Lernen ist Leben - Unterrichtsbausteine für die Schule www.renovabis.de/schule

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                              Unt e r r i c h t s b a u s t e i n e
                               für die Schule

                                            Aktionsthema

                                                Lernen
                                                  ist
                                                Leben
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Lernen ist Leben - Unterrichtsbausteine für die Schule www.renovabis.de/schule
Liebe Lehrerinnen und Lehrer,
                                                   liebe Leserinnen und Leser,
                                  Kaltrina, die Zehnjährige aus Prizren im      situationen zu verbessern. Den Kirchen und Zivil­
                                  Kosovo, imponiert mir! Das Mädchen,           gesellschaften wird Unterstützung von deutschen
                                  das uns auf diesem Themenheft (ebenso         ­Spen­derinnen und Spendern zuteil, damit Menschen
                                  wie auf unserem Aktions­plakat) anlächelt,     ihre Begabungen entfalten können, vor allem auch
            sei wissbegierig und lerneifrig, so hat mir der Schulleiter          durch Bildung. Weil Lernen das Leben bereichert – bei
            des renommierten Loyola-Gymnasiums am Stadtrand                      uns wie im Osten Europas –, bieten wir über ­dieses
            von Prizren erzählt. Kaltrina stammt aus der Romasied-               Thema eine Unterrichtseinheit an. Frau Corinna Roth
            lung auf der anderen Straßenseite. Dort sind die Bedin-              hat sie erstellt, dafür danke ich ihr sehr herzlich! Re-
            gungen zum Lernen und zum Planen von Zukunfts­                       portagen, Porträts sowie ein Lernplakat vertiefen die
            perspektiven nicht gerade einfach. Dennoch: Im „Loyola               Thematik. Die vorliegenden Bausteine für den fächer-
            Tranzit“ kümmern sich Kolleg­stufenschüler aus dem                   verknüpfenden Schulunterricht in den Jahrgangs­
            Loyola-­Gymnasium in einem S­ ozialprojekt regelmäßig                stufen 8/9 bis 12 lassen sich auch für die Gemeinde-
            um ihre Nachbarn. Sie holen jüngere und ältere Roma-                 pastoral nutzen. Auf der Renovabis-Website finden Sie
            kinder und -jugendliche zur Hausaufgabenhilfe, zum                   unter www.renovabis.de/schule weitere Materialien.
            Spielen, zum Büffeln für die Schulaufnahme-Prüfung                   Bitte teilen Sie uns auch mit, wie Sie mit unseren
            und zum Musizieren im ­Jugendorchester ab. Wenn die                  ­Vorschlägen im Unterricht zurecht gekommen sind!
            Großen mit den blauen Schuluniformen kommen, dann                    Auf ­Seite 29 finden Sie einen Rücksendebogen,
            ist immer etwas los. Und beide Seiten lernen etwas!                   ­verknüpft mit einer Verlosung.
                                    Mit diesem Heft zum Thema „Lernen
                         www.renovabis.de/schule                                        Dieses Themenheft hat noch ei-                    www.renovabis.de/gottesdienst

                                    ist Leben“ wollen wir Ihnen als Lehre-      nen Zwilling: Es gibt nämlich zusätz-
             Unterrichtsbausteine                                                                                                   Bausteine für
              für die Schule        rinnen und Lehrern Material an die          lich noch ein Heft zur selben Bil-
                                                                                                                                      Pfarrgemeinden
                                    Hand geben, damit Sie die Situation         dungsthematik mit Anregungen für                 und Gottesdienst
                    Aktionsthema

                        Lernen      im Osten Europas im Unterricht an-          Pfarreien und auch für die Liturgie                    Aktionsthema
                           ist      sprechen und vermitteln können. Die         nebst Liedvorschlägen mit Noten. In                        Lernen
                         Leben      strukturschwachen Länder im Südos-          diesem zweiten Heft werden weitere                             ist
                                    ten und Osten Europas finden in unse-       Reportage-­Impulse angeboten.                               Leben
            rer breiten Öffentlichkeit wenig Beachtung. Dabei gibt                     Ich danke Ihnen für Ihr Interesse,
            es Regionen auf unserem europäischen Kontinent, in                  mehr noch aber für Ihren wertvollen
            denen Menschen ihr Dasein ganz ähnlich zu fristen                   tagtäglichen Einsatz! Ich wünsche ­Ihnen viel Freude
            haben, wie es uns nur von sogenannten Entwicklungs-                  beim Lesen und Lernen und ver­bleibe mit einem
            ländern bekannt ist.                                               ­herzlichen Gruß,
                     Mit Projektarbeit versucht Renovabis, die Soli-                                    Ihr
            daritätsaktion der deutschen Katholiken, den ein-
                                                                                                            Pfarrer Dr. Christian Hartl
            heimischen Partnern vor Ort zu helfen, ihre Lebens­                                             Renovabis-Hauptgeschäftsführer

                Inhalt
                Aktiv in der Schule mit                                        Die Schule der Möglichkeiten -
                Unterrichts­bausteinen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 3      Fünf Porträts aus Ungarn  .  .  .  .  .  .  .  . 20

                Mit dem GPS-Gerät dem                                          Perspektiven für ein gutes Leben  .  .  .  .  22
                Heiligen Geist auf der Spur .  .  .  .  .  .  .  .      15     Zwei Porträts aus Litauen  .  .  .  .  .  .  .  .  23
                Gedanken zu Leitwort und Plakat  .  .  .  .  16                Schüler helfen im Armenviertel  .  .  .  .  .  24
                „Zwischenmenschlich überirdisch“                               Interview mit Weihbischof Sudar –
                Ein Pfingstbild von Laura Knura  .  .  .  .  .  17             Ein Ort der Toleranz und Solidarität  .  .  .  28
                Renovabis-Lernposter  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  18         Ihre Meinung ist uns wichtig  .  .  .  .  .  .  .  29

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Den Osten Europas thematisieren

            Aktiv in der Schule                                                                        von C
                                                                                                           ­ orinna Roth

            mit Unterrichtsbausteinen
            Bausteine für den fächerverknüpfenden Unterricht
            der Jahrgangsstufen 8 bis 12 in den Fächern Religion,
            Ethik, Sozialkunde und Geschichte

           Schwester
      ­Katalin Juhász
              lernt mit

                                                                                                                                        Foto: Achim Pohl
     ­armen Kindern
         in Zsámbék,
             ­Ungarn.*

            Lernen ist Leben – Leben ist Lernen: Aber was lernen wir alles im Leben und für das
            ­Leben? Mit diesen Fragen sind Schülerinnen und Schüler ständig konfrontiert, schließlich
             bestimmt das ­Lernen fürs Leben ihren Alltag. Wenn sie dann die Schule verlassen, hört
             das Lernen nicht plötzlich auf. Der Mensch lernt ein Leben lang dazu und entwickelt sich
             dadurch auch immer weiter.

           I   n den Renovabis-Unterrichtsbausteinen sollen die
               zentralen Botschaften der diesjährigen Pfingst­
             aktion des Osteuropa-Hilfswerks – „Bildung ist
                                                                    Jesu und zur Erfahrungswelt der Schülerinnen und
                                                                    Schüler gesetzt werden. Darüber hinaus werden sie
                                                                    kennenlernen, was Lernen im Leben von jungen
             mehr als Wissen“, „Bildung stärkt Gemeinschaft“        Menschen in ehemals kommunistischen Ländern
             und „Bildung erneuert Gesellschaften“ – n   ­ äher     Mittel-, Ost- und Südost­europas heute bedeutet.
            b­ etrachtet, in Beziehung zur Reich-Gottes-Botschaft   Konkret heißt dies, dass sie zunächst auf ihre eigenen

                                                        * Ein Reportage-Impuls dazu findet sich im Themenheft „Bausteine
                                                        für Pfarrgemeinden“ und unter www.renovabis.de/gottesdienst              3

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Fortsetzung von Seite 3                                Unsere Autorin C   ­ orinna
                                                                 Roth ist ­Lehrerin am
                Erfahrungen zurückgreifen, dann im
                                                                 ­Inter­nationalen
                Neuen Testament Beispiele betrach-
                                                                  Jesuiten-Kolleg
                ten, in denen die Menschen Jesu Bot-
                schaft vom Reich Gottes kennenler-                Sankt Blasien.
                nen und verstehen, was diese für ihr              Sie stammt aus Stutt-
                eigenes Leben bedeutet. Sie erfahren              gart. Die 41-jährige
                mit Hilfe des Gleichnisses vom barm-              Studienrätin hat in Tübingen und London studiert. Nach dem
                herzigen Samariter, was es heißt, in              Referendariat war Corinna Roth zunächst einige Jahre in der
                diesem Sinne zu leben und den                     baden-württembergischen Landeshauptstadt an einem
                Nächsten in seiner Not wahrzuneh-                 ­Gymnasium tätig und unterrichtet nun seit acht Jahren am
                men und zu helfen. Schließlich kön-                ­Internationalen Jesuitengymnasium Kolleg Sankt ­Blasien die
                nen sie all dieses Wissen in Verbin-                ­Fächer Englisch und Katholische Religionslehre.
                dung bringen zu konkreten Beispielen
                aus dem vorliegenden Themen­heft,
                die von Schulen sowie von Schülerinnen und Schü-          fung sind Erläuterungen zur Reich-Gottes-Botschaft
                lern in ehemals kommunistischen Ländern Mittel-,          und Texte beigefügt, die es ermöglichen, inhaltlich
                Ost- und Südosteuropas vorgestellt werden. Dabei          Aspekte wie die Verträglichkeit einer Gesellschaft
                veranschaulichen die Beispiele zugleich, was Lernen       mit dieser Lehre, die Reichweite des Begriffs
                für sie bedeutet. Die drei Botschaften der diesjährigen   „Nächster“ oder auch eine bibliodramatische Erfah-
                Pfingstaktion bilden in dieser Unterrichtseinheit vom     rung detaillierter zu behandeln. Außerdem gibt es
                ersten bis zum letzten Schritt den roten Faden. Sie       verschiedene Arbeitsblätter, Porträts, Berichte, Län-
                werden in den einzelnen Abschnitten jeweils aufge-        derinformationen und zwei Lernposter in diesem
                griffen und in Verbindung mit den Inhalten der Un-        Heft (Seite 18 bis 19) und online als Bonusmateria­
                terrichtsschritte kontinuierlich entfaltet.               lien sowie in einem weiteren Themenheft für die
                     Die Schulbausteine lassen sich in ein bis zwei       Gemeindepastoral. Alles soll die die Arbeit von
                Doppelstunden umsetzen und ab Klasse 8/9 bis hin          Renovabis in verschiedenen Projekten vorstellen.
                zur Kursstufe einsetzen, wenn man die Reich-­             Diese Bausteine eignen sich auch für Gruppen­
                Gottes-Botschaft behandelt. Zur möglichen Vertie-         stunden in Pfarr­gemeinden und Verbänden.

                    Kompetenzerwartungen an Schülerinnen und Schüler
                    Die Schülerinnen und Schüler …                          schen in diesen Ländern ist und welche Schulen
                                                                            dort Bildungsprojekte anbieten, die den Einzel-
                         …erarbeiten, was Lernen für das Leben be-          nen und die Gesellschaft stärken.
                         deutet, und setzen eigene Beispiele in Verbin-
                         dung zu den drei Botschaften „Bildung ist          …erkennen Beispiele, die sich der Reich-­
                         mehr als Wissen“, „Bildung stärkt Gemein-          Gottes-Botschaft Jesu zuordnen lassen
                         schaft“ und „Bildung erneuert Gesellschaften“.     …erkennen Ansätze von Hilfe, die aus dem
                         …erwerben Wissen zur Reich-Gottes-Bot-             Glauben und aus der konkreten Lebensmöglich-
                         schaft Jesu im Neuen Testament und analy-          keit erwachsen.
                         sieren exemplarische Bibelstellen dazu.            …erarbeiten Möglichkeiten eines nachhaltig
                         …erlernen Kenntnisse zu Land und Leuten            positiven Zusammenlebens von Menschen aus
                         verschiedener Länder in Mittel-, Ost- und          West-und Osteuropa, welches das Fundament
                         Süd­osteuropa.                                     für eine sich erneuernde Gesellschaft prägt.
                         …erfahren Hintergründe und entwickeln              …erweitern Kompetenzen im Umgang mit Tex-
                         Verständnis, wie wichtig Bildung für Men-          ten, Präsentation und teamorientiertem Lernen.

      4

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Den Osten Europas in der Schule thematisieren

                   1. Schritt: Was lernen wir alles im Leben?
            Im ersten Schritt dieser kleinen Unterrichtseinheit soll   Im Anschluss werden die Schülerbeiträge geclustert
            es darum gehen, die Schülerinnen und Schüler reflek-       und dabei den drei Botschaften zugeordnet:
            tieren zu lassen, was sie denn Tag für Tag alles lernen,
            was sie für das Leben lernen und was sie alles in ihren
            verschiedenen Lebensbereichen lernen …
                                                                                                       Lernen und Bildung
            Dazu lassen sich folgende Fragen stellen und spontane
            Schülerantworten zunächst auf Zetteln notieren – entwe-        … ist mehr als       … stärkt              … erneuert
            der in einer Einzelarbeitsphase oder gleich im Plenum:         Wissen …             Gemeinschaft …        unsere
                                                                                                                      Gesellschaft …
             Welche Beispiele für Lernen fallen euch ein?
             Was bedeutet Lernen denn eigentlich?
             Was muss ein Mensch im Laufe seines Lebens
              alles lernen?
             Wer und was spielt beim Lernen alles eine
              wichtige Rolle?
             Wie entwickelt und bildet ein Mensch dabei
              ­seine Persönlichkeit?
             Welche Rolle spielen dabei Religion und Glaube?
              Was lernt der Mensch denn hier alles?
                                                                       Die Schülerinnen und Schüler übernehmen den
             Welche Werte gilt es zu erlernen? Warum sind
                                                                       ­ergebnissichernden Tafelanschrieb als Hefteintrag in
              diese so wichtig?
                                                                        Form einer Tabelle, die den Ausgangspunkt für die
             Welche Ziele kann ein Mensch damit/ dabei                 Weiterarbeit in den nächsten Schritten bildet.
              ­erreichen?

                   2. Schritt: Bibelarbeit – Die Menschen lernen von Jesus
                                                                       In diesem Schritt wird anhand von verschiedenen
                                                                       ­Bibelstellen aus dem Neuen Testament erarbeitet, wie
                                                                        Jesus die Menschen die Reich-Gottes-Botschaft lehrt
                                                                        und welche Impulse man daraus für das eigene Leben
                                                                        gewinnen kann …

                                                                       Bibelstellen
                                                                       Mt 5, 3-11    Mk 1, 14-15 Lk 4, 16-21 Joh 8, 1-11
                                                                       Mt 6, 10.33 Mk 4, 30-32 Lk 9, 57-62
                                                                       Mt 8, 1-4		                  Lk 14, 15-24
                                                                                                    Lk 19, 1-10

                                                                   An einer Jesuitenschule im Kosovo werden gesell-
                                                                   schaftliche Grenzen durchbrochen und Roma-Kindern
                                                                   der Zugang zu Bildung ermöglicht. Ein Oberstufen-
                                                                   schüler holt die Nachbarn aus der Roma-Siedlung ab.
                                                                   Lesen Sie die Reportage auf Seite 25.
                                                                                                                                   5

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Lernen ist Leben - Unterrichtsbausteine für die Schule www.renovabis.de/schule
Den Osten Europas in der Schule thematisieren
            Fortsetzung 2. Schritt

                                                   Methode
                                                   Die Bibelstellen werden als Lesestationen im Raum          blatt, auf dem in einer Tabelle die Bibelstellen aufge-
                                                   verteilt aufgehängt. Die Schülerinnen und Schüler be-      führt und Platz für ihre Notizen bereitgestellt sind.
                                                   kommen den Arbeitsauftrag, im Raum umherzugehen
                                                   und die verschiedenen Bibelstellen zu lesen. Dabei sol-    Im Anschluss werden die Ergebnisse besprochen und
                                                   len sie sich stichwortartig notieren, was Jesus die Men-   im Plenum wird überlegt, welche Impulse wir heute
                                                   schen über das Reich Gottes lehrt. Für ihre Notizen        daraus gewinnen können, um auch heute noch das
                                                   erhalten die Schülerinnen und Schüler ein Arbeits-         Reich Gottes sichtbar werden zu lassen.

                                                   Die folgenden Fragen können dabei angewandt werden:
                                                    Was lernen wir von Jesus über das Reich Gottes? Wie können wir uns das Reich Gottes vorstellen?
                                                    Was können wir Christen heute tun, um das Reich Gottes anbrechen zu lassen?
                                                    Bei welchen Problemen unserer Zeit kann uns die Reich-Gottes-Botschaft Orientierung geben?
                                                    Wie muss eine Gesellschaft aussehen, damit in ihr das Reich Gottes anbrechen kann?

                                                   Die Schülerantworten werden dabei mit einer anderen Farbe in die bereits angelegte Tabelle nach einer
                                                   ­Zwischenüberschrift aufgenommen.

                                                                              Lernen von der Reich-Gottes-Botschaft …

                                                       … ist mehr als Wissen …              … stärkt Gemeinschaft …           … erneuert unsere Gesellschaft …

                                                   Das Reich Gottes
          Erläuterung für Lehrerinnen und Lehrer

                                                   Name und Begriff: Das Reich Gottes, Himmelreich            Das Reich Gottes ist Tat und Gnade Gottes
                                                   oder die Gottesherrschaft (griech. „basileia tou           (vgl. Lk 14,12-24): Jesus bringt es v.a. den Armen,
                                                   ­theou“) ist der zentrale Begriff und Hauptinhalt der      Kindern, Sündern, Verfolgten, also den Menschen,
                                                    Botschaft Jesu. Das Reich Gottes ist die Nähe Gottes,     die das Gottesreich offensichtlich nicht selber her-
                                                    es ist der endzeitliche Heilszustand der Gläubigen,       beiführen können. Gott schenkt das Reich Gottes
                                                    der mit Jesus begonnen hat und im ewigen Leben            ohne Vorbedingung gerade den Verlorenen (unver-
                                                    vollendet wird. Es ist Tat und Werk Gottes, der zum       dientes Geschenk, Gnade).
                                                    Heil führt. Gott selbst kommt als Befreier von den
                                                    Mächten des Bösen und will den Menschen Liebe,            Die Gottesherrschaft ist mit Jesus in seiner
                                                    Glück, Frieden und Gerechtigkeit bringen.                 Person gekommen: Mt 12,28: „Wenn ich aber die
                                                                                                              Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist
                                                   Es ist ein religiöses Reich: Jesus vermeidet die Be-       das Reich schon zu euch gekommen.“ Jesus verstand
                                                   zeichnung Messias für sich, um nicht als politischer       sein Wort und Werk als die schon beginnende Erfül-
                                                   König missverstanden zu werden. Es ist kein politi-        lung dessen, was Gott den Vätern verheißen hatte,
                                                   sches und auch kein soziales Reich. Das Elend der          als Anfang und Vorwegnahme des endzeitlichen
                                                   Menschen besteht in ihrer Gottesferne und ihrem            Handelns Gottes.
                                                   Mangel an Nächstenliebe. Jesus ist gekommen, um
                                                   Versöhnung mit Gott und die Brüderlichkeit unter
                                                   den Menschen herbeizuführen.

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Lernen ist Leben - Unterrichtsbausteine für die Schule www.renovabis.de/schule
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                                                                                Das Reich Gottes
                                                                                                                                                                                                               Lernen
                                                                                Name und Begriff: Das Reich Gottes, Himmel-          Das Reich Gottes ist Tat und Gnade Gottes
                                                                                                                                                                                                                 ist
            Wer Jesus nachfolgt, der ist im Reich Gottes:                       reich oder die Gottesherrschaft (griech. „basileia
                                                                                tou theou“) ist der zentrale Begriff und Hauptin-
                                                                                                                                     (vgl. Lk 14,12-24): Jesus bringt es v.a. den Ar-
                                                                                                                                     men, Kindern, Sündern, Verfolgten, also den                               Leben
            Das Reich Gottes bringt keine sozialen Verbesse-
                                                                                halt der Botschaft Jesu. Das Reich Gottes ist die    Menschen, die das Gottesreich offensichtlich
                                                                                Nähe Gottes, es ist der endzeitliche Heilszustand    nicht selber herbeiführen können. Gott schenkt
                                                                                der Gläubigen, der mit Jesus begonnen hat und        das Reich Gottes ohne Vorbedingung gerade den

            rungen, keine Beseitigung der irdischen Not. Aber
                                                                                im ewigen Leben vollendet wird. Es ist Tat und       Verlorenen (unverdientes Geschenk, Gnade).
                                                                                Werk Gottes, der zum Heil führt. Gott selbst
                                                                                kommt als Befreier von den Mächten des Bösen        Die Gottesherrschaft ist mit Jesus in seiner

            Jesus ruft die Leute dazu auf, durch Brüderlichkeit                 und will den Menschen Liebe, Glück, Frieden
                                                                                und Gerechtigkeit bringen.
                                                                                                                                    Person gekommen: Mt 12,28: „Wenn ich aber
                                                                                                                                    die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe,
                                                                                                                                                                                                                  www.renovabis.de/schule
                                                                                                                                    dann ist das Reich schon zu euch gekommen.“

            und Nächstenliebe die Lebens­bedingungen zu                         Es ist ein religiöses Reich: Jesus vermeidet die Jesus verstand sein Wort und Werk als die schon
                                                                                Bezeichnung Messias für sich, um nicht als poli- beginnende Erfüllung dessen, was Gott den
                                                                                                                                                                                               Aktiv in der Schule mit
            ­verbessern.
                                                                                tischer König missverstanden zu werden. Es ist      Vätern verheißen hatte, als Anfang und Vorweg-
                                                                                                                                                                                               Unterrichtsbausteinen
                                                                                                                                                                                                                               Lernen
                                                                                kein politisches und auchMacht,
                                                                                                          kein soziales
                                                                                                                 Gewalt Reich.      nahme des
                                                                                                                         und Unterdrückung      endzeitlichen
                                                                                                                                             haben  ihre        Handelns
                                                                                                                                                               Die        Gottes. für den Eintritt
                                                                                                                                                                    Bedingungen                     in das
                                                                                Das Elend der MenschenGültigkeit
                                                                                                          besteht inverloren.
                                                                                                                     ihrer Got-
                                                                                                                              Im Reich Gottes gelten           Gottesreich sind also: Nachfolge Christi,        M1a
                                                                                tesferne und ihrem Mangel   an Nächstenliebe.
                                                                                                         vielmehr   Maßstäbe einerWerneuenJesus  nachfolgt, der
                                                                                                                                             Gerechtig-           ist imNächstenliebe,
                                                                                                                                                               Glaube,   Reich         Gottesliebe, Umkehr                       ist
                                                                                                                                                                                                                               Leben
                                                                                Jesus ist gekommen, um Versöhnung      mit Gott
                                                                                                         keit: Versöhnung,          Gottes.
                                                                                                                            Feindesliebe,    Das Reich
                                                                                                                                          Verzicht       Gottes(Buße),
                                                                                                                                                   auf Ge-       bringt Taufe,
                                                                                                                                                                        keine sozialen
                                                                                                                                                                               Befolgung der Weisungen Jesu.
                                                                                und die Brüderlichkeit unter
                                                                                                         walt,den  Menschen
                                                                                                               Streben nach Frieden Verbesserungen,
                                                                                                                                    und Gemeinschaftkeine Beseitigung der irdischen

            Macht, Gewalt und Unterdrückung haben ihre Gül-                     herbeizuführen.                                     Not.5,3-11;
                                                                                                         über alle Grenzen hinweg (Mt     Aber Jesus ruft die Leute
                                                                                                                                                Lk 7,36-50).         dazu auf, durch
                                                                                                                                                               Eschatologischer
                                                                                                                                    Brüderlichkeit und Nächstenliebe
                                                                                                                                                               das Reichdie
                                                                                                                                                                                   Vorbehalt: Gott vollendet
                                                                                                                                                                             Lebens-
                                                                                                                                                                          Gottes erst am Ende der Zeiten im
                                                                                                                                    bedingungen    zu verbessern.

            tigkeit verloren. Im Reich Gottes gelten vielmehr
                                                                                                         Das Reich Gottes ist jetzt   schon verborgen          ewigen Leben. Der Mensch kann dies im irdi-
                                                                                                         gegenwärtig und wird am Ende der Zeiten              schen Leben nicht aus eigener Kraft bewirken.
                                                                                                         vollendet: Es ist mit dem Kommen Jesu ange-

            Maßstäbe einer neuen Gerechtigkeit: Versöh-                                                  brochen und ist in seiner vorläufigen, irdischen
                                                                                                         Form dort verwirklicht, wo die Menschen Jesus
                                                                                                         nachfolgen. Vgl. das Gleichnis vom Senfkorn:         Weitere biblische Bilder für das Reich Gottes:

            nung, Feindesliebe, Verzicht auf Gewalt, Streben                M 1a                         Das Reich Gottes beginnt klein und wird sich zu
                                                                                                         einem großen Reich ausweiten (Mk 4,30-32).
                                                                                                         Nach Ansicht des Spätjudentums sollte das
                                                                                                                                                              Festmahl (Lk 14,15-24), Ernte (Mk 4,29), Perle
                                                                                                                                                              (Mt 13,44), Glück (Mt 5,3-12), Saat und Senf-
                                                                                                                                                              korn (Mk 4,26-32).
            nach Frieden und Gemeinschaft über alle Grenzen                                              Reich Gottes erst am Ende der Zeiten auf einer
                                                                                                         verwandelten, verklärten Erde anbrechen. Auch
                                                                                                                                                                                                                  Aktiv in der Schule mit
                                                                                                                                                                                                                  Unterrichtsbausteinen
                                                                                                                                                                                                                                   M1b
            hinweg (Mt 5,3-11; Lk 7,36-50).
                                                                                                         nach der Botschaft Jesu ist es ein eschatologi-
                                                                                                         sches (endzeitliches) und transzendentes (jen-
                                                                                                         seitiges, überirdisches) Reich, in dem der Wille
                                                                                                         Gottes herrscht. Als eschatologisches Reich ist es
                                                                                                         identisch mit dem ewigen Leben

            Das Reich Gottes ist jetzt schon verborgen
            ­gegenwärtig und wird am Ende der Zeiten voll-                    M 1b
             endet: Es ist mit dem Kommen Jesu angebrochen
             und ist in seiner vorläufigen, irdischen Form dort
             verwirklicht, wo die Menschen Jesus nachfolgen.                                              Mit M 1 bis M 13 sind die Arbeits­
                                                                                                          materialien für den Unterricht bezeichnet.
             Vgl. das Gleichnis vom Senfkorn: Das Reich Gottes                                            Es gibt die 32 Einzelfolien als
             beginnt klein und wird sich zu einem großen Reich                                            PDF-Dokumente zum Download:
             ausweiten (Mk 4,30-32). Nach Ansicht des Spät­                                               www.renovabis.de/schule
             judentums sollte das Reich Gottes erst am Ende der                                           Dort ist auch der gesamte Unterrichts-
                                                                                                          verlauf ­dokumentiert.
             Zeiten auf einer verwandelten, verklärten Erde an-
             brechen. Auch nach der Botschaft Jesu ist es ein es-
             chatologisches (endzeitliches) und transzendentes
             (jenseitiges, überirdisches) Reich, in dem der Wille
             Gottes herrscht. Als eschatologisches Reich ist es
             identisch mit dem ewigen Leben.                                Als nächstes sollen die Schülerinnen und Schüler
                                                                            ­Aussagen über die Reich-Gottes-Botschaft Jesu in der
            Die Bedingungen für den Eintritt in das                          Bibel finden und auf e­ inem Arbeitsblatt eintragen.
            Gottesreich sind also: Nachfolge Chris-                          M 2a und M 2b
            ti, Glaube, Nächstenliebe, Gottesliebe,
                                                                                                                                                                                                  www.renovabis.de/schule
            Umkehr (Buße), Taufe, Befolgung der
                                                            Arbeitsblatt für die Lesestationen:
            ­Weisungen Jesu.
                                                            Die Reich-Gottes-Botschaft Jesu                                                                                                                        Lernen
            Eschatologischer Vorbehalt: Gott voll-
                                                             Bibelstelle     Aussage über das Reich Gottes
                                                                                                                                                                                                                     ist
                                                             Mt 5, 3-11
                                                                                                                                                                                                                   Leben
            endet das Reich Gottes erst am Ende der          Mt 6, 10.33
            Zeiten im ewigen Leben. Der Mensch
                                                             Mt 8, 1-4
            kann dies im irdischen Leben nicht aus
            eigener Kraft bewirken.                          Mk 1, 14-15

                                                             Mk 4, 30-32

            Weitere biblische Bilder für das Reich           Lk 4, 16-21                                                                                                                          Aktiv in der Schule mit
                                                                                                                                                                                                  Unterrichtsbausteinen
            Gottes: Festmahl (Lk 14,15-24), Ernte            Lk 9, 57-62
                                                                                                                                                                                                                         M 2a
            (Mk 4,29), Perle (Mt 13,44), Glück (Mt           Lk 14, 15-24
            5,3-12), Saat und Senfkorn (Mk 4,26-32).
                                                             Lk 19, 1-10

            Diese Information gibt es auch als               Joh 8, 1-11

            Arbeitsblatt M 1a und M 1b
                                                         M 2a
                                                                                                                                                                                                                                    7

Aktionsheft 2019 - Schule.indd 7                                                                                                                                                                                            18.03.19 15:16
Lernen ist Leben - Unterrichtsbausteine für die Schule www.renovabis.de/schule
www.renovabis.de/schule

                 Mögliche Lösungen:
                 Die Reich-Gottes-Botschaft Jesu                                                                                                  Lernen
                  Bibelstelle      Aussage über das Reich Gottes
                                                                                                                                                    ist
                                                                                                                                                  Leben
                                   Zuwendung zu Ausgegrenzten: Jesus erklärt die Außenseiter der Gesellschaft (Arbeitslose, Ent-
                  Mt 5, 3-11
                                   wurzelte, Bettler, Kranke, Hungernde, alleinstehende Frauen und Kinder) zu den ersten Anwär-
                                   tern des Heils, er preist sie selig. Damit stellte er das übliche soziale Ranking auf den Kopf.
                                   Eschatologischer Vorbehalt: Das Reich Gottes hat mit Jesus begonnen, aber seine universale
                  Mt 6, 10.33
                                   Vollendung steht noch aus. Es ist Tat und Geschenk Gottes, der Mensch muss mitarbeiten,
                                   Gott bestimmt sein endgültiges Kommen.
                  Mt 8, 1-4        Die Wunder (Krankenheilungen) und das Verhalten Jesu (Sündenvergebung, Tischgemein-
                                   schaft mit Sündern) sind Zeichen dafür, dass Jesus das Reich Gottes herbeiführt.

                  Mk 1, 14-15      Mittelpunkt der Verkündigung Jesu: seine Botschaft von dem nahe- bzw. mit ihm schon an-
                                   gekommenen Reich Gottes
                                   Das Reich Gottes wird trotz aller Widerstände unaufhaltsam wachsen und eine unglaublich
                  Mk 4, 30-32
                                   reiche Ernte bringen: So werden Jesu Gleichnisse zu Impulsen und Ermutigungen für die
                                   Reich-Gottes-Arbeit. Sie beschreiben das Reich Gottes als Vision.
                  Lk 4, 16-21      Jesus verkündete, dass das Reich Gottes jetzt mit ihm gekommen ist, und zwar gerade für die       Aktiv in der Schule mit
                                   Ärmsten der Armen.                                                                                Unterrichtsbausteinen
                  Lk 9, 57-62
                                   Bedingung für den Eintritt ins Reich Gottes: Umkehr, radikale Nachfolge Jesu
                                                                                                                                                       M 2b

                  Lk 14, 15-24     Von dieser umwälzenden Reich-Gottes-Wirklichkeit sprach Jesus in Bildern und Gleichnis-
                                   sen, z.B. von einem Festmahl, zu dem Gott alle, auch die Ausgegrenzten, einlädt.

                  Lk 19, 1-10      In Geschichten wie der vom Zöllner Zachäus wird deutlich, welche Wandlung in demjeni-
                                   gen vorgehen kann, der durch Jesu Zuwendung erfahren hat, was Reich Gottes heißt.

                  Joh 8, 1-11      Wer sich in den Dienst des Reiches Gottes stellt, wird frei für tätige Solidarität gegenüber
                                   Außenseitern.

       M 2b

      Medientipps zur Thematik „Lernen ist Leben”
      Jugend begegnet Zukunft: Bildung für nachhaltige Entwicklung                                                                         Powerpoint-­
      im deutsch-polnischen Jugendaustausch                                                                                                Impulse
      Gerhard de Haan, Tomasz Bergier, Beata Sochaka, Lit Verlag, 2013
                                                                                                                                        Die Präsentation gibt
      Glaubende Erwachsenenbildung: Kritische Bildungstheorie,                                                                          Einblicke in die Ur-
      Konstruktivismus und christliches Verständnis                                                                                     sprünge und Arbeit
      Daniel Straß, Verlag Peter Lang, 2012                                                                                             des Osteuropahilfs-
      Bildung für Jedermann? Der lange Weg der Kosovo-Albaner zur Bildung                                                               werks Renovabis. Zu-
      Michaela Hübner, Bachelor + Master Publishing, 2013                                                 dem geht sie auf das Thema der Pfingstaktion 2019
                                                                                                          „Lernen ist Leben“ ein und stellt aktuelle Projekt-
      Aktuelle Entwicklungen im Bildungsbereich in der Tschechi-
                                                                                                          beispiele vor. Nutzen Sie diese Präsentation für
      schen Republik: Curriculum – Unterricht – Lehrerbildung (e-book)
                                                                                                          den Schulunterricht und thematische Veranstal-
      Tomáš Janík, Verlag Waxmann, 2016
                                                                                                          tungen in Ihrer Gemeinde und darüber hinaus.
      Pädagogen als Multiplikatoren im Prozess lebenslangen Lernens:                                      www.renovabis.de/material
      Qualitative Vergleichsstudie: Deutschland und Ungarn
      Enikö Schlereth, Verlag Dr. Kovač, 2012                                                             Video-Clip über die
      Meine Theorie der geistigen Entwicklung                                                             ­Arbeit der Solidaritäts-
      Jean Piaget, Reinhard Fatke (Hg.), Verlag Beltz, 2016                                                aktion Renovabis
                                          mehr: www.renovabis.de/schule                                  www.renovabis.de/material
      8

Aktionsheft 2019 - Schule.indd 8                                                                                                                          18.03.19 15:16
Lernen ist Leben - Unterrichtsbausteine für die Schule www.renovabis.de/schule
Den Osten Europas in der Schule thematisieren
               noch 2. Schritt

            Dann werden die Schülerinnen und Schüler dazu angeregt, sich mit der Frage zu beschäftigen:

            Wann ist eine Gesellschaft mit dem Reich Gottes verträglich?
            Eine Gesellschaft ist „Reich-Gottes-verträglich“, …     8. … wenn sie sich an der Logik einer Gerechtigkeit
                                                                       orientiert, die an den Bedürfnissen (dem den
            1. … wenn sie für ein „Leben in Fülle“, d.h. für ein
                                                                       Menschen Zustehenden) Maß nimmt und den
               erfülltes Leben, für alle Menschen optiert, d.h.
                                                                       Menschen nicht auf Leistung, Arbeitskraft und
               die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt.
                                                                       Konsumfähigkeit reduziert.
               Die Güter der Welt sind für alle bestimmt, das
               Eigentumsrecht ist nachgeordnet.                     9. … wenn sie sich selbst nicht absolut setzt, son-
                                                                       dern als ein historisches Projekt begreift, über
            2. … wenn sie die Natur erhält und auch unge-
                                                                       dem der eschatologische Vorbehalt liegt; erst der
               schmälerte Lebensbedingungen für kommende
                                                                       Himmel vollendet den Einzelnen und die Gesell-
               Generationen anbietet.
                                                                       schaft.
            3. … wenn alle am Tisch der Gesellschaft ihren
                                                                    10. … wenn sie den Menschen frei gegenüber Staat
               Platz haben, alle Diskriminierungen aufgehoben
                                                                        und Gesellschaft macht und nur seinem Gewis-
               sind und für einen Ausgleich der großen Ein-
                                                                        sen verantwortlich sein lässt.
               kommens- und Reichtumsunterschiede gesorgt
               wird.
                                                                    Quelle: nach Urs Eigenmann: Das Reich Gottes und seine Ge-
            4. … wenn sie allen, Frauen, Männern und Kin-           rechtigkeit für die Erde. Die andere Vision vom Leben, Edition
               dern, gleiche Chancen und gleiche Rechte ein-        Exodus 1998, S. 160-164 bzw. Schweizerische Bischofskonferenz/
               räumt. Auf Grund der geschichtlichen Erfahrun-       Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund: Welche Zukunft
               gen ist darauf zu achten, dass vor allem Frauen      wollen wir? Ökumenische Konsultation zur ethischen und wirt-
               weder ökonomisch noch politisch oder kulturell       schaftlichen Zukunft der Schweiz. Bern 51999, S. 15–19; zusam-
                                                                    mengestellt von Günter Peternek in: RIK Gerechtigkeit –
               benachteiligt werden.                                ­Lebensprinzip der Gesellschaft, Freiburg 2010, M23
            5. … wenn sinnvolle Arbeit, ein Mindesteinkom-
               men zu einem menschenwürdigen Leben und              Diesen Text gibt es auch als
               die Möglichkeit zur Mitgestaltung für alle ge-       Arbeitsblatt M 3a und M 3b
               währleistet sind.
                                                                                                                                                                                  www.renovabis.de/schule

            6. … wenn sie sich nicht den Sachzwängen der
               Wirtschaft und des Wettbewerbs unterwirft, son-               Wann ist eine Gesellschaft
                                                                             mit dem Reich Gottes verträglich?                                                                                 Lernen
               dern diese dem Primat der Politik unterstellt,                                                                                                                                    ist
                                                                                                                                                                                               Leben
               und wenn sie dafür sorgt, dass alle an Wirtschaft,            Eine Gesellschaft ist „Reich-Gottes-
                                                                             verträglich“, …

               Gesellschaft, Politik und Kultur partizipieren.               1. … wenn sie für ein „Leben in Fülle“, d.h.
                                                                                für ein erfülltes Leben, für alle Menschen
                                                                                optiert, d.h. die Grundbedürfnisse der Men-
                                                                                                                           4. … wenn sie allen, Frauen, Männern und
                                                                                                                              Kindern, gleiche Chancen und gleiche
                                                                                                                              Rechte einräumt. Auf Grund der geschicht-
                                                                                schen befriedigt. Die Güter der Welt sind     lichen Erfahrungen ist darauf zu achten,

            7. … wenn sogenannte Systemdynamiken nicht zu
                                                                                für alle bestimmt, das Eigentumsrecht ist     dass vor allem Frauen weder ökonomisch
                                                                                nachgeordnet.                                 noch politisch noch kulturell benachteiligt
                                                                             2. … wenn sie die Natur erhält und auch unge-    werden.

               Spaltungen in der Gesellschaft („Zwei-Drittel-                   schmälerte Lebensbedingungen für kom-
                                                                                mende Generationen anbietet.
                                                                                                                           5. … wenn sinnvolle Arbeit, ein Mindestein-
                                                                                                                              kommen zu einem menschenwürdigen Le-
                                                                                                                                                                                  Aktiv in der Schule mit
                                                                                                                              ben und die Möglichkeit zur Mitgestaltung
               Gesellschaft“) führen. Gesellschaftliche Dynami-
                                                                             3. … wenn alle am Tisch der Gesellschaft ih-                                                         Unterrichtsbausteinen
                                                                                ren Platz haben, alle Diskriminierungen       für alle gewährleistet sind.
                                                                                 aufgehoben sind und für einen Ausgleich      6. … wenn sie sich nicht den Sachzwängen der                          M 3a

               ken müssen so angelegt sein, dass sie nicht un-                   der großen Einkommens- und Reichtums-           Wirtschaft und des Wettbewerbs unterwirft,
                                                                                 unterschiede gesorgt wird.                      sondern diese dem Primat der Politik unter-
                                                                                                                                 stellt, und wenn sie dafür sorgt, dass alle an

               gleich-asymmetrische Verhältnisse fördern,                                                                        Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Kultur
                                                                                                                                 partizipieren.

               sondern egalitär(gleich)-symmetrische. Dabei
               müssen immer zuerst die Auswirkungen auf die
               Armen und Benachteiligten beachtet werden;                 M 3a
               Nachteile müssen abgemildert oder gar aufge­
               hoben werden.

                                                                                                                                                                                                            9

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Lernen ist Leben - Unterrichtsbausteine für die Schule www.renovabis.de/schule
Den Osten Europas in der Schule thematisieren

                       3. Schritt: Wer ist mein Nächster? – Das Gleichnis
                                   vom barmherzigen Samariter (Lk 10, 25-37)
                Im Zusammenhang mit der Reich-Gottes-Botschaft           Methode
                geht es immer darum, beim eigenen Handeln den
                                                                         1. Das Gleichnis wird gemeinsam gelesen.
                Nächsten im Blick zu haben. Dabei stellt sich natür-
                lich auch die Frage: Wer ist mein Nächster und was       2. Der Inhalt und die Aussageabsicht werden mit
                bedeutet es konkret, diesen im Sinne Jesu im Blick zu       den Schülerinnen und Schülern besprochen.
                haben? Jesus erzählt den Menschen daher in Gleich-
                                                                         3. Es wird gemeinsam überlegt, wer im Sinne des
                nissen vom Reich Gottes, damit ihnen klar wird, was
                                                                            Gleichnisses der Nächste ist.
                damit gemeint ist.
                                                                         4. Will man die Schülerinnen und Schüler dieses
                      Im Zusammenhang dieser Unterrichtseinheit
                                                                            Gleichnis ganzheitlich erfahren lassen, so kann es
                ­bietet es sich an, das Gleichnis vom barmherzigen
                                                                            im Anschluss bibliodramatisch umgesetzt werden.
                 Samariter Lk 10,25-37 zu lesen. Es enthält zahlreiche
                 Ansatzpunkte, um auf heutige gesellschaftliche Ver-     5. Abschließend wird das hier Erarbeitete wiederum
                 hältnisse zu sprechen zu kommen, Orientierungs-            auf die drei Botschaften, die in den ersten beiden
                 punkte für christliches Handeln zu finden und zu           Schritten festgehalten wurden, bezogen und der
                 ­erkennen, wer denn heute meine hilfsbedürftigen           Hefteintrag dazu ergänzt.
                  Nächsten sind.

                Leitfragen M 6a
                 Wie fängt die Geschichte an? Was steht unmittelbar vor der Geschichte?

                 Was sagt Jesus? Was betont er besonders?

                 Warum fragt der Gesetzeslehrer, wer denn sein Nächster sei? Handelt es sich dabei vielleicht um
                  eine Schein- oder Fangfrage, um Jesus auf die Probe zu stellen?

                 Aus welchen Gründen gehen der Levit und der Priester vorbei? Wie wirkt dies auf die Zuhörer?

                 Worin liegt die Pointe der Erzählung? Was hat wohl auch den Gesetzeslehrer überrascht?

                 Warum musste den jüdischen Gläubigen diese Erzählung als Provokation erscheinen?

                 Wie lässt sich das Verhalten des Samariters erläutern?

                 Wie erklärt Jesus seinen Zuhörern hier, wer der Nächste ist?

                 Inwiefern lässt sich dieses Gleichnis auf heutige gesellschaftliche Verhältnisse übertragen?

                 Welche Orientierungspunkte bietet das Gleichnis für christliches Handeln heute?

                 Wer sind diese Nächsten heute?

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Als mögliches Ergebnis der oben angeschnittenen Leitfragendiskussion wird Lk 10,25-37 angeboten:

            Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter
            Im Zentrum der Grundgewissheit vom angebrochenen Reich
            Gottes steht das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe:
             Jesus ist sich in der Theorie mit seinem jüdischen Ge-
              sprächspartner einig: Das Doppel­gebot der Gottes- und
              Nächstenliebe ist das höchste Gebot der Tora bzw. hat
              als das wichtigste Tun des Menschen zu gelten.
             Jesus weist aber besonders auf das Tun als Voraus­
              setzung des Lebenslohnes hin. Wichtiger als die
              ­richtige Lehre ist ihm die gelebte Praxis.
             Der Unterschied bzw. das Problem bestand in der Praxis
              und in der Reichweite des Begriffs „Nächster“.

                                                                              Foto: Helene Eichinger
            „Und wer ist mein Nächster?“

                Jesus antwortet mit dem Gleichnis
            vom barmherzigen Samariter.
                                                                                                       Der barmherzige Samariter, großes Wandbild in der römisch-
                                                                                                       katholischen Pfarrkirche in Jahrmarkt (Banat, Rumänien)

            Samariter                                              Intention des Gleichnisses
            (Vertreter des Heidentums, Landesfeind)
                                                                   Dadurch wurde gezeigt: Nächstenliebe ist von Jesus
            als Retterfigur:
                                                                   universalistisch konzipiert, sie wird auch von Frem-
            Er verwirklicht das Zentrum der Tora auf exempla-      den geübt, d.h. sie ist durch alle Menschen möglich
            rische Weise: Er sieht den halbtot Daliegenden, er     und sie umfasst auch Fremde.
            hat Mitleid mit ihm und er tut, was der Verletzte
                                                                   Exemplarische Ausweitung des Begriffs „Nächster“
            jetzt braucht, ohne nach dessen Identität zu fragen.
                                                                   auf alle Menschen: Auch Feinde, womit der private
            Der Samariter bringt sich mit seinem Handeln sogar
                                                                   Feind, der religiöse Gegner und der politische Un-
            selbst in Gefahr, aber er übernimmt Verantwortung
                                                                   terdrücker gemeint waren, können zum Nächsten
            für das Leben des anderen, indem er sogar noch für
                                                                   werden.
            die Zeit vorsorgt, bis der Verletzte wieder auf die
            Beine kommt.                                           Für Jesu Position war der Perspektivenwechsel
                                                                   ­wichtig. Fragte der Rabbiner nach dem Objekt der
            Der Samariter verwirklicht das Gebot solidarischer
                                                                    Nächstenliebe, das heißt, welche Person man lieben
            Nächstenliebe eigenständig, kreativ, der Situation
                                                                    soll (und welche nicht; vgl. Lk 10,29), so fragte Jesus
            entsprechend. Er theoretisiert nicht über die Frage,
                                                                    nach dem Subjekt (vgl. Lk 10,36: Wer von diesen
            wer hier der Nächste ist, der zur Hilfe verpflichtet
                                                                    Dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der
            ist, sondern macht sich durch seinen praktischen
                                                                    von den Räubern überfallen wurde?). Damit will
            Einsatz zum Nächsten.
                                                                    ­Jesus sagen:

                                                   Nächster ist man nicht durch Zugehörigkeit zu einer bestimm-
                                                   ten Gruppe oder einfach von Natur aus, ­sondern Nächster wird
                                                   man durch sein Verhalten.
                                                   Der Nächste ist jeder Mensch, der Hilfe braucht, ­unabhängig
                                                   von Zeit, Ort, Sympathie, Volkszugehörigkeit, …

                                                                                                                                                          11

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Fortsetzung 3. Schritt

                Die Reichweite des Begriffs „Nächster“ in Israel bis zur Zeit Jesu
                Es gab im Judentum eine lange und intensive Dis-         (vgl. Mt 5,41; Mk 15,21). Eine Mahnung zum Ver-
                kussion um die Reichweite des Begriffs „Nächster“.       zicht auf Vergeltung, zur Überwindung von Bösem
                In Lev 19,18 meinte er nur die Glieder des Volkes Is-    durch Gutes tun und sogar zur Förderung des Wohl-
                rael. Aber schon Lev 19,33f. weitete Lev 19,18 auf       ergehens der Feinde gab es auch in der nichtchrist­
                den im Lande wohnenden Fremdling (hebr. „ger“)           lichen Antike, z.B. bei Seneca oder im Aristeasbrief
                aus. Die Septuaginta übersetzte das hebräische „ger“     hellenistischer Juden. Dort war sie als Aufforderung
                ins Griechische mit „prosélytos“ und schränkte es        an drei Personengruppen in ganz unterschiedlichen
                damit auf den zum Judentum übergetretenen Frem-          Lebenszusammenhängen gerichtet:
                den ein. Analog verfährt das Gros der Rabbiner: nur
                                                                         – an Sklaven aus Vernunft und Klugheit, weil sie so-
                der „gerechte Fremde“ ist zu lieben.
                                                                           wieso machtlos waren, Unrecht zu rächen;
                     Im hellenistischen Judentum, z.B. bei Philo,
                                                                         – an Herrscher, die, weil sie sowieso alle Gewalt be-
                wurden der Begriff „Nächster“ und die Nächstenlie-
                                                                           saßen, sich Milde und Großmut gegenüber
                be unter Aufnahme der stoischen Grundüberzeu-
                                                                           Machtlosen leisten können und auch sollen, weil
                gung von einer allen Menschen gemeinsamen Natur
                                                                           sie den Göttern nacheifern müssen;
                universalistisch interpretiert. Aus der Schöpfungs-
                ordnung folgerte man, dass jeder Mensch von Natur        – an Philosophen, von denen aus pädagogischen
                aus seinen Nächsten liebt bzw. lieben soll. Wahr-          Gründen demonstratives Wohltun gegenüber Un-
                scheinlich gab es auch im rabbinischen Judentum            würdigen und Feinden gefordert wurde, wie es
                Ansätze zu einem universalistischen Verständnis des        z.B. Sokrates vorbildlich praktizierte.
                Begriffs „Nächster“, wenn es z.B. hieß, „jeder
                Mensch soll als Ebenbild Gottes geliebt werden“          Nach dem Ausweis des Neuen Testaments scheint
                oder „wenn du deinen Nächsten verachtest, so ver-        eine besondere Konfliktlage im rabbinischen Juden-
                achtest du den, der im Bilde Gottes gemacht ist“.        tum zur Zeit Jesu bezüglich der Frage existiert zu
                                                                         haben, ob auch die innergesellschaftlich und religiös
                     Lukas wollte mit der Geschichte vom barmher-
                                                                         abgewerteten und sozial ausgegrenzten Menschen-
                zigen Samariter (Lk 10,29-32) das „Proprium chris-
                                                                         gruppen, d.h. die „Zöllner und Sünder“ (Lk 7,31-
                tianum“ darstellen und griff dazu auf ein vielleicht
                                                                         50), die „Zöllner und Prostituierten“ (Mt 21,31) und
                authentisches Gleichnis Jesu zurück. In ihm tritt in
                                                                         die „Räuber, Betrüger, Ehebrecher und Zöllner“
                die Rolle des „Nächsten“ ein Samariter, ein Angehö-
                                                                         (Lk 18,9-14) „Nächste“ sind, und vor allem darüber,
                riger eines fremden Volkes, das mit den Juden eine
                                                                         ob sie selbst fähig sind, sich wie „Nächste“ zu verhal-
                bittere Geschichte von Feindschaft, Hass und Vorur-
                                                                         ten, d.h. selbst Subjekte der Nächstenliebe zu sein
                teilen verband. Dadurch wurde gezeigt: Nächstenlie-
                                                                         (Lk 7,44-47; 19,1-10).
                be ist von Jesus universalistisch konzipiert, sie wird
                auch von Fremden geübt und sie umfasst füreinan-         Quelle: Günter Peternek: Die Reichweite des Begriffs „Nächster“
                der Fremde.                                              in Israel bis zur Zeit Jesu, in: RIK Gerechtigkeit – Lebensprinzip
                                                                         der Gesellschaft, Freiburg 2010, M24
                     Im Alten Testament finden wir die Aufforde-
                rung, seinem Feind Hilfe in einer konkreten Notlage                                                                                                                       www.renovabis.de/schule

                zu leisten (Ex 23,4f.; Spr 25,21f.) in singularischer
                Form. In der Bergpredigt (Mt 5,38-48) bzw. Feldrede              Die Reichweite des Begriffs „Nächster“
                                                                                 in Israel bis zur Zeit Jesu                                                                                           Lernen
                (Lk 6,27-36), welche allgemein als im Kern echt je-                                                                                                                                      ist
                                                                                 Es gab im Judentum eine lange und intensive        Ebenbild Gottes geliebt werden“ oder „wenn du                      Leben
                suanisch gelten, erfolgte eine Ausweitung des Be-                Diskussion um die Reichweite des Begriffs
                                                                                 „Nächster“. In Lev 19,18 meinte er nur die Glie-
                                                                                 der des Volkes Israel. Aber schon Lev 19, 33f.
                                                                                                                                    deinen Nächsten verachtest, so verachtest du
                                                                                                                                    den, der im Bilde Gottes gemacht ist“.

                griffs „Nächster“ auf alle Feinde, womit der private
                                                                                                                                        Lukas wollte mit der Geschichte vom barm-
                                                                                 weitete Lev 19,18 auf den im Lande wohnenden
                                                                                                                                    herzigen Samariter (Lk 10,29-32) das „Proprium
                                                                                 Fremdling (hebr. ‚ger‘) aus. Die Septuaginta
                                                                                                                                    christianum“ darstellen und griff dazu auf ein
                                                                                 übersetzte das hebräische ‚ger‘ ins Griechische
                Feind, der religiöse Gegner und der politische Un-               mit „prosélytos“ und schränkte es damit auf den
                                                                                 zum Judentum übergetretenen Fremden ein.
                                                                                                                                    vielleicht authentisches Gleichnis Jesu zurück.
                                                                                                                                    In ihm tritt in die Rolle des „Nächsten“ ein Sa-
                                                                                                                                    mariter, ein Angehöriger eines fremden Volkes,

                terdrücker gemeint waren. Wenn ein römischer Sol-
                                                                                 Analog verfährt das Gros der Rabbiner: nur der
                                                                                 „gerechte Fremde“ ist zu lieben.                   das mit den Juden eine bittere Geschichte von
                                                                                                                                    Feindschaft, Hass und Vorurteilen verband. Da-
                                                                                     Im hellenistischen Judentum, z.B. bei Philo,   durch wurde gezeigt: Nächstenliebe ist von Jesus
                dat von einem Juden eine vom Besatzungsrecht er-                 wurden der Begriff „Nächster“ und die Nächs-
                                                                                 tenliebe unter Aufnahme der stoischen Grund-
                                                                                                                                    universalistisch konzipiert, sie wird auch von
                                                                                                                                    Fremden geübt und sie umfasst füreinander
                                                                                                                                                                                          Aktiv in der Schule mit
                                                                                                                                                                                          Unterrichtsbausteinen
                                                                                 überzeugung von einer allen Menschen gemein-

                laubte Dienstleistung verlangte, so sollte man sie tun                                                                                                                                      M 4a
                                                                                                                                    Fremde.
                                                                                 samen Natur universalistisch interpretiert. Aus
                                                                                 der Schöpfungsordnung folgerte man, dass jeder        Im Alten Testament finden wir die Aufforde-
                                                                                 Mensch von Natur aus seinen Nächsten liebt         rung, seinem Feind Hilfe in einer konkreten
                                                                                 bzw. lieben soll. Wahrscheinlich gab es auch im    Notlage zu leisten (Ex 23,4f.; Spr 25,21f.) in sin-
                                                                                 rabbinischen Judentum Ansätze zu einem uni-        gularischer Form. In der Bergpredigt (Mt 5,38-

                                             Diesen Text gibt es auch als        versalistischen Verständnis des Begriffs „Nächs-
                                                                                 ter“, wenn es z.B. hieß, „jeder Mensch soll als
                                                                                                                                    48) bzw. Feldrede (Lk 6,27-36), welche allge-
                                                                                                                                    mein als im Kern echt jesuanisch gelten, erfolgte

                                           Arbeitsblatt M 4a und M 4b
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Aktionsheft 2019 - Schule.indd 12                                                                                                                                                                       18.03.19 15:16
Den Osten Europas in der Schule thematisieren

                   4. Schritt: Bibliodramatische Gestaltung (Lk 10,25-37)
            Will man zusätzlich das Gleichnis vom Samariter              Lk 10,25-37: Mögliche Botschaften
            ­bibliodramatisch nach dem Vorbild lateinamerikani-          der beteiligten Gruppen …
             scher Bibelarbeit gestalten und auslegen, sind die
             obersten Prinzipien Freiwilligkeit, Freude an der           … an die Priester und Leviten
             Neu-Ent­deckung der Bibel und die Neu-Entdeckung            • Lebst Du nicht nach Deinem Glauben?
             der ­eigenen Persönlichkeit!                                • Würdest Du anders handeln, wenn die Gemeinde
                                                                           zusieht?
            Lehrer oder Lehrerin haben d­ abei eine doppelte ­Aufgabe:   • Hättest Du nicht eine besondere Pflicht zu helfen?
                                                                         • Warum bist Du weggelaufen?
            1. als Spielleitung und Moderierende geben sie
               Anleitungen und Impulse, bündeln Meinungen                … an das Opfer
               und laden zu Deutungen des Rollenverhaltens               • Warum bist Du nicht vorsichtiger?
               ein (vgl. dazu die Schlussreflexion).                     • Wirst Du Dich rächen?
                                                                         • Geh nie wieder allein los!
            2. als Mitspielende besetzen sie Rollen, die bei der         • Warum hast Du Dich nicht gewehrt?
               Vergabe unbesetzt bleiben, spiegeln Meinungen
               und verstärken sie.                                       … an die Räuber
                                                                         • Kannst Du Dein Geld nicht ehrlich verdienen?
            Im Raum wird Platz geschaffen, Zettel mit den                • Wie rechtfertigst Du Deine Tat?
            Rollen­bezeichnungen werden an der Tafel aufgehängt          • Was erwartest Du als Reaktion der Opfer
            ­(benötigte Rollen: Samariter, Räuber, Opfer, Wirt,            ­(„Vergeltung“)?
             Priester, Levit).
                                                                         … an den Samariter
            Ablauf                                                       • Ich bin froh, dass Du mich nicht übersehen hast.
                                                                         • Deine Haltung ist bewundernswert und aufopfe-
            Lehrer oder Lehrerin lesen das Gleichnis noch einmal
                                                                           rungsvoll!
            vor. Die Schülerinnen und Schüler hören den Inhalt
                                                                         • Bist Du auch ehrlich?
            und entscheiden, welche Person ihnen sympathisch,
                                                                         • Bist Du sicher, dass Du immer so handelst?
            vertraut oder nahe, und welche unangenehm oder un-
            sympathisch ist.                                             … an den Wirt
                  Dementsprechend wählen sie im Anschluss einen          • Profitierst Du nicht auch von der Notlage?
            Zettel mit einer Rollenbezeichnung von der Tafel und         • Wie beurteilst Du das Handeln des Samariters?
            stellen sich in Gruppen mit den gleichen Rollen zu-          • Würdest Du auch ohne Geld helfen?
            sammen. In diesen Gruppen tauschen sie sich über die
                                                                         Diesen Text gibt es auch als Arbeitsblatt M 5
            Beweggründe der Wahl ihrer jeweiligen Rolle aus.
                 Dann formulieren sie Botschaften an die ande-
                                                                                                                                                                                       www.renovabis.de/schule

            ren Gruppen; Beispiele (siehe unten) können auf ei-                             Lk 10,25-37: Mögliche Botschaften
                                                                                            der beteiligten Gruppen …                                                                               Lernen
                                                                                                                                                                                                      ist
            ner Folie oder einem dazu geeigneten Medium M 5                                 Lk 10,25-37 - mögliche Botschaften                                                                      Leben
            gezeigt werden. Es folgt ein Austausch der Botschaf-
                                                                                            der beteiligten Gruppen …
                                                                                            … an die Priester und Leviten               … an den Samariter
                                                                                            – Lebst Du nicht nach Deinem Glauben?       – Ich bin froh, dass Du mich nicht übersehen

            ten. Je nach Bereitschaft der Gruppen können auch
                                                                                            – Würdest Du anders handeln, wenn die         hast.
                                                                                              Gemeinde zusieht?                         – Deine Haltung ist bewundernswert und
                                                                                            – Hättest Du nicht eine besondere Pflicht     aufopferungsvoll!

            einzelne Szenen gespielt werden.
                                                                                              zu helfen?                                – Bist Du auch ehrlich?
                                                                                            – Warum bist Du weggelaufen?                – Bist Du sicher, dass Du immer so handelst?

                                                                                            … an das Opfer                              … an den Wirt
                                                                                                                                        – Profitierst Du nicht auch von der Notlage?

                 In einer Abschlussreflexion wird gemeinsam be-
                                                                                            – Warum bist Du nicht vorsichtiger?
                                                                                                                                                                                       Aktiv in der Schule mit
                                                                                            – Wirst Du Dich rächen?                     – Wie beurteilst Du das Handeln des
                                                                                                                                                                                       Unterrichtsbausteinen
                                                                                            – Geh nie wieder allein los!                  Samariters?
                                                                                            – Warum hast Du Dich nicht gewehrt?         – Würdest Du auch ohne Geld helfen?                               M5
            sprochen, wie sich die Schülerinnen und Schüler                                 … an die Räuber
                                                                                            – Kannst Du Dein Geld nicht ehrlich

            während der bibliodramatischen Ausgestaltung des                                  verdienen?
                                                                                            – Wie rechtfertigst Du Deine Tat?
                                                                                            – Was erwartest Du als Reaktion der Opfer

            Gleichnisses gefühlt haben und welche neuen Ge-                                   („Vergeltung“)?

            danken und Impulse sie gewonnen haben.
                                                                                Idee aus: Norbert Göttker-Plate, Prophetisches Zeugnis der
                Nach der Reflexion kann der Hefteintrag/Tafel-
                                                                         ­ mkehr und des Widerstandes: Oskar Arnulfo R
                                                                         U                                                ­ omero. Münster
            anschrieb mit Beiträgen aus dieser Reflexion er-              2000 (Werkmappe Religionsunterricht 1 des I­ nstituts für Theolo-
            gänzt werden.                                                gie und Politik), S. 38 und 42, in: Günter Peternek: RIK Gerech-
                                                                              tigkeit – Lebensprinzip der Gesellschaft, Freiburg 2010, M25
                                                                                                                                                                                                          13

Aktionsheft 2019 - Schule.indd 13                                                                                                                                                                    18.03.19 15:16
5. Schritt: Arbeit mit Materialien in diesem Themenheft
                                   und auf www.renovabis.de/schule*
                Nach den vorausgegangenen vier Schritten erfolgt           Im Verlauf dieser Arbeitsphase stellen die Schülerin-
                nun eine Arbeit mit konkreten Beispielen aus der           nen und Schüler außerdem Bezüge zu den vorange-
                ­Arbeit in ehemals kommunistischen Ländern                 gangenen Schritten her:
                 Mittel-, Ost- und Südosteuropas aus dem aktuellen
                 Ren­ovabis-­Themenheft.                                   Leitfragen
                                                                            Welche Gegenwartsprobleme werden
                Ablauf M 6b
                                                                             hier wie in Angriff genommen?
                Einzelne Beiträge bestehend aus Texten, Bildern und
                                                                            Welche Erfolge zeigen sich bereits?
                ergänzenden Länderinformationen und Karten­
                material M 7 bis M 13 werden an Gruppen von                 Wie wird hier das Reich Gottes bereits
                jeweils drei Schülerinnen und Schülern ausgeteilt.           ­sichtbar?
                Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in ihren              Welche weiteren Schritte sind in Zukunft
                ­Gruppen arbeitsteilig                                       denkbar?
                 entsprechend der drei Botschaften
                                                                            Welchen Beitrag können auch wir leisten?
                             »Bildung ist mehr als Wissen«
                            »Bildung stärkt Gemeinschaft«                  Nachdem die Schülerinnen und Schüler die Inhalte aus
                           »Bildung erneuert Gesellschaften«               dem Material erarbeitet haben, erstellen sie in ihrer
                aus dem Material heraus, wie diese Ziele in einzelnen      Gruppe Plakate mit dem Material, das sie erhalten
                Ländern und Projekten etc. umgesetzt werden und wel-       haben, um ihre Projekte und deren Hintergründe den
                che Bemühungen es gibt, bestimmte Ziele zu erreichen.      anderen Schülerinnen und Schülern vorzustellen.

                       6. Schritt: Abschluss
                Am Ende der Unterrichtseinheit sollen nun alle vorangegangenen Arbeitsschritte des ganzheitlichen Arbeits­
                prozesses zusammengeführt und abgeschlossen werden. Zunächst stellen die einzelnen Gruppen ihre Plakate
                vor und hängen diese im Unterrichtsraum auf.

                Gemeinsam werden dann abschließend die Intentionen und R
                                                                       ­ ealisierungen der drei Botschaften
                                    Lernen und Bildung…
                                                            … ist mehr als Wissen …
                                                           … stärkt Gemeinschaft …
                                                          … erneuert Gesellschaften …

                im Zusammenhang mit den präsentierten Projekten noch einmal thematisiert, gebündelt und zusammen­
                gefasst und schließlich in Verbindung mit der Reich-Gottes-Botschaft Jesu gebracht.

                Gemeinsam kann dann überlegt werden, wie die Schülerinnen und Schüler sich selbst einbringen können und
                welche (gemeinsamen) Zukunftsperspektiven es für die in den Projekten vorgestellten Menschen gibt.

                    * Mehrere Reportage-Impulse zur Thematik „Lernen ist Leben“
      14            finden Sie als Bonusmaterialien unter www.renovabis.de/schule

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Geocache zum Thema „Pfingsten“

            Mit dem GPS-Gerät dem Heiligen Geist
            auf der Spur          Ein Aktionsimpuls für Schülerinnen
                              und Schüler der Unter- und Mittelstufe

            Geocaching erfreut sich beachtlicher B­ eliebtheit.      und den Religionsunterricht einen Geocache
            Es gibt Geocacher in beinahe allen Altersklassen,        zum ­Thema „Heiliger Geist“ vor, der sowohl auf
            und auch in der Schule wird es zur Vermittlung           dem Schulgelände als auch bei einem Schul-
            verschiedenster Unterrichtsinhalte genutzt.              landheimaufenthalt unter-            in Zusammenarbeit mit der

            Renovabis schlägt für den fächerverbindenden             nommen werden kann.

           G      eocachen ist besonders für
                  Jugendgruppen eine span-
            nende Methode, um sich ge-
                                                  dann von einer Station zur
                                                  nächsten vorarbeiten, um das
                                                  Ziel zu erreichen – und erst dort
                                                                                      Geocache einem Thema gewidmet
                                                                                      ist. Es gibt beispielsweise Geo-
                                                                                      caches zu ­berühmten Entdeckern
            meinsam einer Herausforderung         den Schatz zu finden. Dazu sind     der Weltgeschichte oder auch zu
            zu stellen. Zum einen reizt es vie-   kleinere oder größere Rätsel ver-   den Tieren des Waldes.
            le Schülerinnen und Schüler, die      steckt, die es ermöglichen, den           Einen solchen inhaltlichen Geo-
            neuen technischen Geräte und          weiteren Weg zu finden. Diese       cache hat Renovabis gemeinsam mit
            ihre Möglichkeiten konkret aus-       Rätsel kreisen oft um ein gemein-   der Medienzentrale Würzburg zum
            zuprobieren. Andererseits liegt       sames Thema, weil der gesamte       Thema „Pfingsten“ entwickelt.
            ein motivierendes Element in der
            Suche des Verstecks am Zielort:
            Das ist meist der Spannungshö-           Praktische Voraussetzungen
            hepunkt, der beim Auffinden des
            Schatzes zu wahrer Begeisterung           Herunterladen der Renovabis-Materialien
            unter Geocachern jeden Alters              unter www.renovabis.de/geocachen
            führt! Geocachen hat darüber              GPS-Geräte (ein Gerät für drei Teilnehmer) gibt
            ­hinaus aber noch eine weitere             es in einigen ­Medienzentralen zum Ausleihen.
             spannende Facette, die für viele          Die meisten Smartphones können ebenfalls zum
             Schatzsucher einen besonderen             Geocachen verwendet werden, allerdings muss
             Reiz hat. Ein Cache kann näm-
                                                       eine entsprechende App installiert sein
             lich aus mehreren Stationen be-
                                                      ein/eine anleitende/r Lehrer/in (Vorbereitungszeit, Anpassen des
             stehen. Ganz ähnlich wie bei der
             Schnitzeljagd muss man sich               Geocaches an die örtlichen Gegebenheiten; Aufwand: ca. ½ Tag)

                                                     Auf www.renovabis.de/geocachen kann man die Arbeitshilfe „Glauben.
                                                     ­Suchen. Entdecken – Geocaching und Pfingsten“ herunterladen. 15

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Gedanken zu Leitwort und Plakat

          Glauben ist Lernen. Lernen ist Leben.
          Glauben ist Leben: Gott führt mich hinaus ins Weite.
                Wer nicht lernen kann,              Jeder Mensch, Kinder, Jugend­                dieses ­Unrecht und für einen ge-
                wer nicht lernen darf,              liche und Erwachsene, hat ein                rechten Zugang zu Bildung für alle
                bleibt gefangen in einem            Recht auf Bildung, und dabei geht            einzusetzen. Damit auch Mädchen
                engen Horizont.                     es um mehr als die Aneignung                 überall eine gute Ausbildung erhal-
                                                    von Wissen.                                  ten. Damit Kinder, die besonderer
                Wer nicht lesen kann,
                                                                                                 Förderung bedürfen, nicht zurück-
                bekommt vieles nicht mit.           Wer Andere nicht lernen lässt
                                                                                                 bleiben. Damit junge Menschen
                Wer nicht rechnen kann,             oder ihnen eine Erziehung auf­
                                                                                                 Berufe erlernen, studieren und ihre
                wird leicht betrogen.               nötigt, die nicht auch ihrem Wohl,
                                                                                                 Begabungen zur Entfaltung brin-
                                                    sondern nur fremden Zwecken
                Lernen ist Leben.                                                                gen können. Damit Erwachsene
                                                    dient, der nimmt ihnen Chancen
                                                                                                 die Chance haben, ein Leben lang
                                                    auf ein selbstbestimmtes Leben
                Kaltrina, das Roma-Mädchen aus                                                   weiter zu lernen, sich selbst, ihre
                                                    und missachtet die menschliche
                dem ­Kosovo – abgebildet auf dem                                                 Familien und ihr Land voranzu-
                                                    Würde. Das ist Unrecht.
                Plakat zur Pfingst­aktion von                                                    bringen. Damit immer mehr Men-
                Renovabis – hat Glück gehabt.       Renovabis gibt uns am Pfingst-               schen Anteil an dem von Gott ge-
                Das Mädchen kann zur Schule         sonntag, 9. Juni, die Möglichkeit,           wollten Leben in Fülle haben.
                gehen, und in ihrer Nachbarschaft   uns mit unserem Beitrag gegen                         Pater Dr. Axel Bödefeld SJ
                gibt es ein Sozialzentrum. Dort
                bekommt sie Hilfe bei den Haus­
                aufgaben. Sie kann sogar ein
                ­Musikinstrument lernen.
                Andere Kinder und Jugendliche
                müssen arbeiten und zum Unter-

                                                                                              Lernen
                halt der Familie beitragen. Ihre
                Eltern lassen sie nicht lernen –
                nicht nur in ­Afrika oder Indien,
                auch in Europa.

                                                                                                ist
                Manche werden in der Schule
                ­benachteiligt, weil sie zu einer
                 Minderheit gehören oder weil

                                                                                              Leben
                 sie ein H
                         ­ andicap haben.
                In einigen Ländern kümmert sich
                die Politik nicht genügend darum,
                dass öffentliche Schulen gut aus-
                gestattet sind, dass staatliche
                Universitäten verlässlich funk-                                               Unterstützen Sie
                tionieren und dass es praktische
                Berufs­ausbildungen gibt – auch                                                  Bildungsarbeit
                hier in E
                        ­ uropa.                                                             im Osten Europas!
                                                    Foto: Renovabis / Achim Pohl

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