... Schwerpunkt: „Anstifter“ als e-book: www.stiftung-liebenau.de/anstifter Mit Erfolg kommunizieren 10 Interview: So gelingt Kommunikation 12 Verstehen ist leichter als sprechen Newsletter „Liebenau inklusiv“ 13 Wo ist dein Lächeln geblieben? 10 Bestellen Sie den Newsletter „Liebenau inklusiv“ unter 14 Unterstützte Kommunikation Wie Kommunikation gelingt, auch in schwieri- www.stiftung-liebenau.de/inklusion 15 Service: Unterstützte Kommunikation gen Lebenssituationen, ist Thema dieses Anstif- ter-Schwerpunktes. 16 Live und digital: Azubis im Gespräch 17 Seelsorge: Über das Leben reden 18 Kommunikation hat viele Formen Aus der Praxis 20 Corona: Stimmen aus der Pflege 21 Mit Mut zur Gleichberechtigung 21 Kämpfer-Geschichten für Kicker 22 Inklusive Landesgartenschau 22 Gemeinsam Inklusion (er)leben 23 Neues Haus der Pflege in Franken Gefällt mir! 23 Start in Owingen gut gelungen 20 Auf Facebook und Instagram versorgen 24 Anlaufstelle Demenz in Oberteuringen wir Sie mit Neuigkeiten, Veranstaltungs- Corona nimmt kein Ende: Fachkräfte aus der Alten- 24 Bundeswehr unterstützt Testungen tipps und Wissenswertem aus der Stif- pflege berichten über die Situation während, mit tung Liebenau. Einfach reinklicken, liken 25 Applaus für erfolgreichen Abschluss und trotz Corona. und teilen. Sie finden uns auf beiden 25 Fotoprojekt: Leben im Lockdown Kanälen über den Suchbegriff „Stiftung 26 Zivildiener bringt Schwung ins Heim Liebenau“. 26 Selbstständig mit neuer Technik 27 Wir sagen Danke! Text in Leichter Sprache Mit dem Anstifter informieren wir regel- mäßig über Ereignisse, Themen und Projekte in der Stiftung Liebenau. Dazu verwenden wir personenbezogene Daten. Sie werden mit der nötigen Sorg- Termine falt und unter Beachtung des gesetz- lichen Datenschutzes verarbeitet. Für 25 Informationen über die gespeicherten Über neue Termine halten wir Sie Daten, zur Ergänzung, Korrektur oder weiterhin auf dem Laufenden unter: Den Abschluss ihrer Berufsausbildung feierten Löschung wenden Sie sich bitte an die 21 junge Frauen und Männer. Eine besondere Leis- www.stiftung-liebenau.de/ Redaktion. Weitere Informationen über tung - in Zeiten von Corona noch mehr. aktuelles/termine unsere Datenschutzmaßnahmen finden Sie hier: www.stiftung-liebenau.de/datenschutz. 2 anstifter 2 | 2021
Editorial Wie ist Ihre Meinung? Die Vorstände der Stiftung Liebenau freuen sich auf Ihre Rückmeldung: vorstand@ stiftung-liebenau.de Liebe Leserin, lieber Leser, kennen Sie den Instagram-Account der Stiftung Ausbildungsbetriebes oder ihres Arbeitgebers legen Liebenau? Dort begegnet man seit einigen Monaten sie auch Wert auf dessen Werte, auf Ökologie und jungen Menschen, die ihre Ausbildung in der Stif- Nachhaltigkeit. Auf Arbeitszeitmodelle und zeitgemä- tung Liebenau beschreiben. Ob Grünland, Pflege oder ße Technologie. Und, wie wir immer wieder hören, sie Büro – im Interview erzählen sie ihre Geschichten, von achten darauf, dass ihre Arbeit einen Sinn hat. angenehmen Erlebnissen, aber auch von Herausforde- Genauso brauchen wir Strukturen, die junge Mit- rungen, offen, ehrlich und humorvoll. arbeitende motivieren und begeistern können. Das Junge Menschen brauchen wir in der Stiftung Lie- können Freiräume sein, um neue Ideen einzubringen, benau. Junge Menschen, die stolz auf ihre Ausbil- auch Ausprobier- und Versuchsräume. An manchen dung sind und die sich identifizieren – nicht nur mit Stellen gibt es das bereits: Das Ausbildungsteam, das ihrem Beruf, sondern auch mit der Stiftung Liebenau. sich selbst organisiert, Veranstaltungen plant und Sie bereichern ihre Teams mit den Erfahrungen und Themen nach eigenen Interessen festlegt. Die sozialen Erwartungen ihrer Generation und bringen neue Medien, in denen die jungen Leute zu Wort kommen. Ansätze mit, wie wir den heutigen und künftigen Auf- Wir wünschen uns junge Menschen, die sich als gaben besser begegnen können. Da gibt es auch mal Botschafter der Stiftung Liebenau verstehen. Die für Reibungspunkte mit den erfahreneren Teammitglie- ihren Beruf und den Sinn sozialer Arbeit werben, in dern, und nicht alle Impulse müssen schließlich rea- Schulen, Bildungseinrichtungen oder Universitäten. lisiert werden. Doch die Erfahrung zeigt: Langfristig Nicht zuletzt deshalb fördern wir Projekte, die jun- zahlt sich aus, wenn Jung und Alt zusammenarbeiten. gen angehenden Wissenschaftlerinnen und Wissen- Von selbst jedoch entsteht sie nicht, die gute schaftlern eine Chance geben. Bei der Erprobung des Mischung. Zurzeit ist in allen Branchen der Nachwuchs humanoiden Roboters Pepper haben wir bewusst auf knapp, und Sozialunternehmen sind nicht unbedingt ein Kooperationsmodell mit einer Hochschule gesetzt erste Wahl bei jungen Leuten. Umso mehr sind wir – nicht als den einfachsten, aber als den sinnvollsten gefordert, junge Menschen zu gewinnen und zu hal- Weg, um Wissen zu erwerben und zu teilen. ten. Dazu gehört es, Rahmenbedingungen zu setzen, Junge Menschen werden die Zukunft gestalten, die die ihr Engagement belohnen, Preise auszuloben oder der Gesellschaft und die der Stiftung Liebenau. Und Patenschaften anzubieten beispielsweise. Dass der viele, die wir erleben, bieten allen Grund zur Zuversicht: Verdienst im sozialen Bereich besser ist als sein Ruf, ist Selbst jetzt in Pandemiezeiten, in denen sie in hohem vielen schon bewusst. Doch es ist nicht nur das Finan- Maße eingeschränkt sind, verhalten sie sich umsichtig zielle, was junge Leute bewegt. Bei der Wahl ihres und verantwortungsvoll. Geradezu vorbildlich. Das meint Ihr Vorstand Prälat Michael H. F. Brock Dr. Berthold Broll Dr. Markus Nachbaur anstifter 2 | 2021 3
Stiftung Liebenau Bewegte und bewegende Geschichten Unter den Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt findet Momente, die die Teilnehmenden besonders berührt haben. sich ein besonderes Buch: Ein Buch, das die Tür zu einer Die Fähigkeit, auch in unangenehmen Erlebnissen das Positi- ve zu sehen, trat immer wieder zutage. Geprägt war die Arbeit neuen und vielen unbekannten Welt öffnet. Es ermöglicht immer von großem Respekt füreinander und von vertrauens- Begegnungen mit anderen Menschen, ihren Erlebnissen und voller Offenheit. „Die Schreibwerkstatt war für mich optimal. Perspektiven. Die Autorinnen und Autoren sind Menschen mit Da konnte ich schreiben, was ich fühle und denke. Was gerade Behinderungen. in meinem Kopf herumschwirrt. Schreiben liegt mir am Herzen und macht mir sehr viel Freude“, sagt etwa Johanna Stumpfög- Obwohl sie in unserer Nachbarschaft leben, ist ihre Lebens- ger. welt vielen von uns fremd: In dem Buch „So vieles, was mein Parallel zu den Werkstatt-Texten entstanden weitere Texte, Herz bewegt“ geben Menschen mit Behinderungen persönli- manche ganz eigenständig daheim, andere bei Gruppenar- che Einblicke, manchmal unscheinbar, manchmal schwelge- beiten, begleitet von engagierten Fachkräften. Auch wenn risch. Mit ihren Erinnerungen, Gedichten, Interviews, Gedan- manche Autorinnen und Autoren nicht namentlich genannt kensplittern lassen sie andere an ihrer Welt teilhaben. werden möchten: Alle sind stolz Den Impuls für dieses Buch gab ein kre- auf das Geschaffene und blicken , R u th H ofmann, atives Schreibseminar . F. Broc k mit Freude und Staunen auf das in der Stiftung Liebe- Michael H Oschwald (Hg.) gemeinsame Buch. Anne z bewegt nau. Nach drei intensi- Und das zu Recht. Die Leser v i e l e s , ven Tagen merkten die erfahren die Welt mit dem Blick S o zwölf Teilnehmerin- von Menschen mit Behinderun- H e r z nen und Teilnehmer: gen. Dabei werden sie merken: e i n e ich auf was m gt r ? W schau ie Es as mein He in H e rz waren it ih re nlängst nicht Wir sind uns alle ähnlich. Und me ich? M n mit ovon träu alleA u to re Worte gesagt. Sie es ist noch lange nicht alles en und elten, Autorinn bewe in ih re Lebensw hatten noch mehr mit- gesagt. inblicke hichten ssen, Gesc ckt in ihre Intere zuteilen, n rümehr zu schrei- ene Perso te. Die eig E mpfinSie ben. gen duntrafen sich wei- Mehr über das Buch, eine e b te s, k und kt, Erl e n A u sd ru c hte find e n e interhin in n o m . Schreib- einer m e n sc h re ib e n Leseprobe und eine digitale w g e r Kenntnis en. nderen zu werkstatt. sa g Die Freude dar- it B e h in derungen Buchvorstellung finden sich zu n m lt Mensche er sich und die We as , etw : Ich habe s b le tig! über, dass sie ein Forum ü hier: ie für ihre Geschichte und www.stiftung-liebenau.de/ ir dass ,Geschichten v a l zu m ihre gefunden buch-mein-herz e einm enen Kwar unst- So e rs c h a ff elbst haben, Sammlung bei allen groß. wird. Diese Über rgie Buchtipp: diese Ene mehrere Monate xten trägt fanden h en g.) M e n sc So vieles, was mein Herz r uns die Erinnerungen, Kum- schwald (H d macht fü mer, so n d e re n se beFreuden, Wünsche und bewegt; Es sind die erzählt zu rt si n d , Sehnsüchte ihren Weg aufs Menschen mit Behinde- es we lungen d e rs c h ö n en ErzähEinige Papier. haben selbst rungen schreiben über fmann, O un dies mit . Was hat geschrieben, andere haben sich und die Welt; ar nichts! un? Rein g ihre Gedanken diktiert. Dabei Patmos Verlag; 2021; schsein Brock, Ho rfilms Men mentawurde r des Doku viel gelacht. Aber auch ISBN 978-3-8436-1320-0 Tränen des Schmerzes waren bei manchen Erinnerungen nicht zu verhindern. Das waren 4 anstifter 2 | 2021
Stiftung Liebenau Auf dem Weg von Prälat Michael H. F. Brock Erst als es wirklich nicht mehr zu schaffen war, beschlossen gekräfte begrüßte. Wenn ihr ab heute miteinander Dienst tut, wir, Oma ins Pflegeheim zu geben. Rund um die Uhr uns zu sagte sie, versteht euch immer als Team. Und es geht immer kümmern, hatten wir versucht. Waschen, Essen reichen, anzie- und ausschließlich um das Wohl unserer Gäste. Ich möchte, hen, den Tag gestalten: All das wollten wir so lange wie mög- dass ihr euch immer vor Augen führt: Menschen, die bei uns lich gemeinsam und zuhause tun. Zeit war eine Grenze und wohnen, sind auf der Reise. Sie haben ihre Koffer gepackt und Kraft. Wir konnten die Zeit nicht aufbringen, nicht in der Fülle, sind von zuhause aufgebrochen. Hier bei uns im Pflegeheim wie Oma sie gebraucht hätte. Und sie im Bett zu wenden, damit machen sie noch einmal Rast vor dem Sterben. Und unser gan- sie nicht immer in gleicher Lage auf der Matratze liegen muss- zes Bemühen muss es sein, ihnen die Rast so geborgen wie te, sie gar zu mobilisieren und in den Rollstuhl zu setzen, dafür möglich zu gestalten. Ich weiß, wir werden für jeden einzelnen wurde sie zu schwer, oder uns selbst ging die Kraft aus. Schwe- wenig Zeit haben. So vieles muss geleistet werden. Wecken, ren Herzens riefen wir im Heim an. Dort stand Oma schon Medikamente richten, waschen, anziehen, pflegen, den Tag lange auf der Warteliste. Es ist so weit, sagte ich der Heimlei- gestalten. Ihr wisst schon, was alles zu tun ist. Das Entschei- tung, und tatsächlich hatte sie für die darauffolgende Woche dende aber ist, mit welcher Haltung wir es tun. Denkt immer ein Zimmer frei. Aber wie würde Oma aufgenommen werden daran. Die Bewohner sind unsere Gäste auf einer der wichtigs- von Pflegekräften, Hilfskräften, hauswirtschaftlichen Mitarbei- ten Reisen ihres Lebens. In ihrem Gepäck ist ihr ganzes Leben. terinnen und Mitarbeitern. Und wie würde Oma sich fühlen an Erinnerungen. Glück und Schmerz. Jeder trägt sein ganzes einem fremden Ort mit fremden Menschen. Ich spürte Trauer Leben mit sich. Manchen müssen wir tragen helfen, andere hochkommen, und ich rang ein wenig nach Luft. Frau W., die gehen unbeschwert, manche freuen sich auf diese Reise, ande- Heimleiterin des Pflegeheimes, schien es zu spüren. Kaffee? re haben Angst. Wir wissen nicht, wann sie wieder aufbrechen Gerne! Wir tranken Kaffee. Ich bekam den Heimvertrag, die von hier. Aber wie sie sich fühlen hier bei uns, dafür stehen wir Hausordnung, konnte mir das Zimmer ansehen. Zwanzig Qua- ein: Wir behandeln unsere Gäste mit großem Respekt und wür- dratmeter, Nasszelle, Einbauschrank, ein Tisch, zwei Stühle, devoll. Erst wenn sie sich geborgen fühlen, sind wir zufrieden. ein Bett, ein Fernseher. Sieht ein wenig nach Hotelzimmer aus, Gäste auf ihrer wichtigsten Reise, dachte ich. Ja, so ist es und dachte ich. Herr B., sagte Frau W., heute fangen zwei neue Pfle- so darf es sein. Und so werde ich es Oma sagen können, dass gekräfte bei uns an. Ich möchte sie gerne mitnehmen, Herr B., sie auf dem Weg in eine neue Heimat noch einmal Herberge zur Begrüßung. Ich war überrascht, wie Frau W. die neuen Pfle- bezieht und Gast sein darf. anstifter 2 | 2021 5
Stiftung Liebenau Altenhilfe trifft Zukunftstechnologie Pflegeroboter Pepper im Praxiseinsatz – Kooperation von Wissenschaft und Praxis Den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Pflege erprobt die „Kooperationen wie diese ermöglichen unseren Studierenden Stiftung Liebenau im Haus der Pflege Magdalena in Ehningen. einen praxisnahen Einstieg in ein hochkomplexes Themenfeld und leisten nebenbei einen Beitrag zum Gemeinwohl in her- In einem groß angelegten Kooperationsprojekt wurde der ausfordernden Zeiten.“ humanoide Roboter Pepper speziell für diesen Einsatz Den Sinn der Kooperation bekräftigt auch Dr. Markus Nach- programmiert. Jetzt zeigt er in der Praxis, was er kann. baur, Vorstand Stiftung Liebenau. „Bewusst hatten wir uns zu Beginn des Projekts dafür entschieden, keine vorgefertigten Erwartungsvoll blicken die Teilnehmerinnen der Gymnastik- Programme zu erwerben, sondern mit einer neuen Program- runde auf den Neuzugang. „Guten Morgen, ich hoffe, Sie haben mierung von Grund auf eng an unseren Praxisbedürfnissen alle gut geschlafen“, begrüßt sie Pepper mit einem Zwinkern entlang zu arbeiten.“ Dass Pepper angeschafft werden konnte, seiner großen kugelrunden Augen. Noch haben die betagten ist der Spende von 10.000 Euro von der Stiftung der Württem- Zuhörerinnen sichtlich Mühe, ihn zu verstehen. Betreuungslei- bergischen Gemeinde-Versicherung a.G. (WGV-Stiftung) zu ver- terin Ruth Track springt ein und wiederholt. Im Laufe der Stun- danken. „Wir freuen uns, dass Pepper nun seine Arbeit aufneh- de spielt sich die Zusammenarbeit ein. Pepper sagt Übungen men kann“, sagt Dr. Klaus Brachmann, Vorstandsvorsitzender an, motiviert und lobt die Teilnehmerinnen. der WGV-Gruppe. Noch kann der Roboter nicht alle Bewegungen selbst vor- Dass Pepper die Arbeit der Pflegekräfte ergänzen kann, sieht machen. Schließlich muss jeder Schritt programmiert werden. die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohl- Diese Aufgabe hat die RWU Hochschule Ravensburg-Wein- fahrtspflege (BGW), die in verschiedenen Digitalisierungspro- garten übernommen – nicht einfach unter Coronabedingun- jekten mit der Stiftung Liebenau zusammenarbeitet. „Techni- gen. Benjamin Staehle, stellvertretender Leiter des Instituts sche Assistenzsysteme sollen zur Verbesserung der aktuellen für Künstliche Intelligenz an der RWU ist trotzdem froh über Arbeitsbedingungen beitragen und damit auch die Stress- und die Möglichkeiten, die das Projekt für die Hochschule bietet: Belastungssituation der Pflege- und Betreuungskräfte entlas- ten“, sagt Ralf Köhnlein, Koordinator für gesundheitspolitische Kooperationen bei der BGW. Dabei habe in der Arbeit mit Men- schen immer das Zwischenmenschliche Vorrang, betonte Dr. Alexander Lahl, Geschäftsführer der Pflegeunternehmen in der Stiftung Liebenau. Technische Assistenzsysteme würden nur unterstützend eingesetzt, um individuelle Selbstständigkeit zu fördern und den Alltag möglicherweise zu erleichtern. Hausleiter Julian Krüger freut sich über die neuen Impulse, die mit Pepper ins Haus kommen. Gern beteiligt er sich an Peppers weiterer „Ausbildung“. Die geht an der Hochschule weiter, wo er neue gymnastische Übungen lernen soll, ebenso Personen direkt anzusprechen. Dann wird er sie zum Beispiel ans regelmäßige Trinken oder – in Corona-Zeiten besonders wichtig – ans Händewaschen erinnern. Der humanoide Pflegeroboter Pepper im Haus Magdalena: als neuer Mitarbeiter bei einer Anleitung einer Gymnastikstunde. Betreuungs- leiterin Ruth Track unterstützt dabei. 6 anstifter 2 | 2021
Stiftung Liebenau Den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken Wie wollen wir in Zukunft gemeinsam leben, wohnen, arbei- Wichtig für das Gelingen der Quartiersentwicklung ist eine ten und versorgt werden? Antworten hierauf gibt die Stiftung koordinierte Vernetzung vor Ort. Doch genau für die hierzu Liebenau gemeinsam mit Partnern in einem aktuellen Positi- nötige Vernetzungsarbeit – wie zum Beispiel die Gemeinwe- onspapier. Dieses wurde zur Landtagswahl veröffentlicht und senarbeit in den Mehrgenerationenwohnanlagen nach dem gibt Empfehlungen und Anregungen zur Quartiersentwicklung Konzept der Lebensräume für Jung und Alt – gibt es immer für Politik und Praxis. noch keine dauerhafte öffentliche Finanzierung. Obwohl das Quartiere zu stärken, heißt, den gesellschaftlichen Zusam- Geld dafür gut investiert wäre, wie man in der Stiftung Lie- menhalt zu stärken. Denn die Herausforderungen, vor denen benau dank über 25-jähriger Erfahrung mit diesen Projekten das Gemeinwesen steht, sind immens: Klimawandel, demo- weiß. Mit vergleichsweise geringen Mitteln erreicht man eine grafische Entwicklung, Inklusion, Migration und Integration. sehr hohe Wirkung für die Menschen vor Ort. Diese und weite- All diese Herausforderungen lassen sich wirkungsvoll in den re Forderungen der Stiftung Liebenau finden sich im Positions- Kommunen angehen, im Schulterschluss möglichst vieler papier, ergänzt durch Praxisbeispiele. Akteure vor Ort. Hierzu müssen aber Förderprogramme für die Das gemeinsame Positionspapier und die politischen Forde- Quartiersentwicklung im Land weiter entwickelt werden. Die rungen der Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW), Stiftung Liebenau ist überzeugt, dass „auch die Bewältigung des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands der Coronapandemie zeigt, wie wichtig intakte Quartiere und (BWGV) sowie der Stiftung Liebenau als Gründungsmitglied im Nachbarschaften für den gesellschaftlichen Zusammenhalt Netzwerk: Soziales neu gestalten (SONG) steht hier zum Down- sind“, so Vorstand Dr. Berthold Broll. load www.stiftung-liebenau.de/aktuelles/mediathek/ „machtfit“ ist für die Gesundheit gut Wie geht eigentlich Intervallfasten? Wie überwinde ich beim der Kurse sind zertifizierte Online-Präventionskurse und kön- Training den inneren Schweinehund? Und wie schaffe ich es, nen von der eigenen Krankenkasse bezuschusst werden. mich endlich gesünder zu ernähren? Auf der neuen digitalen Gesundheitsplattform „machtfit“ für die Mitarbeitenden der Stiftung Liebenau gibt es auf all diese Fragen Antworten. Und noch viel mehr: Es gibt eine große Auswahl an Online-Angebo- ten aus den Bereichen Ernährung, Entspannung, Bewegung und Suchtentwöhnung. Ganz egal, ob jemand in Singen, Opfen- bach oder in Maikammer arbeitet. Egal, ob im Schichtdienst oder tagsüber. „machtfit“ hilft, etwas für die eigene Gesund- heit und gegen die Langeweile zu tun. Man kann ganz einfach von zu Hause aus aktiv werden, auch per App. Die Nutzung von „machtfit“ ist für die Mitarbeitenden kostenlos. Manche Ange- bote sind ebenfalls kostenlos, manche kostenpflichtig. Einige anstifter 2 | 2021 7
Stiftung Liebenau Grüezi aus der Schweiz Du hast die Wahl. Und spannende Aussichten! Die Stiftung Liebenau ist für Menschen da, die besondere Erfolgreiche „Luftpost“ zum 150-jährigen Stiftungsjubiläum: Unterstützung benötigen. Dank unserer Vielfalt und unserem hohen Fachwissen bieten wir jede Menge Mög- Von Ravensburg bis in den Kanton Zürich ist ein Luftballon aus lichkeiten für deine Ausbildung und Zukunft. Ob in sozialen dem Berufsbildungswerk Adolf Aich (BBS) geflogen. oder kaufmännischen Berufen, in Handwerk oder Dienst- 150 bunte Luftballons ließen die Jugendlichen aus dem BBW leistung. Herzlich willkommen bei uns! Egal, wofür du dich entscheidest – es wird eine spannende Zeit. am großen Stiftungsgeburtstag im Oktober des vergangenen Jahres hoch in den Himmel über Ravensburg steigen. Und Unser Angebot für Ausbildung, Studium und mehr: zumindest einer schaffte es über den Bodensee bis ins Nach- • Berufe in Gesundheit, Pflege und Erziehung • Dienstleistungsberufe • DH-Studium barland. • Kaufmännische Berufe • FSJ/BFD In bestem Schweizerdeutsch hat eine Frau aus Schleinikon ihre Entdeckung gemeldet und daraufhin „ganz liebi Grüess In unserer Mitte – Der Mensch www.stiftung-liebenau.de/ausbildung us em Zürcher Unterland“ ausgerichtet. Auf der am Luftballon angebundenen Karte – so berichtet die Finderin – habe sich der Absender für seinen Ausbildungsplatz im BBW bedankt. Dieser Botschaft schließt sich auch die Schweizerin an und gratuliert der Stiftung Liebenau nachträglich zum Jubiläum: „Super, dass es euch gibt.“ Akademie Schloss Liebenau E-Learning wird stiftungsweit eingeführt Zu der aktuellen, sogenannten digitalen Transformation de der Stiftung Liebenau wird mit einem eigenen Log-in ein- gehören auch neue Lernformen und -formate. So gibt es in fach über den Internet-Browser auf die Plattform zugreifen der Akademie Schloss Liebenau seit kurzem ergänzend zu können. In einem ersten Aufschlag sollen darüber nach und den wichtigen Präsenzveranstaltungen auch Web-Seminare nach Pflichtfortbildungen stattfinden, selbstverständlich oder Blended Learning-Konzepte, die das Lernen in Präsenz sind aber auch andere Inhalte vorgesehen, die für diese Art mit digitalen Lernformen verbinden. Ergänzt wird dieses der Wissensvermittlung geeignet sind. Spektrum demnächst um ein stiftungsweites Lernmanage- Die Einladung zum Kennenlernen und Ausprobieren an mentsystem, in dem künftig Lerninhalte zeit- und ortsunab- alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für Herbst dieses hängig bereitstehen. Der Plan: Jede und jeder Mitarbeiten- Jahres geplant. 8 anstifter 2 | 2021
Stiftung Liebenau Ich finde Impfen wichtig, weil… Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung Liebenau beziehen Position … der Schutz der Menschen um mich herum im Mittelpunkt steht! Marco Brill, Haus St. Pirmin, Maikammer … dies für mich Hoffnung bedeu- … wir erstmals in der Menschheitsge- tet! Eine Hoffnung, dass all die schichte die Chance haben, eine Pandemie Menschen, die mir am Herzen wirksam zu beenden. liegen, diese Pandemie gesund überstehen. Heiner Schweigkofler, Liebenau Italia Anja Rundel, St. Pirmin, Liebenau … ich meine Schülerinnen und Schüler sorgenfrei in Präsenz unterrichten möchte und wir uns wieder entspannt in der Schule begegnen wollen. … Pflege Nähe braucht. Patricia Philips, Pflegedienstleitung Karen Hotz-Krumm, Meckenbeuren Berufsbildungswerk Adolf Aich anstifter 2 | 2021 9
Schwerpunkt So gelingt Kommunikation Im Dialog zu gemeinsamen Lösungen kommen Mit Worten, mit Gesten, mit unserem Körper: Wir kommunizieren immer. Aber nicht immer verstehen wir uns richtig. Im Gegenteil: Ob auf dem Schulhof, in der Politik, in den sozialen Medien: Kommunikation dient häufig eher der Abgrenzung. Wie Kommunikation zur Verständigung führt, erläutert Anna Jäger. Die Diplompädagogin und Transaktionsanalytische Beraterin arbeitet seit über 20 Jahren freiberuflich im Bereich Kommunikation, Führungskräfteschulung und -beratung in Zusammenarbeit mit ihrem Partner Dr. Alexander Myhsok im dialogos team. Frau Jäger, was ist gelingende Kommunikation? schen überhaupt in Beziehung gehen können und vor allem: Seit Ende des 20. Jahrhunderts erleben wir bei uns eine dass sie Unterschiedlichkeit als Bereicherung ansehen und zunehmende Individualisierung. Eine der Auswirkungen ist, nicht als Angriff oder als Kampfansage. dass jeder seine, jede ihre Wirklichkeit konstruiert. Das Kunst- stück ist, im Beruf und auch im Alltag trotzdem zu Gemein- Wird dafür heute etwas anderes gebraucht als früher? Und samkeiten zu kommen im Denken, Fühlen, Handeln. Das läuft woran liegt das? wesentlich über Kommunikation. Und die gelingt unter ande- Ja, heute wird dafür etwas anderes gebraucht. Die Beto- rem, wenn wir uns offen einbringen, bereit sind, uns auf ein nung des „Ich“, gefördert durch eine zunehmende Individua- Gegenüber einzulassen und gemeinsame Lösungen zu finden. lisierung, trägt in sich immer eine Gefahr der Verhärtung. Ich Gelingende Kommunikation hängt also davon ab, dass Men- mache es deutlich an dem Unterschied zwischen „Diskussion“ 10 anstifter 2 | 2021
Stiftung Liebenau und „Dialog“. In der Diskussion (im Wort steckt: Analysieren, Zerlegen, Zerschneiden) geht es letztlich darum, sich durchzu- setzen. Das führt zu Siegern und Verlierern und zur Verhärtung letztlich auf beiden Seiten. Der Dialog (nach David Bohm und Martin Buber) will zu einem gemeinsamen Denken führen, lei- tet einen Suchprozess ein und führt zu gemeinsamen Lösun- gen. Der Dialog berücksichtigt damit auch, was Menschen heute suchen: auf Augenhöhe mit dem anderen sein, sogar in hierarchischen Beziehungen. Wie lernt man, „richtig“ zu kommunizieren? Über Reflexion! Kommunikation gehört zum Alltagswissen, und das erwerben wir (zwischen 90 und 98 Prozent) im Alltag, Anna Jäger beschäftigt sich seit vielen Jahren mit gelingender in der Familie, von Eltern und Vorgesetzten, Lehrern, Kolle- Kommunikation. gen. Manchmal spüren wir dann selber in oder nach einem Gespräch: „Das war nicht so toll.“ Wir bekommen eine Rück- meldung oder wir holen sie uns. Es kommt also zunächst auf meldung, insbesondere positive Bestätigung, erhalten. Diese die Einsicht an, dann auf die Reflexion. Und dann können wir Generation geht unbefangener mit Vorgesetzten um, und sie uns noch zusätzlich qualifizieren über so genanntes organi- will Rückmeldung, offene Rückmeldung und das oft. Sie ist in siertes Lernen, wie es die Akademie Schloss Liebenau anbie- der Kommunikation direkter, und das alles unterscheidet sie tet. In dieser spezifischen Lernform geht es dann darum, dass von den früheren Generationen. vorhandenes, tiefsitzendes Alltagswissen in der Kommunika- tion in Bewegung gebracht wird. „Störe meine Denke!“ Das ist In der sozialen Arbeit kommunizieren wir häufig mit Men- ein Ansatz, den wir heute umsetzen. Das allerdings wieder in schen, deren Verständigungsmöglichkeiten eingeschränkt der wertschätzenden, sich auf Augenhöhe befindlichen Rück- sind. Kann man die Grundsätze gelingender Kommunikation meldung, ohne Sieger- und Verlierermentalität. darauf übertragen? Grundlage für die Erhaltung der Wertschätzung ist für mich Ja – unbedingt! Nehmen wir einige Kernkompetenzen im die Grundposition der Transaktionsanalyse: „Ich bin o.k. – du dialogischen Verhalten, zum Beispiel: Zuhören, ohne gleich bist o.k.“ Sie meint, sich selbst zu achten und wertzuschätzen eine Antwort zurechtzulegen; die Kommunikation verlangsa- und ebenso das Gegenüber. Aus dieser Haltung heraus kann men; offen sein; von sich und von Herzen sprechen. Das sind ich leichter mit einem Gegenüber sprechen. Grundsätze für eine gelingende Kommunikation mit Men- schen, ob mit oder ohne geistige Behinderungen. Sie arbeiten mit Menschen aus verschiedenen Branchen und Die vorher genannte o.k.-Haltung sollte ich allen Menschen unterschiedlichen Generationen. Gibt es Unterschiede im gegenüber als Grundhaltung leben. Je nach Verständigungs- Kommunikationsverhalten? möglichkeit kommuniziere ich das, was zwischen uns gut oder In eher „praktischen“ Berufen ist die Kommunikation direk- schwierig, störend ist oder einfach auch nicht geht, offen und ter, sachbezogener, weniger „empfindlich“. Sie dient dem direkt. Basis ist eine annehmende, liebende Haltung – ohne Sachprodukt. Im Sozial- und Bildungsbereich ist Kommunika- sich selbst aus dem Blick zu verlieren. Und die ist bei Men- tion und sind kommunikative Fähigkeiten oft schon das „Pro- schen mit Einschränkungen mehr und auch direkter gefordert. dukt“. Es steht im Umgang mit der Klientel mehr im Zentrum, wird auch mehr beobachtet und ist deshalb auch ein explizites Verändert die digitale Kommunikation etwas? Und wenn ja, in Thema. Und weil es mit der jeweiligen Person, die kommuni- welche Richtung? ziert, direkt zu tun hat, ist es auch ein sensibles Thema. Rück- Ich mache überraschenderweise gute Erfahrung mit digi- meldung wird dann oft als Kritik aufgefasst. talen Medien. Voraussetzung ist jedoch, dass wir uns bereits Zum unterschiedlichen Kommunikationsverhalten von Jung kennen und einen Stil der Zusammenarbeit gefunden haben und Alt greife ich beispielhaft die „Generation Y“ heraus, jetzt auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen. Zwischentöne und im Alter etwa von 25 bis 30 Jahren. Verallgemeinert gespro- versteckte Botschaften werden allerdings weniger schnell chen, ist sie im Gegensatz zu früheren Generationen geprägt wahrgenommen. Das Funktionale steht im Vordergrund. Ober- von weniger Hierarchie-Erfahrung. Mama und Papa haben flächlich gesehen, erleichtert das die Kommunikation. Jedoch: die Kinder schon früh in Entscheidungen einbezogen, Lehrer Aussagen wirken nach und hinterlassen oft einen bitteren kamen aus der 68-er Generation. Und sie haben auch viel Rück- Geschmack. Dann gilt es wieder, dies offen anzusprechen. anstifter 2 | 2021 11
Schwerpunkt Verstehen ist leichter als sprechen Arbeiten fernab von zu Hause Kalt war es, als Florabel Zaragoza in Deutschland ankam. Bei „Übung macht den Meister“, sagt Florabel Zaragoza zuver- der Landung des Flugzeugs sah sie den ersten Schnee ihres sichtlich und lächelt. Sie vermisst zwar ihre Eltern und ihre drei Geschwister. Aber ihre Entscheidung, eine Pflegeausbil- Lebens – ein unvergesslicher Eindruck. Mehr als dung bei der Stiftung Liebenau zu machen, hat sie noch nie 10 000 Kilometer hatte die junge Filipina zurückgelegt, um bereut. In Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Kress- Pflegefachkraft zu werden. bronn-Toril Education Programm (KTEP) eröffnet die Stiftung Liebenau jungen Filipinos neue berufliche Perspektiven. „Es Hier ist vieles so anders: das Wetter, das Essen, die Kultur ist eine große Chance“, erklärt die 27-Jährige, die früher als und vor allem die Sprache. Jedes Wort und jede Spielart der Kassiererin in einem Einkaufszentrum gearbeitet hat. Diesen Grammatik will erarbeitet sein. Kommunikation in einer frem- Job hat sie gekündigt und zunächst in ihrer Heimat über ein den Sprache ist enorm anspruchsvoll. Jahr lang intensiv Deutsch gelernt. Seit Dezember 2020 lebt sie Wenn Florabel Zaragoza den ganzen Tag Sprachunterricht mit neun jungen Landsleuten in einem Wohnheim in Kress- hatte, dann ist sie am Ende erschöpfter als nach einem lan- bronn. Hier setzt sie noch eine Weile ihre Sprachkurse fort, gen Arbeitstag. Dabei spricht sie bereits beeindruckend gut während parallel dazu bereits ihre Berufsausbildung im Pfle- deutsch. Aber manchmal kommt ihr Redefluss ins Stocken. geheim St. Johann in Tettnang begonnen hat. Dann sucht sie nach bestimmten Vokabeln, der passenden Die Kommunikation mit alten Menschen wird hier durch Grammatik und dem richtigen Satzbau. Denn die deutsche den oberschwäbischen Dialekt zusätzlich erschwert. „Das ist Sprache hat eine ganz andere Struktur als ihre Muttersprache. für mich eine große Herausforderung“, erzählt die 27-Jährige. Ein einfaches Präfix zum Beispiel verleiht einem Verb plötzlich Aber sie findet immer wieder Wege, um zurecht zu kommen. eine neue Bedeutung: laufen, weglaufen, zulaufen, verlaufen, Manchmal bittet sie, das Gesagte auf Hochdeutsch zu wieder- entlaufen, unterlaufen – bei so vielen Varianten kann schon holen. Oft erklärt eine Kollegin, was gemeint ist. „Manchmal mal der Kopf schwirren. Und es gibt noch viele weitere kom- genügt auch ein Schlüsselwort, damit ich den Zusammenhang plizierte Details. verstehe“, berichtet sie. Auch Empathie hilft ihr: „Wenn ich die alten Menschen kenne, kann ich überlegen, was sie brauchen und was sie mir deshalb sagen wollen.“ Ohnehin sei es viel leichter, etwas Gesagtes zu verstehen, als selbst etwas in die Worte zu fassen. Mimik und Gestik spielen ebenfalls eine Rolle. „Am Gesichts- ausdruck kann ich erkennen, in welcher Gefühlslage sich jemand befindet“, sagt Florabel Zaragoza. „Das hilft bei der Verständigung.“ Auch viele Gesten wie zum Beispiel „Dau- men hoch“ haben in beiden Ländern dieselbe Bedeutung. Ein intensiver Blickkontakt hingegen kann auf den Philippinen als Ausdruck von Aggression verstanden werden, während er hier- zulande ein Zeichen für Höflichkeit und Interesse am Gespräch ist. Florabel Zaragoza unterhält sich gerne mit Menschen – auch in der für sie fremden Sprache – und möchte dauerhaft als Pfle- gefachkraft in Deutschland bleiben. „Es gefällt mir hier“, sagt Doppelte Herausforderung für Florabel Zaragoza: Ausbildung in frem- sie und ist fest entschlossen, Ausbildung und Sprache zu meis- der Sprache. tern. (rue) 12 anstifter 2 | 2021
Stiftung Liebenau „Wo ist dein Lächeln geblieben?“ Wie der Mundschutz im Pflegealltag wirkt Rosaria Helfer, Wohnbereichsleiterin im St. Josefshaus in Gaißau. Auch für erfahrene Pflegekräfte wie Rosaria Helfer, gute Fähigkeit, mich an meiner Stimme zu identifizieren, Wohnbereichsleiterin im St. Josefshaus in Gaißau, ist das geschweige denn, dass sie mich beim Namen kennt. Ich denke mir, sie erkennt mich an dem Gefühl, dass ich in ihr auszulösen ständige Tragen einer Maske neu und im Kontakt mit den vermag, ein Gefühl der Geborgenheit, ein Gefühl der Langsam- älteren Menschen unangenehm. „Wie erkläre ich einer Frau keit, das ihr eine kleine Chance gibt, Bruchteile zu verstehen. mit Demenz, dass sie mein Lächeln nicht mehr sehen darf?“, Mit jedem ihrer Blicke scheint sie zu fragen: „Wer hat dein fragt sie. Ihre Erfahrung mit der Maske hat Rosaria Helfer Lächeln gestohlen?“ Es vergehen Wochen. Die angespannte beschrieben. Lage scheint kontrollierbar zu werden; seitens des Sicher- heitsmaßnahmenpakets besteht weiterhin die Anordnung, diese Masken zu tragen. Und dann dieser eine Morgen: Fr. W. „Ich kenn dich irgendwo her, deine Stimme kommt mir wird von mir geduscht. Ihr traurig suchender Blick nach dem bekannt vor.“ Frau W. ist ratlos. Am 13. März 2020 galt auch „verlorenen Lächeln“. Sie nimmt meine Hand, führt diese zum für unsere Langzeiteinrichtung der Lockdown. Auch unsere Gesicht und schnuppert an meinem oft benutzten Parfüm. Bewohner durften aufgrund der notwendigen Sicherheitsmaß- Es zerreißt mir das Herz, als sie mit Tränen in ihren Augen zu nahmen keine Besuche von Angehörigen mehr erhalten. Wir mir sagt: „Ich kenne dich, ich mag dich.“ Ich lege meine Maske Pflegekräfte sind verpflichtet, Masken zu tragen, die Angst und mit Tränen in den Augen ab und nehme sie in meine Arme. Sie Unsicherheit ist allgegenwärtig – bei den uns Anvertrauten, hält mich fest, so, als hätte sie gefunden, was ihr Wochen lang den Angehörigen und dem Personal. Der Sicherheitsleitfaden verloren gegangen schien. Ja, wir haben unser Lächeln wieder- schreibt vor, den körperlichen, nahen Kontakt zu unseren gefunden. (rh) betagten Bewohnern auf ein Minimum zu reduzieren. Frau W. schaut mich mit großen, traurigen Augen an und versteht nicht, warum sie mein Lächeln nicht mehr erkennt. Der Wiener Fotograf Christian Holzknecht fotografierte die Das Lächeln, das ihr in ihrer demenziellen Desorientierung bei Betreuungs- und Pflegekräfte sowie weitere Mitarbeiter jeder Pflegehandlung Sicherheit vermittelte. Das Lächeln, das des St. Josefshauses in Gaißau mit und ohne Mundschutz. Mehr unter: www.christianholzknecht.com/film/ ihr das Gefühl von Geborgenheit schenkte. Sie hat aufgrund ihrer fortgeschrittenen Demenz leider nicht immer die gleich anstifter 2 | 2021 13
Schwerpunkt Kommunikation: Brücke zur Teilhabe Schwierigkeiten in der Kommunikation haben besonders am Bahnübergang Kehlen vorbeifahren. Damit er die Signale häufig Menschen mit geistigen oder körperlichen prüfen kann. Wichtig für Frederik Lamm, Mitarbeiter der Gruppe Ulrich Behinderungen, aber auch Menschen mit Demenz oder 11/12, ist auch: „Mit Hilfe des Programms auf dem I-Pad ver- Menschen nach einem Unfall mit Spätfolgen. Unterstützte stehen ihn neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leichter.“ Kommunikation (UK) kann ganz individuell Abhilfe Für den Beziehungsaufbau ist das förderlich. Das Snapco- schaffen und so die gesellschaftliche Teilhabe fördern. re-First-Programm bietet verschiedene Möglichkeiten. Neben Dieter Kennerknecht zum Beispiel hilft ein I-Pad mit der Sprachhinterlegung von Piktogrammen können auch Fotos für ein persönliches Album genutzt werden. Kennerknecht speziellem Programm bei der Verständigung. Elke Schätzle, kann außerdem lesen, was andere in das Gerät tippen. Frede- UK-Fachberaterin der Stiftung Liebenau, hat dafür gesorgt, rik Lamm unterstützt ihn beim „Befüllen“ des Geräts. dass er das Gerät bekommt. Sie unterstützt ihn und seine Die UK-Beauftragte Elke Schätzle ermöglicht, dass solche Wohngruppe auch bei der Einarbeitung. Geräte zum Einsatz kommen können. „Ich bin regelmäßig in Kontakt mit dem jeweiligen oder künftigen UK-Nutzer,“ schil- Erfreut holt Dieter Kennerknecht sein I-Pad aus dem eigenen dert sie. Dabei findet sie heraus, was gut zur Person passt, Zimmer. Mit dessen Hilfe kann er der Besucherin einiges über was sie kommunikativ unterstützt. Elektronische Geräte mit sich erzählen. Er ist ein offener und mitteilsamer Mann von den entsprechenden Programmen wie das von Kennerknecht 48 Jahren. Seine Aussprache ist allerdings häufig nicht gut zu sind verordnungsfähige Hilfsmittel. Neben ärztlichem Rezept verstehen. Noch ist zwar nicht alles auf dem Gerät eingerichtet. braucht es eine Stellungnahme von Elke Schätzle. Damit set- Was ihm aber besonders wichtig ist, was er gerne macht und zen sich die Hilfsmittelfirmen mit der jeweiligen Krankenkas- nicht so gerne hat, kann er aber mitteilen. „In Fischbach ist se in Verbindung, legen ihnen dazu einen Kostenvoranschlag eine Kirche mit einem schiefen Kirchturm,“ oder „Bei Schnet- vor. Beim Einsatz mancher Geräte ist nach ein paar Monaten zenhausen ist eine neue Autobahn gebaut,“ sagt die Stimme ein Verlaufsbericht erforderlich. Mitunter muss Elke Schätzle aus dem Gerät nachdem Kennerknecht das passende Pikto- auch einen Widerspruch an eine Krankenkasse formulieren, gramm gedrückt hat. Was rund um seine Heimat – einen Tei- etwa wenn ein Gerät abgelehnt wird. lort von Schnetzenhausen – passiert, ist von besonderem Inte- Ist ein Gerät dann im Einsatz, bleibt Elke Schätzle weiterhin resse für ihn. Auch Signale und die entsprechenden Farben mit den Mitarbeitenden in Kontakt, erfragt, wie es läuft, bietet faszinieren den Mann mit Autismus. Wenn er übers Wochen- weitere Unterstützung an. Wichtig findet sie, dass ausgewählte ende von seiner Familie abgeholt wird, muss diese regelmäßig Mitarbeitende UK-Nutzer verantwortlich unterstützen, ist es 14 anstifter 2 | 2021
Stiftung Liebenau doch ein gewisser Aufwand, der zu den Aufgaben in den Wohn- Menschen mit kognitiven Einschränkungen können mit gruppen hinzukommt. sogenannten Ich-Büchern mit anderen in Beziehung treten. Solche UK-Hilfsmittel ermöglichen auch Menschen in Darin sind wichtige persönliche Informationen enthalten – gemeindeintegrierten Wohnhäusern eine gelingende Kommu- vom Geburtstag über den Wohnort bis hin zu Leibspeise und nikation: Der eigenständige Einkauf, etwa beim Bäcker um die Lieblingsbeschäftigung. Beim Zeigen erfährt das Gegenüber Ecke, wird mit Hilfe des I-Pads für manchen möglich. „Integ- mehr über die Person. Neben I-Pads gibt es bei den elektro- ration findet dann statt, wenn Menschen über kommunikative nischen Hilfsmitteln auch Anybook-Reader, bekannt von Kin- Fähigkeiten verfügen,“ sagt die Fachfrau. Das Interesse ande- derbüchern, und Talker. Hochtechnisch ist die Kommunikati- rer an einem Menschen werde größer mit genauer Verständi- on mit Hilfe der Augensteuerung eines Computers. Sensoren gung, die über ein Nicken hinausgehen. werden auf die entsprechenden Augen programmiert. Je nach Unterstützte Kommunikation hat sehr viele Facetten und Aktion und Stellung der Augen fließen Informationen, lässt kann individuell auf den Bedarf und die kommunikative Ein- sich ein Film aufrufen oder ein Spiel bedienen. schränkung ausgerichtet werden. Oft helfen gut verständli- Vor Viren und Krankheiten hat Dieter Kennerknecht großen che Bilder, Piktogramme und Kommunikationstafeln, die zu Respekt, vor Spritzen aber auch. Beim Tippen auf die Spritze den nichtelektronischen Mitteln zählen. Auch Kalender, die sagt die Stimme: Bei der Grippeimpfung muss ich regelmä- von unten nach oben laufen, und bei denen die vergangenen ßig ein- und ausatmen. Das hilft ihm jetzt auch vor der Coro- Tage abgeschnitten werden, kommen zum Einsatz. Sie sind na-Impfung. (ao) besonders geeignet für Autisten. Auch Gebärdensprache und Leichte Sprache sind Teil der Unterstützten Kommunikation. Kontakt: Gebärdensprache findet mittlerweile vermehrt Eingang in UK-Fachberaterin Elke Schätzle, Tel.: 07542 10-2402, Funk und Fernsehen. Leichte Sprache ist ein Sprachsystem, elke.schaetzle@stiftung-liebenau.de das bestimmten Regeln folgt und Sachverhalte einfach und Auch externe Interessenten und Einrichtungen können die verständlich darstellt. UK-Fachberatung in Anspruch nehmen. Informationen zur Unterstützten Kommunikation Weiterführende Literatur - Einander verstehen lernen; Claudio Castaneda, Angela Hall- Leichte Sprache ist ein Sprachsystem, das festen Regeln folgt. huber, Holtenauer Verlag Inhalte in Leichter Sprache werden von geschulten Prüferin- - Unterstützte Kommunikation; Fachzeitschrift der Gesell- nen und Prüfern, etwa bei der Stiftung Liebenau, auf Ver- schaft für Unterstützte Kommunikation ständlichkeit beurteilt. Dadurch können Beiträge das Europäi- - Unterstützte Kommunikation - Ein Ratgeber für Eltern, sche Logo für einfaches Lesen von Inclusion Europe erhalten. Angehörige sowie Pädagogen; Katrin Otto, Barbara Wimmer; Bundesbehörden müssen entsprechende Sachverhalte in Schulz-Kirchner Verlag Leichter Sprache darstellen und auf Anfrage auch Bescheide - Jetzt sag ich‘s dir auf meine Weise; Annette Kitzinger, Ursi in Leichter Sprache aushändigen. Der Verein Netzwerk Leichte Kristen, Irene Leber, von Loeper Verlag Sprache entwickelt das System laufend weiter, um möglichst - Unterstützte Kommunikation – Eine Einführung in Theorie vielen Menschen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. und Praxis; Etta Wilken, Kohlhammer Verlag www.leichte-sprache.org - Handbuch der Unterstützten Kommunikation; von Loeper Verlag Cabito - das barrierefreie Informationssystem: Informationen werden in dem Computer leicht verständlich mit Hilfe von Weiterführende Links Piktogrammen, Bildern und Leichter Sprache eingepflegt und www.cluks-forum-bw.de dargestellt, von Speiseplänen über das Wetter bis hin zu Fuß- www.lifetool.at ballergebnissen. https://uk-app-blog.blogspot.com/ https://metacom-symbole.de/downloads/download_ materialien.html anstifter 2 | 2021 15
Schwerpunkt Azubis berichten live bei Instagram Welcher Berufstätige erinnert sich nicht an seine Ausbildung? ihre ganz eigene Art transportiert haben. Mit Fatima aus dem Die floskelhaften Weisheiten der Vorgesetzten, dass Lehrjahre Grünlandbereich, Fridolin, dem angehenden Kaufmann für Büromanagement, oder Jessa, die von den Philippinen nach keine Herrenjahre seien, und das Lehrgeld, das man allzu Liebenau gekommen ist, um eine Ausbildung zur Pflegefach- oft gezahlt hat. Was im Kanon der als lästig empfundenen frau zu beginnen. Pflichten natürlich nicht fehlen darf, ist das Berichtsheft. Die drei und viele weitere Kolleginnen und Kollegen haben Schade, dass die nach der Ausbildung meist verloren gehen Felix Aggeler in den letzten Wochen ihre Geschichte erzählt, oder im Altpapiercontainer enden. Das Socialmedia-Team von den schönsten Momenten bis zu den kleinen Fettnäpf- chen des Azubi-Alltags. Ehrlich, authentisch und mit einer der Stiftung Liebenau hatte deshalb die Idee, das Thema gehörigen Portion Humor. „Besonders wichtig war uns dabei, Ausbildungsbericht mal ganz anders anzugehen: digital und die Vielfalt unseres Ausbildungsangebotes darzustellen: ob für alle Interessierten zugänglich. in sozialen und kaufmännischen Berufen oder im Dienstleis- tungsbereich und im Handwerk. Denn viele Jugendliche ver- „Normalerweise wäre jetzt die Zeit der Berufsmessen, in der binden die Stiftung immer noch ausschließlich mit Pflegeberu- wir direkt mit Ausbildungssuchenden in Kontakt kommen und fen“, sagt Felix Aggeler. uns über die zahlreichen Ausbildungsmöglichkeiten in der Über mangelndes Interesse konnte der „stiftungseigene Stiftung Liebenau austauschen können“, sagt Felix Aggeler. Er Influencer“ übrigens nicht klagen: Bis zu 1200 Instagram-Nut- ist in der Stiftung Liebenau für das Thema Recruiting zustän- zer haben sich die einzelnen Interviews inzwischen ange- dig. Neben dem persönlichen Kontakt hat er von Anfang auf schaut. Auf die Fragen der Ausbildungssuchenden, die live die Socialmedia-Kanäle der Stiftung gesetzt, gerade auf Ins- dabei waren, wurde noch direkt im Gespräch eingegangen. tagram fühlt er sich dabei zuhause. So war es nur logisch, dass Für alle anderen Interessierten stehen die informativen Video- Felix Aggeler auch zum Gesicht der digitalen Ausbildungs- clips weiterhin unter www.instagram.com/stiftungliebenau kampagne werden sollte. zur Verfügung. Das Setting dabei war denkbar einfach Wer den Stiftungs-Kanal längst abonniert hat und die und klingt zunächst wie die Einleitung Videos schon kennt, darf sich in den kommen- eines alten Witzes: Treffen sich zwei den Wochen auf weitere Live-Chats freuen. Leute und plaudern über ihren Job. Was Die Reihe wird aufgrund des großen Zuspruchs dabei herauskam, lässt jeden Witz alt weitergeführt und auch für Ausgelernte geöffnet aussehen. Spannende Jobinterviews – auch wenn die ja streng genommen nicht mehr mit jungen, motivierten Auszubilden- berichtspflichtig sind. (dk) den, die das breite Job-Spektrum auf 16 anstifter 2 | 2021
Stiftung Liebenau Über das Leben reden Kommunikation in der allerletzten Phase des Lebens Wenn das Leben sich zum Ende neigt, bleibt nicht mehr viel Zeit für Kommunikation. Jedes Gespräch könnte das letzte sein. Als Seelsorger im Franziskuszentrum in Friedrichshafen geht Jens Fehrenbacher ganz bewusst auf Menschen in solchen Situationen zu. Er begleitet Heimbewohnerinnen und -bewoh- ner, Hospizgäste und Angehörige in vielen Lebenslagen – und ganz besonders beim Abschiednehmen. Die Gesprächsthemen können dabei so vielfältig sein wie das Leben. Wie kann ich einem sterbenden Menschen begegnen? Finde ich die richtigen Worte? Was soll ich sagen? Solche Fragen vol- ler Unsicherheit stellen sich Angehörige oft auf ihrem Weg zum Sterbebett eines geliebten Menschen. „Meine Antwort lautet dann: Sprechen Sie über das, was Ihnen in den Sinn kommt“, berichtet Jens Fehrenbacher. Wichtig sei, die letzten Stun- den im Leben bewusst wertzuschätzen. Deshalb ermuntert er Angehörige, die verbleibende Zeit zum Gespräch zu nutzen. „Denn oft bleibt vieles bis zum Schluss unausgesprochen. Da versuchen wir, nochmals eine tiefe Kommunikation in Gang zu setzen.“ Wenn ein Gespräch mit dem sterbenden Menschen gar nicht mehr möglich ist, dann gebe es andere Möglichkei- ten der Kommunikation: über Berührung, Zuspruch, Dank oder versöhnliche Worte. „Das scheint einseitig zu sein, aber Jens Fehrenbacher, Seelsorgeverantwortlicher im Bereich der Altenhil- wir bekommen immer eine Antwort aus der Situation her- fe der Stiftung Liebenau. aus – nicht verbal, sondern emotional im Herzen“, sagt Jens Fehrenbacher. Auch bei der Verabschiedung spreche er den liche Themen ist wichtig, denn es ermöglicht Orientierung und verstorbenen Menschen noch einmal direkt an. „Wir bleiben schenkt Zuwendung“, erläutert er. auch nach dem Tod verbunden. Kommunikation geht weiter Ob im Hospiz- oder Pflegebereich: Entscheidend sei die im Gebet und Segenszuspruch. In diesen Prozess möchte ich innere Haltung bei Gesprächen. „Behutsamkeit, eine große die Angehörigen mit hineinnehmen“, erklärt der Theologe, der Offenheit und Wertschätzung sind sehr wichtig.“ Konkret als Seelsorgeverantwortlicher im Bereich der Altenhilfe auch bedeute dies, aufmerksam und unvoreingenommen zuzuhö- Mitarbeitende der Stiftung Liebenau in ihren seelsorgerlichen ren, nicht zu interpretieren oder keine Ratschläge überzustül- Aufgaben begleitet. pen. „Die Einordnung dessen, was wichtig ist, überlasse ich Kommunikation macht einen Großteil seines Handelns aus. meinem Gesprächspartner“, betont Jens Fehrenbacher. „Den Gästen im Hospiz biete ich an, dass sie mit mir über alle Auch bei Gesprächen mit Bewohnerinnen und Bewoh- Themen des Lebens reden können – als ganz offenes Angebot“, nern im Pflegeheim sei es ihm ein Anliegen, Geborgenheit erzählt er. Manchmal hätten die Menschen am Lebensende zu vermitteln – und das Gefühl, dass sie nicht allein sind und das Bedürfnis, über tiefgreifende, existenzielle und persönli- jemand da ist, mit dem sie über alles reden können. „Eine gute che Fragen zu sprechen. Das sei aber nicht immer so. Manch- Kommunikation weiß aber auch, wann es keine Worte mehr mal möchten die Menschen lieber erfahren, was um sie herum braucht oder wann jemand müde ist vom Gespräch“, gibt der geschieht, was in der Zeitung steht, wie das Wetter ist oder was Seelsorger zu bedenken. „Manchmal besteht Kommunikation draußen auf der Straße los ist. „Auch ein Gespräch über alltäg- darin, einfach da zu sein und nichts zu sagen.“ (rue) anstifter 2 | 2021 17
Schwerpunkt Leichte Sprache Kommunikation hat viele Formen Kommunikation heißt: Man verständigt sich mit anderen. Es gibt verschiedene Formen von Kommunikation. Meistens spricht man miteinander. Anna Jäger ist Expertin für Kommunikation. Sie ist schon lange Lehrerin an der Akademie Schloss Liebenau. Sie sagt: Kommunikation gelingt zum Beispiel dann - wenn man offen gegenüber anderen ist. - wenn Lösungen finden will. Kommunikation kann man lernen. Man lernt sie im Alltag in der Familie und mit Freunden. Wichtig ist: Immer wieder über Gesagtes nachdenken. Menschen in praktischen Berufen sprechen klarer. Sie sind oft weniger empfindlich. Jüngere Menschen sind oft direkter gegenüber den Chefs. Verständigung ist auch in der Pflege wichtig In der Pflege ist viel Kommunikation über das Gesicht. Manche alten Menschen verstehen Sprechen nicht mehr. Wegen Corona müssen Pflege-Kräfte Masken tragen. Alte Menschen sehen keine Gesichter mehr. Viele verunsichert das sehr. Auch die Pflege-Kraft Rosaria Helfer findet das traurig. Ein Wiener Fotograf hat Fotos gemacht. Einmal mit Maske und einmal ohne Maske. Das Lachen ist hinter der Maske verschwunden. 18 anstifter 2 | 2021
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